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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

100 Menschen erinnnerten an den Mord an Amadeu Antonio

Am Mon­tag, dem 6. Dezem­ber 2010, ver­sam­melten sich in Eber­swalde etwa 100 Men­schen zu Gedenkver­anstal­tun­gen zum 20. Todestag von Amadeu Anto­nio Kiowa. Vor 20 Jahren hat­ten 60 Neon­azis den Angolan­er in Eber­swalde zu Tode gejagt und geprügelt. Es war der erste öffentlich bre­it wahrgenommene ras­sis­tis­che Mord nach dem Ende der DDR.

Aus Anlass des Jahrestages fan­den eine Kundge­bung am dama­li­gen Tatort sowie eine Gedenk­feier im Fam­i­lien­garten statt. Dort wurde auch eine Ausstel­lung über das Leben der angolanis­chen DDR-Ver­tragsar­beit­er gezeigt. In den Vor­wochen hat­te es außer­dem eine Podi­ums­diskus­sion und ein Chorkonz­ert gegeben.

Hier ein Rück­blick auf das Geschehen vor 20 Jahren.

Novem­ber 1990: Amadeu Anto­nio traf, nach­dem er mit vier Freund_innen das Lokal “Hüt­ten­gasthof“ in Eber­swalde ver­ließ, auf 60 Neon­azis, die “Neger klatschen“ woll­ten, so ein Zeuge vor Gericht. Auf Anto­nio und seine Freund_innen wurde mit Lat­ten­zäunen und Base­ballschlägern bru­tal eingeschla­gen. Bei dem Ver­such zu fliehen, teilte sich die Gruppe. Amadeu´s Freund_innen kon­nten entkom­men. Er selb­st jedoch nicht.

Der angolanis­che Ver­tragsar­beit­er wurde im späteren Ver­lauf von rund zehn Neon­azis ver­fol­gt, zusam­mengeschla­gen und zu Tode geprügelt. Erst als ein Bus vor­bei­fuhr, ließen die Täter von ihrem bere­its bewusst­losen Opfer ab. Zivilpolizis­ten, die diese grausame Tat von Anfang an beobachteten, forderten lediglich Ver­stärkung an, anstatt aktiv in das Geschehen einzu­greifen, wom­it sie Schlim­meres hät­ten ver­hin­dern können. 

Am 6. Dezem­ber 1990 starb Amadeu Anto­nio im Alter von 28 Jahren an seinen Ver­let­zun­gen,  ohne sei dem Angriff das Bewußt­sein wieder­erlangt zu haben. Er hin­ter­ließ seine schwan­gere Fre­undin, die ihr gemein­sames Kind am 9. Jan­u­ar 1991 zur Welt brachte, dem Tag, an dem sein Leich­nam nach Ango­la über­führt wurde.

Der Tather­gang

Am Abend des 24. Novem­ber 1990 hat­ten sich Neon­azis aus mehreren Ortschaften in der Woh­nung eines bekan­nten Eber­swalder Neon­azis ver­sam­melt. Sie tat­en sich mit etwa 50 weit­eren Jugendlichen aus der Diskothek “Rock­bahn­hof“, ein­er Heavy-Met­al Diskothek zusam­men. Später zogen 60 Neon­azis zum nahegele­ge­nen “Las Vegas“, mit dem Vorhaben linke Jugendliche “aufzuk­latschen“. Das “Las Vegas“ war zu diesem Zeit­punkt jedoch geschlossen. 

Der 60-köp­fige Trupp, zog daraufhin weit­er Rich­tung “Hüt­ten­gasthof“, eine Diskothek die dafür bekan­nt war, dass Men­schen mit alter­na­tivem oder Migra­tionsh­in­ter­grund sich dort aufhiel­ten und auch willkom­men waren.

Zivilpolizis­ten, die den Trupp beobachteten, informierten den Wirt des “Hüt­ten­gasthofs“, der sofort sein Wirtshaus schloss. Anto­nio und seine Begleit­er die sich in diesem Haus aufhiel­ten ver­ließen kurze Zeit später das Lokal und beschlossen sich auf den Heimweg zu machen. Als sie auf Augen­höhe mit den  Neon­azis geri­eten, rief ein­er aus deren Gruppe: “Da sind die Neger“. Was fol­gte war eine bar­barische Het­z­jagd, bei der sich nur Antonio´s Begleit­er ver­let­zt in Sicher­heit brin­gen konnten. 

Amadeu Anto­nio blieb hil­f­los zurück. Er wurde von rund 10 Neon­azis mit Lat­ten­zäunen und Base­ballschlägern mal­trätiert. Als er schon bewusst­los am Boden lag, sprang ein­er mehrmals auf den Kopf. Erst als ein Bus vor­bei­fuhr ließen sie von ihm ab. Elf Tage später, am 06. Dezem­ber starb Amadeu Anto­nio, ohne je das Bewußt­sein wieder­erlangt zu haben.

“Für einen Afrikan­er mache ich nichts“

Die Polizei wusste am Abend des 24. Novem­bers über das Tre­f­fen der recht­en Schläger und das Ziel bescheid. Drei Zivilpolizis­ten beobachteten den kom­plet­ten Tather­gang. Das einzige Ein­greifen jedoch beruhte lediglich auf den Ruf von Ver­stärkung. Diese traf auch ein, griff aber viel zu spät ein. Eine Zeu­g­in sagte, dass sie gehört habe wie ein­er der Polizis­ten sagte: “Für einen Afrikan­er mache ich nichts. Ich set­ze nicht mein Leben auf´s Spiel.“

Der Prozessver­lauf

Das Ver­fahren wurde nur gegen sechs der Täter eröffnet. Ein­er bekam eine zwei­jährige Bewährungsstrafe. Der Rest wurde bis zu vier Jahren Jugend­strafe vor dem Landgericht Frank­furt (Oder) verurteilt. Der Prozess wurde damals vom Recht­san­walt Ronald Reimann, Vertreter der Neben­klage so beschrieben: “Die väter­lich-gut­mütige Prozeßführung des Richters wurde der Schwere der Tat ins­ge­samt nicht gerecht. Oft schien es so, als ob nicht der Tod eines Men­schen Anlaß des Prozess­es war, son­dern ein banaler Ladendieb­stahl von Jugendlichen.“ Und Unrecht hat­te er gewiss nicht.

Ein Polizist sagte aus: “ Ich rief sofort meine bei­den Kol­le­gen zurück, da ich ver­hin­dern wollte, dass diese mit der Gruppe in Kon­flikt ger­at­en“. Auf die Frage: “Waren sie bewaffnet?“, antwortete er: “Ja“. Auf die Frage: “Wären Sie eingeschrit­ten, wenn Sie gewußt hät­ten, daß ein Men­sch zu Tode kommt?“, schweigt er. Der Richter wies ihn auf seine Aus­sagev­er­weigerung hin, die er dann dank­end annahm. 

