Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat, gemäß Pressemitteilung vom 27. Juli 2016, gegen sechs Neonazis aus Nauen wegen verschiedener Delikte, darunter den Brandanschlag auf eine als Notunterkunft für Flüchtlinge gedachte Sporthalle, Anklage erhoben.
Den Angeschuldigten Dennis W., Christopher L., Christian B. und Thomas E. wird darüber hinaus die Gründung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, dem Nauener NPD Stadtverordneten Maik Schneider zusätzlich die rädelsführerschaftliche Beteiligung zur Last gelegt .
Das Verfahren soll vor der Staatsschutzkammer des Landgerichtes Potsdam stattfinden.
Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft in sieben Punkten Anklage gegen die mutmaßliche kriminelle Vereinigung erhoben:
1.) In der Störung der Nauener Stadtverordnetenversammlung vom 12. Februar 2015 sieht die Staatsanwaltschaft den Tatvorwurf der Nötigung verwirklicht. Klage erhoben wird jedoch lediglich gegen Maik Schneider. Dennis W., der ebenfalls bei der Störung anwesend war, wird diesbezüglich offenbar nicht angeklagt.
2.) Im Fall des Brandanschlages auf den PKW eines polnischen Geschädigten am 17. Mai 2015 am Karl-Bernau-Ring in Nauen erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen gemeinschaftlicher Brandstiftung. Geklagt wird gegen Maik Schneider und Dennis W.
3.) Hinsichtlich der Zündung eines nicht zugelassenen Sprengkörpers am 1. Juni 2015 an einem Unterstand einer LIDL-Filiale in Nauen erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und Beschädigung einer Sache von bedeutendem Wert. Angeklagt ist in diesem Fall Dennis W.
4.) Wegen Farbbeutelwürfe auf das Nauener Büros der Partei „Die Linke“ am 7. Juni 2016 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen gemeinschaftliche Sachbeschädigung. Angeklagt werden diesbezüglich Maik Schneider, Christopher L. und Thomas Frank E.
5.) Im Verkleben von Schlössern des Parteibüros der „Linken“ am 9. Juni 2015 in Nauen, sieht die Staatsanwaltschaft ebenfalls den Straftatbestand der Sachbeschädigung verwirklicht. Angeklagt wird deswegen Dennis W.
6.) Abermals eine Sachbeschädigung sieht die Staatsanwaltschaft im Abbrennen einer mobilen Toilette auf der Baustelle des Übergangswohnheimes für Asylsuchende am Waldemardamm in Nauen, in der Nacht vom 30. zum 31. Juli 2015. Anklage erhoben wird hier gegen Christopher L.
7.) Im Fall des Brandanschlages auf die als Notunterkunft für Flüchtlinge geplante Sporthalle des OSZ Nauen, in der Nacht vom 24. zum 25. August 2015, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Brandstiftung. Geklagt wird gegen Maik Schneider, Dennis W., Christopher L., Christian B., Thomas Frank E. sowie Sebastian F.
Ermittelt wurde gegen die oben genannten Tatverdächtigen übrigens auch noch in weiteren Fällen. Aufgrund mangelnder Beweise wurden folgende Verfahren jedoch gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt:
8.) Sachbeschädigung unter Verwendung einer Graffitischablone mit dem Schriftzug „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ am 15. und 16. April 2015.
9.) Brandstiftung an einem Pkw von Kommunalpolitikern der Partei „Die Linke“ zwischen dem 12. und 13. Februar 2016.
Überhaupt nicht auf der Anklageliste der Staatsanwaltschaft erscheint – erstaunlicherweise – die zunächst Angeschuldigte Frauke K. Einen Grund dafür gab die Behörde nicht an.
Monat: Juli 2016
Da kommt etwas Wildes aus der Donetzker Vorstadt auf das Frierock-Festival 2016 zugerollt. Nicht umsonst wurde der diesjährige Headliner “Jinjer” (Jinjer Homepage) 2013 zur besten Metal-Band der Ukraine ernannt. Am zweiten Augustwochenende werden sie dem sonst eher idyllischen Friesack im Havelland eine ordentliche Portion progressiven Metal um die Ohren hauen. Aber keine Angst – natürlich gibt’s nicht nur harte Töne. Neben diesem echten Geheimtipp stehen noch viele andere regionale und überregionale Bands auf dem Plan. Von Ska aus den Alpen (Jokerface — Jokerface Homepage) über Deutschpunk aus Neuruppin (Kira Kanoa — Kira Kanoa Facebookseite) bis hin zu traditionellem Celtic Folk Punk aus Frankreich (The Moorings — The Moorings Homepage) ist für jeden Geschmack etwas dabei. Eben eine exquisite Auswahl an musikalischen Highlights der “Frierocker” — Das sind etwa 20 Freiwillige aus der Region, die sich das ganze Jahr auf Reisen begeben haben, um ebendiese Auswahl aus der alternativen Musikszene ins Havelland zu locken.
Frierock-Festival fördert den Nachwuchs
Im 18. Veranstaltungsjahr wird das Frierock-Festival volljährig. Da der demografische Wandel auch vor der Brandenburgischen Festivallandschaft keinen Halt macht, wird es Zeit, in die Zukunft zu investieren. Um junge Familien mit Nachwuchsrockern an das Frierock-Festival heranzuführen, haben sich die Organisatoren ein besonderes Programm ausgedacht: In musikalischen Schnupperkursen können sich die Kids ausprobieren und so den Grundstein legen, um selbst einmal auf der Frierock-Bühne zu stehen. Daneben werden sie durch Gesichtsbemalung, riesigen Seifenblasen und dem Clown Celly unterhalten.
