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Identitärer an der Viadrina

In diesem Artikel wollen wir uns mit Jan­nik Brämer, Stu­dent an der Europa-Uni­ver­sität Viad­ri­na, der als Kopf der Iden­titären Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg (IBBB) gilt, beschäfti­gen. Durch ein Porträt von ihm und seinen Aktiv­itäten wollen wir einen Ein­druck von der erstark­enden „Neuen Rechte“ geben, zu deren Vertreter*innen er gehört.
Brämer studiert min­destens seit dem Win­terse­mes­ter 2016/2017 an der Europa-Uni­ver­sität Viad­ri­na in Frank­furt (Oder) im Stu­di­en­gang Rechtswis­senschaften. Neben seinem Studi­um betätigte er sich als Schatzmeis­ter der „Jun­gen Alter­na­tive“ (JA), der Jugen­dor­gan­i­sa­tion der AfD. In diesem Zusam­men­hang ist er im Novem­ber 2016 in den Vor­stand des Lan­desver­bands Berlin als Schatzmeis­ter gewählt wor­den.(1) Darüber hin­aus trat er erfol­g­los bei der Bezirksverord­neten­ver­samm­lungswahl 2016 in Berlin für die AfD für ein Man­dat in der Bezirksverord­neten­ver­samm­lung in Berlin-Char­lot­ten­burg-Wilmers­dorf an.(2)

Brämer (links) zusammen mit JA-Berlin Landesvorstand Thorsten Weiß (mitte) und weiteren Landesvorstandsmitgliedern. Quelle: antifa-berlin.info
Brämer (links) zusam­men mit JA-Berlin Lan­desvor­stand Thorsten Weiß (mitte) und weit­eren Lan­desvor­standsmit­gliedern. Quelle: antifa-berlin.info

Neben sein­er Tätigkeit für die recht­skon­ser­v­a­tive AfD ist er in ein­er weit­eren Grup­pierung aktiv, die im Habi­tus und Auftreten der „Jun­gen Alter­na­tive“ nicht so fremd ist und auch zu anderen (recht­en) Grup­pen Par­al­le­len aufweist: Die „Iden­titären Bewe­gung“ (IB). Obwohl es offiziell eine Unvere­in­barkeit­serk­lärung zwis­chen der AfD bzw. ihrer Jugen­dor­gan­i­sa­tion mit der IB gibt und immer wieder entsprechende State­ments von der Parteiführung veröf­fentlicht werden,[3] zeigt der Fall Jan­nik Brämer, dass diese lediglich Lip­pen­beken­nt­nisse sind.
Jannik Brämer als Ordner auf der Demonstration der „Identitären Bewegung“ am 17. Juni 2016 in Berlin. Quelle: Theo Schneider
Jan­nik Brämer als Ord­ner auf der Demon­stra­tion der „Iden­titären Bewe­gung“ am 17. Juni 2016 in Berlin. Quelle: Theo Schneider

