Die Freiwilligenstrukturen in der Außenstelle des Erstaufnahmelagers
für Geflüchtete in der Heinrich-Mann-Allee 103 in Potsdam arbeiten ohne
Eskalation weiter, obwohl die Absprachen zwischen ihnen und der
Aufnahmestelle in Eisenhüttenstadt seitens Frank Nürnberger, Leiter der
Zentralen Ausländerbehörde in Brandenburg, bezüglich des Transportes der
Geflüchteten von Potsdam nach Eisenhüttenstadt nicht eingehalten worden
sind.
Die Nachricht, dass die Bewohner_innen des Erstaufnahmelagers in
Potsdam gesammelt zur Registrierung nach Eisenhüttenstadt gebracht
werden sollen, traf bei den Freiwilligen überraschend ein. Es folgten
Diskussionen zwischen Freiwilligen und DRK, dem Brandenburger
Innenminister Karl-Heinz-Schröter (SPD) und Mike Schubert, Leiter des
Referates für Brand‑, Katastrophenschutz und Militärangelegenheiten im
Ministerium für Inneres und Kommunales (SPD), um dieses ineffiziente
und die Verunsicherung der Geflüchteten verstärkende Vorhaben zu
verhindern. Das Büro der Freiwilligenkoordination kündigte an, seine
Mobilisierungsfähigkeit zu nutzen, um den Abtransport der Geflüchteten
zu verhindern.
Die Freiwilligen drängten auf offizielle Zugeständnisse bezüglich der
Bedingungen, unter denen ein kurzzeitiger Transport der Geflüchteten
nach Eisenhüttenstadt als Kompromiss akzeptabel schien.
Wir forderten, dassdie Busse nur für die Erstregistrierung nach
Eisenhüttenstadt fahren, in der dortigen völlig überfüllten Unterkunft
nicht verbleiben, sondern gleich nach der Registrierung der Geflüchteten
zurück nach Potsdam fahrenunddass alle Geflüchteten, die dies
wollen,nach Potsdam zurückkehren können.Die Busse sollten von je
einem/einer Übersetzer_in und zwei Ehrenamtlichen begleitet werden. Die
Freiwilligen und die Geflüchteten sollten genau über das anstehende
Verfahren in Eisenhüttenstadt aufgeklärt werden. Außerdem solltedie
Aufenthaltsdauer der Geflüchteten in Eisenhüttenstadt möglichst kurz
gehalten werden.
Die Verantwortlichen waren von den Freiwilligen nicht zu schriftlichen
und offiziellen Abmachungen zu bewegen. Informellen Zusagenzufolge
sollten die Busse durch mehrere Helfer_innen begleitet werden dürfen.
Dies wurde ihnen jedoch gestern verwehrt und es wurde lediglich ein_e
Übersetzer_in pro Bus zugelassen.
“Wir sind schwer enttäuscht, dass sich Herr Nürnberger nicht auf diese
leicht zu erfüllenden Bedingungen eingelassen hat. Es wäre ein Leichtes
gewesen durch die von uns aufgestellten Forderungen die Verunsicherung
der Menschen aufzulösen “, beschwert sich Anika Friedrich. “Wir haben
uns dennoch dazu entschieden, den Betrieb der Freiwilligen in der
Heinrich-Mann-Allee aufrechtzuerhalten, um die Angebote und Betreuung
hier vor Ort durch Freiwillige weiter gewährleisten zu können”.
Es ist allein dem Widerstand der Ehrenamtlichen zu verdanken, dass die
Menschen ’nur’ zur Registrierung nach Eisenhüttenstadt mussten. Für die
Zukunft ist eine genaue Information der Reisenden nach Eisenhüttenstadt
immens wichtig. “Der gestrige Morgen hat gezeigt, dass die Menschen
extrem verunsichert sind und teilweise befürchten,zurück nach Ungarn
geschickt zu werden. Dies ist unhaltbar. Allein aus diesem Grund haben
wir eine mehrfachdieBetreuung der Menschen eingefordert,” erklärt
Florian Rau.
Grundsätzlich erwarten wir ein Überdenken der staatlichen
Verwaltungsstrukturen und die Entbürokratisierung der Asylverfahren.
“Nicht erst seit gestern wird das Strukturversagen des deutschen
Asylsystems sichtbar. Dass Menschen in Unsicherheit quer durch
Brandenburg zur Registrierung gefahren werden,weil eine Bundesverwaltung
nicht in der Lage ist einen angemessenen Internetanschluss zu
bestellenund zeitgemäße Software bereitzustellen,zeigt, wie absurd
Asylverfahren momentan laufen.“ärgert sich Franziska Reichen.
Für Rückfragen stehen wir Ihnen unter der Rufnummer 01573 66 77 936 oder
per eMail an info@hma103.de zur Verfügung.
Jahr: 2015
88Seit Jahren verwehren deutsche Geldinstitute vielen Migrant_innen mit Bezug auf mangelnde Deutschkenntnisse und Geduldeten aufgrund fehlender Möglichkeiten, mit ihren Duldungen dem Identitätsnachweis nach dem deutschen Geldwäschegesetz zu entsprechen, die Eröffnung eines Bankkontos. Zahlreiche Betroffene erhalten ohne Bankkonto keine Arbeitsstelle, können keine Wohnungen mieten, keinen Strom beziehen oder kein Fahrkartenabonnement abschließen. Diese massive Diskriminierung verhindert eine Teilhabe am sozialen und wirtschaftlichen Leben. So findet ein seit 9 Jahren in Brandenburg lebender Ingenieur mit Duldung immer wieder an ihm interessierte Unternehmen. Diese können ihn am Ende jedoch nicht anstellen, weil ihm ein Bankkonto fehlt.
Erst der sog. Zahlungskontenrichtlinie der Europäischen Union (RL 2014/92/EU), die 2016 in deutsches Recht umgesetzt werden muss, verdanken wir es, dass diese Diskriminierung in Deutschland endlich beendet werden könnte.
Der Richtlinie entsprechend haben das Bundesministerien der Finanzen und das Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz jetzt einen Entwurf für ein Zahlungskontengesetz vorgelegt, das im März 2016 in Kraft treten könnte. Zeitgleich planen sie die Einführung einer Verordnung zum problematischen § 4 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 Geldwäschegesetz (GwG), der durch seinen Nexus zum deutschen Ausländerrecht die Grundlage für die Verweigerung der Kontoeröffnung bildet. Die geplante Verordnung soll auch solche amtlichen Dokumente von Geflüchteten, insbesondere von Geduldeten, die keinen Ausweisersatz darstellen, als Legitimationsgrundlage für eine Kontoeröffnung anerkennen.
