Seit 10 Jahren berät die Antidiskriminierungsberatung des Vereins Opferperspektive überall in Brandenburg Menschen, die rassistische Diskriminierungen erlebt haben. An uns wenden sich zum Beispiel Familien, die wegen eines ausländisch klingenden Namens bei der Wohnungssuche benachteiligt werden; Frauen, die bei der Jobsuche abgelehnt werden, weil sie ein Kopftuch tragen; Eltern, deren Kinder in der Schule ausgegrenzt werden; junge Menschen, denen der Eintritt in eine Diskothek oder die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio verweigert wird, weil sie Schwarz sind.
In den letzten drei Jahren wurde unsere Arbeit etwa zur Hälfte mit Geldern des Programms Demokratie leben! finanziert. Diese Gelder werden uns ab Beginn des kommenden Jahres nicht mehr zur Verfügung stehen. Unser Antrag auf weitere Förderung durch den Bund wurde abgelehnt. Wir bemühen uns derzeit um eine alternative Finanzierung, diese ist jedoch davon abhängig, dass die Opferperspektive einen Eigenanteil von mindestens 12.180 EUR erbringt. Um diesen Betrag aufzubringen, benötigen wir Ihre Unterstützung. Jeder Betrag hilft uns weiter!
Heute berichtete die TAZ über einen Fall von Polizeigewalt im Sozialamt im Landkreis Märkisch-Oderland, der am vergangenen Montag stattgefunden haben soll. Ein Video zeigt, wie mehrere Beamte einen Geflüchteten mit Gewalt zum Verlassen der Behörde zwingen wollen. Auf dem Video ist zu sehen, wie mindestens drei Beamte versuchen, den Mann gewaltsam zu Boden zu drücken, an seinen Armen und seinem Kopf zerren, im Verlauf sieht man Schläge, die offenbar Rücken und Kopf treffen. Während des Übergriffes schirmen andere Beamte die Situation ab, Zeug_innen werden in den Flur gedrängt.
Laut Bericht der TAZ sei der Mann von den Beamten bewusstlos geschlagen und später ein Krankenwagen gerufen worden. “Der Flüchtlingsrat ist bestürzt angesichts der massiven Gewalt, die hier durch Polizeibeamte gegen einen Menschen angewendet wurde”, sagte Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Selten Konsequenzen für die Polizei
Menschen, die in das rassistische Raster der Polizei durch vermeintliche Herkunft oder Merkmale wie Hautfarbe und Sprache fallen, erleben immer wieder ähnliche Szenarien. Aggressionen der Beamt_innen, diskriminierende Beschimpfungen und Beleidigungen, gewaltsame Festnahmen, Misshandlungen und Übergriffe bleiben jedoch in der Regel ohne Konsequenzen. Eineaktuelle Studie zeigt, dass Polizeigewalt in 80 Prozent der Fälle nicht zur Anzeige gebracht wird. Betroffene haben Angst vor solchen Anzeigen, in den allermeisten Fällen werden die Ermittlungen eingestellt. Das liegt vor allem daran, dass es keine unabhängige Ermittlungsinstanz gibt, sondern Polizist_innen gegen die eigenen Kolleg_innen ermitteln und aussagen müssen. Außerdem müssen die Betroffenen mit Gegenanzeigen rechnen. So offensichtlich auch im Fall des Geflüchteten aus Märkisch-Oderland: Direkt nach dem Übergriff soll laut TAZ gegen den Mann Anzeige wegen Hausfriedensbruch, Widerstand und Körperverletzung erstattet worden sein.
“Geflüchtete befinden sich gegenüber Behörden in einer besonders vulnerablen Situation. Ihr Aufenthaltsstatus und ihre Zukunft sind von den Entscheidungen von Behördenmitarbeiter_innen abhängig. Das macht es für sie umso schwieriger, sich gegen Übergriffe und Gewalt zu wehren. Die Dunkelziffer im Fall von Polizeigewalt ist groß”, erklärt Lotta Schwedler weiter.
Der Flüchtlingsrat fordert eine Untersuchung und die Aufklärung des polizeilichen Übergriffes. Das bekannt gewordene Video weist darauf hin, dass es sich um Körperverletzung im Amt handeln könnte. Dafür müssen die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. “Wir begrüßen, dass der Vorfall auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Innenausschusses im Landtag gesetzt werden soll. Auch die im Koalitionsvertrag vorgesehene Beschwerdestelle könnte zu der Aufklärung solcher Fälle beitragen“, so Lotta Schwedler. Dem Betroffenen muss eine Entschädigung zukommen. Die vorgenommenen Leistungskürzungen müssen rechtlich überprüft werden.
