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Antifaschismus

Brandstifter, Schläger und andere Neonazis – NPD kandidiert im Barnim

Der Wahlkampf der neon­azis­tis­chen NPD für die im Mai anste­hen­den Kom­mu­nal­wahlen in Bran­den­burg hat begonnen. Erste Plakate wur­den gehangen und Kundge­bun­gen durchge­führt. Bis zu den Land­tagswahlen im Sep­tem­ber diesen Jahres wird es noch zahlre­iche Wahlkampfver­anstal­tun­gen der Neon­azis geben. Der NPD Lan­desver­band hat­te voll­mundig angekündigt bis dahin 100 Kundge­bun­gen abzuhal­ten, 50.000 Plakate zu hän­gen und eine Mil­lion Fly­er im Land zu verteilen .

Dabei wer­den vor allem die Kan­di­datIn­nen der NPD an vie­len Orten präsent sein. Unter ihnen sind bekan­nte und lang aktive Neon­azis aus der Region. mit der Partei “Die Rechte” hat die NPD eine gemein­same Liste zusam­mengestellt. Der “Recht­en”, die erst im let­zten Jahr einen Bran­den­burg­er Lan­desver­band grün­dete, fehlt es derzeit noch an aus­re­ichend Per­son­al und Möglichkeit­en, um eigen­ständig anzutreten. Außer­dem wer­den sich NPD und “Die Rechte” dadurch gegen­seit­ig keine Stim­men nehmen. Eine ähn­liche Verabre­dung gab es bere­its bei den let­zten Kom­mu­nal­wahlen zwis­chen NPD und DVU.

Ein Kreistag, Zwei Städte, Zwei Gemeinden

Im Barn­im wollen NPD und “Die Rechte” vor allem in der Stadt Bernau Fuß fassen: Dort treten gle­ich vier Neon­azis in den zwei Wahlkreisen an:

Aileen Rokohl ist derzeit­ige Vor­sitzende des NPD Kreisver­ban­des Barn­im-Uck­er­mark. Ihr Ehe­mann Andreas Rokohl, früher aktiv für die NPD Ober­hav­el, tritt als soge­nan­nter “Stützpunk­tleit­er Bernau” auf. Erst ist bere­its wegen Belei­di­gung verurteilt wor­den. Auch war er beteiligt am Angriff auf einen Getränke­stand des alter­na­tiv­en Jugendtr­e­ff DOSTO im Juni 2012 während des Bernauer Hus­siten­festes. Er trat und schlug Jugendliche. Eine Verurteilung blieb bish­er aus. Anders erg­ing es Chris­t­ian Kohnke, der im Wahlkreis 2 antritt. Er wurde wegen Belei­di­gung und tätlich­er Belei­di­gung verurteilt, nach­dem er – eben­falls während des Hus­siten­festes – eine junge Frau belei­digt und bespuckt hatte.
Eng ange­bun­den an Kohnke und Rokohl ist auch der 25-jährige Mar­cel Zech aus Pan­ke­tal: Zur Ver­hand­lung gegen Kohnke im let­zten Jahr war Zech zusam­men mit anderen Neon­azis im Gericht anwe­send um Zeug_innen und Besucher_innen einzuschüchtern. Zech gehört zu den so genan­nten “Freien Kräften der Barn­imer Fre­und­schaft”, ein­er Neon­az­i­clique, die in den let­zten Jahren vor allem im Raum Bernau durch Störak­tio­nen, Schmier­ereien und Bedro­hun­gen aufge­fall­en waren. Schän­dun­gen des Sow­jetis­chen Ehren­mals in Bernau, des Ehren­mals für Antifaschistin­nen in Schönow sowie diverse Schmier­ereien am Jugendtr­e­ff DOSTO und anderen Häuser­wän­den zählen dazu. Auch wird ver­mutet, dass Aktivis­ten der “Barn­imer Fre­und­schaft” ver­ant­wortlich sind für einen But­ter­säure­an­schlag auf die Über­gang­sun­terkun­ft für Asylbewerber_innen im let­zten Jahr in Zepernick.

Sach­sen­hausen-Brand­s­tifter tritt an 

In der Liste der Angriffe, Anschläge und Schmier­ereien fällt jedoch ein­er ganz beson­ders auf: Der auf den ersten Blick unschein­bare Thomas Haber­land aus Joachim­sthal war 1992 beteiligt am Bran­dan­schlag auf die Gedenkstätte des Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen. Er wurde 1995 zu drei Jahren Haft verurteilt. Bei dem Anschlag wurde die “jüdis­che Baracke” niederge­bran­nt. Mehrere tausend Men­schen gin­gen kurz danach gegen rechte Gewalt auf die Straße. 2012 wurde aus Anlass des 20. Jahrestages des Anschlages eine Kon­ferenz zum The­ma Recht­sex­trem­is­mus in Sach­sen­hausen durchgeführt.

Haber­land, Jg. 1970, ist im NPD Kreisver­band Barn­im-Uck­er­mark zuständig für den “Orts­bere­ich Joachim­sthal” (Foto: Haber­land mit Fahne auf ein­er NPD Demon­stra­tion in Joachim­sthal 2010).

 

Die Rechte tritt für die NPD an
Für die Gemein­de­v­ertre­tung in Chorin tritt der 40-jährige René “Rudi” Her­rmann an. Er ist seit über 20 Jahren in der Neon­aziszene aktiv. Nach sein­er Zeit beim “Märkischen Heimatschutz” und der “Märkischen Aktions­front” engagierte er sich für die Barn­imer NPD und betreute die Inter­net­seite des Kreisver­ban­des. Seit 2013 admin­istri­ert er die Home­page des Lan­desver­ban­des von “Die Rechte”. Schon 1992 fiel er beim Prozess gegen die Mörder von Amadeu Anto­nio in Eber­swalde auf, da er mit SA-ähn­lich­er Klei­dung im Gerichtssaal erschien. Bis 2001 betrieb Her­rmann in Eber­swalde den Neon­aziszeneladen “Rag­naröck”. Heute betreibt er den Mailorder “Zen­tralver­sand”, der neben ein­schlägig- neon­azis­tis­chen Büch­ern, Klei­dung und Acces­soirs auch die Parteipro­pa­gan­da von “Die Rechte” zum Verkauf anbietet.
Sieben für den Kreistag
Neben den genan­nten Kom­mu­nal­par­la­menten plant die NPD auch den Einzug in den Barn­imer Kreistag. Dafür stellt sie sieben Kan­di­datIn­nen auf. Neben den bere­its genan­ntem Ehep­aar Rokohl, Mar­cel Zech und René Her­rmann, treten außer­dem drei weit­ere Neon­azis an:

Jörg Schröder (Bild) will mit seinem Blog “Barn­imer Per­spek­tiv­en” als der “Intellek­tuelle” Rechte wahrgenom­men wer­den. Mit pseu­do-wis­senschaftlichen Artikeln gren­zt er sich von dem plat­ten Parolen der NPD ab. Erst seit 2013 ist er öffentlich für die NPD aktiv. Eine Zusam­me­nar­beit gab es jedoch schon zuvor. Für die NPD tritt er als “Anti-Antifa-Aktivist” auf, d.h. er fotografiert während ihrer Kundge­bun­gen nicht nur die eige­nen Teil­nehmerIn­nen, son­dern auch die Gegendemonstrant_innen. Auf seinem Blog veröf­fentlichte er eine zeit­lang unter der Rubrik “Blick nach Links” Fotos von poli­tis­chen Gegner_innen.