Dass die Polizei in diesem Fall nicht verurteilt wurde, über­rascht mich nicht. Die Insti­tu­tion ist hier­ar­chisch aufge­baut und endet im Innen­min­is­teri­um. Wenn man dort länger ermit­telt hätte, hätte man auch eigene Ver­fehlun­gen eingeste­hen müssen“, so Pro­fes­sor Dr. Moni­ka From­mel, Direk­torin des Insti­tuts für Sank­tio­nen­recht und Krim­i­nolo­gie der Uni­ver­sität zu Kiel.

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Klima & Umwelt

Stop Castor Biesenthal

Vom 14.–16. Dezem­ber soll ein Cas­tor-Zug mit hochra­dioak­tivem Atom­müll von Cadarache (Frankre­ich) nach Greifswald/Lubmin ins dor­tige Zwis­chen­lager rollen. Eine der möglichen Trans­port­streck­en führt über Biesenthal.

Dieser Trans­port ist nicht nur vol­lkom­men sinn­los (Was soll der Atom­müll in Greif­swald?), er ist auch gefährlich. Bei einem Unfall dro­ht eine radioak­tive Ver­strahlung der gesamten Umge­bung. Der Skan­dal ist aber vor allem, dass durch den Weit­er­be­trieb der Atom­an­la­gen immer weit­er Atom­müll pro­duziert wird, ohne dass es irgend­je­mand weiss, wie dieser Müll sich­er gelagert wer­den soll. Hochra­dioak­tiv­er Müll strahlt mehrere zehn­tausend Jahre. Völ­lig absurd ist es für einen solch lan­gen Zeitraum eine sichere End­lagerung garantieren zu wollen, wie zur Zeit in Asse und Morsleben auf tragis­che Weise betra­chtet wer­den kann. Das einzig vernün­ftige in dieser Sit­u­a­tion ist ein Ende der Atom­müll­pro­duk­tion, also die sofor­tige Abschal­tung aller Atomanlagen.

Wir wollen deswe­gen auch bei uns in Biesen­thal gegen den Cas­tor-Trans­port demon­stri­eren und zeigen, dass dieser Weg nicht wider­stand­s­los passier­bar ist.

Zur Zeit sind wed­er die Route noch der genaue Zeit­plan des Cas­tors bekan­nt. Wir haben deswe­gen vom 15.12. um 12 Uhr bis zum 16.12. um 24 Uhr eine Mah­nwache am Biesen­thaler Bahn­hof angemeldet. Das Bahn­hof­s­ge­bäude kön­nen wir als Infop­unkt, zum Aufwär­men, Kochen und Filme guck­en nutzen.

Mit Iso­mat­ten und Schlaf­säck­en kön­nen wir dort die Nacht ver­brin­gen. Der Bahn­hof ist stündlich direkt von Berlin-Licht­en­berg, Bernau und Eber­swalde aus erreichbar.

Und natür­lich wollen wir den Cas­tor block­ieren, wenn er über Biesen­thal fährt. Allerd­ings gilt es zu bedenken, dass wir es mit ein­er stark befahre­nen Strecke zu tun haben (für viele Biesen­tha­lerIn­nen ist es der Pen­del­weg zur Arbeit) und schnelle schwere Züge haben einen kilo­me­ter­weit­en Bremsweg .

Block­adeak­tio­nen müssen also sehr gut geplant und vor­bere­it­et wer­den. Lieber den Cas­tor durchrauschen lassen, als Men­schen­leben gefährden. Es ist auch nicht aus­geschlossen, dass die Polizei von Block­iererIn­nen die
Per­son­alien aufn­immt und dann anschliessend die Staat­san­waltschaft ein Strafver­fahren wegen “Gefährlichen Ein­griff in den Schienen­verkehr” eröffnet.

Für den Fall, dass der Cas­tor nicht über Biesen­thal fährt, gibt es die Möglichkeit noch nach Greif­swald zu fahren und sich dort den Protesten und Block­aden anzuschliessen.

Aktion­s­gruppe Stop Cas­tor Biesen­thal
stop-castor-biesenthal@gmx.de
0162 — 3987982

Mehr Infor­ma­tio­nen zum Cas­tor-Trans­port: http://www.lubmin-nixda.de/

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(Anti-)Rassismus

Sammelabschiebungen mit der Aeroflot – Flüchtlingsräte rufen weiter zu Fax-Kampagne auf

Berlin/Brandenburg — Ver­gan­genen Mon­tag wur­den 46 Viet­namesIn­nen mit ein­er Mas­chine der Aeroflot von Schöne­feld nach Hanoi abgeschoben. Für kom­menden Mon­tag hat die Bun­de­spolizei noch ein­mal 50 Plätze bei der Aeroflot für Abschiebun­gen nach Viet­nam reserviert (Abflug 9.50 Uhr, Flugnum­mer SU 112). Aus Protest gegen die Abschiebun­gen rufen die Flüchtlingsräte Berlin und Bran­den­burg weit­er­hin zu Protest- E‑Mails und Fax­en an die durch­führende Flugge­sellschaft Aeroflot auf.

Nach eige­nen Angaben ist Aeroflot in den let­zten Tagen bere­its von Protest-Fax­en und E‑Mails über­schwemmt wor­den (vgl. Bericht in der Jun­gen Welt vom 2.12.10). Auf Fra­gen nach der kom­menden Abschiebung sind von Mitar­bei­t­erIn­nen am Aeroflot-Schal­ter im Flughafen Schöne­feld wenig druck­fähige Äußerun­gen zu hören.

Ein Mitar­beit­er des Aeroflot-Büros in Frank­furt ver­wies laut Junge Welt auf die Zuständigkeit der Aeroflot-Zen­trale in Moskau. Wir nehmen diesen Hin­weis dankbar auf und haben nun auch eine Fax-Vor­lage auf Englisch sowie die Fax- und E‑Mail-Adressen der Aeroflot in Moskau auf unsere Home­pages gestellt.

