Am 23. September 2015, möchte der Kreisverband Märkisch Oderland der „Alternative für Deutschland“ um 17:00 Uhr im Bürgerhaus Neuenhagen im Rahmen der „Herbstoffensive 2015“ eine Bürgerveranstaltung mit der Parteivorsitzenden Frauke Petry und Christina Schade (MdL) abhalten. Dies gilt es zu stören!
Was man von der Rednerinnen zu hören bekommen wird, ist klar: Nationalismus und Rassismus. Denn mit der neuen Parteivorsitzenden hat sich die Alternative für Deutschland noch klarer am rechten Rand positioniert. Frauke Petry ist Gründungsmitglied, Sachsenvorsitzende und vertrat jeher den rechten Flügel der Partei. Mitte diesen Jahres löste sie den eher neoliberal geprägten Bernd Lucke ab. Gerade in Sachsen fiel die AfD auf, da die Parteijugend Equipment für rechtsradikale Versammlungen stellte oder sich die Partei mit rassistischen Parolen in den Diskurs um die Aufnahme von Flüchtlingen einbrachte.
Wo früher noch nach rassistischen Entgleisungen von Mitgliedern und Funktionär*Innen umso schneller zurückgerudert wurde, wird sich jetzt offen zu Pegida und den als „asylkritisch“ beschönigten und damit legitimierten rassistischen Ausschreitungen allerorts in Deutschland bekannt. Nicht nur der AfD-Bundesvize Alexander Gauland (MdL Brandenburg) zeigt immer wieder Verständnis für die offen rassistischen Demonstrationen und gewalttätigen Eskalationen. Das Rechtfertigen von Brandstiftung und körperlicher Gewalt gegen Geflüchtete und ihre Unterstützer*innen ist mittlerweile in der AfD zur Parteiraison geworden. Im Juli sind die neoliberalen Biedermänner um Bernd Lucke von Bord gegangen, übrig geblieben sind die (verbalen) BrandstifterInnen um Frauke Petry, Alexander Gauland, André Poggenburg und Beatrix von Storch.
„Wären die Bürger einbezogen worden und hätten sie das Gefühl, dass nicht nur sie und die Kommunen gefordert werden, sondern auch die Politik auf Bundes- und Landesebene alles tut, um der Situation Herr zu werden, ließen sich Reaktionen wie jetzt in Nauen sicherlich verhindern“ – Alexander Gauland nach dem Brandanschlag auf eine geplante Geflüchtetenunterkunft in Nauen
All dies zeigt, dass die „Alternative für Deutschland“ keine Partei ist, die man nur als Wahlalternative für enttäuschte FDP oder CDU Wähler*innen sehen kann. Das Parteiprogramm ist klassistisch, nationalistisch und rassistisch. Es handelt sich um eine Partei der Neuen Rechten, in der eine große Bandbreite von Rechtskonservativen, Mitgliedern der Identitären Beweugung bis hin zu Verschwörungstheoretiker*innen und Rassist*innen aktiv sind.
Wir rufen dazu auf, sich am 23.September 2015 in Neuenhagen gemeinsam gegen die rechtspopulistische und rassistische Hetze der AfD zu stellen. In Zeiten brennender Geflüchtetenwohnheime und der gewalttätigen Übergriffe durch Neonazis und RassistInnen auf Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, muss der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ klar signalisiert werden, dass sie in der Gesellschaft keinen Rückhalt hat!
Refugees Welcome
23.09.2015 / 17:00 Uhr / Bürgerhaus Neuenhagen / Hauptstr. 2 / 15366 Neuenhagen bei Berlin
Kategorie: (Anti-)Rassismus
INFORIOT Um die 150 Rassist*innen versammelten sich heute in unmittelbarer Nähe der Zentralen Aufnahmestelle (ZAST) in Eisenhüttenstadt. Anlass war unter anderem die Ankunft von 1.000 Geflüchteten am vergangenen Montag, die mit einem Sonderzug aus Richtung München die Oderstadt erreichten. Sie gehörten zu denjenigen Geflüchteten, die am vergangenen Wochenende aus Ungarn aufbrachen. 200 Menschen folgtem dem Aufruf der IG Metall auf eine Gegenkundgebung. Knapp 40 Antifaschist*innen demonstrierten spontan in direkter Nähe zur asylfeindlichen Kundgebung.
Wie auf Facebook angekündigt, schloßen sich zahlreiche Eisenhüttenstädter*innen dem flüchtlingsfeindlichen Mob an. Aufgerufen hatte die Facebookgruppe „Nein zum Heim in Eisenhüttenstadt“. Anmelder war der Frankfurter Neonazi Peer Koss, der bereits in Frankfurt (Oder) und Beeskow rassistische Versammlungen initiierte. Knapp 100 Menschen nahmen an der Kundgebung teil. Die NPD’lerin Manuela Kokott inszenierte sich wie schon in der Vergangenheit als „besorgte Anwohnerin“. Auch der Liedermacher Björn Brusak, ein bekannter Neonazi aus Brieskow-Finkenheerd, trat als Redner auf. In dem Plattenbaugebiet in der Poststraße befanden sich neben den Kundgebungsteilnehmer*innen einige dutzende Schaulustige, teils stark alkoholisiert, die den Aussagen von Kokott und Brusak applaudierten.
Unangenehm war die Situation für vorbeilaufende Geflüchtete, die direkt an den Rassist*innen vorbeilaufen mussten, bis die Polizei sie umleitete. Die Gegenkundgebung der IG Metall befand sich in einiger Entfernung. Ein Vertreter, der in Eisenhüttenstadt traditionell stark aufgestellten Gewerkschaft, wies in einer Rede zwar auf die momentan schwierigen Lebensbedingungen für Geflüchtete in der ZAST hin, betonte aber auch im selben Atemzug, dass es auch eine Belastung für die Eisenhüttenstädter*innen sei. 40 Antifaschist*innen verließen nach kurzer Zeit die Kundgebung. Sie begaben sich in Sicht- und Hörweite des rassistischen Aufzugs und konnten zumindestens verbal die Veranstaltung stören. Nach anderthalb Stunden war die flüchtlingsfeindliche Kundgebung vorbei.