Aber nicht nur die Kleinen kommen auf ihre Kosten: Die BMX Crew “Friss-Dreck” aus Dallgow und Handmade Visual Action von den Trashpuzzle- Künstlern aus Berlin (Facebook/Flickr) werden das Publikum zum Staunen bringen.
Ebenfalls zum Staunen ist ohne Frage die Location: Das Frierock-Kollektiv verwandelt die Freilichtbühne Friesacks in ein buntes Tanzparadies und lockt so jährlich Hunderte Festivalgäste ins Havelland. “Hier stimmte alles”, so Robert G., der im vergangenen Jahr zufällig auf das Festival gestoßen ist. “Der Veranstaltungsort gleicht einem kleinen Amphitheater: Unter größen Bäumen, auf grünem Gras, mit liebevoll gemachter, bunter Beleuchtung wie im Zauberwald. Das Publikum ist so bunt gemischt und entspannt wie nirgendwo sonst.”
Das Festivalticket kostet 15 Euro und ist nur an der Abendkasse erhältlich. Das Campen ist im Preis inbegriffen. Weitere Informationen sowie das komplette Line-Up 2016 gibt es unter www.frierock-festival.de und www.facebook.com/frierockfestival.
Transpi Aktion in Neuruppin
Während Deutschland momentan im Ausnahmezustand der Terrorhysterie versinkt, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf die alltäglichen Schweinereien des kapitalistischen Normalvollzugs. Gentrifizierung, Verdrängung und Obdachlosigkeit sind längst keine Phänomene von Großstädten wie Berlin, München oder Hamburg mehr — auch im beschaulichen Neuruppin lassen sich die Wirkungen von Spekulation und Profitmaximierung im Umgang mit Wohnraum beobachten.
Mit dem sogenannten “Seetorviertel” entsteht in Neuruppin eine neue Spielwiese für Reiche — teure Eigentumswohnungen, Tiefgaragen, Sicherheitsdienst usw. Wir fragen: Wer braucht diese Scheisse? Wir
jedenfalls nicht! Wir wollen stattdessen lieber sozialen Wohnraum für junge und alte Menschen, WGs, Arbeitslose, Geflüchtete und Obdachlose.
Der Stadt Neuruppin muss man zugute halten, dass sie mit ihrem Stadtentwicklungskonzept “NeuruppinStrategie 2020 / 2030” einen wahrnehmbaren Fokus auf sozialen Wohnraum legt. Die Frage bleibt, wie
realistisch die Umsetzung einer solchen Konzeption ist. Seit Anfang der 1990iger und mit dem Durchmarsch des Neoliberalismus (als massive Zuspitzung kapitalistischer Ausbeutung in fast allen Bereichen ) geht der staatliche Bau von Sozialwohnungen immer weiter zurück. Die Logik des Neoliberalismus sucht die Lösung für dieses Problem in der Privatwirtschaft. Private Investor_Innen sollen die Lage retten. Doch entgegen der naiven, gegenteiligen Annahme haben solche Menschen wenig Interesse am Bau von Sozialwohnungen. Schließlich geht es ihnen nicht darum, dass alle Menschen eine gute Wohnung besitzen, sondern ausschließlich um die Steigerung ihrer Profite. Die Privatwirtschaft baut lieber Eigentumswohnungen für Reiche und der Staat verfügt nicht mehr über Kapazitäten die Menschen ausreichend mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen.
Die Lösung dieses Problems sind weder Kniefall noch Bitten an Staat oder Kapital sondern eine kämpferische Bewegung, welche die gesellschaftlichen Eigentumsverhältnisse in Frage stellt. Die
Mittel unserer Wahl sind Streiken, Blockieren und Besetzen, sprich die Wiederaneignung unserer eigenen Handlungsfähigkeit. Wir sind nicht bereit die Existenz von Leerstand hinzunehmen, während Menschen auf der Straße leben müssen oder Zwangsräumungen, welche zur Zerstörung menschlicher Existenzen führen.
Um auf unsere Forderungen aufmerksam zu machen, haben wir mehrere Gebäude in der Stadt betreten und dort Transparente angebracht. Dabei haben wir unsoziale Luxusbauten ebenso besucht wie städtischen und privaten Leerstand.
Wir rufen dazu auf, sich zu organiseren und die herrschenden Verhältnisse in Frage zu stellen! Die Stadt gehört uns allen!



Vom 25.7.–14.8.2016 geht Women in Exile and Friends unter dem Motto “Wir werden immer lauter!” auf Aktionstour quer durch Deutschland. Die dreiwöchige Tour soll auf die Situation von geflüchteten Frauen und Kindern aufmerksam machen und Flüchtlingsfrauen unterstützen, für sich selbst zu sprechen.
Elizabeth Ngari, Mitbegründerin von Women in Exile: “Die Erfahrungen, die wir in Brandenburg machen, sind den Erfahrungen von Frauen aus anderen Bundesländern ähnlich. Flüchtlingsfrauen sind doppelt Opfer von Diskriminierung: Sie werden als Asylbewerberinnen durch rassistische Gesetze ausgegrenzt und als Frauen diskriminiert..”
