Am gestrigen Abend führten Vertreter_innen der Stadtverwaltung von Brandenburg an der Havel eine Informationsveranstaltung zum geplanten Neubau einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende am Neuendorfer Sand durch. Ungefähr 50 Menschen nahmen diesen Termin wahr. Sowohl Asylgegner_innen als auch Befürworter kamen dabei zu Wort.
Allgemeine Informationen
Zunächst vermittelte ein Vertreter der Stadt erst einmal allgemeinen Überblick, über die Menschen, die kommen werden, ihren rechtlichen Status und welche Art der Unterbringung für sie angestrebt wird. Im Übrigen wurde auch in dieser Veranstaltung noch einmal dargestellt, dass die Aufnahme von Asylsuchenden geordnet und nach einem bestimmten Reglement abläuft.
Erster Anlaufpunkt für Menschen, die im Land Brandenburg Asyl suchen, ist so zunächst die Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt (Landkreis Oder-Spree). Dort findet dann u.a. eine Erfassung ihrer Daten sowie eine gesundheitliche Untersuchung statt. Anschließend werden die Asylsuchenden über einen Verteilungsschlüssel auf die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte verteilt.
Die Stadt Brandenburg an der Havel hat diesbezüglich beispielsweise die Pflicht 2,7 % der im Land aufzunehmenden Menschen eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen.
Momentan leben 258 Asylsuchende in der Havelstadt, davon 179 in der Gemeinschaftsunterkunft in der Flämingstraße und insgesamt 79 in Wohnungen.
Um bis Ende 2015 weitere Menschen aufnehmen zu können, ist nun geplant die Flämingstraße um 50 neue Plätze zu erweitern und neue Unterkünfte in der Fohrder Landstraße, mit 105 Plätzen, sowie eben am Neuendorfer Sand, mit 100 Plätzen, zu schaffen. Des Weiterensollen 160 Wohnungen angemietet werden.
Fragen, Antworten und Willkommenskultur
In der anschließenden Fragestunde brachten dann zunächst die Asylgegner_innenihre Vorurteile gegenüber Asylsuchenden durch entsprechende Anfragen an die Moderation zum Ausdruck. Warum der Standort Neuendorfer Sand? Warum soviel Geld für Asylsuchende ausgeben? Kommen eigentlich nur Männer und wäre es nicht besser, wenn sie ihre Heimat aufbauen würden? Wie sieht der Gesundheitsschutz aus? Woher haben die das Geld für teure Fitnessstudios?
Die Stadtverwaltung ihrerseits hatte sich aber anscheinend gut auf die Veranstaltung vorbereitet und entsprechende Sachbearbeiter gleich mit eingeladen, die auch auf die abstrusesten Fragen kompetent antworten und so die bestehenden Vorurteile – zumindest für die Mehrheitder Anwesenden – sachlich entkräften konnten.
Hinsichtlich der Standortwahl wurde noch einmal betont, dass die Siedlung am Neuendorfer Sand nicht der einzige Ort in Brandenburg an der Havel ist, in dem Asylsuchende untergebracht werden sollen. Allerdings gäbe es für die hier geplante Neueinrichtung an anderen Punkten in der Stadt kaum vergleichbar gute Standortbedingungen. Diesbezüglich wurden alle möglichen alternativen Standorte, so der Sachbearbeiter der Stadt, genau geprüft und sorgfältig gegeneinander abgewogen, auch im Hinblick auf die Kosten. Dazu bemerkte übrigens ein Bürger, dass die Kostenfrage irrelevant sei. Schließlich werden, seiner Meinung nach, jährlich Milliardenwerte an Waffentechnik in die Krisenländer geliefert, so dass sich jetzt nicht gewundert muss, wenn die Menschen von dort aus Furcht vor Krieg, Folter und Vertreibung nun hierher kommen.
Das jedoch vor allem Männer aus diesen Ländern kommen, lässt sich hingegen nicht bestreiten. Hier wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Strapazen einer Flucht, zum Teil über mehrere tausend Kilometer, durch Krisengebiete, übers Mittelmeer, für viele Frauen und Kinder einfach nicht tragbar sind und häufig den sicheren Tod bedeuten. Das heiße allerdings nicht, dass diese in ihren Heimatländern keine Gefahr ausgesetzt sind. Hinter jedem Akt der Flucht steckt eben meist noch ein viel größeres Drama. Zudem wurde auch noch einmal darauf hingewiesen, dass keines der Krisenländer dieser Welt mit europäischen Staaten vergleichbar ist und ein geforderter „Aufbau der Heimat“ aufgrund der Gegebenheiten vor Ort wohl eher eine romantische Illusion sei.
Hinsichtlich des Gesundheitsschutzes müsse sich hingegen keine Sorgen gemacht werden, da alle Asylsuchenden bereits in Eisenhüttenstadt untersucht würden. Sollte es trotzdem zu Krankheitsausbrüchen kommen, würde zunächst die gesamte Erstaufnahmeeinrichtung so lange in den Quarantänezustand versetzt, bis kein Risiko mehr für die Bevölkerung besteht. Zudem wurde im Hinblick auf die zuvor konkret thematisierten Masern hingewiesen, dass der Tod eines kleinenJungen in Berlin vor allem auf die Impfverweigerung seiner deutschen Eltern zurückzuführen ist.
Klar widersprochen wurde auch den immer wieder aufkommenden Fragen, ob Asylsuchende besonders und insbesondere finanziell bevorteilt würden. Laut den Angaben der Sozialdezernentin erhalten Menschen, die in Brandenburg an der Havel Asyl gefunden haben und in Wohnungen untergebracht sind, jedoch lediglich 359,00 € im Monat, das sind 40,00 € weniger als deutschen Staatsbürgern gemäß gesetzlicher Grundsicherung nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (Hartz IV) zu steht. Asylsuchende die in einem Heim untergebracht sind, erhalten sogar noch weniger, nämlich ungefähr 328,00 € im Monat. Was sie mit Ihrem Geld allerdings machen, ob sie sich damit Essen und Kleidung kaufen oder Sport treiben, bleibt ihnen allein überlassen.
