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Antifaschismus

Proteste gegen Junge Alternative in Prenzlau

Am 16.05.2020 ruft die Junge Alter­na­tive Bran­den­burg zur Demo nach Pren­zlau. Es soll „für Grun­drechte und Poli­tik mit Ver­stand“ einge­s­tanden wer­den. Das sehr all­ge­meine The­ma wird nicht erläutert, es gibt keinen Inhalt, nur abge­tra­gene stumpfe Parolen. Es gibt wed­er einen Aufruf noch inhaltliche Tiefe, das zeigt wie fern ihnen Poli­tik mit Ver­stand ist.
Im ihrem “Ein­satz” für Grun­drechte zeigt sich ihre Dop­pel­moral: So ist es die AfD die immer wieder pro­biert, Grun­drechte zu unter­höhlen. Insze­niert wird das Schaus­piel durch den AfD Land­tagsab­ge­ord­neten Felix Teich­n­er und den AfD Kreistagsab­ge­ord­neten Hannes Gnauck.
Teich­n­er, der sich im let­zten Jahr an ein­er NPD nahen Demon­stra­tion in Tem­plin beteiligte, fällt im Land­tag kaum auf. So hat er noch kein einziges Mal seine Redekün­ste dem Land­tag präsen­tiert. Am Sam­stag möchte er nun zum „gesamt­poli­tis­chen Umgang mit dem Virus“ sprechen. Auch hier wirkt die The­me­nauswahl plan­los und beliebig. Die all­ge­meine Abwe­sen­heit inhaltlich­er Tiefe bei der Ankündi­gung der Ver­anstal­tung zeigt wie verzweifelt die AfD pro­biert die Covid-19 Pan­demie für ihre Zwecke zu instru­men­tal­isieren. Es ist also davon auszuge­hen, dass der Inhalt der Ver­anstal­tung auf völkisch nation­al­is­tis­che Het­ze begren­zt sein wird. 

Das wer­den wir so nicht ste­hen lassen!
Ver­ant­wor­tungsvolles Han­deln heißt jet­zt mehr denn je glob­al und sol­i­darisch handeln!

Wir wer­den am 16.05.2020 in Pren­zlau auf die Straße gehen, um gemein­sam und sol­i­darisch gegen die völkisch nation­al­is­tis­che Het­ze der AfD zu stehen.
Die erste Demon­stra­tion startet um 13 Uhr an der Kreuzung Marktberg/Heinrich Heine Straße.
Die zweite Demon­stra­tion startet um 13:30 Uhr in der Straße des Friedens vor der Marienkirche.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Gender & Sexualität

Flüchtlingslager in Henningsdorf in Dauer-Quarantäne

Die in Hen­nigs­dorf, in der Gemein­schaft­sun­terkun­ft Stolpe-Süd unterge­bracht­en Flüchtlinge ste­hen seit 4 Wochen unter Quar­an­täne. Heute am 12.05.2020 sollte diese offiziell für alle vor­bei sein, jedoch wurde sie erneut bis zum 21.05. ver­längert. Diejeni­gen, die pos­i­tiv getestet waren, kon­nten bere­its am 05.05. die Quar­an­täne verlassen.

Nach­dem bei den ersten Tes­tun­gen im April bere­its 68 Bewohner_innen pos­i­tiv auf Covid ‑19 getestet wur­den, sind jet­zt erneut 17 weit­ere der ca. 300 aktuell anwe­senden Bewohner_innen pos­i­tiv getestet worden.

Für uns ist das keine Über­raschung, denn seit Aus­ruf der Pan­demie, sagen wir, dass die Gemein­schaft­sun­terkün­fte für Flüchtlinge Brutkästen des Virus sind, da dort die physis­chen Dis­tanz-Regelun­gen auf­grund der engen geteil­ten Zim­mer, sowie den Gemein­schaft­sräu­men wie Bäder und Küchen, nicht umset­zbar sind.

Wir ste­hen in engem Kon­takt mit den dort leben­den Flüchtlings­frauen und sie berichteten uns von den katas­trophalen Zustän­den dort: Besuchsver­bot, große Präsenz der Bun­de­spolizei, kein Inter­net, Iso­la­tion durch Quarantäne.