Women in Exile and Friends wird Unterkünfte besuchen, mit lokalen Initiativen zusammenarbeiten und öffenlichkeitswirksame Aktionen durchführen. So ist beispielsweise am 29.7. eine Protestkundgebung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg geplant. Eine zentrale Forderung ist die Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe. Der Focus der Tour wird jedoch auf dem Empowerment und gegenseitigem Austausch der Flüchtlingsfrauen liegen.
Elizabeth Ngari: “Über die Jahre haben wir Verbindungen mit zahlreichen Flüchtlingsfrauen und Unterstützer*innengruppen aufgebaut. Jetzt geht es darum, unsere Gemeinsamen Forderungen an die Öffentlichkeit zu bringen.” Wir würden uns freuen, wenn Sie über die Tour berichten und den Termin wahrnehmen, um mit uns über die Situation von Flüchtlingsfrauen zu sprechen. Es besteht auch die
Möglichkeit, die Bustour zu begleiten.
Weitere Information über die Gruppe “Women in Exile & Friends”: http://women-in-exile.net/ oder auf facebook.com/Women-in-Exile-Summer-Bus-Tour-2016
Tourdaten: 25.7. War Starts Here-Camp Altmark // 26.–27.7. Halle/Saale // 28.7.Leipzig // 29.–31.7. Nürnberg // 1.8. Oberursel // 2.–3.8. Köln // 4.8. Osnabrück // 5.8. Bielefeld // 6.8. Göttingen // 7.8. Witzenhausen // 8.–9.8 Bremen // 10.–11.8. Hamburg // 12.8. Potsdam // 13.–14.8. Berlin
Untersuchungsausschuss zum NSU startet unter kritischer Begleitung von NSU Watch Brandenburg
INFORIOT – Es ist so weit. In Brandenburg startet ein parlamentarischer Ausschuss, der die Verstrickungen von Neonazis und V‑Leuten aus Brandenburg in die Aktivitäten und Strukturen des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) aufklären will. Am Dienstag fand die erste konstituierende Sitzung des Untersuchungsausschusses im Brandenburger Landtag statt – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Erst im April war die Einsetzung des Ausschusses beschlossen worden.
Wenn im September nun die zehn Ausschussmitglieder von SPD, CDU, Linke, Grüne und AfD zur eigentlichen inhaltlichen Arbeit übergeben, geht es an die Substanz: Die zentrale Frage, ob das Land Brandenburg die Taten des NSU hätte verhindern können, muss im Ausschuss beantwortet werden. Carsten Szczepanski alias „Piatto“, die „Top-Quelle“ des Brandenburger Verfassungsschutzes hatte Informationen zu Plänen des NSU-Kerntrios und gab diese an den Verfassungsschutz weiter. Der Verfassungsschutz, so der Vorwurf, habe die Informationen nicht an zuständige Ermittlungsbehörden weitergeben. Zu einer Festnahme des Trios kam es bekanntlich nicht. Zehn Morde, diverse Anschläge und Überfälle folgten.
Es ist nicht das einzige Fehlverhalten des Brandenburger Verfassungsschutzes, das es aufzuarbeiten gilt. Auch der V‑Mann-Skandal um den Gubener Neonazi Toni Stadler, die unaufgeklärte Anschlagsserie der Nationalen Bewegung — auch hier war der Verfassungsschutz involviert – oder die Nationalrevolutionären Zellen, ein terroristischer Zusammenschluss von Neonazis aus Berlin und Brandenburg, der auch „Piatto“ angehörte, gehören zu den vielen Themen, die nach Einschätzung der Initiative NSU Watch Brandenburg zu klären sind.
NSU Watch Brandenburg gegründet
Zeitgleich zur konstituierenden Sitzung des Untersuchungsausschusses, stellte sich NSU Watch Brandenburg vor. NSU Watch Brandenburg als Teil des bundesweiten Netzwerkes NSU Watch, hat sich die Aufgabe gestellt, den Untersuchungsausschuss kritisch zu begleiten. „Der NSU stellt eine Zäsur in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte dar“, so Felix Hansen als Vertreter des bundesweiten Zusammenhanges am Dienstag bei einer Pressekonferenz. NSU Watch, ein Zusammenschluss aus antifaschistischen Gruppen und Einzelpersonen, beobachtet seit 2013 den Strafprozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte. Im Prozess in München ist auch Brandenburg immer wieder ein Thema, aktuell geht es um die Zeitschrift „Weißer Wolf“, ein Heft in dem bereits 2002 ein Hinweis auf den NSU auftauchte. Der „Weiße Wolf“ war in den 90er Jahren in der Brandenburger JVA hergestellt worden – maßgeblich beteiligt war damals Carsten Szczepanski.
Fehlende Aufklärungsbereitschaft
Aus Sicht der Antifaschist_innen ist es kein Ruhmesblatt für die Brandenburger Politik, dass der Untersuchungsschuss erst jetzt, über vier Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU, eingerichtet wurde. Nebenklageanwälte im Prozess vor dem Oberlandesgericht in München kritisieren schon länger die fehlende Aufklärungsbereitschaft der Brandenburger Behörden, unter anderem, weil sich das Innenministerium weigerte Akten an das Gericht herauszugeben, und Verfassungsschutzmitarbeiter während der Zeugenanhörungen vermeintlichen Gedächtnislücken vorschoben. Für NSU Watch Brandenburg ist klar: „Die V‑Mann-Skandale im Land Brandenburg haben gezeigt, dass das V‑Leute-System mehr Schaden als Nutzen gebracht hat“. Durch die Arbeit des Verfassungsschutzes wird der Aufbau militanter Neonazistrukturen gestärkt, denn „hier werden Gelder in die Neonaziszene gepumpt“, sagte ein Sprecher. Außerdem hätten antifaschistische und zivilgesellschaftliche Recherchen mehr zur Aufklärung beigetragen, als der Verfassungsschutz.
