Dieses Wir ist natürlich in all den Jahren stets in Veränderung. Immer wieder kommen und kamen neue Menschen, neue Ideen, neue Eindrücke. Eingesessene Menschen bleiben, ziehen weiter, lassen Spuren bei uns, kommen manchmal zurück.
Was uns aber immer verbindet, ist eine Idee von einer linken und gerechten Welt, die wir in unseren vergangenen Häusern und nun im gegenwärtigen Haus täglich versuchen im Kleinen zu verwirklichen. Nun ist es 25 Jahre her, als die Idee von einem selbstverwalteten, linken Hausprojekt in Neuruppin in den Köpfen und Herzen einiger Jugendlicher begann und durch eine Hausbesetzung 1993 umgesetzt wurde. Den Anfang und die gesamte Zeit, die bis heute mit unterschiedlichen theoretischen, politischen, kreativen und liebevollen Inhalten und Aktivitäten gefüllt wurde, wollen wir feiern!
Dafür laden wir euch zu unser Jahresfeier am 24.08 und 25.08 in der Bahnhofstrasse 10a in Neuruppin ein. Das Wochenende wird aus Konzerten, Work-Shops, Lesungen, Nachmittagsangeboten für Kinder, Kicker- und Flunkyballturnieren, Küfa und Sport bestehen.
Die Uhrzeiten und Inhalte der einzelnen Events, das LineUp, weiteres Programm, usw. werden in kommender Zeit noch veröffentlicht. Haltet euch also das Wochenende frei und bringt Freund*innen und gute Laune mit! Wir freuen uns auf euch.
Eure MittenDrin-Crew
Jahr: 2018
Wir möchten uns bedanken bei allen, die das Camp so wundervoll gemacht haben. In erster Linie wollen wir ganz großes Lob an bei den Teilnehmenden aussprechen. Eure Mitwirkung, der respektvolle Umgang miteinander, auf einander aufpassen – es hat einfach alles gepasst. Über euer positives Feedback haben wir uns besonders gefreut und eure Anregungen nehmen wir uns sehr zu Herzen. Dann möchten wir uns natürlich für die vielen Helfer*innen vor Ort und im Vorfeld bedanken, die bei der Planung und der Durchführung des Camps unermüdlichen Einsatz gezeigt haben. Ein weiter Dank geht an die großartige KüFa und die tolle Zusammenarbeit mit dem Koch-Team. Außerdem wollen wir uns bei bei allen Referent*innen für die interessanten Inputs und anregenden Diskussionen bedanken. Ein weiterer Dank geht an die Opferpespektive. Nicht nur die Ausstellung, die an Opfer rechter Gewalt in Brandenburg nach 1990 erinnert, sondern auch die Exkursion nach Wittstock, bei der in einer kleinen Aktion an Kajrat Batesov gedacht wurde, führte uns die Dimension rechter Gewalt vor Augen. Ein weiterer Dank geht an Grandioso-Versand & Textildruck und das PCB – Kollektiv für die Unterstützung, und an Entartist, PC TOYS, Lady Lazy, Jameric, United And Strong, Kaput Krauts, FemHoolz, Schnöselpöbel und Rüpelhaft statt Einzelhaft, die uns die Abende und die Nächte versüßt haben. Und schließlich ein ganz spezieller Dank an die Locals für die tolle Zusammenarbeit und die Bereitstellung des schönen Geländes.
Natürlich ist nicht alles perfekt gelaufen. Im Großen und Ganzen wurden unsere Erwartungen fast schon übertroffen. Wir sind mehr als zufrieden und sehr motiviert das JWD Camp weiter zu führen!
Wir sind sehr gespannt wir ihr das Camp fandet. Falls ihr Lob, Kritik oder Anregungen habt, oder gerne mitmachen wollt, könnt ihr uns gerne über unsere Kontaktadresse kontakt [ät] jwd-camp.org erreichen.
So weit von uns.