Beate Selders vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg: „Wie im let­zten Jahr bei der Flugge­sellschaft Air­ber­lin möcht­en wir durch öffentlichen Druck erre­ichen, dass sich die Aeroflot in Zukun­ft nicht mehr an Abschiebun­gen beteiligt. Wir sind der Mei­n­ung, kein Pilot und keine Flugge­sellschaft dür­fen Men­schen gegen ihren Willen transportieren!“

In Viet­nam erwartet die abgeschobe­nen Men­schen eine ungewisse Zukun­ft. Laut Amnesty Inter­na­tion­al sind die Rechte auf freie Mei­n­ungsäußerung und Ver­samm­lungs­frei­heit in Viet­nam stark eingeschränkt. In diesem Jahr nah­men Repres­sio­nen gegen poli­tisch engagierte Bürg­er zu. (vgl. ai Län­der­bericht Viet­nam 2010)

Email-Adressen der Aeroflot-Zen­trale in Moskau:

openline@aeroflot.ru
presscentr@aeroflot.ru
callcenter@aeroflot.ru

Fax-Adressen der Aeroflot-Zen­trale in Moskau: 

Kun­denser­vice: 007–495 784‑7142
Presse-Abteilung:  007–495 753–86-39

Zu den Fax- und Email-Vorlagen

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(Anti-)Rassismus

Länderinitiativen zur Residenzpflicht im Bundesrats-Innenausschuss

Berlin/Brandenburg — Bun­desrat-Innenauss­chuss stimmte gestern unter anderem über zwei Län­derini­tia­tiv­en zur Änderung der Res­i­den­zpflichtregeln ab. Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg begrüßt diesen ersten Schritt in Rich­tung Abschaf­fung und bedauert, dass die weit­er­re­ichende Ini­tia­tive keine Mehrheit fand.

Der Innenauss­chuss des Bun­desrates hat gestern einen Geset­ze­sen­twurf zur Änderung aufen­thalts- und asyl­rechtlich­er Vorschriften berat­en. Darin enthal­ten sind Änderun­gen von Bleiberecht­sregelun­gen, die bere­its von vie­len Ver­bän­den, den Flüchtlingsräten und Pro Asyl kri­tisiert wur­den. Ein ander­er Teil des Geset­ze­sen­twurfs wurde bish­er wenig öffentlich beachtet: die Änderun­gen der räum­lichen Aufen­thalts­beschränkung, der sog., Res­i­den­zpflicht‘ für Asyl­suchende und Geduldete.

Angenom­men wurde gestern die gemein­same Bun­desratsini­tia­tive der Lan­desregierung Bran­den­burg und des Berlin­er Sen­ats, nicht nur für Asyl­suchende (wie der Geset­ze­sen­twurf vor­sieht), son­dern auch für Geduldete den Aufen­thalt in benach­barten Bun­deslän­dern zu ermöglichen. Eine solche bun­des­ge­set­zliche Änderung erle­ichtert die Über­nahme der neuen Regelung zwis­chen Berlin und Bran­den­burg durch andere Bundesländer.

Der Flüchtlingsrat begrüßt die Dynamik, die von Bran­den­burg und Berlin in Gang geset­zt wurde. Auch die neue Bran­den­burg­er Regelung, die Aufen­thalts­beschränkung auf den Land­kreis aufzuheben und auf das Bun­des­land auszudehnen, hat seit ihrer Ein­führung Ende Juli große Res­o­nanz in anderen Bun­deslän­dern gefun­den. In Schleswig-Hol­stein und Nor­drhein-West­falen wurde sie inzwis­chen übernommen.

Zum ersten Mal stand gestern auch eine Län­derini­tia­tive auf der Tage­sor­d­nung des Bun­desratauss­chuss­es, die Res­i­den­zpflicht weit­erge­hend aufzuheben. Das sah ein gemein­samer Antrag der Bun­deslän­der Nor­drhein-West­falen, Berlin, Bran­den­burg und Bre­men vor. Nur noch in Aus­nah­me­fällen sollte der Aufen­thalt von Flüchtlin­gen auf den Land­kreis beschränkt wer­den, „im Übri­gen find­et eine räum­liche Beschränkung nicht statt“. Zwar fand der Änderungsantrag keine Mehrheit, doch einen förm­lichen Beschluss wird der Bun­desrat erst am 17. Dezem­ber fassen.

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg appel­liert an die Bun­deslän­der, die his­torische Chance zu ergreifen und die Res­i­den­zpflicht als Teil der Abschreck­ungspoli­tik gegen Flüchtlinge endlich Geschichte wer­den zu lassen.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Kultur das beste Mittel, um Demokratie zu stärken und zu leben“

Barnim/Uckermark — Bere­its zum zweit­en Mal ver­lieh die Bürg­er­s­tiftung Barn­im Uck­er­mark den „Barn­imer Förder­preis für Demokratie“. Als Preisträger aus­geze­ich­net wur­den die The­ater­gruppe „Akzent“ aus Eber­swalde und das Jugend­pro­jekt „BAFF – Bands auf fes­ten Füßen“ aus Joachimsthal.

Alle Ini­tia­tiv­en ver­di­enen Anerken­nung und öffentliche Würdi­gung“, erk­lärt Johan­na Funk von der Bürg­er­s­tiftung Barn­im Uck­er­mark anlässlich der Ver­lei­hung des „Barn­imer Förder­preis­es für Demokratie“ am 19. Novem­ber 2010. Seit 2008 wird der Preis im Tur­nus von zwei Jahren von der Bürg­er­s­tiftung vergeben. Vier Pro­jek­te hat­ten es in die engere Auswahl geschafft: das Bünd­nis Barn­im Naz­ifrei, die Eber­swalder Nor­dend­schule, die The­ater­gruppe „Akzent“ sowie das Jugend­pro­jekt „BAFF – Bands auf fes­ten Füßen“. Ursprünglich sollte nur ein Pro­jekt mit dem mit 2.000 Euro dotieren Preis aus­geze­ich­net wer­den. Als Uta Leich­sen­ring, Vor­sitzende des Stiftungsrates, und Vik­to­ria Enzen­hofer, Vor­sitzende des Stiftungsvor­standes, mit den Worten „Wir kom­men zu zweit“ die Bühne betrat­en, ahn­ten einige Anwärter aber schon, dass es eine Über­raschung geben werde. Gle­ich zwei Ini­tia­tiv­en zeich­nete die Jury mit dem Preis aus: die The­ater­gruppe „Akzent“ aus Eber­swalde und das Jugend­pro­jekt BAFF aus Joachim­sthal. Die Entschei­dung fiel der Jury sichtlich schw­er. „Zu groß war die Auswahl und zu vielfältig die Vorstel­lun­gen von Demokratieförderung“, hieß es in ihrer Begrün­dung.

