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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Klima & Umwelt Sonstiges

Wandelwoche 2016 Berlin — Brandenburg

Bei der Wan­del­woche vom 8. — 18. Sep­tem­ber 2016 kön­nen unter dem Mot­to “Her mit dem guten Leben!” auf mehr als 25 Touren und Ver­anstal­tun­gen über 50 sol­i­darische Pro­jek­te und gemein­schaft­sori­en­tierte Betriebe besucht und Geschicht­en des Gelin­gens ein­er Alter­na­tive zu Aus­beu­tung von Men­sch und Natur und zum Dog­ma gren­zen­losen Wach­s­tums ken­nen­gel­ernt und disku­tiert werden.
Die Touren:
— Soli­Oli. Sol­i­dar­ität in und mit Griechenland
— Lebenswert­er Wohn­raum? Eine Fahrrad­tour zu Sam­melun­terkün­ften für Geflüchtete
— Ansätze ökol­o­gis­chen Wirtschaftens erleben
— Per­makul­tur und Stadtgärtnern
— Von der Schafs­wolle zum Garn
— Lebensmittel*Landwirtschaft*Essen in der Stadt
— Gärt­nern, Schenken, DIY und Feiern: selb­stor­gan­isiert in Cottbus
— Sol­i­darische Entwick­lung im ländlichen Raum nach dem Vor­bild Riace? Ein Herz für Humus
— Ess­bar­er Bezirk Kreuzberg — Zwis­chen Real­ität und Utopie
— Wirtschaften fürs Gemeinwohl
— Her mit dem guten Leben — für alle! Sol­i­darische Ökonomie und Teil­habe von Geflüchteten
— Ökol­o­gisch-soziales Mehrgen­er­a­tio­nen­wohnen in Werder
— Selb­st­be­haup­tung für Frauen
— Made in Barn­im — Ess­bare Land­schaften und Lebens­mit­tel aus der Region
— Win­drad-Work­shop auf dem Tem­pel­hofer Feld
— handgewebt in berlin — Kri­tis­che Auseinan­der­set­zung mit Textilien
— Aktivis­mus in die Suppe gespuckt — Lob­by­is­mus und die Hür­den des Kapitalismus
…und manche mehr, die in den näch­sten Tagen noch dazukommt: es lohnt sich immer wieder mal auf unser­er Touren-Seite Neuigkeit­en zu ent­deck­en. Und wenn ihr euch fragt, wo die jew­eilige Tour stat­tfind­et, schaut auf die
Karte, die wir mit unser­er Part­ner­in Imwandel.net erstellt haben.
Los geht’s beim Auf­takt in Berlin am Do. 08.09. 16–20h auf dem Tem­pel­hofer Feld mit Work­shops, Filme, Vorstel­lung der Touren, Präsen­ta­tion des Wan­del­Mo­bils, Jam­men und Schlem­men und Musik mit die dat­en, der Auf­takt in Bran­den­burg fol­gt am Fr. 09.09. 16–21h im Pro­jek­thaus Pots­dam mit Pro­jek­tvorstel­lun­gen, Diskus­sion­srun­den und Videobeiträ­gen zu The­men des Wan­dels bei leck­erem Essen aus dem Ofen­haus, Bar, DJ und gemütlichem Ausklang am Lager­feuer… Span­nend wird auch der Abschluss in der Prig­nitz am Fr./Sa. 16./17.09. in Kyritz mit dem Markt der regionalen Möglichkeit­en mit Work­shops, Stän­den aus der Region, leck­erem Essen und viel Raum zum Aus­tausch über das gute Leben in unser­er Region…
Her mit dem Guten Leben — wir sehen uns bei der Wandelwoche!

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(Anti)militarismus Antifaschismus Flucht & Migration Law & Order

Kein Frieden mit dem Kapitalismus! OSZE? Och Nee!

KRIEG IM SCHAFSPELZ
Pressemit­telung des linken Bünd­nis Pots­dam zur heuti­gen antikap­i­tal­is­tis­chen Demonstration
Über 250 Men­schen ver­sam­melten sich heute in Pots­dam, um gegen das OSZE-Tre­f­fen am morgi­gen 1. Sep­tem­ber zum demon­stri­eren. In ver­lese­nen Rede­beiträ­gen wurde auf den Zusam­men­hang zwis­chen kap­i­tal­is­tis­ch­er Ver­w­er­tungslogik und den aktuellen Kriegen ver­wiesen, auch wurde zu eini­gen Mit­gliedsstaat­en über Waf­fen­ex­porte und herrschende autokratis­che Regime informiert.
Laut­stark lief die Demo in die Nähe des Tagung­sortes, an dem sich mor­gen die Außenminister_innen zu informellen Gesprächen inklu­sive aus­gedehn­tem Freizei­tange­bot tre­f­fen wer­den und wurde dabei von einem unver­hält­nis­mäßig großen Polizeiaufge­bot begleit­et. Inter­esse an unser­er Demon­stra­tion zeigten vor Ort außer­dem Mitarbeiter_innen von Ver­fas­sungs- und Staatss­chutz. Offen­bar soll das ganze Tre­f­fen der OSZE ohne Zwis­chen­fälle oder Kri­tik ablaufen.
Aluhutträger_innen, Pogi­das und andere unan­genehme Gestal­ten zeigten sich auch am Rande, wur­den aber von Demon­stri­eren­den auf Abstand gehalten.
Anna Drey­fuß vom linken Bünd­nis war mit der Demon­stra­tion zufrieden: „Mit dem Mot­to: Kein Frieden mit dem Kap­i­tal­is­mus! haben wir zumin­d­est den Potsdamer_innen eine Kri­tik an herrschen­den Ver­hält­nis­sen und der schein­heili­gen Frieden­srhethorik näher gebracht. Jet­zt wollen wir auch mor­gen noch den Mit­gliedern der OSZE mit vielfälti­gen Aktio­nen zeigen, dass wir ihre Poli­tik der Aus­beu­tung, der Kap­i­tal­in­ter­essen und der Waf­fen­liefer­un­gen in aller Her­ren Län­der scheiße find­en. Es bleibt, darauf hinzuweisen, dass das OSZE-Tre­f­fen in Pots­dam nur die Kennlern­fahrt der Außenminister_innen wird. Am 8. und 9. Dezem­ber trifft sich die gesam­melte G‑20-und-OSZE — Bar­gage in Hamburg…“
Pots­dam, 31.08.2016
 