Sybille Mann aus Finow­furt, erlangte bere­its zu den Kom­mu­nal­wahlen 2008 einen Sitz in der Gemein­de­v­ertre­tung Schorfhei­de. Zusam­men mit ihrem Ehe­mann Klaus organ­isiert sie auf ihrem Grund­stück in Finow­furt regelmäßig Neon­azikonz­erte und andere rechte Events. Das Gelände ist mit­tler­weile zum zen­tralen Ver­anstal­tung­sort der Neon­aziszene in Bran­den­burg gewor­den und hat bun­desweite Rel­e­vanz erlangt. 2013 soll­ten allein sieben Neon­azi­sev­ents auf dem Grund­stück stat­tfind­en. Die meis­ten, darunter ein Konz­ert mit Szene­größen wie “Sleip­nir” und “Legion of Thor”, wur­den durch Proteste des Bünd­niss­es “Finow­furt Naz­ifrei” gestört oder verhindert.

NPD-Demon­stra­tion 2009 in Joachim­sthal: Bernd Knape am Transparent.

Eben­falls auf der Liste ste­ht der 46 jährige Werneuch­en­er Bernd Knape (Bild). Knape ist Straßen­bah­n­fahrer bei der BVG.

Derzeit hat die NPD offiziell kein Man­dat mehr im Barn­im. Das obwohl 2008 vier Neon­azis auf gemein­samer Liste von DVU und NPD Man­date erlangten: Veroni­ka Urban in der Stadt Bernau, Sybille Mann in der Gemeinde Schorfhei­de, Mike Sandow in der Stadt Biesen­tal und dem Kreistag, Diet­mar Lange eben­falls im Kreistag. Mike Sandow trat aus der NPD aus.

Wahlkampf ist angelaufen

Am 4. April startete die NPD ihre Kundge­bungsrei­he: In Bernau, Eber­swalde und in Wan­dlitz waren Aileen und Andreas Rokohl gemein­sam unter­wegs mit dem Berlin­er NPD-Chef Sebas­t­ian Schmidtke, dem Bran­den­burg­er Vize-Chef Ron­ny Zasowk und anderen Neon­azis aus der Umge­bung wie Chris­t­ian Kohnke aus Bernau und Chris­t­ian Schmidt aus Berlin-Pankow. Der kleine Kreis an Funk­tionären blieb dabei unter sich und fand keinen Anklang bei der lokalen Bevölkerung. In allen Orten reagierten Antifaschist_innen und Zivilge­sellschaft laut­stark auf die NPD. In Bernau kamen kurzfristig 50 Gegendemonstrant_innen zusam­men, die mit Rufen und Trillerpfeifen die Rede der Kreisvor­sitzen­den Aileen Rokohl übertön­ten. Nur bruch­stück­haft war zu vernehmen, dass Rokohl über die Abwahl des Bernauer Bürg­er­meis­tern sprach. Zuvor hat­te die Partei verkün­det, sie habe Unter­schriften für das Abwahlbegehren gesam­melt. In der Stadtverord­neten­ver­samm­lung hat­ten das für Trubel gesorgt.

Wichtig­stes Wahlkampf ist und bleibt für die NPD und “Die Rechte” jedoch das The­ma Asylpoli­tik. Mit ras­sis­tis­ch­er Het­ze hat­ten sie 2013 gegen die Unterkün­fte in Wan­dlitz, Zeper­nick und Oder­berg demon­stri­ert. Unter­stützen beka­men sie dabei aus anderen Teilen Bran­den­burgs und aus Berlin. Aileen Rokohl sprach außer­dem in Schnee­berg. Dort hat­ten 2013 knapp 2000 Neon­azis und ras­sis­tis­che Anwohner­In­nen gegen eine Unterkun­ft für Geflüchtete demonstriert.
Alle Kan­di­datIn­nen im Überblick:

SVV Bernau, Wahlkreis 1
1. Rokohl, Aileen, 1988, Recht­san­walts­fachangestellte, Ficht­es­traße 15 Bernau
2. Lange, Diet­mar, 1956, Rent­ner, Bo?rnicker Chaussee 36 Bernau

SVV Bernau, Wahlkreis 2
1. Rokohl, Andreas, 1985, Mau­r­er, Ficht­es­traße 15 Bernau
2. Kohnke, Chris­t­ian, 1985, Mau­r­er, Schwanebeck­er Chaussee 78 Bernau

Gemeinde Pan­ke­tal
1. Zech, Mar­cel, 1988, Glas- und Gebäud­ere­iniger, Dorf­s­traße 18 Panketal

Gemein­de­v­ertre­tung Chorin
1. Her­rmann, René, 1973, erwerb­s­los, Joachim­sthaler Straße 7 Golzow

SVV Joachim­sthal
1. Haber­land, Thomas, 1970, Beruf­skraft­fahrer, Wohn­park 6c Joachimsthal

Kreistag Barn­im, Wahlkreis 2
1. Dr. Schröder, Jörg, 1969, Unternehmens­ber­ater, Karls­berg 1 Hohenfinow

Kreistag Barn­im, Wahlkreis 3
1. Rokohl, Aileen, 1988, Recht­san­walts­fachangestellte, Ficht­es­traße 15 Bernau

Kreistag Barn­im, Wahlkreis 4
1. Rokohl, Andreas, 1985, Mau­r­er, Ficht­es­traße 15 Bernau

Kreistag Barn­im, Wahlkreis 6
1. Knape, Bernd, 1968, Straßen­bah­n­fahrer, Erlen­weg 6 Werneuchen

Kreistag Barn­im, Wahlkreis 7
1. Zech, Mar­cel, 1988, Glas- und Gebäud­ere­iniger, Dorf­s­traße 18 Panketal

Kreistag Barn­im, Wahlkreis 9
1. Mann, Sybille, 1960, Fachar­bei­t­erin für Pfer­dezucht, In den Sand­stück­en 23 Schorfhei­de
2. Her­rmann, René, 1973, erwerb­s­los, Joachim­sthaler Straße 7 Golzow

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Sachsenhausen-Brandstifter tritt für NPD an

INFORIOT Es war eines der ein­schnei­dend­sten Ereignisse Anfang der 90er Jahre in Bran­den­burg: In der Nacht vom 25. auf den 26. Sep­tem­ber 1992 bran­nte die Baracke 38, die soge­nan­nte “jüdis­che Baracke” des ehe­ma­li­gen Konzen­tra­tionslagers Sach­sen­hausen nieder. Kurze Zeit später gin­gen tausende Men­schen auf die Straße, um gegen den neon­azis­tis­chen Anschlag zu demon­stri­eren. Der dama­lige Bran­den­burg­er Min­is­ter­präsi­dent Man­fred Stolpe warnte gar vor einem “neuen Auschwitz”.

