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(Anti)militarismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Zur Kritik der Kritik

 

Ja richtig, wer in SA- und Wehrmachts- und preußischen Uniformen einen Tag vor dem Tag von Potsdam durch eben diese Stadt marschiert, zielt auf Provokation ab. Wer einen Slogan wie „ZurÜck in die Zukunft - Vorwärts in die Vergangenheit“ vor sich her trägt und eine Zeichnung der Garnisonkirche dazu, der möchte gezielt angreifen. Vorm Denkmal der ehemaligen Synagoge mit Fackeln zu salutieren trifft vielleicht auch die, die nicht getroffen werden sollen. Aber klar muss auch sein, wer sich zusammen mit der „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ ein Gedenken an die durch das NS-Regime ermordeten Juden erlaubt, der versucht klammheimlich die Geschichte umzudrehen und ist im besten Fall revisionistisch und im schlechtesten ganz einfach rechts konservativ und offen für mehr.  Von Geschmacklosigkeit politischer Aktionen und Aussagen, die durch die Befürworter der Garnisonkirche getätigt werden, können auch wir ein Lied singen. Zum Beispiel wenn bei der Veranstaltung im Filmmuseum zum und am Tag von Potsdam Martin Sabrow (Historiker „Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam“) den Tag tatsächlich als eine „politisch belanglosen Zeremonie“ oder gar als „nur eine zeremonielle Auftaktveranstaltung ohne politische Bedeutung“ umzudeuten versucht.  Die Kirche steht beispielhaft für den deutschen Militarismus und somit für die deutschen Werte Ordnung, Disziplin und Kadavergehorsam die die gesamte Gesellschaft durchzog. Nur durch diese gesellschaftliche Konstitution war der deutsche Faschismus in seiner Einzigartigkeit überhaupt erst möglich. Ist es wirklich angebracht wenn ein Wolfgang Huber eine kirchliche Militärseelsorge an einem solchen Ort damit rechtfertigt, dass der Frieden nur durch die gewalttätige Durchsetzung von Recht erlangt werden kann? Kann und will die Deutsche Bundeswehr tatsächlich an diesem Ort für „Frieden und Versöhnung“ werben? Noch mehr Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus geht fast nicht.   Aber wagen wir einen Blick in die Zukunft und vergleichen Potsdam mal mit Dresden, wie es die Befürworter der Garnisonkirche auch so gern und oft tun. Die Frauenkirche ist wahrlich kein Zeichen von deutschem Militarismus. Ihre Ruine stand symbolhaft für die Befreiung Deutschlands vom Faschismus. Jedes Jahr seit ihrem Wiederaufbau wird hier nun vor Allem an die Zerstörung der Stadt erinnert und weniger an ihre Ursachen. Dass sich hier noch in den vergangenen Jahren bis zu 8000 Neo- und Altnazis aus ganz Europa versammelten, um eben an dieses einseitige Gedenken anzuknüpfen, spricht Bände.  Wie könnte das aussehen in einer Stadt, die Stück für Stück Preußen wieder auferstehen lässt und auch vor nationalsozialistisch aufgeladenen Symbolen wie der Garnisonkirche nicht zurückschreckt?  Auf die Kritik an unserer Aktion bleibt nur hinzuzufügen: Euer schönes Potsdam haben nicht wir besudelt, dazu kommen wir zu spät!
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Arbeit & Soziales Law & Order

Bildung ohne Geheimdienst — Bildung ohne Verfassungsschutz

 

Aus aktuellem Anlass hat das DJB gemein­sam mit den JungdemokratInnen/Junge Linke Lan­desver­band Bran­den­burg und dem Jugend­bil­dungsnet­zw­erk bei der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung die Han­dre­ichung “Bil­dung ohne Geheim­di­enst” veröf­fentlicht, die ab sofort unter bog at djb-ev punkt de bestellt oder als PDF (450 KB) herun­terge­laden wer­den kann. In der Broschüre zeigen wir Prob­leme auf, die sich aus der Neuori­en­tierung des Ver­fas­sungss­chutzes als Bil­dungsak­teur für die poli­tis­che Bil­dungsar­beit ergeben.

Demokratis­che Bil­dung ist eine Grund­lage ein­er offe­nen Gesellschaft. Sie muss frei sein von staatlich­er Ein­mis­chung. Dieser Grund­satz ist momen­tan durch die selb­st­gewählte Neuaus­rich­tung des Ver­fas­sungss­chutzes gefährdet: Der deutsche Inlands­ge­heim­di­enst Ver­fas­sungss­chutz ist ver­stärkt im Bil­dungs­bere­ich aktiv. Geheim­di­en­st­mi­tar­bei­t­erin­nen und ‑mitar­beit­er treten bei öffentlichen Ver­anstal­tun­gen und Fach­ta­gun­gen auf, brin­gen sich in zivilge­sellschaftliche Debat­ten ein und ent­deck­en Schü­lerin­nen und Schüler als Ziel­gruppe für ihre Arbeit.

Darum sagen wir: Bock auf Bil­dung — ohne jeden Geheimdienst!

 

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Antifaschismus

Und jährlich grüßt der Verfassungsschutz

In diesem behan­delt der zuständi­ge Min­is­ter wieder ein­mal die recht­sex­tremen Ein­flüsse und Zusam­men­schlüsse in und bei bran­den­bur­gis­chen Fußbal­lvere­inen. Seit Jahren sind der SV Babels­berg 03 und seine als alter­na­tiv gel­tende Fan­szene Zielscheibe recht­sex­tremer Het­ze und Attack­en. Es ist daher kri­tisch anzumerken, dass die auch im Jahr 2012 nicht abreißen­den Vor­fälle keine Erwäh­nung im Ver­fas­sungss­chutzbericht finden.

Einzig im Zusam­men­hang mit der Urhe­ber­schaft von Graf­fi­ti mit dem Inhalt “Juden SVB” durch eine recht­sex­treme Fan­rup­pierung des 1. FC Union Berlin, Crimark, wird der Babels­berg­er Sportvere­in erwäh­nt. Doch machte sich diese laut lokalen Recherchegrup­pen vor allem einen Ruf durch Raub- und Gewalt­de­lik­te an Babels­berg­er Fans, die kein­er­lei Erwäh­nung im Bericht find­en. Aus dem Bericht her­aus­ge­fall­en ist zudem eine Über­sicht von recht­sex­tremen Aktio­nen durch Gäste­fans bei Spie­len des Pots­damer Drit­tligis­ten. Exem­plar­isch erwäh­nt seien hier der säch­sis­che Chem­nitzer FC mit dem Ausspruch “Arbeit macht frei – Babels­berg 03? sowie dem Zeigen von Hit­ler­grüßen im Gäste­block im März und die Äußerun­gen “link­er Homo” oder “Juden­schweine” der Aach­en­er Karls­bande samt Umfeld im Sep­tem­ber 2012.

Richtiger­weise führt der Ver­fas­sungss­chutz Ver­flech­tun­gen im bran­den­bur­gis­chen Fußball eines recht­sex­tremen und gewalt­bere­it­en Milieu zwis­chen lokalen Grup­pen aus Frankfurt/Oder und Cot­tbus und säch­sis­chen Grup­pierun­gen aus Chem­nitz auf. Während der Bericht jedoch lediglich ein Som­mer­turnier der Grup­pen Infer­no Cot­tbus, FCV Hools und NS Boys erwäh­nt, kon­nte man eben­falls beim Babels­berg Spiel im März 2012 die gemein­same Suche der Grup­pen nach selb­sterk­lärten Fein­den in den Straßen des Pots­damer Stadt­teils beobacht­en. Eben­so wenig fand ein Angriff von recht­sex­tremen Hooli­gans vom Frank­furter FC Vik­to­ria auf das Hoffest des Utopia e.V. im Sep­tem­ber 2012 Ein­gang in die Pub­lika­tion des Ministeriums.