Darüber hinaus wird natürlich angestrebt, dass die Asylsuchenden möglichst schnell in ein Beschäftigungsverhältnis kommen, so dass sie sich ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren können. Dies ist jedoch erst frühestens nach drei Monaten nach der Ankunft möglich und auch nur dann, wenn dadurch keine deutschen Staatsbürger_innen oder EU-Bürger_innen benachteiligt werden.
Damit waren dann auch die wesentlichsten Fragen beantwortet. Sicherlich blieben einige der Anwesenden, u.a. eine kleinere Gruppe älterer Herrschaften, die versuchten ausländerfeindliche Ressentiments zu schüren, oder Einzelpersonen, die unlängst bei den BraMM-Demos mitliefen, weiterhin skeptisch, dafür meldeten sich im Laufe des Abends immer mehr Menschen, die sich erkundigten, wie genau geholfen werden kann.
Dies griff die Stadt natürlich gerne auf und betonte, dass ehrenamtliche Hilfe sehr willkommen ist. Insbesondere Menschen die Deutschkenntnisse vermitteln könnten würden dringend gebraucht werden. Überhaupt sei die Sprache eines der besten Mittel um sich einander kennenzulernen,so Vorurteile abzubauen und Integration dadurch zu fördern.
Auch der Leiter der bestehenden Asylunterkunft in der Flämingstraße meldete sich zu Wort und bestätigte, dass er bisher keine schlechten Erfahrungen in seine Heim gemacht habe. Viele der dort untergebrachten Menschen seien von der Situation in ihrem Heimatland und der langen Flucht gezeichnet und sehnten sich eher nach Ruhe. Vielen muss auch in der Bewältigung ihres Alltags geholfen werden, da manche Dinge, die hier selbstverständlich sind, in ihren Heimatländern gar nicht existierten.
Des Weiteren wurden Begegnungsmöglichkeiten und Willkommensfeste angeregt um sich besser kennenzulernen. Diesbezüglich verwies die Stadt aber auch auf schon bestehende Angebote, wie die „Interkulturelle Woche“ und ähnliche Veranstaltungsreihen, die gern häufiger frequentiert werden können.
Die neue Asylunterkunft am Neuendorfer Sand soll ab Herbst 2015 bezugsbereit sein.
Fotos: hier
Monat: März 2015
Trotz Protesten von Willkommensinitiativen hat die FH der Polizei die Manöverübungen auf dem TÜV-Gelände direkt neben der Unterkunft für Flüchtlinge in Lehnitz/Oranienburg im Landkreis Oberhavel fortgesetzt. In der Flüchtlingsunterkunft wohnen mehr als 200 Männer, Frauen und Kinder, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind. Fachleute schätzen, dass mindestens 40% der Flüchtlinge aufgrund der erlebten Verfolgung und der Flucht traumatisiert sind.
Mit den Polizeiübungen in unmittelbarer Nachbarschaft ihrer Unterkunft sind sie erneut mit einer Geräuschkulisse konfrontiert, die viele von ihnen mit ihrer Verfolgung assoziieren: Hubschraubereinsätze, Spezialfahrzeuge und Hundertschaften in Uniform, Übungen zur Häuserstürmung und Verfolgung, Schießübungen mit unscharfer Munition.
Auch die Polizeifachhochschule sieht ein Problem, offenbar jedoch vor allem im Protest der Willkommensinitiativen. Gesprächsangebote des Flüchtlingsrates unter Einbeziehung einer Traumaspezialistin, die jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit Flüchtlingen hat, hielt die Fachhochschule für unangebracht. Zwar wird weiterhin Gesprächsbereitschaft signalisiert, es stellt sich jedoch die Frage, welches Ziel die Gespräche haben sollen, wenn die Fachhochschule es ablehnt, Expertinnen auch nur anzuhören und klarstellt, dass es Überlegungen zu einem Ausweichort nicht gäbe.
Die Fachhochschule lädt Flüchtlinge ein, durch Beobachtung der Polizeimanöver ihre Ängste abzubauen — ein fragwürdiges Unterfangen, das den jahrelangen Erfahrungen der Traumatherapie widerspricht. Denn eines der Symptome von Traumatisierung ist es gerade, die Konfrontation mit Erlebnissen, die Assoziationen zum Trauma auslösen könnten, zu vermeiden. Und so gibt es die stilleren nicht-öffentlichen Stimmen in dem Heim in Lehnitz, die ihr Unbehagen mit der starken Polizeipräsenz in der Nachbarschaft in einer Atmosphäre des Vertrauens sehr klar formulieren und den Wunsch äußern, so schnell wie möglich einen anderen Wohnort zu finden.
Das erste Manöver in diesem Jahr ist beendet – die Auseinandersetzung darüber, dass ein Gelände für Terrorbekämpfung, Schießübungen und Polizeigroßeinsätze direkt neben einer Unterkunft für Flüchtlinge weder einer humanitären Flüchtlingsaufnahme noch den Europäischen Verpflichtungen zur Berücksichtigung der Bedürfnisse besonders schutzbedürftiger Menschen entspricht, geht weiter.
Willkommenskultur sieht anders aus! Der Flüchtlingsrat fordert die sofortige Aussetzung aller Polizeiübungen und perspektivisch ein Aufnahmekonzept, das Flüchtlinge und andere sachkundige Menschen in die Gestaltung der Unterbringung einbezieht.