Der Täter von einst will nun in Bran­den­burg Poli­tik machen. Für die NPD tritt der mit­tler­weile 43-jährige Thomas Haber­land bei den Kom­mu­nal­wahlen im Mai an. Er will in die Stadtverord­neten­ver­samm­lung von Joachim­sthal (Barn­im) einziehen.

Der erste Gericht­sprozess wegen des Bran­dan­schlags von 1992 gegen Haber­land war nach diversen Pan­nen gescheit­ert. Trotz Geständ­nis wurde Haber­land und sein Mitangeklagter freige­sprochen. Erst 1995 wur­den in einem zweit­en Ver­fahren zu Haft­strafen von zweiein­halb und drei Jahren verurteilt.

Zusam­men mit dem damals 18-jähri­gen Neon­azi Ingo Kehn hat­te Haber­land den Bran­dan­schlag auf die Gedenkstätte verübt. Bei­de hat­ten ein Geständ­nis abgelegt, dies zwis­chen­zeitlich jedoch wider­rufen. Die 1. Große Strafkam­mer des Pots­damer Landgerichts hat­te in der Urteils­be­grün­dung angegeben, dass bei­de “detail­re­ich, in sich geschlossen und mit per­sön­lich­er Note” den Her­gang des Anschlages bericht­en kon­nten und sahen damit Grund genug für die Verurteilung. Das Gericht ging zu der Zeit davon aus, dass die bei­den Jugendlichen jedoch nicht die Ini­tia­toren, son­dern nur Aus­führende des Anschlages gewe­sen seien. 

Aus Presseartikeln zum Prozess geht her­vor, dass Haber­land zu dieser Zeit an Train­ings der neon­azis­tis­chen Wehrsport­gruppe “Drag­on” beteiligt gewe­sen war. 

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Arbeit & Soziales Law & Order Sonstiges

Potsdam war noch nie eine Stadt für alle – wie andere Städte übrigens auch.

Speziell die Geschichte der Woh­nungspoli­tik seit Beginn des Kap­i­tal­is­mus und vor allem zu Zeit­en des Klassenkampfes in der 1. Hälfte des let­zten Jahrhun­derts zeigt, wie berech­nend und tre­ff­sich­er das Bürg­er­tum das Instru­ment der Stadt­pla­nung genutzt hat, um die Armut der dama­li­gen Arbeit­er­schaft zu zemen­tieren (Armut im Sinne von Auss­chluss von Reich­tum, was wir als wil­lentlichen Prozess sehen). Mitte des 20. Jahrhun­derts war der Klassenkampf ver­loren und die Arbeiter_innen in Sied­lun­gen und Woh­nun­gen unterge­bracht, die – mit weni­gen bzw. vorüberge­hen­den aus­nah­men – dem Bürg­er­tum gehörten – von dem es ger­ade in Pots­dam als preußis­ch­er Beamten­stadt eine Menge gab.

Inzwis­chen ist über ein halbes Jahrhun­dert ver­gan­gen und mit den Gesellschaftssys­te­men haben sich auch die Funk­tion­sweisen der Städte verän­dert. Mit der zunehmenden Glob­al­isierung der Märk­te im Neolib­er­al­is­mus wur­den auch die Städte zunehmend zu unternehmerisch geführten Stan­dorten im Konkur­ren­zkampf um Inve­storen, finanzs­tarke Bewohner­in­nen, Touris­musströme und Großevents. Damit ein­her geht der Aus­bau der Stadtver­wal­tun­gen zu ein­er Art Betrieb und die Neube­w­er­tung städtis­ch­er Eigen­be­triebe und Woh­nungs­bestände mit dem Trend zur Pri­vatisierung und Aus­lagerung unrentabler Bereiche1.

Über­all in den Städten arbeit­en heute Immo­bilien­ver­w­er­tungskoali­tio­nen aus Bau­un­ternehmen, finanzieren­den Banken, und Politiker_innen an Aufw­er­tungsstrate­gien – wobei die „Aufw­er­tung“ sich ger­ade in Pots­dam haupt­säch­lich auf die Inter­essen der Unternehmen und der bürg­er­lichen Ober­schicht bezieht, die in der Regel auch die Politiker_innen stellt. Beispiel­haft ste­hen hier Diskus­sio­nen um das Stadtschloss, Has­so Plat­tners Kun­sthalle, das „Palais Bar­beri­ni“ , die Beze­ich­nung unsaniert­er und damit noch erschwinglich­er Wohnein­heit­en als „Schand­fleck­en“, die Wieder­her­stel­lung his­torisch­er Sich­tach­sen zuun­gun­sten von Wohn­raum, etc.pp.

Kehr­seite dieser neolib­eralen Stadt­poli­tik sind Auss­chlüsse ver­schieden­ster Art, die wir in Pots­dam deut­lich beobacht­en kön­nen. Es find­et ein Aus­tausch sozial niedriger­er Milieus durch sozial höhere statt vor allem in den Innen­stadt­bezirken. Dieser Prozess ist keine Ran­der­schei­n­ung son­dern ein geplanter Regelfall. Die Frage nach Teil­habe an der Stadt­ge­sellschaft stellt sich plöt­zlich nicht mehr nur für Unter­schichtsmit­glieder, (und sowieso für die von zunehmend restrik­tiv­er Ein­wan­derungspoli­tik betrof­fe­nen Migrant_innen, deren dezen­trale Unter­bringung in Pots­dam nach wie vor nicht umge­set­zt wurde), son­dern zunehmend auch für Ange­hörige der soge­nan­nten Gesellschaftlichen Mitte.

Wir ord­nen die heutige Sit­u­a­tion auf dem (Pots­damer) Woh­nungs­markt also ein in eine sys­tem­a­tis­che materielle Abhängigkeit der „normalen“/besitzlosen Bevölkerung von der besitzen­den Schicht, die nicht nur über die Pro­duk­tion­s­mit­tel des gesellschaftlichen Reich­tums ver­fügt, son­dern in den meis­ten Fällen auch über den Wohnraum.

Laut Armuts- und Reich­tums­bericht 2013 ver­fü­gen die 50 Prozent Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung nur über gut ein Prozent des gesamten Net­tover­mö­gens, während die Ver­mö­gensstärk­sten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Net­tover­mö­gens auf sich vere­inen. Der Ver­mö­gen­san­teil des ober­sten Dezils ist dabei im Zeitver­lauf immer weit­er angestiegen. Die sog. Drit­telge­sellschaft ist eine Lüge2. Der Traum der unteren und mit­tleren Bevölkerungss­chicht­en vom eige­nen Häuschen drückt ihre Sehn­sucht aus, sich vom Prof­it­streben ihrer Vermieter_innen unab­hängig zu machen.