Bis zum in Kraft treten dieser Regelung, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungaufsicht (BaFin) mit einem Schreiben vom 21.8.2015 eine Übergangslösung eingeführt, die auch Menschen vor Eröffnung ihres Asylverfahrens und Menschen mit Duldungen zur Kontoeröffnung berechtigen.
Mit dem Gesetz und der Verordnung sollen dann ab 2016 Geldinstitute keinen Menschen mehr aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder wegen anderer in Artikel 21 der Charta der Grundrechte der EU genannter Gründe von der Eröffnung eines Kontos mit Basisdienstleistungen ausschließen dürfen. Wenn sie Menschen ablehnen, was nur noch in einigen Ausnahmefällen möglich sein wird, müssen sie dies schriftlich begründen und den Betroffenen den Beschwerdeweg erklären. Der Beschwerdeweg soll ein neu eingeführtes, kostenloses Verwaltungsverfahren sein.
Das Vorhaben eines Gesetzentwurfs mit zusätzlicher Verordnung begrüßen wir, es geht allerdings nicht weit genug. Eine vollständige Beendigung der Diskriminierung sehen wir erst als erreicht an, wenn:
1. In dem Gesetz ein ausdrückliches Verbot von Ablehnungen der Geschäftsbeziehung wegen fehlender bzw. unzureichender Deutschkenntnisse erfolgt,
2. Zeitgleich mit diesem Gesetz das Geldwäschegesetz geändert wird, indem darin der Nexus des § 4 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 GwG zum Ausländerrecht gekappt wird.
Wir fordern die Politik dazu auf, diese Änderungen vorzunehmen, um die Richtlinie konsequent umzusetzen, die Diskriminierung damit endlich vollständig zu beenden und ein echtes Basiskonto für alle Menschen einzuführen.
Eine Stellungnahme der Antidiskriminierungsberatung Brandenburg, des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin, des Migrationsrates Berlin und des Antidiskriminierungsverbandes Deutschland zu dem Gesetzentwurf haben die Organisationen heute in den zuständigen Bundesministerien der Finanzen und der Justiz und für Verbraucherschutz eingereicht.
Auf der Website der Antidiskriminierungsberatung Brandenburg ist die Stellungnahme einsehbar: www.antidiskriminierungsberatung-brandenburg.de
Bei Nachfragen wenden Sie sich an: Antidiskriminierungsberatung Brandenburg/Opferperspektive e.V. Ansprechperson: Nadja Hitzel-Abdelhamid 0151–59100083
www.antidiskriminierungsberatung-brandenburg.de
Antidiskriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bunds in Berlin-Brandenburg e.V.
Ansprechperson: Kerstin Kühn 030–61305328
www.adnb.de
Migrationsrat Berlin-Brandenburg e.V.
Ansprechperson: Cristina Martín 030–61658755
www.migrationsrat.de
Antidiskriminierungsverband Deutschland e.V.
Ansprechperson: Eva Andrades 030–61305328
www.antidiskriminierung.org
Das Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” ruft für Samstag, den 3. Oktober alle Bürger*innen der Stadt dazu auf, sich solidarisch mit Geflüchteten zu zeigen. Eingeladen wird zu einer Kundgebung mit Redebeiträgen und Musik für Jung und Alt am Bahnhofsvorplatz ab 10 Uhr. In Sicht- und Hörweite einer ab 11 Uhr angesetzten Neonaziveranstaltung will das Bündnis rassistischer Propaganda und deutscher Beschränktheit ein grenzenloses “Refugees Welcome” entgegenhalten.
Hintergrund ist eine landesweite Aktion von Brandenburger Neonazis unter dem gemeinsamen Motto „Tag der Deutschen Einheit – Wir sind das Volk!“. Die meisten Veranstaltungen sollen zwischen 10:55 und 11:55 Uhr stattfinden, so auch in Frankfurt auf dem Bahnhofsvorplatz. Es ist nicht das erste Mal, dass sich stadtbekannte Neonazis versammeln wollen, um ihr rassistisches Menschenbild an die Bürger*innen Frankfurts heranzutragen. Das Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” solidarisiert sich mit Geflüchteten und anderen Betroffenen von rassistischer Hetze und Gewalt.
Die Rassist*innen wollen Flüchtlingen durch ihre menschenverachtende Stimmungsmache das Recht auf ein Leben in Würde nehmen. Angestachelt durch die Hetze kam es in der Vergangenheit auch hier in der Stadt zu Beleidigungen, Anfeindungen und Übergriffen gegenüber Geflüchteten.
Indem Neonazis eine Verschärfung des Asylrechts verlangen, sprechen sie geflüchteten Menschen den Zugang zu Schutz und Sicherheit – und damit ein zentrales Menschenrecht – ab. All dem stellen wir uns ganz entschieden entgegen!
Den menschenverachtenden Forderungen der Rassist*innen und Neonazis setzen wir humanistische und demokratische Werte entgegen. Flüchtlinge sollen friedlich und sicher in Deutschland leben können, ohne Angst vor sozialer Kälte, Hass und Gewalt haben zu müssen. Flucht ist kein
Verbrechen! Daher fordern wir alle Demokrat*innen auf, sich kreativ, zahlreich und entschlossen am Protest gegen die Veranstaltung der Rassist*innen und Neonazis zu beteiligen. Sollte die Notwendigkeit bestehen, einen rechten Aufmarsch zu verhindern, sind friedliche
Massenblockaden das Mittel unserer Wahl. Wir sind solidarisch mit allen, die unser Ziel teilen, sich den rassistischen Aktionen entgegenzustellen.
Keinen Fußbreit dem Rassismus! Frankfurt (Oder) bleibt kein Ort für Nazis!
Frankfurt (Oder), den 29.09.2015
INFORIOT Für den 03. Oktober mobilisieren Neonazis auf Facebook zu einer landesweiten Aktion unter dem gemeinsamen Motto „Tag der Deutschen Einheit – Wir sind das Volk!“. Nach aktuellem Stand sollen in den Städten Bad Belzig, Beeskow, Bernau, Brieskow-Finkelheerd, Calau, Eberswalde, Frankfurt/Oder, Fürstenberg/Havel, Fürstenwalde, Guben, Königs Wusterhausen, Nauen, Plessa, Prenzlau, Rheinsberg und Templin Kundgebungen bzw. Mahnwachen stattfinden. In Hennigsdorf soll ein Infotisch durchgeführt werden.