Für das Jahr 2014 hat der Verein Opferperspektive bislang 92 rechte Gewalttaten (im Vorjahr 85) registriert. Sie richteten sich nach Kenntnis der Beratungsstelle gegen mindestens 149 Betroffene. Der Anteil der rassistisch motivierten Taten liegt mit 58 deutlich höher als im Jahr davor (41) und macht 63 Prozent aller registrierten Taten aus (2013: 48 Prozent). 19 Gewalttaten wurden aus Hass gegen politische Gegner_innen verübt, 11 richteten sich gegen nicht Rechte, 2 gegen sozial Ausgegrenzte / Menschen mit Behinderungen, jeweils ein homophober und ein antisemitischer Angriff wurden erfasst. Es wurden 76 Körperverletzungen — davon 41gefährliche — registriert sowie 3 versuchte Körperverletzungen, 9 Bedrohungen, 2 Brandstiftungen, 1 Sachbeschädigung und eine sexuelle Nötigung. Von einem hohen Dunkelfeld ist auszugehen. Nicht erfasst wurden Kundgebungen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen vor Flüchtlingsheimen und Privatwohnungen, in denen Flüchtlinge leben. Sie sind von den Veranstaltern als Einschüchterung gemeint und werden von den Betroffenen als Bedrohung empfunden, können aber statistisch nicht als Gewaltdelikt gewertet werden.
Die meisten Angriffe wurden in Cottbus registriert, gefolgt vom Landkreis Spree-Neiße, in dem nach wie vor Spremberg mit einer agilen gewalttätigen Neonaziszene einen Schwerpunkt bildet.
Der Anstieg rassistischer Gewalt ist nach Einschätzung der Opferperspektive auf die andauernde und massive Mobilisierung gegen Flüchtlinge zurückzuführen (1). Sie wendet sich letztendlich gegen alle als Migrant_innen wahrgenommenen Menschen. Rassistisch eingestellte Durchschnittsbürger_innen fühlen sich ermuntert und werden zu Gelegenheitstäter_innen, so wie in Potsdam am 6. September, als ein nigerianischer Staatsbürger seine neue Wohnung am Schlaatz beziehen will. Zwei Nachbarn stellen sich ihm in den Weg, um ihn nicht ins Haus zu lassen. Sie beschimpfen ihn rassistisch und erklären, er würde hier nicht wohnen. Als er darauf besteht, eine Wohnung gemietet zu haben, sogar seine Schlüssel zeigt, schlägt einer der beiden ihm ins Gesicht und besprüht ihn mit Pfefferspray. In Elsterwerda beleidigt am 13. Mai ein Rechter einen Deutschen libanesischer Herkunft rassistisch, als er diesen bei der Arbeit auf einem Gartengrundstück beobachtet. Er tritt den sichtlich Erkrankten zweimal in den Unterleib und droht ihm mit dem Tod, falls er die Stadt nicht verlasse. Der Betroffene muss in Folge des Angriffs stationär behandelt werden.
Neben der tatsächlichen Zunahme rassistischer Gewalt wirken sich vermutlich folgende Entwicklungen auf die statistische Erfassung aus: eine langsam zunehmende Sensibilisierung der Polizei für rassistische Taten und damit eine Verbesserung der Dokumentation von Hinweisen auf rassistische Motive und die große Unterstützung von Asylsuchenden durch zahlreiche Initiativen. Die soziale Einbindung fördert die Bereitschaft, nach rassistischen Angriffen Anzeige zu erstatten und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zur Verhinderung langfristiger psychischer Angriffsfolgen mangelt es in Brandenburg allerdings nach wie vor an qualifizierten Übersetzungsmöglichkeiten bei Psychotherapien und einer unbürokratischen Regelung für Asylsuchende, nach rassistischen Bedrohungen bzw. Angriffen den Wohnort wechseln zu können (sogenannte Umverteilung).
Mit Sorge beobachtet der Verein die Neueinrichtung von großen Sammellagern ohne abgetrennte Wohneinheiten. Massenunterkünfte stigmatisieren die hier Untergebrachten und schüren vor allem in kleinen Ortschaften rassistische Ressentiments. Die fehlende Privatsphäre beschädigt nicht nur die Bewohner_innen, sie fördert zudem Gewalt in den Unterkünften. Die geringe Ausstattung mit qualifizierten Sozialarbeiter_innen verschärft die Situation.
Der Verein Opferperspektive fordert die Landesregierung dazu auf, die Unterbringungspolitik neu auszurichten. Das Innenministerium sollte in Rückgriff auf die Antirassismusklausel in der Landesverfassung die ihm unterstellten Behörden anweisen, Kundgebungen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen nicht vor deren Wohnungen bzw. Unterkünften zu genehmigen.
(1) Siehe: Netz gegen Nazis „Rassistische Mobilisierungen gegen Flüchtlingsunterkünfte, Rechte Demonstrationen und Wahlkampf bei NPD und AfD – Das Jahr 2014 in Brandenburg“
Am 23. März um 18 Uhr ist es die AGUS GADAT berufliche Schulen, die zum Protest gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aufruft. Unter anderem soll auf großer Leinwand ein Kurzfilm gezeigt werden, der die Ausgrenzung von Obdachlosen deutlich macht, es wird Musik geben und Arbeiten von Auszubildenden zum Thema werden zu sehen sein. Im Januar hatten Schülerinnen und Schüler der Evangelischen Schule unter dem Eindruck von „Pegida“ die erste Neuruppiner Montagsdemonstration „Für Vielfalt gegen Einfalt“ organisiert. Bei Schnee und Regen kamen mehr als 300 Menschen auf den Schulplatz. Im Februar setzte das Oberstufenzentrum Ostprignitz-Ruppin die Reihe fort, wieder bei sehr mäßigen Witterungsbedingungen. Jetzt ist endlich Frühling, und die Veranstalter hoffen auf wachsende Beteiligung. Das Aktionsbündnis Neuruppin bleibt bunt unterstützt die Schülerinitiative und setzt sich dafür ein, dass die Demonstrationen bis zum Sommer fortgesetzt werden. Denn für den 6. Juni rufen Rechtsextremisten zu einer fremdenfeindlichen Großdemonstration „gegen Überfremdung“ nach Neuruppin. Sie scheuen nicht einmal davor zurück, das Fontanedenkmal und den weltbekannten Schriftsteller selbst für ihre rassistische Propaganda zu missbrauchen. Ausgerechnet den Weltbürger Theodor Fontane für fremdenfeindliche Ziele zu missbrauchen – das ist ein schlechter Witz. Die Familie Fontane war eine hugenottische Flüchtlingsfamilie, die hier gut aufgenommen wurde. Die Neuruppiner haben und hatten ein sehr entspanntes Verhältnis zu ihren Zuwanderern. „Neonazis können hier nicht punkten, das wird nichts in Neuruppin“, ist Bündnissprecher Martin Osinski überzeugt. In Neuruppin könnten die Rechtsextremisten mit fremdenfeindlichen Parolen keinen Blumentopf gewinnen. Die Montagsdemos bereiten den breiten, friedlichen Protest vor, mit dem Anfang Juni der braune Spuk zurückgewiesen werden soll. Die Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland stehen seit Jahren unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.