Mit Kun­st und Kul­tur Brück­en bauen“ 

Dass man „mit Kun­st und Kul­tur Brück­en bauen kann“ zeige die The­ater­gruppe „Akzent“ ein­drucksvoll, lobte Leich­sen­ring den ersten Preisträger. 1997 her­vorge­gan­gen als Pilot­pro­jekt aus einem Deutsch-Sprachkurs von Zuwan­der­ern mit über­wiegend rus­sis­ch­er Mut­ter­sprache, hat sich das semi­pro­fes­sionelle Schaus­pie­lensem­ble inzwis­chen als eine feste Instanz der regionalen The­ater­welt etabliert. Junge Zuwan­der­er wür­den durch das ehre­namtliche Engage­ment in der The­ater­gruppe ihre „Rolle“ in der Auf­nah­mege­sellschaft find­en, ehrte die Jury die Arbeit des Pro­jek­ts. Über­glück­lich erk­lärte Ker­stin Wal­ter, kün­st­lerische Lei­t­erin von „Akzent“, das man bere­its im Jan­u­ar mit den Proben für ein neues Stück beginne.

Seit 15 Jahren engagiere sich das Pro­jekt BAFF der Kirchenge­meinde Joachim­sthal gegen Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit, würdigte Enzen­hofer den zweit­en Preisträger. Ent­standen war das Pro­jekt nach­dem Jugendliche aus Berlin-Kreuzberg Opfer eines Über­falls von Neon­azis in Joachim­sthal wur­den. Ins­beson­dere die Vielfältigkeit der Arbeit von BAFF beein­druck­te die Jury. So bere­ichere BAFF mit Musik- und Tanz­grup­pen, Work­shops, Konz­erten und gemein­samen Reisen das kul­turelle Ange­bot der Region. 6 Kinder- und Jugend­bands beste­hen derzeit. Pfar­rerin Beat­rix Spreng bedank­te sich bei Uwe Kol­berg, dem Leit­er der ver­schiede­nen Bands, und lud gle­ichzeit­ig die Anwe­senden für den 4. Dezem­ber zu „Jugend im Advent“ ein – neben „Musik im Park“ das jährliche Konz­erthigh­light von BAFF. Bei­de Preisträger kündigten am Ende an, das Preis­geld von 1.000 Euro in die weit­ere Arbeit zu investieren.

Jed­er kann das machen“

Mit dem „Barn­imer Förder­preis für Demokratie“ würdigt die Bürg­er­s­tiftung Barn­im Uck­er­mark beispiel­haftes Engage­ment für Demokratie, Weltof­fen­heit, Tol­er­anz und den Schutz der Men­schen­rechte. Zum zweit­en Mal wurde der Preis dieses Jahr ver­liehen. Ins­ge­samt 15 Ini­tia­tiv­en hat­ten sich bewor­ben. „In der Demokratie muss jed­er selb­st etwas tun“, unter­strich auch Fes­tred­ner Rupert Graf Stra­ch­witz, Direk­tor des Mae­ce­na­ta Insti­tuts und Vor­sitzen­der des Stiftungsrates der Amadeu Anto­nio Stiftung die Bedeu­tung des Preis­es. Dies sei manch­mal zwar müh­sam, aber jed­er könne das machen, so der Zivilge­sellschaft­sex­perte weit­er. Um die Arbeit der Engagierten auch kün­ftig anzuerken­nen, möchte die Bürg­er­s­tiftung den Preis 2012 zum drit­ten Mal vergeben.

Von Chris­t­ian Müller

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(Anti-)Rassismus

Landrat von Oberhavel: Wertgutscheine sind eine Beleidigung!

Der Lan­drat von Ober­hav­el, Karl-Heinz Schröter (SPD), hat Anzeige wegen „Belei­di­gung und Amt­san­maßung“ erstat­tet, nach­dem Besucher/-innen eines Stadt­festes in Oranien­burg an einem Grill­stand mit Gutscheinen bezahlen mussten. Mit dieser Aktion war die Prax­is des Land­kreis­es kri­tisiert wor­den, Flüchtlin­gen statt Bargeld Wertgutscheine auszugeben.

Mar­i­an­na Achma­towa von der Flüchtlingsini­tia­tive U.R.I (Unit­ed against Racism and Iso­la­tion) aus Hen­nigs­dorf erk­lärte dazu: „Die echt­en Gutscheine stellen eine tat­säch­liche Belei­di­gung der Men­schen dar, die ver­suchen in Deutsch­land von ihrem Recht auf Asyl Gebrauch zu machen. Eigentlich soll­ten wir den Land­kreis anzeigen.“

Herr Schröter, sowie die Kreisver­wal­tung von Ober­hav­el sind erk­lärte Befür­worter des Gutschein­sys­tems und stellen sich damit gegen einen fortschrit­tlichen Trend in Bran­den­burg, wo bere­its über die Hälfte der Land­kreisen die Leis­tun­gen nach dem Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz als Bargeld auszahlen. Auch die Lan­desregierung befür­wortet die Umstel­lung auf Bargeld, hat dafür aber keine Weisungsbefugnis.

Bei der Aktion am 26.06.2010 auf der vom „Forum gegen Ras­sis­mus und rechte Gewalt“ organ­isierten „Demokratiemeile“, mussten Besucher/-innen, die an besagtem Grill­stand essen woll­ten, zuvor „Gutscheine“ erwer­ben, die einen Teil der Unan­nehm­lichkeit­en echter Gutscheine mit sich bracht­en: Es gab kein Wech­sel­geld, die Auswahl aus dem Waren­sor­ti­ment war eingeschränkt und die Gutscheine mussten einzeln unter­schrieben, sowie ein Ausweis­doku­ment vorgezeigt werden.

Auf der Rück­seite der „Gutscheine“ war ein pro­voka­tiv­er Text aufge­druckt, der die Inten­tion des Gutschein­sys­tems deut­lich machen sollte, näm­lich die Besitzer/-innen auszu­gren­zen und zur baldigen Aus­reise zu bewe­gen. Dazu wur­den weit­er­führende Infor­ma­tion­s­ma­te­ri­alien verteilt.

Wir, die unterze­ich­nen­den Ini­tia­tiv­en, befür­worten die sehr pointierte Aufk­lärungsak­tion aus­drück­lich. Statt mit ein­er Anzeige darauf zu reagieren, sollte sich der Lan­drat lieber unsere Argu­mente anhören. Für unser zivilge­sellschaftlich­es Engage­ment stellt das Gutschein­sys­tem näm­lich ein erhe­blich­es Prob­lem dar.

Wie sollen wir uns denn glaub­würdig gegen Ras­sis­mus und für Demokratie in unserem Land­kreis engagieren, wenn die Kreisver­wal­tung durch ihren Umgang mit Flüchtlin­gen ein ent­ge­genge­set­ztes Sig­nal an die Bevölkerung sendet?