Die öffentlich einsehbare Facebook-Gruppe unter den Namen „WIR“ ruft auf, sich an der landesweiten Aktion „über die Partei- und Organisationsgrenzen hinweg“ zu beteiligen. Federführend bei der Initiierung der Gruppe und der Aktion ist die NPDlerin Manuela Kokott, die als „besorgte Bürgerin“ auf flüchtlingsfeindlichen Kundgebungen im Raum Oder-Spree holprige Redebeiträge hält. Die Gruppe umfasst 26 Mitglieder (Stand: 29.09.2015), darunter bekannte Neonazis wie der Nauener NPD-Stadtverordnete Maik Schneider, der verurteilte Gewalttäter Alexander Bode, “III. Weg”-Mitglied Pascal Stolle oder Peer und Franziska Koss, die maßgeblich die asylfeindlichen Protesten im Raum Frankfurt/Oder antreiben. Peer Koss hat laut eigener Ankündigung in der Gruppe für den 3. Oktober eine eigene Demonstration in Frankfurt/Oder angemeldet.

Die meisten Veranstaltungen sollen zwischen 10:55 und 11:55 stattfinden. Dabei ist die Endzeit an die Redensart „Fünf vor Zwölf“ angelehnt, was umgangssprachlich für Eile oder einen Aufbruch aus der Dringlichkeit heraus steht. Die Flyerankündigung bestätigt den Eindruck der gezielt gewählten Zeit. Darin wird ein Untergangsszenario beschrieben, wonach „Millionen von Fremden“, die durch sog. „Gutmenschen“ importiert werden, „das Volk“ bedrohen würden.
Gegenproteste angekündigt
Als Reaktion auf die Ankündigung der Kundgebung in Beeskow hat die zivilgesellschaftliche Initiative „Beeskow gegen Rassismus“ Gegenproteste angekündigt. Unter den Motto „Beeskow gegen Rassismus – Solidarität mit Geflüchteten“ soll eine Protestkundgebung zwischen 10–13Uhr in der Breitestraße stattfinden. In Frankfurt (Oder) ruft das Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt/Oder” zur antirassistischen Kundgebung von 10–13 Uhr am Frankfurter Bahnhof auf. Das Bündnis “Fürstenwalde gegen Rassismus” hat eine Kundgebung ab 10.00Uhr in der Richard-Strauss-Str. (Stadtteil Nord) angemeldet. Und auch in Bad Belzig wollen Menschen gegen die neonazistische Kundgebung demonstrieren. Unter den Motto “BAD BELZIG LOVES ALL COLOURS !” wollen sie sich ab 10.30Uhr auf den Marktplatz den Neonazis entgegen stellen. In Rheinsberg, Prenlau, Hennigsdorf und Fürstenberg/Havel wurden weitere Gegenveranstaltungen angemeldet. In weiteren Städten sollen Gegenproteste folgen.
Saison der “Abendspaziergänge” geht wieder los
Indes sollen der sog. „Abendspaziergänge“ in verschiedenen Städten in Brandenburg wieder starten. Im Schutze der Dunkelheit will der inoffizielle Brandenburger Pegida-Ableger „BraMM – Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung” am 30. Oktober in Senftenberg am Markt 1 aufmarschieren. Die Facebookseite „Nein zum Heim Zehdenick“ ruft zum 3. Abendspaziergang am 2. Oktober in Zehdenick (Oberhavel) auf.
Am Freitagabend informierte der Landkreis Havelland mit Unterstützung der Polizei und der Gemeindeverwaltung die Bürger_innen von Brieselang zu der auf einem Kirchengrundstück im Ort geplanten Notunterkunft für Flüchtlinge. Die temporäre Gemeinschaftsunterkunft ist als Traglufthalle für die Unterbringung von bis zu 300 Menschen vorgesehen. Zur Unterstützung von Landkreis und Gemeinde hat sich im Ort inzwischen eine mittlerweile auf 175 Personen gewachsene Willkommensinitiative gebildet. Deren Vertreter_innen, insbesondere die in ihr vertretenden Gemeindevertreter_innen, sprachen sich auch am Freitagabend für die Aufnahme von Flüchtlingen aus. Ein anderer Teil der bei der Einwohner_innenversammlung anwesenden Bürger_innen zeigte sich dagegen eherskeptisch. Deren Bewusstsein war offenbar von diffusen Ängsten und Vorurteilen geprägt, die das Podium auch nicht durch noch so rationale Argumente überwinden konnte. Dazu kamen noch einzelne Störversuche durch eine Gruppe Bürger_innen, die sich um einen Gemeindevertreter der NPD und einen anscheinend ortsansässigen Sympathisanten der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ versammelt hatten.
Fakten zur geplanten Unterkunft
Nach einer kurzen Begrüßungsrede des Bürgermeisters, in der dieser abermals bekräftigte, dass die Gemeinde Brieselang den Landkreis Havelland bei der Unterbringung von Flüchtlingen unterstützen wolle und diesbezüglich um eine sachliche Diskussion bat, erläuterten die Vertreter_innen des Kreises das geplante Projekt. Zuvor bedankte sich jedoch erst einmal der Stellvertretende Landrat Roger Lewandowski für das Angebot der Gemeinde, eine Notunterkunft zur Verfügung zu stellen. Brieselang sei der einzige Ort im Havelland gewesen, der von sich aus auf den Landkreis zugegangen sei und bezüglich der Unterbringung der geflüchteten Menschen ein Angebot abgegeben habe. Die ursprünglich als Notunterkunft anvisierte Sporthalle, sei aber mittlerweile, aus baulichen Gründen, wieder vom Tisch. Dennoch müssen die im Landkreis Havelland ankommenden Flüchtlinge nach wie vor untergebracht werden. Bisher wurden, gemäß Lewandowski, schon 776 Menschen untergebracht, 823 sollen aber noch folgen. Und genau hier scheint für den Landkreis das Problem zu liegen. Alle vorhandenen Gemeinschaftsunterkünfte, in Rathenow, Premnitz, Friesack und Falkensee, seien bereits belegt und die in Bau befindlichen Objekte noch lange nicht bezugsreif. Auch gäbe es keine, schnell bezugsfähigen Container mehr auf dem Markt und die ursprünglich als Notunterkunft gedachte Sporthalle in Nauen wurde durch einen Brandanschlag zerstört. Deshalb hatte sich der Landkreis Havellandnun kurzfristig dazu entschlossenTraglufthallen anzumieten.