INFORIOT Die rassistische Mobilisierung gegen Asylsuchende in Oberhavel reißt nicht ab. Nachdem Anfang März bekannt wurde, dass Zehdenick 100 Asylsuchende im früheren Lehrlingswohnheim des Oberstufenzentrums am Wesendorfer Weg zentral unterbringen wird, machen Heimgegener_innen in Internet und auf der Straße mobil gegen das Vorhaben. Seit Ende 2014 wurden 18 Asylsuchende dezentral in Wohnungen in der Stadt untergebracht.
Auf der Social-Media-Plattform „Facebook“ entstand am 15. März die Seite „Nein zum Heim Zehdenick“, die nach heutigen Stand etwas weniger als 300 „Likes“ bekommen hat. Knapp 100 Neonazis und Rassist_innen zogen dann am heutigen Mittwochabend durch die Havelstadt. Unter ihnen befanden sich lokale NPD und JN-Mitglieder, darunter Burkhard Sahner, Robert Wolinski, Thomas Salomon, Robert Wegner, Karsten Bachert und Philip Badzcong. Außerdem bekam die Demonstration Unterstützung aus Berlin-Buch, u.a. durch den Pankower NPD-Kreisvorsitzenden Christian Schmidt.
Bei der Demonstration in Zehdenick handelt es sich um eine Fortsetzung der „Abendspaziergänge“, die monatlich in der Kreisstadt Oranienburg ausgetragen wurden. Nach diesem Vorbild hielten die Zehdenicker den Ablauf der Demonstration ab. Im Hintergrund zieht die NPD weiterhin die Fäden, hält sich jedoch aus taktischen Gründen bedeckt.
Drohen Oberhavel mecklenburger Zustände?
Dass der „Spaziergang“ in Zehdenick und die NPD hier einen regen Zulauf haben, ist wenig verwunderlich. So hat die Partei in der Vergangenheit schon das Fundament für die fruchtbare Mobilisierung in der Stadt gelegt. Derzeit engagiert sich die NPD Oberhavel aktiv für die Brandopfer eines Wohnblocks im Zehdenicker Ortsteil Osterne. In der öffentlich einsehbaren Facebook-Gruppe „Hilfe für die Brandopfer vom Zehdenicker Ortsteil Osterne“ wurde der NPD Vize-Kreisvorsitzende Robert Wolinski vor einigen Tagen zum Administrator ernannt. Ganz nach den Vorbild der NPD-Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern bietet die Partei ihre ehrenamtliche Hilfe an, vor allem in der strukturschwachen Region
In dem Fall tätigen Robert Wolinski sowie weitere NPD-Funktionäre wie der Kremmer Abgeordnete Björn Beuchel oder die Fürstenbergerin Heike Popiela (ehem. NPD-Stadtverordnete in Fürstenberg) Geldspenden, bieten ihre PKWs an für die Überführung von Sachspenden oder vermitteln Brandsanierungsfirmen. Das Engagement geht jedoch nicht einher ohne örtliche Politiker_innen anzuprangern, die unzurechende Reaktionen zeigen, sowie zum anderen eine beiläufige Hetze gegen Ausländer_innen und Asylsuchende. So waren die Anliegen von Osterne auch schon Gegenstadt auf dem 4. „Abendspaziergang“ in Oranienburg und auch in Zehdenick. Bei beiden Veranstaltungen beklagte sich die Zehdenickerin Nicol Schulze für die unzureichende Unterstützung durch den Bürgermeister Arno Dahlenburg (SPD). Auf der Diskussionsveranstaltung zu Asyl am 11. März in der Nikolai-Kirche Oranienburg fiel sie vor Allem durch islamfeindliche Aussagen auf.
Wenig Gegenwind
Zu einer Gegenkundgebung unter dem Motto „Pro Asylbewerber in Zehdenick” riefen die Fraktionen des Zehdenicker Stadtparlaments auf. Mehrere Parteien verlegten ihre Versammlungen nach Zehdenick. Mit ebenfalls knapp 100 Besucher_innen war die Gegenveranstaltung auf dem Marktplatz gut platziert. Zu Beginn des „Abendspaziergangs“ wurde jedoch die Gegenveranstaltung, die schon um 17 Uhr begann, für beendet erklärt.
Die Stadt Zehdenick lädt morgen zu einer Informationsveranstaltung in der Mensa der Lindengrundschule zu der geplanten Unterbringung Zehdenick ein. Für den kommenden Mittwoch wurde eine weitere Demonstration in Oranienburg auf der „Nein zum Heim in Oranienburg“ Seite angekündigt.
Weitere Bilder: hier und hier.