Das Auftreten der IB passt zum Konzept der soge­nan­nten „Neuen Recht­en“, die sich betont intellek­tuell gibt und ver­sucht, Nation­al­is­mus und Ras­sis­mus salon­fähig zu machen. Die IB zieht mit ihren aktion­sori­en­tierten Auftreten vor allem jün­gere Anhänger*innen an(4)
Ent­standen ist die europaweit agierende IB in Frankre­ich unter dem Namen „Le Bloc iden­ti­taire – Le mou­ve­ment social européen“.(5) Als Vorgänger des „Bloc iden­ti­taire“ gilt „Unité rad­i­cale“(6) (UR). Diese ist seit 2002 auf­grund eines Mord­ver­suchs auf den damals amtieren­den Präsi­den­ten Jacques Chirac ver­boten.(7) Die Ide­olo­gie des „Bloc Iden­ti­taire“ ste­ht für ein ethno­plu­ral­is­tis­ches Europa,(8) welch­es sie kul­tur­al­is­tisch begrün­den. Die Idee eines „Europa der Vater­län­der“(9) und ein­er „europäis­chen Kul­tur“, die gegen ein ver­meintlich bedrohlich­es Außen vertei­digt wer­den muss, sind die Kern­stücke der Ide­olo­gie. Sie streben eine soge­nan­nte „Rück­gewin­nung“ nationaler Iden­titäten in Europa an.
Die IB in Berlin-Brandenburg
In Deutsch­land tauchte die IB zum ersten Mal im Jahr 2012 via Face­book auf. Inner­halb kurz­er Zeit kon­nten sie den Rah­men des Inter­nets als Aktion­sraum ver­lassen und ist ins­beson­dere seit 2015/2016 mit medi­en­aufmerk­samen Aktio­nen in die Schlagzeilen gekom­men. Als die vier Säulen ihrer poli­tis­chen Arbeit beze­ich­nen sie „Metapolitik“[10], d.h. für die IB jene poli­tis­che Arbeit, die „mei­n­ungs­bildend im öffentlichen Raum“[11] wirkt, und ver­ste­hen sich selb­st als „demokratis­ch­er Akteur“. Die weit­eren drei Säulen sind „Aktivis­mus – Gemein­schaft – Ausbildung“[12]. Ganz neu ist das Konzept der IB in Deutsch­land jedoch nicht. Bere­its 2007 ini­ti­ierte Götz Kubitschek, ein­er der Vor­denker der „Neuen Recht­en“ die „Kon­ser­v­a­tiv-Sub­ver­sive Aktion“ (KSA), welche eben­falls durch spek­takuläre Aktio­nen aufge­fall­en war.[13] Inspiri­ert hat­te sich Kubitschek bei linken Bewegungen.[14]
Als ein­er der aktivsten Grup­pen der IB Deutsch­land gilt der Ableger in Berlin-Bran­den­burg.(15) Öffentlich vertreten wird sie durch den 25-jähri­gen Robert Timm, der an der TU Cot­tbus Architek­tur studiert. Neben ihm ist Jan­nik Brämer Kopf der Region­al­gruppe. Er war an mehreren öffentlichkeitswirk­samen Aktio­nen der „Iden­titären Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg“ (IBBB) beteiligt In der Bun­des­or­gan­i­sa­tion der IB Deutsch­land war er zulet­zt auch für deren Home­page verantwortlich.
Die IBBB trat das erste Mal in der Öffentlichkeit mit dem „Besuch“ ein­er Sitzung der Bezirksverod­neten­ver­samm­lung im März 2013 in Berlin-Reinick­endorf auf. Hier störten sie den Diskurs über ein im Bezirk neu zu entste­hende Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende.(16) 2015 klet­terten sie auf den Balkon des Willy-Brandt-Haus und hängten ein Trans­par­ent mit der Auf­schrift „Stoppt den großen Aus­tausch!“; an dieser Aktion war Jan­nik Brämer bere­its beteiligt.(17) Die Kam­pagne „Stoppt den Großen Aus­tausch“ ist eine Idee der öster­re­ichis­chen Iden­titären, die 2015 von den deutsche Iden­titären über­nom­men wurde.[18] „Der große Aus­tausch“ beschreibt die Vorstel­lung, dass sog. Völk­er gegen neue aus­ge­tauscht wür­den. Dies sei, so die Vertreter*innen der Idee, ein Plan der jew­eili­gen Regierun­gen, um unlieb­same Bevölkerung­steile los zu werden.
2016 wurde von der IB der „Som­mer des Wider­stands“(19) aus­gerufen, der eine Rei­he Aktio­nen fol­gen ließ, bei der wenig Per­so­n­en einen große Öffentlichkeit erre­ichen. Das Mobile Beratung­steam Berlin resümiert die Aktions­form der Iden­titären wie fol­gt: „Eine über­schaubare Zahl von Iden­titären taucht über­raschend auf und ver­schwindet in der Regel eben­so schnell wieder. Sie wählen dafür sym­bol­isch aufge­ladene Orte, an denen kein nen­nenswert­er Wider­stand zu erwarten ist. Ihre Aktio­nen bedi­enen eine pop­kul­turelle Ästhetik und wer­den mit pro­fes­sionellen Videobeiträ­gen in den sozialen Net­zw­erken auf- und nach­bere­it­et“(20). Als Teil des „Som­mer des Wider­stands“ rief die Iden­titäre Bewe­gung auf ihrer Face­book­seite für Spenden auf, so dass sich die Gruppe Leit­ern zum Besteigen von Gebäu­den leis­ten kann.[21] Die Aktio­nen nehmen meis­tens in Kauf, dass die Aktivist*innen juris­tis­che Kon­se­quen­zen tra­gen müssen, zumal die IB ihre eige­nen Aktio­nen, wie die soge­nan­nten Beset­zun­gen öffentlich­er Gebäude, oft selb­st filmt und dokumentiert.
Jan­nik Brämer war bei ein­er solchen Aktion, der soge­nan­nten Beset­zung der CDU-Zen­trale am 21. Dezem­ber let­zten Jahres in Berlin beteiligt. Die Iden­titären woll­ten mit der Block­ade der CDU-Zen­trale das Gespräch mit einem Ver­ant­wortlichen der CDU erzwingen.
Außer­dem war Brämer an ein­er Aktion gegen einen RBB-Stand beteiligt[22], die eben­falls als Teil der Kam­pagne „Stoppt den großen Aus­tausch“ war. Hier störten eine Hand­voll Iden­titäre einen RBB-Stand, welchen sie als Teil der soge­nan­nten Lügen­presse zu iden­ti­fizieren glauben.
Brämer war auch Teil­nehmer mehrerer Bärgi­da-Demon­stra­tio­nen.(23) Er ist auf Demon­stra­tio­nen stets in ver­ant­wortlich­er Posi­tion aktiv, wie als Ord­ner und Megaphon­sprech­er. Bei dem gescheit­ertem Ver­such der Beset­zung des Bun­desjus­tizmin­is­teri­um durch die IB am 19.05.2017 in Berlin fuhr er einen Trans­porter und war somit in die logis­tis­che Vor­bere­itung der Aktion einge­bun­den. Während die Polizei dies ver­hin­derte, floh Brämer in einem Auto und über­fuhr beina­he einen Zivilpolizis­ten.(24) Der daraufhin per Haft­be­fehl gesuchte Brämer wurde im Anschluss seine Mit­glied­schaft in der AfD und deren Jugen­dor­gan­i­sa­tion „Junge Alter­na­tive“ ent­zo­gen.(25) Laut eige­nen Aus­sagen vom 30. August 2017 läuft das Auss­chlussver­fahren noch. Brämer, der sich auf sein­er Seite als Opfer ein­er Hex­en­jagd insze­niert, hat Beru­fung gegen das Auss­chlussver­fahren eingereicht.[26] Auf sein­er Face­book­seite mit dem passenden Titel­bild „Akte Brämer“ find­en sich etliche Beiträge, in denen er beispiel­sweise die Berichter­stat­tung über seine Flucht mit der über den Anschlag von Anis Amri auf den Wei­h­nachts­markt am Bre­itschei­d­platz vergleicht.[27]
Zwis­chen AfD, IB und Burschenschaft
An Jan­nik Brämer wird exem­plar­isch deut­lich, wie sehr Iden­titäre und AfD, trotz offizieller Demen­tierun­gen, miteinan­der ver­bun­den sind. Engagiert sowohl bei der AfD sowie bei der extrem recht­en IBBB gilt er als Bindeglied zwis­chen bei­den in Berlin. Er war zugle­ich für bei­de Grup­pen aktiv und schaffte es, in ver­schiedene Rollen zu schlüpfen. Ein­er­seits als aktion­sori­en­tiert­er Iden­titär­er, im sportlichen schwarzen Out­fit, ander­er­seits als Anzugträger auf AfD-Ver­anstal­tun­gen. Jan­nik Brämer schafft es als All­rounder in den beson­ders aktiv­en recht­en Bewe­gun­gen der recht­spop­ulis­tis­chen AfD und den Iden­titären in hohen Posi­tion Poli­tik zu betreiben. Neben­bei bemerkt: Es existiert in Berlin auch eine inhaltlich-organ­isatorische Über­schnei­dung: Die „Bib­lio­thek des Kon­ser­vatismus“(28) in Char­lot­ten­burg, die ein wichtiger Think Tank für bei­de Grup­pierun­gen ist. Sie soll eine „kaum existente[n] Recht­saußen-Intel­li­genz“(29) fördern, so Dieter Stein, Redak­teur der neurecht­en Wochen­zeitung „Junge Freiheit“.
Auch wenn Brämer nach der gescheit­erten Aktion am Bun­desjus­tizmin­is­teri­um kein Schatzmeis­ter mehr ist(30), sind seine Kon­tak­te trotz­dem noch vorhan­den und er wird sie für seine weit­ere poli­tis­che Arbeit nutzen.
Über seine Aktiv­itäten bei den bei­den Organ­i­sa­tio­nen hin­aus ist Brämer Mit­glied der pflichtschla­gen­den Burschen­schaft „Berlin­er Burschen­schaft Gothia“[31], die im recht­skon­ser­v­a­tiv­en Milieu anzusiedeln ist.(32)
Selbstporträt Brämers mit Schärpe der Burschenschaft Gothia Berlin. Quelle: pictagram-account von J.Brämer
Selb­st­porträt Brämers mit Schärpe der Burschen­schaft Goth­ia Berlin.
Quelle: pic­ta­gram-account von J.Brämer

Patri­o­tis­che Geschäfte
Sein Know How aus dem Studi­um der Rechtswis­senschaften scheint der Iden­titäre Brämer in dem jüngst gegrün­de­ten recht­en Mode-Label „Cuneus Cul­ture“, mit dem Sitz in der Helmholzs­traße 40 in Berlin-Char­lot­ten­burg, anzuwen­den. „Cuneus“ ist eine erfol­gre­iche Mil­itär­fo­ma­tion aus dem spätrömis­chen Reich. Sich­er kein Zufall, dass das Label nach dieser For­ma­tion, die ins­beson­dere unter Ger­ma­nen beliebt gewe­sen ist, benan­nt ist. Seit 2016 ste­hen Stick­er und Ober­bek­lei­dung unter dem Label „patri­o­tisch – stil­voll“ im Ange­bot. Jüngst taucht­en auch in der Nähe der Viad­ri­na Stick­er seines Labels auf, einem Post auf sein­er Face­book­seite ist zu ent­nehmen, dass er diese selb­st verklebt hat.[33]
Brämers Insze­nierung in den sozialen Medi­en strotzt von Narziss­mus und der Annahme, dass sich die gesamte Bun­desre­pub­lik mit ihm beschäftigt. Neben etlichen Inter­views, Fotos und Bericht­en möchte er der „Lügen­presse“ seine Wahrheit ent­ge­gen­hal­ten. In diesem Zusam­men­hang veröf­fentlicht er auch Briefe der Staat­san­waltschaft oder andere Details aus dem Ver­fahren. Diese Insze­nierung ist deck­ungs­gle­ich mit der Selb­st­darstel­lung der IB im all­ge­meinen, die auf eine Stil­isierung als Opfer in ein­er holzschnit­tar­ti­gen Analyse der Gesellschaft in Gut und Böse zielt. Umso mehr ist es alarmierend, dass Brämer einen rechtswis­senschaftlichen Abschluss anstrebt. Derzeit besucht er an der Europa-Uni­ver­sität Viad­ri­na im drit­ten Semes­ter Vor­lesun­gen der juris­tis­chen Fakultät, u.a. erneut den Kurs „Zivil­recht I“, den er bere­its im 1. Semes­ter besuchte.
Brämer zusammen mit Geschäftspartner Karsten Vielhaber. Quelle: picbear-account von J.Brämer
Brämer zusam­men mit Geschäftspart­ner Karsten Viel­haber. Quelle: picbear-account von J.Brämer