Wir weisen daher als Ultras Babels­berg den Ver­fas­sungss­chutzbericht für das Jahr 2012 als ungenü­gend zurück. Er erfasst die aktuellen Entwick­lun­gen im bran­den­bur­gis­chen Fußball im Hin­blick auf die recht­sex­tremen Aus­prä­gun­gen nicht aus­re­ichend und rel­a­tiviert dadurch das akute Prob­lem in den Sta­di­en des Lan­des. Sim­ple Recherchen hät­ten für die aufge­führte Fak­ten­lage bere­its aus­gere­icht. Der aktuelle Ver­fas­sungss­chutzbericht stellt damit ein Rückschritt hin­ter den ver­gan­genen Berichte dar und mar­gin­al­isiert das aggres­sive Poten­tial und das auf­fäl­lige Prob­lem in den benan­nten Fanszenen.

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Antifaschismus Law & Order

Noten des Hasses aus Guben

Am Abend des 20. Juli 2002 lösten Beamte des Berlin­er Lan­deskrim­i­nalamtes (LKA) ein Konz­ert von NS-Met­al-Bands auf, das in Berlin-Marzahn stat­tfind­en sollte. Sie nah­men drei der etwa hun­dert anwe­senden Neon­azis fest. Unter ihnen war der damals 27-jährige Toni Stadler, über Jahre eine zen­trale Fig­ur der Szene in Cot­tbus und Guben. Der Zugriff war kein Zufall. Das LKA hat­te gegen Stadler ermit­telt und ihn überwacht, weil er in die Pro­duk­tion der CD „Noten des Has­s­es“ des Musikpro­jek­ts White Aryan Rebels involviert war. Die Beamten gin­gen offen­bar davon aus, dass an jen­em Abend Pläne für eine zweite Auflage der kon­spir­a­tiv hergestell­ten CD besprochen wer­den soll­ten. In ihren Songs dro­ht­en die White Aryan Rebels Mord und Ter­ror an.

Durch eine Abhör­maß­nahme hat­te das LKA auch erfahren, was Toni Stadler wenig später selb­st einge­s­tand: Er war V‑Mann des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes und fühlte sich dadurch in seinem Han­deln gedeckt und bestärkt. Die Affäre wurde in den fol­gen­den Monat­en zu einem Skan­dal um die Unter­stützung recht­sex­tremer Struk­turen und Straftat­en durch den Ver­fas­sungss­chutz. An ihrem Ende erhielt Stadler eine Bewährungsstrafe und im Zeu­gen­schutz eine neue Iden­tität. Ein Ver­fahren gegen den VS-Mann, der ihn „betreute“ und dem unter anderem Strafvere­it­elung vorge­wor­fen wor­den war, wurde 2005 wegen Ger­ingfügigkeit eingestellt. Etliche Fra­gen blieben offen. Inzwis­chen kom­men neue hinzu. Toni Stadler hat­te auch Kon­tak­te in das Umfeld der Ter­ror­gruppe Nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unter­grund (NSU).

Eine Neon­azi-Kar­riere

Toni Stadler entwick­elte sich seit Anfang der 1990er Jahre zu einem Pro­tag­o­nis­ten der Neon­azi-Szene in Cot­tbus und Guben. Als Jugendlich­er soll er Mit­glied der Frei­heitlichen Deutschen Arbeit­er­partei (FAP) gewe­sen sein, die 1995 auf­grund ihrer offen­sichtlichen Nähe zum Nation­al­sozial­is­mus und ihres aggres­siv­en Auftretens ver­boten wurde. Nach seinem Bun­deswehr­di­enst zog er nach Cot­tbus um und wurde in der Musik­szene und in neuen Organ­i­sa­tio­nen aktiv.

Stadler war zusam­men mit dem Cot­tbuser Ivo H. Mitte der 1990er an der Grün­dung der Wan­der­ju­gend Gibor (WJG) beteiligt. Die WJG prak­tizierte eine recht­sex­treme Nach­wuch­sar­beit im Sinne der 1994 ver­bote­nen Wik­ing-Jugend. Sie organ­isierte Wan­der­aus­flüge in die Säch­sis­che Schweiz, Kam­er­ad­schaftsabende und Son­nen­wend­feiern und ver­band dies mit ide­ol­o­gis­chen Schu­lun­gen. Neben den Gemein­schaft­ser­leb­nis­sen und der „kör­per­lichen Ertüch­ti­gung“ ver­mit­telte die WJG ihren Anhängern ein Welt­bild aus ger­man­isch-völkisch­er Mytholo­gie und nation­al­sozial­is­tis­chen Ideen. In Guben zeigte sich eine Gruppe jugendlich­er Neon­azis beson­ders empfänglich für diese Ange­bote. Ein­er von ihnen, Alexan­der Bode, wurde 1999 ver­ant­wortlich für den Tod Farid Guen­douls und ist heute stel­lvertre­tender Vor­sitzen­der des NPD-Kreisver­bands Lausitz.

In Guben grün­dete Toni Stadler 1997 zudem eine Bun­deswehr-Reservis­tenkam­er­ad­schaft (RK). Als Oberge­fre­it­er d.R. war er zeitweise ihr Vor­sitzen­der. Die RK Guben nutzte die Möglichkeit­en des Reservis­ten­ver­ban­des und unter­hielt eigene Räum­lichkeit­en in Jän­schwalde-Ost, ver­anstal­tete Wehrübun­gen und Kam­er­ad­schaftsabende. Immer mit dabei: der harte Kern der Neon­azi-Szene aus Guben und Cot­tbus. Stadler soll intern ins­beson­dere für die Übun­gen auf Schieß­plätzen der Bun­deswehr gewor­ben haben. Erst nach­dem der V‑Mann 2002 aufge­flo­gen war, wurde der Hin­ter­grund dieser Aktiv­itäten dem Reservis­ten­ver­band bekan­nt, der dann intervenierte.

Der Inter­ne­tauftritt der RK Guben war zeitweise unter der sel­ben Domain zu find­en wie die Web­site der Cot­tbuser Neon­azi-Band Frontalkraft. Doch nicht nur als Bun­deswehr-Reservis­ten fan­den Stadler und die Band zusam­men. Nach Aus­sage von Szeneken­nern soll Stadler die Musik­er bei der Pro­duk­tion der ersten Frontalkraft-CD „Wenn der Sturm sich erhebt“ 1996 ins Ton­stu­dio begleit­et haben und ein wesentlich­er Ver­ant­wortlich­er für den Ver­trieb gewor­den sein. Daneben habe Stadler einige Auftritte für den schon genan­nten Ivo H. organ­isiert, der als Lie­der­ma­ch­er unter dem Pseu­do­nym Iwolf unter­wegs war und das WJG-Konzept auch in per­sona ver­mit­telte. Dieses „Schaf­fen“ von Ivo H. war prä­gend für eine Szene jün­ger­er, in hohem Maße völkisch ori­en­tiert­er Neonazis.

Seinen Ein­stieg ins Musikgeschäft erweit­erte Toni Stadler um den Ver­trieb recht­sex­tremer Musik-CDs. Anfangs soll es sich noch um Raubkopi­en gehan­delt haben, aber Stadler pro­fes­sion­al­isierte den Han­del. Er wurde in der Region zu „der Adresse“ für die Szene und eröffnete in Guben-Ober­sprucke das Ladengeschäft Top One (später in Hate­crime umbe­nan­nt), wo er neben den CDs auch szene­typ­is­che Bek­lei­dung und Pro­pa­gan­da­ma­te­ri­alien anbot. Der Laden Top One wurde ein­er der Anlauf­punk­te für Guben­er Recht­sex­treme. Dort traf man sich und dort kon­nte man sich mit allem ver­sor­gen, was nötig ist, um sich einen All­t­ag als Neon­azi zu gestal­ten: Ideen, Unter­hal­tung und Zugehörigkeit.

1997 wurde Toni Stadler wegen der Ver­wen­dung von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen zu ein­er Geld­strafe verurteilt. Ab 2001 ermit­telte die Cot­tbuser Staat­san­waltschaft eben­falls wegen Pro­pa­gan­dade­lik­ten gegen ihn.