INFORIOT Am gestrigen Montag erreichten ca. 1.000 Geflüchtete Eisenhüttenstadt um in der Zentralen Aufnahmestelle (ZAST) registriert zu werden. Sie waren mit mehreren Tausend anderen am vergangenen Wochenende aus Ungarn aufgebrochen. Derweil wird zu einer rassistisch-motivierten Kundgebung in der Nähe der ZAST in der Poststraße für den morgigen Mittwoch aufgerufen. Auch Gegenprotest ist angekündigt.
Für Aufsehen sorgten vergangenes Wochenende mehrere selbstorganisierte Märsche von Geflüchteten, die aus Budapest und anderen Orten Ungarns, größtenteils zu Fuß, in Richtung der österreich-ungarischen Grenze liefen. Die ungarischen, österreichischen und deutschen Behörden sahen sich somit gezwungen die Dublin-III Verordnung vorübergehend außer Kraft zu setzen. Über Wien und München gelangten knapp 1.000 Menschen nach Eisenhüttenstadt. Nach einer medizinischen Erstversorgung wurde der Großteil in die ZAST gebracht. Einige konnten nach Berlin weiterfahren.
Auf der Facebook-Seite „Nein zum Heim in Eisenhüttenstadt“ kursiert seit gestern Mittag ein flüchtlingsfeindlicher Aufruf für eine Kundgebung am morgigen Mittwoch. Mutmaßlicher Organisator ist der Neonazi Peer Koß. Koß gilt als mutmaßlicher Administrator der Facebook Seiten „Beeskow wehrt sich“ und „Frankfurt(Oder) wehrt sich“ und Initiator zahlreicher Aufmärsche und Kundgebungen in den beiden Städten. Gegen Koß liegt mittlerweile eine Anzeige wegen Volksverhetzung vor.

Rassistische Mobilisierung und Gewalt in Eisenhüttenstadt
Eisenhüttenstadt und die Bewohner*innen der ZAST standen in der Vergangenheit schon des Öfteren im Fokus asylfeindlicher Gruppen. Für Aufsehen sorgte der Versuch eine „Bürgerwehr“ in der Oderstadt zu etablieren, der von Neonazis mitinitiiert wurde. Die Partei „der Dritte Weg“ mobilisierte Ende Februar diesen Jahres zu einer Mini-Demo im Eisenhüttenstädter Stadtzentrum. Der NPD Kreisverband Oderland führte 2013 und 2014 mehrere Kundgebungen in direkter Nähe zur ZAST durch. Erst im August 2013 griffen mehrere NPD’ler bei einer Kundgebungsfahrt Gegendemonstrant*innen in Eisenhüttenstadt an.
An den bisherigen Versammlungen beteiligten sich außer stadtbekannten Neonazis nur vereinzelt rassistische Anwohner*innen. Möchte man Aussagen auf Facebook glauben, wollen sich am Mittwoch zahlreiche Eisenhüttenstädter*innen der flüchtlingsfeindlichen Kundgebung anschließen. Die Stimmung in der Stadt scheint sich derweil zuzuspitzen. Erst Sonntag kam es zu einem gewalttätigen Vorfall in einem Bistro in der Fröbelringpassage. Laut einer Polizeimeldung griff ein 38-jähriger einen Mitarbeiter des Bistros an und verletzte ihn so schwer, dass dieser mit einer Kopfwunde ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Später kam der Angreifer zurück und beschimpfte die Gäste mit volksverhetzerischen Sprüchen.
Gegenprotest angekündigt
Die rassistische Kundgebung soll laut eigenen Angaben in der Poststraße in direkter Nähe zur ZAST stattfinden. Beginn ist um 19:00 Uhr. Die IG-Metall ruft zu einer Gegenveranstaltung unter dem Motto: “Eisenhüttenstadt für Toleranz und Menschlichkeit” an der Freilfläche Poststraße/Karl Marx Straße auf. Start ist um 18:30 Uhr.


Am Samstag, den 25. Juli, veranstaltete die neonazistische Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ den bereits vierten Aufmarsch in der Oderstadt. Insgesamt 80 Neonazis und Rassist*innen versammelten sich diesmal am Karl-Ritter-Platz. Hier soll in diesem Jahr eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete eingerichtet werden. Unweit der rassistischen Kundgebung demonstrierten etwa 250 Antifaschist*innen gegen den Aufmarsch, welche von einem Großaufgebot der Brandenburger Polizei abgeschirmt wurde. (1)
Ankündigung von Übergriffen
Wurde bei der letzten Demonstration am 25. April wegen möglicher Blockadeversuche die Ankündigung auf ihrer Facebook-Seite noch sehr kurzfristig bekanntgegeben, mobilisierten die Frankfurter Rassist*innen um Peer Koss schon mehrere Wochen vorher zum nördlichen Rand der Innenstadt. Treffpunkt sollte zunächst um 12 Uhr am Frankfurter Hauptbahnhof sein, um dann gemeinsam mit anreisenden Neonazis, vermutlich als spontane Demonstration, durch das Zentrum laufen zu können. Dennoch schien auch diesmal das Risiko von Blockaden durch das lokale antifaschistische Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ zu groß. Obwohl laut eigener Aussage noch Flyer mit dem alten Treffpunkt verteilt wurden, rief man fünf Tage vorher dazu auf, direkt zum Kundgebungsort zu gehen. Auffallend bei

diesem Posting war, dass ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, sich das Versammlungsrecht zu erkämpfen und sich notfalls zur Wehr zu setzen.2 Neben einigen ablehnenden Kommentaren fanden andere die Nachricht begrüßenswert. Der Facebook — Nutzer Christopher Lehnert kündigte an, mit seinen Leuten am Bahnhof einzutreffen und ergänzte mit dem Slogan „Sport frei“. Auch der Nutzer Dean Mason dankte für den Hinweis und kommentierte den unter Hooligans beliebten Spruch. Dabei war die Zielsetzung dieses Ausrufes eindeutig: Die Neonazis wollten sich gewalttätige Auseinandersetzungen mit Gegendemonstrant*innen suchen. Ganz klar wurde die Aufforderung zur Gewalt hinter Sätzen, wie „zur Wehr setzen“ verklausuliert. Bestärkt wurde dies durch ein Posting am 22. Juli, in dem der § 32 des Strafgesetzbuchs wiedergegeben, um mögliche Übergriffe als Notwehrhandlungen darzustellen.3
Immer wieder die selben!