DER AUFRUF
OSZE
Am 1. Sep­tem­ber 2016, dem in Erin­nerung an den Über­fall der deutschen Wehrma­cht auf Polen 1939 zum inter­na­tionalen Antikriegstag ernan­nten Datum, tre­f­fen sich in Pots­dam die Außen­min­is­ter der OSZE (Organ­i­sa­tion für Sicher­heit und Zusam­me­nar­beit in Europa) um „neue Impulse für eine Friedenssicherung in Europa [zu] setzen.“
Den Frieden in Europa und über­haupt sich­ern, das klingt doch erst­mal gut, warum also Kri­tik daran üben? Ein erster Blick auf die Zusam­menset­zung der OSZE dürfte eigentlich schon reichen. Die drei größten Rüs­tung­sex­por­teure der Welt, die USA, Rus­s­land und Deutsch­land sind Mit­glieder in der OSZE. Län­der, die direkt von kriegerischen Auseinan­der­set­zun­gen prof­i­tieren, daneben Län­der wie die Türkei, die seit Jahren einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung führt. Außer­dem dabei, die Dik­tatur Weißrus­s­land und als Part­ner­land Ägypten, das erst vor kurz­er Zeit einen bluti­gen Mil­itär­putsch hin­ter sich gebracht hat und in dem Men­schen gefoltert werden.
Doch für uns ste­ht eine wesentlichere Frage am Anfang der Kri­tik. Warum gibt es in der Welt Kriege? Nach der Auf­gaben­stel­lung der OSZE liegen die Ursachen für kriegerische Auseinan­der­set­zun­gen vor allem in Kor­rup­tion, Geld­wäsche, Finanzierung des Ter­ror­is­mus, organ­isiert­er Krim­i­nal­ität, sowie Inter­netkrim­i­nal­ität, eth­nis­chen Span­nun­gen und unfreien Wahlen.
Für uns sind es knall­harte Inter­es­sen­ge­gen­sätze. Die inter­na­tionalen Beziehun­gen der Län­der sind geprägt von Konkur­renz: dem Kampf um Ein­flussge­bi­ete, Rohstoffe, Absatz- und Finanzmärk­ten, Han­del­srouten, Mil­itärstützpunk­te, Zugang zu bil­li­gen Arbeit­skräften usw. Danach richtet sich die Außen­poli­tik der Natio­nen, danach wer­den Bünd­nisse geschmiedet und dies sind in let­zter Kon­se­quenz die Gründe, die entschei­den über Krieg und Frieden.
Daher richtet sich unsere Kri­tik auch gegen eine Außen­poli­tik der kap­i­tal­is­tis­chen Ver­w­er­tung und Konkur­renz. Die Gründe für Kon­flik­te liegen nicht in der satanis­chen Boshaftigkeit einzel­ner Herrschen­der. Z.B. sind die Kriege im Nahen Osten immer wieder befeuert durch die Inter­es­sen­ge­gen­sätze von Sau­di Ara­bi­en, der Türkei, den USA und dem Iran. Diese Region ist nicht zu ret­ten durch freie Wahlen oder eine freie Presse, solange Grup­pen mit Kalaschnikow und Panz­ern dort Poli­tik im Inter­esse der regionalen und inter­na­tionalen Mächte machen. Es geht den OSZE-Mit­gliedern eben nicht um Men­schen­rechte und Frieden. Ehe­ma­lige Kolo­nial­län­der, wie Frankre­ich und Großbri­tan­nien haben unzäh­lige Kriege ohne Rück­sicht auf Men­schen­leben geführt. Deutsch­land hat Krieg in Jugoslaw­ien geführt, anschließend ein kor­ruptes Regime im Koso­vo mit aufge­baut, in Afghanistan eine Regierung trotz Wahlbe­trug unter­stützt und die USA führen weltweit als stärk­ste Mil­itär­ma­cht Kriege, auch mit dem Wohlwollen ihrer Verbündeten.
Noch immer ster­ben unzäh­lige Men­schen jedes Jahr wegen Flucht und Vertrei­bung und sind zur Migra­tion gezwun­gen, weil die Lebens­be­din­gun­gen in ihren Län­dern auf­grund von Kriegen, Ver­fol­gung, kor­rupter Regime oder fehlen­der Grund­ver­sorgung sowie Hunger ihnen keine lebenswerte Exis­tenz ermöglicht. Weit­ere Beispiele sparen wir uns an dieser Stelle. Die Kon­se­quenz für uns ist die Erken­nt­nis, dass die Struk­tur des Kap­i­tal­is­mus unabläs­sig Kriege befördert, bed­ingt, ja ger­adezu her­aus­fordert. Eine Organ­i­sa­tion wie die OSZE wird daran nichts ändern!
Nur eine Über­win­dung des Sys­tems Kap­i­tal­is­mus und der Nation kann einen dauer­haften Frieden zwis­chen den Men­schen sich­ern, erst eine weltweite Ver­ständi­gung der Men­schen über gemein­same Inter­essen und gerechte und aus­beu­tungs­freie Pro­duk­tion und Verteilung des gesellschaftlichen Reich­tums kann diesen garantieren!
Kommt zur anti­na­tionalen und antikap­i­tal­is­tis­chen Vor­abend­de­mo am 31.8.2016 um 18.00 Uhr auf dem Luisenplatz!
Krieg dem Kriege!

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Brandbrief zur Situation der Flüchtlinge in Vetschau/ Landkreis Oberspreewald-Lausitz

An den Lan­drat des Land­kreis Ober­spree­wald-Lausitz Sie­gurd Heinze,
an die Ver­ant­wortlichen in der Kreisverwaltung,
an die poli­tisch Ver­ant­wortlichen im Land­kreis und im Land Brandenburg,
an die all­ge­meine Öffentlichkeit,
im Rah­men unser­er auf­suchen­den Beratungstätigkeit für Betrof­fene rechter
Gewalt im Land Bran­den­burg sind wir in die Flüchtlingsno­tun­terkun­ft nach
Vetschau gerufen wor­den. Lei­der berichteten uns Flüchtlinge vor Ort von
min­destens vier rechtsmo­tivierten Angrif­f­en in Vetschau seit April 2016
und von häu­fi­gen ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen und Anfein­dun­gen im Ort –
angesichts der derzeit­i­gen Sit­u­a­tion in Bran­den­burg nichts
außergewöhn­lich­es. Von den vier Angrif­f­en, die uns berichtet wur­den, ist
ein Fall polizeilich angezeigt. Wir gehen von ein­er höheren Dunkelziffer
aus, da wir vor Ort nur mit einem Teil der Flüchtlinge sprechen konnten.
Betrof­fene ras­sis­tisch motiviert­er Gewalt, ins­beson­dere Asylsuchende,
bedür­fen eines beson­deren Schutzes. Für die Dauer des Asylverfahrens
sind Asyl­suchende zu einem großen Teil von staatlichen Stellen abhängig,
um für ihre Grundbedürfnisse zu sor­gen (Essen, Unterkun­ft, medizinische
Ver­sorgung etc.).
Einige Flüchtlinge aus der Notun­terkun­ft in Vetschau berichteten uns von
völ­lig unzu­mut­baren Zustän­den vor Ort (siehe die Erk­lärung einiger
Flüchtlinge aus Vetschau vom 23.08.2016). Dies betraf zum Einen die
des­o­lat­en Zustände in der Unterkun­ft, hier ins­beson­dere die dauerhafte
san­itäre Ver­sorgung mit impro­visierten Camp­ing­toi­let­ten (sog.
„Dixi-Klos“) und die nur zeitweise geöffneten Duschwa­gen mit
unzure­ichen­der Warmwasserver­sorgung. Selb­st für die Kranken­sta­tion steht
nur ein „Dixi-Klo“ zur Ver­fü­gung. Zudem wird die Essensver­sorgung von
den Flüchtlin­gen als extrem unzure­ichend beschrieben. Die Essensausgabe
find­et in einem Zelt statt. Die ehe­ma­li­gen Gara­gen, die nun als
Unterkün­fte für Men­schen dienen, haben keine einge­baut­en Heizun­gen. Im
Win­ter wurde pro Gara­gen­raum ein Radi­a­tor aus­gegeben, was nicht
aus­re­ichend war. Einige Flüchtlinge wur­den auf­grund der Kälte krank.
Außer­dem berichteten uns einige Flüchtlinge von fehlen­dem Zugang zu
drin­gend notwendi­ger medi­zinis­ch­er Ver­sorgung, auch bei akuten
psy­chis­chen Erkrankun­gen und akuten Schmerzen. Min­destens zwei
Flüchtlinge leben bere­its seit acht Monat­en in Vetschau. Von einer
kurzfristi­gen Unterkun­ft zur Über­brück­ung kann daher hier keine Rede
sein. Durch einen Rundgang in der Notun­terkun­ft und durch
Inau­gen­schein­nahme des Mit­tagessens kon­nten wir uns von den Zuständen
selb­st ein Bild machen. Wir hal­ten die Aus­sagen der Flüchtlinge in der
Erk­lärung daher für glaub­würdig und fordern:
1. Einen würdi­gen Rah­men zu schaf­fen, in dem die Flüchtlinge aus
Vetschau, die die Erk­lärung ver­fasst haben, ihre Forderun­gen an die
poli­tis­chen Ver­ant­wortlichen kom­mu­nizieren und in dem die Forderungen
der Flüchtlinge gehört und ggf. umge­set­zt wer­den können.
2. Eine vom Land­kreis unab­hängige Über­prü­fung der Zustände in der
Flüchtlingsno­tun­terkun­ft in Vetschau, ins­beson­dere unter dem Fokus, ob
die durch den Land­kreis an den Betreiber der Unterkun­ft bezahlten und
ver­traglich zugesicherten Leis­tun­gen seit Inbe­trieb­nahme erbracht
wur­den, ggf. Rück­forderun­gen und Behe­bung von akuten Missständen.
3. Eine öffentliche Sol­i­darisierung mit den Betrof­fe­nen rassistischer
Gewalt in Vetschau
Opfer­per­spek­tive e.V. — Beratung für Betrof­fene rechter Gewalt, Potsdam
den 25.08.2016

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration Gender & Sexualität

Wir werden immer lauter!”