Die für die Gemeinde Brieselang favorisierte Variante der Halle hat eine Länge von 72m, eine Breite von 36m und eine Höhe von 9m. Die Grundfläche beträgt demnach 2592m² und entspricht bei einer angedachten Belegung mit 300 Menschen dem vom Land vorgegebenen Mindestplatzbedarf für jede/n Bewohner_in. Die für die Aufstellung der Halle notwendige Grundstücksfläche von 10.000m² ist in Brieselang ebenfalls gegeben. Das zur Verfügung stehende Gelände hat nämlich eine Fläche von 13.000m².
Die Traglufthalle wird nach dem Aufbau in einzelne Segmente, in Schlaf‑, Koch‑, Aufenthalts- und Sanitärbereiche gegliedert und konstant beheizt.
Die Anmietung sei, so Jürgen Goulbier vom Bauordnungsamt des Kreises, für ein Jahr geplant. Die Mietkosten dafür würden 1.200.000,00 € betragen.
Fragerunde
Nach der allgemeinen Einführung folgte nun die übliche Fragerunde, in der die Bürger_innen sich über die geplante Notunterkunft sachkundig machen konnten. Ungefähr 600 Menschen nahmen dieses Angebot auch an. Allerdings passten in die für die Versammlung vorgesehene Sporthalle nur ungefähr 400 Personen, der draußen wartende Rest wurde via Lautsprecheranlage über die drinnen besprochenen Themen in Kenntnis gesetzt.
Bei der Fragerunde spielten dann vor allem diffuse Ängste und Vorurteile eine Rolle. Manche Fragen hatten zu dem einen sehr tendenziösen Charakter. Offenbar beeindruckte das Leid der Flüchtlinge nur einen Teil der Brieselanger Bürgerschaft, ein anderer sähe sich eher durch deren Unterbringung im Ort gefährdet bzw. in seiner Ruhe gestört. Eventuelle Lärmemissionen aus der Traglufthalle waren so beispielsweise mehrfach Thema von Anfragen. Da aber für die Notunterkunft genau dieselben Ruhezeiten, wie für alle anderen Bürger_innen gelten und auch die für den Betrieb der Halle notwendigen Maschinen in schallgeschützt werden, hielten sich die Emotionen zu dieser Thematik noch in Grenzen.
Anders hingegen zur Sicherheitsfrage. Obwohl der Schutzbereichsleiter der Polizei im Havelland, Lutz Gündel, mehrfach betonte, dass Flüchtlingsheime kein kriminalgeografischer Raum wären, kochten die Emotionen zu dieser Thematik besonders hoch. „Gelogen“, rief beispielsweise ein Bürger dazwischen. Und mehrere Frauen, die schon viel über Flüchtlingsunterkünfte gehört haben wollten, äußerten immer wieder ihre Furcht vor eventuellen Vergewaltigungen. Nochmals betonte der havelländische Polizeichef das derartige Ängste bisher jeder Grundlage entbehren. Auffällige Delikte im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Flüchtlingsheimen wären dagegen eher Ruhestörungen. Allerdings, so stellte Gündel auch klar, dass die Ruhe im Landkreis Havelland hauptsächlich von deutschen Staatsbürger_innen gestört würde. Des Weiteren entkräftete der havelländische Polizeichef Gerüchte, demnach sich seine Beamt_innen bei der Verfolgung von Straftaten durch Flüchtlinge zurückhalten sollen. Für Flüchtlinge gelte genauso bundesrepublikanisches Recht, wie für alle anderen Bürger_innen auch. Zudem seien GündelsBeamt_innen hochmotiviert, die regionale Polizei ausreichend mit Personal ausgestattet und im Bedarfsfalls immer noch mit Bereitschaftspolizei ergänzbar. Auch betonte der havelländische Polizeichef noch einmal explizit, dass die Polizei im Havelland, im Gegensatz zu den, während der Einwohner_innenversammlung vielfach herbei fantasierten Kriminalitätsszenarien es in der Realität eher damit zu tun hat „die Asylbewerber vor Angriffen (zu) schützen“.
Gemeindefraktionen sprechen sich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus
Nach der Hauptfragerunde ergriffen nun die Vertreter_innen der einzelnen Fraktionen der Brieselanger Gemeindevertreter_innen das Wort.
Als erstes berichtete Heike Swillus (DIE.LINKE) tiefbeeindruckt von ihren Erfahrungen mit Flüchtlingen in Eisenhüttenstadt. Sie erzählte u.a. Syrern, die vor dem Krieg in ihrem Land geflohen waren bzw. kein Interesse daran hatten in ihrem Land als Kanonenfutter für den Islamischen Staat (IS) verheizt zu werden. Insofern äußerte sie ihr Verständnis für deren Flucht und sprach sie sich für die Aufnahme der Flüchtlinge in Brieselang aus.
Gleichfalls für die Aufnahme von geflüchteten Menschen sprachen sich zu dem die Fraktionen der Grünen um Corinet’hart, der Bürger für Brieselang um Christian Achilles, der SPD um Norbert Jütterschenke sowie der CDU um Michael Koch.
Ralf Reimann von der „Initiative für Bürgerinteresse und Bürgerinbeteiligung“ (IBB), der sich bisher eher kritisch zu geplanten Notunterkünften gab, stimmte der Aufnahme von Flüchtlingen ebenfalls zu, wenn diese auf ein Jahr beschränkt bleibe.
NPD Sympathisant_innen störten Einwohner_innenversammlung
Der anwesende NPD Gemeindevertreter Frank Kittler meldete sich hingegen nicht zu Wort. Er war gemeinsam mit einem offenbar ortsansässigen Sympathisanten der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ zu der Veranstaltung erschienen. Gemeinsam mit weiteren Sympathisant_innen fielen sie eher durch gelegentliche Zwischenrufe und Störmanöver auf.
Eine Situation, welche die Gemeinde eigentlich verhindern wollte, da entsprechende Negativerfahrungen, beispielsweise aus den Nachbarkommunen vorlagen. Für alle an der Versammlung teilnehmenden Bürger_innen galt deshalb Ausweispflicht. Auswärtige Störer_innen sollten so schon von vornherein abgeschreckt werden. Allerdings zeigte sich nun auch in Brieselang, dass neonazistische Organisationen im Ort längst Fuß gefasst haben.
Fotos: hier
Superintendent Thomas Wisch, Vorsitzender des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit: “Es gibt Familien in den syrischen Bürgerkriegsgebieten, die sofort nach Brandenburg kommen können. Es gibt Bürger bei uns, die auf eigene Kosten diese Menschen aufnehmen wollen. Dafür muss das Aufnahmeprogramm sofort verlängert werden, dazu fordere ich die Landesregierung nachdrücklich auf. Das ist ein Gebot der Menschlichkeit, und die Menschen in Syrien haben keine Zeit!”