Zu bekannt gewordenen Übergriffen im Vorfeld der Kundgebung kam es nicht. Auch der Treffpunkt am Hauptbahnhof wurde nahezu nicht genutzt. Nur einzelne Neonazis, die mit der Bahn angereist waren, fanden sich auf dem Bahnhofsvorplatz ein, um dann wenig später von PKWs abgeholt zu werden. Der Gubener Alexander Bode (NPD) diente dafür als Kontaktperson und wies den wenigen ankommenden Teilnehmer*innen den Weg.

Am Kundgebungsort bot sich ein Bild, welches sich bei allen Veranstaltungen von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ seit Januar zu wiederholen scheint. Neben Deutschlandfahnen und Transparenten, die von inhaltsleeren „Wir sagen Nein!“ bis hin zum zynischen „Freundlichen Frankfurt gegen Asylantenheime und Asylwahn“ die übliche Außendarstellung bot, gaben sich die Redner Björn Brusak (Europäische Aktion), Maik Eminger und Pascal Stolle (beide III. Weg) mit den immer gleichen Tiraden ihrem Hass gegenüber Geflüchteten, Antifaschist*innen, der BRD und „dem System“ hin.
Während Björn Brusak von „Verschwörungsfakten“ über das von der US-Ostküste gesteuerte Finanzsystem sprach, das die nicht souveräne Bundesrepublik kontrollieren würde, hetzten die beiden Kader der rechten Splitterpartei „Der III. Weg“ gegen Asylbewerber*innen und sprachen von „artfremden Rassen“, die niemals zu Deutschland gehören könnten. Wie bei den letzten Aufmärschen war die unter dem Parteienprivileg auftretende extrem rechte Gruppierung im Hintergrund in die Organisation des Tages eingebunden.
Nach nicht einmal einer Stunde beendeten die Neonazis bereits ihre Kundgebung. Die Teilnehmer*innenzahl war auch diesmal recht überschaubar und zeigte die seit Januar ersichtliche Metamorphose von einer rassistischen Demonstration mit 250 Wutbürger*innen4 hin zu einem Kern aus gefestigten Neonazis mit unter 100 Personen. Konnten beim letzten Aufmarsch am 25. April mit Unterstützung durch NPD und dem „III. Weg“ gerade einmal 55 Rassist*innen mobilisiert werden5, gelang es diesmal gerade, die Zahl der Teilnehmer*innen auf 80 zu steigern. Auffallend war am 25.7. das Fehlen von Aktivist*innen der „Kameradschaft Kommando Werwolf“ um den mehrfach verurteilten Sven Lemke – waren diese doch bislang auf allen Aufmärschen anwesend und sogar organisatorisch eingebunden. Die Mehrheit der anwesenden KundgebungsteilnehmerInnen waren dennoch auch Frankfurter*innen. Die hohe Zahl an einheimischen Neonazis mag verwundern, schaffte es die NPD in den vergangenen Jahren kaum mehr als ein Dutzend aus der Stadt zu ihren Versammlungen zu mobilisieren. Ihr fehlt seit Jahren eine lokale Verankerung. Der letzte Versuch scheiterte 2007.6 Die Nationaldemokrat*innen verzichteten daher komplett ihre Außenwahrnehmung und waren selbst personell kaum vertreten. Vielmehr erhärtet sich der Eindruck, dass die NPD auf dem Rückzug ist. „Der III. Weg“ als radikalere nationalistische Partei ist durch ihre Rhetorik deutlich erfolgreicher.
„Der III. Weg“ als Akteur im Hintergrund

Die neonazistische Kleinstpartei mit lediglich 200 Mitgliedern bundesweit scheint bei den Frankfurter Veranstaltungen immer mehr als entscheidende Organisation eine Rolle zu spielen. So gehören die beiden wichtigsten Kader des „III. Weg“ in Brandenburg, Maik Eminger und Pascal Stolle, zu den regelmäßigen Rednern auf den Demonstrationen der Frankfurter extremen Rechten. Spätestens seit dem letzten Aufmarsch im April tragen angereiste wie auch einheimische Neonazis immer häufiger Transparente und Fahnen der Partei. Neben dem ehemaligen NPD-Abgeordneten im Bad Belziger Stadtparlament, Pascal Stolle7, gehören dazu mittlerweile auch andere Aktivist*nnen der NPD, wie etwa vom Kreisverband Oderland. Die Gründe liegen zum einen bei der Selbstdarstellung als sogenannte extrem rechte Elite und zum anderen an der deutlich radikaleren Position zur Flüchtlingspolitik. So bezeichnen sie Brandanschläge auf geplante Unterkünfte für Geflüchtete u.a. als „vorzeitiges Weihnachtsgeschenk“ oder als „legitime Protestform“.8 Auch in ihrem Parteiprogramm spiegeln sich ihre völkisch-nationalistischen Ideen wider. Unter Punkt 10 fordern sie beispielsweise die Wiederherstellung eines großdeutschen Reiches.9
Nur selten tritt der „III. Weg“ öffentlich durch eigene Kundgebungen, wie zuletzt in Zossen und Damsdorf am 1. August, auf.10 Vielmehr verfolgt diese eine Strategie, die von nahezu allen Landesverbänden angewandt wird. Eher unauffällig agieren sie im Hintergrund bei vermeintlichen Bürger*innenprotesten gegen die Unterbringung von Geflüchteten. Hinter vielen „Nein zum Heim“-Seiten, die auf Facebook auftauchen, steckt zumeist selbst die Partei dahinter. So ist es wenig verwunderlich, dass nach Erscheinen einer neuen Anti-Asylseite mit einheitlichen Layout, oft bald eine ankündigte Kundgebung folgt, bei der dann „III. Weg“-Redner auftreten. Durch Einbindung örtlicher Neonazis wird das Bild einer ablehnenden örtlichen Bevölkerung nach außen getragen. Gleichzeitig binden sie diese in ihre Parteistrukturen ein. So unterstützen Frankfurter Neonazis, wie Peer und Franziska Koss, inzwischen regelmäßig Versammlungen in anderen Regionen, wie kürzlich in Zossen und Damsdorf.