Vom 25.7.–14.8.2016 geht Women in Exile and Friends unter dem Mot­to “Wir wer­den immer lauter!” auf Aktion­s­tour quer durch Deutsch­land. Die drei­wöchige Tour soll auf die Sit­u­a­tion von geflüchteten Frauen und Kindern aufmerk­sam machen und Flüchtlings­frauen unter­stützen, für sich selb­st zu sprechen.
Eliz­a­beth Ngari, Mit­be­grün­derin von Women in Exile: “Die Erfahrun­gen, die wir in Bran­den­burg machen, sind den Erfahrun­gen von Frauen aus anderen Bun­deslän­dern ähn­lich. Flüchtlings­frauen sind dop­pelt Opfer von Diskri­m­inierung: Sie wer­den als Asyl­be­wer­berin­nen durch ras­sis­tis­che Geset­ze aus­ge­gren­zt und als Frauen diskriminiert..”
Women in Exile and Friends wird Unterkün­fte besuchen, mit lokalen Ini­tia­tiv­en zusam­me­nar­beit­en und öffen­lichkeitswirk­same Aktio­nen durch­führen. So ist beispiel­sweise am 29.7. eine Protestkundge­bung vor dem Bun­de­samt für Migra­tion und Flüchtlinge in Nürn­berg geplant. Eine zen­trale Forderung ist die Anerken­nung geschlechtsspez­i­fis­ch­er Flucht­gründe. Der Focus der Tour wird jedoch auf dem Empow­er­ment und gegen­seit­igem Aus­tausch der Flüchtlings­frauen liegen.
Eliz­a­beth Ngari: “Über die Jahre haben wir Verbindun­gen mit zahlre­ichen Flüchtlings­frauen und Unterstützer*innengruppen aufge­baut. Jet­zt geht es darum, unsere Gemein­samen Forderun­gen an die Öffentlichkeit zu brin­gen.” Wir wür­den uns freuen, wenn Sie über die Tour bericht­en und den Ter­min wahrnehmen, um mit uns über die Sit­u­a­tion von Flüchtlings­frauen zu sprechen. Es beste­ht auch die
Möglichkeit, die Bus­tour zu begleiten.
Weit­ere Infor­ma­tion über die Gruppe “Women in Exile & Friends”: http://women-in-exile.net/ oder auf facebook.com/Women-in-Exile-Summer-Bus-Tour-2016
Tour­dat­en: 25.7. War Starts Here-Camp Alt­mark // 26.–27.7. Halle/Saale // 28.7.Leipzig // 29.–31.7. Nürn­berg // 1.8. Oberursel // 2.–3.8. Köln // 4.8. Osnabrück // 5.8. Biele­feld // 6.8. Göt­tin­gen // 7.8. Witzen­hausen // 8.–9.8 Bre­men // 10.–11.8. Ham­burg // 12.8. Pots­dam // 13.–14.8. Berlin

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Flucht & Migration Gender & Sexualität

Aram M. will nicht zurück

Aram M.: „Nach Arme­nien zurück­zukehren ist für mich keine Option!“
Während seines 17. Leben­s­jahrs stellte der heute 30-jährige Aram fest, dass er sich von Män­nern ange­zo­gen fühlt. Ein Gefühl, das in seinem Heimat­land Arme­nien unter anderem als Krankheit eingestuft wird. Als er im Jahr 2004 zum Wehr­di­enst einge­zo­gen wer­den soll, weigert er sich diesen anzutreten, denn als Homo­sex­ueller unter Men­schen zu sein, die nicht männlich genug sein kön­nen, ist für ihn undenkbar. Des Weit­eren fürchtet er Über­griffe, soll­ten sie von sein­er Homo­sex­u­al­ität erfahren.
Er wird vom Gericht zu acht Monat­en Gefäng­nis verurteilt. Von August 2004 bis April 2005 muss er ins Gefäng­nis. Dort ist er nicht nur den ver­balen Diskrimnierun­gen der Mithäftlinge und Wärter_innen son­dern auch ihren kör­per­lichen Über­grif­f­en aus­ge­set­zt. Durch die Schläge lei­det er bis heute unter ein­er Tini­tuserkrankung. Nach sein­er Freilas­sung erhält er noch ein Jahr und vier Monate auf Bewährung, Am meis­ten trifft Aram jedoch die Reak­tion sein­er Eltern – sie begeg­nen ihm mit Abnei­gung und erk­lären, er sei eine Schande für die Fam­i­lie. Der Vater schlägt ihm einen Deal vor: wenn Aram sich bemüht, eine Frau zu heirat­en und ein aus sein­er Sicht nor­males Leben zu führen, darf er weit­er­hin im Eltern­haus wohnen. Aram stimmt dem zu. Bis zum Jahr 2010 gibt es keine weit­eren Prob­leme, Aram ver­steckt seine Homo­sex­u­al­ität und macht eine Aus­bil­dun­gen zum Frisör und eine weit­ere zum Floris­ten. Eines Tages kommt jedoch sein Vater uner­wartet nach Hause und trifft dort Aram und einen Fre­und eng umschlun­gen und küssend an. Der Vater ver­weist seinen Sohn der Woh­nung. Dieser lebt for­t­an in ein­er Wohnge­mein­schaft. Jeden Job, den er annimmt, ver­liert er nach nur weni­gen Wochen, da seine Arbeitgeber_innen über seine Homo­sex­u­al­ität informiert wer­den. Aram sieht für sich keine Per­spek­tive in seinem Heimat­land und beschließt im März 2011 dieses zu ver­lassen und in Bel­gien Asyl zu beantra­gen. Nach­dem sein Antrag abgelehnt wird, bleibt ihm nur die Möglichkeit, wieder nach Arme­nien zurückzukehren.
Dort hat sich seine Sit­u­a­tion jedoch nicht verän­dert – die Fam­i­lie wollte weit­er­hin nichts mit ihm zu tun haben, die gefun­dene Arbeit ver­lor er schnell wieder. Nach­dem Aram einige Zeit auf der Straße lebte, entsch­ied der sich zum Jahre­sende 2013 dafür, nach Rus­s­land zu gehen und dort ein neues, ein besseres Leben zu begin­nen. Er fand Arbeit und hat­te eine Woh­nung und fand schnell einen Fre­und. Bei­de entschließen sich zusam­men ein Zim­mer in ein­er 2‑Raum-Woh­nung anzu­mi­eten. Die Ver­mi­eterin, sie wohnt im zweit­en Zim­mer, ahnt nicht, dass die bei­den jun­gen Män­ner ein Paar sind. Doch eines Tages beobachtet sie die bei­den, wie sie sich küssen. Daraufhin ruft sie die Polizei. Aram und sein Lebenspart­ner wer­den ver­haftet und in der Polizeis­ta­tion diskri­m­iniert, geschla­gen. Des wei­eteren wird ihnen sex­u­al­isierte Gewalt ange­dro­ht, nach­dem sie sich weigerten ein Doku­ment zu unterze­ich­nen, in dem sie sich zu ihrer Homo­sex­u­al­ität beken­nen. Als sie wieder freige­lassen wur­den, fan­den sie Unter­schlupf in einem Heim. Dort lebten sie jedoch in getren­nten Räu­men und ver­bar­gen ihre Part­ner­schaft vor den anderen Bewohner_innen.
Am Abend des 30. Mai 2015 trafen sie sich in einem Park, um Zeit gemein­sam zu ver­brin­gen. Eine Gruppe von fünf Män­ner fol­gte ihnen, beschimpfte sie homo­phob und schlug sie anschließend zusam­men. Sowohl Aram und als auch sein Lebens­ge­fährte ver­loren während des Über­griffs das Bewusst­sein. Die bei­den jun­gen Män­ner beschließen, wed­er die Polizei noch ein Kranken­haus aufzusuchen, da sie Angst vor weit­er­er Repres­sion haben. Sie zogen sich anschließend in ihre Zim­mer zurück und warteten bis die Wun­den ver­heil­ten. Im Ver­lauf des Juli bucht­en sie zwei Flugtick­ets nach Istan­bul mit Zwis­chen­stopp in Berlin. Am 29. Juli lan­dete das Paar in Berlin-Tegel und beantragte Asyl. Im soge­nan­nten kleinen Inter­view macht­en sie nicht nur Angaben zu ihrem Reiseweg, son­dern auch über ihre Erfahrun­gen in Rus­s­land und Armenien.
Vom Flughafen wer­den sie in die bran­den­bur­gis­che Erstauf­nahmestelle nach Eisen­hüt­ten­stadt trans­feriert. Dort müssen sie in getren­nten Zel­ten schlafen, da die Lager­leitung die Part­ner­schaft der bei­den Män­ner nicht anerken­nt. Nach zwölf Tagen wird Aram nach Frankfurt/Oder und Vlad nach Bran­den­burg an der Hav­el trans­feriert. Vlad gelingt es, Kon­takt zu lokalen LGBTI-Aktivist_in­nen herzustellen. Gemein­sam set­zen sie sich mit Erfolg für die Zusam­men­führung des Paares ein. Auf­grund der sich langsam zus­pitzen­den Sit­u­a­tion im Heim und der Erfahrung mit ein­er anderen LGBTI-Aktivistin — sie wurde im Heim wegen ihrer sex­uellen Ori­en­tierung ange­grif­f­en — wohnen die bei­den mit einem weit­eren les­bis­chen Paar in ein­er Ver­bund­woh­nung. Während Aram ein Prak­tikum in einem Frisösa­lon macht, geht Vlad zum Deutschkurs. Ende April bekommt Aram einen Brief mit dem Inter­viewter­min, Vlad erhält keinen Brief. Erst nach­dem Unterstützer_innen wieder­holt Druck auf das BAMF aus­geübt hat­ten, erhal­ten bei­de einen gemein­sam Ter­min am 10. Mai. Während sein­er Befra­gung wird der Ver­such Arams, über die Diskri­m­inierung in Arme­nien zu sprechen, vom BAMF-Mitar­beit­er mit der Begrün­dung abgelehnt, dass Aram aus Rus­s­land ein­gereist sei und deswe­gen nur Rus­s­land eine Rolle spielt. In dem am 21. Juni erhal­te­nen Neg­a­tivbescheid wird darauf ver­wiesen, dass Aram in Arme­nien nicht ver­fol­gt wer­den würde und auch keine begrün­dete Furcht vor Ver­fol­gung vorge­bracht hat. Des Weit­eren wird darauf ver­wiesen, dass er Fam­i­lie vor Ort hat und diese ihn unter­stützen kön­nte. Das BAMF gab Aram im Inter­view am 10. Mai wed­er die Möglichkeit über seine Ver­fol­gung in Arme­nien zu bericht­en, noch hat es die Aus­sagen vom 29. Juli 2015 berück­sicht, in denen klar ste­ht, dass Arams Fam­i­lie ihn ver­stoßen hat und er in Arme­nien ver­fol­gt wird. Des Weit­eren wird seine Beziehung zu Vlad nicht anerkannt.
Wir verurteilen die Prax­is des BAMF scharf und fordern die Anerken­nung der Lebenspart­ner­schaft von Vlad und Aram. Des Weit­eren fordern wir eine Neube­w­er­tung seines Antrags unter Berück­sich­ti­gung aller von ihm vorge­bracht­en Fluchtgründe.
Aram und Vlad bleiben hier!

