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Linke Slo­gans für rechte Het­ze – „Ham­mer und Schw­ert“ ist ein Nazi-Symbol

Sich häufende Sym­bole mit „Ham­mer und Schw­ert“ zeu­gen von ein­er neon­azis­tis­chen Sek­te in Frank­furt (Oder)

Graf­fi­ti mit dem Schriftzug „NR-Zone“ sowie Stick­er und Plakate mit Ham­mer und Schw­ert sind seit Anfang 2019 häu­figer in Frank­furt zu find­en. Weil der Mehrheit der Frankfurter*innen diese Sym­bo­l­ik unbekan­nt sein dürfte, beste­ht die Gefahr, dass sie nicht als das wahrgenom­men wer­den, was sie sind: Zeichen ein­er sich radikalisieren­den, neon­azis­tis­chen Gesin­nung, sowie
Revier­markierun­gen ein­er Jugend­gruppe, gegen die noch wenig unter­nom­men wurde.

Ob das wohl „Nich­tRauch­er-Zone“ meint, liebe Polizei?

Das Zeichen von ver­schränk­tem Ham­mer und Schw­ert gehört zu den weni­gen nazis­tis­chen Sym­bol­en, die in Deutsch­land nicht ver­boten sind. Dementsprechend „dient es häu­fig als Platzhal­ter für das Hak­enkreuz“ [1]. Pop­ulär macht­en das Sym­bol in den 1920er Jahren die Brüder Gre­gor und Otto Strass­er und der sog. Nation­al­rev­o­lu­tionäre Flügel der NSDAP. Wom­it auch die Bedeu­tung des Kürzels „NR“ gek­lärt wäre: Die Nationale Rev­o­lu­tion, die die Strass­er-Brüder pro­moteten, sollte Arbeit­er (Ham­mer) und Sol­dat­en (Schw­ert) in einem nationalen Kampf gegen das (Groß-)Kapital vere­inen. Ihr größter Feind, na klar: der jüdis­che Unternehmer, der die Völk­er dieser Welt unter­drückt und aus­beutet. In diesem Sinne sind auch die Stick­er zu ver­ste­hen, auf denen linke Slo­gans („Gegen Krieg, Aus­beu­tung und Unter­drück­ung“) gekapert werden.

Eben­falls aus jen­er Zeit stammt die Beze­ich­nung „Nation­al­bolschewis­ten“ für nation­al­is­tis­che Grup­pierun­gen, die sich antikap­i­tal­is­tisch geben und in ihrer Rhetorik und im Stil Anlei­he an der linken bzw. kom­mu­nis­tis­chen Bewe­gung nehmen. Es gab zudem ehe­ma­lige Kommunist*innen, die sich von der glob­alen Arbeit­erk­lasse, dem Inter­na­tion­al­is­mus und der Sol­i­dar­ität der Völk­er ver­ab­schiede­ten, um von nun an auf die völkische Art die herrschen­den Ver­hält­nisse umstürzen zu wollen – unter der Maß­gabe von Anti­semitismus, Ras­sis­mus und dem Hass auf alles „Kranke“ und „Schwache“.

Stil­blüten ein­er Querfront-Strategie

Unter dem Label „Quer­front“ wer­den heutzu­tage Ver­suche disku­tiert, solche ide­ol­o­gis­chen Exper­i­mente wieder aufleben zu lassen. Ein Face­book-Video der Gruppe „H&S crew ffo“ zeigt Plakate ein­er „ANTIKAP AKTION“ mit dem von Antifa-Ini­tia­tiv­en inspiri­erten Slo­gan „Aler­ta Strasserista“. Wie schon vor eini­gen Jahren die sog. „Autonomen Nation­al­is­ten“ wird der pop­uläre sub­kul­turelle linksradikale Style durch sog. „Antikap­i­tal­is­tis­che Kollek­tive“ teil­weise imi­tiert [2] und mit nation­al­sozial­is­tis­ch­er Ide­olo­gie überzogen.

Gute NSDAP vs. böse NSDAP? – Die Logik der Nationalrevolutionäre

In Frank­furt (Oder) bezieht sich also inzwis­chen eine Grup­pierung mit ihrem Strass­er-Kult öffentlich auf einen Nation­al­sozial­is­ten der ersten Stunde. Abseits der Face­book-Gruppe weisen zahlre­iche Schmier­ereien im Stadt­ge­bi­et auf die zunehmende Aktiv­ität der kru­den Neon­azis hin. Beson­ders auf­fäl­lig sind die Vielzahl der Graf­fi­ti in Hansa Nord und im Botanis­chen Garten. Es scheint sich um eine Hand­voll junger Erwach­sen­er zu han­deln, die sich derzeit mith­il­fe der hier skizzierten Ide­olo­gie radikalisieren und die Errich­tung ein­er „nation­al­rev­o­lu­tionäre Zone“ ver­fol­gen. Zu fra­gen ist, inwieweit die damit ver­bun­dene Gewaltver­her­rlichung bere­its zu real­er Gewalt geführt hat: Am 11. Okto­ber schlu­gen gle­ich mehrere Per­so­n­en in der Bergstraße in Hansa Nord einen Mann bru­tal zusam­men. Während die MOZ in ihren Bericht­en die Gruppe lediglich als „ran­dalierende Jugendliche“[3] beze­ich­net und ein eventuelles poli­tis­ches Motiv keine Erwäh­nung find­et, gilt es zu klären, ob hin­ter dieser und ander­er Tat­en eventuell auch ein men­schen­ver­ach­t­en­des recht­sex­tremes Welt­bild steckt. Bere­its im März 2019 zeigte sich die Frank­furter Polizei auf dem recht­en Auge blind, als sie „nation­al­rev­o­lu­tionäre“ Schmier­ereien an der Wal­dorf­schule in Süd sowie am Ober­stufen­zen­trum als Kava­liers­de­lik­te abtat: „‚Bei keinem der Ein­sätze war ein poli­tis­ches Motiv zu erken­nen‘, so Polizeikom­mis­sar Hille.“[4]