Der Hintergrund: Leistungskürzungen häufig rechtswidrig und existenzbedrohend
Der Geflüchtete war nach Medienberichten am vergangenen Montag in die Behörde gekommen, um seine Sozialleistungen abzuholen. Diese seien ihm gekürzt worden, worüber er sich beschwert habe. DerFlüchtlingsrat beobachtet seit einigen Monaten, dass Leistungskürzungen zunehmend genutzt werden, um Menschen unter Druck zu setzen und sie zur Ausreise zu zwingen. Diese zum Teil willkürlich scheinende und aufenthaltsrechtlich motivierte Praxis der kommunalen Ausländerbehörden sowie der Zentralen Ausländerbehörde wird flankiert durch Gesetzesverschärfungen, die auf Bundesebene in diesem Sommer verabschiedet worden sind. Häufig werden Betroffene unzureichend darüber aufgeklärt, aus welchen Gründen ihnen Leistungen gekürzt werden. Leistungskürzungen erweisen sich regelmäßig als rechtswidrig und wirken existenzbedrohend für die Betroffenen. Der Landkreis Märkisch-Oderland fiel in der Vergangenheit immer wieder durch seine restriktive Handhabung auf: Der Flüchtlingsrat, Ehrenamtsinitiativen und andere Akteure im Landkreis kritisieren seit Jahren die regelmäßig rechtswidrigen Leistungskürzungen und das Nichtgewähren von Leistungen durch das Sozialamt. Auch dass die Empfänger_innen ihre Leistungen bei der Behörde persönlich abholen müssen und diese ihnen nicht auf ihr Konto überwiesen werden, bezeichnen Initiativen als „umständlich und demütigend“.
Leistungskürzungen sind grundsätzlich abzulehnen, da hier die erforderliche Versorgung zugunsten aufenthaltsrechtlicher Überlegungen zurückgestellt wird. Die Verweigerung sozialer Rechte ist rechtlich fragwürdig und verstößt bei besonders schutzbedürftigen Personen gegen die EU-Aufnahmerichtlinie.
Vor dem Hintergrund des Anschlags in Halle, der zwei Menschen das Leben kostete und bei dem mindestens neune weitere Personen teils schwer verletzt wurden, ruft das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ zu einer Kundgebung am Freitag den 11.10.2019 ab 18 Uhr auf dem oberen Brunnenplatz in Frankfurt (Oder) auf.
Dazu erklärt Jan Augustyniak, Sprecher des Bündnis:
“Der Angriff auf die Synagoge in Halle und weitere Menschen im Umfeld macht uns betroffen, aber nicht sprachlos. Wir sind alle aufgefordert Verantwortung zu übernehmen und uns der rechtsextremen Bedrohung entgegenzustellen. Anschläge mit rassistischen, antisemitischen und rechtsextremen Hintergrund sind nicht neu und die Gefahr weiterer Taten ist mit der raschen Festnahme des Verdächtigten nicht vorbei. Der Anschlag ist ein Beleg dafür, dass hier aus Worten, die jeden Tag in Internetforen, in Chatgruppen, an Stammtischen, in rechten Szenetreffs und politischen Parteien geäußert und immer stärker in den öffentlichen Diskussionsraum getragen werden, Taten geworden sind. Mit unserer Kundgebung erheben wir die andere Stimme und setzen ein deutliches Zeichen gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus. Die Bedrohung von rechts muss klar benannt und auf allen Ebenen konsequent entgegengetreten werden.“
PROASYL und Flüchtlingsrat Brandenburg fordern: Einsatz für die Rechte von Flüchtlingen bedeutet klare Kante gegen Rechtsradikalismus und Rassismus
Anlässlich der nun beginnenden Koalitionsgespräche zwischen SPD, CDU und Grünen erwarten PROASYL und Flüchtlingsrat Brandenburg von den drei Parteien ein klares Bekenntnis für menschenwürdige Aufnahme von Flüchtlingen und gesellschaftliche Teilhabe für alle, von Anfang an. PROASYL und Flüchtlingsrat Brandenburg appellieren an die drei Parteien, entschieden gegen den Druck von rechts und für eine humanitäre Flüchtlingspolitik einzutreten.