Forum gegen Ras­sis­mus und rechte Gewalt Oranien­burg
U.R.I. — Unit­ed against Racism and Iso­la­tion Hen­nigs­dorf
Linksju­gend Sol­id Ober­hav­el
Antifaschis­tis­chen Gruppe Oranienburg

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Antifaschismus

Simmersdorf – Ein Ort, wo Nazis sich wohlfühlen können

Sim­mers­dorf — Am ver­gan­genen Son­ntag stellte Bran­den­burg Aktuell in sein­er Rubrik Land­schle­ich­er ein ganz beson­ders idyl­lis­ches Dorf im Land­kreis Spree-Neiße vor. Die cir­ca 300 Einwohner_innen feiern gern, freut sich die amtierende Bürg­er­meis­terin Doris Tamm, und ver­anstal­ten deshalb einen Wei­h­nachts­markt. Um tatkräftige Hil­fe braucht sich kein Men­sch Sor­gen machen. Es gibt die Frei­willige Feuer­wehr, den Dor­f­club für die Alten und den Jugend­klub für die jungge­bliebe­nen Nazis. Deshalb mag kein Men­sch in Sim­mers­dorf Aus­län­der. Es gibt zwar keine, aber nation­al denken viele trotz­dem. Im Land­kreis Döbern, zu dem Sim­mers­dorf gehört, wurde zweis­tel­lig nation­aldemokratisch gewählt.

Nazis gibt es selb­stver­ständlich nicht in Sim­mers­dorf. Die Bewohner_innen sind ein­fach nur tol­er­ant und wählen gern Protest. Mit den „etablierten Volksparteien“ wollen sie nix zu tun haben. Früher war’s die SED heute sind es die SPD, CDU, FDP, die Linke und so weit­er. Deshalb sitzt auch kein_e „Systempartei“-Bürokrat_in im Gemein­der­at – nur Aktive Sport sowie Heimat- und Naturfreunde.

Rico Tob­schall sitzt auch in der Volksvertre­tung des cir­ca 300-See­len-Dor­fes. Der glat­trasierte junge Mann, der gerne Thor Steinar Klam­ot­ten trägt und auf nordis­che Mytholo­gie ste­ht, führt außer­dem den Jugend­klub des Ortes. Von den 30 jun­gen Men­schen kom­men zwar nur noch wenig, aber diejeni­gen, die kom­men, sind äußerst aktiv.

Kristin Krüger ist aber trotz­dem gar nicht aufge­fall­en, daß Nazis und ihr Gedankengut in Sim­mers­dorf unkri­tisch wach­sen und gedei­hen darf. Die Frei­willige Feuer­wehr lebt von ihren Nazis. Der Jugend­club sowieso. Schließlich trägt sein Chef unhin­ter­fragt Nazik­lam­ot­ten spazieren. Cot­tbus, Sprem­berg und die anderen Zen­tren des Nationalen Wider­stands sind eben­falls nicht weit weg. Aber all das inter­essiert Krüger offen­bar nicht. Dann lieber schon die net­ten Dorfbewohner_innen zeigen.

Eine „rechte Szene“ gibt es in Sim­mers­dorf selb­stver­ständlich nicht. Die Blood & Hon­our Band Frontalkraft aus Cot­tbus probt(e) nur seit Jahren in ein­er ehe­ma­li­gen LPG Baracke am Dor­frand. Die ominösen “White Aryans Bran­den­burg” scheinen eben­falls eine beson­dere Beziehung zum Land­kreis Spree-Neiße zu haben. Im Okto­ber 2009 fan­den gle­ich zwei Ver­anstal­tun­gen von Nazis statt. Aber mit den Jugendlichen im Dorf hat das nix zu tun. Meint zumin­d­est die ehre­namtliche Bürg­er­meis­terin Doris Tamm.

Es gibt keine recht­sex­tremen Ten­den­zen im Ort. Es ist eine rechte Grup­pierung pri­vat untergekom­men. Für meine Leute im Jugend­klub im Gemein­dezen­trum lege ich dage­gen meine Hand ins Feuer. Das sind vernün­ftige Leute, die etwas im Kopf haben.”

Na wenn sich Frau Tamm bei ihrem Bür­gen für die Sim­mers­dor­fer Jugendlichen nicht mächtig ver­bren­nt. Aber die Nazis in ihrem Dorf sind ohne­hin nicht ihr größtes Prob­lem. Das Image der Stadt als Nar­ren­metro­pole und aus­ge­lassenes Feier­dorf inter­essiert sie mehr.

Der Ort darf durch so etwas nicht in Mitlei­den­schaft gezo­gen wer­den. So etwas kann man auch nicht beweisen. Ich kenne doch auch die ganze Sym­bo­l­ik nicht.”

Ihr Unwis­sen und ihre Igno­ranz gegenüber dem Prob­lem hätte durch Kristin Krüger und den rbb beseit­igt wer­den kön­nen und müssen. Dann hätte die Bürg­er­meis­terin schnell fest­gestellt, daß Rico Tob­schall, ihr Chef des so hochgelobten Jugend­klubs, eine maßge­bliche Rolle in den Nazistruk­turen im Ort spielt.

Außer­dem müßte Tamm spätestens nach dem Wirbel um ein von Polizeikräften aufgelöstes Nazikonz­ert im Ort und dem Besuch der Chefin des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes im ver­gan­genen Herb­st zu Sym­bol­en und Klam­ot­ten umfaßend informiert sein. Da Tob­schall aber immer noch im Jugend­klub ist, fröh­lich Thor Steinar Klam­ot­ten und andere ein­schlägige Naz­i­mode trägt, scheint Tamm ihr Ober­nazi egal zu sein.

Die Baracke am Dor­frand, in der Nazis immer wieder auch schon vor dem aufgelösten Nazikonz­ert und danach gefeiert haben, wurde im Früh­jahr diesen Jahres Ziel ein­er Brand­s­tiftung. Die Polizei sprach in diesem Zusam­men­hang von einem „Jugendtr­e­ff der recht­en Szene“.

Also, der Ort Sim­mers­dorf ist offen­sichtlich doch nicht so idyl­lisch und harm­los. Kristin Krüger hätte dies wis­sen müssen und hat es selb­st gese­hen. Nur ein wenig Recherche in den eige­nen Archiv­en und in der Lausitzer Rund­schau hätte dazu geführt den Ort etwas dif­feren­ziert­er und kri­tis­ch­er zu betra­cht­en. Diese Igno­ranz gegenüber den Struk­turen stärkt die Freie Nationalist_innen Szene.

Über­griffe übri­gens wird es in Sim­mers­dorf sel­ten geben. Schließlich gibt es keine alter­na­tive Gegenkul­tur oder Migrant_innen im Ort. Mil­i­tant aktiv sind die Nazis der Region deshalb vor allem in Cot­tbus. Um darauf aufmerk­sam zu machen fand am Sam­stag in Cot­tbus eine Antifa Demo gegen Nazige­walt statt. Krüger ignori­ert dies. Hin­ter­grund waren zunehmend gewalt­tätigere Über­griffe im Spree-Neiße Landkreis.