Danke noch mal und vielleicht bis zum nächsten Jahr! <3
Das Frierock-Festival wird 20 Jahre alt
Die Besucher des alternativen Rock-Festivals gehen in diesem Jahr auf eine Zeitreise:
Bands aus zwei Jahrzehnten bringen die Freilichtbühne in Friesack zum Beben. Aus den verschiedensten Orten Deutschlands und der Welt reisen die Künstler zum Festival an und präsentieren eine Mischung aus Punk, Ska, Rock und Hardcore. Das Publikum darf sich erneut auf die Glam-Punk Kombo “Eat Lipstick” aus Berlin freuen, die mit ihrem schillernden Outfit und ausdrucksstarken Bühnenshow beeindrucken. Ausgelassene Stimmung bei der Aftershow Party am Freitag ist garantiert, denn “Anita Drink und The Shredder” werden auch in diesem Jahr an den Turntables rotieren.
Straßenmusiker und Singersongwriter “Kay” aus Potsdam wird das Frierock-Festival mit melodischen Klängen auf der Gitarre eröffnen. Die Punkband mit Cello “Guts Pie Earshot” überzeugt mit ihrer experimentellen Mischung aus tanzbarem Techno, Breakbeat, Punk, Jazz und World Music. Extra für das Frierock-Jubiläum hat sich die Hardcore-Band “Entrophy” aus OPR wiedervereint. Auch zwei Bands aus Rostock sind vertreten. Die “Crushing Caspars” bringen Baltic Sea Hardcore nach Friesack: ein Mix aus Oldschool Hardcore, Punk Rock und brüllendem Rock’n’Roll. Die Rostocker Spaßkapelle “Antispielismus”, bestehend aus neun verrückten, sympathischen Musikern, reist mit diversen Zupf‑, Schlag- und Blasinstrumenten an und lädt mit Ska zum Tanzen ein. Mit “ABM” aus Rathenow, “Scrap” aus Brandenburg Havel und der Hausband “Punch up Pogos” aus Elstal gibt es Metal und Punkrock aus der Region auf die Ohren. Wer “Rage Against the Machine” mag, sollte auf keinen Fall “Maggies Farm” aus Potsdam verpassen. Die weiteste Anreise haben die Jungs von “Oferta Especial”, die feinsten rockigen Ska Punk aus Madrid im Gepäck haben. “Alle guten Dinge sind drei”, denken sich “A Pony Named Olga”, die aus Berlin eingeritten kommen. Mit akrobatischen Einlagen auf dem Kontrabass und Polkabilly haben sie die Frierock-Crowd längst in ihren Bann gezogen. Mit Posaunen, Akkordeon und Trompeten setzt das “SkaZka Orchestra” aus Berlin die Segel, um am Rhinkanal den Anker zu werfen. Den Ausklang geben mit “Mad Dub” Freunde des Festivals mit jazzigem Elektro-Dub aus Berlin.
Kulinarisch kommen die Besucher an diversen Essensständen mit fleischhaltigen, vegetarischen und veganen Speisen auf ihre Kosten. So etwa am Mexican-Food Truck aus Potsdam. Ebenfalls fährt ein Bierwagen vor und am Cocktailstand “Goldstaub” bekommen die Besucher den richtigen Mix. Auch das traditionelle Fußballturnier um den Frie-ROCK am Samstag gehört wie jedes Jahr dazu. Unter dem Motto ” Das Publikum macht mit” füllt der neugegründete Friesacker “Land in Sicht e.V.” mit einer interaktiven Performance einen neuen Programmpunkt. Mit der Fortführung der Frierock-Racker-Zone bleibt das Rockfestival bewusst familienfreundlich. Als visuelles Highlight sorgt in diesem Jahr eine Feuershow und anlässlich des großen Jubiläums erwartet alle eine ganz besondere Überraschung!
Tickets für das gesamte Wochenende, inklusive Camping, kosten 20 Euro. Sie sind ausschließlich an der Abendkasse erhältlich. Einlass ist am Freitag, den 10. August, ab 16 Uhr.
Wir würden uns freuen, wenn Sie unser kleines, feines Festival in Ihren Medien ankündigen und sind froh über jegliche Berichterstattung.
Hier noch der Link zur Homepage, ein Link zu einem tollen rbb-Heimatjournal-Beitrag und ein Link zum Video-Zusammenschnitt aus dem Jahr 2017.