NSU Watch unterstützen
Die Beobachtung durch NSU Watch Brandenburg heißt konkret: Protokolle der Sitzungen des Untersuchungsschusses erstellen, um diese einer breiten Öffentlichkeit zugängig zu machen sowie Dossiers und Recherchen zu erstellen, die nach und nach auf der Homepage brandenburg.nsu-watch.info veröffentlicht werden. Als unabhängige Initiative ist NSU Watch auf Spenden angewiesen.
INFORIOT – Unbekannte verübten in der Nacht zum 11. Juli einen Farbanschlag auf das Oranienburger Restaurant „Alte Fleischerei“, das auch als Diskothek genutzt wird. Neben Farbe sollen laut Medienberichten auch Antifa-Symbole an das Gebäude gesprüht worden sein. Es wird vermutet, dass der Farbanschlag in Zusammenhang mit einer AfD-Veranstaltung mit dem Klimaskeptiker Michael Limburg stehen soll, die am 11. Juli in dem Meistersaal des Restaurants stattfand. Dabei fanden in der „Alten Fleischerei“ in der Vergangenheit nicht nur AfD-Veranstaltungen statt. Auch ein bekannter Aktivist aus dem örtlichen NPD-Umfeld ist dort des Öfteren als DJ tätig.

Hausbesuche angekündigt
Derweil tobt im Internet der virtuelle Mob. Der Inhaber der Diskothek, Dirk Arndt, veröffentlichte ein Foto der beschmierten Fassade und verfasste dazu auf seinem privaten Facebook-Account eine längere Hassnachricht, in der er „die Antifa“ für die „feige Atacke“ (Fehler im Original) verantwortlich macht. Zudem rief er seine Freundesliste zur Mithilfe auf, um die „linken Nazis“ ausfindig zu machen. Promt meldeten sich einige Personen, die sich für Hausbesuche bei Antifaschist_innen aussprachen. So habe man solche Angelegenheiten in der Vergangenheit geklärt, hieß es in diversen Postings.




Den Vorschlag griff Arndt in einem Posting auf und schrieb: „ich hoffe jemand hat was gesehen Zeit für Hausbesuche“ (Fehler im Original). Neben weiteren Personen, die augenscheinlich der lokalen rechten Szene zuzuordnen sind, fand dieser Vorschlag auch Zuspruch bei dem örtlichen Tätowierer Olaf Werner, der den Beitrag mit einem „Gefällt mir“ versehen hatte. Werner gilt als Mitinitiator der “Oranienburger Abendspaziergänge”. In einem Vlog trat er als Sprachrohr der “Abendspaziergänge” auf und verbreitete krude Verschwörungstheorien. Auf dem “Spaziergang” am 16. März 2016 filmte er außerdem die Redner. Werner weist zudem deutliche Verbindungen zur lokalen Neonaziszene auf. In seinen Laden „Colour of Skin“ werden nicht nur Bilder mit NS-Bezug tätowiert, auch ein Rechtsrock-Musiker durfte sich im „Colour of Skin“ an der Nadel austoben.

Ein Inhaber mit fragwürdigen politischen Ansichten
In einem MOZ-Artikel versucht sich Dirk Arndt zu rechtfertigen. Berühungsängte habe er mit der AfD nicht: “Solange die Partei informative Vorträge hält und nicht hetzt, ist sie jederzeit bei mir willkommen”. In einer „rechten Ecke“ sehe er sich nicht. Seine öffentliche Meinungsbekundungen auf Facebook sprechen jedoch eine andere Sprache. Im Posting zum Anschlag schrieb er: „Die Eltern des Täters müssen Geschwister sein.“ Dieser Ausspruch kommt nicht von irgendwoher, sondern ist eine Anlehnung an die Textzeile aus dem beliebten Lied „Eure Eltern sind Geschwister“ der Rechtsrockband „Die Lunikoff Verschwörung“. Im Refrain des Lieds heißt es: „Hey ihr Zecken, eure Eltern sind Geschwister“. „Die Lunikoff Verschwörung“ ist eine Band des Ex-Landser-Sängers Michael Regener, nachdem sich seine Band „Lunikoff“ 2003 aufgelöst hatte.
Ein weiterer Blick auf die Facebookseite von Dirk Arndt zeigt seine inhaltliche Nähe zu Verschwörungstheorien, Russland-Fanatismus, Anti-Amerikanismus und anti-muslismischen Rassismus.
Weitere Verbindungen der „Alten Fleischerei“ in die rechte Szene
Nicht zum ersten Mal fand eine AfD-Veranstaltung in der „Alten Fleischerei“ statt. Bereits am 25. Februar veranstaltete der AfD Kreisverband Oberhavel einen Infoabend zu Syrien mit Billy Six, einem Reporter der neurechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“. Die Veranstaltung fand einen Tag vor dem zehnten “Abendspaziergang” in Oranienburg statt. Auch in Zehdenick versuchte die Partei so von der rassistischen Stimmungsmache im Landkreis zu profilieren und organisierte am 09. Dezember 2015 einen Infoabend zu Asyl am Vorabend des “Spaziergangs” in der Stadt.