Der Beitrag von Kristin Krüger zeigt ein­drucksvoll, wozu Ver­schweigen und Igno­ranz führt. Nazis dür­fen sich unge­niert äußern. Das Dorf und sein Zusam­men­halt wird beispiel­gebend. Die „Glatzen“, Bomber­jack­en und die anderen Old­school-Nazi-Assec­oires fall­en gar nicht auf. Krüger hat so einen ver­harm­losenden und steuer­fi­nanzierten PR-Beitrag für ein Dorf abgeliefert, in dem Nazis unbe­hel­ligt, etabliert und vom Dorf geschützt schal­ten und wal­ten können.

Update

Der rbb hat das Video und den Text des “Land­schle­ich­ers” von sein­er Seite ent­fer­nt. Hier der Google-Cache. Wenn jemen­sch weiß, wie der Beitrag gerettet wer­den kann, dann bitte ergänzen und / oder verlinken.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Protest gegen Abschiebung nach Vietnam

Schöne­feld — Am 29. Novem­ber 2010 wur­den 50 viet­name­sis­che Flüchtlinge durch die Flugge­sellschaft Aeroflot vom Flughafen Berlin-Schöne­feld über Moskau nach Hanoi (Viet­nam) abgeschoben. Die Flüchtlinge waren laut eines taz-Artikels [1] vor allem aus ökol­o­gis­chen und finanziellen Grün­den von Viet­nam nach Deutsch­land gekom­men. Rund die Hälfte von ihnen war seit Sep­tem­ber im Abschiebek­nast Grü­nau inhaftiert.

Die Ruhe gestört

Gegen die Sam­me­lab­schiebung protestierten rund 30 Men­schen aus ver­schiede­nen Spek­tren, sowohl außer­halb des Flughafens mit ein­er unangemelde­ten Kundge­bung, die durch eine Sam­ba-Gruppe unter­stützt wurde, als auch inner­halb des Flughafens durch das Zeigen von Trans­par­enten und Schildern, das Rufen von Parolen, sowie das Verteilen von Flug­blät­tern. Während die ver­hält­nis­mäßig stark vertretene Polizei die Kundge­bung ohne größere Prob­leme auf dem Gehweg gegenüber des Ein­ganges zum Ter­mi­nal A tolerierte, wurde Protest im Flughafenge­bäude unter­bun­den. Jedoch schafften es Aktivist*innen immer wieder, in der Haupthalle, sowie im Obergeschoss des Ter­mi­nals ihren Unmut über die Abschiebung kundzu­tun. Dies führte allerd­ings zu vere­inzel­ten Per­son­alien­fest­stel­lun­gen und Platzver­weisen für das Flughafenge­bäude. Die kon­trol­lierten Per­so­n­en kon­nten jedoch weit­er­hin an der Kundge­bung teilnehmen. 

Ver­spä­tung durch Protest?

Aktivist*innen sprachen gezielt Pas­sagiere an, welche mit der­sel­ben Mas­chine wie die Flüchtlinge fliegen wür­den. Einzelne Flug­gäste erk­lärten, soll­ten die Flüchtlinge tat­säch­lich an Bord sein, wür­den sie gegen die Abschiebung protestieren. Möglicher­weise war dies auch der Grund für die rund halb­stündi­ge Ver­spä­tung des Abschiebe­fluges mit der Flugnum­mer SU 112, welch­er gegen 10.20 Uhr von der Anzeigetafel ver­schwand.; der Start der Mas­chine war für 9:50 Uhr angesetzt.

Spon­tane Demonstration

Einige Zeit, nach­dem die Mas­chine ges­tartet war, macht­en sich die Abschiebungsgegner*innen in Form eines – eben­falls unangemelde­ten – Demon­stra­tionszuges auf den Weg zum S‑Bahnhof. Die Polizei hielt sich im Hin­ter­grund und ver­mied eine Eskala­tion der Lage, sodass ungestört bis zum Bahn­steig demon­stri­ert wer­den konnte.

Abschiebestopp – Aeroflot-Boykott!“

Später am Tag wurde der Aeroflot-Geschäftsstelle, die sich Unter den Lin­den befind­et, ein Besuch abges­tat­tet. Auch hier waren Sam­bis­tas anwe­send und zogen durch ihre Musik die Aufmerk­samkeit der Autofahrer*innen und Passant*innen auf sich, welche mit Trans­par­enten und Sprechchören über die Inten­tion der Demon­stri­eren­den informiert wer­den soll­ten. So trug ein Trans­par­ent beispiel­sweise die Auf­schrift „Täglich ster­ben min­destens 2 Men­schen auf der Flucht nach Europa“ und es wur­den Parolen gerufen wie „Um Europa keine Mauer – Bleiberecht für alle und auf Dauer!“ Außer­dem riefen die Aktivist*innen zum Boykott von Aeroflot auf, was bere­its im Vor­feld die Flüchtlingsräte Berlin und Bran­den­burg getan hat­ten. [2] Eine Mitar­bei­t­erin von Aeroflot antwortete auf die Frage, was sie davon halte, dass die Fir­ma, für die sie arbeite, Men­schen abschiebe, dazu wolle sie sich nicht äußern.

Nicht leise, aber ruhig

Während der spon­ta­nen Kundge­bung vor Aeroflot passierten lediglich mehrere Polizeistreifen die Kundge­bung, jedoch ohne einzuschre­it­en. Auch beim Ver­lassen des Ortes wur­den die Aktivist*innen in kein­er Weise von der Polizei daran gehin­dert, mit Trans­par­enten und Musik auf dem Gehweg zu laufen; die Teilnehmer*innen wur­den auch nicht „begleit­et“ oder angesprochen. 

Vom Protest zum Widerstand?!

Zwar ver­liefen die Aktio­nen ruhig und ohne größeren Ärg­er mit der Polizei; jedoch muss fest­ge­hal­ten wer­den, dass es sich dabei lediglich um Protest han­delte, welch­er die Abschiebung nicht ver­hin­derte, geschweige denn ein „Bleiberecht für alle“ durch­set­zte. Dies ist allerd­ings auf­grund der gesellschaftlichen Akzep­tanz von so genan­nten „Rück­führun­gen“ (sprich: Abschiebun­gen), sowie auf­grund des gerin­gen Aus­maßes an Men­schen, die Abschiebun­gen effek­tiv ver­hin­dern wollen, nicht ver­wun­der­lich. Dass sich dies am 6. Dezem­ber ändert, wenn die zweite Sam­me­lab­schiebung nach Viet­nam vol­l­zo­gen wer­den soll, wäre wün­schenswert, ist aber auf­grund der aktuellen Lage nicht wahrschein­lich. Trotz­dem muss die Per­spek­tive klar bleiben:

Für eine Welt ohne Gren­zen und Natio­nen!
Uneingeschränk­te Bewe­gungs­frei­heit für alle!