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Flucht & Migration

Ausweitung der Migrationssozialarbeit

Offen­er Brief zur Per­spek­tive der Migra­tionssozialar­beit als Fach­ber­atungs­di­enst in Brandenburg
 
Sehr geehrter Herr Min­is­ter­präsi­dent Dr. Woidke,
sehr geehrte Frau Min­is­terin Golze,
 
wir unter­stützen nach­drück­lich die mit dem Lan­desauf­nah­mege­setz beschlossene Ausweitung der Migra­tionssozialar­beit. Schutz­suchende Men­schen sind in vie­len Lebensla­gen auf eine kom­pe­tente Beratung angewiesen, die sie dabei unter­stützt, ihre Inter­essen und Bedürfnisse durchzuset­zen. Die über­re­gionalen und auch einzelne regionale Flüchtlings­ber­atungsstellen in Bran­den­burg brin­gen diese Kom­pe­ten­zen mit und haben in ihrer langjähri­gen Arbeit eine sehr gute Ver­net­zung vor Ort aufge­baut. Das Lan­desauf­nah­mege­setz übergibt die Bere­it­stel­lung der Migra­tionssozialar­beit als Fach­ber­atungs­di­en­stallerd­ings in die Hände der Land­kreise und kre­is­freien Städte, wom­it aus unser­er Sicht einige Prob­leme ver­bun­den sind.
Die erfol­gre­iche, in vie­len Jahren gewach­sene und vor Ort gut ver­ankerte Arbeit der beste­hen­den unab­hängi­gen und über­re­gion­al arbei­t­en­den Beratungsstellen wird mit der Kann-Bes­tim­mung in § 12 Abs. 2 LAufnG ganz real aufs Spiel geset­zt, wie erste Erfahrun­gen bere­its jet­zt zeigen. Da kein lan­de­sein­heitlich­es Ver­fahren vorge­se­hen ist, dro­ht den beste­hen­den Struk­turen in ersten Land­kreisen die Entziehung ihrer Exis­ten­z­grund­lage – etwa in Ober­hav­el, wo der Land­kreis eine Gesellschaft in eigen­er Träger­schaft gegrün­det hat, ohne das beste­hende Ange­bot zu beacht­en. In anderen Land­kreisen ist eine Über­tra­gung auf Träger erwart­bar, die enge Verbindun­gen zu Poli­tik und Ver­wal­tung pfle­gen und kaum prak­tis­che Erfahrun­gen in der Flüchtlingssozialar­beit vor­weisen – das bish­erige erfol­gre­iche Konzept wird nicht aus­geweit­et, son­dern unterhöhlt.
Wir wollen das an zwei aus­gewählten Punk­ten verdeutlichen:
 
Alles aus ein­er Hand?
Die Land­kreise und kre­is­freien Städte sind neben ihrer Zuständigkeit für die Migra­tionssozialar­beit als Fach­ber­atungs­di­enst häu­fig auch für die Unter­bringung – oft in Gemein­schaft­sun­terkün­ften – und mit den
Aus­län­der­be­hör­den auch für den Vol­lzug des Aus­län­der­rechts zuständig. Beratungsar­beit, die immer die indi­vidu­ellen Bedürfnisse von Rat­suchen­den in den Mit­telpunkt stellt, wird unter den Zweifel gestellt, dass eine – ver­meintliche oder tat­säch­liche – Abhängigkeit der Beratungsstelle vor­liege. Es kann zu Inter­essens- und Loy­al­ität­skon­flik­ten mit dem Arbeit­ge­ber kom­men, ggf. unbe­queme Beratungsar­beit, etwa wo es um das Sozialamt oder die Aus­län­der­be­hörde geht, wird erschw­ert bzw. unmöglich gemacht. Es ist zu erwarten, dass das Ver­trauensver­hält­nis zu Geflüchteten und vielfach auch zu ehre­namtlichen Begleiter_innen, Dolmetscher_innen und anderen Unterstützer_innen auf­grund der Neustruk­turierung maßge­blich und bleibend gestört wird.
Bere­its in ihrem offe­nen Brief vom 14. Dezem­ber 2015, als das LAufnG erst im Entwurf vor­lag, hat­ten die flüchtlingspoli­tis­chen und Willkom­mens-Ini­tia­tiv­en im Land Bran­den­burg dazu geschrieben:
„Unsere Erfahrun­gen mit Ent­las­sun­gen engagiert­er Sozialar­bei­t­erIn­nen und Bera­terIn­nen in den Land­kreisen lassen uns um unab­hängige Beratung fürcht­en. Eine ver­trauenswürdi­ge Beratungsstelle muss auch gegenüber der Prax­is der Aus­län­der­be­hörde kri­tisch sein kön­nen. Wenn sie struk­turell von der Insti­tu­tion abhängig ist, die sie kri­tisieren soll, entste­hen Inter­essenkon­flik­te. Gute Beratung ist unser­er Erfahrung nach eines der häu­fig­sten Bedürfnisse von Geflüchteten. Die gle­iche Erfahrung machen diejeni­gen von uns, die an Erstauf­nah­meein­rich­tun­gen tätig sind.“

Subsidiarität!

