Repression gegen Antifaschist_innen nach erfolgreicher Blockade des (Neo)naziaufmarschs am 05. April in Wittenberge, Lkr. Prignitz
Im Zuge der Proteste gegen einen (Neo)naziaufmarsch am 05. April in Wittenberge kam es zu massiver Polizeigewalt gegen Antifaschist_inneni. Es wurden mehrere Personen festgenommen, gegen eine wurde Anklage erhoben. Der Tatvorwurf lautet „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung“.
Kurzauswertung der Kommunalwahlen in Westbrandenburg
Am 25. Mai 2014 fanden im Land Brandenburg unter anderem Kommunalwahlen statt, bei denen insgesamt 115 Kandidat_innen der NPD antraten, in Westbrandenburg waren es insgesamt zehn Personen. Sieben von ihnen wurden auch in die von ihnen angestrebten Parlamente gewählt, unter ihnen einige Gewalttäter.
Im Lkr. Ostprignitz-Ruppin trat der NPD-Stadtverbandsleiter Dave Trick für die SVV in Neuruppin an und zog auch in diese ein. Dass Dave Trick seinen Wahlkampf mit harten Bandagen führt, zeigte sich am 21. Mai, als er mit einem weiteren Wahlkampfhelfer der NPD einen Unterstützer der Partei DIE.LINKE vom Fahrrad gerissen hatte und diesen anschließend mit Schlägen und Tritten malträtierte. Der Betroffene musste im Klinikum behandelt werden.
Im Lkr. Havelland zog die NPD mit insgesamt vier Kandidaten in die Kommunalparlamente ein. In den Kreistag zogen der vorbestrafte Michel Müller und Erik Brüning ein. Michel Müller ist seit gut 20 Jahren in der (Neo)nazistischen Szene aktiv (für einen umfassenden Überblick: http://de.indymedia.org/node/252) und kein unbeschriebenes Blatt. Im Gegensatz dazu ist Erik Brüning bis dato nicht auffällig geworden. Er ist aber seit spätestens 2007 in der NPD aktiv, damals als Stützpunktleiter in Neuruppin, 2008 zog es ihn dann in den NPD-Stadtverband von Nauen. Seit dem nimmt er kontinuierlich an Kundgebungen, Infotischen und Demonstrationen des (neo)nazistischen Milieus teil, häufig auch als Ordner. Neben dem Kreistag ist Brüning auch in die SVV von Nauen und Michel Müller in die SVV von Rathenow eingezogen.
In die SVV von Brieselang, Lkr. Havelland, zog der bis dahin unauffällige Frank Kittler ein. In die Gemeindevertretung von Schönwalde-Glien schaffte es der langjährige NPD-Funktionär Burkhard Sahner.
In der Kreisstadt Bad Belzig schaffte der vorbestrafte Gewalttäter Pascal Stolle den Einzug in die SVV. Dass sich an der Gewaltaffinität des NPD-Anhängers seit seinem Gefängnisaufenthalt nicht viel geändert hat, zeigte sich am Wahlabend. Ein Fotojournalist, der die Wahlparty der NPD beobachtete, wurde mittels eines Schlages von Pascal Stolle vor den Augen zwei Staatsschutzbeamten angegriffeniii. Der Beschuldigte wurde in Gewahrsam genommen und Anzeige erstattet.
Der zweite gewählte NPD-Mann im Lkr. Potsdam-Mittelmark ist André Schär. Er zog in den Kreistag ein. Bei der konstituierenden Sitzung am 19. Juni verhielt er sich ruhig, trug alle Entscheidungen mit und brachte keine eigenen Anträge etc. ein. Mit seiner Enthaltung bei der Frage, ob die Sitzung aufgezeichnet werden solle, sorgte er dafür, dass dies nicht geschah, denn der Beschluss hätte einstimmig gefasst werden müssen.
Die NPD ist somit in sieben Kommunalparlamenten vertreten, wie aktiv sie dort in den kommenden Jahren sein wird, ist noch nicht absehbar.
Tag der deutschen Zukunft am 06. Juni 2015 in Neuruppin, Lkr. Ostprignitz-Ruppin
Doch nicht nur die NPD versucht hier in Westbrandenburg an Einfluss zu gewinnen, auch die „freien Kräfte“ wollen eigene Akzente setzen. Insbesondere die „Freien Kräfte Neuruppin“ waren in den letzten Jahren bestrebt durch Propagandamärsche (neo)nazistische Ideologie zu publizieren und Mitstreiter_innen zu agitieren. Am 6. Juni 2015 wollen sie mit anderen (Neo)nazis in Neuruppin einen so genannten „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) durchführen.
Der TDDZ wurde vor sechs Jahren durch Dieter Riefling und Christian Worch (DIE.RECHTE) ins Leben gerufen. Bisher waren die Aufmärsche, bei denen durchschnittlich 500 (Neo)nazis teilnahmen, immer in Nordwestdeutschland angesiedelt, in diesem Jahr ging es aber erstmals in den Osten der Republik, in die sächsische Landeshauptstadt Dresden. Dort, wie auch in den Versammlungsstätten der Vorjahre, versuchten Antifaschist_innen die Märsche durch Blockaden zu verhindern, umzuleiten, mindestens aber zu stören..
Auch in Neuruppin gibt es die Tradition des Blockierens von (Neo)naziaufmärschen, an der auch im kommenden Jahr angeknüpft werden soll.
Kein TDDZ in Neuruppin!!!