Erlebnisfaktor Demonstration
Bei genauerer Beobachtung der Teilnehmenden fällt auf, dass auch viele junge Leute sich den Aufmärschen von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ anschließen. Doch auch altbekannte Rechtsradikale, wie Mario Schreiber oder Stefan Heine, beteiligen sich an den Protesten. Dies scheint vor allem an den relativ regelmäßig stattfindenden Demonstrationen zu liegen. Damit haben Frankfurter Neonazis nach langer Zeit wieder regelmäßige Events in der Stadt, bei denen sie ihre menschenverachtende Ideologie auf die Straße tragen können. Das dadurch gestärkte Selbstvertrauen macht die Neonazis nicht nur mehr sichtbarer im Stadtbild, sondern erhöht damit ebenso die Wahrscheinlichkeit einer zunehmenden Gewaltbereitschaft gegenüber Geflüchteten und politisch Missliebigen. Dass dieses Gewaltpotenzial sich nicht nur virtuell bemerkbar macht, zeigen die Angriffe auf die geplante Flüchtlingsunterkunft am Karl-Ritter-Platz,11 wie auch der Übergriff auf neun syrische Flüchtlinge im März diesen Jahres12 oder auch drei rechte Übergriffe, welche an einem Wochenende in der Stadt verübt wurden. Hierbei wurde eine Person mit Migrationshintergrund so schwer verletzt, dass sie notärztlich behandelt werden musste. 13Ebenso zeigte der führende Kopf von „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Peer Koss, im Anschluss der Kundgebung, dass er es mit seinen Drohungen ernst meint: Auf dem von der Polizei begleitenden Rückweg versuchte er, Gegendemonstrant*innen anzugreifen. Auf der Facebook-Seite kündigte er wenig später bereits den fünften Aufmarsch in näherer Zukunft an und setzte zugleich seine Attacken gegen Antifaschist*innen fort, indem er mit der Veröffentlichung von Bildern und Adressen von linken Aktivist*innen drohte.14
Es ist also festzustellen, dass die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ zu einer zunehmenden Bedrohung für Geflüchtete und deren Unterstützer*innen wird. Dabei werden sie in ihrer Rhetorik immer aggressiver. Durch die Unterstützung von „Der III. Weg“ professionalisieren sie ihr Auftreten. Vereinzelt kommt es im Gegenzug zur Unterstützung von anderen als Bürgerprotesten getarnten neonazistischen Aufmärschen, hinter denen die neonazistische Partei steckt. Es ist dabei nicht auszuschließen, dass aus der losen Gruppierung in naher Zukunft ein Stadtverband des „III. Wegs“ wird. Denn inzwischen haben sie in der Stadt ihr Gesicht als Bürgerprotest komplett verloren und können nur noch als bekennende Neonazis agieren. Eine derart eskalierende Situation, wie zur Zeit im sächsischen Freital,15 scheint in Frankfurt (Oder) derzeit unwahrscheinlich zu sein. Dies ist auch ein Verdienst von Antifaschist*innen, die sich mit ihrem Protest sich den Rassist*innen in den Weg stellen. Doch ebenso müssen die Akteure der Frankfurter Neonaziszene benannt werden. Bereits bei früheren Aktionen gelang es durch die Offenlegung der rechten Strukturen, diese zu schwächen und Polizei und Behörden zum Handeln zu zwingen. Das führte mitunter zur Auflösung von Neonazi-Gruppierungen.16 Dieses Ziel sollte sich auch für „Frankfurt/Oder wehrt sich“ gesetzt werden.
Quellen:
1 Vgl. Presseservice Rathenow: Auseinandersetzungen nach rassistischer Kundgebung,
https://inforiot.de/frankfurt-oder-auseinandersetzungen-nach-rassisti…, eingesehen am
05.08. 2015.
2 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag vom 20.07.2015, https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, eingesehen am 20.07.2015. (inzwischen gelöscht)
3 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag vom 22.07.2015, https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, eingesehen am 23.07.2015. (inzwischen gelöscht)
4 Vgl. antifaschistische recherchegruppe: Aufstand der Ekelhaften, https://inforiot.de/der-aufstand-der-ekelhaften/, eingesehen am 05.08.2015.
5 Vgl. antifaschistische recherchegruppe: „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ mit dem „III. Weg“, https://inforiot.de/der-aufstand-der-ekelhaften/, eingesehen am 05.08.2015.
6 Vgl. antifaschistische recherchegruppe: NPD bleibt hinter Erwartungen zurück, https://recherchegruppe.wordpress.com/2007/10/01/npd-bleibt-hinter-erwartungen-zuruck/, 01.10.2007, eingesehen am 05.08.2015.
7 Vgl. Presseservice Rathenow: NPD Stadtrat wechselt zum „Dritten Weg“ / Neonazistische Kleinpartei will nach Brandenburg expandieren, https://presseservicern.wordpress.com/2015/03/04/bad-belzig-npd-stadtrat-wechselt-zum-dritten-weg-neonazistische-kleinpartei-will-nach-brandenburg-expandieren/, 04.03.2015, eingesehen am 05.08.2015.
8 Vgl. tagesschau.de: Einschätzung zu “Der III.Weg”. Radikal, gefährlich, geistige Brandstifter, https://www.tagesschau.de/inland/dritter-weg-101.html, 04.08.2015, eingesehen am 05.08.2015.
9 Vgl. „Der III. Weg“: Zehn-Punkte-Programm, http://www.der-dritte-weg.info/index.php/menue/63/Zehn_Punkte_Programm.html, eingesehen am 05.08.2015.