Regelmäßig finden in der „Alten Fleischerei“ diverse Tanzveranstaltungen statt. Die „Fleischereipartys“ beinhalten verschiedene Genre und Themen. In der „Alten Fleischerei“ werden. „Onkelzpartys“ — in Anlehnung an die als rechts geltende Band “Böhse Onkelz”, veranstaltet, die vom entsprechendem Publikum besucht werden. Außerdem tritt in der „Alten Fleischerei“ ein Aktivist aus dem örtlichen NPD-Umfeld als DJ auf. Unter den Namen „Infekt“ bzw. „Infekt & Virus“ legt der Veltener Pierre „Pepe“ Schön in der „Alten Fleischerei“ auf. Erst im April dieses Jahres hatte er dort einen Auftritt.

Schön gehört zum Umfeld des Veltener NPD-Stadtverordneten Robert Wolinski. Im September 2012 versuchte Wolinski ein sogenanntes „nationales Fußballturnier“ in Velten zu veranstalten. Die Nutzung der Sportanlage des örtlichen Rugby-Vereins wurde ihnen jedoch nicht gewährt. Als Reaktion darauf veranstalteten die Jungen Nationaldemokraten (JN), die Jugendorganisation der NPD, am 1. September eine Protestkundgebung in Velten. Die Teilnehmer der Kundgebung trugen einheitliche JN-Shirts. Auch Schön beteiligte sich an der Kundgebung und trug eines der limitierten Tshirts. Zudem nahm Schön an diversen Neonazi-Aufmärschen in der Region teil, beispielsweise am 01. Mai 2012 in Wittstock. Bis heute scheint Schön sich nicht von der NPD gelöst zu haben. Aber seinem privaten Facebook-Account postete er erst im Mai die Schulhof-CD der NPD — „Neuer Pop Deutschland Vol. 88“. Die „88“ ist ein Code der Neonaziszene, welches für die Buchstaben „HH“ im deutschen Alphabet stehen. Die Abkürzung „HH“ ist ein Chiffre für den Neonazigruß „Heil Hitler“.


Geschichtsträchtiger Ort
Die „Alte Fleischerei“ war ursprünglich eine Fleisch- und Wurstwarenfabrik. Sie wurde 1926 durch die jüdischen Brüder Eduard und Georg Bach gegründet. Eduard Bach starb 1929. Der Betrieb wurde durch seine Frau Emma und Sohn Martin weitergeführt. Als auch in Oranienburg zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen wurde, ging es mit dem Fabrik abwärts. Die Bachs emigrierten nach Madeira und kamen nie zurück. Heute erinnert eine Gedenktafel an das Schicksal der Familie Bach vor dem ehemaligen Fabrikgebäude. Im Meistersaal, ausgerechnet dort, wo die AfD jüngst ihre Veranstaltung abhielt, hängt eine Dauerausstellung „300 Jahre jüdisches Leben und Leiden in Oranienburg“ der jüdischen Gemeinde Oranienburg und des Historikes Hans Biereigel.
In der Nacht von Montag zu Dienstag, dem 12. Juli 2016, wurden im Raum Rathenow-Premnitz mehrere mutmaßliche Straftaten begangen, bei denen eine fremdenfeindliche Motivation nicht auszuschließen ist.
Brandstiftungen in Premnitz
In der havelländischen Kleinstadt Premnitz wurde, nach Polizeiangaben, zunächst gegen 04.35 Uhr ein Brand auf einem Balkon im Erdgeschoss eines Einfamilienhauses in der Franz-Mehring-Straße festgestellt. Ein Anwohner hatte das Feuer bemerkt und anschließend die Bewohner_innen verständigt. Gemeinsam wurde der Brand gelöscht und die Polizei verständigt. Personen kamen nicht zu schaden.
Wenig später stellte die Polizei dann weitere Beschädigungen, die offenbar ebenfalls durch ein Entzünden vorgerufen wurden, an einem anderen Erdgeschossbalkon in der August- Bebel- Straße fest. Nach Befragung durch die Beamt_innen stellte sich heraus, dass die Bewohner_innen den Brand gegen 03.00 Uhr eigenständig feststellten und anschließend selbst mit Wasser löschten.
Die Kriminalpolizei ermittelt nun wegen des zweifachen Verdachtes auf Brandstiftung. Da in den betroffenen Wohnungen zum Zeitpunkt des Brandausbruches Asylsuchende ihren Lebensmittelpunkt hatten, wurde das Staatsschutzkommissariat mit den Ermittlungen betraut. Ein fremdenfeindlicher Hintergrund kann, laut Polizeiangaben, derzeit nicht ausgeschlossen werden. Es lägen jedoch bislang auch noch keine konkreten Hinweise auf eine solche Motivlage vor, so die Beamt_innen in einer ersten Pressemitteilung.
Sprühaktion in Rathenow
Ebenfalls am frühen Dienstagmorgen wurden in der havelländischen Kreisstadt Rathenow mehrere in arabisch verfasste Slogans, die ins Deutsche übersetzt in etwa: „Geht zurück in Euer Land“ bedeuten sollen, festgestellt. Diese waren u.a. in der Nähe des Bahnhofs, des Jobcenters und eines Flüchtlingsheimes angebracht worden. Die unbekannten Täter_innen hatten dafür offenbar Sprühschablonen genutzt. Eine fremdenfeindliche Aktion liegt nahe.