Dass das Eigen­heim auf Kred­it aus dieser klemme nicht raus hil­ft, zeigt der Ver­lauf der aktuellen Weltwirtschaft­skrise: Sie fing als Immo­bilienkrise in den USA an, wo Mil­lio­nen haushalte Kred­ite aufgenom­men hat­ten, um sich ein Eigen­heim zu leis­ten. Die Mehrheit ste­ht jet­zt nicht nur ohne Haus, son­dern noch hochver­schuldet da. Als in Spanien die Immo­bilienkrise geplatzt ist, haben immer­hin nur ¼ der Kred­it­nehmer ihr Haus wieder ver­loren, aber alle sind bei sink­enden löh­nen und steigen­der Arbeit­slosigkeit für Jahrzehnte an die Knebelverträge ihrer Banken gebun­den. Bei uns ist es noch zu keinem solchen Clash gekom­men, aber ein paar Betra­ch­tun­gen zeigen, wie auch hier der Hase läuft:

Die Real­löhne sind in der BRD in den let­zten 15 Jahren kon­tinuier­lich gesunken. Gle­ichzeit­ig gab es einen ver­stärk­ten Angriff auf arbeit­srechtliche Stan­dards der let­zten Jahrzehnte. Die mit­tlere pri­vate Ver­schul­dung nimmt immer weit­er zu. In kaum einem Land der Euro­zone nehmen die Ver­brauch­er so hohe Kred­ite auf wie in Deutsch­land. Im Schnitt ste­ht jed­er Bun­des­bürg­er mit rund 2700 Euro in der Krei­de. Da kön­nen fast nur noch die Zyprer und die Griechen mithalten.

Laut dem Deutschen Insti­tut für Bankwirtschaft3 ist die pri­vate Ver­schul­dung in Deutsch­land von 1994 – 2010 um über 50% gestiegen. Dem gegenüber ste­ht die Miet­preisen­twick­lung. Laut Geset­zge­bung ist eine Mieter­höhung von 20% alle 3 Jahre möglich. Bei Neu­ver­mi­etung ist alles möglich und Bestandsmi­eter wer­den durch indi­vidu­elle Ange­bote ruhiggestellt. Der Miet­spiegel fungiert oft als Preistreiber und die Nebenkosten steigen ständig.

Die Folge ist der Aus­tausch der Bewohn­er­schaft in der Innen­stadt an den Rand und vom Rand in die Periph­erie. Ein immer größer­er Anteil des Einkom­mens geht für miete drauf (bis über 50%), die soziale und emo­tionale Unsicher­heit wächst, nicht nur in Pots­dam son­dern in fast allen größeren Städten wird im Inter­esse pri­vat­en Prof­it­strebens mas­siv verdrängt.

Wir bezweifeln, dass es von Seit­en des Staates, der Län­der und Kom­munen über­haupt ein reales Inter­esse an ein­er Lösung der Woh­nungs­frage gibt.

Wir verurteilen diese Entwick­lung und schließen mit einem Zitat von Kropotkin von 1892: “Es ist ein Bewusst­wer­dung­sprozess, und deshalb wird man das Volk nicht länger glauben machen, das Besitzrecht an Wohnge­bäu­den sei gerecht. Nicht der Eigen­tümer hat das Haus gebaut. Errichtet haben es hun­derte von Arbeit­ern, und sie haben es auch deko­ri­ert und tapeziert. Hunger hat sie auf die Bau­plätze getrieben und die Not sie gezwun­gen, einen viel zu gerin­gen Lohn zu akzep­tieren. Der Prof­it, den der sog. Eigen­tümer aus seinem Haus zieht, ver­dankt sich wiederum aus dem Umstand, dass das Haus in ein­er gepflasterten Straße ein­er beleuchteten Stadt ste­ht, die regelmäßige Verkehrsverbindun­gen zu anderen Städten unter­hält und über Industrie‑, Handels‑, Wis­senschafts- und Kun­stetab­lisse­ments ver­fügt. Dass Brück­en, Haus und Architek­tur­denkmäler die Stadt zieren und sie den Ein­wohn­ern auf Dör­fern unbekan­nten Kom­fort und Annehm­lichkeit­en in tausender­lei Gestalt bietet; das 20 oder 30 Gen­er­a­tio­nen sie wohn­lich, gesund und schön gemacht haben. Wer hätte da das Recht, auch nur die kle­in­ste Parzelle des gemein­samen Erbes irgendwem zu verkaufen?”

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1. Laut Woh­nungs­mark­t­bericht 2011 waren bere­its damals von den 24.000 kom­mu­nalen Woh­nun­gen 1999 über ¼ privatisiert

2. In der BRD ver­di­ent das untere Drit­tel über weniger als 1 % des Ver­mö­gens, das mit­tlere Drit­tel über knapp 20 % des Ver­mgens und das obere Drit­tel über ca. 80 % des Vermögens

3. http://www.deutsches-institut-bankwirtschaft.de/Gaedicke%20private%20Verschuldung.pdf http://www.rechtaufstadt-potsdam.de/2014/10504-potsdam-eine-stadt-fur-alle-oder-nur-fur-wenige.html

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Antifaschismus

Polizeigewalt überschattet Proteste in Wittenberge

Einen großen Erfolg feierte das Bünd­nis „Wit­ten­berge Naz­ifrei“ am 5. April. Über 700 Gegendemonstrant_innen stell­ten sich den knapp 200 angereis­ten Neon­azis in den Weg. Kleinere Block­aden am Horn­ing zwan­gen die Neon­azis ins Neubauge­bi­et auszuwe­ichen. Dort tappten sie in eine Sack­gasse und wur­den von ein­er Vielzahl an Men­schen umstellt und block­iert. Auch die Auswe­ichroute durch die Per­leberg­er Straße war keine Alter­na­tive. Dort warteten um die 200 Men­schen, darunter der Bürg­er­meis­ter der Stadt Wit­ten­berge Dr. Oliv­er Her­mann (partei­los), sowie weit­ere Politiker_innen und versper­rten so die Auswe­ichroute. Auf dem Bürg­er­fest hat­te der Bürg­er­meis­ter von der Haupt­bühne dazu aufgerufen, sich an den Block­aden zu beteili­gen. Auch die Mozart­straße, die die Neon­azis unbe­d­ingt passieren woll­ten, war schnell dicht. Sichtlich verärg­ert zogen die Neon­azis zum Bahn­hof zurück.