Antifa Soliparty
Um die Repressionskosten zu stemmen und um Aktionen und Proteste gegen zukünftige (Neo)naziaufmärsche finanzieren zu können veranstaltet die Antifa Westbrandenburg gemeinsam mit Unterstützer_innen am 05. Juli eine Soliparty in der K9, Kinzigstraße 9 in Berlin. Um 20 Uhr wird es eine Infoveranstaltung zu (Neo)nazistrukturen in Westbrandenburg geben und im Anschluss, ab circa 22 Uhr wird dann bis zum Morgengrauen mit dem DJ-Team „The Hapoels“ und DJ „Maxx Power“ gefeiert.
[inpost_galleria thumb_width=“105” thumb_height=“105” post_id=“618904” thumb_margin_left=“3” thumb_margin_bottom=“0” thumb_border_radius=“2” thumb_shadow=“0 1px 4px rgba(0, 0, 0, 0.2)” id=”” random=“0” group=“0” border=”” show_in_popup=“0” album_cover=”” album_cover_width=“105” album_cover_height=“105” popup_width=“800” popup_max_height=“600” popup_title=“Gallery” type=“yoxview” sc_id=“sc1404473844858”]
Bis 2012 Moderatorin im “Thiazi”-Forum
Nun ist bekannt geworden, dass Brandstetter jahrelang eine führende Rolle im Forum “Thiazi.net” inne hatte. Das Portal war seit seiner Gründung 2007, bis zu einer Razzienwelle und anschließender Abschaltung 2012 eine der bundesweit wichtigsten Vernetzungsinstanzen für die Neonaziszene. Brandstetter war seit der Anfangszeit als Moderatorin aktiv und schrieb insgesamt über 1500 Beiträge. Dies berichtet die “Autonome Antifa Freiburg” in einem gerade erschienenen Artikel. Nichts deutet darauf hin, dass sich Brandstetter seit den Durchsuchungen und der Forenabschaltung 2012 von der neonazistischen Szene gelöst hätte.
Von Österreich bis nach Brandenburg
Brandstetter ist Österreicherin und zog vor mehr als einem Jahrzehnt nach Deutschland. Sie wohnte in Münstermaifeld in Rheinland-Pfalz und arbeitete dort in einer Kindertagesstätte. Seit drei Jahren lebt sie in Treuenbrietzen. Dort engagiert sie sich in der CDU, deren Kreisvorsitz Saskia Ludwig inne hat. Dass Brandstetter als österreichische Staatsbürgerin für die CDU als Kandidatin bei den Kommunalwahlen antrat, war dem RBB im Mai sogar eine längere Story wert. Sie hätte zunächst Angst gehabt, als “Fremde” in Brandenburg auf Ablehnung zu stoßen, berichtete Brandstetter dort. Doch tatsächlich sei ihr solche Fremdenfeindlichkeit in Brandenburg “zum Glück gar nicht begegnet”. Zur CDU habe sie, so heißt es im RBB-Bericht, der gemeinsame “politisch-konservative Hintergrund“geführt.
Derzeit ist Brandstetter weiterhin in der Kinderbetreuung tätig. Im zu Treuenbrietzen benachbarten Brück ist sie als Erzieherin in einer christlichen Kindertagesstätte angestellt.
Als “Thiazi.net”-Moderatorin “Prometheusfunke”: Übersetzungskoordination für antisemitischen Hetzroman
Im “Thiazi-net” äußerte sich Brandstetter weit weniger zurückhaltend. Unter ihrem Pseudonym “Prometheusfunke” schrieb sie im Jargon der Holocaustleugnung über den “Holoklaus”, der bedauerlicherweise als “schlimmstes Verbrechen aller Zeiten anerkannt” sei und beklagt, dass Hitler “weltweit als Bestie in Menschengestalt” betrachtet werden würde.
Zudem war Brandstetter um 2009 Koordinatorin der deutschen Übersetzung des Romans “Hunter” aus der Feder des US-Neonazis William Pierce. Sie war als Moderatoin für den “Thiazi.net”-Forenabschnitt zuständig, in dem die Übersetzung zusammengetragen wurde. Das Buch ist eine literarisch inszenierte, von derben Gewaltfantasien durchsetzte antisemitische Hetzschrift.
“Thiazi.net”: Bundesweites Neonazi-Forum
Das “Thiazi.net” war bis zu seiner Abschaltung die bedeutendste Online-Vernetzungsinstanz im deutschen Neonazismus. Es hatte mindestens 20.000 Mitglieder. Auch war Brandstetter beim Vorläuferprojekt “Skadi.net” aktiv. Zu Brandstetters “Thiazi”-Moderationskollegen gehörten Neonazis wie Tobias Storbeck (Pseudonym “Blutzeuge”, aus Prenzlau, Musiker bei der Neonaziband “Jungvolk”) und Peter Brammann (Pseudonym “Beobachter”, aus Berlin, Musiker der Neonaziband “DST”). Im Juni 2012 wurden Wohnungen von 26 Beschuldigten in elf Bundesländern und in Großbritannien durchsucht. 2013 wurde in Rostock Anklage gegen mehrere Personen erhoben. Anfang Juni 2014 folgten weitere Razzien, diesmal gegen 35 Beschuldigte in zwölf Bundesländern. Alle stehen im Verdacht der Bildung, beziehungsweise der Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Auch in Brandenburg gab es Durchsuchungen, und zwar in Potsdam, Velten, Brandenburg/Havel und Prenzlau.
Detailierte Informationen über “Thiazi.net” sind durch ein weiteres neonazistisches Portal “Altermedia” bekannt beworden. Dort waren Scans aus den polizeilichen Ermittlungsakten veröffentlicht worden. Aus diesen geht unter anderem die Admininstrationsstruktur des “Thiazi.net” hervor — auch die hoch angesiedelte Rolle von “Prometheusfunke” ist dort festgehalten. Ebenso ist aus den mangelhaft geschwärzten Akten der Name und der Münstermaifelder Wohnsitz von Brandstetter rekonstruierbar.