Aufgrund der nach wie vor steigenden Zahlen von in der Bundesrepublik ankommenden Flüchtlingen und Asylsuchenden, hat sich Wittstock/Dosse auf Bitten des Landkreises Ostprignitz-Ruppin entschlossen noch einmal 50 Menschen aufzunehmen und in der Stadt unterzubringen. Um dieses Vorgehen transparent für alle zu gestalten, hatte das Wittstocker Bürgerbündnis heute ab 19.00 Uhr zu einer Informationsveranstaltung in die Heilig-Geist-Kirche in der nördlichen Altstadt geladen. Ungefähr 50 Bürger_innen nahmen dieses Angebot an.
Bewährte Unterbringung
Eine Mitarbeiterin des Landkreises Ostprignitz-Ruppin führte zunächst mit einem allgemeinen Überblick in die anschließende Fragerunde ein. Gemäß ihren Ausführungen wird der Kreisverwaltung mehrmals im Jahr die Zahl der aufzunehmenden Asylsuchenden mitgeteilt. Dies geschieht nach einem Quotensystem, demnach 4,6 % aller im Land Brandenburg ankommenden Flüchtlinge vom Landkreis Ostprignitz-Ruppin aufgenommen werden müssen. In diesem Jahr rechnet die Kreisverwaltung ungefähr mit 400 aufzunehmenden Asylsuchenden. Dies sind etwas mehr als 2014, da in großen Teilen der Welt nach wie vor Krieg und Vertreibung herrscht, so die Mitarbeiterin des Kreises. Bestrebt sei sie bzw. der Landkreis ansich, diese Menschen in erster Linie in Wohnungen unterzubringen, weil dies die geeignetste Art und Weise für eine erfolgreiche Integration ist. Allerdings klappt die Anmietung von Wohnraum nicht immer, da manchmal mehr Asylsuchende kommen als Wohnunterkünfte zur Verfügung stehen. Zurzeit sind jedenfalls immerhin 166 Menschen in Wohnungen im gesamten Landkreis untergebracht. Des Weiteren sind im Neuruppiner Heim für Asylsuchende 208 Personen untergebracht und in der seit Januar 2015 zur Verfügung stehenden Heimunterkunft in Wusterhausen/Dosse ungefähr 50. Dennoch wird dringend weiterer Wohnraum gesucht. Diesbezüglich hat sich wiederum Wittstock/Dosse angeboten, da der Kreis bereits bei der ersten Unterbringung von Flüchtlingen im Herbst vergangenen Jahres gute Erfahrungen gemacht hat. Damals wurden die Asylsuchenden übergangsweise zunächst im „B3-Center“ untergebracht, dort auf das Leben in der Stadt eingewöhnt und dann schließlich auf Wohnungen verteilt. Auf diese Erfahrungen soll jetzt aufgebaut werden und zum 1. April 50 weitere Flüchtlinge in ähnlicher Weise aufgenommen werden. Diesbezüglich bittet auch der Landkreis Ostprignitz-Ruppin die Bürger_innen den ankommenden Menschen zu helfen und sie aufzufangen.
Hilfsbereite Bürger_innen
Interessanter Weise stellte dies für den Großteil der auf der Bürgerversammlung anwesenden Menschen auch überhaupt kein Problem da. Die Fragen der meisten interessierten Bürger_innen zielten somit auch eher darauf ab, wie und wo konkret geholfen werden kann. Gibt es beispielsweise die Möglichkeit die Flüchtlingskinder sofort in die Kitas zu integrieren? Wie läuft die Integration in der Schule? Gibt es ausreichend Angebote für Deutschkurse? Wie sieht es mit Beschäftigungsmöglichkeiten aus? Können Patenschaften übernommen werden?
All diese Fragen wurden ruhig, sachlich und kompetent durch die im Podium sitzenden Experten beantwortet. Schließlich sollten alle Zweifel ausgeräumt werden, so dass aus etwaigen Missverständnissen keine Vorurteile entstehen. Auf die konkreten Fragen gab es dann auch genaue Antworten. Beispielsweise wird die Unterbringung von Flüchtlingskindern in Kita unbedingt angestrebt, obwohl hierfür kein Rechtsanspruch besteht. Anders verhält es sich hingegen mit der schulischen Ausbildung, hier gilt auch für Kinder von Asylsuchenden Schulpflicht, so dass auch hier eine bessere Integration ermöglicht werden kann. Zwar gibt es keine so genannten „Willkommensklassen“, wie beispielsweise in Großstädten, jedoch wird hierfür bereits nach einer entsprechenden Ersatzlösung gesucht. Gefunden wurden inzwischen schon Lösungen für das Angebot zusätzlicher Deutschkurse, die zurzeit beispielsweise von Lehrer_innen im Ruhestand betreut werden. Unterrichtsfall durch etwaige Mehrbelastung von in Dienst befindlichen, lehrenden Menschen wird so vermieden. Deutschkurse sind übrigens nicht nur Grundlage für eine gute Integration, sondern auch für die Aufnahme einer Tätigkeit. Diesbezüglich wurden ja die über Jahre geltenden, erschwerten Bedingungen erheblich gelockert. Asylsuchende dürfen demnach jetzt schon nach drei Monaten einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, wenn die Stelle nicht mit einem deutschen Staatsbürger oder einem Bürger aus der EU besetzt werden kann. Kontingentflüchtlinge dürfen zudem sogar sofort arbeiten.
Die beste Art der Integration ist aber immer noch der persönliche Kontakt zwischen den Menschen. Gelobt wurde deshalb der Vorschlag einer Bürgerin, Patentschaften für Asylsuchende zu übernehmen.
Asylgegner_innen bleiben wortlos, aber ablehnend
Selbstverständlich waren natürlich auch Asylgegner_innen im Saal anwesend. Allerdings blieben die sieben Sympathisanten von „Wittstock sagt nein zur Asylpolitik“, darunter auch mehrere bekannte Neonazis, heute erstaunlich ruhig. Desinteressiert spielte sie mit ihren Handys oder schliefen ab und zu ein. Dennoch ist die Ruhe möglicherweise trügerisch. Denn für den 28. März 2015 ruft „Wittstock sagt nein zur Asylpolitik“ unter dem Motto „Nein zu dieser Asylpolitik“ zu einem erneuten Aufmarsch in der Stadt auf.