Eine V‑Mann-Kar­riere

In den gut zehn Jahren sein­er Neon­azi-Kar­riere machte sich Stadler über die Region hin­aus einen Namen und baute ein umfan­gre­ich­es Netz von Kon­tak­ten auf. Ver­mut­lich war das ein­er der Gründe, warum er für den bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutz als Quelle inter­es­sant erschien. In einem späteren Gerichtsver­fahren hieß es, dass Stadler im Som­mer 2000 infolge eines von ihm began­genen Verkehrs­de­lik­ts als V‑Mann „gewor­ben“ wurde. Etwa zur sel­ben Zeit stieg er in die Pro­duk­tion zweier CDs ein, die in der Neon­azi-Szene Kult­sta­tus erlangten.

Die Band Landser, 1992 gegrün­det und seit­dem kon­spir­a­tiv agierend, wurde in den 1990er Jahren die bekan­nteste deutsche Neon­azi-Band. Ihre Songs waren immer wieder der Sound­track zu recht­sex­tremen Gewalt­tat­en – so motivierten sich zum Beispiel am 13. Feb­ru­ar 1999 in Guben die elf Jugendlichen auf ihrer Jagd nach Aus­län­dern mit Musik von Landser im Autoradio.

1999 began­nen Landser mit der Arbeit an ihrer CD „Ran an den Feind“. Mit der Pro­duk­tion beauf­tragten sie den Chem­nitzer Jan W., Inhab­er des Labels Move­ment Records und zeitweilig Chef der säch­sis­chen Sek­tion des Blood&Honour-Net­zw­erks. Nach­dem dieser mit der Band im Stu­dio war, über­gab er die Mas­ter-Auf­nah­men im Som­mer 2000 an den Seb­nitzer Mirko H., der die CD-Pres­sung organ­isierte. Mirko H., Ham­mer­skin-Aktivist und ver­mut­lich V‑Mann des Bun­de­samtes für Ver­fas­sungss­chutz, gestal­tete auch ein CD-Book­let und beauf­tragte Toni Stadler mit dessen Druck. Stadler ließ daraufhin das Book­let in ein­er pol­nis­chen Druck­erei fer­ti­gen. Dass er in der Pro­duk­tions­kette kein sub­al­tern­er Dien­stleis­ter war, legt nicht nur die kon­spir­a­tive Organ­i­sa­tion nahe, son­dern auch eine spätere Aus­sage von Mirko H. vor Gericht: „Ohne Toni Stadler lief in der Szene damals gar nichts.“ Den bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutz soll Stadler erst dann umfan­gre­ich über den Pro­duk­tion­s­ablauf informiert haben, als der Ver­trieb bere­its ange­laufen war.

Im Som­mer 2000 beteiligten sich Toni Stadler und Mirko H. daneben auch an Pro­duk­tion und Ver­trieb der ein­gangs genan­nten CD „Noten des Has­s­es“. Ini­tia­tor des Pro­jek­ts White Aryan Rebels war der Berlin­er Lars B., wie Stadler ehe­ma­liger FAP-Aktivist. Zu dritt bracht­en sie knapp 3000 Exem­plare in Umlauf. Die Song­texte gaben Hass und Bru­tal­ität wieder und riefen zu Mor­dak­tio­nen auf, so hieß es: „Mit der Lizens zum Töten ziehen wir dann durch das Land, dann wird alles Kranke erschla­gen und niederge­bran­nt“ oder „Nen­nt sie Nig­ger, denn das sind ihre Namen, hängt die Nig­ger auf und habt kein Erbar­men“. Mit dem Song „Die Kugel ist für dich“ wur­den ver­schiedene Promi­nente des öffentlichen Lebens bedro­ht. Stadler soll seinen V‑Mann-Führer detail­liert über die Ver­trieb­swege informiert haben. Kon­se­quen­zen fol­gten daraus nicht.

2002 planten die Mach­er eine Neuau­flage der CD – wiederum mit Ken­nt­nis des Ver­fas­sungss­chutzes. Erst die Ermit­tlun­gen der Berlin­er Polizei, die Toni Stadler in Unter­suchung­shaft nahm und ihn als V‑Mann auf­fliegen ließ, stoppten das Vorhaben. Im Novem­ber 2002 eröffnete das Landgericht Berlin ein Ver­fahren gegen Stadler unter anderem wegen Volksver­het­zung. Dies­mal war er es selb­st, der seine Rolle in der CD-Pro­duk­tion her­vorhob: „Lars B. wäre ohne Mirko H. und mich nicht in der Lage gewe­sen, die erste Auflage so ein­fach zu verbreiten.“

Im Gerichtsver­fahren kam darüber hin­aus in Gespräch­spro­tokollen abge­hörter Tele­fonate zur Sprache, wie der bran­den­bur­gis­che Ver­fas­sungss­chutz Stadler darin unter­stützte. Der V‑Mann-Führer mit dem Deck­na­men „Dirk Bar­tok“ habe Stadler immer wieder Hil­fe bei Prob­le­men mit Behör­den ver­sichert. Er habe Stadler ange­hal­ten, seine Woh­nung von strafrechtlich rel­e­van­ten Din­gen zu „säu­bern“, was dieser als War­nung vor polizeilichen Ermit­tlun­gen ver­ste­hen musste. Stadler soll außer­dem einen daten­freien Ersatz­com­put­er zur Tar­nung erhal­ten haben, um seinen eige­nen ver­steck­en zu kön­nen. Auf Anrat­en von „Bar­tok“ habe Stadler ein geson­dertes Lager für hun­derte CDs mit straf­baren Inhal­ten angelegt. Er hätte seine Geschäfte „niemals in so großem Stil aufge­zo­gen, wenn die Pots­damer mir nicht Straf­frei­heit zuge­sagt hät­ten“, sagte Stadler vor Gericht aus.

Das Landgericht verurteilte Stadler zu ein­er Frei­heitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung aus­ge­set­zt wurde, und stellte fest, dass er die Straftat­en mit Wis­sen und Bil­li­gung des Ver­fas­sungss­chutzes verübte. Dass sich der Angeklagte in seinem Han­deln gedeckt fühlte, wirk­te sich mildernd auf das Straf­maß aus. Darüber hin­aus forderte der Vor­sitzende Richter eine Aufk­lärung des Fall­es durch einen Par­la­men­tarischen Unter­suchungsauss­chuss in Brandenburg.

Während Stadler aus der Unter­suchung­shaft ent­lassen wurde und im Zeu­gen­schutzpro­gramm unter­tauchte, eröffnete die Cot­tbuser Staat­san­waltschaft ein Ermit­tlungsver­fahren gegen den VS-Mitar­beit­er „Bar­tok“. Im Juli 2003 soll die Staat­san­waltschaft dem Beschuldigten 5000 Euro Geld­strafe ein­schließlich eines Schuldeingeständ­niss­es vorgeschla­gen haben. Ende 2004 beantragte sie beim Landgericht Cot­tbus die Ein­stel­lung des Ver­fahrens wegen Ger­ingfügigkeit. Der VS-Mitar­beit­er berief sich darauf, in sein­er Aus­bil­dung gel­ernt zu haben, dass V‑Leute „szene­typ­is­che Straftat­en“ verüben dürften. Im Feb­ru­ar 2005 fol­gte das Gericht dem Antrag.

Die Rolle des Verfassungsschutzes

Es gibt Neon­azis auch ohne Ver­fas­sungss­chutz. Mit Ver­fas­sungss­chutz wer­den sie offen­bar nicht weniger.

In Bezug auf die Musikpro­duk­tio­nen wurde zuweilen gefragt, wieviele V‑Leute es braucht, um eine Neon­azi-CD herzustellen. Es ist davon auszuge­hen, dass der bran­den­bur­gis­che Ver­fas­sungss­chutz von Toni Stadler Infor­ma­tio­nen erhal­ten hat – soweit er sie gab. Gle­ichzeit­ig ges­tat­tete der Geheim­di­enst, dass CDs in tausender Stück­zahlen in Umlauf gebracht wur­den, die zum Übel­sten an Hass- und Gewal­taufrufen gehören, was die Szene bietet.