Über Aktiv­itäten Brämers und der Iden­titären Bewe­gung in Frankfurt(Oder) ist bish­er nichts bekan­nt. Wer etwas über die Aktiv­itäten Brämers als Stu­dent an der Viad­ri­na-Uni­ver­sität weiß, kann sich ver­traulich an die recherchegruppe wenden.
Weit­ere Infos zur „Iden­titären Bewe­gung“ kön­nen dem Antifaschis­tis­chen Infoblatt(34) und der Gruppe „vonnnichts­gewusst“(35) ent­nom­men werden.
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Pappenklau in „Mitteldeutschland“

Hier­mit geben wir einen Überblick über die aktuellen Entwick­lun­gen und Ten­den­zen des Frank­furter Stadtver­bands der AfD. Trotz des hohen Wahlergeb­niss­es kon­nte Alexan­der Gauland den Einzug als Direk­tkan­di­dat in den Bun­destag nicht ver­wirk­lichen. Auf kom­mu­nalpoli­tis­ch­er Ebene glänzte die Frak­tion durch Unfähigkeit, kon­nte aber vere­inzelt auch auf die Nähe & Unter­stützung der lokalen SPD, FDP und CDU Ver­bände bauen. Wilko Möller sorgte mal wieder für einen Skan­dal und muss um seine Stelle als Bun­de­spolizis­ten fürcht­en. Auch son­st übte sich der Frank­furter Stadtver­band in sein­er Außen­darstel­lung in gewohn­tem Geschichtsrevisionismus.
Gegen­wind für Gauland
Bei den Wahlen zum Deutschen Bun­destag erhielt die Partei im Wahlkreis Frank­furt Oder/Oder-Spree 21,9 Prozent der Erst­stim­men und 22,1 Prozent der Zweit­stim­men. Alexan­der Gauland, seines Zeichens Frak­tionsvor­sitzen­der des bran­den­bur­gis­chen Land­tages und Direk­tkan­di­dat für den hiesi­gen Wahlkreis, kon­nte damit sein Man­dat nicht gegen Mar­tin Patzelt (CDU) gewin­nen. Er zog stattdessen über die Lan­desliste in das Bun­despar­la­ment ein. Zu ein­er größeren Ver­anstal­tung in der Stadt lud der AfD-Ver­band am 11. Sep­tem­ber in das Bol­frashaus ein; dort sprach u.a. ihr Direk­tkan­di­dat Gauland.
Anlässlich des Ver­lusts ihrer Wahlplakate in der Stadt während des Wahlkampfes phan­tasierte der Frank­furter AfD-Stadtver­band von ein­er „grün-linkster­ror­is­tis­chen Ver­nich­tung­sorgie“, hin­ter der sie den Grü­nen Stadtver­band ver­muteten. (1) Sie set­zte sog­ar eine Beloh­nung von 100 Euro für Hin­weise aus, die der Aufk­lärung des Pap­pen­klaus dienen wür­den. (2)
Anstoß nahm die Partei an der Kam­pagne „Schön­er leben ohne Nazis“, die sich für ein vielfältiges Zusam­men­leben und gegen die AfD ausspricht. Die Kam­pagne im Vor­feld der Bun­destagswahl wird unter­stützt von allen Bran­den­burg­er Jugend­ver­bän­den der CDU, SPD, FDP, Grü­nen und LINKEN. Die AfD ver­höh­nte diese parteiüber­greifende Posi­tion­ierung gegen neo­faschis­tis­che Posi­tio­nen. Damit, so die AfD, sei klar, dass ihre Inhalte bere­its kaum noch voneinan­der zu unter­schei­den seien, „Einzige Ziele bleiben nur noch die Plün­derung des Staates bei fortschre­i­t­en­der Ver­nich­tung des deutschen Volkes und die Unter­drück­ung jed­we­den Wider­standes.“ (3)
kon­se­quentes Abstimmungsverhalten
Die AfD brachte sich kür­zlich in das Stadt­geschehen mit dem Vorschlag ein, zu Ehren des CDU-Poli­tik­ers Hel­muth Kohl den Platz vor dem Kleist-Forum entsprechend umzube­nen­nen. Die Kom­mis­sion zur Straßen­be­nen­nung hat sich let­ztlich dage­gen aus­ge­sprochen; selb­st der AfD-Vertreter Mein­hard Gutows­ki enthielt sich bei der Abstim­mung der Stimme – auf­grund der überzeu­gen­den Argu­mente der Gegner_innen der Umbe­nen­nung (4).
Für die Kre­is­frei­heit ver­anstal­teten die CDU, FDP und die SPD im August einen Info­s­tand in der Stadt gemein­sam mit Vertreter_innen der AfD. OB Wilke war eben­falls anwe­send. Die bei­den Parteien haben offen­bar punk­tuell keine Berührungspunk­te mit der recht­en Partei. Auch SPD’ler Tilo Win­kler, bis vor kurzem noch Frak­tionsvor­sitzen­der im Stadt­par­la­ment, nähert sich weit­er­hin der AfD an. Dass er poli­tisch kein Prob­lem mit ihnen hat, zeigte sich schon mehrmals, indem er ihnen seine Räum­lichkeit­en zur Ver­fü­gung stellte (Recherchegruppe berichtete, (5). Dazu von der MOZ befragt, äußerte er: „“Das war keine Wahlkampfver­anstal­tung und die AfD ist auch nicht ver­boten. Trotz­dem bin ich da naiv herange­gan­gen“, sagt Tilo Win­kler selb­st. Noch ein­mal passiere ihm dies nicht.“ (6) Eine glat­te Lüge – denn inzwis­chen tritt er auch öffentlich mit der AfD auf, etwa bei einem gemein­samen Werks­be­such von BMW in Slu­bice. (7)

Werben zusammen für den Erhalt der Kreisfreiheit: Wilko Möller – AfD (2.v.l.), Martin Wilke – Oberbürgermeister (3.v.l.), sowie Vertreter der CDU-, SPD-, FDP- und LKBF-Stadtverbände. Quelle: facebook
Wer­ben zusam­men für den Erhalt der Kre­is­frei­heit: Wilko Möller – AfD (2.v.l.), Mar­tin Wilke – Ober­bürg­er­meis­ter (3.v.l.), sowie Vertreter der CDU‑, SPD‑, FDP- und LKBF-Stadtver­bände. Quelle: facebook

Revi­sion­is­mus bleibt zen­trales Thema
Im Mai sorgte Frak­tionsvor­sitzen­der Wilko Möller für einen kleinen Skan­dal: Auf seinem Face­book-Account veröf­fentlichte ein Bild, das ihn als jun­gen Bun­de­spolizis­ten mit Helm und Waffe zeigt. Neben dem Bild ist der in neon­azis­tis­chen Kreisen beliebter Spruch ver­merkt: „Klagt nicht, kämpft“. Neben dem Auf­schrei von den Vertreter_innen ander­er Parteien kam es zu einem Diszi­pli­narver­fahren seines Arbeit­ge­bers, der Bun­de­spolizei, gegen Möller. (8)
Ein neues Steck­enpferd der AfD ist die „Auseinan­der­set­zung“ um die deutschen Ver­brechen im Zweit­en Weltkrieg. Zum Volk­strauertag fan­den sich Mit­glieder der AfD auch wieder bei der Gedenkver­anstal­tung auf dem Haupt­fried­hof zusam­men. Ihnen sei es „Herzenssache“, die deutschen Toten ver­gan­gener Kriege zu ehren. In dem entsprechen­den Artikel auf der Home­page bedauerten sie die weni­gen Möglichkeit­en, sie zu ehren. „Bess­er kön­nen die Regieren­den ihre Ver­ach­tung für das eigene Volk nicht darstellen!“ (9) Am 21.10.2017 fand durch den Volks­bund Deutsche Kriegs­gräber­für­sorge e.V. auf dem Zubet­tungs­fried­hof Liet­zen die Beiset­zung von 50 deutschen Wehrma­chtssol­dat­en statt. Die AfD nahm eben­falls daran teil. (10) In einem Face­book-Kom­men­tar hieß es: „Wir als AfD glauben nicht, dass die reg­ulären Sol­dat­en Faschis­ten waren. Sie sind miss­braucht wor­den.“ (Screen­shot) Der AfD-Stadtver­band hält es mit den deutschen Wehrma­chtssol­dat­en offen­bar ähn­lich wie Alexan­der Gauland, der kür­zlich ein­forderte, auf ihre Leis­tun­gen stolz zu sein. (11)
 Geschichtsunterricht mit der AfD: alle Wehrmachtssoldaten haben nur in die Luft geschossen. Quelle: facebook
Geschicht­sun­ter­richt mit der AfD: alle Wehrma­chtssol­dat­en haben nur in die Luft geschossen. Quelle: facebook