Erneut mobilisieren Neonazis bundes- und europaweit nach Berlin-Spandau um dem Hitlerstellvertreter Rudolf Heß in Berlin zu gedenken. Der Erfolg
der AfD und die damit verbundenen schlechten Wahlergebnisse vieler Naziparteien, machen Nazigroßevents wie im sächsischen Ostritz zur
logischen Konsequenz für NPD und Co: Für die eigene Finanzierung und den Schulterschluss des militanten Nazispektrums. Der Aufmarsch in Spandau
ist Teil dieser Strategie und steht in einer Linie mit derlei Nazigroßveranstaltungen. Diesem Spektrum bleibt nur das offene
Propagieren und gewalttätige Ausüben ihrer NS-Ideologie, wenn es nicht an Bedeutung verlieren will. Dies birgt eine enorme Gefahr. Schon kurz
nach dem Heß-Aufmarsch 2017 wurde die Mobilisierung in der Naziszene als Erfolg verbucht, da es den Veranstalter*innen gelungen war Parteien wie
Die Rechte, die NPD, den III. Weg und Kameradschaften auf diesem Aufmarsch-Event zu einen. Mit der Wiederbelebung der Heß-Märsche droht
erneut ein neofaschistischer Großaufmarsch zum jährlichen erinnerungspolitischen Ritual der NS-Szene zu werden. Dies müssen wir
verhindern – zusammen und mit unterschiedlichen Mitteln!
Mi. 01. August 2018: 19 Uhr, Horte, Peter-Göring-Str. 25, Strausberg
Do. 09. August 2018: 19 Uhr, La Datscha, Am Babelsberger park 15, Potsdam
Referent*innen:
Bündnis “NS-Verherrlichung stoppen!”
http://nsverherrlichungstoppen.blogsport.eu/
Es sollte die große Abrechnung mit Brandenburgs Sozialministerin Diana Golze (Linke) werden. Offen wurde bereits in der Veranstaltungsankündigung im Internet ihr Rücktritt vom Ministeramt gefordert. Doch in den Redebeiträgen von Christian Kaiser und Elke Metzner, die heute die Hauptredenden bei der Kundgebung des extrem rechten Bürgerbündnisses Havelland waren, blieben die Anfeindungen gegen Golze und andere Politiker – im Vergleich zum üblichen Niveau der Veranstaltungsreihe – eher unspektakulär und marginal. Stattdessen strotzten die Reden vor allem wieder von Anfeindungen u.a. gegen Geflüchtete, „Arbeitsunwillige“ und insbesondere gegen den „linksversifften Multikultistaatsapparat der BRD“, der aus Sicht von Veranstaltungsteilnehmenden keine Politik in ihrem Sinne mache. Entsprechend läge der Fehler schon längst nicht mehr im System – das „System“ sei „der Fehler“, so Kaiser in seinem Redebeitrag.
Für fehlerhaft hielt der Vorsitzende des „Bürgerbündnisses Havelland“ e.V. offenbar auch den Straftatbestand der „Volksverhetzung“ und solidarisierte sich erneut mit der verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Zudem begrüßte er die „Schutzzonen“-Propaganda der NPD und äußerte sich positiv gegenüber so genannten „Bürgerbewehren“.
Ein anderer Veranstaltungsteilnehmer sah hingegen vor allem anwesende Presse als Feindbild und versuchte auf einen Fotografen loszugehen. Ein Security-Mann verhinderte schließlich Tätlichkeiten.
Trotz geringer Teilnehmendenzahl und politischer Bedeutungslosigkeit geht von einigen Veranstaltungsgästen also nach wie vor eine hohe Aggressivität aus, die möglicherweise aus einer Mixtur aus einem falschen Rechteverständnis und Rechthaberei heraus resultiert.
Zu dem scheinen die Veranstaltenden auch nur bedingt Interesse zu haben, ihre Gäste im Zaum zu halten. Redner, wie Wolfgang Hoppe, scheinen jedenfalls an keiner Deeskalation interessiert zu sein. Er drohte einmal mehr vom Podium aus, gegen einen namentlich genannten Pressevertreter vorzugehen.