Fotos: hier
NPD und „Freie Kräfte“ haben am heutigen Vormittag in der havelländischen Kleinstadt Nauen erneut gegen eine geplante Unterkunft für Asylsuchende Stimmung gemacht. Ungefähr 80 Neonazis hatten sich dazu in der Bredower Straße Ecke Straße des Friedens getroffen und eine Kundgebung durchgeführt. Die Versammlung soll einige Tage zuvor von Pierre Boddin, einem Sympathisanten der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“, angemeldet worden sein. Gegen die Veranstaltung protestieren ungefähr 30 Menschen. Allerdings, aufgrund der polizeilichen Auflagen, erst in einer Entfernung von 100m zur Neonazikundgebung.
Stille Proteste
Schirmherr der Proteste war die Bürgerinitiative „Nauen für Menschlichkeit“. Diese hatte ebenfalls eine Kundgebung bei der Polizei angemeldet und sich am Bredower Weg Ecke Feldstraße versammelt. Die Proteste verliefen allerdings relativ still. Es wurden keine Slogans gerufen und keine Rede gehalten. Stattdessen wurde in kleiner Runde diskutiert sowie Plakate und Transparente gegen Rassismus und für die Aufnahme von Asylsuchenden gezeigt. An den Protesten beteiligten sich auch Nauens Bürgermeister Detlef Fleischmann (SPD), der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Hartmut Siegelberg (SPD), der Bundestagsabgeordnete Harald Petzold (DIE.LINKE), Mitglieder des Jugendclubs MIKADO e.V. sowie das Bündnis gegen Rechts Falkensee.
Organisierte Hetze
Die Veranstaltung der Neonazis wurde hingegen von der Initiative „Nein zum Heim in Nauen“ , hinter der sich mutmaßlich der lokale Ortsverband der NPD verbirgt, im Socialmedia beworben. Ebenfalls wurde in den Internetauftritten der „NPD Havel-Nuthe“, der „NPD Neuruppin“, der „NPD Oberhavel“ und der „NPD Potsdam-Mittelmark“ explizit auf die Kundgebung hingewiesen. Die einzelne Parteiverbände setzen damit das um, was unlängst auf dem Landesparteitag der NPD unter dem Motto „Protest muss Partei ergreifen“ beschlossen wurde, nämlich sich „ mit allen Initiativen, die friedlich gegen die Folgen der Masseneinwanderung protestieren“ zu solidarisieren. Allerdings geht es anscheinend nicht nur darum „Solidarität“ zu zeigen, sondern offenbar auch selbst in der Debatte aktiv mitzumischen.
Als einer der Drahtzieher der heutigen Veranstaltung gilt nämlich der Neuruppiner NPD Abgeordnete Dave Trick. Sein Name wird zumindest Impressum des virtuellen Flyers für die heutige Veranstaltung genannt. Eine Verbindung seinerseits nach Nauen wurde in der Vergangenheit durch offene Sympathien zu den „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“deutlich, an deren Veranstaltungen in der Stadt er schon mehrfach teilnahm. Zudem war Trick unlängst an den Tumulten bei einer Sitzung der Nauener Stadtverordnetenversammlung am 12. Februar 2015 beteiligt, bei der u.a. über den Verkauf eines Grundstückes für die Errichtung der Asylunterkunft abgestimmt wurde. Dabei kam es auch zu einem Polizeieinsatz. Trick, weitere NPD Funktionäre, Sympathisant_innen der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“ und andere Heimgegner_innen, hatten zunächst Parolen skandiert und anschließend gegen die Fensterscheiben des improvisierten Sitzungsgebäudes geschlagen. Daraufhin wurden sie durch angeforderte Bereitschaftspolizei des Geländes verwiesen.
Eine der damals skandierten Parolen war übrigens: „Wir sagen nein, zum Asylantenheim!“, also genau der Slogan mit dem im Socialmedia für die heutigen Veranstaltung gegen die Unterkunft für Asylsuchende mobilisiert wurde. Der Wiedererkennungswert der Parole hielt sich jedoch in Grenzen.
Nur wenige Nauener Heimgegner_innen, welche die Stadtversammlung am 12. Februar massiv störten, waren gekommen. Stattdessen reisten dutzende Neonazis aus den Landkreisen Prignitz, Ostprignitz-Ruppin, Havelland, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming, Dahme-Spreewald, Oder-Spree und Spree-Neiße an.
Auch der erste Redner, der Kreistagsabgeordnete Michel Müller (NPD), war extra aus der 45km entfernten Stadt Rathenow angereist, um in einer kleinen Nebenstraße in Nauen die „sofortige Abschiebung aller Ausländer“, welche in der Bundesrepublik kein Anrecht auf Asyl haben, einzufordern sowie „das weltweit einzigartig einklagbare Recht auf Asyl sofort zu streichen“. Des Weiteren schürte er Überfremdungsängste und warnte vor kriminellen Asylsuchenden. Seine eigene kriminelle Karriere, die ihn u.a. für mehrere Jahre ins Gefängnis brachte verschwieg Müller hingegen.
Auch der aus Neuruppin zugereiste zweite Redner, Dave Trick, bediente zunächst die üblichen Klischees zum Thema Asyl, einschließlich der angeblich höheren Geburtenrate von Ausländern, um dann vor einem „Deutschland ohne Deutsche“, also dem drohenden „Volkstod“, zu warnen. Enden ließ er seine Rede schließlich mit einer Aufforderung zur Teilnahme am so genannten „Tag der Deutschen Zukunft“ (TDDZ). Diese jährlich an wechselnden Orten ausgetragene Großveranstaltung wird 2015 von den „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“ in Neuruppin ausgerichtet.