Ähn­lich muss die Rolle des Ver­fas­sungss­chutzes hin­sichtlich der lokalen Sit­u­a­tion in Guben eingeschätzt wer­den. Nicht nur, dass mit Stadler ein V‑Mann verpflichtet wurde, der über Jahre die Neon­azi-Szene mit aufge­baut und gestal­tet hat. Er fühlte sich durch die Tätigkeit für den Geheim­di­enst in seinem Tun bestätigt. Es ist nicht bekan­nt, in welchem Umfang Stadler über die Guben­er Szene Bericht erstat­tete, aber man kann annehmen, dass der Ver­fas­sungss­chutz von den lokalen Neon­azis wusste. Es liegt auch auf der Hand, dass Stadlers ver­stärk­te Aktiv­itäten mit dem Ladengeschäft und seinen Ange­boten sta­bil­isierend und fördernd auf die lokale recht­sex­treme Szene gewirkt haben. Und dies in ein­er Sit­u­a­tion, als die Prob­leme in der Stadt längst offenkundig gewor­den waren.

Offene Fra­gen

Die fehlende Aufar­beitung des Fall­es Toni Stadler lässt eine Rei­he von Fra­gen über seine Zusam­me­nar­beit mit dem bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutz offen. Bere­its 2002 äußerte zum Beispiel das Antifaschis­tis­che Infoblatt (AIB) Zweifel am Zeit­punkt der Anwer­bung Stadlers. Die Zeitschrift ver­wies auf wider­sprüch­liche Dat­en und fand den genan­nten Grund sein­er Mitar­beit – ein Verkehrs­de­likt – nicht überzeu­gend, da Stadler bere­its in den 1990ern in ähn­lich­er Weise aufge­fall­en sei. Auch auf­grund des „sehr lax­en Ver­hal­tens bei seinen strafrechtlich rel­e­van­ten Aktiv­itäten“ hielt das AIB einen anderen Anwer­bezeit­punkt nicht für ausgeschlossen.

Aus heutiger Per­spek­tive müssen auch Stadlers Kon­tak­te in das Unter­stützerum­feld des NSU hin­ter­fragt wer­den. Aktuell liegt dem NSU-Unter­suchungsauss­chuss im Bun­destag eine Liste von 129 Recht­sex­tremen vor, die zum näheren und weit­eren Umfeld der Ter­ror­gruppe gehört haben sollen. Ein mut­maßlich­er NSU-Helfer ist Jan W., mit dem Toni Stadler im Jahr 2000 an der Landser-CD „Ran an den Feind“ arbeit­ete. Der Chem­nitzer soll den Aufen­thalt­sort von Zschäpe, Mund­los und Böhn­hardt gekan­nt haben, nach­dem sie 1998 unter­ge­taucht waren. Er soll sich um Unter­stützung für das Trio in Form von Geld und Waf­fen bemüht haben. Es wird ver­mutet, dass Chem­nitzer Neon­azis den NSU bis min­destens 2003 gedeckt haben.

Was sagt der per­sön­liche Kon­takt von W. und Stadler? Sie haben zusam­men kon­spir­a­tiv Straftat­en geplant und began­gen. Dabei waren erhe­bliche Geld­sum­men im Spiel, das heißt es ging auch um wirtschaftliche Exis­ten­zen. Dieses gegen­seit­ige Wis­sen und die Abhängigkeit­en lassen auf ein beson­deres Ver­trauensver­hält­nis zwis­chen zwei wichti­gen Sze­neak­teuren schließen. Es stellt sich die Frage, wie weit diese Beziehung ging. Welch­es Wis­sen teil­ten die bei­den noch? Wusste Stadler auch vom NSU und seinen Helfern?

2000 war Stadler wie beschrieben V‑Mann des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes. Dieser will nach eige­nen Angaben bere­its im Herb­st 1998 durch seinen V‑Mann Carsten Szczepan­s­ki („Pia­to“) erfahren haben, dass W. auf der Suche nach Waf­fen für die unter­ge­taucht­en Thüringer Neon­azis war. Das wirft die Fra­gen auf, ob Stadler zwei Jahre später auch in dieser Hin­sicht als Quelle zu W. abgeschöpft wurde und Infor­ma­tio­nen lieferte, und wenn nicht, warum es unterblieb. Im Sep­tem­ber 2000 beg­ing der NSU seinen ver­mut­lich ersten Mordanschlag.

Die Infor­ma­tion­spoli­tik des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes zu seinen V‑Mann-Affären ste­ht vielfach in Kri­tik. Zulet­zt sprach der Bun­destags-Unter­suchungsauss­chuss zum NSU von einem „ver­heeren­den Bild“ der Geheim­di­en­star­beit im Fall „Pia­to“. Eine Recherche des Neuen Deutsch­lands stellte darüber hin­aus die Aus­sage in Frage, dass Szczepan­s­ki die einzige Bran­den­burg­er VS-Quelle im NSU-Umfeld gewe­sen sei.

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Antifaschismus

Fourth Time“ in der Defensive

Die Neon­az­i­marke „Fourth Time Cloth­ing Brand“ aus Tel­tow reagiert auf die öffentliche Kri­tik von let­zter Woche und ver­sucht sich als unpoli­tisch darzustellen, sowie die Angriffs­fläche für Kritiker_innen zu verklein­ern. [1]

Wenige Tage nach­dem der Infor­ma­tions­di­enst „Blick nach Rechts“ und wir [2] Artikel über die Marke, deren Ver­strick­un­gen ins Neon­az­imil­lieu sowie ihre Sym­bo­l­iken, veröf­fentlicht­en, ver­sucht diese nun der Kri­tik den Wind aus den Segeln zu nehmen. Durch eine eigene dargestellte Inter­pre­ta­tion der genutzten Sym­bo­l­iken wird ver­sucht, eine entsprechende Deu­tung ent­ge­gen zu brin­gen. [3] Dem­nach repräsen­tiere die Zahl vier, die wie berichtet u.a. in ihrem Mod­e­la­bel (“Fourth Time”) enthal­ten ist, lediglich die „Ele­ment: Feuer, Wass­er, Luft & Erde“ [sic], welche für „die Leben­sphasen: Kind­heit, Jugend, Erwach­sen­sein, Alter“ stünden.

Dass dadurch noch keine Begrün­dung für den immer noch auf der Start­seite zu find­en­den Spruch „und es begann das Vierte Zeital­ter!“ geliefert wird, eine Anspielung auf das “Vierte Reich”, liegt auf der Hand. Eben­so sind die geliefer­ten Erk­lärungsver­suche der Neon­az­i­marke “Fourth Time” äußerst kurz, kon­stru­iert und glänzen mit Aus­las­sun­gen. Um offen­bar schnell reagieren zu kön­nen, wur­den auf die Schnelle nur drei von zehn Motiv­en erläutert.

Inter­es­san­ter­weise ist das Motiv “Neuschwaben­land” aus der Online-Kollek­tion ver­schwun­den – eventuell, weil dieses einen zu offen neon­azis­tis­chen Bezug lieferte. Im neon­azis­tis­chen Ladengeschäft „Strike Back Shop“ in Apol­da ist dieses Motiv, sowie alle anderen T‑Shirts noch immer im Sor­ti­ment vorhanden.

Der bekan­nte Pots­damer Neon­azi Gabor Grett ist nun nicht mehr als Mod­el auf der Home­page zu find­en. Damit will sich “Fourth Time” offiziell von all zu offen neon­azis­tis­chen Bezü­gen tren­nen. Als alleinige Wer­be­fig­ur dient nun allem Anschein nach der Recht­sRock­er Sacha Korn, der alle T‑Shirt-Motive präsentiert.

Fourth Time” kann daher nicht als “unpoli­tis­che” Bek­lei­dungs­marke gese­hen wer­den. Bezüge zu neon­azis­tis­chen The­men, trotz ver­suchter eigen­er Deu­tung, sowie die Präsen­ta­tion der Motive durch einen Recht­sRock­er, als auch die Vert­strick­ung ins neon­azis­tis­che Mil­lieu in Pots­dam und Umge­bung bele­gen eine neon­azis­tis­che Aus­rich­tung des Labels – auch wenn dies schein­bar nicht offen gewün­scht ist.
Auch span­nend zu beobacht­en wird sein, um wen es sich bei den laut “Fourth Time” ver­meintlich unter der Kund­schaft befind­lichen Musiker_innen und Profisportler_innen handelt.