Die Organisationen warnen gleichzeitig davor, reine Abwehrkämpfe gegen Rechtsradikalismus und Rassismus zu führen. Vielmehr sollte die neue Landesregierung den Willenserklärungen im Wahlkampf offensiv Taten folgen lassen. Aufnahme- und Lebensbedingungen in Brandenburg müssen sich an den Menschenrechten orientieren und Spielräume konsequent im Sinn der Betroffenen genutzt werden.
Katharina Müller vom Flüchtlingsrat Brandenburg:
“Wir erwarten von der Brandenburger Politik den Zugang zu Arbeit, Wohnraum, Bildung und Gesundheit diskriminierungsfrei zu gestalten, unabhängig von Herkunftsland und Bleibeperspektive. Bereits im Vorfeld der Wahlen haben wir einen umfassenden Forderungskatalog erstellt, über den wir möglichst bald mit der neuen Landesregierung ins Gespräch kommen wollen.“
Günter Burkhardt von PROASYL:
„All denen, die sich in Brandenburg für Demokratie und Menschenrechte einsetzen, sagen wir: Ihr seid nicht allein! Wir lassen nicht zu, dass Sozialstaat, Flucht und Migration gegeneinander ausgespielt werden. Wir halten dagegen, wenn Grund- und Freiheitsrechte weiter eingeschränkt werden sollen. Wer Menschen isoliert und ausgrenzt, leistet rassistischen Haltungen Vorschub.“
PROASYL und Flüchtlingsrat fordern:
* Behördenunabhängige Asylverfahrens- und Sozialberatung während der Erstaufnahme!
* Auszug aus Sammelunterkünften und selbstständige Anmietung von Wohnungen für alle!
* Volles Ausschöpfen aufenthaltsrechtlicher Möglichkeiten und großzügige Umsetzung bestehender Bleiberechtsmöglichkeiten!
* Förderung von Selbstorganisation und zivilgesellschaftlichem Engagement!
Am 20. September findet ein Solikonzert für das Bürger*innenasyl Barnim im Jugendtreff Dosto statt. Es spielen Die Pyjamas (Ska, Reggae) und Social Torsten (Alternative Distortion). An einem Infostand könnt ihr mit den Aktivist*innen ins Gespräch kommen.
Tag des Flüchtlings: Vielfältiges und politisch brisantes Programm in Potsdam
Unter dem Motto „SOS an den EU-Außengrenzen! Potsdam – ein sicherer Hafen!?“ laden anlässlich des „Tag des Flüchtlings“ am 27.09.2019 mehr als 20 Potsdamer und Brandenburger Organisationen, Initiativen und engagierte Einzelpersonen zu einem Aktionstag ein, um zu informieren, gemeinsam ins Gespräch zu kommen und gemeinsames Handeln zu entwickeln. Wir laden Sie herzlich dazu ein, im Vorfeld der Veranstaltung über das Vorhaben zu berichten und daran teilzunehmen.
Zum „Tag des Flüchtlings“ ruft Pro Asyl bundesweit zu dezentralen Aktionen auf, um auf Missstände in der Flüchtlingspolitik hinzuweisen. In Potsdam hat sich ein breites Bündnis zusammengeschlossen, um an diesem Tag auf die menschenverachtenden Zustände an den EU- Außengrenzen und gleichzeitig auf die vielen positiven zivilgesellschaftlichen Bemühungen aufmerksam zu machen und für mehr Weltoffenheit zu werben.
Das Programm beginnt am Vormittag mit einem Angebot für Schulklassen. Mit dem Film „Juventa“ über die Seenotrettung durch die Organisation Jugend Rettet und anschließendem Gespräch sowie einem Planspiel zum Asylverfahren wird interessierten Schulklassen das Thema nähergebracht. Angeboten und begleitet wird dies von der RAA Brandenburg und dem Beratungsfachdienst des Diakonischen Werkes.
Von 16.00 Uhr bis 23.00 Uhr gibt es im studentischen Kulturzentrum (KuZe) ein breites Angebot an Filmen, Gesprächsrunden, Theater, Info-Ständen, Mitmachaktionen, eine eritreische Kaffeezeremonie und ein Erzählkaffee Geflüchteter. Es gibt viel Raum für Austausch und Fragen. Musik gibt es sowohl im Kuze wie auch auf der Brandenburger Straße.