[1] https://dasversteckspiel.de/die-symbolwelt/nationalsozialismus/hammer-und-schwert-38.html
zulet­zt einge­se­hen 10.11.19
[2] Vgl. https://www.belltower.news/sind-das-antifas-nein-das-ist-das-rechtsextreme-antikapitalistische-kollektiv-44138/ zulet­zt einge­se­hen 10.11.19
[3] Vgl. etwa https://www.moz.de/landkreise/oder-spree/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1761327/
zulet­zt einge­se­hen 10.11.19
[4] https://www.moz.de/landkreise/oder-spree/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1716974/ zulet­zt einge­se­hen 10.11.19

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Der blau-braune Sumpf um Hans Link

Auf Hans Link und seine Detek­tei „Link Secu­ri­ty“ sind wir nicht bloß aufmerk­sam gewor­den, weil Link für die AfD im Land­kreis Barn­im kan­di­dierte [1], son­dern auch weil er seit Jahren an Demon­stra­tio­nen und Ver­anstal­tun­gen ander­er Recht­sradikaler teil­nimmt. [Belege, Quellen und weit­ere Infos find­et ihr in den Fußnoten]

So z.B. 2017 an ein­er Demon­stra­tion der NPD gegen mus­lim­is­che Gebet­sräume in Bernau. Zu den Red­nern gehörte unter anderem der Berlin­er Neon­azi und NPD-Kad­er Sebas­t­ian Schmidtke [2].

Seit 2016 ist Hans Mit­glied im Kreisver­band der AfD Barn­im. Dieser klün­gelt mit NPDlern und anderen Nazis.

Die Afd Barn­im gibt sich nicht­mal mehr Mühe ihre rechte Gesin­nung zu ver­ber­gen: Auf Insta­gram ver­bre­it­et sie Bilder mit Adler und Deutsch­land­fahne, dazu Slo­gans wie „Deutsch­land erwache ‑Wir sind das Volk“ oder „Deutsch­land, Deutsch­land über alles“. [3]

Zum 02. Novem­ber 2019 mobil­isierte sie neben wichti­gen Akteuren aus dem extrem recht­en Reichs­bürg­er­spek­trum, Volksver­het­zern & Holo­caustleugn­ern wie Ger­hard Ittner, Den­nis Ingo Schulz oder „Volk­slehrer“ Niko­lai Ner­ling über ihre Web­site zu ein­er ras­sis­tis­chen Kundge­bung vor dem Bun­deskan­zler­amt. [4] Auf dieser Kundge­bung durften Ver­schwörungside­olo­gen vor den Kam­eras der recht­en YouTube-“Szene” ihren geschicht­sre­vi­sion­is­tis­chen Müll ver­bre­it­en, während echte Pressevertreter*innen, die das Treiben doku­men­tieren woll­ten, ange­grif­f­en wurden.

Der braune Mief um Hans Link zeigt sich aber nicht nur in seinem AfD-Kreisver­band, son­dern auch um seine ehre­namtliche Tätigkeit als Box­train­er und Pro­mot­er. Er ist Grün­der des gemein­nützi­gen „Orje Tiet­zsch Bernauer Box Camp Barn­im e.V.“ und von “G.T. Link Profi Box­ing” – in dem Einen trainiert er Kinder & Jugendliche, in dem Anderen ver­anstal­tet er Kämpfe als Pro­mot­er des „Bund deutsch­er Faustkämpfer e.V. (BDF)“ und trainiert u.a. mit Neonazis.

Er hat Kon­takt zum neuerd­ings zu Bekan­ntheit gelangten “Ger­ma­nen Boxstall Kiel”, dessen Chef Rene Hilde­brandt bei RAN Box­en mit dem nation­al­sozial­is­tis­chen Mot­to “Kraft durch Freude” auf seinem Vere­insshirt live im Fernse­hen zu sehen war. [5]

Rene Hilde­brandt war/ist eben­falls Pro­mot­er vom „Bund Deutsch­er Faustkämpfer (BDF)“, trotz ein­deutiger Hin­weise auf seine rechte Gesin­nung, neben Vere­in­sna­men, Logo mit Eis­ernem Kreuz, der T‑Shirt Pro­voka­tion oder dieser GBK-Wer­bung auf Face­book mit dem Kop­pelschloss der Wehrma­cht samt Mot­to “Gott mit uns” und retuschiertem Hak­enkreuz. [6]

Kämpfer*innen des „Ger­ma­nen Boxstall Kiel“ nah­men z.B. 2018 an einem Event von „G.T. Link Profi­box­ing“ in Bernau teil. [7]

In seinem Wahlkampf hat Hans Link seine Vere­in­sar­beit als Box­train­er häu­fig zur Selb­stin­sze­nierung und als Türöffn­er für die nation­al­is­tis­che Poli­tik der AfD miss­braucht. [8]

Dazu gehörten Wahlkampfveranstaltungen/Bürgergespräche “im Ring” oder Posieren mit Größen der Recht­en Szene, wie z.B. der Organ­isatorin des recht­sradikalen “Frauen­marsches” Ley­la Bilge [9] — sie war u.a. geladene Red­ner­in bei Pegi­da, arbeit­et eben­falls für die AfD und ist glühen­der Fan von Björn “Bernd” Höcke himself.[10] Bilge mod­erierte am 24.08.2019 in Bernau die AfD-Wahlkampfver­anstal­tung “Talk im Boxring-Bürg­er­dia­log” von Hans Link und dem AfD-Bun­destagsab­ge­ord­neten Stef­fen Kotré.

Über Links Tätigkeit als Ama­teur­box­train­er und somit auch seinen Ein­fluss auf Kinder & Jugendliche beim „Orje Tiet­zsch Bernauer Box Camp Barn­im e.V.“ wurde der „Ama­teur-Box-Ver­band-Land Bran­den­burg e.V.“ bere­its informiert. Im Dezem­ber wird dieser über mögliche Kon­se­quen­zen berat­en und Link hof­fentlich auss­chließen. Seit 2004 kon­nte sich Hans Link als net­ter Train­er von nebe­nan stil­isieren, aber die Unter­wan­derung von Kampf­s­port durch Recht­sradikale darf nicht hin­genom­men wer­den — Kein Train­ing für Menschenfeinde!