Die Rede des Frank­furter Stadtverord­neten­vorste­hers Wolf­gang Neu­mann am 9. Novem­ber auf der Gedenkver­anstal­tung anlässlich der anti­semi­tis­chen Pogrome von 1938 miss­fiel der Partei sehr. Ihrer Mei­n­ung nach sollte es allein bei der Ehrung der jüdis­chen Opfer bleiben; kri­tis­che Bezüge zur Gegen­wart – zu dem auch der durch die AfD flankierte Anstieg ras­sis­tis­ch­er und nation­al­is­tis­ch­er Gedanken und Gewalt­tat­en gehört – sind ihrer Mei­n­ung nach dort fehl am Platz. „Wie tief muss der Schock [über die Wahler­folge der AfD] der etablierten Block­flöten­parteien in dieser ver­sifften Alt-68er Gut­men­schen­re­pub­lik sein, dass sie jeden Anlass zur Bekämp­fung freien Gedankengutes scham­los aus­nutzen.“ (12)
In einem anderen Artikel zur Wende und dem Ende des Ost­blocks wird die DDR als „Mit­teldeutsch­land“ beze­ich­net – ein Begriff, der von jenen ver­wen­det wird, die immer noch einen Anspruch auf die Gebi­ete erheben, die bis 1937 zum Deutschen Reich gehörten. (13)
alte Prob­leme – neue Akzeptanz
Der Stadtver­band der AfD pflegt weit­er­hin ein typ­is­ches recht­spop­ulis­tisch-völkisches Pro­fil und ist damit der dom­i­nan­ten Strö­mung der Bun­des-AfD inhaltlich sehr nahe. Wie der Rest der Partei stil­isiert sich die Frank­furter AfD gern als Opfer ein­er ver­meintlichen Kam­pagne gegen sich selb­st und gibt sich als Anti-Estab­lish­ment-Partei. Ihr Feind­bilder sind die Linkspartei und die Grü­nen; deren Poli­tik hält sie in jed­er Hin­sicht für falsch. Sie hängt einem revi­sion­is­tis­chen Opfer­kult, ins­beson­dere bezo­gen auf den Zweit­en Weltkrieg, an. Revi­sion­is­mus und Opferin­sze­nierung täuschen nicht über die kom­mu­nalpoli­tis­che Unfähigkeit des Frank­furter AfD Stadtver­bands hin­weg. In der kom­mu­nalpoli­tis­chen Prax­is kon­nte sie bish­er wed­er stadt­poli­tis­che Erfolge verze­ich­nen, noch sich durch inhaltlich überzeu­gende Beiträge pro­fil­ieren. Trotz­dem nimmt die teil­weise Annäherung von CDU, FDP & SPD an die Frank­furter AfD eine gefährliche Entwicklung.
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Geflüchtete Frauen schützen – auch vor struktureller Gewalt!

Frauen erleben Gewalt in den Unterkün­ften durch andere Geflüchtete, das Per­son­al und in der Gesellschaft. Sie erfahren auch struk­turelle Gewalt durch das Lager­sys­tem, die Asylge­set­zge­bun­gen und die diskri­m­inierende Prax­is der Behörden.
Aktuelle bun­desrechtliche Geset­zesver­schär­fun­gen ermöglichen es, Men­schen sechs Monate lang und diejeni­gen mit so genan­nter schlechter Bleibeper­spek­tive auch länger in der Erstauf­nahme festzuhal­ten und so bei ein­er Ablehnung ihres Asylge­such­es direkt abschieben zu kön­nen. Die prekären Bedin­gun­gen in der Erstauf­nahme – fehlende Pri­vat­sphäre, eingeschränk­ter Zugang zu erforder­lichen Gesund­heit­sleis­tun­gen und die Unmöglichkeit, das eigene Fam­i­lien­leben zu gestal­ten – gefährden in beson­derem Maße Schutzbedürftige wie Frauen und Kinder. Ein­er asyl­suchen­den Fam­i­lie mit einem herzkranken Neuge­bore­nen, das regelmäßige Behand­lun­gen in der Berlin­er Char­ité benötigte, wurde etwa der Umzug aus der Erstauf­nahme in Dober­lug-Kirch­hain in eine Woh­nung in Berlin­nähe ver­weigert. Dies, obwohl die lan­gen Fahrtwege eine große Belas­tung für das Kind und seine Eltern darstell­ten. Ähn­lich erg­ing es ein­er Trans­frau, deren Auszug trotz Empfehlun­gen und Gutacht­en von Psycholog_innen durch die Zen­trale Aus­län­der­be­hörde ver­hin­dert wurde. Die Ver­weigerung des Auszuges aus der Erstauf­nahme von Men­schen mit beson­derem Schutzbe­darf, um sie vor Angrif­f­en zu schützen, oder die notwendi­ge Ver­sorgung sicherzustellen, find­et derzeit immer wieder statt. Dies legt die Ver­mu­tung nahe, dass das Ziel, Men­schen rei­bungs­los abschieben zu kön­nen, schw­er­er wiegt als ihre Gesundheit.
Die Notver­sorgung in der Erstauf­nahme lastet in beson­der­er Weise auf den Schul­tern von Frauen, die häu­fig die struk­turelle Lücke in der Ver­sorgung durch eigene Sorgear­beit für kranke Geflüchtete und Kinder ander­er Fam­i­lien füllen müssen. Durch unfaire Asylver­fahren und das Fehlen eines Ver­fahrens für die Erken­nung beson­der­er Schutzbedürftigkeit in der Erstauf­nah­meein­rich­tung kön­nen Frauen häu­fig human­itäre Gründe, die sie vor der Abschiebung schützen kön­nten, nicht gel­tend machen. Trotz Diskus­sio­nen um Gewaltschutzkonzepte bleiben vor allem Frauen, Kinder oder LGBTI-Per­so­n­en den Kon­flik­ten in den Unterkün­ften aus­ge­set­zt. Die Wohn­verpflich­tung in der Erstauf­nahme wird oft vor der Schutzbedürftigkeit und der Notwendigkeit eines Auszuges pri­or­isiert. Ein Umzug in Frauen­häuser scheit­ert nicht sel­ten an fehlen­den Plätzen für Frauen mit mehr als einem Kind.
Auch nach der Verteilung in die Land­kreise bleibt die gesund­heitliche Schlechter­stel­lung beste­hen. Die Ein­führung der Gesund­heit­skarte in mit­tler­weile fast allen Land­kreisen hat häu­fig nicht zur gewün­scht­en Gle­ich­stel­lung und zu ein­er Beendi­gung der Stig­ma­tisierung von Geflüchteten geführt. Noch immer kommt es regelmäßig zu Behand­lungsver­weigerun­gen. So wurde ein­er geflüchteten Frau aus Frankfurt/Oder trotz Krankenkassenkarte dreima­lig die Behand­lung bei Ärzten ver­wehrt, weil diese befürchteten, ihre Leis­tun­gen nicht erstat­tet zu bekom­men. Ein Umstand der laut Geset­zge­ber eigentlich durch die Karte behoben wer­den sollte. Ähn­lich erg­ing es ein­er Frau aus Eritrea: Ihr wurde die notwendi­ge Ent­fer­nung eines Implan­tats zur Empfäng­nisver­hü­tung durch einen Arzt/eine Ärztin ver­weigert. Sie hat­te es sich als Schutz einge­set­zt, da sie auf der Flucht mit Verge­wal­ti­gung rech­nen musste. Das Nich­t­ent­fer­nen des Implan­tats stellt nun ein weit­eres Gesund­heit­srisiko dar. Dabei fordert europäis­ches Recht eine vol­lum­fängliche Ver­sorgung von beson­ders schutzbedürfti­gen Flüchtlin­gen wir Kindern, Kranken oder von Gewalt bedro­ht­en oder betrof­fe­nen Frauen und LGBTI-Personen.
For­men struk­tureller Gewalt gegenüber Frauen zeigen sich immer wieder auch bei gewaltvollen Abschiebev­er­suchen in Bran­den­burg. Im Som­mer diesen Jahres ver­suchte die Polizei ohne Ankündi­gung und unter Anwen­dung von Gewalt eine Mut­ter aus Ober­hav­el abzuschieben. Sie war aktenkundig in ein­er psy­chisch labilen Sit­u­a­tion. Man legte ihr den­noch Hand­schellen an. Ihr vier­jähriger Sohn, selb­st psy­chisch behand­lungs­bedürftig, wurde Zeuge dieser Gewal­tan­wen­dung. Die Folge des Abschiebev­er­such­es war ein fast vier­monatiger Aufen­thalt der Mut­ter im Kranken­haus und eine Unter­bringung des Kindes in ein­er Kinder­sta­tion. Struk­turell gewaltvoll ist hier nicht nur das Ver­hal­ten der Aus­län­der­be­hörde, die die Erkrankung der Mut­ter als Abschiebe­hin­der­nis ignori­erte. Auch die Bedin­gun­gen der Unterkun­ft, wo sich beson­ders Schutzbedürftige immer wieder unangemelde­ten und gewaltvollen Abschiebun­gen aus­geliefert sehen, befördern diese Umstände.
Women in Exile und der Flüchtlingsrat fordern:
*Schutzbe­fohlen­heit und die Gesund­heit von Frauen und Kindern müssen schw­er­er wiegen als die rück­sicht­slose Umset­zung restrik­tiv­er Geset­ze! Schutz für alle geflüchteten Frauen und Kinder – ohne Aus­nahme und unab­hängig von der ver­meintlichen Bleibeperspektive!
*Wir fordern: Eigen­er Wohn­raum für Frauen und Kinder! Verteilung aus der Erstauf­nahme inner­halb eines Monats! Uneingeschränk­ter Zugang zu Gesund­heit­sleis­tun­gen ab dem ersten Tag! Wir fordern eine nach­haltige Bleibeper­spek­tive für alle Flüchtlinge!