Das Bünd­nis „Wit­ten­berge Naz­ifrei“ zeigt sich zufrieden mit dem Tag, verurteilt jedoch die Polizeige­walt und die per­fide Art und Weise diese medi­al zu recht­fer­ti­gen. In ein­er Pressemit­teilung der Polizei wird von mehreren, ange­blichen „Angrif­f­en“ auf Polizeibeamte gesprochen, die während des Spazier­gangs für Tol­er­anz und während der Block­aden erfol­gt sein sollen. Tat­säch­lich ging die Gewalt jedoch ganz klar von den äußerst aggres­siv auftre­tenden, ver­mummten Polizeis­chlägern aus. So wurde der hin­tere Block des friedlichen Spazier­gangs für Tol­er­anz grund­los von der Polizei ange­grif­f­en. Mehrere Per­so­n­en wur­den dabei ver­let­zt, eine Per­son wurde mit einem Nasen­bruch ins Kranken­haus Per­leberg ein­geliefert. Ein­er weit­eren Per­son wurde von der BFE ein Wirbel ver­renkt. In bei­den Fällen wurde Anzeige erstat­tet wegen Kör­per­ver­let­zung im Dienst. Mehrfach kam es zu Behin­derun­gen der Pressear­beit, darunter auch durch das Anti-Kon­flikt-Team. Insofern sehen wir die Krim­i­nal­isierungsver­suche der Polizei gegenüber den Demonstrant_innen und Blockier_innen als plumpe Schutzbe­haup­tung an, um eigene Fehler zu kaschieren.

Das Bünd­nis “Wit­ten­berge Naz­ifrei” ist empört, mit welcher­lei Aufwand eine klar neon­azis­tisch und damit auch ver­fas­sungswidrig aus­gerichtete Ver­samm­lung hier durchge­set­zt wer­den sollte. Wed­er das Hochban­ner mit der Auf­schrift „Nationaler Sozial­is­mus!“, noch Sprechchöre, wie „Krim­inelle Aus­län­der raus – und der Rest auch!“, wur­den durch die Ein­sat­zleitung bean­standet. Stattdessen wurde die Naziroute mit Git­tern vor mut­maßlichen Gegendemonstrant_innen „gesichert“, die Neon­azis an Block­aden ein­fach vor­beige­führt oder eben bru­tal gegen Blockier_innen vorgegangen.

Im Anschluss an die Demon­stra­tion in Wit­ten­berge set­zten sich knapp 70 Neon­azis ab und ver­anstal­teten einen Spon­tan­marsch in Neustadt (Dosse). Tele­fonisch wurde dort ein Aufzug „gegen Repres­sion“ angemeldet.

Es über­rascht wenig, dass die Neon­azis in einen anderen Ort aus­gewichen sind, um dort ungestört zu marschieren“, so der Sprech­er des Bünd­niss­es, Thomas Müller. „Nach­dem der 1. Mai 2012 in Witt­stock (Dosse) eben­falls block­iert wurde, wich eine Gruppe von Neon­azis, darunter auch ein NPD-Stadtverord­neter, ins benach­barten Neu­rup­pin aus um dort aufzu­marschieren. Im Zuge dessen wurde auch das Jugend- und Wohn­pro­jekt Mit­ten­Drin mit Flaschen und Steinen angegriffen.“

Auch wenn die Neon­azis die bei­den kurzen Märsche als „erfol­gre­iche Demon­stra­tio­nen“ verkaufen möcht­en, sind sie jedoch in der Real­ität grandios gescheit­ert. „Jeglich­er Marsch in Wit­ten­berge wäre ohne das Wohlwollen der Polizei so nicht möglich gewe­sen. Und das Auswe­ichen nach Neustadt (Dosse) kann ganz klar als Kapit­u­la­tion vor dem antifaschis­tis­chen Gegen­druck in Wit­ten­berge inter­pretiert wer­den“, bekräftigt Thomas Müller.

Zum Schluss möchte sich das Bünd­nis “Wit­ten­bere Naz­ifrei” bei allen, die an den Tag gegen den Neon­azisauf­marsch auf die Straße gegan­gen sind und den Aufzug durch Men­schen­block­aden zum stop­pen bracht­en, bedanken. Beson­der­er Dank geht an das Kom­mu­nika­tion­steam des bürg­er­lichen Bünd­niss­es der Stadt Wit­ten­berge und an die Abge­ord­neten, die über den Tag das Geschehen begleit­eten und unter­stützend wirkten.