Hans Link ist aber nicht nur ein brauner Box­er, Bauschloss­er & Poli­tik­er, son­dern auch ein brauner Detek­tiv. Seit 1998 betreibt er als Selb­st­ständi­ger eine Sicher­heits­fir­ma & Detek­tei namens „Link Secu­ri­ty“ in der Friedrich­str. 1, 16321 Bernau/Schönow.

Auf der Web­site find­en sich neben vie­len Schreibfehlern auch die ein oder andere gefälschte Ref­erenz namhafter Ver­anstal­tun­gen, wom­it Hans wohl sein Image des kleinen Kaufhaus­de­tek­tivs auf­polieren wollte.[11]

Unsere Recherchen haben darüber hin­aus ergeben, dass Links Fir­ma auch Sicher­heits- und Recherche­di­en­stleis­tun­gen für die AfD übern­immt. Dazu gehört neben dem direk­ten Schutz von Wahlkampf­stän­den und Ver­anstal­tun­gen durch Secu­ri­tys auch das ener­gis­che Abfo­tografieren von Teil­nehmenden demokratis­ch­er Ver­anstal­tun­gen und von Gegen­protesten [12].

Der let­zte Ein­satz war bei einem AfD-Info­s­tand in Bernau am 9. Novem­ber 2019. [13]

Lei­der kann es passieren, dass ihr auf ver­schieden­sten Ver­anstal­tun­gen auf die AfD-Link Secu­ri­ty als Sicherheits(sub)unternehmen tre­f­fen werdet. [11]

Die AfD hat ihre Anti-Antifaar­beit also “geout­sourced” und pro­fes­sion­al­isiert. Ger­ade in Zeit­en in denen Recht­sradikale Todeslis­ten anle­gen und ihren Worten Tat­en fol­gen lassen, ist es beson­ders beden­klich, dass eine Detek­tei Recherchen über ver­meintliche poli­tis­che Gegner*innen anstellt.

Nicht hin­nehm­bar ist, dass ihr Chef seine Law-and-Order Fan­tasien nicht nur im Kampf­s­port, son­dern auch als Abge­ord­neter in der Poli­tik zur Gel­tung brin­gen darf. Sowas muss Kon­se­quen­zen haben.

« Von der NPD unter­schei­den wir uns vornehm­lich durch unser bürg­er­lich­es Unter­stützerum­feld, nicht so sehr durch Inhalte. »

 — Dubravko Mandic (AfD), 2014

Wir danken allen Antifaschist*innen und Presse­men­schen, die ihre Arbeit­en frei zugänglich machen und immer nach den Recht­en sehn.

#DankeAn­tifa

Falls ihr weit­ere Infor­ma­tio­nen zu den oben Genan­nten oder dem Möchte­gern-Sher­iff vom Pan­ke­tal habt, ergänzt gern unter diesem Artikel, oder schreibt eine (ver­schlüs­selte) Mail an link-recherche[at]riseup.net (PGP-Key auf Anfrage)

Schul­ter an Schul­ter gegen den Faschismus!

1 http://afdbarnim.de/2019/07/17/hans-link-direktkandidat-wahlkreis-14/
2 https://inforiot.de/islamfeindliche-demo-in-bernau/
3 https://inforiot.de/die-afd-barnim-eine-bestandsaufnahme-der-wahlen/
4 http://afdbarnim.de/2019/10/24/aufruf-zum-gedenken/
5https://rp-online.de/sport/boxen/…
6https://www.facebook.com/2891952…
7https://web.archive.org/web/2019…
8 https://cdn1.site-media.eu/images/1440x900/3097892/RingeckeA0.jpg
9 https://cdn1.site-media.eu/images/1440x900/3075890/Erich3.jpg
10 https://de.wikipedia.org/wiki/Leyla_Bilge#Positionen_und_Kritik
11 https://web.archive.org/web/20180830212651/http://detektei-bernau.de/referenzen.html
12 https://www.flickr.com/photos/igornetz/…
https://www.flickr.com/photos/igornetz/33873936448/in/album-72157704883454102/
13 https://twitter.com/Malte_Goldman/status/1193181571777531905

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Gedenkveranstaltungen zum Gedenken an die Novemberpogrome

In diesem Jahr gab es erst­ma­lig zwei Gedenkver­anstal­tun­gen, um an die Schreck­en der Novem­ber­pogrome zu erinnern.

Gedenken am ehe­ma­li­gen jüdis­chen Altenheim in Babelsberg

Bei ein­er Ver­anstal­tung am Vor­mit­tag wurde an einem authen­tis­chen Ort der Shoa, dem ehe­ma­li­gen jüdis­chen Altenheim in der Spitzweg­gasse 2a, gedacht. Von hier aus gin­gen 1943 die let­zten Trans­porte aus Pots­dam in die Ver­nich­tungslager. In den Rede­beiträ­gen wurde auf die Enteig­nun­gen in Neu-Babels­berg einge­gan­gen und welche Orte seit 1933 von NS-Verbänden
beset­zt und bewohnt wor­den sind. Anschließend wur­den von ca. 30 Men­schen am Gedenkstein Blu­men und Kränze niedergelegt, sowie mit ein­er Schweigeminute der Novem­ber­pogrome gedacht.

Gedenken am OdF Mahnmal

Um 19 Uhr trafen sich unge­fähr 200 Leute am Denkmal für die Opfer des Faschis­mus am Platz der Ein­heit. In mehreren Beiträ­gen wurde an die Geschehnisse der  Novem­ber­pogrome erin­nert und ein Gedicht von Hali­na Biren­baum ver­lesen. Ein Rede­beitrag von der Emanzi­pa­torischen Antifa Pots­dam kennze­ich­nete die lange Tra­di­tion von Anti­semitismus, auch vor 1933, in Deutsch­land und dass dieser bis heute tief in der Gesellschaft ver­ankert ist.
Dazu  sagt Lisa Redlich von der EAP „Gedenken ist nicht nur das
Erin­nern an  ein bes­timmes Ereigniss oder an eine bestimmte
Begeben­heit. Es ist auch  wichtig zu betra­cht­en wie es zu dem Ereig­nis gekom­men ist und dann daraus auch die Schlüsse auf das hier und heute zu ziehen“ Den Rede­beitrag find­en sie weit­er unten in der kom­plet­ten Länge.