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Urteilsverkündung im Jüterboger Brandanschlagsprozess

Chris P. gab an, die Tat gemein­sam mit seinem Fre­und Felix G. began­gen zu haben. Die bei­den Män­ner seien durch den Vater des Angeklagten, der auch die Brand­sätze gebaut habe, zu der Tat anges­tiftet wor­den. Ein Zeuge berichtete im Ver­fahren, dass im Laufe des Tatabends gemein­sam neon­azis­tis­che Lieder am Lager­feuer gesun­gen wur­den. Der ras­sis­tisch motivierte Bran­dan­schlag vom 01. Okto­ber 2016 war eine der schw­er­sten recht­en Gewalt­tat­en im Land Bran­den­burg, die vom Vere­in Opfer­per­spek­tive im ver­gan­genen Jahr erfasst wurde. Einige der Bewohn­er der Unterkun­ft lit­ten noch Monate nach der Tat unter den psy­chis­chen Fol­gen des Anschlags. Nur auf­grund glück­lich­er Umstände ist in der Tat­nacht kein­er der Bewohn­er und Betreuer*innen kör­per­lich schw­er ver­let­zt wor­den oder zu Tode gekommen.
„Die öffentliche Wahrnehmung des Ver­fahrens beschränkt sich lei­der auf die Beschrei­bung des Tather­gangs und die Äußerun­gen der Täter. Es ist zu wün­schen, dass sowohl die Tat­fol­gen für die Betrof­fe­nen jugendlichen Geflüchteten, als auch der ras­sis­tis­che Nor­malzu­s­tand in Jüter­bog und Umge­bung stärk­er in den Fokus der Öffentlichkeit gelan­gen“, so Mar­tin Vese­ly vom Vere­in Opfer­per­spek­tive. So war der Bran­dan­schlag im ver­gan­genen Jahr ein­er von ins­ge­samt neun ras­sis­tisch motivierten Angrif­f­en im Land­kreis Tel­tow-Fläming. Auch in diesem Jahr erfasste der Vere­in bere­its sechs ras­sis­tisch motivierte Angriffe in Jüter­bog und benach­barten Gemein­den. Darunter am 07. Feb­ru­ar ein mas­siv­er Angriff von Recht­en auf einen Jugend­club in Jüter­bog, der auch von Geflüchteten fre­quen­tiert wird.
Geflüchtete und deren Unterstützer_innen bericht­en der Opfer­per­spek­tive immer wieder von einem feindlichen Kli­ma in der Region. Dies äußert sich, neben direk­ten kör­per­lichen Angrif­f­en auf Geflüchtete, auch in Bedro­hun­gen und Belei­di­gun­gen in All­t­agssi­t­u­a­tio­nen, beispiel­sweise beim Einkaufen im Super­markt. „Men­schen, die sich sol­i­darisch auf der Seite von Geflüchteten posi­tion­ieren, haben Angst dies in der Öffentlichkeit zu zeigen, weil sie Anfein­dun­gen von Recht­en befürcht­en oder bere­its real bedro­ht wer­den. Dieser Zus­tand ist für die Betrof­fe­nen unerträglich. Wenn dann auch noch der örtliche Bürg­er­meis­ter bewusst Äng­ste vor Geflüchteten schürt, ver­schärft dies die Sit­u­a­tion zusät­zlich. Es müssen – auch über Jüter­bog und Umge­bung hin­aus – drin­gend Anstren­gun­gen unter­nom­men wer­den, rechte Ein­stel­lun­gen in der Region zurück­zu­drän­gen“, so Mar­tin Vese­ly weiter.
Die morgige Urteilsverkün­dung fällt zufäl­lig mit dem 25. Jahrestag des ras­sis­tis­chen Bran­dan­schlags in Mölln vom 23. Novem­ber 1992 zusam­men, und ver­weist somit auf eine bedrück­ende Kon­ti­nu­ität ras­sis­tis­ch­er Gewalt in der Bun­desre­pub­lik. In der Kle­in­stadt in Schleswig-Hol­stein ermorde­ten damals Neon­azis die zehn- und vierzehn­jähri­gen Mäd­chen Yeliz Arslan und Ay?e Y?lmaz, sowie ihre 51-jährige Groß­mut­ter Bahide Arslan.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