Das Landesaufnahmeprogramm ermöglicht den Nachzug syrischer Angehöriger nach Brandenburg, wenn ein in Deutschland lebender „Verpflichtungsgeber“ den Staat von allen Kosten freistellt. Am Mittwoch, den 30. September, läuft das brandenburgische Programm aus. Am vergangenen Donnerstag hat der Landtag mit den Stimmen aller Parteien außer der AfD mit einem Beschluss die Landesregierung zur Verlängerung und Verbesserung des Programms aufgefordert.
Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD), der die Verlängerung per Anordnung auf den Weg bringen müsste, sagte vor dem Landtag, es gebe „rechtliche Probleme“ zwischen Bund und Ländern, die erst beseitigt werden müssten. Damit droht eine Aussetzung des Programms auf unbekannte Zeit.
Martin Keune, der Vorsitzende des Vereins „Flüchtlingspaten Syrien e. V.”: “Wir können mehrere Familien aus Syrien herausholen, wenn die Landesregierung jetzt handelt. Die fünfköpfige Familie H. hat sich in Aleppo unter Granatenfeuer im Flur ihres Hauses verschanzt, ohne Wasser, ohne Strom und ohne Hoffnung auf eine Unterkunft. Brandenburger Bürger wollen mit uns dafür sorgen, dass diese Familie ohne Belastung der Landeskasse gerettet werden kann. Aber: Ohne die Verlängerung des Aufnahmeprogramms gibt es für diese Familie — und auch für andere — keine Hoffnung.”
Der Verein „Flüchtlingspaten Syrien e. V.” holt im Rahmen des Landesaufnahmeprogramms Menschen aus dem Krieg in Syrien nach Brandenburg – mit Visum, auf eigene Kosten und ohne Schlepper oder den tödlichen Weg übers Mittelmeer. Bürger finanzieren Wohnungen, zahlen den Lebensunterhalt und geben Sprachunterricht. Diese Familienzusammenführung ist der letztere sichere und legale Weg aus Syrien nach Brandenburg.
Weitere Informationen Anna Spangenberg, Aktionsbündnis Brandenburg: 0331 505824–27 Martin Keune, Flüchtlingspaten Syrien e.V.: 030 21477700
Am 6. September gingen viele Beeskower_innen auf die Straße, um eine klares Zeichen gegen Rassismus zu setzen und für einen solidarischen Umgang mit Geflüchteten zu werben.
Nun rufen für den 3. Oktober verschiedene rechtsextreme Kräfte (NPD, ‘Der III. Weg’, ‘Die Rechte’ und weitere Gruppen) in mehreren Städten Brandenburgs zu gemeinsamen Aktionen auf, um gegen Geflüchtete und Andersdenkende zu hetzen und ihr rechtes Gedankengut zu verbreiten. Auch auf dem Marktplatz Beeskow wurde erneut für den Zeitraum von 10.55 Uhr bis 11.55 Uhr vom einschlägig bekannten Neonazi Peer Koss eine Kundgebung angemeldet.
Christopher Voß, Sprecher der Initiative ‘Beeskow gegen Rassismus’ dazu: ”Alle demokratischen Kräfte sind erneut aufgerufen, sich diesen demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Bestrebungen
entgegenzustellen. Die Initiative ‘Beeskow gegen Rassismus’ hat bereits eine Protestkundgebung ab 10 Uhr in der Breiten Straße angemeldet, um an den Erfolg vom 6. September anzuknüpfen.”
Lassen Sie uns gemeinsam mit vielen Menschen erneut ein deutliches
Zeichen gegen Rassismus und für ein weltoffenes Beeskow setzen.
Transparente, Schilder und weitere Hilfe sind willkommen und können an die Emailadresse bgr@systemli.org gesendet werden.
Im Laufe der kommenden Woche wird es noch einmal aktuelle Informationen geben.

Am 23. September 2015 veröffentlichten die Antifaschistische Recherche_Potsdam // Umland Informationen über die Auftragsfotografin „Charlotte Friedrich“. [1] Unter diesem Pseudonym ist die Potsdamer Neonazistin Melanie Witassek seit spätestens März 2012 tätig. Witassek ist darüberhinaus jedoch auch seit spätestens 2001 in der Potsdamer Neonaziszene aktiv und beteiligte sich seitdem an Einschüchterungsversuchen gegenüber alternativen Jugendlichen sowie an gewalttätigen Angriffen auf Antifaschist_innen. Weiterhin gehört seit ihren Anfängen in dieser Szene die sogenannte Anti — Antifa — Arbeit zu ihren Aktionsfeldern. [2]
Wenige Stunden nach unserer Veröffentlichung hat sie nun einige Änderungen auf ihren Facebook-Seiten vorgenommen. Es sind sämtliche Bilder ihres Partners Mirko Kubeler und ihrer Kinder gelöscht worden. Ebenso viele Bilder, auf denen sie selbst sowie ihre Tättowierungen zu sehen waren. Dennoch sind einige Bilder, auf denen sie zu sehen ist, geblieben. Zusätzlich postete sie ein bereits zuvor von ihr veröffentlichtest Bild, auf dem eine Person einen Mittelfinger zeigt. Ein erstes klares Statement auf die Veröffentlichung über sie.

Ihren Kund_innen gegenüber wird sie nun eventuell erklären, dass das alles „früher“ gewesen sei und sie damit nichts mehr zu tun hätte. Jedoch belegen Aufnahmen ihrer Person auf neonazistischen Aufmärschen, dass sie noch immer ihre verinnerlichte neonazistische Ideologie auf die Straße trägt, wie beispielsweise am 15. September 2012, als sie an einer Demonstration der NPD in Potsdam teil nahm. Hier gesellte sie sich zu ihrem alten Berliner Bekannten und Neonazischläger Oliver Oeltze. [3]

Weiterhin zeigen auch ihre persönlichen Kontakte eine kontinuierliche Zugehörigkeit zur Potsdamer Neonaziszene. Neben der Beziehung zum Neonazikader Mirko Kubeler, der kurzzeitig auch im Impressum ihrer Facebookseite aufgeführt war [4], und einer langen Freundschaft zum Neonazi und ebenfalls Auftragsfotografen Benjamin Müller aka „Burny“ [5], hat Witassek mindestens über Facebook gelegentlich bis regelmäßig Kontakt zu Neonazis wie Benjamin Oestreich, Melanie Bushardt, Philipp Hinzmann, Max Seidel, Steve Schmitzer, Paddy Bohm, Alyne Kückling, Henri Obst, Tim Kroll, Christian Helmstedt, Michael Fischer und Sebastian Glaser. Benjamin Müller bezeichnet Witassek in einem Kommentar sogar als „Sandkastenfreundin“. Dieses Kommentar, sowie viele andere Belege solcher Kontakte, hat sie nun versucht zu vertuschen. Doch eine so eindeutige und unmissverständliche neonazistisch aktive und organisierte Vergangenheit und Gegenwart lässt sich mit ein paar Klicks nicht vergessen.