Respekt- und würde­los­es Ver­hal­ten der Polizei Brandenburg 

Dass die Polizei Bran­den­burg jegliche Würde ver­loren hat, zeigte sich gestern mal wieder. Ein Gedenken von Opfer­ver­bän­den und
Antifaschisten*innen zu stören, in dem sie einen Verantwortlichen
wollen, ist ein Skan­dal und zeigt, dass sie jegliches
Geschichtsver­ständ­nis ver­mis­sen lassen. In Bran­den­burg müssen
Gedenkver­anstal­tun­gen nicht angemeldet wer­den, weshalb ihre Nach­frage wie eine Pro­voka­tion und Schikane wirkte.

Fotos unter: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/49040300236/in/album-72157711714431958/

Rede­beitrag der EAP:

Heute ste­hen wir wieder hier am Mah­n­mal für die Opfer des Faschismus.
Jedes Jahr müssen wir erneut fest­stellen, wie wichtig eine aktive
Gedenkkul­tur ist und wie wichtig es ist aus dem Gedenken Rückschlüsse auf das hier und heute zu ziehen! Vor exakt einem Monat, dem 9.10.2019 kam es zu einem neon­azis­tis­chen Angriff auf eine Syn­a­goge in Halle.
Dabei star­ben zwei Men­schen. Der Angriff, der am jüdis­chen Feiertag Jom Kip­pur stat­tfand, zielte klar gegen Jüdin­nen und Juden.

Der 9.11. ist ein Datum von her­aus­ra­gen­der Bedeu­tung. Vor 81 Jahren wur­den Syn­a­gogen und Geschäfte jüdis­ch­er Men­schen zer­stört, Men­schen wur­den ver­haftet und ermordet. Auch hier direkt hin­ter uns wurde die Syn­a­goge geplün­dert und aus­ger­aubt. Keine 100 Meter weit­er links wurde das Geschäft von Abra­ham Kall­mannsohn in der Schw­ert­fegerstraße 1 geplün­dert und er wurde im KZ Sach­sen­hausen interniert. An diese Gräueltat­en zu erin­nern ist die Ver­ant­wor­tung der­er wir uns heute annehmen müssen. Erin­nern heißt nicht vergessen.

Der 9.11.1938 war Test­lauf und Start­punkt für die spätere sys­tem­a­tis­che Ver­nich­tung durch Massen­er­schießun­gen in Osteu­ropa und Ver­ga­sun­gen in den Konzen­tra­tionslagern. Nach dem 9.11.1938 war klar, dass gegen anti­semi­tis­che Het­ze und Gewalt­tat­en aus der deutschen Bevölkerung nicht  mit Wider­stand zu rech­nen war – ganz im Gegenteil!
Die Aneig­nung von und Auseinan­der­set­zung mit der Geschichte muss bis in unsere Gegen­wart hinein­re­ichen! Auch wenn Deutsch­land 1945 besiegt wurde, ist der Anti­semitismus in  großen Teilen der Gesellschaft verblieben und erneuert sich unen­twegt. Alleine im let­zten Jahr gab es 1.799 doku­men­tierte anti­semi­tis­che Angriffe. Das sind 5 anti­semi­tis­che Angriffe am Tag!

Dieser mod­erne Anti­semitismus hat eine lange Tra­di­tion in Deutsch­land. Schon Jahrzehnte bevor die Nationalsozialist*innen die Macht in die Hände gelegt beka­men. So kam es beispiel­sweise schon 1916, mit­ten im ersten Weltkrieg, zu soge­nan­nten „Juden­zäh­lun­gen“ in der Reich­swehr. Mit  dieser Zäh­lung sollte gek­lärt wer­den, ob Juden ihre soge­nan­nten „vater­ländis­chen“ Pflicht­en in aus­re­ichen­der Zahl erfüll­ten. Die Ergeb­nisse dieser staat­sof­fiziellen Unter­suchung wur­den nicht an die
große Glocke gehangen, denn von den 500.000 deutschen Juden diente 1/5 in der Reich­swehr. Die für „Kaiser und Vater­land“ kämpfend­en Juden erhofften sich durch ihren Kampfein­satz die volle Gle­ich­berech­ti­gung und  Anerken­nung der deutschen Gesellschaft zu erkämpfen. Aber noch nicht ein­mal unter Ein­satz ihres Lebens war ihnen dies möglich. Sie gal­ten weit­er­hin als Pro­jek­tions­fläche. Alle Auswüchse und Missstände des sich
etablieren­den Kap­i­tal­is­mus wur­den mit ihnen iden­ti­fiziert und somit per­son­al­isiert. Ein Umstand, der aus der kapitalistischen
Waren­pro­duk­tion und dem ihr notwendi­gen falschen All­t­ags­be­wusst­sein erwächst. Dabei war für die Anti­semiten uner­he­blich, was Juden in der Real­ität tat­en oder wer sie waren. Denn, wie Adorno so tre­f­fend for­mulierte: „Der Anti­semitismus ist das Gerücht über den Juden.“

Nach der Beendi­gung des ersten Weltkrieges durch die Kapit­u­la­tion des deutschen Reich­es nahm der Anti­semitismus fol­glich nicht ab. Im Gegen­teil, auch die Auf­stände und Massen­streiks der Jahre 1918 und 1919 wur­den nicht lediglich auf eine kriegsmüde, nach Brot und Frei­heit strebende Bevölkerung zurück­ge­führt, son­dern von Beginn an gal­ten die Urheber*innen als „jüdis­che Bolschewist*innen“. Und entsprechend hart wurde mit ihnen umgegangen.