Seit Wochen tauchen in der Umgebung von Rathenow, insbesondere auf den Straßen Richtung Stechow, Nennhausen und Premnitz außerdem auch immer wieder gesprühte Slogans der PEGIDA-Bewegung auf. Die Parole „Merkel muss weg“ wurde dort beispielsweise mehrfach in beide Fahrbahnrichtungen auf die Straße gesprüht. Auch hier ist eine Aktion von Fremdenfeinden, die im momentanen Kurs der Kanzlerin eine all zu flüchtlingsfreundliche Politik sehen, denkbar.
Der Großteil der Sprühereien wurde inzwischen entfernt oder übersprüht.
Fremdenfeindliche Stimmungsmache
In Rathenow radikalisiert sich seit spätestens Oktober 2015 eine rechte Bürgerbewegung, die bei regelmäßigen Versammlungen kontinuierlich gegen Flüchtlinge und den Islam Stimmung macht. Zeitweise nahmen an deren Veranstaltungen bis zu 600 Menschen teil. Momentan hat sich ein harter Kern von 50 Personen herausgebildet, von denen ein Teil auch zu überregionalen PEGIDA-Versammlungen fährt oder Veranstaltungen politischer Gegner_innen stört.
In Premnitz hatte die fremdenfeindliche Stimmungsmache, die damals maßgeblich von der NPD und deren Gesinnungsgenoss_innen betrieben, wurde, bereits im Jahr 2013 zu einen Anschlag auf eine im Bau befindliche Flüchtlingsunterkunft geführt. Der inzwischen rechtskräftig verurteilte Täter wollte dadurch ein Zeichen gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in der Stadt setzen.
Fotos: hier
Das Amtsgericht Rathenow hat am Dienstagvormittag den Rathenower NPD Stadtrat Michel Müller zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt zwölf Monaten, ausgesetzt zu drei Jahren auf Bewährung, sowie zu einer Wiedergutmachungszahlung in Höhe von 1.800,00 Euro verurteilt.
Dem 35-Jährigen wurde u.a. Körperverletzung vorgeworfen. Eine noch nicht getilgte Geldstrafe in einem anderen Verfahren floss ebenfalls in die Urteilsfindung mit ein.
Zechtour endete mit Körperverletzung
Der Angeklagte Müller zeigte sich im Fall der Körperverletzung weitgehend geständig. Gab jedoch vor zur Tatzeit erheblich betrunken gewesen zu sein. Gemeinsam mit Freunden habe er sich nach dem Besuch eines Fußballspieles des BFC Dynamo im Dezember 2014 in Berlin erheblich betrunken. Die Zechtour soll sich auch in Rathenow fortgesetzt haben und vorerst in einer Gaststätte in der Stadt geendet haben. Dort sei Müller auf sein Opfer getroffen. Nach der Aussage des Betroffenen, während des ersten Prozesstages im Dezember 2015, soll der Angeklagte dann ohne erkennbaren Grund zugeschlagen haben. Der Zeuge gab an, durch die gewalttätigen Handlungen des Angeklagten erheblich verletzt worden zu sein. Er sagte damals aus, dass Müller ihm die Querfortsätze 2- 4 gebrochen, eine Rippenprellung erlitten sowie mehrere Verletzungen im Gesicht zugefügt hatte.
Nur vermindert Schuldfähig
Ein wesentlicher Bestandteil des heutigen Verhandlungstages bestand nun darin, die Schuldfähigkeit des Angeklagten festzustellen. Diesbezüglich hatte das Gericht extra ein Gutachten anfordern lassen. Es sollte feststellen, ob Müller während der Tat mindestens 2,0 Promille Alkohol im Blut hatte. Ab diesem Grenzwert wird nämlich im Allgemeinen eine verminderte Schuldfähigkeit angenommen. Das Gutachten attestierte Müller einen Promillewert 2,4 bis 2,8. Damit war § 21, StGB, in dem die verminderte Schuldfähigkeit geregelt ist, erfüllt.
Ausgewogenes Urteil
Der Angeklagte wurde dennoch im Fall der Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt. Ein weiterer Monat kam dazu, weil Müller eine Geldstrafe aus dem vergangenen Jahr noch nicht getilgt hatte. Im Juni 2015 war er vom Amtsgericht Brandenburg an der Havel wegen Versicherungsbetrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung verurteilt worden. Müller war in Kloster Lehnin ohne Kfz-Haftpflicht gefahren und hatte an einem nicht zugelassenen Fahrzeug andere Nummernschilder angeschraubt.
Die Gesamtfreiheitsstrafe in der heutigen Verhandlung wurde jedoch zur Bewährung ausgesetzt. Aufgrund seiner erheblichen Vorstrafen, darunter gefährliche Körperverletzung, Landfriedensbruch und Beihilfe zum versuchten Mord, legte das Gericht die Bewährungsdauer auf drei Jahre fest. Weiterhin muss Müller dem Betroffenen der Körperverletzung eine Wiedergutmachung von 1.800,00 Euro zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Bericht vom ersten Prozesstag:
https://presseservicern.wordpress.com/2015/12/16/rathenow-prozessauftakt-gegen-npd-stadtrat/
Am (Samstag)Vormittag haben am Schulplatz in Neuruppin ungefähr 30 Menschen aus dem Umfeld des linksalternativen Jugendwohnprojektes Mittendrin an die brutale Tötung von Emil Wendland in der Nacht vom 1. Zum 2. Juli 1992 erinnert. Eine dreiköpfige Gruppe Naziskins hatten den auf einer Parkbank schlafenden Wohnungslosen vor 24 Jahren zunächst mit Schlägen und Tritten malträtiert. Dann wurde eine Bierflasche auf seinem Kopf zerschlagen und abschließend mit einem Messer auf ihn eingestochen. Wendland verstarb kurze Zeit später an inneren Blutungen.