Beinahe harmlos wirkte dagegen der letzte Redner Ralf Maasch, der angesichts hoher Temperaturen kurz und knapp alle Zuhörenden aufforderte für „arme Tiere“ ein bisschen Wasser herauszustellen. Für Geflüchtete hat er allerdings kein Mitgefühl, wenn die Botschaft auf seinem T‑Shirt richtig gedeutet wird. Darauf werden sie indirekt als kriminelle Subjekte entmenschlicht, für die „Politiker“ haften würden.
Insgesamt nahmen 20 Personen an der abendlichen Versammlung des „Bürgerbündnisses“ teil.
In der Nacht von Sonntag auf Montag haben Aktivist*innen das Zentrum der rassistischen Mobilmachung und Neonazitreffpunkt in der Mühlenstraße mit Farbe eingedeckt. Hier wollen die AfD zusammen mit der Identitären Bewegung und einprozent, Cottbus zu einer “national befreiten Zone” machen. Somit tragen sie Verantwortung für rechte Gewalt und rassistische Vorherrschaft in der Stadt. Es ist Zeit Hetzer*innen das Handwerk zu legen!
Mit der Aktion haben Aktivist*innen ein deutliches Zeichen gesetzt, um das Schweigen um die Situation zu brechen. Denn die Stadt mit ihren Einwohner*innen muss sich klar gegen den unerträglichen, diskriminierenden Zustand stellen.
Die “Neue Rechte” wird versuchen, sich durch die Aktion als Opfer darzustellen, aber rassistische Täter*innen sind keine Opfer!
Wehret den Anfängen — keine Ruhe für fremdenfeindliche Brandstifter*innen!
Am 20.07.2018 versuchte eine Gruppe von 6 Anhängern der rechtsradikalen Partei “Der 3. Weg” auf dem Marktplatz in Templin mit einem Bollerwagen Unterschriften zu sammeln und wurde daran durch spontanen Protest erfolgreich gehindert.
Die Gruppe um Matthias Fischer und Patrick Krüger versuchte auf dem Templiner Marktplatz Unterschriften für ihre Wahlzulassung zur Europawahl zu erhalten. Die Polizei, die kurzzeitig anwesend war, verwies die Gruppe, von denen mehrere Personen einschlägig rechtsextreme und zum Teil verfassungsfeindliche Tattoos zur Schau stellten, nicht des Platzes. Auch wurde auf Nachfrage im Ordnungsamt der 3. Weg als normale Partei verhandelt und kein Spielraum gesehen, diesen “Infostand” zu unterbinden. So konnte die Gruppe sich also weiterhin mit einheitlichen TShirts, die sie als “National. Revolutionär. Sozialistisch.” auswiesen, Tattooschriftzügen, wie “Wolf’s hook – White Brotherhood” auf Patrick Krügers Hals und “Aryan hope” auf Mattias Fischers Kopf und mit ihrer rassistischen Propaganda auf dem Marktplatz aufhalten.
Daraufhin formierte sich spontan ein Protest für Bewegungsfreiheit von ebenfalls 6 Passantinnen, die die Neo-Nazis mit Diskussionen, Gesang und einem improvisierten Transparent abschirmten, bis diese nach etwa einer Stunde aufgaben und einpackten – ohne gesammelte Unterschriften.
Die Anastasia-Bewegung
Dieser Artikel erschien zuerst im AIB 119 | 2.2018
Auch wenn er lange auf sich warten ließ, der Sommer ist da! Mit ihm auch eine Reihe von esoterischen Terminen, die es sich lohnt zu verpassen, deren Hintergründe jedoch aufhorchen lassen. Wenn auf einem Festival neben Öko-Workshops „arisches Wissen weitergegeben“ wird und zu der deutschen Nationalhymne krude Strophen gedichtet werden, die von Blendung, fremden Mächten und Erwachen handeln, kann es sein, dass man sich auf einem Anastasia-Festival befindet. Mit entsprechendem Programm warb die Anastasia-Bewegung im letzten Jahr für das Festival inThüringen, an dem nach eigenen Angaben rund 550 Personen teilnahmen. Anfang September 2018 soll ein weiteres Festival mit dem Namen „Wiedergeburt“ stattfinden. Zudem organisieren AnhängerInnen der Szene bundesweit Treffen, Vorträge und Siedlerstammtische.