Auf­grund des Aus­gangsver­bots haben die Bewohner_innen eine Einkauf­s­liste bekom­men, auf der sie ankreuzen kön­nen, welche Lebens­mit­tel sie benöti­gen. Neben eini­gen Lebens­mit­teln und Wasch­pul­ver gibt es jedoch kein­er­lei San­itär-/ Hygie­n­eartikel, die für Frauen und Kinder notwendig und ein nor­maler Bestandteil ihres Einkaufes sind. Die Frauen berichteten, dass ihnen Damen­binden, Baby­windeln, Seife und Mund­schutz fehlen.

Das von den Frauen zu hören, hat uns sehr gestört und verärg­ert, vor allem weil es jew­eils zwei Zigaret­ten- und Bier­sorten gibt, aus denen man wählen kann. Deshalb haben wir uns entsch­ieden, diese Sachen für die Frauen und Kinder zu besor­gen und ihnen zu brin­gen“, so Madeleine Mawam­ba von Women in Exile e.V.

Als wir ihnen dies am let­zten Fre­itag, den 8.5.2020 über­bracht haben, haben sie sich sehr gefreut.

Nach Absprache mit dem dor­ti­gen Secu­ri­ty Per­son­al haben wir zum Abschluss ein Sol­i­dar­itäts-Foto mit den Frauen drin­nen und draußen sowie unseren Nachricht­en und Wün­schen gemacht und als wir auf­brechen woll­ten, mussten wir fest stellen, dass die dor­tige Polizei uns den Weg versper­rte. Das hat uns sehr über­rascht, denn wir hat­ten alle Mund­schutz auf und haben die 1,5m Abstan­dregelung einge­hal­ten. Sie war­fen uns vor eine unangemeldete Demon­stra­tion abge­hal­ten zu haben und nah­men unsere Ausweise zur Iden­titäts­fest­stel­lung und unsere Bilder, die wir als Grüße für die Frauen mit­ge­bracht hat­ten, als Beweis­mit­tel mit. Dies zog sich über zwei Stun­den hin. Wir wur­den beschuldigt gegen das Ver­samm­lungs­ge­setz ver­stoßen zu haben und zum Schluss beka­men wir einen Platzver­weis bis zum näch­sten Mor­gen und sollen nun auf Post warten.

Diese Krim­i­nal­isierung von Sol­i­dar­ität erleben wir zur Zeit ver­mehrt. Auch vor anderen Lagern wie in Bad Belzig oder Dober­lug-Kirch­hain wur­den sol­i­darische Men­schen, die den Flüchtlin­gen vor Ort geholfen haben von der Polizei gestoppt und ver­warnt bzw. angezeigt.

Bei unserem Besuch dort haben wir erfahren, dass die Quar­an­täne für die dort leben­den Flüchtlinge ständig ver­längert wird. „Es gibt Flüchtlinge, die bere­its 2 mal neg­a­tiv getestet wur­den, aber den­noch in Quar­an­täne bleiben müssen und bleiben wer­den. Denn auf­grund der räum­lichen Enge und der Gemein­schaft­sun­ter­bringung beste­ht per­ma­nent die Gefahr der Neuin­fizierung. Wenn nur eine Per­son neu infiziert ist, sind alle Bewohner_innen des Haus­es Kon­tak­t­per­so­n­en. Dies bedeutet, dass die Flüchtlinge in den Unterkün­ften dem Virus schut­z­los aus­geliefert sind und mit der per­ma­nen­ten Ver­längerung der Quar­an­täne rech­nen müssen. Bis jet­zt sitzen die poli­tisch Ver­ant­wortlichen alle Forderun­gen nach ein­er Änderung der Wohnbe­din­gun­gen aus. Zunehmend müssen die Gerichte die Ver­wal­tun­gen zwin­gen, zum Schutz der Betrof­fe­nen tätig zu wer­den und eine ander­weit­ige, weniger gefährliche Unter­bringung bere­itzustellen.“, so der Flüchtlingsrat Brandenburg.

Wir fordern die dort leben­den Flüchtlinge in sichere Räume zu trans­ferieren, wo sie die physis­chen Dis­tanz-Regelun­gen ein­hal­ten kön­nen. Geeignet dafür sehen wir die zur Zeit leer ste­hen­den Ferien­woh­nun­gen und Hotels. Dies ist ein wichtiger Schritt, um eine Massenkatas­tro­phe zu verhindern.

Außer­dem zeigt uns diese Erfahrung wie­der­mal, dass unsere Forderun­gen nach „Keine Lager für Frauen und Kinder! Alle Lager abschaf­fen!“ bran­dak­tuell und höchst rel­e­vant sind!