Liebe Zuhörende, der 9. Novem­ber ist nicht nur der Tag an dem wir der Reich­s­pogrom­nacht mit ihren Schreck­en und grausamen Fol­gen gedenken. Wir gedenken auch der Tausenden Toten die von Freiko­rps ermordet wur­den. Diese Freiko­rps bestanden zumeist aus ehe­ma­li­gen Sol­dat­en, die sich nach der deutschen Nieder­lage zum Schutz eines reak­tionären Deutsch­lands zusam­men schlossen. Sie unter­standen dem dama­li­gen SPD-Vertei­di­gungsmin­is­ter Noske und han­del­ten auf seinen Befehl. So auch als sie in Berlin im März 1919 ein Mas­sak­er an linken Proletarier*innen anrichteten. Damals flo­gen erst­mals Flugzeuge Luftan­griffe und schmis­sen Brand­bomben auf Wohn­vier­tel. Maschi­nengewehre wur­den in
belebten Straßen einge­set­zt. Diese Gewalt über­traf in ihrer Stärke und Durch­schlagskraft die vorher einge­set­zte rev­o­lu­tionäre Gewalt um ein Hun­dert­fach­es. Wur­den während der Novem­ber­rev­o­lu­tion 1918 nur Wenige getötet, fie­len der ent­fes­sel­ten Gewalt der Freiko­rps allein im März 1919 in Berlin 1.200 Men­schen zum Opfer: größ­ten­teils Zivilist*innen. An  diesen Gewal­taus­brüchen waren auch Pots­damer Freiko­rps beteiligt. Zu nen­nen sind hier das Freiko­rps Pots­dam und das Freiko­rps Hülsen, beide
waren in Pots­dam sta­tion­iert. Das Pots­damer Freiko­rps Hülsen ging später  als Teil der 3. Infan­terie Divi­sion in der Wehrma­cht auf und war unter anderem am Über­fall auf Polen im Jahr 1939 beteiligt.

Es dürfte also nie­man­den der Anwe­senden ver­wun­dern, wenn sich die Ange­höri­gen und die Kom­mandieren­den der Pots­damer Freiko­rps oder ander­er Freiko­rps Ver­bände später den Nazis anschlossen oder sog­ar an deren Spitze stellten.

In der Zeit nach Beendi­gung des 1. Weltkrieges und vor der Machtüber­gabe  an die NSDAP fühlten sich auch schon ver­schiedene Täter (es waren und sind ja meist Män­ner) dazu berufen Morde und Mas­sak­er an ver­meintlichen oder realen Gegner*innen zu bege­hen. Damals wie heute han­delt es sich bei den Tätern ange­blich um Einzeltäter. Damals wie heute sind diese Men­schen einge­bun­den in ein poli­tis­ches Umfeld das geprägt ist von Unter­gangsäng­sten und Bedro­hungsszenar­ien. Damit wirre Ideen aber zu Tat­en wer­den, braucht es mehr: Es braucht eine indif­fer­ente oder sich sog­ar pos­i­tiv auf die Tat­en beziehende Bevölkerung und es braucht einen Staat, welch­er die anti­ju­dais­tis­che, die anti­semi­tis­che, die faschis­tis­che oder ras­sis­tis­che Bedro­hung kon­fton­ta­tion­s­los hinnimmt.
Hierzu braucht es weit­er­hin eine Gesellschaft in der die
gesellschaftlichen Beziehun­gen der Men­schen nicht bewusst geregelt sind, sich die Men­schen in freier Konkur­renz als Privateigentümer*innen gegenüber­ste­hen und men­schlich­es Han­deln  lediglich als per­sön­lich­es Fehlver­hal­ten aus­gelegt wird,begründet durch per­sön­liche Überzeu­gung oder Abstam­mung. Die gesellschaftlichen Ver­hält­nisse haben sich seit­dem nie grundle­gend geändert!

Angesichts des im Bran­den­burg­er Land­tag sitzen­den bayrischen Neon­azis Kalb­itz, der bis heute nicht ver­bote­nen rechts-ter­ror­is­tis­chen Organ­i­sa­tion Com­bat 18 oder der wei­thin bekan­nten Unter­stützung (neo)nazistischer Grup­pen durch Teile des deutschen Sicher­heit­sap­pa­rates muss klar sein, dass eine faschis­tis­che Gefahr mit­nicht­en geban­nt ist!

Fakt ist, dass auf die Reich­s­pogrom­nacht jahrzehn­te­lang hin gear­beit­et wurde und es ist wichtig sich nicht nur dieses Datum mit all seinen Schreck­en ins Gedächt­nis zu rufen, son­dern auch die unzäh­li­gen Grausamkeit­en, die den Weg dor­thin geeb­net haben und danach noch fol­gten. Denn nur so ist Ler­nen aus der Geschichte möglich. Nicht indem wir uns an, vom Fluss der Geschichte los­gelöste, sin­guläre Ereignisse erin­nern, son­dern indem wir die Geschichte als von Men­schen gemachte Real­ität anerken­nen, in der viele ver­schiedene Aspek­te zu dem führten dessen wir heute mah­nen wollen.

Gegen jeden Antisemitismus!

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

30 Jahre Herbst ’89

Podi­ums­diskus­sion und Kurzfilm
8. Novem­ber 2019, 19:00 bis 21:30 Uhr, Ein­lass 18 Uhr
Pots­dam, frei­Land, Café hausZwei, Friedrich-Engels-Str. 22
Ein­tritt frei

 

Linke Opposition in der DDR – ihre Verdrängung und Gegenwart.
Utopien eines demokratischen Sozialismus 1989 und 2019.

Sie waren unbe­quem, nicht nur in der Wen­dezeit. Der SED-Regierung gal­ten sie als Staats­feinde, weil sie früh basis­demokratis­che Mitbes­tim­mung und ein Ende von Ein­parteien­sys­tem und Überwachung durch das MfS forderten. Und der CDU von Hel­mut Kohl waren sie ein Dorn im Auge, da sie den Ausverkauf des Ostens nicht mittrugen.
Die linken Oppo­si­tionellen waren aktiv in ver­schieden­sten unab­hängi­gen Grup­pen und beteiligten sich an den Demon­stra­tio­nen gegen die SED im Herb­st 1989.
Nach der Maueröff­nung gin­gen die Engagierten dann gegen eine Angliederung an die Bun­desre­pub­lik auf die Straße. Ihr Ziel lautete: frei­heitlich­er Sozial­is­mus in einem unab­hängi­gen, demokratis­chen Staat.