Ein Kernpunkt des Programms ist eine Podiumsdiskussion, die von der Landesintegrationsbeauftragten Frau Dr. Lemmermeier moderiert wird. Sie begrüßt die neue Sozialbeigeordnete Brigitte Meier, Vertreter*innen des Migrantenbeirates, der Seebrücke und des Beratungsfachdienstes für MigrantInnen sowie einen Geflüchteten als Gäste. Die Podiumsdiskussion findet vor dem Hintergrund statt, dass die Stadt Potsdam vor rund einem Jahr durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen hatte, Potsdam als „Sicheren Hafen“ auszurufen. Gemäß des Beschlusses sollen zusätzlich geflüchtete Menschen aufgenommen und die Bedingungen für geflüchtete Menschen in Potsdam verbessert werden. Nach nun fast einem Jahr soll mit dieser Diskussion eine Zwischenbilanz gezogen werden.
Am Brandenburger Tor startet die Seebrücke eine Kunstaktion mit dem Titel „Tatort EU- Außengrenze“. Damit wird das Verbrechen im Mittelmeer und an den Grenzen angeprangert und gleichzeitig Passant*innen informiert. Die künstlerische Protestaktion startet mit einer Kundgebung um 16 Uhr.
An Pressevertreter*innen:
Anlässlich des Tags des Flüchtlings stehen Ihnen unten genannte Vertreter*innen gerne für
Interviews und Nachfragen zur Verfügung.
Sie sind herzlich eingeladen, an der Podiumsdiskussion teilzunehmen – geben Sie uns bei Interesse
bitte kurz eine Rückmeldung, damit wir Ihnen Plätze reservieren können.Presseansprechpartner:
Harald Glöde (borderline-europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V.)
E‑Mail:hg@borderline-europe.de; Tel: 017642027655
Angela Rößler (Potsdam Konvoi und Seebrücke Potsdam), Jibran Khalil (Seebrücke Potsdam)
E‑mail: potsdam@seebruecke.org
Der Tag des Flüchtlings wird durch folgende Organisationen gestaltet:
ai Potsdam
Antidiskriminierungsstelle BBAG – Berlin-Brandenburgische Auslandsgesellschaft e.V.
borderline-europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V.Beratungsfachdienst für MigrantInnen des
Diakonische Werk e.V.
Chor International
Flüchtlingsrat Brandenburg
Flüchtlingspfarrer des ev. Kirchenkreises
Frauenzentrum Potsdam
Improtheater Potsdam
Integrationsbeauftragte der LH Potsdam
KuZe – studentisches Kulturzentrum
ekze
Jugend rettet
Männer mit Perspektive
Migrantenbeirat der LHP
Opferperspektive
Potsdam Konvoi RAA Brandenburg – Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie
Seebrücke Potsdam
Seebrücke Stadt Brandenburg
Sexta Feira SV Babelsberg 03
women in exile
Kundgebung vor dem brandenburgischen Innenministerium in Potsdam- Henning-von-Tresckow-Str. (10 Min. zu Fuß vom Hbf. Potsdam)
Am 7. April 2019 verschwand unsere Schwester Rita Awour Ojunge. Sie lässt zwei kleine Kinder zurück. Sie war 32 Jahre als, kam aus Kenia und lebte über 7 Jahre im Lager von Hohenleipisch. Drei Monate nach ihrem Verschwinden fand die Polizei ihre Überreste in der Nähe des Lagers im Wald. Es brauchte einen Anruf der Berliner Polizei, damit die Brandenburger Polizei überhaupt anfing, ernsthaft nach ihr zu suchen, obwohl ihre Freund*innen und Nachbarinnen aus dem Lager mehrfach auf ihr Verschwinden hingewiesen hatten. Bis heute wurden von offizieller Seite keine Details über ihre Todesumstände veröffentlicht.
Als geflüchtete Frauen* sind wir verschiedenen Formen der Gewalt ausgesetzt und zwar von Männern innerhalb und außerhalb der Lager, von anderen Flüchtlingen, von Security-Mitarbeitern und Deutschen aus der Umgebung. Gewalt gegen Frauen*, Missbrauch und Belästigung sind ein globales Phänomen in dieser sexistischen und rassistischen Welt. Aber stellt euch einmal vor, Rita wäre eine weiße Frau mit deutschem Pass gewesen.