Bereits seit Wochen läuft hierfür eine umfangreiche Mobilisierung im gesamten Bundesgebiet. Nauen liegt jedoch in besonderem Interesse der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“, da diese Gruppierung hier ihr zweites Standbein und sogar ein eigenes Postfach unterhält. Insofern wurde bereits im Aufruf zu der heutigen Veranstaltung explizit auf die Internetseite zum „TDDZ“ hingewiesen.
weitere Fotos: hier
Kein Fußbreit den Nazis!
Am 28. März 2015 wollen Rassist*innen und organisierte Neonazis erneut ab 14 Uhr eine Demonstration unter dem Motto “Gegen Asylpolitik” in der Nordbrandenburgischen Kleinstadt Wittstock/Dosse abhalten. Die Stadt Wittstock hatte am 24. Oktober verkündet den Landkreis Ostprignitz-Ruppin bei der Unterbringung von Asylsuchenden zu unterstützen. [1] Seit dem verzeichnet Wittstock/Dosse vermehrt neonazistische Aktivitäten und gewalttätige Übergriffe.
Zu dem Aufmarsch mobilisieren die Facebook-Seite „Wittstock SAGT NEIN ZUR Asylpolitik“ und die Gruppe “Asylpolitik in Wittstock NEIN DANKE“. Die öffentlich einsehbare Gruppe, die 473 Mitglieder aus Wittstock und anderen Städten beinhaltet, ist ein Hort menschenverachtender und rassistischer Hetze gegenüber Migrant*innen und Geflüchteten. Die Beträge erstrecken sich über Zeitungsartikel mit lokalen und vor allem aber überregionalen Bezügen bis hin zu Werbeblöcken der rassistischen Aufmärsche in Marzahn-Hellersdorf oder der Aktionen der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“, die neuerdings versucht in Brandenburg Fuß zu fassen. [2]
Bereits am 08. November [3] hielten 100 Rassist*innen und Neonazis unter maßgeblicher Beteiligung der Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland und lokaler Neonazis eine Kundgebung „Gegen Asyl“ auf den Marktplatz in Wittstock ab. Am 06. Dezember [4] mobilisierten diese zu einem Fackelmarsch unter dem Motto: „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ und konnten mit knapp 200 Personen die angemeldete Routen laufen. Versuche von Antifaschist*innen und Bürger*innen die Route zu blockieren wurde durch die Polizei mit Gewalt verhindert. Auch in den letzten Monaten vielen die lokalen Neonazis immer wieder mit spontanen Aktionen auf, so auch am 31. Januar, wo sie fernab von der Öffentlichkeit eine spontane Route von der Polizei genehmigt bekommen haben.
Die Aufmarsch stellt wiederholt einen Höhepunkt rassistischer Mobilisierung und Gewalt in Wittstock dar. Erst einige Woche zuvor verschafften sich Neonazis in Wittstock Eintritt in die Wohnung eines jungen Mannes und richteten ihn brutal zu, während sie seine drei Freund_Innen im Nebenzimmer eingeschlossen haben. [5]
Es gibt kein ruhiges Hinterland
Ähnlich wie bei dem Aufmarsch in Dezember ist am 28. März mit ca. 200 Neonazis und Rassist*innen in Wittstock/Dosse zu rechnen. Das Bürgerbündnis „Wittstock bekennt Farbe“ mobilisiert dagegen mit einem Straßenfest in der Papageiensiedlung (Dührerstraße/ Ecke Friedrich-Schillerstraße), welches von 13–17 Uhr angemeldet ist. Zusätzlich gibt es von der evangelischen Kirchengemeinde einen Spaziergang, welcher an der St. Marienkirche gegen 14 Uhr startet. Diese Versammlungen können als Anlaufpunkte für Antifaschist*innen und Bürger*innen genutzt werden.
Wir werden die rassistische Hetze nicht hinnehmen und rufen daher alle auf sich der Demonstration entgegenzustellen. Lasst uns gemeinsam mit den Geflüchteten solidarisch sein und unmissverständlich klar stellen, dass Neonazis und Rassist*innen in Wittstock nicht willkommen sind!
+++ACHTET AUF WEITERE INFORMATIONEN+++
28. März 2015 | 13:00 | Bahnhof Wittstock/Dosse
Zugtreffpunkt zur gemeinsamen Anreise aus Berlin:
11:00 // S Gesundbrunnen // Abfahrt 11:19 // Gleis 4
Alle Infos:
[Web] http://neuruppin.no-tddz.org/
[Mail] kontakt(ät)neuruppin.no-tddz.org
[Facebook] NOTDDZ 2015
[Twitter] @NOTDDZ2015
Fußnoten
[1] http://www.wittstock.de/news/1/257634/nachrichten/wittstock-dosse-hilft-fl%C3%BCchtlinge-werden-vor%C3%BCbergehend-untergebracht.html
[2] https://inforiot.de/der-iii-weg-will-nach-eisenhuettenstadt/
[3] https://presseservicern.wordpress.com/2014/11/08/opr-npd-kundgebungen-gegen-fluchtlinge-in-wittstockdosse-und-neuruppin/
[4] https://inforiot.de/wittstockdosse-gespenstischer-fackelmarsch-gegen-asylsuchende-polizei-verhindert-blockaden-proteste-nur-am-rande/
[5] https://fbcdn-sphotos-d‑a.akamaihd.net/hphotos-ak-xpf1/v/t1.0–9/11063_1609259415974016_7754260041721680852_n.jpg?oh=09808f15242bbb69b212aa86a1028edb&oe=55B74EC1&__gda__=1434564397_d1f20c017243219ba9e8f3090350d82d
Strausberg — Polizei durchsucht private Räume mit unzulänglichem Vorwand, betritt und filmt Räume des Vereins ohne wirksamen Durchsuchungsbeschluss
Am Vormittag des 10. März 2015 durchsuchten etwa 30 Beamte der Polizei das private Zimmer eines Vereinsmitglieds in den Räumlichkeiten des Alternativen Jugendprojekts 1260 e.V.