AfD-Ortsverbände im Barnim relativieren Verbrechen der Wehrmacht

Infori­ot Am heuti­gen Son­ntag wird bun­desweit der Toten und Opfer von Krieg und Gewaltver­brechen gedacht. Der Volk­strauertag wird dabei auch immer wieder von extrem recht­en Grup­pen und Parteien miss­braucht, um an die gefal­l­enen Sol­dat­en des Drit­ten Reich­es zu erin­nern. Waren dies in der Ver­gan­gen­heit vor allem die NPD und „Der III. Weg“, die mit Trauerkundge­bun­gen und Grabpflege von Wehrma­chts- und SS-Fried­höfen aufge­fall­en sind, wollen dieses Jahr zumin­d­est auch die AfD-Ortsver­bände Pan­ke­tal und Bernau diesen Gedenken. Dabei ste­hen sie inner­halb ihrer Partei aber nicht alleine da.
AfD Barnim Volkstrauertag
Während die SS bere­its 1945 zu ein­er ver­brecherischen Organ­i­sa­tion erk­lärt wurde, galt die Wehrma­cht lange Zeit als „sauber“ kämpfende Armee. Dass dieser Mythos mehrfach wider­legt ist, haben Ausstel­lun­gen über die Ver­brechen der Wehrma­cht und zahlre­iche Unter­suchun­gen gezeigt. So waren Ver­bände der Wehrma­cht an Erschießun­gen von Juden im Osten Europas beteiligt oder haben diese auf den Weg zu den Erschießun­gen esko­rtiert. An diese Fak­ten scheinen nach wie vor nicht alle zu glauben oder ignori­eren sie gewissentlich, wie zwei AfD-Ver­bände im Barn­im. Die Ver­bände in Bernau und im Pan­ke­tal rufen dazu auf, sich am 19. Novem­ber um 9:00 Uhr am Gedenkstein an der Dor­fkirche in Schwanebeck zu tre­f­fen. In ihrem Fly­er, der mit zwei Bildern geschmückt ist die aus NS-Pub­lika­tio­nen stam­men, machen sie unmissver­ständlich klar, dass sie weit­er­hin an eine „sauber“ kämpfende Wehrma­cht glauben, deren Andenken von anderen in den Schmutz gezo­gen würde. So heißt es: „Schein­bar ist es bei vie­len unseres Volkes, um den Charak­ter schlecht bestellt, ger­ade auch bei vie­len in der Poli­tik, welche unsere Großväter und Väter pauschal als Ver­brech­er entstellen.“
Für die AfD bleiben es weit­er­hin tapfere Sol­dat­en, „die im besten Glauben für ihr Vater­land kämpften.“ Kri­tis­che Worte zum Kriegs­grund oder zum Nation­al­sozial­is­mus sucht man verge­blich im Aufruf der AfD.
Ganz allein ste­hen die bei­den Ortsver­bände in Bran­den­burg damit nicht. Der ehe­ma­lige AfD-Frak­tions­führer im Bran­den­burg­er Land­tag und jet­ziger Frak­tionsvor­sitzen­der der Bun­destags­frak­tion, Alexan­der Gauland, sagte bere­its im Sep­tem­ber beim extrem recht­en Kyffhäuser-Tre­f­fen der AfD, man müsse unter die NS-Ver­gan­gen­heit endlich einen Schlussstrich set­zen. Weit­er betonte er: die Deutschen “haben das Recht, stolz zu sein auf Leis­tun­gen deutsch­er Sol­dat­en in zwei Weltkriegen.”
Bere­its im Mai diesen Jahres hat Wilko Möller, Vor­sitzen­der der AfD in Frank­furt (Oder) mit einem Face­book-Post für Furore gesorgt. Dort hat­te er ein Foto von sich selb­st während sein­er Aus­bil­dung beim BGS (heute Bun­de­spolizei) in den frühen 1990er Jahren gepostet, dass mit dem Spruch: „Klagt nicht, Kämpft!“ verse­hen wurde. Dieser Spruch stammt von der Wehrma­cht und wird heute vor allem von Neon­azis gern benutzt.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Die nächsten Termine in Eberswalde

Gedenken und Widerstand
anti­ras­sis­tis­che Ver­anstal­tungsrei­he in Eberswalde
25.11.2017 Ras­sis­tis­che Angriffe damals und heute — Ausstel­lung und
Podiumsdiskussion
06.12.2017 Gedenken zum Todestag von Amadeu Anto­nio — Gedenkveranstaltung
12.12.2017 Recht­spop­ulis­mus im Bun­destag — Vor­trag und Podiumsdiskussion
Wer war Amadeu Anto­nio? Der am 12. August 1962 in Ango­la (damals noch
der Kolo­nial­macht Por­tu­gals unter­ste­hend) geborene Amadeu Anto­nio, wurde
am 25. Novem­ber 1990 in Eber­swalde bei einem Angriff von ein­er Gruppe
Neon­azis niedergeschla­gen. Bevor er als Ver­tragsar­beit­er in die DDR kam,
hat­te er in Brasilien, Por­tu­gal und der Sow­je­tu­nion Ausbildungen
absolviert. Er hoffte auf ein Studi­um der Flugzeugtech­nik, wurde aber in
Eber­swalde, wie die meis­ten sein­er Land­sleute, als Fleischer
aus­ge­bildet. Nach Ablauf des Arbeitsver­trages ver­längerte sich sein
Aufen­thalt, weil seine deutsche Fre­undin ein Kind erwartete. Noch vor
der Geburt des Kindes starb Amadeu Anto­nio am 6. Dezem­ber 1990, nach
zwei­wöchigem Koma, an den Fol­gen des ras­sis­tis­chen Überfalls.
*Ras­sis­tis­che Angriffe damals und heute
Ausstel­lung & Podiumsdiskussion *
Am 25.11.17 jährt sich der ras­sis­tis­che Angriff auf Amadeu Anto­nio zum
27. Mal. In der Nacht vom 24. auf den 25. Novem­ber 1990 ziehen rund 50
Neon­azis und Ras­sis­ten, bewaffnet mit Base­ballschlägern und Zaunlatten,
durch Eber­swalde und machen Jagd auf Schwarze Men­schen. Unter
„Deutsch­land den Deutschen“ Gegröle bewegt sich die Gruppe in Richtung
„Hüt­ten­gasthof“, zu dieser Zeit die einzige Gast­stätte im Ort, in der
Nicht­deutsche noch willkommene Gäste sind. Nach­dem der Wirt
benachrichtigt wird, dass eine Gruppe unter­wegs ist, die auf Stress aus
ist, schließt er die Gast­stätte. Als Amadeu Anto­nio mit Fre­un­den das
Lokal ver­lässt, laufen sie den bewaffneten Ras­sis­ten genau in die Arme.
Viele kon­nten in dieser Nacht entkom­men, Amadeu Anto­nio wurde von 10
Leuten umringt und niedergeschla­gen, ein Angreifer springt mit beiden
Füßen auf den Kopf.
Die Afie und die Barn­imer Kam­pagne „Light me Amadeu“ laden zu einer
Gedenkver­anstal­tung in die Räume der HNEE in Eber­swalde ein. Die
Ausstel­lung zur Geschichte der angolanis­chen Ver­tragsar­beit­er in
Eber­swalde, öffnet ab 15 Uhr. Im Anschluss an die Ausstellungseröffnung
wird es eine kurze Lesung über die Vorkomm­nisse in der Nacht des
Angriffs und ein Podi­ums­ge­spräch geben. Wir wollen uns über die
ras­sis­tis­chen Angriffe und die Stim­mung in den 1990er Jahren austauschen
und dabei Kon­ti­nu­itäten bzw. Unter­schiede zur heuti­gen Zeit
her­ausar­beit­en. Gäste sind unter anderem ein Zeitzeuge, der die
ras­sis­tis­chen Angriffe in Eber­swalde Anfang der 90er miter­lebt hat, und
ein Mitar­beit­er des Vere­ins Opfer­per­spek­tive e.V. aus Potsdam.
*Sam­stag, 25.11.17 15:00 Uhr Ausstellungseröffnung **
**18:00 Uhr Podi­ums­diskus­sion* Aula der HNEE (Schick­ler­str. 5 — Haus 6)
*Gedenken zum Todestag *
Am 6. Dezem­ber 1990 starb Amadeu Anto­nio Kiowa mit 28 Jahren in Folge
des Angriffs. Zum Todestag von Amadeu Anto­nio rufen wir dazu auf, zur
Gedenk­tafel am Ort des Angriffs in der Eber­swalder Straße 26 zu kommen.
Kerzen und/oder Blu­men kön­nen gerne mit­ge­bracht werden.
*Mittwoch, 06.12.17 16:00 Uhr Eber­swalder Straße 26*
*Recht­spop­ulis­mus im Bundestag **
**Vor­trag & Podiumsdiskussion *
Was angesichts weit ver­bre­it­eter rechter Ein­stel­lun­gen in großen Teilen
der deutschen Bevölkerung zu erwarten war, ist nun eingetrof­fen. Nachdem
die AfD schon im Europa­parla­ment und in 14 Land­ta­gen sitzt, ist sie am
24. Sep­tem­ber 2017 auch in den deutschen Bun­destag eingezogen.
Recht­spop­ulis­mus wird damit endgültig nicht nur auf der Straße, sondern
auch auf der par­la­men­tarischen Ebene salon­fähig. Auch dort wer­den jetzt
die Gren­zen des Sag­baren nach rechts ver­schoben und völkische Themen,
Ras­sis­mus und Sex­is­mus auf der Tage­sor­d­nung ste­hen. Nach einem Vortrag
zu recht­spop­ulis­tis­chen Akteur*innen in Berlin und Bran­den­burg wollen
wir mit unseren Gästen ins Gespräch kom­men. Der Fokus soll dabei auf den
antifem­i­nis­tis­chen Bestre­bun­gen und den ras­sis­tis­chen sowie
nation­al­is­tis­chen Ansicht­en im Recht­spop­ulis­mus liegen. Des Weiteren
wollen wir auch über mögliche Strate­gien gegen das Erstarken solcher
Struk­turen sprechen.
*Dien­stag, 12.12.17 18:00 Uhr* Aula der HNEE (Schick­ler­str. 5 — Haus 6)
Diese Ver­anstal­tungsrei­he wird von der afie organ­isiert. Die
Antifaschis­tis­che Ini­tia­tive Eber­swalde (afie) ist seit 2013 aktiv gegen
Ras­sis­mus, Sex­is­mus und andere Unter­drück­ungs- und
Diskri­m­inierungs­for­men. Dies schließt das Vorge­hen gegen Neon­azis und
rechte Struk­turen ein. Wir organ­isieren Demon­stra­tio­nen und arbeit­en mit
ver­schiede­nen Akteur*innen in regionalen Bünd­nis­sen zusam­men. Außerdem
organ­isierten wir in der Ver­gan­gen­heit Bil­dungsver­anstal­tun­gen, u.a. zu
Eso­terik-Kri­tik, Kap­i­tal­is­muskri­tik von rechts, Abschiebe­poli­tik in
Deutsch­land und jüdis­ch­er Geschichte in Eber­swalde. Mit dieser
Ver­anstal­tungsrei­he möcht­en wir neben ein­er aktiv­en Gedenkpoli­tik auch
ras­sis­tis­che Kon­ti­nu­itäten the­ma­tisieren und Hand­lungs- perspektiven
aufzeigen. Damals und heute versper­ren unter anderem Rass- ismus,
Antifem­i­nis­mus und rechte Het­ze den Weg, der zu ein­er Gesellschaft
führen kön­nte, in der das bessere Leben für alle wartet.
www.afie.blogsport.de
afie@riseup.net
Ver­anstal­tungsrei­he gefördert durch: RosaLux