[1] http://arpu.blogsport.eu/2015/09/22/von-anti-antifa-zur-babyfotografin-melanie-witassek-aka-charlotte-friedrich/
[2] http://arpu.blogsport.eu/2011/12/07/potsdamer-neonazis-veroffentlichen-wieder-fotos-von-vermeintlichen-antifaschist_innen/
[3] Bild von Sören Kohlhuber; https://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/7989336480/in/album-72157631543085292/; 15. September 2012 in Potsdam
[4] Screenshot Impressum „Charlotte Friedrich Fotografie“ – https://www.facebook.com/pages/CharlotteFriedrich-Fotografie/337306389649480?sk=info&tab=page_info – abgerufen 2. März 2015 und 22. September 2015
[5] http://arpu.blogsport.eu/2013/03/13/potsdamer-neonazis-und-die-marke-%E2%80%9Efourth-time%E2%80%9C/

Schlafende (weiße) Babys, strahlende (blauäugige) Kleinkinder, glückliche (heterosexuelle) Hochzeitspaare und weichgezeichneter Kitsch ohne Ende – so der erste Eindruck beim Besuch der Facebook-Seite der Auftragsfotografin „Charlotte Friedrich“. [1]
Unter diesem Pseudonym arbeitet die Neonazistin Melanie Witassek (geboren 1985) nun seit mindestens dreieinhalb Jahren in Potsdam, Berlin und Umgebung. Im Frühjahr 2001 – im Alter von 15 Jahren – wird sie im Zuge der Veröffentlichung einer Studie der Universität Potsdam zu rassistischen Einstellungen in den neuen Bundesländern von einem Journalisten interviewt. Dadurch wird sie erstmals einer interessierten Öffentlichkeit bekannt. Bereits damals äußerte sie sich rassistisch, als sie angab jeglichen Kontakt zu „Fremden“ zu meiden und weiter: „They’re different,“ she said. „There are too many of them here. I don’t like them.“ [2]
Kurze Zeit später erfolgte dann die Orientierung an die Neonaziszene der Brandenburger Landeshauptstadt. Der Weg von der konsensfähigen Ablehnung alles vermeintlich Fremden, getarnt in Begriffen wie Angst und Besorgnis, hin zur aktiven Praxis, die sich in einem Anschluss an eine neonazistische Szene zeigte, war ein kurzer. Schnell wurde sie zu einem Teil dieser Szene und hatte Kontakt zu den „ganz Großen“ – dazu zählen die wichtigen Neonazis der RechtsRock-Szene wie Martin Rollberg und dem mutmaßlichen NSU-Mitwisser und Szenegröße Uwe Menzel. Aber auch zum ehemaligen Mitarbeiter der Neonazi-Szenekneipe „Zum Henker“ Danny Leszinski der ebenso wie Menzel dem „Blood & Honour“ Netzwerk zu zu rechnen ist. Mit Leszinski war sie im Jahr 2003 beim jährlichen Nazi- und Neonazigroßaufmarsch in Halbe. [3]

Im Jahr 2003 veröffentlichten Menzel und Rollberg zusammen mit weiteren Neonazis ihr erstes Album („Ausser Kontrolle“) der gemeinsamen Band „Bloodshed“. In diesem wird Melanie Witassek abgebildet und von Martin Rollberg aka „William“ gegrüßt. [4]

Im Jahr 2002 taucht Witassek auch immer öfter mit ihrer Kamera am Rande antifaschistischer Veranstaltungen auf und versucht sich in selbsternannter „Anti-Antifa“-Arbeit. Diese trägt bereits im Januar 2003 sichtbare Früchte, als die Homepage der „Anti-Antifa Potsdam“ online geht. Auf dieser werden Menschen die sich vermeintlich oder tatsächlich der Neonaziszene entgegenstellen und alternative und linke Treffpunkte veröffentlicht. Die Auflistung der als „Drecklöcher“ betitelten linken Wohnprojekte dient der Einschüchterung der dort Wohnenden sowie der Übersicht für die Neonaziszene über noch anzugreifende Häuser. Deutlich wird dies dadurch, dass das dort geführte Haus des Chamäleon e.V. auf der Seite bereits durchgestrichen war. [5] Denn hier ereignete sich kurz zuvor, am 31. Dezember 2002 ein gezielter Angriff an dem auch Melanie Witassek beteiligt war. Neben ihr waren auch Andre Ewers, Jens Franke, Michael Gent, Heiko Groch, Oliver Kalies, Danny Leszinski, Steve Schmitzer und Torsten Schümann an dem Angriff beteiligt, der von der Wohnung von Mike Marten (Gutenbergstr. 111) ausging, wo die Neonazis gemeinsam feierten. [6]
Im Sommer 2005 beteiligte sich Witassek dann an mehreren gewalttätigen Angriffen auf vermeintliche oder tatsächliche Linke in Potsdam. So war sie bei einem Angriff am 19. Juni in einer Straßenbahn in Babelsberg beteiligt. Hierbei wurde eine Person, die vom antirassistischen Stadionfest aus losfuhr, angegriffen. Im Juli beteiligte sie sich zusammen mit den Neonazis Oliver Oeltze, Oliver Kalies, Danny Leszinski, Thomas Pecht und Benjamin Oestreich am sogenannten „Tram-Überfall“ in der Potsdamer Innenstadt, bei dem es zu einem Angriff auf zwei linke Studierende kam. [7] Danach zog sie für mehrere Jahre nach Berlin und ist seit spätestens 2011 wieder in Potsdam wohnhaft.
Seit mindestens zwölf Jahren bewegt sich Melanie Witassek nun in der organisierten Potsdamer und Berliner Neonaziszene. Ihr Interesse an Fotografie nutze sie damals zur politischen Arbeit, heute dient ihr ihr Hobby als Beruf. In den Jahren 2002 bis 2006 waren es vornehmlich linke Aktivist_innen und Antifaschist_innen die sie fotografierte und heute sind es Babys, Kleinkinder und Hochzeitspaare.