Etwa 15 Beamte, sowohl uniformiert als auch in zivil, begannen nach Öffnung der Haustür sofort in alle Räume auszuschwärmen und die Räumlichkeiten zu filmen. Beim Betreten der Wohngemeinschaft wurde keine Rücksicht auf die Räume der anderen Bewohner_innen genommen. Die Polizist_innen konnten erst durch energisches Drängen davon abgehalten werden, nicht andere Privaträume zu betreten und filmten währenddessen Küche, Bad und WC.
Zur Begründung durch die Polizei ist dem richterlichen Durchsuchungsbeschluss aus dem August des letzten Jahres zu entnehmen, dass nach Beweismitteln für die Begehung eines Landfriedensbruchs nach § 125 StGB gesucht werde. Es sollte sogenanntes „Bildmaterial“, welches am „Tattag“ vom Beschuldigten angefertigt worden sei, sowie nicht näher definierte „Tatkleidung“ aufgefunden werden. Dem Beschluss ist zusätzlich zu entnehmen, dass der Tatverdächtige am 24.November 2013 „Mitdemonstrierende“ zum „gewaltsamen Durchbrechen“ einer Polizeikette aufgefordert haben soll.
Wie genau das sogenannte „Bildmaterial“, welches nicht näher beschrieben ist, mit dem Tatvorwurf in Verbindung steht, bleibt unbegründet. Nach diesem Beschluss bleibt zu vermuten, dass sich die beschuldigte Person selber beim Begehen der vorgeworfenen Straftat gefilmt oder fotografiert haben soll.
Ebenso wenig wird genauer beschrieben, worum es sich bei der „Tatkleidung“ genau handeln soll, nach der nach 16 Monaten trotz unzulänglicher Beschreibung, gesucht wurde. Der schon aufgrund der nicht näher beschriebenen Beweismittel wohl kaum haltbare Durchsuchungsbeschluss, hatte zwischenzeitlich auch seine Wirksamkeit verloren. Laut einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahre 1997 ist eine richterliche Durchsuchungsanordnung keine Beantragung auf Vorrat. Nach dem Ablauf von sechs Monaten entfaltet eine Durchsuchungsanordnung keine Wirkung mehr. Eine über sechs Monate nach Ergehen der Anordnung erfolgende Durchsuchung ist unzulässig. Den Polizeibeamten, für die die Vollziehung von Durchsuchungsbeschlüssen zum täglich Geschäft gehört, hätte dieser Umstand bei einem Blick auf das Datum (12.08.2014) sofort bewusst werden müssen.
Die ungenügende Beschreibung der „Tatkleidung“ und des „Bildmaterials“ sowie die Vollziehung eines nicht mehr wirksamen Durchsuchungsbeschlusses unter Mißachtung der Vorgaben des BVerfG lassen Zweifel an einer sauberen polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlung wachsen. Vielmehr ergibt sich daraus nun die Vermutung, dass es andere Beweggründe für diese Durchsuchung gegeben haben könnte.
Wir als AJP1260 e.V. verurteilen das undemokratische Vorgehen der Polizei und das unsaubere Arbeiten von Staatsanwaltschaft und Gericht scharf. Der Verein wird rechtliche Schritte gegenüber den Ermittlungsbehörden prüfen, da während der Durchsuchung Räume des Vereins AJP 1260 e.V. betreten und durchsucht worden sind, obwohl diese vom ohnehin unwirksamen richterlichen Beschluss nicht umfasst waren, und zudem begründete Bedenken bestehen, ob das Gericht seiner Pflicht, den Antrag auf Durchsuchung gewissenhaft zu prüfen, nachgekommen ist.
Ein kleiner Rückblick auf unsere Demo zum Internationalen Frauentag am 7.3.:
Ungefähr 200 Flüchtlingsfrauen und ihre Freund*Innen sammelten sich vor dem Potsdamer Hauptbahnhof, während schwungvolle Trommlerinnen für gute Simmung sorgten.
In einem Redebeitrag beschrieb Elisabeth Ngari, unter welchen Bedingungen Frauen und Kinder in abgelegenen Brandenburger Sammelunterkünften leben müssen: Qualvolle Enge, durch Arbeitsverbote erzwungene Untätigkeit, Stress und Angst vor Übergriffen bestimmen den Alltag. “Wie lange noch soll Angst unsere Leben bestimmen?” klagte sie die Verantwortlichen an und forderte endlich landesweite Regelungen zu erlassen, Asylsuchende in Wohnungen unterzubringen – vor allem die Frauen und Kinder!
Mit lauten Parolen zog die Demonstration durch die Potsdamer Innenstadt und endete mit der Abschlusskundgebung vor dem Landtagsgebäude mit Redebeiträgen und mit klassischer Musik von Musikerinnen der Gruppe Lebenslaute.
Sehr bewegt hat uns, dass viele asylsuchenden Frauen von weitem für die Demonstration angereist waren, sogar aus Nürnberg und München waren Flüchtlingsfrauen gekommen um in vielen Sprachen laut zu rufen: “Keine Lager für Frauen! Alle Lager Abschaffen!”
Redebeiträge zum Nachhören beziehungsweise Nachlesen:
Speech of Women in Exile in English
Redebeitrag von Women in Exile in Deutsch
Redebeitrag von Women in Exile & Friends in Deutsch
Solidarische Grüße aus Frankfurt
Solidarische Grüße aus Göttingen
Aktivist*Innen vom queeren Wagenplatz ‘Schwarzer Kanal’
Wir bedanken uns bei Allen, die uns bei der Organisation der Demo tatkräftig oder mit Spenden unterstützt haben.