Die Tat stellte lokal den Höhepunkt neonazistischer Exzesse Anfang der 1990er Jahre da. „Es gab nur wenige Tage ohne Meldungen in den Zeitungen von rechten Übergriffen, Anschlägen auf Asylsuchendenheime, Treffen von 200+ Nazis, rechten Parolen, Sprühereien“, wie das JWP Mittendrin in einem Aufruf zu dessen heutiger Gedenkkundgebung schrieb. Trotzdem geriet der brutale Gewaltakt über die Jahre lang ins Abseits der Lokalgeschichte. Bereits seit 1993 wurde die Tat nicht mehr in der Statistik des Innenministeriums zu Todesopfern extrem rechter Gewalt geführt. Ein offizielles Andenken an den Getöteten blieb jahrelang aus. Erst die Aufarbeitung der jüngsten Geschichte Neuruppins durch das JWP Mittendrin führte zur Schaffung eines kleinen Ortes der Erinnerung in der Nähe des Schulplatzes. Durch Recherchen des Moses Mendelsohn Zentrums in den ehemaligen Prozessakten zum Verfahren gegen die damaligen Täter wurden 2015 zudem auch eindeutige Belege für einen Gewaltakt mit extrem rechter Motivation gefunden. Das Bundesinnenministerium ergänzte daraufhin seine Statistik. Emil Wendland wurde somit auch offiziell als Todesopfer rechter Gewalt anerkannt.
Neuruppin zählt auch heute noch zu den Hauptaktionsräumen des neonazistischen Milieus im Land Brandenburg. Im vergangenen Jahr veranstalteten lokale Neonazis eine Großdemonstration zum Tag der so genannten „deutschen Zukunft“. Gestern (Freitag) versammelten sich Sympathisant_innen der neonazistischen „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“, um den Tod von Emil Wendland für propagandistische Zwecke zu missbrauchen. Die Tötung des Wohnungslosen wurde als „subkulturelle Perspektivlosigkeit“ relativiert und neonazistische Weltanschauungsmuster als Grundlage für die Tat verleugnet.
Fotos von der Gedenkkundgebung des JWP Mittendrin: hier
Fotos von der Neonazikundgebung am Freitag: hier
Emil Wendland

Emil Wendland wurde am 11.02.1942 in Gastau geboren und am 1. Juli 1992 von seinen Tätern im Schlaf völlig wehrlos überrascht und getötet. Sein erster Beruf war Lehrer, später arbeitete er als Verkaufsstellenleiter in der Molkerei-Verkaufsstelle. Emil Wendland wurde alkoholkrank. Mitte der 1980er Jahre besiegte er die Krankheit – leider nur für kurze Zeit. Als Nachbarn ihn am 9. November 1990 auf ein Glas Sekt einluden, um die neu gewonnene Freiheit zu feiern, wurde er rückfällig und schaffte es nicht mehr, abstinent zu werden. Nach der „Wende“ übernachtete er immer öfter auf Bänken im Freien, da er nicht mehr in der Lage war, nach Hause zu kommen.1
Der Ort
Neuruppin war in den 1990er Jahren ein Zentrum des militanten Neonazismus in Brandenburg. Oft kam es zu Gewaltausbrüchen. Bereits im Sommer 1990 schlugen die Rechten los: 15 Neonazi-Skinheads überfielen mit Baseballschlägern und dem Ruf „Rechtsradikale werden siegen“ ein Zeltdorf, auf dem gegen den sowjetischen Militärflugplatz am Stadtrand protestiert wurde. Am Folgetag greifen die Rechten erneut an. Ein weiteres Beispiel: Wenige Monate nach dem Mord an Emil Wendland ziehen im November 1992 acht Rechte zu einem Wohnheim für Wolgadeutsche im Ortsteil Gildenhall und werfen insgesamt zwölf Molotow-Cocktails auf das Gebäude. Den Bewohner_innen gelingt es nur knapp, das Feuer zu löschen. Neben Migrant_innen und sozial Randständigen ist vor allem die alternative Jugendszene Angriffsziel der Rechten. Das linksorientierte Jugendzentrum „Mittendrin“ wird mehrmals überfallen. Für überregionale Aufmerksamkeit sorgt das Treiben des aus Westdeutschland zugezogenen Alt-Nazis Wilhelm Lange, der jahrelang privat „Jugendarbeit“ mit jungen Rechten betreibt. Die Stadt reagiert auf die rechte Szene mit „akzeptierender Jugendarbeit“ im Jugendzentrum „Bunker“. Ab 1998 fungiert der Klub als Neonazitreffpunkt in Selbstverwaltung – erst im Jahr 2000 wird der „Bunker“ geschlossen.2
Die Tat