10 Vgl. Presseservice Rathenow: Proteste gegen Kundgebungstour des III. Weges, https://inforiot.de/zossendamsdorf-proteste-gegen-kundgebungstour-des-iii-weges/, 01.08.2015, eingesehen am 05.08.2015.
11 Vgl. Berliner Morgenpost: Tür an Asylbewerberheim beschädigt, http://www.morgenpost.de/berlin/polizeibericht/article142468137/Tuer-an-Asylbewerberheim-beschaedigt.html, 14.06.2015, eingesehen am 05.08.2015.
12 Vgl. Der Tagesspiegel: Neonazis greifen syrische Flüchtlinge an, http://www.tagesspiegel.de/berlin/attacke-in-frankfurt-oder-neonazis-greifen-syrische-fluechtlinge-an/11546836.html, 24.03.2015, eingesehen am 05.08.2015.
13 Vgl. Märkische Oderzeitung: Fremdenfeindliche Übergriffe in Frankfurt, http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1412417, 09.08.2015, eingesehen am 09.08.2015
14 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag vom 27.07.2015, https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, eingesehen am 27.07.2015. (inzwischen gelöscht)
15 Vgl. Zeit online: Rassismus als Happening, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015–06/freital-fluechtlingsheim-proteste-stellungskrieg, 25.06.2015, eingesehen am 05.08.2015.
16 Vgl. antifaschistische recherchegruppe: ANOS am Ende, https://recherchegruppe.wordpress.com/2012/11/05/anos-am-ende/, 05.11.2012, eingesehen am 05.08.2015.
Am vergangenen Wochenende kam es in Frankfurt (Oder) zu drei rassistisch motivierten Vorfällen. Am Freitag Abend beleidigten zwei Männer einen jungen Mann und zeigten den Hitler-Gruß. Als dieser sie zur Rede stellte, verletzten sie ihn, sodass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Einige Stunden später attackierten drei Männer die Gäste eines interkulturellen Kulturfestes auf dem Brückenplatz, nachdem sie sie rassistisch und antisemitisch beleidigt und bedroht hatten. Am Samstag Abend skandierte eine Gruppe junger Menschen in der Heilbronner Straße “Sieg-Heil”-Rufe.
Der Utopia e.V. verurteilt die Vorfälle aufs Schärfste und spricht den Betroffenen seine Solidarität aus. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen aufgrund ihres Aussehens als “anders” und “minderwertig” markiert und deswegen beleidigt oder angegriffen werden. Ebenso schockiert es uns, dass Menschen, die Courage zeigen, rassistischer Hetze widersprechen oder sich für Geflüchtete engagieren, Angriffen ausgesetzt sind.
Diese Vorfälle zeigen, dass Menschen mit rassistischen Einstellungen nicht zögern, diesen verbal und in Form von Übergriffen Ausdruck zu verleihen. In anderen Städten sind rassistisch motivierte Übergriffe an der Tagesordnung. Und auch in Frankfurt waren die Ereignisse am Wochenende nicht die ersten dieser Art: Ende März wurde eine Gruppe syrischer Geflüchteter von Neonazis durch die Stadt verfolgt und schließlich angegriffen und verletzt, und erst kürzlich gab es Flaschenwürfe gegen die noch nicht bewohnte Geflüchtetenunterkunft am Karl-Ritter-Platz. Dies sind nur zwei Beispiele — die Chronik ließe sich jedoch fortführen. Zudem gab es in diesem Jahr in Frankfurt bereits vier Demonstrationen bzw. Kundgebungen der neonazistischen Szene, die der Verankerung rassistischer Einstellungen im Stadtbild dienen und ein Klima der Ausgrenzung erzeugen (wollen).
Rassismus erfährt in der Gesellschaft wieder massiven Auftrieb und Akzeptanz. Eine hetzerische Stimmungsmache auf der Straße und die politisch forcierte Kriminalisierung von Geflüchteten verstärken sich gegenseitig. Dies mündet sowohl in rassistisch motivierten Übergriffen als auch in einer Gesetzgebung, die Asylsuchende systematisch diskriminiert und vielen von ihnen die Chance auf ein Leben in Sicherheit in Deutschland verwehrt.
Wir warnen vor einer weiteren Eskalation der momentanen Situation. Wir rufen zum verstärkten Engagement gegen Rassismus und für Geflüchtete auf. Rassismus darf nicht unwidersprochen bleiben! Er fängt lange vor rassistisch motivierten Morden an; wenn wir menschenverachtende Stimmung nicht als solche identifizieren, kann sie sich entfalten und radikalisieren. Antirassistische und interkulturelle Initiativen bedürfen der Unterstützung; Geflüchtete müssen verstärkte Solidarität erfahren — denn oft sind sie es, die nach der Fluchterfahrung hier unter Ausgrenzung, Hass und Angst um ihre körperliche Unversehrtheit leiden müssen. Ebenso tut der Protest gegen die rassistischen Zustände Not — sei es bei der anstehenden antirassistischen Demonstration am Weltfriedenstag am 1. September oder entschlossen im Alltag bei rassistischen Äußerungen oder Diskussionen. Ebenso müssen die Hintergründe von Flucht und Migration immer wieder beleuchtet werden: Die Krisen- und Wirtschaftspolitik des globalen Nordens verursacht zwangsläufig Unterdrückung, Krieg und Hunger in der Welt.
Frankfurt (Oder), den 12.8.2015 Utopia e.V.
Auf der gestrigen Veranstaltung “Res Publica” auf der “Brückenplatz” genannten Freifläche neben der Slubicer Straße kam es zu einem sehr unangenehmen Zwischenfall. Drei Männer überquerten den Platz und schlugen und traten gegen die dort stehenden Litfasssäulen. Daraufhin angesprochen bedrohten sie uns, insbesondere unsere polnischen, syrischen und afrikanischen Freunde, die mit uns auf dem Platz waren. Neben Sätzen, wie ihr “schwulen Multikulti-Juden” drohten sie einem syrischen Arzt, ihn zu finden und ihm dann den Kopf abzuschneiden.