Perspektiven auf Neonazis, die unkritisch gegenüber Heteronormativität und Sexismus sind, könnten glauben, dass durch den Rückzug von Aktivistinnen (wie im Fall Witassek), aus dem auf den ersten Blick sichtbaren Feld antifaschistischer Analysen (u.a. Demonstrationen, öffentliche Veranstaltungen), diese vermeintlich unwichtiger oder sogar ungefährlicher werden. Dem gegenüber steht die Expertise zahlreicher antifaschistischer Zusammenhänge, Journalist_innen und Wissenschaftler_innen, die sich seit vielen Jahren mit der Thematik beschäftigen und immer wieder die Bedeutung und Gefährlichkeit dieser – aus dem sichtbaren Feld verschwundenen oder zurückgezogenen – Frauen bestätigen.

Bei Melanie Witassek handelt es sich um eine langjährig aktive, in militanten und völkischen Strukturen sozialisierte und überzeugte Neonazistin, die einen der wichtigsten Kader der Potsdamer Neonaziszene – Mirko Kubeler („Freie Kräfte Potsdam“, ehemals „Infoportal Potsdam“ „Junge Nationaldemokraten“ JN, „Licht und Schatten“, „Ein Licht für Deutschland“, „Der III. Weg“) – als Partner hat und mit diesem gemeinsam drei Kinder groß zieht.

Ihre Gesinnung trägt sie auch unter ihrer Haut in Form eines „Unsterblich“-Tattoo. [8] Dieses kann im Bezug auf die „Volkstod-Kampagne“, an der sich auch die Potsdamer Neonaziszene in den letzten jahren aktiv beteiligte, gelesen werden. [9] Die (neo)nazistische Überzeugung, die in diesem Begriff steckt, beinhaltet die Vorstellung, dass sie – als Neonazis – durch ihr völkisches Leben und Handeln unsterblich werden, sich also einreihen in eine rassistisch imaginierte Linie ihrer, als sich „reinrassig“ vorzustellenen und zu erhaltenen, „arischen“ Vor- und Nachfahren. Das dies auch ganz besonders wichtig im sogenannten privaten und familiären Bereich zu verorten ist, lehrt uns der historische Vorgänger des Neonazismus: Der Nationalsozialismus.

Der „Rückzug in die Familie“ bedeutet keineswegs eine Entradikalisierung der menschenverachtenden Ideologie. Besonders Neonazis, die vermeintlich die Szene hinter sich gelassen haben, tauchen nach einigen Jahren – immernoch ideologisch gefestigt – auf und tragen ihre Gesinnung als Eltern in Kindergärten oder Schulen, als „unpolitsche“ Mitglieder in Vereinen jeder Art oder in Ähnlichen Konstellationen nach Außen. Oder aber sie tauchen ab und ziehen gedeckt durch Staat und Geheimdienst mordend durch Deutschland. Viele Gründe Neonazis zu beobachten und sie aus ihrem ruhigem Alltag zu ziehen. Melanie Witassek oder Mirko Kubeler sind nicht vergessen. Sie werden jetzt, wie zuvor Martin Rollberg, ihre Facebookseite und anderen Profile löschen oder umbenennen. Sie werden versuchen im Dunkeln zu bleiben. Wir werfen Licht auf sie und ihre menschenverachtenden Aktivitäten.
[1] “https://www.facebook.com/CharlotteFriedrich-Fotografie-337306389649480/timeline
[2] http://www.news24.com/xArchive/Archive/Germans-increasingly-xenophobic-20010311
[3] https://www.antifainfoblatt.de/sites/default/files/public/styles/front_full/public/AA_PD_0.jpg?itok=TrfQrt5b
[4] Booklet zum Album „Ausser Kontrolle“ der RechtsRock-Band „Bloodshed“; 2003
[5] https://inforiot.de/jagd-auf-politische-gegner/
[6] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/die-anti-antifa-potsdam-entdeckt-das-internet
[7] http://www.tagesspiegel.de/berlin/brandenburgi/mehrjaehrige-haftstrafen-fuer-rechtsextreme-schlaeger/697556.html und http://arpu.blogsport.eu/2013/06/08/rbb-dokumentation-verharmlosende-darstellung-neonazistischer-gewalttaten/
[8] https://www.facebook.com/337306389649480/photos/pb.337306389649480.–2207520000.1442313432./547612671952183/?type=3&theater
[9] http://arpu.blogsport.eu/2014/02/12/aus-hinter-den-kulissen-3-regionalbericht-potsdam/ und http://arpu.blogsport.eu/2011/04/19/die-demokraten-bringen-uns-den-volkstod/
Auch wir, das „la datscha“ — Kollektiv, haben uns zusammengesetzt und die ersten Tage in der Heinrich-Mann-Allee 103 fu?r uns ausgewertet und daru?ber diskutiert. Im Folgenden haben wir versucht unseren Standpunkt zur derzeitigen Situation vor Ort
zusammenzufassen und hoffen u?ber einige Punkte mit euch weiterdiskutieren zu können.
Seit Montag letzter Woche wurden auf dem Ministeriumsgelände, in ehemaligen Bu?rogebäuden, Unterku?nfte fu?r Geflu?chtete eingerichtet.
Da erst am Sonntagabend klar wurde, dass diese genutzt werden können, wurden innerhalb ku?rzester Zeit Helfer_innenstrukturen organisiert, um dem schlimmsten Durcheinander entgegenzuwirken und den Geflu?chteten eine menschenwu?rdige Ankunft vorzubereiten. Es wurden die Gebäude grundgereinigt, notdu?rftig möbliert und
Sachspendenstellen eingerichtet. Viele Freiwillige haben mit angepackt und der Spendenaufruf wurde mit großer Resonanz erwidert. Es ist schön zu sehen, wie viele Leute bereit sind, Menschen in Not zu helfen und ihre Freizeit einzubringen, um eben
diesen in Not geratenen endlich ein Ankommen möglich zu machen.
Ohne diese Selbstorganisation hätte das peinliche Versagen des Staates ganz andere Ausmaße angenommen. Wie in vielen anderen Städten, hat sich auch das Land Brandenburg fast vollkommen auf diese Helfer_innenstrukturen bei der Bewältigung der Geflu?chtetenversorgung verlassen. Wieder einmal haben Freiwillige die defizitäre Flu?chtlingspolitik der vergangenen Jahrzehnte kompensiert und fu?r diesen Einsatz haben sie unsere größte Solidarität und Anerkennung!