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Antifaschismus

Veranstaltungs-Tipp: Film: 6 Jahre, 7 Monate 16 Tage — Die Morde des NSU

Am 14.12.2017 ab 20.00 Uhr zeigen wir den Film „6 Jahre, 7 Monate und 16
Tage, die Morde des NSU“ im Pro­jek­thaus Pots­dam. Im Anschluss an den Film gibt
es ein Gespräch mit den Regis­seur Sobo Swo­bod­nik und dem Kom­pon­is­ten der
Film­musik Elias Gottstein.”

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(Anti-)Rassismus Bildung & Kultur

Geteilte Geschichte?! – Anregungen aus postkolonialer Perspektive

Die Geschichte des deutschen Kolo­nial­is­mus in Afri­ka wurde über viele Jahrzehnte hin­weg ignori­ert, ver­drängt und ver­schwiegen. Heute fordern die Nach­fahren der Kolonisierten zunehmend Gehör für ihre eige­nen Per­spek­tiv­en und den kri­tis­chen Dia­log über die Auswirkun­gen des Kolo­nial­is­mus ein. Am Beispiel der Debat­ten um Straßen­na­men, um das Hum­boldt­fo­rum in Berlin, um ger­aubte rit­uelle Objek­te und men­schliche Gebeine z.B. aus Tansa­nia und Namib­ia wird deut­lich, wie nah uns die „alten Geschicht­en“ sind. Her­zliche Ein­ladung zum Nach- und Vordenken!
Barn­im Kam­pagne „Light me Amadeu“
Evan­ge­lis­che Jugen­dar­beit Barnim
Sam­stag, 18. Nov., 19 Uhr
Mar­tin-Luther-Saal, Kirch­straße 7, Eberswalde

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Antifaschismus

Rechtsrockkonzert in Cottbus

Am Sam­stag den 21.10.17 kam es im Merz­dor­fer Weg 32 in Cot­tbus, dem inof­fiziellen Haup­tquarti­er der Cot­tbusser Hooli­gan-Grup­pierung „Colec­ti­vo Bian­co Rosso“ zu einem Recht­srock­konz­ert anlässlich ihres 15. Jubiläums. Ein Auftritt zweier Mit­glieder der Recht­srock­band „Frontalkraft“ lock­te über hun­dert Per­so­n­en aus dem gesamten Bundesgebiet.
Bish­er von der Cot­tbuser Öffentlichkeit weit­ge­hend unbe­merkt, organ­isierte die Ultra-Grup­pierung „Col­lec­ti­vo Bian­co Rosso“ (CBR) zum 15. Jahrestag ihrer Grün­dung ein Konz­ert in ihrem Stamm­sitz; mit dabei: Gitar­rist und Sänger von „Frontalkraft“. Wie aus dem Umfeld von CBR mit­geteilt wurde, kamen etwa 150 „Fre­unde“ der Ultra-Grup­pierung nach Merz­dorf – unter anderem aus Stuttgart und Nürnberg.
Frontalkraft ist die älteste noch aktive Neon­azi-Band und hat auch inter­na­tion­al einen hohen Bekan­ntheits­grad erre­icht. So trat die Band auch bei „Rock gegen Über­frem­dung“ im thüringis­chen The­mar im Juli 2017 auf, dem bis heute größten Recht­sex­tremenkonz­ert der Nachkriegs­geschichte. Ihre Texte enthal­ten unver­hüllte nation­al­sozial­is­tis­ches Gedankengut wie z.B. in fol­gen­den Zeilen: „Dein Glied der Ahnen­kette, weißt Du, wann sie begann? Sei Hitler stets gehor­sam, und Du hast recht getan! Sei Hitler stets gehor­sam, und Du hast recht getan!“ (Frontalkraft: Goden-Hymne)
Seit ihrer Grün­dung im Jahr 2002 fällt CBR immer wieder mit anti­semi­tis­chen, ras­sis­tis­chen, neon­azis­tis­chen und sex­is­tis­chen Fangesän­gen, Videos und Stick­er­ak­tio­nen auf. Dass sie nun ihr fün­fzehn­jähriges Beste­hen auf diese Weise unbe­hel­ligt und unbe­merkt von der Cot­tbuser Öffentlichkeit feiern kon­nten, sollte aufhorchen lassen.
„Cot­tbus schaut hin“ ist eine Gruppe von Men­schen, welche sich für ein gewalt­freies und tol­er­antes Cot­tbus ein­set­zen. Wir haben es uns als Ini­tia­tive zur Auf­gabe gemacht, frem­den­feindliche und rechts motivierte Gewalt­tat­en in und um Cot­tbus zu doku­men­tieren und die poli­tis­chen Entschei­dungsträger zum Han­deln zu bewe­gen sowie die Cot­tbuserin­nen und Cot­tbuser zu sensibilisieren.