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Eberswalde als „Sicherer Hafen“?

Genau 50 Men­schen fan­den sich heute zu ein­er Kundge­bung im Rah­men der See­brück­en-Kam­pagne auf den Eber­swalder Mark­t­platz ein. Diese Menge entsprach genau den Vor­gaben des Coro­na-bed­ingten Aufla­genbeschei­des. Das war auch der Grund, warum die organ­isierende Gruppe nur wenig für die Kundge­bung gewor­ben hat­te. Um so erfreulich­er das trotz­dem so viele Men­schen zusammenkamen.

Im Vor­feld wur­den mit Krei­de-Kreuzen die Steh­plätze für die Demon­stran­tInnen gekennze­ich­net um so den Coro­na-Min­destab­stand zu gewährleisten.

In den Rede­beiträ­gen wurde auf die Kam­page #LeaveNoOneBe­hind ver­wiesen. Auch die Men­schen auf der Flucht haben ein Recht auf Schutz vor der Coro­na-Pan­demie. Deswe­gen wird eine Evakuierung der Lager auf den griechis­chen Inseln und eine Öff­nung der Gren­zen verlangt.

Mehrere Red­ner­In­nen forderten die Stadt Eber­swalde auf, sich dem Zusam­men­schluss der „Sichere Häfen“ anzuschliessen. Im Gegen­satz zur europäis­chen Abschot­tungspoli­tik und der Block­ade der EU-Staat­en set­zen sich zahlre­iche zivilge­sellschaftliche, lan­des- und kom­mu­nalpoli­tis­che Akteure in ganz Europa für die Auf­nahme von aus Seenot geretteten Men­schen ein. Ger­ade die Kom­munen zeigen ihre Sol­i­dar­ität und Ver­ant­wor­tung. Immer mehr von ihnen erk­lären sich zu Sicheren Häfen für Geflüchtete.

Unter den Demon­stri­eren­den waren auch einige Geflüchtete die nun in Eber­swalde leben.

Ein Geflüchteter aus Syrien erzählte von seinem Weg über das Mit­telmeer mit dem Schlauch­boot von der Türkei nach Griechen­land. Und von sein­er Fam­i­lie und seinen Fre­un­den und Bekan­nten, die noch in Syrien oder in der Türkei oder in den griechis­chen Lagern aushar­ren müssen.

No one puts their chil­dren in a boat unless the water is safer than the land.“

Seenotret­tung ist kein Ver­brechen!“ ● „Coro­na tötet – Gren­zen auch!“ ● „Gestern, heute, mor­gen? – Nation­al­is­mus tötet!“ ● „Fluchtur­sachen bekämpfen – Leben ret­ten!“ ● „Nation­al­is­mus raus aus den Köpfen!“ ● „Sol­i­dar­ität mit allen Flüch­t­en­den & Geflüchteten – Act now!“

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Antifaschismus

Gegner der Pandemie-Beschränkungen protestieren unagemeldet

Die Wärme der let­zten Son­nen­strahlen ringt in den frühen Abend­stun­den erfol­g­los mit der kühlen Luft, welche gegen 18.00 Uhr durch die zunächst leeren Straßen von Rathenow weht. Erst ab 18.30 Uhr füllt sich langsam das Zen­trum – der Märkische Platz, vor dem Kul­turzen­trum. Leute mit Schildern, auf denen sie sich gegen das Impfen posi­tion­ieren oder mit den Ver­schwörungs­the­o­retik­ern von Qanon sym­pa­thisieren. Die Parole: „Gib Gates kein Chance“ ist auf den But­tons zweier Her­ren erkennbar. Chris­t­ian Kaiser vom extrem recht­en Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV, vor zwei Jahren noch Bürg­er­meis­terkan­di­dat, später kurzzeit­iger Lan­deschef der „Repub­likan­er“ ist im Getüm­mel zu erken­nen, eben­so wie die lokale AfD Mannschaft. Ralf Maasch, Vor­sitzen­der des AfD Stadtver­ban­des Rathenow, machte fleißig Fotos vom Ver­samm­lungs­geschehen, welch­es sich langsam entwick­elte. Uwe Hen­drich, Vor­sitzen­der der AfD Frak­tion in der Rathenow­er Stadtverord­neten­ver­samm­lung, gab sich „bürg­er­nah“, eben­so wie Kai Berg­er, AfD Stad­trat aus Premnitz.