Fußnoten:

[1] „Rauswurf ins Ungewisse“ vom 11. Novem­ber 2010
[2] Pressemiteilung vom 26. Novem­ber 2010

Presse­berichteim Vorfeld:

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Klima & Umwelt

RWE an der HNEE – NEE!!!

Am 29.11.2010 geschieht skan­dalös­es an der so genan­nten Hochschule für ‘’nach­haltige” Entwick­lung (HNE), denn im Rah­men der Mas­ter Class Course Con­fer­ence “Renew­able Ener­gies” wird einem der größten Atom­strom- und Kohlelob­by­is­ten Deutsch­lands eine Plat­tform für eine Green­wash­ing-Kam­pange geboten, ohne Raum für Kri­tik und Diskus­sio­nen zur Ver­fü­gung zu stellen, das heißt im Klar­text, die Lob­by­is­ten der Kohlein­dus­trie kön­nen in Ruhe unter dem Dach der Hochschule eine Wer­bev­er­anstal­tung hal­ten, ohne dass kri­tis­che Stim­men offiziell einen Platz im Pro­gramm haben.

Der Ref­er­ent Herr Gassner ist Leit­er der Abteilung Märk­te und Poli­tik bei der RWE Inno­gy GmbH und wird über “Erneuer­bare Energien — gemein­sam für Europa” sprechen. Um sich aber wirk­lich eine aus­ge­wo­gene und fundierte Mei­n­ung zu einem The­ma bilden zu kön­nen, muss solch eine Prob­lematik, ger­ade wenn sie so entschei­dend und wichtig für die zukün­ftige Energiegewin­nung ist, von ver­schiede­nen Blick­winkeln beleuchtet und bedacht wer­den kön­nen. Dies ist aber in dem engen Pro­gramm der HNEE nicht vorge­se­hen. Es wird schlicht kein zeitlich­er Raum dafür zur Ver­fü­gung gestellt.

So wird eine ein­seit­ige Sichtweise, die der gewin­nori­en­tierten Energiekonz­erne, welche schon eine monop­o­lis­tis­che Stel­lung auf dem Energiemarkt haben, dargestellt mit­tels des vor­lesungsüblichen Duk­tus des Frontalun­ter­richts ohne eine Ein­beziehung der Hör­er. Kri­tis­ches Mit­denken ist aus­drück­lich nicht erwünscht.Um den Skan­dal bess­er nachvol­lziehen zu kön­nen, hier ein paar Fak­ten über den Konz­ern RWE: 70% der von RWE pro­duzierten Energie stammt aus Braun- und Steinkohle­ver­bren­nung. Das ist die kli­maschädlich­ste Stromerzeu­gungsmeth­ode, bei der RWE jährlich etwa 170.000.000 Ton­nen CO² ausstößt. Somit ist allein RWE für 20% der gesamten CO²-Emis­sio­nen Deutsch­lands verantwortlich.

Außer­dem wer­den 20% der RWE-Energie mit­tels Atom­kraft hergestellt und das obwohl wed­er die End­lager­prob­lematik gek­lärt ist, sowie die so genan­nte ”Brück­en­tech­nolo­gie” den Aus­bau und die Entwick­lung der Erneuer­baren Zukun­ft­stech­nolo­gie behin­dert, welche sieben Mal mehr Arbeit­splätze bietet als die kli­maschädliche Atom­en­ergie. Denn die AKWs sind zu unflex­i­bel, um das schwank­ende Energieange­bot der Erneuer­baren zu ergänzen, d.h. schon heute müssen Wind­kraftan­la­gen abgeschal­tet wer­den, weil Atom­strom die Net­ze verstopft.Hinzu kommt, dass der Anteil an Erneuer­baren Energien bei RWE in Deutsch­land 2009 nur 1,1% seines Stroms betrug, während der Anteil der Erneuer­baren Energien beim Brut­tostromver­brauch bere­its bei 16% lag.

Bei diesen Infor­ma­tio­nen läuft einem ein kalter Schauer über den Rück­en und man fragt sich, was so ein Mitar­beit­er solch eines Konz­erns über Erneuer­bare Energien erzählen sollte. Wäre es nicht bess­er einen Fachmann/frau beispiel­sweise von den Elek­triz­itätswerken Schö­nau einzu­laden und zu diesem The­ma referieren zu lassen? Die Elek­triz­itätswerke Schö­nau erzeu­gen 90,9% ihres Stromes Mit­tels Erneuer­bar­er Energien, z.B. wer­den 73% aus Wasserkraft in Neuan­la­gen pro­duziert. Die restlichen 9,1% wer­den mit gas­be­trieben­er, hochef­fizien­ter Kraft-Wärme-Kop­plung hergestellt. Aber nein, die E‑Werke Schö­nau haben wed­er so viel Geld, noch so eine ein­flussre­iche Lob­by wie RWE, Vat­ten­fall etc. hin­ter sich.

Hier zeigt sich wieder, dass es nicht gut ist, wie es im Kap­i­tal­is­mus die Norm ist, dass Bil­dung zur Ware wird und Hochschulen zu Unternehmen, die nicht mehr das Hauptziel haben Wis­sen zu ver­mit­teln und zum Kri­tis­chen Denken an zu regen, son­dern Hochschulen sind dem kap­i­tal­is­tis­chen Mark­tzwän­gen unter­wor­fen, um ihre Lehre zu finanzieren, denn im Bil­dungssek­tor wer­den immer fröh­lich die Gelder gestrichen, ob die regieren­den Mar­i­onet­ten der Konz­erne nun rot-grün oder schwarz-gelb sind, spielt dabei nur eine neben­säch­liche Rolle.Um der ganzen Ver­anstal­tung an der HNE noch die Kro­ne auf zu set­zen, spricht zwei Stun­den vorher in der gle­ichen Ver­anstal­tung nur unter dem Titel „CCS — Inno­v­a­tive Lösun­gen zum Kli­maschutz aus Bran­den­burg“ Dr. Klaus Frey­tag, der Präsi­dent vom Lan­desamt für Berg­bau, Geolo­gie und Rohstoffe Bran­den­burg. Die CCS-Tech­nolo­gie wird von Energiekonz­er­nen wie E.ON, RWE und Vat­ten­fall als Recht­fer­ti­gung für den Bau neuer Kohlekraftwerke benutzt, kommt aber viel zu spät, denn bish­er wer­den nur Tes­tanla­gen gebaut und ob diese wirk­lich sich­er sind, ste­ht noch in den Sternen.