Doch was war damit genau gemeint? Welche Utopi­en hat­ten sie und wie soll­ten diese Real­ität wer­den? Und wie erlebten sie das poli­tis­che Geschehen auf den Straßen vor 30 Jahren? Darüber bericht­en und disku­tieren Zeitzeug*innen von damals.
Zuvor wird das Best-of des Doku­men­tarfilms »Nen­nen wir es Rev­o­lu­tion!? Inter­views mit DDR Oppo­si­tionellen zum Herb­st 1989« gezeigt.

Podi­ums­diskus­sion mit:
Judith Bra­band 1989 Mit­glied der »Vere­inigten Linken« und im »Unab­hängi­gen Frauen­ver­band«, war erste Geschäfts­führerin der VL und deren Vertreterin am »Zen­tralen Run­den« Tisch.
Kai Hansen war 1987 Mit­be­grün­der der »Antifa Pots­dam«, beteiligte sich im Herb­st 1989 an Demon­stra­tio­nen und Hausbesetzungen.
Judith Porath engagierte sich 1989 im »Kirchenkreis Oranienburg«.
Lutz Boede zur Wen­dezeit Mit­be­grün­der der »Grü­nen Partei in der DDR« und erster Geschäfts­führer des Lan­desver­ban­des Brandenburg.

MODERATION: Dr. Uwe Son­nen­berg, Rosa-Luxemburg-Stiftung

Weit­ere Infor­ma­tio­nen auf www.afa-ost.de & telegraph.cc

Eine Ver­anstal­tung der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung Bran­den­burg, Zeitschrift tele­graph und den Her­aus­ge­berIn­nen von „30 Jahre Antifa in Ost­deutsch­land. Per­spek­tiv­en auf eine eigen­ständi­ge Bewegung“.

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Antifaschismus

Wie die rechte Szene ihren Nachwuchs rekrutiert

Es klingt wie Gang­ster-Rap. Eingängige Beats, düster­er Ton. Doch der Text han­delt nicht von schw­eren Autos, Frauen oder Geld. Der Rap­per Chris Ares tönt: „Ich bin rechts und unser Kom­men ist europaweit zu spüren.“ Er dro­ht: „Eure vol­lver­mummten Punk-Vis­agen wer­den mit­tels Panz­er­wa­gen durch das ganze Land gejagt, um euch Maden dann anzuk­la­gen.“ Und: „Nach der deutschen Wende, wenn das Land in unsren Hän­den ist, dann seh’n wir, wen’s am Ende trifft und wer von uns verängstigt ist.“

Zum kom­plet­ten Artikel: hier.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Veranstaltungsreihe zum 81. Jahrestag der Reichsprogromnacht

Am 9.11.2019 jährt sich der 81. Jahrestag der Reichspogromnacht.Auch
in diesem Jahr haben wir als Spartacus e.V zusammen mit dem VVN-BdA
Potsdam, dem SV Babelsberg 03 und der Geschichtswerkstatt Rotes
Nowawes einige Veranstaltung organisiert.
Wir freuen uns Sie zu allen Veranstaltungen recht herzlich einzuladen!


*22.10.2019 // 18 Uhr // Sputnik Potsdam Potsdam's Gedenktafeln und
-Orte** - Vortrag *
https://www.facebook.com/events/523289965135378/


*29.10.2019 // 18 Uhr // Platz der Einheit„Ich sehe was, was du nicht
siehst“ - Workshop*
https://www.facebook.com/events/532171080927121/


*03.11.2019 // 18 Uhr // Kuze PotsdamDie Geschichte von Willy Blum und
seiner Familie - Lesung*
https://www.facebook.com/events/397266261193868/


*05.11.2019 // 18 Uhr // Seminarraum Freiland Potsdm **Antisemitismus
in deutschen Familien - Vortrag*
https://www.facebook.com/events/526794128141322/

*09.11.2019 // 11 Uhr // Spitzweggasse 2a Babelsberg*
*Gedenkveranstaltung am ehemaligen Jüdischen
Altenheim*https://www.facebook.com/events/2522915414442209/


*12.11.2019 // 18 Uhr // Cafe HausZwei Freiland
Vilma Steindling - Eine jüdische Kommunistin im Widerstand - Lesung
und Gespräch*https://www.facebook.com/events/560087121464224/



Wir danken der Landeshauptstadt Potsdam für die Förderung der Veranstaltungen.
Nachfragen können sie jederzeit unter folgender Email
stellen:buero@spartacus-potsdam.de
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Antifaschismus Law & Order Sonstiges Wohnen & Stadt

Zur heutigen Hausbesetzung der Feuerbachstraße 36

Was ist denn da los? Warum beset­zen diese Chaoten schon wieder ein Haus?

Eines vorneweg: Wir sind gar nicht so chao­tisch wie ihr vielle­icht denkt. Wir haben eine ziem­lich genaue Vorstel­lung von dem, was wir tun und warum wir es tun. Frei­heit, Gerechtigkeit und Sol­i­dar­ität, echte Demokratie, das schöne Leben für Alle — das sind Ziele, die uns motivieren, den Arsch hochzukriegen, uns kollek­tiv zusam­men zu find­en und gemein­sam gegen die Ungerechtigkeit­en und Schiefla­gen in dieser Stadt aktiv zu wer­den. Und das ganze sog­ar völ­lig selb­st­los — qua­si ehrenamtlich!