Wir schließen uns der Ein­schätzung der LIGA der freien Wohlfahrt­spflege an, die in der Kann-Regelung eine Abkehr vom Sub­sidiar­ität­sprinzip sieht – der Staat soll erst dann tätig wer­den, wenn in der Vielfalt der Träger­land­schaft nie­mand gefun­den wer­den kann, der/die das Ange­bote ermöglicht. Wir betra­cht­en mit Sorge, wie immer neue Ver­wal­tungsstruk­turen aus dem Boden sprießen, und zwar längst nicht nur in der Beratung von Asyl­suchen­den und Gedulde­ten. Durch die zu befürch­t­ende Umkehr vom Prinzip vielfältiger, freier und vor allem unab­hängiger Pro­file in der Beratungsar­beit wäre ein Qual­itätsver­lust zu befürcht­en, der dem Geist des Grundge­set­zes widerspricht.
 
Beratung im Inter­esse von Asyl­suchen­den und Gedulde­ten: unab­hängig und parteiisch!
Vor diesem Hin­ter­grund wollen wir Sie ein­dringlich darum bit­ten, nicht nur eine ziel­grup­pen­spez­i­fis­che, son­dern vor allem eine ziel­grup­pen­gerechte Migra­tionssozialar­beit als Fach­ber­atungs­di­en­stin Bran­den­burg sicherzustellen. Die „aus ihrer Auf­nahme- und Aufen­thaltssi­t­u­a­tion begrün­de­ten beson­deren Lebensla­gen“ von Asyl­suchen­den und Gedulde­ten machen es ger­adezu erforder­lich, für die in § 12 LAufnG beschriebe­nen Auf­gaben /keine/kommunale Träger­schaft zu ermöglichen, son­st ste­ht nicht nur die langjährige Exper­tise der
bish­eri­gen Berater_innen auf dem Spiel, son­dern der Sinn des ganzen Unter­fan­gens. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Inter­essen von Schutz­suchen­den und kom­mu­nalen Ver­wal­tun­gen nicht zusam­men­fall­en, sich oft sog­ar wider­sprechen. Beratungsar­beit muss stets partei­isch im Sinn der Rat­suchen­den sein.
Diese Beratung muss auch und ger­ade das Recht auf Infor­ma­tion über den Ver­lauf des Asylver­fahrens sowie behördliche Entschei­dun­gen, die die Per­son unmit­tel­bar betr­e­f­fen, umfassen.Dazu gehören aber auch das Recht auf Rechts­be­helfe und unent­geltliche Rechts­ber­atung und ‑vertre­tung in Rechts­be­helfsver­fahren sowie das Recht auf unent­geltliche Erteilung von rechts- und ver­fahren­stech­nis­chen Auskün­ften, das Recht auf Begleitung zu Anhörun­gen beim BAMF durch eine_n Rechtsanwält_in oder „son­sti­gen nach nationalem Recht zuge­lasse­nen oder zuläs­si­gen Rechts­ber­atern“ [1].
Dies ist Schutz­suchen­den in Bran­den­burg nur dann möglich, wenn sie einen Zugang zu ein­er Beratung haben, von der sie nicht nur sachkundig, son­dern auch unab­hängig von Inter­essen Drit­ter – d.h. auch///*weisungsungebunden*/– über ihre Pflicht­en im Asylver­fahren, aber auch über andere sie betr­e­f­fende rechtliche Regelun­gen informiert und berat­en wer­den. Die Wohlfahrtsver­bände in Bran­den­bur­gund freie Träger­bi­eten seit vie­len Jahren eine solche Beratung an, weil ins­beson­dere im ländlichen Raum Fachanwält_innen fehlen. Sie berück­sichti­gen dabei Qual­itäts­stan­dards und die Bes­tim­mungen des
Rechtsdienstleistungsgesetzes.
Wir appel­lieren deswe­gen an Sie, alles Ihnen Mögliche zu tun, um die bish­eri­gen unab­hängi­gen Beratungsstruk­turen in ihrer Exis­tenz zu sich­ern und für die neu aufzubauen­den Struk­turen zu gewährleis­ten, dass konzep­tionell, per­son­ell und insti­tu­tionell /Unabhängigkeit/gegeben ist. Die ausste­hen­den Verord­nun­gen zum LAufnG sollen unter allen Umstän­den dazu genutzt wer­den, die Qual­ität der Beratung sicherzustellen.
Mit fre­undlichen Grüßen
Flüchtlingsrat Brandenburg
 
 
Dieser Brief wird unter­stützt von:
Barn­imer Kam­pagne „Light me Amadeu“, Eberswalde
ESTArup­pin e.V.
Evan­ge­lis­che Jugend Berlin-Bran­den­burg-schle­sis­che Oberlausitz
Far­fal­la, Waßmannsdorf
Flu­Mi­Co – Flucht & Migra­tion Cottbus
Flüchtling­shil­fe Großbeeren e.V.
Hen­nigs­dor­fer Ratschlag
Ini­tia­tive Barn­im für alle
Kon­takt- und Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, Bernau
Lan­desju­gen­dring Bran­den­burg e.V.
Net­zw­erk Flucht und Migra­tion Stadt Guben
Per­leberg hilft
Vielfalt statt Ein­falt – für ein fre­undlich­es Frank­furt (Oder)
Willkom­men in Fürstenberg
Willkom­mensini­tia­tive Joachimsthal
Willkom­men in Oberhavel
Willkom­men in Oberkrämer, Leege­bruch und Velten
Willkom­men in Oranien­burg e.V.
Willkom­men in Wandlitz/AG Basdorf
Willkom­men in Zehdenick
Pfar­rer Andreas Domke, Vor­sitzen­der der Syn­odalen AG „Flucht und
Migra­tion“ des Kirchenkreis­es Oberes Havelland
Angela Rößler, Potsdam-Konvoi
Annelies Rack­ow, Vere­in zur Förderung der Leben­squal­ität VFL-Bautzen
e.V., Schlieben
Bär­bel Böer, Flüchtlingsnet­zw­erkko­or­di­na­tion, Bran­den­burg an der Havel
Franziska Kusserow, Potsdam-Konvoi
Klaus Kohlen­berg, Freie Asyl­suchen­den-Beratungsstelle in Oranienburg-Lehnitz
Mar­i­anne Strohmey­er, Multitudeinitiative
Math­ias Tretschog, Schluss mit Hass
Rain­er E. Klemke, Willkom­men­steam des Bürg­ervere­ins Groß Schönebeck
Andrea Hons­berg, Eberswalde
Anke Przy­bil­la, Wandlitz
Dr. Dar­ja Bran­den­burg, Ludwigsfelde
Gabriele Jaschke
Lynne Hunger, Potsdam
Dr. Mar­garete Steger
Michael Elte, Oranienburg
[1] Ver­fahren­srichtlin­ie 2013/32/EU, Artikel 19–23, und
Auf­nah­merichtlin­ie 2013/33/EU, Kapi­tel V, Artikel 26, beide
veröf­fentlicht im Amts­blatt der Europäis­chen Union vom 29.06.2013.

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Flucht & Migration Gender & Sexualität Law & Order

Solidarität mit Aram M. und Vlad B.!