Wir fordern Gerechtigkeit für Rita und wir wollen endlich wissen, wie es sein kann, dass sie aus ihrem Zimmer im Lager verschwinden konnte und die Kinder bei einem Nachbar lassen konnte, dessen Aussagen mehr als widersprüchlich sind.
Wir werden uns vor dem Innenministerium versammeln, um die Dringlichkeit der Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen* deutlich zu Machen und besseren Schutz zu fordern
Wir laden alle Menschen ein, sich uns in Solidarität anzuschließen, egal welcher Herkunft, Geschlecht oder Religion. Lasst uns zusammen protestieren!
Wir fordern von der Regierung, dass sie die Beschwerden von geflüchteten Frauen* endlich ernst nimmt, z.B. bezüglich Sicherheit und Wohnen.
Die Lager in Brandenburg sind keine sicheren Orte für Frauen* und Kinder. Das Lager in Hohenleipisch muss sofort geschlossen werden.
Keine Lager für Frauen und Kinder! Alle Lager abschaffen!
Liebe Freund*innen und Unterstützer*innen, liebe Aktive,
in knapp zwei Wochen wird in Brandenburg gewählt. Die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg hat *10 Impulse für eine Antidiskriminierungspolitik im Land Brandenburg* zusammengestellt.
Was muss die Landespolitik für eine nachhaltige und wirksame Antidiskriminierungspolitik tun?
Brandenburg braucht:
* Ein Landesantidiskriminierungsgesetz
* Eine starke Landesstelle für Chancengleichheit und
Antidiskriminierung
* Eine flächendeckende Beratung und Unterstützung für Betroffene
* Wissen über Diskriminierungsformen und ‑ausmaße
* Eine diversitätsbewusste Landesverwaltung mit Vorbildfunktion
* Eine wirksame Inklusion und Bildungsgerechtigkeit
* Eine Diskriminierungssensibilität in Justiz und Rechtsprechung
* Eine Sensibilität der Landespolizei für Diskriminierung
* Die Förderung eines diskriminierungssensiblen und vielfaltsbewussten
Kulturbetriebs
* Die Umsetzung der Antirassismus-Klausel der Landesverfassung
Alle 10 Punkte sind ausführlich in der PDF im Anhang und auf der Internetseite beschrieben.
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe BrandenburgerInnen, die AfD versucht weiter, sich das Deckmäntelchen einer “normalen” Partei überzuwerfen. Im Brandenburgischen Landtagswahlkampf veranstaltet sie dafür eine Reihe von nur scheinbar harmlos anmutenden “Volksfesten” auf den Marktplätzen verschiedener Städte. Auf diesen Veranstaltungen mit Hüpfburg und Bratwurst treten dann die bekannten Gesichter dieser Partei auf und bringen die spaltenden Botschaften unter die ZuhörerInnen.
Am 18.8. ist es in unserer Stadt so weit. Zwischen 15 und 20 Uhr wird ein solches „Fest“ unter Beteiligung der AfD- Größen Alexander Gauland- MdB AfD, Gottfried Curio- MdB AfD, Brandenburgs Spitzenkandidat Andreas Kalbitz- MdL AfD, Dennis Hohloch- Junge „Alternative“, Steffen Kotré- MdB AfD und lokalen VertreterInnen stattfinden.
Nicht ohne Widerspruch!
In Brandenburg protestieren wir in einem breiten Bündnis gemeinsam gegen die Normalisierung von Menschenfeindlichkeit, gegen rechte Hetze und für ein solidarisches und buntes Brandenburg und veranstalten dafür in Hör- und Sichtweite der AfD ein politisches Familienfest am Katharinenkirchplatz rund um die Postsäule. Wir stellen uns damit gegen die dramatische politische Verschiebung: Rassismus und Menschenverachtung sind gesellschaftsfähig. Was gestern mehrheitlich noch undenkbar war und als unsagbar galt, ist heute Realität. Humanität und Menschenrechte, Religionsfreiheit, Rechtsstaat und das europäische Haus werden offen angegriffen. Es ist ein Angriff, der uns allen gilt.