Hinzu kommt, dass die CCS-Tech­nolo­gie nicht nur gefährlich ist, denn an undicht­en Stellen, an welchen CO² hochkonzen­tri­ert aus­tritt, wür­den Men­schen­leben gefährdet sowie Boden und Grund­wass­er verseuchen wer­den. Diese Tech­nolo­gie ist außer­dem noch extrem kosten- und energiein­ten­siv, sowie immer noch in der Test­phase. Also, kann am sel­ben Tag ein zweit­er Lob­by­ist fröh­lich Green­wash­ing, in diesem Fall für eine unsichere, unökol­o­gis­che und inef­fiziente Tech­nolo­gie, betreiben. Was soll man dazu noch sagen?

Zum Glück regt sich Wider­stand gegen das Green­wash­ing und der Käu­flichkeit der HNEE, denn ini­tiert von der Grü­nen Jugend und in Koop­er­a­tion mit der LINKEN AKTIONSGRUPPE EW find­et eine Aufk­lärungsak­tion über die Machen­schaften RWEs statt, die zum Ziel hat die Teilnehmer_innen dieser, aus ökol­o­gis­ch­er Sicht frag­würdi­gen Ver­anstal­tung, über die genauen Hin­ter­gründe zu informieren. Dies geschieht mit­tels ein­er Fly­er­ak­tion. Auf den Fly­ern wird auch dazu aufgerufen Her­rn Gassner mit diesen Fak­ten zu kon­fron­tieren. Da die Teilnehmer_innen auch ein Pro­tokoll der Ver­anstal­tung anle­gen müssen, wer­den wir sie auf­fordern diese Fak­ten auch in das Pro­tokoll aufzunehmen. Außer­dem wer­den wir zum Zeit­punkt des Vor­trages mit einem Trans­par­ent, Atom­fässern und einigem mehr zuge­gen sein, um den Vor­trag nicht kri­tik­los über die Bühne gehen zu lassen und unserem Protest nach­drück­lich Aus­druck zu verleihen.

Unser Ziel ist es, den Wider­spruch deut­lich zu machen, der zwis­chen dem Namen der Hochschule (für Nach­haltige Entwick­lung) und diesem Green­wash­ing von RWE beste­ht. Solche Vorträge soll­ten an der HNEE keine Bühne bekom­men! Als wir den Hör­saal stürmten und die Ver­anstal­tung block­ierten, kam es zu ein­er Diskus­sion mit dem Präsi­den­ten der Hochschule, der uns Aktivis­ten dann zur kostelosen Teil­nahme ein­lud, die wir an nah­men. So ent­stand eine Möglichkeit an der Poli­tik der HNE sowie dem Konz­ern nochmals aus­drück­lich Raum zu ver­lei­hen, was wir auch inten­siv nutzten. Da an der Diskus­sion auch viele erst unbeteiligte Stu­den­ten mit­macht­en, war die Aktion ein voller Erfolg, denn man kann nun hof­fen, dass die Organ­isatoren der HNE es sich noch ein­mal gründlich über­legen, ob sie solche Lob­by­is­ten einladen…

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Antifaschismus

Antifa-Protest gegen Nazigewalt

INFORIOT Am Sam­stag haben in der Cot­tbusser Innen­stadt etwa 250 Antifas gegen rechte Gewalt demon­stri­ert. Unter dem Mot­to “Es ist immer ein Angriff auf uns alle” wurde auf die mas­sive Nazige­walt in den ver­gan­genen Monat­en in Südost-Bran­den­burg hingewiesen.

Auf­fäl­lig ist, wie sehr alter­na­tive Tre­ff­punk­te in den Fokus der mil­i­tan­ten Recht­en gerückt sind. Erst am 11. Novem­ber zer­schmetterten Neon­azis die Scheiben des Cot­tbusser Alter­na­tivpro­jek­ts Zelle 79. Als Reak­tion auf diesen Angriff hat­te die Antifa Cot­tbus kurzfristig zu der Demon­stra­tion aufgerufen.

Zu nen­nen sind jedoch noch weit­ere ähn­liche Attack­en. In Sprem­berg wurde der Klub des Vere­ins Pirat­en gle­ich mehrfach, zulet­zt am 13. Novem­ber, attack­iert. Auch auf dem Gelände des Park 7 in Forst warf vor eini­gen Monat­en eine Gruppe ver­mummter Neon­azis die Scheiben ein. Hinzu kommt eine große Anzahl von Gewalt­tat­en gegen Per­so­n­en. (Beispiele sind in einem Bericht der Opfer­per­spek­tive gelistet.)

Vom Laut­sprecher­wa­gen der Demon­stra­tion aus wur­den Pas­san­tInnen immer wieder mit kurzen Ansagen auf die Eskala­tion rechter Gewalt aufmerk­sam gemacht. Die Demon­stran­tInnen riefen Parolen wie “Aler­ta Antifascista”.

Von einem Häuser­dach aus wurde die Demon­stra­tion von eini­gen AktivistIn­nen mit einem Feuer­w­erk und dem Schwenken ein­er Antifa-Fahne gegrüßt. Die Demon­stran­tInnen freute es sichtlich, die Polizei weniger — sie stürmte mit einem Dutzend Behelmten in das Haus.

In ver­schiede­nen Rede­beiträ­gen wurde neben der Gewalt auch der Struk­tu­rauf­bau der Neon­azis in Cot­tbus und Umge­bung the­ma­tisiert. Mit­tler­weile gibt es in Cot­tbus selb­st mit dem “Dev­ils Right Hand Store” und dem Thor-Steinar-Laden “Ose­berg” gle­ich zwei rechte Sze­negeschäfte. Kam­er­ad­schaften sind in der Region ver­ankert und die NPD sitzt mit zwei Man­dat­en im Cot­tbusser Stadtparlament.

Die Demon­stra­tion kon­nte erst mit etwa ein­er Stunde Ver­spä­tung starten. Grund: Am Haupt­bahn­hof war zum Zeit­punkt des eigentlichen Ver­samm­lungs­be­ginns eine größere Gruppe Antifas von der Polizei mit unbekan­nter Begrün­dung eingekesselt worden.

Nach unbestätigten Angaben von Beobach­terIn­nen sei es dort auch zu min­destens ein­er Fes­t­nahme gekom­men. Um die eigentliche Demon­stra­tion herum bewegten sich immer wieder kleinere Grup­pen Neon­azis. Es kam jedoch bis zum Demoende am späten Nach­mit­tag zu keinen Konfrontationen.

Inforiot