Nach einem Saufgelage mit rechter Musik fassen in der Nacht zum 1. Juli 1992 drei Neonaziskinheads aus der örtlichen rechten Szene den Entschluss, „Assis aufzuklatschen“ (laut Gericht waren es drei, nach Angaben von damals aktiven Antifas aber mindestens fünf).3 Sie waren der Auffassung „die Obdachlosen verunstalten das Stadtbild und seien in Neuruppin unerwünscht“4. Weil sie wissen, dass im Neuruppiner Rosengarten öfter obdachlose Menschen übernachten, gehen sie gegen 1.00 Uhr gezielt zur kleinen Parkanlage in Zentrum der Fontanestadt. Dort finden sie den auf einer Parkbank schlafenden, volltrunkenen Emil Wendland. Die Gruppe baut sich vor dem Mann auf; Mathias Pl. sichert anfänglich das Gelände ab. Remo B. schreit den schafenden Mann an „Wach auf!“ und tritt ihm mit seinen Stahlkappenschuhen in den Bauch und anschließend mit voller Wucht immer wieder gegen den Kopf. Mirko H. zerschlägt seine mitgebrachte Bierflasche auf dem Kopf des Mannes. Nach den brutalen Misshandlungen lassen sie den bewusstlosen Emil Wendland mit lebensgefährlichen Verletzungen liegen und gehen weg. An der an dem Platz angrenzenden Friedensschule sagt Mirko H. zu seinen beiden Kumpels: „Ich geh noch einmal zurück, den bring ich um“.5 Er dreht um, rennt zu dem vermutlich bewusstlosen Wendland zurück und sticht immer wieder mit einem 18cm langen Jagdmesser auf den Oberkörper seines Opfers ein. Ein Stich durchtrennt die Herzschlagader, sodass Wendland innerlich verblutet. Kurze Zeit später kommen die drei gemeinsam zum Tatort zurück und sammeln die Scherben der Bierflasche ein, auf der ihre Fingerabdrücke sein könnten. Anschließend gehen sie nach Hause. Zwei Tage später werden die Täter festgenommen.
Das Verfahren
Das Landgericht Potsdam verurteilt im Oktober 1993 den 20-jährigen Haupttäter Mirko H. wegen Totschlags zu sieben Jahren Jugendstrafe. Obwohl das Gericht feststellt, dass die Täter ihr Opfer für „einen Menschen zweiter Klasse gehalten“ hatten und die Gruppe sich zum „Penner klatschen“ verabredet hatte, wird das sozialdarwinistische Motiv in der Urteilsbegründung nicht gewürdigt. Remo B., der ‘Penner’ „so eklig findet wie Ausländer“6. wird im Februar 1994 im Berufungsverfahren vor dem Landgericht Potsdam wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Unter Einbeziehung weiterer Straftaten erhält er eine Jugendstrafe von zwei Jahren und acht Monaten. Auch in diesem Verfahren wird der sozialdarwinistische Hintergrund der Tat vom Gericht erkannt. In der Urteilsbegründung heißt es: „… faßte man spätestens zu diesem Zeitpunkt den Entschluß, in der Nacht ‚Assis aufzuklatschen’; gemeint war damit das Zusammenschlagen von Obdachlosen oder anderen Personen, die man als mißliebig verachtenswert ansah.“7 Über die Gerichtsverfahren gegen Matthias Pl., der in seiner polizeilichen Vernehmung u.a. sagte: „Ich finde es richtig, Assis einen Denkzettel zu verpassen. Die leben nur von unseren Steuergeldern, außerdem verschandeln sie das Stadtbild. […] Wenn wir rechts orientierten uns nicht um so was kümmern, tut es keiner.“8, ist nichts bekannt.
Das Gedenken
Anlässlich des 20. Todestag fand erstmals ein öffentliches Gedenken für Emil Wendland statt. Am Tatort, dem Neuruppiner Rosengarten, wurde eine Gedenktafel für den Getöteten enthüllt.
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Die Quellen
1 JWP-MittenDrin: Emil “Bruno” Wendland ging den Weg des Todes – Ein MAZ-Leserbrief vom 24.07.1992, auf: jwp-mittendrin.de 14.03.2002, zuletzt abgerufen: 13.01.2016
2 Opferperspektive: „Nationale Jugendarbeit“: das Beispiel Neuruppin, auf Opferperspektive.de 13.10.2006 sowie: Artikel Neuruppin, in: Antifaschistisches AutorInnenkollektiv (Hg.) Hinter den Kulissen … Faschistische Aktivitäten in Brandenburg – Update 1999, Berlin 1994, S. 56–63
3 JWP-Mittendrin. Infoseite zur Emil Wendland-Kampagne, jwp-mittendrin.de, zuletzt abgerufen: 13.01.2016
4 Moses Mendelssohn Zentrum, Abschlussbericht des Forschungsprojektes „Überprüfung umstrittener Altfälle Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt im Land Brandenburg seit 1990“, 2015, S. 58
5 Gerichtsurteil, Amtsgericht Neuruppin
6 Moses Mendelssohn Zentrum, Abschlussbericht des Forschungsprojektes „Überprüfung umstrittener Altfälle Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt im Land Brandenburg seit 1990“, 2015, S. 62
7 Gerichtsurteil, Amtsgericht Neuruppin
8 Moses Mendelssohn Zentrum, Abschlussbericht des Forschungsprojektes „Überprüfung umstrittener Altfälle Todesopfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt im Land Brandenburg seit 1990“, 2015, S. 62