Stellen Sie sich vor, Sie sind ver­liebt. Stellen Sie sich vor, der geliebte Men­sch erwidert Ihre Gefüh­le. Sie führen eine Beziehung. Richtig ern­sthaft und es fühlt sich gut an. So eine Sache, die mit Respekt und Aus­tausch zu tun hat, mit Spaß und geteil­ten Inter­essen, so eine Sache mit lan­gen Gesprächen und allem, was für Sie dazu gehört,
allem, was Sie glück­lich macht.
Stellen Sie sich vor, Sie ziehen mit dem lieb­sten Men­schen in eine Woh­nung und der Ver­mi­eter kündigt ihnen nach kurz­er Zeit den Mietver­trag, weil er Ihre Liebe für Sodomie hält. Stellen Sie sich vor, auf einem Ihrer gemein­samen Spaziergänge wer­den sie bei­de zusam­mengeschla­gen, weil andere es als ekel­er­re­gend empfind­en, wenn Sie bei­de Hand in Hand gehen. Stellen Sie sich vor, bei der Polizei wer­den Sie nicht ernst genom­men, aus­gelacht, Ihnen wird sog­ar die Schuld an den Schlä­gen zugeschrieben. Schließlich sind Sie ja nur zwei Män­ner, die sich lieben.
Das war für Aram M. und seinen Part­ner Vlad B. lange die Real­ität. Aram flieht aus Arme­nien nach Rus­s­land, nach­dem er in seinem Geburt­s­land aus­ge­gren­zt und diskri­m­iniert, von sein­er Fam­i­lie ver­stoßen wurde, wed­er Arbeit noch Woh­nung fand. Alles wegen sein­er Homo­sex­u­al­ität. Alles, weil er nicht ver­steck­en wollte, dass er Män­ner liebt. In Moskau lernt er Vlad ken­nen, die bei­den ver­lieben sich, wer­den ein Paar. Nach­dem sie im Park zusam­mengeschla­gen wur­den entschließen sich die bei­den, nach Deutsch­land zu gehen, in ein Land, in dem sie sich Frei­heit und Akzep­tanz für ihr Leben wünschen.
Sie kaufen sich Flugtick­ets, ver­lassen ihr altes Leben und wollen ein neues begin­nen, von dem sie sich Besseres erhof­fen, Frei­heit zum Beispiel, die Frei­heit, zu lieben, wen sie wollen, die Frei­heit, ihre Liebe zu zeigen, zu feiern, die Frei­heit, sich nicht zu ver­steck­en, ohne Angst zu leben.
Am Flughafen Berlin-Tegel nimmt man ihnen die Pässe ab und anschließend wer­den die bei­den in die Erstauf­nah­mein­rich­tung nach Eisen­hüt­ten­stadt gebracht. Kaum dort angekom­men begin­nt die Ernüchterung — auf­grund der im Som­mer 2015 zunehmenden Anzahl von Men­schen, die vor Krieg und Ver­fol­gung Schutz suchen, wer­den sie in Mannschaft­szel­ten unterge­bracht. Ihre Part­ner­schaft wird auch in Eisen­hüt­ten­stadt nicht ernst genom­men, es scheint für die Sozialarbeiter_innen vor Ort unmöglich, dass zwei Män­ner ein Paar, eine Fam­i­lie bilden, die Kon­se­quenz daraus: Sie wer­den unter­schiedlichen Zel­ten zugewiesen. Die zwei, die so lange als Paar gekämpft haben, ein Paar sein zu dür­fen, die als Paar ihre Heimat ver­lassen haben, wer­den gle­ich als erstes in dem ver­meintlich frei­heitlichen Land getren­nt. Und es geht genau­so weit­er: nach 12 Tagen erfol­gt die Unter­bringung in Notun­terkün­ften, Aram kommt nach Frankfurt/Oder, Vlad nach Kirch­mös­er, einem Stadt­teil von Bran­den­burg an der Hav­el. Dort lernt er Alis­sa ken­nen. Sie ist selb­st aus Rus­s­land geflo­hen, nach­dem in ihrer Nach­barschaft Flug­blät­ter aushin­gen, die sie als Pädophile dif­famierten. Alis­sa ist les­bisch und LGBTI-Aktivistin und stellt den Kon­takt zu Emma Sil­ver­stein her. Die küm­mert sich, nimmt Kon­takt zu Har­ald Pet­zold, Bun­destagsab­ge­ord­neter der LINKEN und deren queer­poli­tis­ch­er Sprech­er, auf. Der macht Druck beim BAMF: wie es sein könne, ein Paar nach solchen trau­ma­tis­chen Erleb­nis­sen zu tren­nen. Wenige Tage später zieht Aram zu Vlad ins Heim. Aber der Ärg­er hat kein Ende: die Sozialarbeiter_innen der Notun­terkun­ft rat­en den bei­den, ihre Homo­sex­u­al­ität zu ver­ber­gen, son­st dro­he Ärg­er mit anderen mus­lim­is­chen Heimbewohner_innen.
Sechs Monate leben sie in dem Heim, sechs Monate geht das Ver­steck­spiel weit­er. So hat­ten sie sich das Leben in Deutsch­land nicht vorgestellt. Die bei­den wollen in eine eigene Woh­nung. Sie haben nach wie vor Angst. Es gibt viel Aus­tausch mit dem Sozialamt, viele Diskus­sio­nen, es kostet viel Kraft, viel Energie. Endlich beziehen sie mit einem anderen les­bis­chen Paar eine Ver­bund­woh­nung in Bran­den­burg an der Hav­el, drei Zim­mer für vier Per­so­n­en. Endlich etwas Pri­vat­sphäre. Aram spricht Englisch und etwas Deutsch, Vlad begin­nt mit dem Deutschunter­richt. Aram bemüht sich um Arbeit, find­et eine Prak­tikumsstelle in einem Friseur­sa­lon. Er mag es, wieder zu arbeit­en, lernt immer bess­er Deutsch zu sprechen. Auch die Kund_innen nehmen Anteil an sein­er Geschichte, sie fra­gen, wo er herkommt, warum er gegan­gen ist. Die meis­ten wis­sen gar nicht, wie schlimm die Sit­u­a­tion queer­er Men­schen an vie­len Orten dieser Erde ist.
Mit­tler­weile sind sie Teil der LGBTI-Com­mu­ni­ty in der Havel­stadt, sie gehen gemein­sam zu Par­tys und begin­nen sich ein neues Leben aufzubauen. Gemein­sam mit Vlad und Aram sowie anderen LGBTI-Aktivist_in­nen vor Ort haben wir, eine Gruppe von Unterstützer_innen, eine Refugee-LGBTI-Con­fer­ence vom 15. bis 17. April organ­isiert und durchge­führt, mit dem Ziel, Men­schen zusam­men­zubrin­gen und zu unter­stützen. Nun brauchen Aram und Vlad Unter­stützung, denn nach fast einem Jahr bekommt das Paar die Ein­ladun­gen zum Inter­view beim BAMF. Bei­de erhal­ten unter­schiedliche Ter­mine. Wieder wer­den sie als Paar nicht ernst genom­men. Ihr Anwalt ruft mehrmals beim BAMF an und ver­weist darauf, dass die bei­den zusam­men als Lebenspart­ner nach Deutsch­land gekom­men sind und deshalb auch einen gemein­samen Ter­min erhal­ten müssen — mit Erfolg.
Während des Inter­views wurde Aram nicht zu sein­er Sit­u­a­tion in Arme­nien befragt. Immer wieder, wenn er ver­sucht, darauf zu sprechen zu kom­men, wird er abgewürgt. Schließlich habe er mehrere Jahre in Rus­s­land ver­bracht und sei von dort in die Bun­desre­pub­lik ein­gereist, so die Argu­men­ta­tion der BAMF-Mitar­bei­t­erin. Und warum die bei­den ihre Homo­sex­u­al­ität nicht dezen­ter gelebt hät­ten. Das hät­ten sie doch nach dem ver­meintlichen Über­fall im Park auch getan und da hät­ten sie dann ja auch keine Prob­leme gehabt. Anson­sten ist auch hier die Part­ner­schaft kein The­ma. Es gehe um Aram per­sön­lich, sein rus­sis­ch­er Part­ner tue da nichts zur Sache. Nach einem Monat und 12 Tagen kommt der Neg­a­tivbescheid, das Asylver­fahren ist abgeschlossen — vorerst.
Begrün­dung: Da Aram über Rus­s­land ein­gereist sei, gelte §3AsylG nicht, da er nicht aus dem Land käme, dessen Staat­sange­hörigkeit er besitzt. Eine begrün­dete Furcht vor Ver­fol­gung als Homo­sex­ueller in Arme­nien habe er nicht vor­ge­tra­gen. Außer­dem sei die Ver­fol­gung als Homo­sex­ueller in Arme­nien nicht wahrschein­lich. Sein Lebenspart­ner Vlad hat bish­er keine Antwort vom BAMF.
Hal­ten wir fest: Aram wurde beim Inter­view daran gehin­dert, über die Gründe der Aus­reise von Arme­nien nach Rus­s­land zu sprechen. Das BAMF erken­nt die Part­ner­schaft der bei­den Men­schen nach wie vor nicht an, denn in ihrem Welt­bild scheinen nur Mann und Frau ein Paar bilden zu kön­nen. Soll­ten Men­schen sich nicht diesem Muster unterord­nen, wollen sie Doku­mente sehen, eine Heirat­surkunde zum Beispiel. Nur ist die Heirat gle­ichgeschlechtlich­er Men­schen sowohl in Arme­nien, in Rus­s­land und auch in Deutsch­land nicht möglich.
Wir lassen unsere Fre­unde nicht alleine und kämpfen für die Anerken­nung der bei­den als Lebenspart­ner und dafür, dass wed­er Aram nach Arme­nien, noch Vlad nach Rus­s­land abgeschoben wird. Wir haben uns entschlossen, unseren Kampf öffentlich zu führen, zum einen, um nicht nur Aram und Vlad, son­dern auch anderen LGBTI-Geflüchteten zu zeigen, dass sie nicht alleine sind, und zum anderen, um auf die diskri­m­inierende Prax­is des BAMF aufmerk­sam zu machen.
Wir wer­den am Mittwoch den 29. Juni um 19:00 Uhr in der Geschäft­stelle der Partei DIE LINKE, Kirch­hof­s­traße 1–2, 14776 Bran­den­burg an der Hav­el, ein erstes offenes Tre­f­fen ver­anstal­ten. Ziel ist es, Öffentlichkeit zu schaf­fen und gemein­sam zu berat­en, wie wir die bei­den in Zukun­ft unter­stützen können.
Orgateam der Refugee-LGBTI-Conference