[1] http://fourthtime.de/index.php/presse
[2] http://www.bnr.de/artikel/hintergrund/von-spartas-koenig-zur-reichsflugscheibe und http://arpu.blogsport.eu/2013/03/13/potsdamer-neonazis-und-die-marke-%E2%80%9Efourth-time%E2%80%9C/
[3] http://fourthtime.de/index.php/about

Der Artikel und die Bilder mit Bil­dun­ter­schriften sind auf http://arpu.blogsport.eu/2013/03/23/%E2%80%9Efourth-time%E2%80%9C-in-der-defensive/ zu finden.

Auf der Plat­tform “Blick nach Rechts” sind eben­falls Artikel über dieMarke “Fourth Time” abruf­bar.
Klam­ot­ten für den zeit­gemäßen Szene-Style
Von Spar­tas König zur „Reichs­flugscheibe“

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(Anti)militarismus Antifaschismus

AGITPROP-AKTION GEGEN DEN WIEDERAUFBAU DER GARNISONKIRCHE AUF DER BRANDENBURGER STRASSE

Gegen­darstel­lung: Kom­men­tar “Anti­semiten”

Peter Tiede in der PNN vom 21.03.2013 / Pressemit­teilung Num­mer 160 der Stadtver­wal­tung vom 20.03.2013:

Durch die Aktion­s­gruppe “Schlagschat­ten der Geschichte”, die sich für die Agit-Prop-Aktio­nen vom 19.03.2013 in der Pots­damer Innen­stadt und vom 20.03.2013 während des “Demokraties­pazier­gang” ver­ant­wortlich zeich­net, sollte ger­ade darauf ver­wiesen wer­den, dass die Geschichte der Gar­nisonkirche nicht auf den 21.03.33 reduziert wer­den darf. Im Gegen­teil, sie muss geson­dert betra­chtet wer­den, da sie beispiel­haft für den deutschen Mil­i­taris­mus ste­ht und dessen Kern­tu­gen­den Ord­nung, Diszi­plin und Kadav­erge­hor­sam die gesamte Gesellschaft durch­zo­gen. Nur durch diese gesellschaftliche Kon­stel­la­tion war der deutsche Faschis­mus in sein­er Einzi­gar­tigkeit über­haupt erst möglich.

Daher ist die größte Geschmack­losigkeit des gestri­gen Abends wohl der Demokraties­pazier­gang an sich: Demokratie auf dem Weg der Dik­tatur, Kerzen statt Fack­eln, die Gedenkminute an der ehe­ma­li­gen Syn­a­goge bei ein­er gle­ichzeit­i­gen ein­deuti­gen Demon­stra­tion für die Gar­nisonkirche, d.h. dem Sym­bol der Ide­olo­gie, die 6 Mil­lio­nen Juden umbrachte.

Wie wichtig auch drastis­ch­er Protest sein kann, ist an den Reak­tio­nen in der gle­ichgeschal­teten Presse zu erken­nen. Frei erfun­dene Teil­nehmerIn­nen­zahlen, Kleinre­den der Proteste, ver­suchte Stig­ma­tisierung der AktivistIn­nen. Wie auf den Presse­bildern gut zu erken­nen ist, woll­ten die meis­ten Teil­nehmerIn­nen Jakobs und Co. nicht diesen Tag über­lassen, um die Lüge, eine Mehrheit sei für den Wieder­auf­bau, immer und immer wieder zu wiederholen.

 

Pressemit­teilung II vom 20.03.2013

Tra­di­tion ist keine Asche, son­dern die Glut, an der wir Facke.. & ..Kerzen entzün­den” (1)

Kerzen statt Fack­eln dachte sich heute auch die düstere Gruppe aus der Ver­gan­gen­heit. Die Gruppe suchte Pots­dam erst zum zweit­en Mal mit ihrer Agit-Prop-Aktion auf und ver­größerte gle­ich ihre Gefol­gschaft beträchtlich. Sicher­lich waren die Kerzen von Eini­gen etwas größer als die der demokratis­chen Masse aber wahrschein­lich war es die “mythis­che Kraft” in den Erin­nerun­gen der Mehrheit der heuti­gen Bevölkerung, die den Demokraties­pazier­gang fol­gen ließ. (2)

Auch wir haben es uns zur Auf­gabe gemacht, diesen Tag aus dem Schlagschat­ten der Geschichte her­auszu­holen (3), aber wir möcht­en bemerken, welche Gebäude und von wem da wirk­lich aufge­baut wer­den sollen.

Zurück in die Zukun­ft — Vor­wärts in die Ver­gan­gen­heit — Vor­bei an der Geschichte
Zu Fuß oder mit Bus ram­men wir das Boll­w­erk des Vergessens!

Don­ner­stag: 17.00 Uhr Kundge­bung neben der geplanten Kopie der Garnisonkirche

 

Pressemit­teilung I vom 19.03.2013

Ein grauer, ver­schneit­er Tag in Potsdam.

Passend zum Grau machte sich eine düstere Gruppe der Ver­gan­gen­heit, alle­samt Kämpfer für das ver­gan­gene Deutsch­land auf den Weg. Unter dem Mot­to “Zurück in die Zukun­ft! Vor­wärts in die Ver­gan­gen­heit! 80 Jahre Tag von Pots­dam” marschierten ein preußis­ch­er Sol­dat, ein Sol­dat der Wehrma­cht und ein SA-Mann. Am Rande der grausi­gen Vorstel­lung über die Bran­den­burg­er Straße wur­den Fly­er und eine Son­der­aus­gabe der Pots­damer All­ge­meinen Zeitung verteilt, um gegen der Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche mobil zu machen.

Die Pas­san­ten reagierten erfreut über die Aktion und viele sprachen sich spon­tan eben­falls gegen einen Wieder­auf­bau der zer­störten Mil­itärkirche aus.Im Anschluss fand eine Infor­ma­tionsver­anstal­tung im Alten Rathaus statt. Bernd Langer (Kün­stler und Schrift­steller) hielt einen Vor­trag zum The­ma “Der Tag von Pots­dam. Faschis­mus in Deutschland”.

Am kom­menden Don­ner­stag um 17.00 Uhr wird es eine Kundge­bung zum The­ma neben der geplanten Kopie der Gar­nisonkirche geben.

 

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Aktions­fly­er, Bilder, Pressemit­teilun­gen und Videos sind in kürze zu find­en auf: https://inforiot.de und http://www.vimeo.com/channels/tagvonpotsdam

mehr Infor­ma­tio­nen: www.ohne-garnisonkirche.de und www.tagzurnacht.blogsport.eu

(1) Etwas an die heutige Zeit angepasstes Zitat der Tra­di­tion­s­ge­mein­schaft Pots­damer Glock­en­spiel — eine recht­sex­treme Vere­ini­gung, die die Bemühun­gen zum Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche und die Auf­stel­lung des Glock­en­spiels durch die Stadt Pots­dam auf der Plan­tage ini­ti­ierte — aus den 90er Jahren. Vgl. Pots­damer All­ge­meine vom 21.03.2013, Seite 4, Der Wieder­auf­bau­plan: Wie alles begann.
(2) Vgl. OB Jann Jakobs, Kolumne der Woche: Ein Boll­w­erk gegen das Vergessen, http://www.potsdam.de/cms/beitrag/10115485/1560816/
(3) Vgl. OB Jann Jakobs, Kolumne der Woche: Ein Boll­w­erk gegen das Vergessen, http://www.potsdam.de/cms/beitrag/10115485/1560816/

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Klima & Umwelt

Castor-Sammel-Prozess nach 6,5 Stunden vertagt

Fort­set­zung­ster­min am 4. 4., 10 Uhr am AG Pots­dam, Jäger­allee 10–12, Saal 21