Die Anastasia-Buchreihe als Quelle der Bewegung
Die Anastasia-Bewegung beruht auf der Buchreihe „Die klingenden Zedern Russlands” von Wladimir Megre. Auf einer Geschäftsreise in die russische Taiga traf der 1950 in Russland geborene Megre 1994 angeblich eine Frau namens Anastasia, die einsam in der Wildnis lebt. Über seine Begegnung mit ihr berichtet Megre in insgesamt 10 Bänden, die in den Jahren 1996 bis 2010 auf russisch erschienen sind und mittlerweile auch auf deutsch vorliegen. Laut infoSekta, der schweizerischen Fachstelle für Sektenfragen, ist die Anastasia-Strömung eine „esoterische Bewegung mit einer stark nationalistischen, verschwörungstheoretischen und rechtsesoterischen Ausrichtung“.
Die Grundidee ist simpel: Jede Familie (bestehend aus Mann, Frau und Kindern) soll einen Hektar Land, den sogenannten Familienlandsitz, bewirtschaften und darauf ihr Haus bauen. Wenn alle Menschen diese Idee verfolgen würden, wären angeblich die Probleme dieser Welt gelöst und die Erde ein Paradies. Doch zwischen diesen fantastisch anmutenden Elementen finden sich auch immer wieder antisemitische, rassistische und sexistische Aussagen. Megre zeichnet eine stark vereinfachte Welt, in der böse Mächte und die Technokratisierung schuld an allem Übel sind.
Im ersten Band der Anastasia-Reihe „Tochter der Taiga” wird ausführlich von der Begegnung Megres mit Anastasia berichtet. Neben Ausführungen über ihre Wunderkräfte, die Bedeutung eines eigenen Gartens und von selbstgezogenem Gemüse, finden sich auch zahlreiche Andeutungen über dunkle Mächte, gepaart mit einem ausgeprägten Sexismus: „Zum Beispiel ist es mir unbegreiflich, wie die dunklen Kräfte es schaffen, die Frauen dermaßen zu verdummen, dass sie ahnungslos die Männer mit ihren Reizen anziehen und ihnen somit die richtige Wahl unmöglich machen, die Wahl der Seele.”[1] Während dem Mann die schöpferische Rolle zugeschrieben wird, gesteht Megre der Frau nur die passive Rolle der Muse zu.
In den weiteren Bänden geht es um die Bedeutung von Bäumen und Steinen, um Pädagogik, „die Schöpfung“ und das Wesen der Menschen. Im dritten Band „Raum der Liebe“ wird das Konzept der Schetinin-Schule vorgestellt. Inspiriert von der Anastasia-Lektüre, entwickelte der Lehrer Michail Petrowitsch Schetinin das Konzept, indem davon ausgegangen wird, dass Kinder allwissend sind und nur noch den Zugang zu ihrem Wissen finden müssen. Dann sei die sonst 11-jährige Schulausbildung auch in nur einem Jahr schaffbar. Zusätzlich zu dem Druck, den dieses Grundverständnis auf jedes einzelne Kind ausübt, kommt ein starker Militarismus und Nationalismus in der Ausbildung. Im europäischen Kontext wurde das Prinzip der Lais-‚Schulen‘ (in Wirklichkeit handelt es sich um Lerngruppen, da es keine Schul-Zulassung gibt) entwickelt, dass der Schetinin-Schule ähnelt, aber auch einige Unterschiede aufweist. Der Begriff ‚Lais‘ soll aus dem Gotischen stammen und übersetzt „ich weiß“ heißen.[2]
Vor allem im sechsten Band „Das Wissen der Ahnen” finden sich vermehrt antisemitische und rassistische Aussagen. So seien angeblich alle Jüd*innen von einem dunklen Oberpriester „programmiert“ worden und seitdem willenlose „Roboter“. Dies sei die Erklärung für all das Leid, dass den Jüd*innen in den letzten Jahrtausenden wiederfahren ist: „Da das schon mehr als ein Jahrtausend geschieht, kann man den Schluss ziehen, dass das jüdische Volk vor den Menschen Schulden hat. Aber worin besteht die Schuld? Die Historiker, die alten wie die neuen, sprechen davon, dass sie Verschwörungen gegen die Macht anzettelten. Sie versuchten alle zu betrügen, vom jungen bis zum alten. […] Das bestätigt die Tatsache, dass viele Juden wohlhabend sind und sogar auf die Regierung Einfluss nehmen können.“[3]
Die AnhängerInnen von Megre nutzen die Bücher als Informationsquelle und befolgen die dort gegebenen Anweisungen zum Aufbau von Familienlandsitzen. Wie ernst die Bewegung zu nehmen ist, zeigt auch die Unterstützung durch die russische Regierung: Mehrere Lokalregierungen haben kostenlos Land für die Gründung von Familienlandsitzen zur Verfügung gestellt.