11.04.2014 Bünd­nis “Wit­ten­berge Nazifrei”

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus

737 FÄLLE POLITISCH RECHTS MOTIVIERTER GEWALT IN OSTDEUTSCHLAND UND BERLIN

Nach einem Rück­gang im Jahr 2012 stieg die Anzahl rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Straftat­en im ver­gan­genen Jahr in den neuen Bun­deslän­dern und Berlin wieder deut­lich an. 2013 wur­den ins­ge­samt 737 poli­tisch rechts motivierte Angriffe mit min­destens 1086 direkt Betrof­fe­nen doku­men­tiert. Dies sind rund 18 Prozent mehr Angriffe, als die Beratungsstellen für das Jahr 2012 (626 Angriffe) doku­men­tiert hat­ten. Sta­tis­tisch gese­hen ereignen sich in Ost­deutsch­land etwa zwei rechte Angriffe pro Tag. Mit 223 Fällen wur­den die meis­ten recht­en und ras­sis­tis­chen Gewalt­tat­en in Sach­sen gezählt. Es fol­gen Berlin (185), Sach­sen-Anhalt (116), Bran­den­burg (85), Meck­len­burg-Vor­pom­mern (83) und Thürin­gen (45). Pro 100.000 Einwohner_innen ereigneten sich in Sach­sen, Berlin, Sach­sen-Anhalt und Meck­len­burg-Vor­pom­mern jew­eils mehr als fünf Angriffe. Nur in Thürin­gen (2) und Bran­den­burg (3,4) sind die Angriff­szahlen geringer. *Dimen­sion rechter Gewalt* Mehrheitlich wurde durch die unab­hängi­gen Beratungsstellen ein Anstieg der Angriffe beobachtet. Nur in Bran­den­burg und Thürin­gen sind die Zahlen leicht rück­läu­fig. Andere Bun­deslän­der hinge­gen verze­ich­neten trau­rige Reko­rde. Das Berlin­er Beratung­spro­jekt Rea­chOut berichtet von den höch­sten Angriff­szahlen seit ihrer Grün­dung (Anstieg um 33 %). Einen Anstieg müssen auch die Län­der Sach­sen (Anstieg um 43 %) und Meck­len­burg-Vor­pom­mern (Anstieg um 40 %) fest­stellen. In Meck­len­burg-Vor­pom­mern wur­den nach sink­enden Fal­lzahlen 2012, wieder ähn­lich viele Fälle reg­istri­ert wie in den Jahren zuvor. Sach­sen- Anhalt hat einen leicht­en Anstieg um 10 % zu verze­ich­nen. „Wir gehen davon aus, dass unsere kon­tinuier­lichen Recherchen und Doku­men­ta­tio­nen rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt erhe­blich dazu beitra­gen, das Dunkelfeld zu erhellen.“ So Robert Kusche, ein Sprech­er der Opfer­ber­atungsstellen „Aber auch die teil­weise offen ras­sis­tisch geführten Diskus­sio­nen um Asyl in Deutsch­land schaf­fen den Nährbo­den für ras­sis­tis­che Ide­olo­gien und führen in ihrer Kon­se­quenz zu recht­en Gewalt­tat­en“. In 64 % der Fälle han­delt es sich um Kör­per­ver­let­zun­gen und bei 27 % um mas­sive Bedro­hun­gen, ver­suchte Kör­per­ver­let­zun­gen sowie Nöti­gun­gen. Bei sieben Angrif­f­en han­delte es sich um schwere Kör­per­ver­let­zun­gen oder ver­suchte Tötungs­de­lik­te. Ein Beispiel: Am 21.09.2013 wurde ein 34-jähriger Imbiss­be­treiber türkisch­er Herkun­ft beim Abschließen seines Geschäfts im Bahn­hof unver­mit­telt aus ein­er Gruppe Neon­azis ras­sis­tisch beschimpft und von mehreren Angreifern bru­tal mit Fäusten, Trit­ten und Flaschen attack­iert. Verge­blich ver­sucht seine Fre­undin, dazwis­chen zu gehen und muss mit anse­hen, wie die Unbekan­nten weit­er auf den 34-Jähri­gen ein­treten, als er bere­its schw­er ver­let­zt am Boden liegt. Der Betrof­fene muss mit lebens­ge­fährlichen Ver­let­zun­gen notoperiert und danach in ein kün­stlich­es Koma ver­set­zt wer­den. „Trotz der Aus­sagen der Betrof­fe­nen und Zeug_innen kon­nte oder wollte die Staat­san­waltschaft kein ras­sis­tis­ches Motiv erken­nen. Dies verdeut­licht ein zen­trales Prob­lem im Umgang mit Betrof­fe­nen rechter Gewalt“ so Robert Kusche. Er kri­tisiert außer­dem: „Auch in Berlin wurde wieder eine ras­sis­tis­che Tat bekan­nt, bei dem die Betrof­fe­nen am Tatort von der Polizei zunächst so behan­delt wur­den als seien sie die Täter.“ *Men­schen wer­den am häu­fig­sten aus ras­sis­tis­chen Grün­den ange­grif­f­en* Besorg­nis erre­gend ist der hohe Anstieg ras­sis­tis­ch­er Gewalt­tat­en um mehr als 20 % (2013: 344; 2012: 276; 2011: 226). Fast die Hälfte aller von den ost­deutschen Beratung­spro­jek­ten und in Berlin doku­men­tierten Angriffe waren ras­sis­tisch motiviert (2013: 47 %; 2012: 44 %; 2011: 32 %). Nicht-rechte und alter­na­tive Per­so­n­en (18 %; 134 Angriffe) sowie Men­schen, die von den Täter_innen als poli­tis­che Gegner_innen ange­se­hen wer­den (19 %; 140 Angriffe), gehören zu der zweit­größten Betrof­fe­nen­gruppe rechter Gewalt. Bei 57 Gewalt­tat­en war Homo­pho­bie (8 %), in 17 Fällen Anti­semitismus und in 11 Fällen Sozial­dar­win­is­mus das zen­trale Tat­mo­tiv. Zudem reg­istri­erten die Beratungsstellen acht Angriffe gegen Men­schen mit ein­er Behin­derung. *Ins­ge­samt stellen die Beratungsstellen fest* Die Debat­ten um die NSU-Morde sowie die jahre­lange Doku­men­ta­tion durch die Beratung­spro­jek­te haben dazu beige­tra­gen, dass das Dunkelfeld rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt klein­er wird. Den­noch wird das gesellschaftliche Kli­ma beispiel­sweise gegen Flüchtlinge oder Ander­s­denk­ende zunehmend rauer. Die Ange­bote der unab­hängi­gen Opfer­ber­atungsstruk­turen leis­ten einen unverzicht­baren Beitrag, damit die Empfehlung des Bun­destag­sun­ter­suchungsauss­chuss­es zum NSU tat­säch­lich im Sinne der Betrof­fe­nen umge­set­zt wer­den kön­nen. Darum müssen im Inter­esse der Betrof­fe­nen endlich in allen Bun­deslän­dern flächen­deck­end finanziell abgesicherte Beratungsstruk­turen aufge­baut werden.

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Wittenberge blockiert!

Über 600 Men­schen stell­ten sich an dem heuti­gen Sonnabend, den 5. April, dem Neon­azi­auf­marsch in Wit­ten­berge in den Weg. Mit ein­er großen Beteili­gung antifaschis­tis­ch­er Demokratin­nen und Demokrat­en kon­nte der Auf­marsch der „Freien Kräfte Neuruppin/Wittenberge“ block­iert wer­den. Nach nur 1500 Metern war es Schluss mit dem Aufzug. Frus­tri­ert zogen sich die 180 angereis­ten Neon­azis zurück und fuhren nach Hause. Der Erfolg der Block­aden wurde mehrmals über­schat­tet von dem unver­hält­nis­mäs­sig bru­tal­en Vorge­hen der Polizei, wie zum Beispiel das stop­pen des „Spazier­gangs für Tol­er­anz“ mit Spef­fer­spray und Schlagstockeinsatz.

Das Bünd­nis „Wit­ten­berge Naz­ifrei“ zeigt sich den­noch zufrieden mit diesem Tag. „Wir sind sehr erfreut darüber, dass so viele Men­schen unserem Aufruf gefol­gt sind. Nur mit vere­in­ter Kraft kon­nte der Neon­azi­auf­marsch frühzeit­ig aufge­hal­ten wer­den. Wir möcht­en an dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle aussprechen, die heute in Wit­ten­berge auf die Straße gegan­gen sind“, so der Sprech­er des Bünd­niss­es, Thomas Müller.

Ein aus­führlicher­er Bericht fol­gt die näch­sten Tage.

05.04.2014 Bünd­nis ‚Wit­ten­berge Nazifrei‘

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Antifaschismus

Wittenberge blockiert

INFORIOT — Schätzun­gen zufolge waren es 200 Neon­azis, die sich am gestri­gen 5. April ab 09:00 Uhr am Wit­ten­berg­er Bahn­hof sam­melten (obwohl der Auf­marsch um 12:00 Uhr begin­nen sollte). Angemeldet war ein von den „Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ ini­ti­iert­er Auf­marsch, der in einem Demon­stra­tionszug über den Nor­den und die Innen­stadt führen sollte. Die Teilnehmer_innen waren neben lokaler „Neon­azi-Promi­nenz“ vor allem angereiste Neon­azis aus Mecklenburg/Vorpommern, Ham­burg, Thürin­gen und dem gesamten Land Brandenburg.

Es war am der erste Auf­marsch dieser Art in Wittenberge.

 

Vielfältige (Gegen-)Aktionsformen

Im Ver­such, den Nazis ent­ge­gen zu treten, waren dabei die Aktions­for­men äußerst bre­it gefächert. Vom Gottes­di­enst (um die Nazis wegzu­beten) über ein Tol­er­anzfest in der Einkauf­sstraße, Block­aden, Bezugs­grup­pen mit „Fin­ger-Tak­tik“ und mobilen Kle­in­grup­pen im Stadt­ge­bi­et, war alles dabei. Das Bünd­nis „Wit­ten­berge Naz­ifrei“ hat­te zum Ver­hin­dern es geplanten Auf­marsches aufgerufen. Genau so bunt gemis­cht wie ihre die Vorge­hensweisen waren auch die über 600 bürg­er­lichen und autonomen Antifaschist_innen.