Wegen zwei erfol­gre­ichen spek­takulären Block­adeak­tio­nen in Hes­sen und der Pfalz musste sich am heuti­gen Mon­tag ein Aktivist vor dem Amts­gericht Pots­dam vertei­di­gen — Knapp 3 bzw. 5 Jahre nach den Vorkomm­nis­sen. „Teils zeigte Rich­terin Ahle Ver­ständ­nis für die Unver­hält­nis­mäßigkeit der Strafver­fol­gung. Das ältere Ver­fahren aus der Pfalz von 2008 hat sie zu Beginn der Ver­hand­lung von sich aus eingestellt. Hätte sie mir vor­ab einen Hin­weis darauf gegeben, hätte ich mir viel Aufwand sparen kön­nen. Bzgl. des anderen Vor­wurfs wurde mir ange­boten, über eine Reduk­tion des Bußgeldes zu reden. Angesichts des enor­men bish­eri­gen Aufwan­des lehne ich dies ab. So ‘was hätte, wenn dann, eher kom­men müssen. Jet­zt bin ich hier und führe das Ver­fahren zu Ende.“ So Christof, der Betrof­fene. Nach ein­er 1,5‑stündigen Zeu­gen­vernehmung und etlichen Beweisanträ­gen seit­ens der Vertei­di­gung beschränk­te die Rich­terin den Vor­wurf in der übri­gen Sache auf das – ver­mut­lich fahrläs­sige — unbefugte Betreten der Bah­nan­la­gen – in der Regel mit max. 25€ bußgeld­be­wehrt. Eine betrieb­sstörende Hand­lung hielt sie für nicht nachweisbar.

Die bei­den entschei­den­den prozes­sualen Anträge hat Frau Ahle ver­wor­fen. Ein 6‑seitiger Befan­gen­heit­santrag, der in  8 Fällen dar­legte, warum der Betrof­fene die Rich­terin für vor­ein­genom­men hält und ein Antrag auf Aus­set­zung der Hauptver­hand­lung, da ent­ge­gen der geset­zlichen Bes­tim­mungen der Zeuge dem Betrof­fe­nen nicht rechtzeit­ig namhaft gemacht wurde. Erst am Sam­stag erhielt der Betrof­fene Post, die wed­er notwendi­ge Angaben zur Per­son des Zeu­gen erhielt, noch als rechtzeit­ig ange­se­hen wer­den kann.  „Frau Ahle ver­warf den Befan­gen­heit­santrag — ohne für die Entschei­dung eine Pause zu benöti­gen — da er einzig und allein der Prozessver­schlep­pung diene. Auf die Begrün­dung ging sie kein Stück ein. Die in der Straf­prozes­sor­d­nung vorgeschriebene Aus­set­zung ver­warf sie mit dort expliz­it aus­geschlosse­nen Grün­den, um die Ver­hand­lung nach ihren Vorstel­lun­gen durchziehen zu kön­nen.“ so der Beschuldigte. „Von ein­er ergeb­nisof­fe­nen Ver­hand­lung kann also nicht die Rede sein. Sie betonte auch mehrfach, dass sie die Sache am heuti­gen Tag zu Ende brin­gen will und führte Die Ver­hand­lung sog­ar weit über die Geschäft­szeit hin­aus – am Ende ohne ihre Prak­tikan­tin und Pro­tokol­lan­tin weit­er, obwohl abse­hbar war, dass ohne weit­ere Beweis­mit­tel eine Verurteilung nicht in Betra­cht kommt.“

Der Polizeizeuge erin­nerte sich nach all der Zeit nur an weniges. Allerd­ings meinte er, sich genau an die Brücke und die ange­blich dort ange­brachte Beschilderung erin­nern zu kön­nen. Ob der das Betreten des Fußweges auf der Brücke ver­boten und dies erkennbar ist, ist essen­ziell für die Sache. Auf zig­fache Nach­frage der Vertei­di­gung musste er dann aber doch manche Aus­sagen wider­rufen. Spätestens nach einem Beweisantrag, der mit­tels Fotos belegte, dass etliche für die Sache wichtige Angaben des Beamten nicht der Wahrheit entsprachen, muss die Glaub­würdigkeit dessen min­destens als zweifel­haft beurteilt werden.

Dies hin­derte Rich­terin Ahle nicht daran, weit­er­hin ein Ende des Ver­fahrens mit Verurteilung am heuti­gen Tag anzus­treben. Davon, dass dies nicht nur auf­grund der rechtlichen Bew­er­tung, son­dern auch auf­grund der man­gel­haften Beweis­lage untun­lich ist, kon­nte der Betrof­fene die Rich­terin erst gegen 16:30 überzeu­gen. Die Hauptver­hand­lung in dem schon leeren Gericht wurde unter­brochen und ein Fort­set­zung­ster­min für den 4. April, 10 Uhr anber­aumt. Ob und welche Zeu­gen dafür geladen wer­den, ist noch nicht bekannt.

Es mag für viele nicht nachvol­lziehbar sein, weswe­gen ich mich auf das Ange­bot ein­er deut­lichen Reduk­tion des Bußgeldes zu Beginn der Ver­hand­lung nicht ein­ge­lassen habe, aber mein Gerechtigkeitswille und von mir aus auch Trotz ist größer als die Trägheit. Der poli­tisch motivierten Ver­fol­gung dafür, dass ich mich für eine intak­te Umwelt ein­set­ze, werde ich mich nicht beu­gen. Ger­ade angesichts des Trends zum Atom­ex­port z.B. durch die Uranan­re­icherungsan­lage Gronau und der Bren­nele­mente­fab­rik Lin­gen kann ich nicht an das Gerede von einem Atom­ausstieg glauben“, so der Betroffene.

Nach ein­er inter­nen Reform der Bun­de­spolizei 2009 – also erst nach einem der ver­han­del­ten Vor­fälle – wer­den sämtliche Ord­nungswidrigkeit­en im Bere­ich der Bah­nan­la­gen in Pots­dam ver­han­delt. Somit wird das Recht auf den geset­zlichen Richter und Zugang zu Gericht, also der grundge­set­zlich garantierte „effek­tive Rechtss­chutz“ mit Füßen getreten, meinen die Aktivis­ten und macht­en dies erst let­zten Monat am Bran­den­burg­er Tor – einem der Wahrze­ichen Pots­dams deut­lich. Sie klet­terten die Säulen empor und hissten Trans­par­ente. „Wir wür­den andere Orte für die poli­tis­che Auseinan­der­set­zung wählen, aber wenn das Gericht uns zum Tanz ein­lädt, dann kom­men wir! Wir lassen uns nicht krim­i­nal­isieren. Der Protest gegen die Atom­kraft ist legit­im!“ erk­lärt Karsten, ein­er, dessen Ver­fahren zwecks Beteili­gung an der Klet­ter­ak­tion zum Cas­tor ’10 mit­tler­weile eingestellt wor­den ist.

Infor­ma­tio­nen zum Prozess: http://nirgendwo.info/
Infor­ma­tio­nen zur Aktion ’10: http://nirgendwo.info/info/fuldatal-bruckenaktion/
Infor­ma­tio­nen zur Aktion ’08 und den bish­eri­gen Prozessen dazu: http://bloxberg.blogsport.de/

 

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Antifaschismus

Danny Eichelbaum: Saubermann mit braunen Flecken

Am 24. März wird ein neuer Lan­drat im Kreis Tel­tow-Fläming (Bran­den­burg) gewählt. Für die CDU tritt ihr Kreisver­bandsvor­sitzen­der und Land­tagsab­ge­ord­neter Dan­ny Eichel­baum an. In sein­er Wahlwer­bung ver­spricht der 39-Jährige Recht­san­walt einen poli­tis­chen Neuan­fang, frischen Wind und vor allem mehr Trans­parenz. Im Gegen­satz zu dieser Wahlkampfrhetorik befind­en sich in der poli­tis­chen Biogra­phie Eichel­baums jedoch in-trans­par­ente Abschnitte. In Recherchep­ub­lika­tio­nen aus den 90er Jahren, die Neon­azistruk­turen in Bran­den­burg aufgedeckt haben, wird der heutige Lan­dratskan­di­dat mit gewalt­täti­gen Neon­azis in Verbindung gebracht.