Die Anastasia-Bewegung
In der Familienlandsitz-Bewegung treffen sich Ökos, „Weltverbesserer“, VerschwörungstheoretikerInnen und RassistInnen. Das verdeutlicht nicht zuletzt ein Beispiel aus Brandenburg.
„Solide arisch leben. […] fest verwurzelt – wie die deutsche Eiche. Deswegen, Männer: Baut ein Heim, legt einen Garten an, zeugt einen Sohn und pflanzt eine Eiche.“ — O‑Töne aus einem Video von Frank Willy Ludwig aus dem Juni 2017[4]. Ludwig ist Anastasia-Anhänger, lebt auf seinem Familienlandsitz in Liepe (Brandenburg)[5] und ist Betreiber der Internetseite „Urahnenerbe Germania“. Dort verknüpft Ludwig den Appell, „Familienlandsitze“ nach Anastasia aufzubauen mit Rasseideologien und antisemitischen Verschwörungstheorien.
Frank Willy Ludwig; Quelle: Urahnerbe Germania, 10.05.2018
Er stellt die Schuld Deutschlands am Holocaust in Frage, die die „vorläufigen Sieger […] uns reindrücken“, spricht von einer „Dämonkratie“, in der wir leben, einem „Weltjudentum“ und ersetzt die letzte Silbe von Wörtern wie Revolution und Zivilisation mit „-zion“.[6]
Kleingärtner werden laut Megre die Welt retten, und so erzählt auch Ludwig von sich als Gärtner und Weltretter.
Ähnlich krude und realitätsfern beschäftigt sich Thomas Patock, der 2016 wegen Holocaustleugnung und Volksverhetzung verurteilt wurde[7], mit den Anastasia-Romanen[8]. In reichsideologischer Manier möchte Patock, selbsternannter König von Wedenland, „den Aufbau von Familienlandsitzsiedlungen innerhalb des Deutschen Reiches sowie allen weiteren Königreichen im Staatenbund der Königreiche Wedenland [fördern]“[9]. Auf seiner Webseite heiltheke.de verkauft er Produkte, die aus Holz, Öl oder den Nüssen der Zedern bestehen.
Neben den oben genannten Akteuren spielen Gruppen, die bereits Land für ihre Familienlandsitz-Siedlung gekauft haben und sie nun aufbauen, eine große Rolle. Einerseits sind sie Vorzeigeobjekte in Reportagen und Fernsehsendungen, andererseits dienen bereits gegründete Siedlungen als Szenetreffpunkte. Mittlerweile existieren in Deutschland 12 Familienlandsitze, weitere sind in Planung.
Ein Beispiel ist das Goldene Grabow, eine Familienlandsitz-Siedlung in Brandenburg, auf der 18 Menschen auf bisher 23°ha leben. Dort fand 2015 nicht nur ein Anastasia-Festival statt, sondern laut einem Bericht des „Blick nach rechts“ auch das Sommerlager des rechtslastigen „Sturmvogel – Deutscher Jugendbund“[10]. Die Gruppe der SiedlerInnen lädt regelmäßig zu „volkssportlichen Wettkämpfen“, Festspielen und esoterischen Männer- und Schwesternkreisen ein. Zu den tabak- und alkoholfreien Events im Anastasia-Vorzeigeprojekt sind auch DorfbewohnerInnen herzlich eingeladen.