Ganz Europa ist von einer nationalistischen Stimmung der Entsolidarisierung und Ausgrenzung erfasst. Kritik an diesen unmenschlichen Verhältnissen wird gezielt als realitätsfremd diffamiert. In dieser Situation lassen wir nicht zu, dass Sozialstaat, Flucht und Migration gegeneinander ausgespielt werden. Wir halten dagegen, wenn Grund- und Freiheitsrechte weiter eingeschränkt werden sollen.
Kommt zahlreich! Bringt Euch ein! Zeigt bunt und kreativ Euren Protest!
— 18.8.2019
— 14 bis 20 Uhr
— Katharinenkirchplatz/ Postsäule
Aktionen und Mitmachangebote: Straßentheater, Straßenkreide- Workshop, Slackline, Live-Graffiti, Live- Musik, viele Redebeiträge, Hüpfburg, Kinderschminken, Kuchen gegen Propaganda- tausche rechtes Infomaterial gegen ein Stück Kuchen, Kleider- Spielzeugbörse, Offenes Mikrofon, Infostände der OrganisatorInnen, Waffelbäckerei, Popcorn und vieles mehr
Bündnispartner: Die OrganisatorInnen, AkteurInnen und UnterstützerInnen des politischen Familienfestes sind organisiert oder aktiv in Linksjugend solid, Jusos, Grüne Jugend, Die Linke, SPD, DKP, Bündnis 90/ Die Grünen, Kleinkunst Brandenburg e.V., Wir e.V., Café Contact, ev. Kirchen in Brandenburg, Die Altstädter e.V., ArtBox, Rollclub e.V., Buntes Kollektiv, Tolerantes Brandenburg, DGB, verdi, Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Kein Bock auf Nazis, Berlin- Brandenburgische Auslandsgesellschaft e.V./ BBAG, Aufstehen gegen Nationalismus, Die Falken, Demokratischer Frauenbund- Landesverband Brandenburg e.V., Jugend Kulturfabrik Brandenburg e.V., Team Kleider- Ursel, Seebrücke Brandenburg an der Havel, die Fridays for Future Bewegung Brandenburg an der Havel und viele, viele weitere BürgerInnen, die für eine solidarische Gesellschaft ohne Ausgrenzung Flagge zeigen wollen
Die Preußen haben Angst vor Multikulti, aber nicht vor‘m Klimawandel! — Eine Analyse zum Wahlprogramm der AfD Brandenburg
Schon in der Einleitung wird deutlich: Die AfD fokussiert sich in ihrem Wahlprogramm zur brandenburgischen Landtagswahl 20191 auf die preußische Geschichte und reizt dieses Thema bis zum Letzten aus. „Brandenburg-Preußen“2 ist das große Vorbild der extrem rechten Partei, egal ob bei der Einwanderungs- oder Bildungspolitik. Die einseitige Rezeption führt zu einem verklärenden, klischeebeladenen Preußen-Bild, nach dessen „Sekundärtugenden“3 (Pünktlichkeit, Ordnung, Fleiß usw.) und weltpolitischer Bedeutung man sich sehnt. Den Gegenentwurf dazu bildet das Brandenburg unter der Herrschaft der „Altparteien“, die durch ihre verfehlte Politik (in erster Linie durch eine Förderung der Einwanderung) das Land ruinieren: „So wollen uns die Altparteien eine multikulturelle Gesellschaft aufzwingen. Dabei zeigen zahlreiche Beispiele aus der Geschichte, dass Multikulturalismus eine Quelle von Konflikten ist.“4 Doch noch ist nicht alle Hoffnung verloren – die AfD kann das Land noch vor dem vollendeten Schreckensszenario retten.
Idyllische Landschaften will die AfD zurückholen. Von wem sie zurückgeholt werden sollen, wird beim Blick in das Programm schnell klar.
Das Programm hält also wenig Überraschendes bereit. Viele Forderungen finden sich so oder ähnlich auch bei anderen Parteien wieder (wer hat schon was gegen geringere Kitagebühren oder den Breitbandausbau?), ideologisch wird es, wie bereits angedeutet, bei allen Themen, die sich mit den Topoi Bevölkerungsentwicklung, Migration oder Sicherheit verbinden lassen: Dem demographische Wandel muss dringend etwas entgegengesetzt werden; daher will die AfD die Geburtenrate durch die Unterstützung von Eltern wieder anheben. Einen Ausgleich durch Einwanderung lehnt die Partei allerdings strikt ab – da bleibt sie dann doch lieber konsequent völkisch, denn: „Die unkontrollierte Massenzuwanderung der vergangenen Jahre hat den sozialen Frieden in unserem Land schwer beschädigt und zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt.“5.