Ich wählte daraufhin die Nummer “110” und es dauerte 5 Minuten, bis dort jemand den Hörer abnahm. Als ich zu sprechen begann, schlug mir einer der Neonazis das Handy aus der Hand und der Akkumulator fiel heraus, so dass das Gespräch unterbrochen wurde. Mit einem weiteren Schlag stieß er mich zu Boden. Auch auf den Anruf eines weiteren Freundes hin kam keine Polizei.
Glücklicherweise hatten die Anrufe immerhin erreicht, dass sich die drei verzogen, nicht ohne uns und den “Schmarotzern aus dem Süden” noch einmal mit dem Tod zu drohen und dass “dieser Platz nicht mehr lange stehe”.
Die fehlende Reaktion der Polizei gibt zu denken. Der “Brückenplatz” ist ein Ort der Integration und soll es auch bleiben. Das geht aber nur, wenn wir die Polizei auf unserer Seite wissen!
Michael Kurzwelly, Slubfurt e.V.
An die Organisator_innen des Integrationsfestes in Brieskow-Finkenheerd:
Der Landkreis Oder-Spree will künftig auch in der Gemeinde Brieskow-Finkenheerd Flüchtlinge unterbringen und prompt wird eine Kundgebung gegen Flüchtlinge in der Nachbarschaft angekündigt. „Finkenheerd wehrt sich“ lautet das Motto der Veranstaltung am 18.7., die wohl von Personen aus neonazistischen Kreisen organisiert wird.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ stellt sich seit langem solchen Kundgebungen entgegen und begrüßt den sich in Brieskow-Finkenheerd formierenden Protest, der mit einem Integrationsfest in die Öffentlichkeit tritt.
Wir erklären unsere Solidarität mit den Geflüchteten und wünschen dem Integrationsfest einen guten Verlauf und eine breite Unterstützung durch die Bürger*innen der Gemeinde. Wir werden die Frankfurter*innen auf das Geschehen in der direkten Nachbarschaft hinweisen und für Unterstützung werben.
Gleichzeitig laden wir ein sich an der Protestkundgebung am 25. Juli in Frankfurt (Oder) zu beteiligen, da „Frankfurt/oder wehrt sich“ erneut seine rassistischen Positionen auf die Straße und vor eine Flüchtlingsunterkunft tragen will. Kundgebungsbeginn 11 Uhr vor dem Kaufland in der Heilbronner Straße (Platz der Republik).
Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“
Am Samstag, den 06. Juni 2015, wollte die neonazistische Initiative “Zukunft statt Überfremdung” den “Tag der deutschen Zukunft” (TddZ) als Abschluss ihre “Kampfkampagne gegen antideutsche Politik” durchführen. Die über 500 Neonazis aus Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Sachsen-Anhalt sowie aus Dortmund, wo 2016 der nächste TddZ stattfinden soll, wurden jedoch durch den Protest von mehreren tausend Gegendemonstrant_innen zum Abbruch ihres Aufmarsches gezwungen.

Polizeigewalt: Antifa-Blockaden standhaft
Während ein Teil der Neonazis sich in Velten, kurz hinter Berlin zur gemeinsamen Anreise und kurzer Kundgebung traf, starteten bereits am Vormittag zwei antifaschistische Demonstrationen. Diese und weitere hunderte anreisende Antifaschist_innen folgten dem Aufruf des antifaschistischen Bündnisses “No TddZ” und blockierten noch vor Ankunft der Neonazis in Neuruppin wichtige Punkte der geplanten Aufmarschroute. Trotz eines massiven Polizeiaufgebotes und rigorosem Vorgehen der Polizei gegen die Gegendemonstrant_innen, konnten die Innenstadt blockiert werden. Pfefferspray und Wasserwerfer wurden gegen die Blockierenden eingesetzt. Etwa 1500 Polizist_innen soll an diesem Tag im Einsatz gewesen sein. In den frühen Morgenstunden hatten einige von ihnen schon mit “Hurra, Hurra- die Hamburger sind da”-Rufen über die Polizei-Lautsprecheranlage ihre Vormachtstellung auf der Straße verkünden wollen. Das berichtet eine Augenzeugin. Mindestens 19 Festnahmen soll es an diesem Tag gegeben haben, mehrere Aktivist_innen mussten im Krankenhaus behandelt werden.


Neonazis: Fontane, Rasse, Genetik
Im Vorfeld des TddZ warben die Neonazis der Freien Kräfte Neuruppin, die als austragende Lokalgruppe für die Initiative “Zukunft statt Überfremdung” fungierte, mit dem Schriftsteller Theodor Fontane als Symbol der Stadt Neuruppin. Nach Kritik von der Gegenseite, Fontanes Zitate falsch zu deuten und sein Konterfei zu missbrauchen, nutze Bea Koch — führende Aktivistin der Freien Kräfte Neuruppin — ihre Begrüßungsrede um sich für die Nutzung Fontanes als Symbol der diesjährigen Kampagne zu rechtfertigen. In ihrer Rede erklärte sie ihre Weltanschauung als “modern” und “zeitgemäß” und verteidigte das Rassenkonzept, indem sie auf die genetischen Differenzen sogenannter “Rassen” verwies. Auch lies sie es sich nicht nehmen, zu behaupten, mit der derzeitigen Asylpolitik ginge eine Verherrlichung von Gewalt einher.


Gegen 13 Uhr startete die Neonazidemonstration vom Bahnhof Neuruppin West. Bereits zu Beginn herrschst eine aggressive Stimmung, die sich vor allem gegen die anwesenden Journalist_innen richtete. Neben den üblichen Neonaziparolen wie “Nationaler Sozialismus Jetzt”, “Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen” und “Deutschland den Deutschen — Ausländer raus”, zeigten die Neonazis ihre Drohgebärden gegenüber den anwesenden Antifaschist_innen und Journalist_innen in lautstarken Aussprüchen wie “Antifa-Hurensöhne” und “Lügenpresse, auf die Fresse”. Nebenher lief über den Lautsprecher der Neonazis vornehmlich Rechtsrock, aber auch ein eigens komponierter Song für Neuruppin von Marvin Koch, lokaler Aktivist und Möchtegern-Rapper.