 

Flex­i­ble Gegendemonstrant_innen 

Bere­its vor 10:00 Uhr fan­den sich trotz Niesel­re­gen Gegendemonstrant_innen an mehren größeren Block­adepunk­ten ein.

Die Polizei war auf­fäl­lig solide vor­bere­it­et, 700 Beamt_innen sollen im Dienst gewe­sen sein. Unter anderem mit Ham­burg­er Git­tern, Räumpanz­ern, etlichen Bussen, Autos und Motor­rädern waren sie vor Ort präsent und gin­gen zum Teil bru­tal gegen Demonstrat_innen vor. So wurde der „Spazier­gang für Tol­er­anz“, der über den Nor­den der Stadt zum Tol­er­anzfest in der Bahn­straße führte, von der Polizei ange­grif­f­en. Ziel dabei war es offen­bar, jün­gere Antifaschist_innen, die als mut­maßlich als Autonome eingestuft wur­den, festzuset­zen. Angaben zufolge gab es mehrere Ver­let­zte, darunter ein Nasen­bruch. Wenig später räumte die Polizei gewaltvoll eine größere Block­ade. Mehrfach wur­den Pressevertreter_innen bei ihrer Arbeit behindert.

Als die Neon­azi-Demon­stra­tion um etwa 13.00 Uhr startete, stellte sich Tak­tik schnell als ver­nach­läs­sig­bar her­aus, da die Neon­azis über kleine Wege in das ver­winkelte Wohnge­bi­et jen­seits des Bahn­hofs geleit­et wurden.

Was fol­gte war ein Katz-und-Maus-Spiel der Polizei mit mehreren mobilen Klein-und Groß­grup­pen im Umkreis der Route. Immer wieder beset­zen sie Punk­te an der mut­maßlichen (Ausweich-)Route der Neon­azis; melde­ten mal mehr, mal weniger erfol­gre­ich spon­tan Kundge­bun­gen an. Im Horn­ring war dann Schluss. Als die Polizei die Nazis in das Plat­ten­bau­vier­tel im Horn­ring führte, umrin­gen­ten die Gegendemonstrant_innen die Nazide­mo und block­ierten damit erneut erfol­gre­ich die Route.

Schlussendlich wur­den die Neon­azis nach etwa 1000 Metern impro­visiert­er Route zum Bahn­hof zurück geleit­et, wo ihre Ver­samm­lung been­det wurde. Bevor es zum Bahn­hof ging wurde seit­ens der Nazis und der Polizei um eine Auswe­ichroute ver­han­delt. Doch alle Straßen waren dicht. Die Per­leberg­er Straße wurde durch knapp 200 Men­schen, darunter auch der Wit­ten­berg­er Bürg­er­meis­ter Dr. Olver Her­mann, block­iert. Auch die Mozart­straße, die die Nazis als Alter­na­tive nutzen woll­ten, war schnell dich.

Das Bünd­nis „Wit­ten­berge Naz­ifrei“ feierte den Tag zurecht als Erfolg.

 

Im Anschluss: Spon­tan­er Aufzug in Neustadt/Dosse

Kurze Zeit nach Beendi­gung der Ver­samm­lung in Wit­ten­berge fan­den sich in Neustadt/Dosse noch etwa 50 der Neon­azis zu ein­er Kurz-Demon­stra­tion zusam­men. Sie waren nach dem – gelinde gesagt – semi-erfol­gre­ichen Auf­marsch in Polizeibegleitung mit dem Zug dor­thin gefahren. Via Tele­fon sollen sie dabei eine Spon­tankundge­bung “gegen Repres­sion” abge­hal­ten haben, und feiern bei­de Aufmärsche als Erfolg.

Auch als der Auf­marsch am 1. Mai 2012 in Witt­stock block­iert wurde, ver­sucht­en die Neon­azis einen Spon­tanauf­marsch im benach­barten Neu­rup­pin abzuhal­ten. Dabei grif­f­en sie das linksalter­natieve Wohn- und Jugend­pro­jekt “JWP Mit­ten­Drin” an.

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Antifaschismus

Aktionskarte für den 5. April

Karten find­et iher hier (1757×2483) und hier (2514×4966).

Fol­gende Infor­ma­tions- Kon­tak­t­möglichkeit­en habt ihr am Aktion­stag:
Das Infotele­fon von Wit­ten­berge Naz­ifrei: 0176 – 92 28 78 51
Der Ermit­tlungsauss­chuss (EA) im Fall von Fes­t­nah­men: 0151 – 129 10 392

Tick­er find­et ihr unter
Twit­ter: @Wbge_Nazifrei
Der Hash­tag für den Tag ist #0504wbge

Was nicht auf der Karte zu sehen ist: Es gibt zusät­zliche Punk­te, wo ihr euch an dem Tag vom stres­sigem Treiben aus­ruhen kön­nt. Das ist ein Mal das Bürg­erzen­trum in der Bürg­er­meis­ter-Jahn Straße 21 und das Evan­ge­lis­chen Gemein­de­haus in der Per­leberg­er Straße 24. Außer­dem musste die Kundge­bung an der May­bach­straße lei­der aus­fall­en. Ab 13 Uhr find­et am Schiller­platz (H8 unten links) ein Gottes­di­enst des Evan­ge­lis­chen Kirchenkreis­es Prig­nitz statt.

Alle Aktio­nen der Stadt Wit­ten­berge und ander­er auf einem Blick: hier.
Des Weit­eren find­et ab 10:00 Uhr auf der Ver­lader­ampe am Bahn­hof Wit­ten­berge die Aktion „Nazis weg­bassen“ statt.

+++ Achtet auf den Tick­er! Wir wer­den euch mit alle wichti­gen Infor­ma­tio­nen an dem Tag über den Tick­er ver­sor­gen. Weit­ere Infor­ma­tio­nen folgen+++

Wir set­zen auf mehrere Anlauf­punk­te, zu denen wir mobil­isieren:
— Ab 09:00 Uhr am Bahn­hofsvor­platz
— Eben­falls ab 09:00 Uhr ist der Goethe­p­latz eine Anlauf­punkt
— Spazier­gang für Tol­er­anz, welch­er 10:30 in der Dr.-S.-Allende-Str./ Per­leberg­er Str. startet

Wir rufen ganz deut­lich und unmissver­ständlich dazu auf, Nazis am 05. April in Wit­ten­berge zu block­ieren. Kommt dazu zu unseren Block­adepunk­ten. Dann seid ihr erstens durch die große Masse von Men­schen auf der sicheren Seite und zweit­ens habt ihr die effek­tivste Möglichkeit, mit uns zusam­men Nazis zu blockieren.

Am Tag selb­st wird es auch an allen Laut­sprecher­wa­gen (Lautis) Aktion­skarten geben, solange der Vor­rat reicht. Um auf Num­mer sich­er zu gehen, kön­nt ihr euch die Karte auch zu Hause schon ausdrucken.