Nun haben wir es also wieder gewagt ein Haus zu öff­nen, dies­mal in der Feuer­bach­straße 36 und das aus guten Grün­den. Ein wahrlich schönes geräu­miges Haus in bester Lage ist es sog­ar, das jedoch seit Ewigkeit­en leer ste­ht und zuse­hends ver­fällt. Eigen­tümer? Irgen­deine Erbenge­mein­schaft aus den alten Bun­deslän­dern, die ihren Besitz anscheinend vergessen hat. Wie kann es ange­hen, dass Häuser speku­la­tiv leer gehal­ten und ihr Ver­fall in Kauf genom­men wird, während fehlen­der bezahlbar­er Wohn­raum mit­tler­weile zum Aushängeschild Pots­dams gewor­den ist?
Die Ret­tung und Wieder­bele­bung leer­ste­hen­der Häuser durch Instandbe­set­zung hat in Pots­dam tat­säch­lich eine lange Tra­di­tion, man kön­nte sog­ar von ein­er schützenswerten Kul­tur sprechen! Eine eben­so reiche Kul­tur stell­ten und stellen die Men­schen in den Häusern und Pro­jek­ten dar. Ein kollek­tives, gle­ich­berechtigtes, engagiertes und sol­i­darisches Leben und Han­deln auf Augen­höhe — hier wur­den und wer­den Werte gelebt, von denen anderen nur reden. Viele der heuti­gen etablierten Kul­tur­stan­dorte wie Waschhaus, Fab­rik oder Lin­den­park ent­standen aus dieser Bewe­gung. Nicht zulet­zt waren es ebendiese Leute aus den beset­zten Häusern und die sie umgebende Sub­kul­tur, die dafür sorgten, dass sich Neon­azis hier nicht bre­it machen kon­nten und sich
Pots­dam heute im Gegen­satz zu so vie­len anderen ost­deutschen Städten auch rel­a­tiv glaub­würdig als bunte, tol­er­ante und weltof­fene Stadt präsen­tieren kann. Und auch heute sind wir es, die für Men­schen­lichkeit und gegen braune (und blaue) Het­ze in erster Rei­he ste­hen auch wenn sich andere die Erfolge gerne auf ihre Fah­nen schreiben.

Aber zurück zur Woh­nungsnot: Ja es wird auch in Pots­dam viel gebaut und saniert. Jedoch kaum, um der sozialen Verpflich­tung nach bezahlbarem Wohn­raum für alle nachzukom­men. Nein, die ständi­ge neolib­erale Gier nach Prof­it­max­imierung durch Mieter­höhung, hat stattdessen zur Folge, dass nur wenige ihre alte Woh­nung nach erfol­gter Sanierung wieder beziehen kön­nen und auch die neu hochge­zo­ge­nen Wohn­vier­tel bedi­enen viel mehr die Bedürfnisse finanzs­tark­er Zuzü­gler als die der ansäs­si­gen Bevölkerung. Diese Gen­tri­fizierung hat drastis­che Fol­gen für die
Sozial­struk­tur der Stadt. Nicht nur weil ganze Einkom­menss­chicht­en aus der Innen­stadt ver­trieben wer­den. Immer wieder wurde und wird öffentlich­es Eigen­tum zugun­sten der weni­gen Immo­bilien­fürsten der Stadt pri­vatisiert. Wen wun­dert da die sich immer weit­er spreizende berühmte Schere zwis­chen arm und reich? Sowieso scheinen für die Her­ren Jauch, Kirsch, Plat­tner oder den hocher­würdi­gen Prinzen von Preußen, die mit­tler­weile ganze Straßen­züge ihr Eigen nen­nen kön­nen, ganz andere Spiel­regeln zu gel­ten. Während sich Bürger_innen der Stadt zusam­men find­en und verzweifelt für die Ret­tung öffentlich-sozialer Räume, wie dem FH-Gebäude ein­set­zen, dabei nur belächelt, ver­arscht und krim­i­nal­isiert wer­den, wird diesen herausragenden
Per­sön­lichkeit­en schein­bar jed­er Wun­sch mit plöt­zlich­er Leich­fer­tigkeit erfüllt. Ein Barabri­ni und Min­sk für die pri­vate Kun­st­samm­lung, FH-Abriss, Wieder­auf­bau von Gar­nisonkirche und Stadtschloss? Aber natür­lich, mit Kuss­hand und Kniefall!

Diesem Ausverkauf öffentlichen Eigen­tums in Hin­tertüren­manier schauen wir nicht taten­los zu! Nicht nur wir wis­sen, wie unglaublich wichtig unkom­merzielle und soziale Freiräume für eine vitale und demokratis­che Stadt­gestellschaft sind. Da die Stadt solche Räume nicht frei gibt, öff­nen wir sie und laden hier­mit alle inter­essierten ein, sich mit uns zu sol­i­darisieren und diesen befre­it­en Raum mit größt­möglich­er Kreativ­ität zu gestal­ten! Ob sozialer Tre­ff­punkt, Mehrgen­er­a­tio­nen­haus, Kinder­laden, Gemein­schaft­garten, Vere­in­räume, Proberäume, Bastel­w­erk­statt, Ate­lier, … was ihr euch erdenken kön­nt kann hier einen Platz finden.

Doch sind wir real­is­tisch: der Befehl zu Räu­mung wird wohl wieder nicht lange auf sich warten lassen, ste­ht doch der Schutz noch so frag­würdi­ger Eigen­tumver­hält­nisse in dieser kap­i­tal­getriebe­nen Gesellschaft weit über den Bedürfnis­sen der Men­schen. Demon­stra­tio­nen, Aktion­is­mus und Beset­zun­gen sind und bleiben immer wieder unsere legit­ime Antowort gegen diese zer­störerischen, unmen­schlichen Ver­hält­nisse und Machen­schaften. Die Hof­fung auf “andere Fromen der poli­tis­chen Auseinan­der­set­zung” wie sie Ober­bürg­er­meis­ter Schu­bert zulet­zt forderte, wurde zu oft ent­täuscht, ignori­ert, abge­tan und aus­get­rickst. Selb­st Schuld!

Wir bleiben dabei:

GEGEN DEN WEITEREN AUSVERKAUF DER STADT!
SOFORTIGER STOPP DER PRIVATISIERUNG ÖFFENTLICHEN EIGENTUMS!
ANTIKAPITALISCHTE FREIRÄUME ERKÄMPFEN!
HER MIT DEM SCHÖNEN LEBEN FÜR ALLE!
#FHLEBT

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken Sonstiges

30 Jahre danach…

Das Net­zw­erk für Weltof­fen­heit lädt zum Erzählcafé am 01.11.2019 um 19.00 Uhr in der Galerie Bernau. Der Abend zum Aus­tausch von erlebten Geschichte(n) zu 1989 wird gefördert von der Part­ner­schaft für Demokratie Bernau im Rah­men des Bun­de­spro­gramms “Demokratie leben!”.