Widerstand: währt nicht lang
Nach wenigen hundert Metern kam es zum ersten größeren Zwischenfall: Nachdem die Neonazis auf Grund von Blockaden stoppen mussten, führte die Polizei einige Zeit darauf den Aufzug unmittelbar an einem antifaschistischen Blockadepunkt vorbei. Dabei wurden die Neonazis lediglich über den Grünstreifen an der Antifablockade geleitet, Flaschen und Pyrotechnik flogen. In dieser Situation kam es erneut zu Bedrohungen von Journalist_innen. Nach dem Passieren der Blockade blieben den Neonazis nur noch wenige Meter bis ihr Aufmarsch endgültig zum Stehen kam. Eine weitere Blockade mit etwa mehreren hundert Gegendemonstrant_innen verhinderte den Weg. Anmelder Dave Trick — NPD Abgeordneter in Neuruppin und ebenfalls Aktivist der Freie Kräfte Neuruppin — stand nach Verhandlungen mit Polizei vor der Wahl: Entweder freiwillig die Strecke zurückzulaufen oder unter Drängeln der Polizei auf direktem Weg zum Bahnhof West zurück. Trick entschied, den Aufmarsch vorzeitig zu beenden.
Während der Verhandlung ergriff Bea Koch erneut das Mikrofon und drohte mit Angriffen auf das linke Hausprojekt “Mittendrin” in Neuruppin. Als deutlich wurde, dass die Polizei die Blockade nicht räumen wird, versuchten Neonazis mehrfach aus ihrem Aufmarsch auszubrechen und unterliefen sukzessive die Polizeiketten. Neonazis wie Christian Bentz und David Gudra aus Berlin, die sich als Fotografen ausgaben, bedrohten Gegendemonstrant_innen. Nach der Auflösung der Veranstaltung brach eine Gruppe von 25–30 Neonazis aus und versuchte ebenfalls die Blockaden anzugreifen. Einige Zeit später konnten die ausgebüxten Neonazis wieder eingefangen werden. Dass sich die Neonazis einen frühzeitigen Abbruch ihrer Veranstaltung nicht gefallen lassen, machten sie in mehreren Redebeiträgen deutlich: Sie werden sich den Weg notfalls erkämpfen, so eine der Aussagen. Letztlich gelang den Neonazis der Durchbruch nicht. Da half auch ein energisches Diskutieren von Aktivist Thomas “Steiner” Wulff nicht. Ebenso wenig wie seine Drohung gegenüber der Polizei, dass auch diese einen Nach-Hause-Weg hätten. Die “Lügner” der Polizei, wie sie die Neonazis betitelten, geleiteten die Teilnehmer_innen des aufgelösten Aufmarsches auf kürzestem Weg zum Bahnhof Neuruppin West zurück.

Rednermangel
Von den sieben angekündigten Rednern kam nur die Hälfte zu Wort: Maik Eminger vom III. Weg Brandenburg, Sebastian Schminkte von der NPD Berlin, Stefan Köster von der NPD Mecklenburg-Vorpommern und Pierre Dornbrach von der JN Brandenburg, zu Wort. Ungewöhnlich für den TddZ: Es redeten mehrere Frauen (Bea Koch, und Aileen Rokohl, NPD Brandenburg in Velten) — und das obwohl nur Männer angekündigt waren. Auch in Vorjahren waren es fast ausschließlich männliche Redner. Einer der diesjährigen Redner hätte Michael Brück von “Die Rechte Dortmund” sein sollen. Seine Aufgabe wäre es gewesen, den nächsten Demonstrationsort für den 8. Tag der deutschen Zukunft zu verknüpfen. Im nächsten Jahr wird Dortmund die Kampagne gestalten.

Erstmals TddZ blockiert
Die erfolgreiche Blockade in Neuruppin verhinderte damit erstmals einen “Tag der deutschen Zukunft”. Bereits im Vorjahr im sächsichen Dresden konnten antifaschistische Proteste den Neonazis den Weg in die Innenstadt versperren. In Neuruppin versammlten sich nach Abzug der Neonazis über 700 Antifaschist_innen zu einer spontanen Demonstration und feierten den gelungenen Tag. Ingesamt waren an diesem Tag etwa 2500 Gegendemonstrant_innen unterwegs. Auf dem Schulplatz hatte das landesweite “Aktionsbündnis gegen Fremdenfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Gewalt” gemeinsam mit dem lokalen Aktionsbündnis Neuruppin bleibt bunt und vielen Vereinen und Initiativen unter dem Titel “Vielfalt ist unsere Zukunft” ein breites Bühnenprogramm organisiert.

Fotos (9) von Pressedienst Frankfurt (Oder).
Mehr Bilder gibts hier.
Die Gauland-Show
Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Der Rechte Rand Nr. 153 (März/April 2015).
Mit aktuell zehn Abgeordneten im Potsdamer Landtag hat die Brandenburger AfD seit den Wahlen im September 2014 bundespolitisch einiges an Gewicht erlangt. Wie fast kein anderer sorgt vor allem einer für Furore: Alexander Gauland, Mitglied im Bundesvorstand und Chef des Landesverbandes.
von Svenna Berger
Gauland-Partei mit Rechtsaußen-Leck
Über Gauland sagte CSU-Politiker Gauweiler kürzlich in der Wochenzeitung »Die Zeit«: »Er trägt zur Belebung der Debatte bei«. Und so ist der Ex-CDUler und ehemalige Herausgeber der »Märkischen Allgemeinen Zeitung« regelmäßig Gast in Talkshows und Interviewpartner im Politikteil diverser Zeitungen. Der Brandenburger AfD-Landesvorstand gehört zum ‹nationalkonservativen› Flügel in der Partei und das nicht allein wegen Gauland. Ende September veröffentlichte das Magazin »Der Spiegel« Parteiinterna, darunter Informationen über extrem rechte AfD-Abgeordnete; zugespielt von Stefan Hein, dem Sohn der Gauland-Lebensgefährtin, der schließlich wegen Verrats aus der Landtagsfraktion flog.