In sicherheitspolitischen Fragen setzt die Partei auf eine gleichzeitige Aufrüstung und Abschottung: Videoüberwachung und Gesichtserkennung sollen ausgeweitet, das Waffengesetz gelockert (offenbar bedient die AfD hier die ihr nahe stehende Hobbyschütz*innen- und Jäger*innen-Lobby, denn der Abschnitt zu diesem Thema ist außergewöhnlich detailliert) und Grenzkontrollen wieder eingeführt werden, „um den ‚Einbruchtourismus‘ als Erscheinungsform der Transitkriminalität zu unterbinden.“6 Kriminelle Ausländer*innen seien vielmehr die Regel statt die Ausnahme (das erfährt der*die normale Bürger*in nur deshalb nicht, weil in der medialen Berichterstattung immer der Migrationshintergrund verschwiegen wird), weshalb sie sich „für Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Bekämpfung der Ausländerkriminalität einsetzen“7 und auch das Polizeiaufgabengesetz entsprechend anpassen wollen. Als konkrete Maßnahme schlagen sie mehr Polizei und beispielsweise die Wiedereröffnung der Frankfurter JVA und deren Mitnutzung als Abschiebezentrum für Geflüchtete vor. Die Kosten für die Haft und die Abschiebung sollen die Betroffenen dann auch selbst zahlen.
Auch im puncto Sozialleistungen unterscheidet die AfD zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen: Finanzielle Unterstützung will die AfD nur Ersteren zugute kommen lassen. „Sozialleistungen sind für die sozial schwachen Mitglieder unserer Solidargemeinschaft gedacht. Es ist für uns nicht hinnehmbar, bestandskräftig ausreisepflichtigen Ausländern Sozialleistungen zu gewähren, anstatt umgehend ihre Ausreise zu erwirken.“8
In der Bildungspolitik setzt man, dem Leitmotiv des Programms folgend, ganz auf Sekundärtugenden, Kopfnoten, Leistungsdruck und die Separierung von leistungsstarken und leistungsschwächeren Schüler*innen. Die Auslese von Kindern soll durch eine strenge Gliederung (folgerichtig wird der Gesamtschule eine Absage erteilt) und einen Verzicht auf die Integration von Kindern mit Behinderung in das Regelschulsystem möglichst früh vorgenommen werden.
Die Partei hat darüber hinaus Zweifel daran, dass der Klimawandel menschengemacht ist, und will zudem den Ausbau erneuerbarer Energien stoppen sowie das Pariser Klimabkommen aufkündigen. Konsequent, dass sie daher auch an der Gewinnung von Braunkohle festhalten will. Sie haben die Zeichen der Zeit wohl nicht erkannt. Es besteht aber zumindest die Hoffnung, dass die Partei bei zukünftigen Wähler*innengenerationen schlechter abschneidet.