30 Jahre danach…
… kom­men wir in der Galerie Bernau zusam­men, um die Ereignisse von 1989 und davor aus unter­schiedlichen per­sön­lichen Per­spek­tiv­en Revue passieren zu lassen. In Form eines Erzählcafés wer­fen wir einen Blick in die Ver­gan­gen­heit. Dabei tauschen wir Erleb­nisse und Ein­blicke aus und ver­suchen diese in Kon­text mit dem aktuellen Geschehen zu brin­gen. Durch die Erzäh­len­den und ihren Biogra­phien wird der Fokus auf das ost­deutsche Erleben der Geschichte und Geschicht­en rund um das Jahr 1989 gelegt.

Im Gespräch sind:
Dag­mar Enkelmann
seit 1977 Mit­glied der SED, 1989 Dis­ser­ta­tion zum The­ma Analyse und Kri­tik des Konzepts bürg­er­lich­er Ide­olo­gen der BRD “Iden­tität­skrise der Jugend der DDR von 2003 bis 2006 stel­lvertre­tende Bun­desvor­sitzende der PDS, von 2005 bis 2013 par­la­men­tarische Geschäfts­führerin der Links­frak­tion im Bun­destag seit 2012 Vor­sitzende der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung aktuelles Buch Emanzip­iert und stark. Frauen aus der DDR

Dieter Gadis­chke
Aktivist und Protes­tant, ab 1986 Kreisju­gend­wart der evan­ge­lis­chen Kirche in Bernau Beratung von  Kriegs­di­en­stver­weiger­ern vor und nach 1989 Begleitung von Aktio­nen des Kirchenkreis­es, Betreu­ung von u.a. Aus­reisewil­li­gen in der DDR, Eine-Welt-Gruppe Friedensbewegung

Diet­mar Wolf
ab 1987 Unter­stützer der Umwelt-Bib­lio­thek, 1987–1989 Mit­glied in der Kirche von Unten und im Friedrichs­felder Frieden­skreis, 1989 Grün­dungsmit­glied des telegraphs, 1990 Autonome Antifa Ost­ber­lin, 1989–1997 Mitar­beit­er in der Umwelt-Bibliothek

Mod­er­a­tion: Daniel Ahrens

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Lesung: Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß

Am 20.10. um 16:00 Uhr
Lesung und Diskus­sion im Kul­tur­bahn­hof Biesenthal
Man­ja Präkels — Als ich mit Hitler Schnap­skirschen aß

Landleben zwis­chen Lethargie und Lebenslust. Mimi und Oliv­er sind Nach­barskinder und Angel­fre­unde in ein­er kleinen Stadt an der Hav­el. Sie spie­len Fußball miteinan­der, leis­ten den Pio­nier­schwur und berauschen sich auf Fam­i­lien­festen heim­lich mit den Schnap­skirschen der Eltern. Mit dem Mauer­fall zer­bricht auch ihre Fre­und­schaft. Mimi sieht sich als der let­zte Pio­nier – Timur ohne Trupp. Oliv­er wird unter dem Kampf­na­men Hitler zu einem der Anführer mar­o­dieren­der Jugend­ban­den. In Winde­seile brin­gen seine Leute Straßen und Plätze unter ihre Kon­trolle. Dann eskaliert die Sit­u­a­tion vollends …

Man­ja Präkels erzählt in ihrem Debütro­man vom Ver­schwinden der DDR in einem bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadtidyll, dem Auf­tauchen ver­loren geglaubter Gespen­ster, von Fre­und­schaft und Wut. 2018 wurde sie für ihren Debütro­man mit dem Anna Seghers-Preis aus­geze­ich­net. „Gegen die Ver­wirrun­gen unser­er Zeit set­zt Man­ja Präkels die Genauigkeit ihrer Sprache und ihrer Beobach­tung.“, begrün­det Juror Ralph Ham­merthaler seine Entscheidung.
Das Buch wurde zudem mit dem Kranich­stein­er Jugendlit­er­atur-Stipendi­um 2018 aus­geze­ich­net und ist für den Deutschen Jugendlit­er­atur­preis 2018 nominiert.
Aus der Jury-Begrün­dung: Präkels porträtiert eine Gen­er­a­tion, die den Nieder­gang der DDR abseits der Großstädte weniger als Befreiung denn als wider­sprüch­lich­es gesellschaftlich­es Ereig­nis erlebt. All dies gelingt ihr mit ein­er mal sach­lichen, mal poet­is­chen Sprache, die den Lesern Mimis Kind­heit­serin­nerun­gen eben­so anschaulich vor Augen führt wie die zunehmende Bek­lem­mung und Angst angesichts rechter Gewal­texzesse. Dieser Roman über das Jung­sein in einem sich verän­dern­den Land schließt eine Lücke im lit­er­arischen Schreiben über die Wiedervere­ini­gung Deutschlands.
http://www.kulturbahnhof-biesenthal.de/index.php?page=veranstaltungen&sub=lesung___

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(Anti)militarismus Antifaschismus Law & Order

Kundgebung gegen die türkische Invasion in Syrien

Vor der Stadthalle in Cot­tbus haben sich am Sam­sta­gnach­mit­tag etwa 50 Per­so­n­en syrisch­er, syrisch-kur­dis­ch­er und deutsch­er Herkun­ft ver­sam­melt, um gemein­sam gegen den Ein­marsch der türkischen Armee in Nordsyrien zu demon­stri­eren. Auf mit­ge­bracht­en Schildern war unter anderem zu lesen „Syrien hat keine Kraft mehr“, „Deutsche Panz­er raus aus Kur­dis­tan“ sowie die Forderung nach ein­er neuen syrischen Ver­fas­sung. Die Reden wur­den auf deutsch, ara­bisch und kur­disch vor­ge­tra­gen – eben­so wie die Parolen der Anwe­senden. Die Aktion dauerte etwa eine Stunde und ver­lief ohne Zwis­chen­fälle oder Kon­flik­te mit der Polizei. Die Organ­isatoren riefen dazu auf, die Proteste fortzuset­zen. Eine weit­ere Kundge­bung wird am Mon­tag um 18 Uhr eben­falls vor der Stadthalle stattfinden.

Inforiot