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Antifaschismus Flucht & Migration

Solidarität mit Geflüchteten – Feuer und Flamme dem Abschiebesystem

Wir sol­i­darisieren uns mit allen No Bor­der Protesten und Aktio­nen. Gle­ichzeit­ig ist mit offe­nen Gren­zen noch nicht alles getan. Selb­st wenn Men­schen es ent­ge­gen aller Gewalt und Risiken schaf­fen, in die Fes­tung Europa oder bis nach Deutsch­land zu kom­men, wird ihnen hier sys­tem­a­tisch ein selb­st­bes­timmtes Leben verwehrt.
 
Das Leben in Sam­melun­terkün­ften ohne Pri­vat­sphäre und mas­siv­er Kon­trolle, aggres­siv­en Grup­pen­dy­namiken und der ständi­gen Bedro­hung durch Macht­demon­stra­tio­nen in Form von sex­u­al­isiert­er Gewalt u.a. vom Wach­per­son­al ausgesetzt…
Das Arbeitsver­bot, der Auss­chluss von Aus­bil­dungsmöglichkeit­en wie z.B. Studi­um, die Per­spek­tivlosigkeit durch „Dul­dung“ als Aufen­thaltssta­tus, der immer nur einige Monate gilt…
Die ständi­ge Angst vor Abschiebung, vor Abschiebe­haft und Polizeigewalt…
Die Krim­i­nal­isierung von poli­tis­chem Aktivismus…
 
Diese Poli­tik gewoll­ter und gewalt­samer Iso­la­tion macht Ver­net­zungsar­beit von poli­tisch aktiv­en Refugees untere­inan­der kosten‑, aufwands- und repres­sion­sin­ten­siv und erschw­ert sys­tem­a­tisch, dass Men­schen mit und ohne Fluchter­fahrung sich gemein­same soziale Umfelder erschaf­fen. So soll die Wahrschein­lichkeit von Wider­stand gegen dieses wider­liche Abschiebungssys­tem ver­ringert wer­den. Aber auch gegen Protest von Betrof­fe­nen, Freund*innen, Fam­i­lie oder anti­ras­sis­tis­chen Unterstützer*innen wer­den Leute aus ihren Leben­szusam­men­hän­gen geris­sen und ihrer Entschei­dungs­frei­heit darüber beraubt.
 
All das sind legale Hand­lungsweisen der soge­nan­nten gesellschaftlichen Mitte. Diese Ver­brechen find­en tagtäglich statt und stützen sich auf einen bre­it­en gesellschaftlichen Kon­sens. Parteien machen Wahlwer­bung mit Abschiebev­er­sprechen an bürg­er­liche Mitte bis extreme Rechte. In dieser all­ge­meinen Stim­mung gab es in den let­zten bei­den Jahren mehr als 1000 Angriffe auf Unterkün­fte von Geflüchteten. Anschläge, die Men­schen ein­schüchtern, lebens­ge­fährlich bedro­hen und Tote min­destens in Kauf nehmen oder sog­ar anstreben. Eine bre­ite öffentliche Skan­dal­isierung und offen­sive Gegen­be­we­gung sowie ern­sthafte Bestre­bun­gen zur Ver­fol­gung und — noch viel wichtiger — zur Präven­tion solch­er Gewalt­tat­en bleiben aus. Hät­ten stattdessen z.B. tausend Bul­lenwachen, Banken oder Abschiebe­be­hör­den in Deutsch­land gebran­nt, sähe das Medi­ene­cho und der gesamt­ge­sellschaftliche Auf­schrei ver­mut­lich anders aus…
 
Für jede Geflüchtete­nun­terkun­ft, die bren­nt – für jedes Heim, was ihr baut: Das kriegt ihr zurück!
NO LAGER!