[1]Megre 2017: „Tochter der Taiga“, S. 66. 13. Taschenbuch-Auflage, Govinda-Verlag
[2]http://www.infosekta.ch/media/pdf/Anastasia-Bewegung_10112016_.pdf
[3]Megre 2016: „Das Wissen der Ahnen“, S.174. 7. Auflage, Verlag “Die Silberschnur”
[4]https://www.youtube.com/watch?v=CgFqrxCfFI0, letzter Aufruf 13.05.2018
[5]http://www.familienlandsitz.com/raum%20der%20liebe.htm
[6]https://www.youtube.com/watch?v=CgFqrxCfFI0, 14:50, letzter Aufruf 13.05.2018
[7]http://api.ning.com/files/V5Rxz5Og90O8SXY*4Q8*DUrOp9WUZrC2MS8XnHmsV7Kqp0T3nDucBs3sxYqjxiNugRi*kT0EbX5Rrrpkajsq4w9QTP8Sy0U6/WarumriskierenSiedasGefngnis.pdf
[8]http://static.woz.ch/1643/was-ist-die-anastasia-bewegung/990–000-jahre-mit-gott-im-paradies
[9]http://www.heiltheke.de/html/Heiltheke/index.php?XTCsid=b05813a33485a0a29d6d679c21ed20e1
[10]https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/unter-dem-banner-des-sturmvogels
Gestern verurteilte das Amtsgericht Senftenberg nach einem Prozesstag den 19-jährigen Matthias W. zu einer Jugendstrafe von acht Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre Bewährung sowie zum Ableisten gemeinnütziger Arbeit im Umfang von 100 Stunden wegen des Angriffes auf eine schwangere Frau sowie weiterer Frauen und Kinder. Die Opferperspektive kritisiert die fehlende Nennung des politischen Motives in der Urteilsbegründung.
Die Aussagen der Verletzten, die als Zeuginnen gehört wurden, waren bedrückend: Der sichtlich angetrunkene Täter hatte sich am 25. August 2017 auf einem Spielplatz in Großräschen zielstrebig vor einer Gruppe von vier türkischen Frauen und ihren elf Kindern aufgebaut, sie rassistisch beleidigt und dann mit dem Finger auf einzelne Frauen gezeigt und sie nacheinander mit dem Tode bedroht. Er schlug einer offenkundig schwangeren Frau zunächst ins Gesicht und trat ihr mit erhobenen Bein in den Bauch als sie sich mit zwei kleinen Kindern auf dem Arm nicht schnell genug entfernen konnte. Einen 5‑jährigen Jungen, der vor ihm weglaufen wollte, trat er in den Rücken. Ein weiteres Mädchen flüchtete sich panisch auf die angrenzende befahrene Straße.
Nur durch glückliche Umstände erlitten die Betroffenen keine schwerwiegenden körperlichen Schäden, auch das Kind der Schwangeren wurde gesund geboren. Die psychischen Tatfolgen dauern dagegen bis heute an, schilderten die Betroffenen: Die Kinder hätten große Angst in der Öffentlichkeit und vermieden es z.B. auf Spielplätze zu gehen.
Anne Brügmann, Beraterin beim Verein Opferperspektive e.V., der die Betroffenen Frauen nach dem Angriff unterstützt und im Verfahren begleitet hatte, kommentierte den Prozess:
„Aus Sicht der Betroffenen ist es positiv, dass das Gericht mit der Verhängung einer Jugendstrafe die Schwere der Schuld des Täters anerkannt hat. Das Verfahren gab ihnen die Gelegenheit, ausführlich von ihrem Erleben öffentlich zu berichten und wahrgenommen zu werden. Allerdings war dies fast ausschließlich durch eine engagierte Nebenklagevertretung möglich. Insbesondere die Richterin hat sich so gut wie gar nicht für den rassistischen Hintergrund der Tat und wenig für die Folgen für die Betroffenen interessiert. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die politische Motivation des Angriffs in der Urteilsbegründung mit keinem Wort erwähnt wurde“.