Nazis am 05. April in Wit­ten­berge blockieren!

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(Anti)militarismus Geschichte & Gedenken

Studierendenschaft unterstützt Bürgerbegehren gegen Wiederaufbau der Garnisonkirche

Die Gelder wer­den dem aktuellen Bürg­er­begehren für die Auflö­sung der Stiftung Gar­ni­sionkirche Pots­dam bereitgestellt.

Der AStA und das Studieren­den­par­la­ment unter­stützten somit, über die finanziellen Mit­tel hin­aus, das Bürg­er­begehren und die Bürg­erini­tia­tive für ein Pots­dam ohne Gar­ni­sionkirche in vollem Umfang. An den Stan­dorten der Uni­ver­sität Pots­dam und im Büro des AStA wer­den Unter­schriften gesammelt.
In Anbe­tra­cht der sozialpoli­tis­chen und städte­baulichen Sit­u­a­tion in Pots­dam, ist es nicht nachvol­lziehbar, dass die Stadt Pots­dam an dem Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche fes­thält. Während die Stadt ver­sucht, sich das Image eines Wis­senschafts­stan­dortes und ein­er Stadt der Studieren­den zu geben, ignori­ert sie Bedürfnisse junger Men­schen und Studieren­der. So sind beispiel­sweise in Mod­ellen der “neuen” his­torischen Innen­stadt die Studieren­den­wohn­heime in der Bre­it­en Straße nicht auffind­bar, die Fach­hochschule Pots­dam am Alten Markt soll abgeris­sen wer­den, alter­na­tive Jugend­kul­turzen­tren wie das Spar­ta­cus wur­den bere­its aus der Innen­stadt ver­ban­nt. Das Stadtzen­trum verkommt mehr und mehr zu ein­er Kulisse mit pseu­do-his­torischen Fassaden.
Während unzäh­lige Men­schen nach bezahlbarem Wohn­raum suchen, ist sich die Stadtver­wal­tung nicht zu schade ein Grund­stück kosten­frei an die Stiftung Gar­nisonkirche für den Wieder­auf­bau der sel­ben abzugeben und sog­ar für einen Umbau von Infra­struk­tur, wie z.B. Straßen­ver­legung, zu sorgen.
Stad­ten­twick­lung und sozialer Wohn­raum geht alle etwas an. Das Streben einiger Gut­si­tu­iert­er nach dem Wieder­auf­bau eines his­torisch der­art neg­a­tiv aufge­lade­nen Objek­tes kann als klar­er Gegen­stand­spunkt zur Schaf­fung sozialen Wohraums und Teil­habe am sozialen Leben der Stadt gese­hen werden.
Diese Teil­habe wird durch das Bürg­er­begehren unter­stützt. Es bietet so eine erste Möglichkeit, demokratis­chen Ein­fluss auf städte­bauliche Entwick­lun­gen zu nehmen.
Jür­gen Engert, Ref­er­ent für Kul­tur des AStA der Uni Pots­dam sagt dazu: “Wir unter­stützen die Argu­men­ta­tion der BI und das Instru­ment eines Bürg­er­begehren. Dass die Stadtver­wal­tung an basis­demokratis­ch­er Teil­habe an Stadt­poli­tik nicht inter­essiert ist, zeigen aktuelle Äußerun­gen des Ober­bürg­er­meis­ters Jann Jacobs. Wer sich als Stad­to­ber­haupt wärend eines laufend­en Bürg­er­begehrens öffentlich gegen dieses ausspricht, beweist, dass er lieber an ein­er Poli­tik der Hin­terz­im­mer fes­thal­ten will, statt die Bewohn­er und Bewohner­in­nen der Stadt nach ihrer Mei­n­ung zu fra­gen und diese zu repektieren.”

Mar­tin Grothe [3. April 2014]

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Antifaschismus

Breite Unterstützung und Solidarität für „Wittenberge Nazifrei“

In weni­gen Tagen soll in Wit­ten­berge ein Neon­azisauf­marsch stat­tfind­en. Neon­azis im dreis­tel­li­gen Bere­ich aus mehreren Bun­deslän­dern wer­den erwartet. Doch gegen den Nazi­auf­marsch formiert sich nicht nur in Wit­ten­berge selb­st Wider­stand, son­dern dieser find­et auch bre­ite Unter­stützung und Sol­i­dar­ität aus ganz Bran­den­burg. Der Aufruf des Bünd­niss­es ‚Wit­ten­berge Naz­ifrei’ wird von vie­len Parteien, Jugend­ver­bän­den, anderen Organ­i­sa­tio­nen, sowie vie­len Einzelper­so­n­en unterstützt.

Unter den Unter­stützen­den find­et sich auch der stel­lvertre­tende Min­is­ter­präsi­dent und Jus­tizmin­is­ter des Lan­des Bran­den­burg Hel­muth Markov (DIE.LINKE), welch­er am 05. April eben­falls nach Wit­ten­berge reisen will. In der Ver­gan­gen­heit hat­te er sich oft gegen Rechts einge­set­zt: so Unter­stützte er zusam­men mit dem Sozialmin­is­ter Baaske 2012 das Bünd­nis „Kein Ort für Neon­azis in Frank­furt (Oder)”, sowie die Bünd­nisse „Finow­furt Naz­ifrei“ und jüngst „Cot­tbus Nazifrei“.

Auch viele zivilge­sellschaftliche Organ­i­sa­tio­nen und Akteur_innen aus dem ganzen Bun­des­land wollen die friedlichen Massen­block­aden in Wit­ten­berge mit unterstützen.Sowohl der Lan­desju­gen­dring Bran­den­burg e.V., die Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes/Bund der Antifaschis­ten (VVN/BdA) Prig­nitz und auch die zivilge­sellschaftlichen Bünd­nisse aus Cot­tbus und Frank­furt (Oder), welche bere­its erfol­gre­ich mit friedlichen Massen­block­aden Nazi­aufmärsche ver­hin­dert haben, gehören zu den Unterstützer_innen.

Wir sind begeis­tert von der bre­it­en Unter­stützung aus Wit­ten­berge und ganz Bran­den­burg. Gemein­sam wer­den wir es schaf­fen den Neon­azi­auf­marsch so ver­hin­dern. Nicht zulet­zt die Unter­stützung des stel­lvertre­tenden Min­is­ter­präsi­den­ten und Jus­tizmin­is­ters zeigt das die antifaschis­tis­chen Block­aden von einem bre­it­en gesellschaftlichen Kon­sens getra­gen wer­den.“ so Thomas Müller, Sprech­er des Bündnisses.

Es sind um den Bahn­hof herum und in der Innen­stadt ab 9 Uhr mehrere Gegenkundge­bun­gen angemeldet. Weit­ere Infor­ma­tio­nen und den Aufruf des Bünd­niss­es find­en sich unter wittenbergenazifrei.blogsport.eu

02.04.2014 Bünd­nis “Wit­ten­berge Naz­ifrei”
Kon­takt: wittenbergenazifrei@riseup.net

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