Ganz andere Bilder konnte mensch Anfang der Neunziger miterleben, wo Geflu?chtete viel weniger Unterstu?tzung und Solidarität erfahren haben , Helfer_innen sehr alleine waren und oft nicht im Ansatz das Gefu?hl hatten, mit dem, was sie taten auch nur annährend die Meinung einer Mehrheit zu vertreten. Das ist heute zum Glu?ck anders!!
Was nicht anders geworden ist, ist der Staat, der hinter allem steckt, der von Krise redet, weil Geflu?chtete eine Dynamik in Gang gesetzt haben, die Grenzen, staatliche Autoritäten und ein System in Frage stellt, was vor zwanzig Jahren, mit der starken Einschränkung des §16 des Grundgesetzes dafu?r sorgen sollte, dass es niemand mehr bis Deutschland schaffen könnte.
Durch Verschärfungen des Asylgesetztes, dem millionenschweren Ausbau von Frontex und Dublin III wurde diese Abschreckungspolitik noch weiter verschärft.
Die Krise, von der sie jetzt reden, wird fu?r das deutsche Flu?chtlingssystem nur dazu, weil diese Menschen in Not, die nicht im Ansatz die Bewegungsfreiheiten haben wie wir (mit deutschem Pass) all die Regeln umgangen haben ihre Freiheit durchsetzen.
Sie u?berschreiten Grenzen und zwingen die Heuchler, sich mit einer Situation zu befassen, an der sie nicht unschuldig sind. Alles wird sofort zur Krise stilisiert und mit dem Allheilmittel Gesetzesänderung “bekämpft”. So geschah es dieses Jahr im Juli mit
der Verabschiedung des Gesetzes zur Neuregelung des Bleiberechts und Aufenthaltsbedingungen.
Das Gesetz beinhaltet neben einigen Verbesserungen fu?r Asylsuchende in Deutschland, wie zum Beispiel der Einschränkung der Residenzpflicht auch Verschärfungen mit erheblichen Folgen fu?r die Betroffenen. So sollen als Haftgru?nde „Fluchtgefahr vor
Abschiebung“, „erhebliche Zahlung von Geldbeträgen an Schleuser“ und „Identitätstäuschung durch Passlosigkeit“ gelten. Der Flu?chtlingsrat Brandenburg verurteilte diese Verschärfung in einem offenen Brief mit den Worten: “Mit der Praxis und Rhetorik der Abschiebungen wird die Willkommenskultur in Brandenburg untergraben, die eine große Zahl von Willkommensinitiativen tagtäglich praktizieren.” Eine neue Gesetzesverschärfung wird gerade diskutiert. Sie soll u.a. den kompletten Entzug der Leistungen fu?r alle sogenannten Dublinflu?chtlinge beinhalten, so dass diesen im Endeffekt nichts anderes u?brig bleiben wird, als in der Illegalität zu leben oder das Land zu verlassen.
Nun zu uns und zu Potsdam.
Die neue Einrichtung in der Heinrich-Mann-Allee ist als Außenstelle letztendlich bloß eine kleine Schwester der ZAST (Zentralen Aufnahmestelle) in Eisenhu?ttenstadt und das du?rfen wir nicht vergessen.
Die ZAST ist ein Ort, wo rassistische Eingangskontrollen, Repressionen und Sanktionen durch Sicherheitspersonal, sowie Besucher_innenzeiten und Platzverweise fu?r Helfer_innen an der Tagesordnung sind. Wir wollen nicht, dass diese Verhältnisse
irgendwo, auch nicht in Potsdam, reproduziert werden.
Und trotzdem sollte klar sein, dass, wenn wir ein „Außenlager“ von Eisenhu?ttenstadt mitorganisieren, doch nur einem System zuarbeiten, das wir ablehnen. Ein Asylsystem, was Geflu?chtete knastartig zusammenhält, Zäune errichtet und Menschen „umverteilt“
oder abschiebt.
Dass das Gelände in der Heinrich-Mann-Allee nur noch durch einen Haupteingang zu betreten ist und das Personal Rechtfertigung dafu?r verlangt, zeigt in welche Richtung sich die Situation entwickelt. Es ist nicht in Ordnung, dass Polizeibeamte in Eigenermächtigung die Ankommenden filmen und erfassen wollen und der Staat, statt
seine menschlichen Pflichten zu erfu?llen, bloß drangsaliert, kontrolliert und nervt. Wir wollen uns vom Staat und dessen Politik nicht vereinnahmen lassen und hoffen die meisten anderen auch nicht. Wir wollen hiermit nicht die Arbeit aller Helfer_innen
kritisieren, denn diese Solidarität ist wichtig und nötig. Aber wir fragen uns schon, in welche Richtung sich das alles entwickeln wird. Es ist wichtig, auch weiterhin Einfluss auf die Stimmung zu nehmen und durch unser Engagement Druck auf Polizei und Politik
auszuu?ben.
Wir fordern die Öffnung des gesamten Geländes, also aller Ein- und Ausgänge, fu?r Geflu?chtete und Helfer_innen, damit es nicht zu einem gefängnisähnlichen Ort wird. Es ist nicht hinnehmbar, Menschen einen Zugang zur Gesellschaft aufgrund ihrer Herkunft
zu verwehren und/oder in Lagern oder lagerähnlichen Orten zusammenzupferchen. Offenheit ist ein Signal in alle Richtungen, an die Geflohenen genauso wie an den Rest der Bevölkerung. Nationen und Grenzen bleiben Konstrukte einer Weltordnung
vergangener Tage, die es zu u?berwinden gilt.
Geflu?chteten soll schnellstmöglich ein Leben zu gleichen Bedingungen wie dem Rest der Bevölkerung möglich sein, sprich, dass sie in Potsdam oder am Ort ihrer Wahl dezentral leben und sich frei bewegen können.
Wir lassen uns nicht täuschen von voru?bergehender Willkommenskultur und werden deswegen gleichermaßen mit aller Hilfsbereitschaft und verschärfter Aufmerksamkeit vor Ort sein, damit hier kein weiteres repressives Lagersystem geschaffen wird. Wir mu?ssen, neben der so wichtigen Arbeit in der Heinrich-Mann Allee, miteinander diskutieren und definieren, wo wir stehen und unser Verhältnis zum deutschen Staat klären.
Dieser hat in den vergangenen Jahren alles Mögliche getan, Willkommenskultur können wir darin aber nicht erkennen.
Unsere Solidarität kann und wird immer selbstorganisiert und unkontrollierbar fu?r staatliche Stellen sein.
!Refugees welcome! Freedom of Movement!