Demonstration für Grundrechte

Auf der Suche nach neue The­men: Chris­t­ian kaiser (Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV, Mitte) und Ralf Maasch (AfD, rechts daneben)

Eine junge Frau mit Ras­ta-Haaren und oranger Warn­weste, auf welch­er hand­schriftlich „Frieden­spolizei“ geschrieben stand, kam schließlich mit dem Reporter von Press­eser­vice Rathenow ins Gespräch. Sie dis­tanzierte sich von AfD und Bürg­er­bünd­nis und sagte, dass es aus ihrer Sicht bess­er gewe­sen wäre, wenn diese Organ­i­sa­tio­nen nicht bei der Demon­stra­tion anwe­send gewe­sen wären. Die junge Frau hat ein Anliegen. Sie sieht durch die Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men der Bun­desregierung im Rah­men der COVID-19-Pan­demie Grun­drechte gefährdet und spricht von ein­er wach­senden Bewe­gung gegen die Beschränkun­gen. Die junge Frau gehört zu ein­er Gruppe von augen­schein­lich ca 20 Men­schen inner­halb der heuti­gen Ver­samm­lung, welche sich offen­bar als „Frei­denker“ ver­ste­hen. Wer die Demon­stra­tion am Abend in Rathenow aber eigentlich organ­isiert hat­te, wollte oder kon­nte sie nicht sagen. In ein­er What­sapp-Gruppe sei dafür gewor­ben wor­den. Tat­säch­lich liegen Screen­shots aus dem Mes­sen­ger-Chat sowie von einem pri­vat­en Face­book-Pro­fil vor. Darin wurde zu ein­er Mah­nwache und einem Spazier­gang ab 19.00 Uhr unter dem Mot­to: „Wir alle zusam­men, friedlich und respek­tvoll für Grun­drechte, Men­schlichkeit & Frei­heit“ aufgerufen. Ein Impres­sum gab es dazu allerd­ings nicht.

Polizei war informiert

Aktivistin­nen „für Men­schlichkeit“: „Frieden­spolizei“ in Rathenow

Die Polizei war jedoch anscheinend recht früh über die Ver­samm­lung informiert gewe­sen und mit mehreren Ein­satzkräften vor Ort. Die Beamten hiel­ten sich, obwohl keine Anmel­dung der Ver­anstal­tung vor­lag und offen­sichtlich gegen Kon­tak­tbeschränkun­gen ver­stoßen wurde, zurück. Einzelne Ver­samm­lung­steil­nehmende hiel­ten beispiel­sweise den Min­destab­stand nicht ein oder schüt­tel­ten sich die Hände, umarmten sich. Erst kurz von 20.00 Uhr wur­den die Beamten aktiv, nah­men zum Beispiel Per­son­alien auf und forderten die Teil­nehmenden auf, sich von der Ver­samm­lung zu ent­fer­nen. Der Großteil der Anwe­senden kam den Auf­forderun­gen der Polizei auch nach. Ver­ant­wortliche der Ver­samm­lung trat­en nicht in Erschei­n­ung. Die junge Frau mit den Ras­ta-Haaren bekräftigte aber, am näch­sten Mon­tag wieder vor Ort zu sein.

weit­ere Fotos: hier

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Flucht & Migration

Politik zweiter Klasse: Niemand darf zurückgelassen werden

Die Lan­des­flüchtlingsräte, PRO ASYL und die See­brück­en-Bewe­gung legten heute, um 10 Uhr in ein­er Pressekon­ferenz dar, dass es ger­ade jet­zt gilt, nie­man­den zurück­zu­lassen und Lager zu schließen – ob in Moria oder Hal­ber­stadt. Vertreter*innen der Organ­i­sa­tio­nen berichteten von Prob­lem­la­gen, Maß­nah­men und Perspektiven.

Während Men­schen weltweit mit den Maß­nah­men durch die Covid-19-Pan­demie zu kämpfen haben, sind beson­ders jene, die erzwun­gener­maßen in Camp­struk­turen unterge­bracht sind, enor­men Gefahren aus­ge­set­zt. Schutz­suchende leben teils zu tausenden in Lagern, in denen Infek­tion­ss­chutz und per­sön­liche Bedarfs­deck­ung zwangsläu­fig nicht möglich ist. Mit Blick auf die Elend­slager in Moria auf Lesvos oder weit­eren Inseln, auf das Leid der Men­schen in den Folter­lagern Libyens, dem Schick­sal der Men­schen auf der Balka­n­route und auch in Masse­nun­terkün­ften in Deutsch­land lässt sich fest­stellen: Schutz­suchende wer­den dem Virus schut­z­los aus­ge­set­zt oder mit frei­heit­sentziehen­den Maß­nah­men belegt.