Auch das Plädoyer des Staatsanwalts, die Tat sei „zwar ausländerfeindlich, aber nicht politisch motiviert“ gewesen, ist aus Sicht der Opferperspektive eine Farce. Es reduziert Rassismus bzw. „Ausländerfeindlichkeit“ auf einen vermeintlichen Rand der Gesellschaft. Dabei sind es nicht allein organisierte Rechte, die politisch motivierte rassistische Gewaltstraftaten begehen. Der Angriff in Großräschen war die typische Tat eines Rassisten, der bei Gelegenheit vorsätzlich handelte. Wie alltäglich die Betroffenen den Rassismus erleiden, zeigte sich auch an diesem Verhandlungstag: „Zwar verstehe ich kein deutsch, aber ‚Scheiß Ausländer’ konnte ich verstehen, da wir diese Worte wirklich sehr oft hören”, äußerte eine der Betroffenen.
Vergangenen Sonnabend hielt die AfD Barnim eine Kundgebung unter dem Motto „Unsere Frauen und Töchter sind kein Freiwild“ auf dem Bahnhofsvorplatz in Bernau ab. Vor etwa 80 Teilnehmer*innen vermittelten die Redner*innen das in rechten Diskursen häufig bemühte Bild des „übergriffigen Fremden“ und instrumentalisierten sexualisierte Gewalt für rassistische Hetze und Angriffe auf die Asylpolitik Angela Merkels.
Etwa 40 Gegendemonstrant*innen versammelten sich mit Transparenten wie „Flüchtlinge Willkommen!“ oder „No Deportations“ und riefen Sprechchöre wie „Schluss mit Hetze!“.

Schafe und Wölfe
Der Vorsitzende der AfD Barnim, Klaus-Peter Kulack, eröffnete die Kundgebung mit einer hetzerischen Rede, in der er dazu aufrief, „Dem Gesindel den Kampf an zu sagen“. In Methaphern rief er die Kundgebungsteilnehmer*innen zu Gewalt auf:
„Seht euch vor – aus Schafen werden nämlich ganz schnell reißende Wölfe!“ (Teilnehmerrufe: „Ja!“) „Wir gewähren Leuten Schutz und unser Steuergeld und zum Dank benehmen sich einige wie der letzte Dreck gegen uns. Denen sagen wir: Wie sind nicht mehr eure Schafe, wir sind ab heute eure Wölfe! Wir sind die Herren im Haus und wir werden nur dulden wer sich hier vernünftig und angemessen bewegt. Alle anderen sollen uns fürchten lernen. Die Zeit der Schafe ist vorbei, Widerstand ist angesagt.“ (Sprechchöre „Widerstand!“)
„Wir wollen keine Schafe mehr sein! Gewöhnt euch daran, Wölfe zu sein, ab jetzt und ab sofort. Lasst uns die Wölfe zum Vorbild nehmen. Sie verteidigen ihre Rotte und fletschen die Zähne wenn sie ihr Revier verteidigen. Keine Frau und kein Mädchen ist Freiwild für hergelaufene Nichtsnutze. Und ich denke, wenn Sie merken, dass Sie keine Chance haben und auf selbstbewusste Menschen stoßen, die die ihnen die Zähne zeigen, werden sie ganz schnell dahin zurückkehren wo sie hergekommen sind. Die Zeit der Schafe ist vorbei!“
Kooperation mit der NPD
Unter den Teilnehmer*innen waren einige bekannte Aktivisten der NPD. Andreas Rokohl, langjähriger Aktivist der NPD Barnim, war zudem als offizieller Fotograf auf der AfD-Kundgebung, er trug eine Armbinde mit der Aufschrift „Medien“.

Weiterhin auffällig war, dass vier Teilnehmer T‑Shirts mit der Aufschrift „Schutzzone“ trugen und vor Beginn der Kundgebung für Fotos posierten. Diese wurden später auf der seit Juni 2018 bestehenden Facebook-Seite „Schutzzone Barnim“ veröffentlicht. Über diese Seite wurde auch die AfD-Kundgebung beworben. Hinter der „Schutzzone Barnim“ steckt die NPD Barnim, welche eine bundesweite Kampagne der NPD umsetzt. Ziel dieser Kampagne ist es, öffentlichkeitswirksam Bürgerwehren zu etablieren, um vermeintlich Recht und Ordnung durchzusetzen. Was das bedeutet, sieht man auf den auf „Schutzzone Barnim“ veröffentlichten Fotos. Darauf abgebildet sind durch Bernau patrouillierende Männer, die NPD-Aufkleber verkleben, und mit Reichsflaggen bestückte Gebäude.