Als junger Stu­dent trat der heutige Kreistags­frak­tionsvor­sitzende, aus Verehrung des Poli­tik­stils Hel­mut Kohls, in die CDU ein. Zu dieser Zeit bran­nten in zahlre­ichen Städten Deutsch­lands, auf­grund ras­sis­tis­ch­er Pogrome, Asyl­be­wer­ber­heime und die CDU Regierung hat­te die fak­tis­che Abschaf­fung des Grun­drechts auf Asyl mitzu­ver­ant­worten. Ein Recht­sruck zog sich durch die ganze Repub­lik. Auch in der bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt Luck­en­walde (TF) wur­den zu dieser Zeit Asyl­be­w­erIn­nen von Neon­azis durch die Straßen gehet­zt und deren Unterkün­fte ange­grif­f­en. Was hat das mit Eichel­baum zu tun? In sein­er Funk­tion als Kreisvor­sitzen­der der Jun­gen Union TF inte­gri­erte der aus Jüter­bog stam­mende Eichel­baum Mitte der 1990‘er Jahre den Luck­en­walder Neon­azi Bert Lind­ner als seinen Stel­lvertreter in die CDU-Partei­ju­gen­dor­gan­i­sa­tion. Lind­ner war führen­des Mit­glied der später ver­bote­nen Neon­azior­gan­i­sa­tion “Nation­al­is­tis­che Front — NF” und deren Nach­fol­ge­or­gan­i­sa­tio­nen. Mit­glieder des NF hat­ten unter anderen den Mord an den Lud­wigs­felder Obdachlosen Rolf Schulze am 7. Novem­ber 1992 zu ver­ant­worten. Auch Lind­ner war als Ras­sist und neon­azis­tis­ch­er Gewalt­täter nicht nur bei der Luck­en­walder Bevölkerung, son­dern eben­so bei der Polizei bekan­nt. Ger­ade Eichel­baum muss von diesen Aktiv­itäten seines Parteikol­le­gen Ken­nt­nis gehabt haben. Es gibt keine Infor­ma­tio­nen dazu, dass Eichel­baum selb­st Teil der recht­en Szene war. Seine Zusam­me­nar­beit mit Lind­ner zeigt aber, dass er keine Berührungsäng­ste mit dieser hat­te. In ein­er Zeit als es vor allem in ost­deutschen Städten zahlre­iche Opfer neon­azis­tis­ch­er Gewalt gab, bot Eichel­baum als JU Vor­sitzen­der somit einem führen­den Neon­azis die Möglichkeit, sich in ein­er bürg­er­lichen Partei zu organ­isieren. Lind­ner ist heute stel­lvertre­tender Vor­sitzen­der der CDU in Luckenwalde. 

Auch heute lässt sich nach­weisen, dass Lan­dratskan­di­dat Eichel­baum rechts-kon­ser­v­a­tiv­en und nation­al­is­tis­chen Kreisen offen gegenüber­ste­ht. Zum einen bekan­nte er sich in der Ver­gan­gen­heit offen zu sein­er Mit­glied­schaft in ein­er recht­en Burschen­schaft — diese nation­al­is­tis­chen Män­ner­bünde sind seit langem für ihre ide­ol­o­gis­che Nähe zum Nation­al­sozial­is­mus bekan­nt. Als aktuelleres Beispiel kann zum anderen Eichel­baums Stel­lung­nahme gegenüber der recht­en und anti­demokratis­chen Wochen­zeitung “Junge Frei­heit” vom Jan­u­ar 2012 ange­führt werden. 

Zu all diesen unrühm­lichen Aspek­ten sein­er poli­tis­chen Biogra­phie hat Eichel­baum nie öffentlich Stel­lung bezo­gen. Ger­ade in Anbe­tra­cht sein­er Kan­di­datur, wäre es notwendig, dass er darüber detail­lierte Aufk­lärung leis­tet. Die von ihm im Wahlkampf geforderte Trans­parenz muss er fol­glich zuerst bei sich selb­st anwenden. 

Quellen:

Hin­ter den Kulis­sen…: “faschis­tis­che Aktiv­itäten in Bran­den­burg” — Aus­gabe 1993 — S.40–41 — “Luck­en­walde: die Naziszene hat sich festgesetzt” 

…hin­ter den kulis­sen — Aus­gabe 3/95 — S.25–26 — “Des Kan­zlers braune Kinder: NF-Kad­er in der JU-Luckenwalde” 

…hin­ter den kulis­sen — Aus­gabe 4/95 — S.40 — “Naz­itr­e­f­fen in Luckenwalde”

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Antifaschismus

Jens Knöchel — Potsdamer Neonazi als Bundesfreiwilligendienstler

Am 8. März 2013 berichteten die “Märkische All­ge­meine Zeitung” und die “Pots­damer Neueste Nachricht­en” über den Bun­des­frei­willi­gen­di­enst (BFD) in Pots­dam. [1] Als Beispiel für einen “opti­malen” Bun­des­frei­willi­gen­di­en­stler wird der 36-jährige Pots­damer Jens Knöchel befragt. Er gibt an, “gern draußen in der Natur” zu sein und möchte sich beru­flich neu ori­en­tieren. Zuvor war er im Baugewerbe tätig.
Was MAZ und PNN möglicher­weise nicht wis­sen, ist, dass sie dadurch mal wieder einen Neon­azi als Sauber­mann präsen­tieren.
Jens Knöchel ist seit spätestens 2005 in der Pots­damer Neon­aziszene unter­wegs.
Er besuchte zusam­men mit Berlin­er und Pots­damer Neon­azis die “Chamäleon-Prozesse” am Amts­gericht Pots­dam im Früh­som­mer 2005. Damals ver­sucht­en die Neon­azis durch mas­sive Präsenz, antifaschis­tis­che Prozessbeobachter_innen sowie Zeug_innen einzuschüchtern. Im Zuge dessen kam es auch zu gewalt­täti­gen Über­grif­f­en. Jens Knöchel war an diesen Aktio­nen direkt beteiligt.
Knöchel nahm an mehreren Neon­azi­aufmärschen teil. Zu sehen war er unter anderem am 03.03.2003 in Halbe, am 16.06.2006 in Rathenow, am 21.10.2006 in Berlin, am 06.10.07 in Königs Wuster­hausen, am 01.12.2007 in Berlin-Rudow sowie am 29.12.2007 in Sten­dal. Auch wenn er seit­dem weniger an neon­azis­tis­chen Demon­stra­tio­nen teil­nahm, zog er sich nicht aus der Pots­damer Neon­aziszene zurück. Im April 2011 etwa bepö­belte er einen antifaschis­tis­chen Jugendlichen in der Nähe des Hauptbahnhofes.

Zum wieder­holten Male berichteten die lokalen Medi­en also über Per­so­n­en, die ein­deutig der neon­azis­tis­chen Szene zuzurech­nen sind. Bere­its im let­zten Früh­jahr wiesen wir auf den Neon­azi und Cheer­leader Mario Schober sowie den Neon­azikad­er und Ama­teur-Fußballer Thomas Pecht hin, über die die Pots­damer Presse unre­flek­tiert berichtete. [2]
Auch dies­mal wäre es möglich gewe­sen, durch das Nutzen ein­er Inter­net­such­mas­chine Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen über Jens Knöchel zu erlan­gen und somit die Berichter­stat­tung anzu­passen. Beispiel­sweise wird in der drit­ten Aus­gabe der Antifaschstis­chen Recherche-Broschüre “Fight Back” über Knöchel und sein neon­azis­tis­ches Umfeld (“Anti-Antifa Pots­dam”) berichtet. [3]

Das ist mein Ding”