Heimat und Identität sind die zentralen Ansatzpunkte der Partei; sie fordert ganz in Trump‘scher Rhetorik „Brandenburg zuerst!“9, will das Tragen des Kopftuchs in öffentlichen Einrichtungen verbieten und bedauert, dass Deutsch mittlerweile keine Wissenschaftssprache mehr ist und inzwischen auch noch durch gendergerechte Ansätze verunstaltet wird. Es fällt den AfDler*innen offenbar schwer, sich in einer globalisierten Welt und einer sich ausdifferenzierenden Gesellschaft zurecht zu finden. Man sehnt sich nach Klarheit. Die Hugenott*innen, die nach dem Dreißigjährigen Krieg nach Preußen einwanderten, sehen sie als vorbildhaft, weil sie gut ausgebildet und kulturell leicht integrierbar an, während besonders außereuropäische Migrant*innen abgelehnt werden: „Die Todesstrafe, die Unterdrückung von Frauen und Mädchen oder die fehlende Toleranz gegenüber anderen Weltanschauungen, wie sie in islamischen Ländern an der Tagesordnung sind, haben in unserem aufgeklärten Land Brandenburg nichts zu suchen.“10 Der Ruf nach Toleranz mutet, ob der ausgrenzenden Ideologie der völkischen Rechten, schon sehr skurril an. Die Einteilung nach ökonomisch nützlichen und nutzlosen Menschen zieht sich, gekoppelt an rassistische Differenzierungen, durch das ganze Wahlprogramm. Menschen werden wie eine verschiebbare Masse behandelt, wenn es heißt: „Wie unsere Geschichte gezeigt hat, liegt ein unverzichtbarer Teil unserer staatlichen Souveränität darin, über die Qualität und Quantität der Einwanderung selbst zu bestimmen.“11
Bei so viel allgemeiner Geschichtsduselei im Wahlprogramm darf auch der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg nicht fehlen. An zwei Stellen behandelt die Partei dieses Thema: „Bei der Darstellung der national-sozialistischen Schreckensherrschaft und ihrer bis heute andauernden Folgen ist auch die Rolle des Einzelnen in einem totalitären Staat zu behandeln, um den Wert individueller Freiheiten zu erfahren.“12 und: „Ob als ‚vermisst‘ an unbekannter Stelle in einem Einzelgrab verscharrt oder eingebettet in Massengräber – viele Soldaten liegen nach wie vor auf den Schlachtfeldern der beiden Weltkriege. Wir wollen das Auffinden dieser bislang namenlosen Kriegstoten finanziell fördern, so dass diese ein würdiges Begräbnis erfahren können. Hierbei machen wir keinen Unterschied, ob es sich um Angehörige der preußisch-deutschen Armee, der polnischen Armee, der Wehrmacht oder der Roten Armee handelt. Wir wollen sämtlicher toter Soldaten gedenken, da diese für uns eine Mahnung zum friedlichen Zusammenleben mit unseren Nachbarländern sind.“13 Soll im Klartext heißen: Wir konzentrieren uns nicht mehr auf das falsche staatliche Handeln, sondern auf das persönliche individuelle Erleben des Alltags im Nationalsozialismus – was in der Konsequenz die Verantwortung für das Große Ganze ausschließt. Und außerdem machen wir keinen Unterschied zwischen den faschistischen Soldaten der Wehrmacht und den gefallenen Befreiern der Roten Armee.
Zum Schluss listet die AfD noch die aus ihrer Sicht größten Verfehlungen der bisherigen Landesregierung auf. Sie spricht vom „rot-roten Regierungswahnsinn“, zu dem natürlich auch die Zerstörung der Heimat durch den „Massenansturm auf unsere Grenzen“14 gehört; die rassistischen Kernbotschaften tauchen auch hier wieder auf. Dabei wäre es doch der einzig wirkliche „Wahnsinn“, würde die Partei im September noch mehr Stimmen als bei der letzten Landtagswahl 2014 erhalten.
Quellen:
1Alternative für Deutschland (AfD): „Landtagswahlprogramm für Brandenburg 2019“, abrufbar unter https://afd-brandenburg.de/wp-content/uploads/2019/06/Wahlprogramm_Brandenburg_2019_ohne_kapitelbilder_kommentare_acc2144-01–06-19-final.pdf.
Eine Zusammenfassung des Landtagswahlprogramms gibt es zudem in der MAZ: “Vorbild Preußen: Das soll im Wahlprogramm der AfD stehen”: https://www.maz-online.de/Brandenburg/Vorbild-Preussen-Das-soll-im-Wahlpgrogramm-der-Brandenburger-AfD-stehen. Eine Analyse der Sozialpolitik der AfD Brandenburg mit dem Schwerpunkt Potsdam liefert die Emanzipatorische Antifa Potsdam: “Stein des Anstoßes Ausgabe 03 – Die Sozialpolitik der AfD” (https://www.e‑a-p.org/wp-content/uploads/Stein_03.pdf). Einen genaueren Blick auf ausgewählte Personen und einige Programmelemente finden sich im Portal “Blick nach rechts” in dem Artikel “Mit Rechtsaußen-Personal in den Landtag”: https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/mit-rechtsau-en-personal-in-den-landtag. Der RBB portraitiert den AfD-Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz: “Mit Preußen als Vorbild in den Wahlkampf”: https://www.rbb24.de/politik/wahl/Landtagswahl/beitraege/landtagswahl-2019-brandenburg-spitzenkandidaten-afd-kalbitz.html.