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Law & Order

Richtungswechsel im Brandenburger Innenministerium

Innen­min­is­ter Schröter hat für zwei Fam­i­lien aus Forst und Pots­dam trotz hun­dert­er Unter­schriften, Briefe und Stel­lung­nah­men die Ersuchen der Härte­fal­lkom­mis­sion abgelehnt. Bei­de Fam­i­lien – Roma aus Ser­bi­en – sind bestens inte­gri­ert und in der hiesi­gen Gesellschaft verankert.
Mitschü­lerIn­nen, LehrerIn­nen, Nach­barIn­nen, Kirchen­mit­glieder und Bürg­erIn­nen aus Forst und Pots­dam haben sich geäußert und eingemis­cht. Alle appel­lieren, den Fam­i­lien ein dauer­haftes Bleiberecht zu gewähren. Es sind die Stim­men aus der Zivilge­sellschaft – oft von der Lan­desregierung für ihre engagierte Arbeit mit Geflüchteten gelobt – die hier über­gan­gen und offen­bar nicht gehört wer­den, wenn es um das Aufen­thalt­srecht geht.
Stattdessen liegt der Entschei­dung des Innen­min­is­ters ganz offen­sichtlich zugrunde, dass bei­de Fam­i­lien eine in seinen Augen zu kurze Aufen­thalt­szeit hät­ten und aus Ser­bi­en kom­men und damit aus einem so genan­nten sicheren Herkun­ft­s­land. Damit führt der Innen­min­is­ter die Arbeit der Härte­fal­lkom­mis­sion ad absur­dum. Migra­tions- und ord­nungspoli­tis­che Erwä­gun­gen, die aktuellen bun­des­ge­set­zlichen Asyl­rechtsver­schär­fun­gen zugrunde liegen, dürften die Arbeit der Härte­fal­lkom­mis­sion nicht berühren. Die bun­desrechtlichen Ver­schär­fun­gen im Hin­blick auf die sicheren Herkun­ft­slän­der zie­len pauschal auf schnellere Abschiebun­gen ganz­er Grup­pen, während es Auf­gabe der Härte­fal­lkom­mis­sion ist, den Einzelfall unab­hängig von Herkun­ft und Aufen­thalts­dauer zu betra­cht­en und zu erörtern.
Mit seinen Entschei­dun­gen, im Fall von Men­schen aus sicheren Herkun­ftsstaat­en gegen die Kom­mis­sion zu stim­men, kon­terkari­ert der Innen­min­is­ter die Arbeit der Härte­fal­lkom­mis­sion und stellt sie somit grund­sät­zlich in Frage. Men­schen aus sicheren Herkun­ftsstaat­en kön­nen in der Regel gar keine lange Aufen­thalt­szeit in Deutsch­land haben. Umso beachtlich­er ist es, wenn sie in dieser ver­gle­ich­bar kurzen Zeit eine starke Ver­ankerung in der örtlichen Gesellschaft erre­ichen. Insofern kann auch bei ihnen in ein­er kurzen Zeit ein beson­der­er Härte­fall vor­liegen, der für eine Aufen­thalts­gewährung rel­e­vant wäre.
Es geht bei den Über­legun­gen der Härte­fal­lkom­mis­sion wed­er um den Herkun­ftsstaat noch um Aufen­thalt­szeit­en, son­dern um das per­sön­liche Schick­sal der Men­schen. Wird dies bei Men­schen aus sicheren Herkun­ftsstaat­en nicht beachtet, wird ihnen grund­sät­zlich die Einzelfall­prü­fung im Härte­fal­lver­fahren ver­wehrt. Das wider­spricht dem auf dem human­itären Einzelfall basieren­den Ansatz der Härtefallkommission.
Trotz rel­a­tiv kurz­er Aufen­thalts­dauer von zwei bzw. drei Jahren haben es die Fam­i­lien Novakovi? und Brki? in außergewöhn­lich­er Weise geschafft, aktive Mit­glieder der örtlichen Gesellschaft zu wer­den. Sie sind beruf­stätig, ehre­namtlich aktiv, dol­metschen und unter­stützen andere Geflüchtete. Sie sind Mit­glieder im Sportvere­in und interkul­turellen Ini­tia­tiv­en, die Kinder der Fam­i­lie Novakovi? sind in der Schule längst inte­gri­ert und gehen erst­mals gern und mit einem Gefühl der Sicher­heit zur Schule. Bei­de Fam­i­lien haben zahlre­iche Unter­stützerIn­nen, Fre­undIn­nen und Nach­barIn­nen gewon­nen, die sie unter­stützen und nun gegen die Entschei­dung des Min­is­ters protestieren.
Vor diesem Hin­ter­grund ist es absurd, dass kurz nach Ende der “Dekade der Romain­klu­sion”, in der sich die Europäis­che Union mit ver­schiede­nen Pro­gram­men um die Inklu­sion von Roma bemüht hat, Kinder, die sich hier bestens in Schulleben und Kita inte­gri­ert haben, in die Per­spek­tivlosigkeit abgeschoben wer­den sollen – mit der Folge, eine Schule nicht mehr besuchen zu können.
Mit sein­er Gut­sher­re­nart wis­cht der Innen­min­is­ter die Inte­gra­tions­be­mühun­gen zahlre­ich­er Men­schen ein­fach zur Seite und stellt sich für die vie­len höflichen, aber auch fas­sungslosen Briefe von Ehre­namtlichen, LehrerIn­nen, Arbeit­ge­berIn­nen, Fre­undIn­nen und Nach­barIn­nen taub. Ein­er­seits posi­tion­iert er sich gegen rechte Über­griffe, ander­er­seits tor­pediert er die Arbeit eben jen­er Men­schen, die sich im Land Bran­den­burg gegen Rechts und für die Auf­nahme von Flüchtlin­gen engagieren und häu­fig das Boll­w­erk gegen rechte Het­ze vor Ort bilden. So kann keine Inte­gra­tion geflüchteter Men­schen gelin­gen, so wird ein grund­falsches Sig­nal in die Gesellschaft gesendet.
Wir fordern die Lan­desregierung und den Innen­min­is­ter auf, den Fam­i­lien Novakovi? und Brki? ein dauer­haftes Bleiberecht zu gewähren und sie nicht aus dem Kreis ihrer neuen Fre­undIn­nen und Nach­barIn­nen zu reißen.
Die Kinder dür­fen nicht aus der Schule bzw. Kita und ihrem gewohn­ten Umfeld genom­men und dahin abgeschoben wer­den, wo sie wieder Diskri­m­inierung und Anfein­dun­gen aus­ge­set­zt wären.
Wir fordern eine vor­be­halt­lose Prü­fung des human­itären Einzelfalls in der Härte­fal­lkom­mis­sion, unab­hängig von Herkun­ftsstaat und ord­nungspoli­tis­chen Überlegungen.

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Antifaschismus Flucht & Migration Law & Order

Pogida die 9.

Die Pots­damer Verkehrs­be­triebe rech­neten wohl mit äußerst mas­siv­en Störun­gen, so ließen sie schon über zwei Stun­den vor Ver­anstal­tungs­be­ginn keine Straßen­bah­nen mehr in Rich­tung Hum­boldt­brücke fahren. Es gab drei angemeldete Gegenkundge­bun­gen, zum einen eine des SV Babels­berg 03, in der Schwa­ne­nallee. Hier nah­men bis zu 250 Men­schen an der Kundge­bung teil, die sich let­z­tendlich direkt hin­ter dem Start­punkt des Pogi­da-Auf­marsches posi­tion­ieren kon­nte. So war eine Beschal­lung der Anfangskundge­bung gewährleis­tet. Hier soll es wohl auch zu polizeilichen Über­grif­f­en mit­tels Pef­fer­spray gekom­men sein, auch Fes­t­nah­men waren zu verzeichnen.
Die Pogi­da-Neon­azis waren heute mit nur etwa 40 Per­so­n­en auf der Straße. Sie wur­den jedochvon der Polizei gebeten den Gehweg zu benutzen, aus Sicher­heits­grün­den. Was sie auch tat­en. Die Neon­azis um Chris­t­ian Müller set­zten ihren Weg durchs Schmud­del­wet­ter rel­a­tiv zügig zurück. Auf Höhe der Manger­straße passierten sie eine Gegenkundge­bung der Linken. Hier protestierten ca. 200 Men­schen laut­stark. Block­ade­v­er­suche, nahe der Kundge­bung, wur­den durch die Polizei vereitelt.
Die Abschlusskundge­bung der Neon­azis fand vor dem ehe­ma­li­gen Kreiswehrersatzamt statt. Hier rede­ten unter anderem eine Per­son von Bärgi­da und natür­lich Müllers Chris­t­ian. Er verkün­dete gewohnt schwank­end, dass er abtreten wollen würde, dass jemand anders die Anmel­dung des näch­sten Auf­marsches übernehmen werde, dieser solle wohl am 7. April vom Haupt­bahn­hof starten. Aber wie immer sind die Aus­sagen des Müller­schen Neon­azis wenig ver­läßlich. Der soge­nan­nte „Press­esprech­er“ Her­bert Hei­der set­zte sich für einen Zwei-Wochen-Rhyth­mus ein, Müller dage­gen kündigte an jede Woche auf­marschieren zu wollen.
Die gesamte Abschlusskundge­bung wurde laut­stark übertönt von den über 500 Teil­nehmenden an der Kundge­bung des Bünd­niss­es „Pots­dam beken­nt Farbe“. Gegen Ende der Neon­azi-Ver­anstal­tung gab es noch einen Störver­such. Laut Presse ver­sucht­en wohl einige Aktivist_innen Pogi­da das Front­tran­spi abspen­stig zu machen. Ins­ge­samt begleit­eten wohl ca. 800 Antirassist_innen und Antifaschist_innen den Pogi­da-Auf­marsch kritisch.
Nach­dem Müller die Ver­anstal­tung für been­det erk­lärte, teilte sich Pogi­da in zwei Grup­pen auf. Eine lief in Polizeibegleitung wieder zurück zur Glienick­er Brücke, mit dabei waren Chris­t­ian Müller und weit­ere 15 ‑20 Neon­azis. Die zweite Gruppe von eben­falls 15 Per­so­n­en wurde über die Hum­boldt­brücke und Zen­trum Ost zum Haupt­bahn­hof geleitet.

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