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Antifaschismus

Zur Novemberkonferenz der JU FFO

Die Junge Union ver­anstal­tet heute in Frank­furt ihre soge­nan­nte Novem­berkon­ferenz zum The­ma Link­sex­trem­is­mus. Der Begriff und seine Ver­wen­dung sind wegen der ihn beglei­t­en­den poli­tis­chen Imp­lika­tio­nen schwierig und umstrit­ten. Er hat keine exak­te Def­i­n­i­tion und ist weit­ge­hend Ausle­gungssache. Wer gesellschaftliche Missstände oder das Han­deln der Regierung kri­tisiert, kann als link­sex­trem eingestuft und aus­ge­gren­zt wer­den. Kri­tis­ches Denken und emanzi­pa­torische The­o­rien dro­hen dadurch delegimiert zu wer­den. Die poli­tis­che Funk­tion des Extrem­is­mus­be­griffes ist die Aufrechter­hal­tung der beste­hen­den gesellschaftlichen Ver­hält­nisse. Ihre Vertreter nehmen die Gesellschaft als gegeben und gut an, die mit Hil­fe des Begriffes kon­stru­ierte Mitte scheint ihnen moralisch und ethisch per Def­i­n­i­tion über jeden Zweifel erhaben zu sein. Dass eine solche, die beste­hen­den Ver­hält­nisse unkri­tisch abnick­ende The­o­rie unweiger­lich mit der Wirk­lichkeit in Kon­flikt gerät, ist wenig ver­wun­der­lich. Unter­suchun­gen wie etwa die seit 2002 laufende Studie “Recht­sex­trem­is­mus der Mitte“ von Deck­er, Kiess und Bräh­ler zeigen deut­lich, wie weit ver­bre­it­et zum Beispiel recht­sradikales, ras­sis­tis­ches und völkisches Denken in Deutsch­land ist. Solche Ein­stel­lun­gen als Rand­phänomene zu beschreiben, geht an der gesellschaftlichen Real­ität vor­bei. Das Erstarken von Pegi­da oder AFD macht deut­lich, dass diese Ein­stel­lun­gen zunehmend auch eine Entsprechung in radikalen poli­tis­chen Organ­i­sa­tio­nen find­en. Dafür sind auch die großen poli­tis­chen Parteien der Mitte ver­ant­wortlich: etwa durch eine ungerechte Sozialpoli­tik via Hartz 4 Refor­men, drastis­che Ein­schränkun­gen des Asyl­rechts und eine man­gel­hafte Aufk­lärungs­bere­itschaft nach den Mor­den der recht­en Ter­ror­gruppe NSU.
Durch die Ver­wen­dung des Begriffs Extrem­is­mus wer­den rechte und linke The­o­rie und Prax­is weit­ge­hend gle­ichge­set­zt, wobei offen­sichtliche Unter­schiede aus­ge­blendet und ver­leugnet wer­den, um daraus poli­tisch Kap­i­tal zu schla­gen. Während linke Bewe­gun­gen uni­ver­sal­is­tisch sind und die Befreiun­gen aller Men­schen von Zwang, Unrecht und Aus­beu­tung zum Ziel haben, set­zen rechte auf Abgren­zung und eine Poli­tik des Unter­schieds. Für gesellschaftliche Ver­w­er­fun­gen wer­den von linken Organ­i­sa­tio­nen struk­turelle Ursachen wie ein unsol­i­darisches und ungerecht­es Wirtschaftssys­tem, Unter­drück­ungsver­hält­nisse wie Ras­sis­mus und Sex­is­mus ver­ant­wortlich gemacht. Rechte Bewe­gun­gen präsen­tieren gern Sün­den­böcke: Wahlweise sind Aus­län­der, Juden oder „die Poli­tik­er“ schuld. Wer solche grundle­gen­den Unter­schiede in den Poli­tikan­sätzen und der The­o­rie von links und rechts leugnet, spielt, bewusst oder unbe­wusst, dem Auf­stieg der radikalen Recht­en in Deutsch­land und Europa in die Karten und stellt sich in die Tra­di­tion antikom­mu­nis­tis­ch­er Agi­ta­tion. Diese diente his­torisch zur Aus­gren­zung poli­tis­ch­er Bewe­gun­gen, die den Kap­i­tal­is­mus als ungerecht begrif­f­en und ein sol­i­darisches Wirtschaftssys­tem und eine auf Sol­i­dar­ität basierende Gesellschaft anstrebten. Der Antikom­mu­nis­mus war wesentlich­er Bestandteil der faschis­tis­chen Bewe­gun­gen etwa in Deutsch­land, Ital­ien und Spanien. Oft­mals war er anti­semi­tisch geprägt, weil hin­ter der kom­mu­nis­tis­chen Bewe­gung ange­blich eine jüdis­che Ver­schwörung steck­te. Auch heute hat er die Funk­tion, gesellschaftliche Bewe­gun­gen zu diskred­i­tieren, die Kri­tik am beste­hen­den wirtschaftlichen und poli­tis­chen Sys­tem äußern. Bei der derzeit­i­gen Lage der Welt, die von wirtschaftlichen, sozialen und ökol­o­gis­chen Krisen gekennze­ich­net ist, sind grund­sät­zliche Kri­tik und das Nach­denken über gesellschaftliche Alter­na­tiv­en allerd­ings drin­gend erforder­lich. Wer sich einem solchen notwendi­gen Dia­log durch die Aus­gren­zung als link­sex­trem­istisch ver­leumd­neter Ansicht­en ver­schließt, wird nur die Option haben sich weit­er in der Affir­ma­tion des Beste­hen­den zu üben und die Augen vor den drän­gen­den Fra­gen der Gegen­wart zu verschließen.

Ich glaube, ich bin vor dem Ver­dacht geschützt, ein Vorkämpfer des Kom­mu­nis­mus zu sein. Trotz­dem kann ich nicht umhin, in dem Schreck­en der bürg­er­lichen Welt vor dem Kom­mu­nis­mus, diesem Schreck­en, von dem der Faschis­mus so lange gelebt hat, etwas Aber­gläu­bis­ches und Kindis­ches zu sehen, die Grund­torheit unser­er Epoche. Der Kom­mu­nis­mus ist als Vision viel älter als der Marx­is­mus und enthält auch wieder Ele­mente, die erst ein­er Zukun­ftswelt ange­hören. […] Der Zukun­ft aber gehört er insofern an, als die Welt die nach uns kommt, in der unsere Kinder und Enkel leben wer­den, und die langsam ihre Umrisse zu enthüllen begin­nt, schw­er­lich ohne kom­mu­nis­tis­che Züge vorzustellen ist, das heißt, ohne die Grun­didee des gemein­samen Besitz- und Genußrechts an den Gütern der Erde, ohne fortschre­i­t­ende Eineb­nung der Klasse­nun­ter­schiede, ohne des Recht auf Arbeit und die Pflicht zur Arbeit für alle.“ 

Quelle:
Thomas Mann, Eine Mate­ri­al­samm­lung für Festver­anstal­tun­gen zum 80. Geburt­stag des Dichters, Kul­tur­bund zur demokratis­chen Erneuerung Deutsch­lands, Berlin, 1955, S.103. Aus: DER ANTIBOLSCHEWISMUSDIE GRUNDTORHEIT UNSERER EPOCHE. (1946)
Wie auch du zum Linksextremisten/ Link­sex­trem­istin wer­den kannst (Quelle: www.verfassungsschutz.de):
— du hast einen Hang zur Gerechtigkeit
— du willst die Umwelt schützen
— du meinst nicht, dass die Reichen immer reich­er und die Armen noch ärmer wer­den sollten
— du bist gegen Aus­beu­tung und Ungleichheit
— du glaub­st, dass Sex­is­mus und Homo­pho­bie ungerecht sind
— du engagierst dich gegen Nazis
— du engagierst dich im Tierschutz
Danke für dein Inter­esse sagt der Rotkehlchen e.V. Bran­den­burg /AG für kri­tis­ches Denken und linksextrem-is-Muss. 

Inforiot