Das Inter­esse von Knöchel am BFD beim “Team Gar­tendenkmale” lässt sich im Kon­text der Aktiv­itäten der Pots­damer Neon­aziszene dur­chaus ernst nehmen und in einem entsprechen­den ide­ol­o­gis­chen Rah­men betra­cht­en. So gehören Putza­k­tio­nen von Kriegs­denkmälern seit Jahren zum Aktion­sreper­toire der hiesi­gen Szene. Diese wer­den dann entsprechend pro­pa­gan­dis­tisch im Inter­net auf­bere­it­et; zum Beispiel bezüglich der Bom­bardierung Pots­dams am 14.04.1945. Hierzu schrieben die “Freie Kräfte Pots­dam” am 14.04.2011: “Deshalb war es uns wichtig, vor der Bomben­nacht die auf den Neuen Fried­hof ste­hen­den Mah­n­male zu reini­gen. Um unseren Toten am 14.April würdig zu gedenken […] Wir reinigten mit Wass­er und Bürste das Denkmal und schnit­ten die über­ra­gen­den Äste ab. […] Bei den seitlich ste­hen­den Gran­itkreuzen sam­melten wir wild umher­liegende Äste auf, und entsorgten sie fachgerecht.
Das zweite Bombenopfer­ehren­feld liegt nicht weit ent­fer­nt […] Wir reinigten auch dieses Denkmal von oben bis unten, denn nie­mand son­st macht sich die Arbeit. […] Es kann kein Denkmal oder Grab­stein die wahrhafti­gen Leis­tun­gen unser­er Ahnen wider­spiegeln. Denkmäler sind nicht nur Mah­n­er son­dern auch Danksa­gun­gen an unsere Toten.” [4]
Knöchels Äußerung – “Das ist mein Ding”[5] – dürfte ver­mut­lich nicht nur auf seine Tätigkeit­en beim BFD, son­dern auch auf die Aktions­form sowie inhaltliche Aus­rich­tung der “FKP”, zutr­e­f­fen.
Das Antifaschis­tis­che Pressearchiv Pots­dam zählt in seinen Chroniken in den ver­gan­genen drei Jahren min­destens 40 Aktio­nen, die einen Bezug zu Gedenkver­anstal­tun­gen haben. Darunter Putza­k­tio­nen, Pro­pa­gan­daak­tio­nen, Demon­stra­tionsteil­nah­men und interne Kundge­bun­gen. [6]

[1] http://www.pnn.de/potsdam/731549/ und http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12482568/60709/Landeshauptstadt-vergibt-erneut-Gaertner-Stellen-fuer-den-Bundesfreiwilligendienst.html
[2] http://arpu.blogsport.eu/2012/02/20/cheer-for-ns-potsdamer-neonazi-mario-schober/; http://arpu.blogsport.eu/2012/02/22/neonazi-mario-schober-mehr-als-unglaubwurdig-verein-verharmlosend/; http://arpu.blogsport.eu/2012/03/27/thomas-pecht-volkssport-fur-die-volksgemeinschaft/; http://arpu.blogsport.eu/2012/06/04/schober-und-pecht-noch-immer-etabliert-vereine-hofieren-neonazis/
[3] http://apap.blogsport.eu/files/2013/02/fight_back_03.pdf
[4] http://infoportal-potsdam.net/ab11.html
[5] http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12482568/60709/Landeshauptstadt-vergibt-erneut-Gaertner-Stellen-fuer-den-Bundesfreiwilligendienst.html
[6] http://apap.blogsport.eu/

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Klima & Umwelt Law & Order

Sammel-Prozess in Sachen Castor

Pots­dam — Wegen zwei erfol­gre­ichen spek­takulären Block­adeak­tio­nen in Hes­sen und der Pfalz muss sich am Mon­tag ein Aktivist vor dem Amts­gericht Pots­dam vertei­di­gen. „3 bzw. 5 Jahre nach den Vorkomm­nis­sen, nach­dem Par­al­lelver­fahren bei der anderen zuständi­gen Rich­terin bere­its eingestellt wur­den, hält Rich­terin Ahle es für nötig, zu unter­suchen, ob dabei nicht doch Ord­nungswidrigkeit­en began­gen wor­den seien. Schon 3 Mal stand ich für meine kör­per­liche Anwe­sen­heit ’08 in der Nähe eines Beton­block­es auf der Cas­torstrecke vor Gericht. Eine Straf­barkeit kon­nte nie fest­gestellt wer­den und nun, fast 5 Jahre danach, soll ich wegen dieses 150€-Bußgeldes schon wieder nahezu 500km quer durch die Repub­lik reisen. Dass muss man sich mal vorstellen!“ so Christof, der Betrof­fene. „Es mag für viele nicht nachvol­lziehbar sein, weswe­gen ich das Geld nicht ein­fach zahle, aber mein Gerechtigkeitswille und von mir aus auch Trotz ist größer als die Trägheit. Der poli­tisch motivierten Ver­fol­gung dafür, dass ich mich für eine intak­te Umwelt ein­set­ze, werde ich mich nicht beu­gen. Ger­ade angesichts des Trends zum Atom­ex­port z.B. durch die Uranan­re­icherungsan­lage Gronau und der Bren­nele­mente­fab­rik Lin­gen kann ich nicht an das Gerede von einem Atom­ausstieg glauben“

Nach ein­er inter­nen Reform der Bun­de­spolizei 2009 – also erst nach einem der ver­han­del­ten Vor­fälle – wer­den sämtliche Ord­nungswidrigkeit­en im Bere­ich der Bah­nan­la­gen in Pots­dam ver­han­delt. Somit wird das Recht auf den geset­zlichen Richter und Zugang zu Gericht, also der grundge­set­zlich garantierte „effek­tive Rechtss­chutz“ mit Füßen getreten, meinen die Aktivis­ten und macht­en dies erst let­zten Monat am Bran­den­burg­er Tor – einem der Wahrze­ichen Pots­dams deut­lich. Sie klet­terten die Säulen empor und hissten Trans­par­ente. „Wir wür­den andere Orte für die poli­tis­che Auseinan­der­set­zung wählen, aber wenn das Gericht uns zum Tanz ein­lädt, dann kom­men wir! Wir lassen uns nicht krim­i­nal­isieren. Der Protest gegen die Atom­kraft ist legit­im!“ erk­lärt Karsten, ein­er, dessen Ver­fahren zwecks Beteili­gung an der Klet­ter­ak­tion zum Cas­tor ’10 mit­tler­weile eingestellt wor­den ist.

Bei dieser Aktion hin­gen südlich von Kas­sel 2 Kletterer_innen an Seilen von ein­er gut 70m hohen ICE-Brücke wenige Meter über der Trans­port­strecke. Dem Betrof­fe­nen im Prozess wird vorge­wor­fen, auf der Brücke die Seile der Kletterer_innen gesichert zu haben und sich damit unbefugt auf den Bah­nan­la­gen aufge­hal­ten zu haben und eine betrieb­sstörende Hand­lung vorgenom­men zu haben. Nur ein Polizist ist – nach einigem Hin und Her — als Zeuge geladen und der­fand bis­lang in der Akte über­haupt keine Beach­tung. „Es scheint, als solle gar nicht inhaltlich ver­han­delt wer­den. Wie soll ein Zeuge, der mich – einem Form­blatt zufolge — lediglich dem Gewahrsam zuge­führt hat, Aus­sagen über all die juris­tis­chen Details, auf die es ankommt, tre­f­fen kön­nen? Dass für mich und meine Unter­stützer dafür etliche Tage an Arbeit draufge­hen, scheint Frau Ahle nicht zu stören!“ so Christof.

Der zweite am Mon­tag ver­han­delte Fall führt das gerichtlich Treiben ad absur­dum. 2008 soll Christof sich bei ein­er Beton­block-Anket­tak­tion bei Berg/Pfalz als Unter­stützer auf den Gleisen aufge­hal­ten haben. Damals wurde die Fahrt des Cas­torzuges um 12 Stun­den verzögert. Mit deut­lich mehr Verzögerung – näm­lich bis jet­zt – ging das juris­tis­che Nach­spiel voran. An mehreren Prozesster­mi­nen wurde bere­its ver­sucht, den Betrof­fe­nen in der Sache zu verurteilen – bis­lang erfol­g­los. Christof dazu: „Bere­its 2010 wur­den uns Ein­stel­lun­gen der Ver­fahren ver­sprochen — eine glat­te Lüge. Ich habe schon oft die Erfahrung gemacht, dass Gerichte die Priv­i­legien der Herrschen­den absich­ern und die Atom­mafia in ihrem Treiben stützen, aber es macht doch immer wieder wütend.“

18. März, 10 Uhr am Amts­gericht Pots­dam, Jäger­allee 10–12, Saal 21

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