Zur Landtagswahl, bei der die AfD zwölf Prozent der Zweitstimmen erlangte, war klar: Acht von elf gewählten Landtagsabgeordneten, so eine Recherche des »Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrums« Berlin und des »Moses-Mendelssohn-Zentrums« in Potsdam, blicken auf rechte bis extrem rechte Karrieren zurück. Neben dem Ex-Republikaner Andreas Galau gehört auch Andreas Kalbitz dazu; er schrieb für die revisionistische »Junge Landsmannschaft Ostdeutschland«, den extrem rechten »Witikobund« und ist Verleger eines rechten Hörbuchverlages. Weiterhin wird Steffen Königer erwähnt – ehemals Redakteur der »Jungen Freiheit«, Ex-Mitglied im »Ring Christlich-Demokratischer Studenten« und früherer Kandidat für den rechtspopulistischen »Bund Freier Bürger« – sowie die beiden Begründer des Brandenburger Verbandes der islamfeindlichen Partei »Die Freiheit«, Rainer von Raemdonck und Thomas Jung.
Der Umgang mit (extrem) rechten Positionen in der Partei ist dabei widersprüchlich: Landes- und Fraktionschef Gauland gewährt diesen Fraktionskollegen »eine zweite Chance«, auch wenn sie sich mitunter nicht von ihren Inhalten distanzieren. Königer beispielsweise zählte das NSDAP–Buch »Glaube an Deutschland« kurz vor der Landtagswahl in einem Zeitungsinterview zu seiner Lektüre. Jan-Ulrich Weiß, der als Nachrücker in den Landtag ziehen sollte, musste hingegen gehen: Nachdem er antisemitische Karikaturen veröffentlichte, wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Der Skandal war zu groß.
Die Debatten um die AfD im Landtag halten weiter an: Neben der Diskussion um die Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission, an der nach Forderung der SPD keine MandatsträgerInnen mit extrem rechter Biografie mitwirken solle, führen die Themen Asylpolitik, die Rolle des Islam und der Umgang mit PEGIDA und deren NachahmerInnen regelmäßig zum Eklat.
Die »Volksbewegung« und die AfD
Von Anfang an machte Gauland aus seiner politischen Nähe zu den DemonstrantInnen in Dresden keinen Hehl, auch gegen Widerstände im AfD-Bundesvorstand. Im Brandenburger Landtag sorgt Gauland damit für Unmut. Hier werden ihm seine Positionen zu PEGIDA und Zuwanderung vorgeworfen. Im Zusammenhang mit den Terroranschlägen von Paris hatte Gauland für PEGIDAs Islamkritik geworben und wurde dafür scharf kritisiert. SPD-Fraktionschef Klaus Ness urteilte: Die versuchte Gleichsetzung von MuslimInnen mit TerroristInnen und das Verbot der PEGIDA-Demonstration nach den Anschlägen als fortschreitende Islamisierung zu bezeichnen, grenze an Volksverhetzung. Um sich gegen den Vorwurf der Islamfeindlichkeit zu immunisieren, lud die AfD-Fraktion kurzum VertreterInnen des »Vereins der Muslime in Potsdam e. V.« ein.
Den doppelzüngigen Umgang mit rechten Positionen, den Gauland bereits im eigenen Landesverband praktizierte, setzt er hinsichtlich der PEGIDA-Aufmärsche fort: Rassistische Positionen und das asyl- und ‑islamfeindliche Moment der Proteste werden verharmlost und PEGIDA von Gauland gar zur neuen »Volksbewegung« erklärt. Diese sei vergleichbar mit der Rolle der frühen Anti-Atombewegung als Wegbereiter für die parlamentarischen Grünen. Der Skandal um das Hitler-Bild von PEGIDA-Begründer Lutz Bachmann ging ihm zwar zu weit, doch erst nach dem Zerwürfnis innerhalb der Dresdner Führungsriege brach Gauland mit den OrganisatorInnen. An der inhaltlichen Nähe ändert sich damit nichts.
»Europa den Europäern«
Diese Nähe der AfD zeigte sich auf einer Demonstration des Brandenburger PEGIDA-Abklatsches »Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung« (BraMM). Auf einem von Norman Wollenzien, Mitglied im AfD-Kreisverband Havelland, gehaltenen Schild war zu lesen: »Antirassismus, Weltoffenheit, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern«. An der Veranstaltung, die der Landeschef der »Republikaner«, Heiko Müller, angemeldet hatte, nahmen auch eine Reihe bekannter Neonazis teil. Wollenziens Kontakte in die Neonaziszene sind bereits in der Vergangenheit bekannt geworden.
Von seinem rassistischen Tonfall ist auch Gaulands Absage an Zuwanderung nicht weit entfernt. »Wir sollten eine Einwanderung von Menschen, die unserer kulturellen Tradition völlig fremd sind, nicht weiter fördern, ja wir sollten sie verhindern«, so zitiert ihn »Der Tagesspiegel«. Welche Traditionen fremd seien, sagt Gauland sehr genau: »Diese kulturelle Tradition ist im Nahen Osten zu Hause.«. Damit trägt er nicht etwa »zur Belebung der Debatte« bei, sondern gibt rassistischen Positionen und extrem rechten ProtagonistInnen in der AfD eine Plattform.
Aufgrund der Anmeldung des städtischen Bündnisses musste die BraMM allerdings auf den Görden ausweichen. Der Angemeldete Treffpunkt ist Gördenallee/Wiener Straße.
Auch diese mal fordern wir alle Brandenburger_innen auf, sich an den stattfinden Protesten zu beteiligen! Vom städtischen Bündnis aus findet ein Spaziergang vom Neustädtischen Markt zum Trauerberg statt, der Protest muss und darf allerdings nicht auf diesen allein beschränkt sein. Zwar wird den Rassist_innen so die Bühne in der Stadt verwehrt, auf dem Görden können sie jedoch ungestört agieren. Es gilt also wie immer:
*Nehmt am vielfältigem Protest gegen die Rassist_innen teil!*