Wir beobacht­en derzeit eine bewusste Gefährdung der Gesund­heit, näm­lich dass eine Durch­seuchung in Kauf genom­men wird,“ so Helen Deffn­er vom Flüchtlingsrat Sach­sen-Anhalt. Zu Hun­derten wer­den Geflüchtete auf eng­stem Raum unterge­bracht und dadurch zwangsläu­fig dem gefährlichen Virus aus­ge­set­zt. „Das Coro­na-Virus macht noch ein­mal deut­lich: Es ist längst an der Zeit, dass die Lan­desregierun­gen Konzepte für die Unter­bringung von Geflüchteten in Woh­nun­gen erar­beit­en und aus­bauen und nicht weit­er auf Masse­nun­ter­bringung set­zen. Es bedarf jet­zt eines Rich­tungswech­sels: Abkehr von Sam­melun­terkün­ften hin zu Wohnungen!

Den erhobe­nen Forderun­gen bezüglich ein­er Auflö­sung der Lager wird auch nach Wochen nicht nachgekommen.

PRO ASYL Geschäfts­führer Gün­ter Burkhardt wirft den Regierun­gen vor „alle War­nun­gen in den Wind geschla­gen zu haben, als noch aus­re­ichend Zeit für Maß­nah­men gegen die Aus­bre­itung der Coro­n­a­pan­demie ergrif­f­en wer­den kon­nten.“ PRO ASYL hat bere­its am 19. März ein umfassendes Konzept vorgelegt. Die Bun­desregierung und die Län­der­regierun­gen haben über­wiegend die Augen und Ohren geschlossen und mit Ali­bi­hand­lun­gen reagiert.

Dies gilt eben­so für Massen­lager an den europäis­chen Außen­gren­zen. Die Europäis­che Union und ihre Mit­gliedsstaat­en ignori­erten lange vor Aus­bruch der Pan­demie unzäh­lige Appelle zivilge­sellschaftlich­er Organ­i­sa­tio­nen nach human­itärem Schutz und Auf­nahme, doch die Coro­na-Krise verdeut­licht die Dringlichkeit der Evakuierung auf katas­trophale Weise. Das Lager Moria auf Lesvos ist ein einziger Alb­traum: Ende Jan­u­ar 2020 kommt im Inneren des Hotspots auf 200 Men­schen eine Dusche und eine Toi­lette. Außer­halb des Hotspots sind es bis zu 500 Men­schen pro Dusche. Bei Essen­saus­gaben müssen Men­schen Stun­den in lan­gen Warteschlangen ver­har­ren. Die Sit­u­a­tion hat sich kaum verbessert. Sim­ple Präven­tion­s­maß­nah­men wie regelmäßiges Hän­de­waschen kön­nen nicht einge­hal­ten wer­den. Risiko­grup­pen, etwa ältere Men­schen und Men­schen mit Vor­erkrankun­gen, kön­nen sich zum Schutz nicht selb­st isolieren.

Es ist unerträglich, dass Fam­i­lien getren­nt sind, während Län­der und Bund sich gegen­seit­ig die Ver­ant­wor­tung zuschieben. Wir fordern deshalb gemein­sam ad-hoc-Maß­nah­men zur Auf­nahme durch die Bun­deslän­der,“ so Tareq Alaows, Seebrücke.

Auch auf dem Fes­t­land ist die Sit­u­a­tion anges­pan­nt. Dies doku­men­tierte die PRO ASYL-Part­neror­gan­i­sa­tion Refugee Sup­port Aegean (RSA) z.B. beim Geflüchteten­lager Malakasa. Das Lager wurde Anfang April unter Quar­an­täne gestellt. Viele Schutz­suchende leben hier in Pro­vi­sorien und teilen sich die san­itären Anla­gen. Abstand­hal­ten? Kaum möglich. Sie fühlen sich wie „eine Maus in der Falle“ und fürcht­en die Ansteckung.

Lan­des­flüchtlingsräte, PRO ASYL und die See­brück­en-Ini­tia­tiv­en fordern:

1.) Die Lager in Deutsch­land müssen aufgelöst wer­den! Die Lan­desregierun­gen müssen jet­zt schnell han­deln und die langfristige und zukün­ftige Unter­bringung in Woh­nun­gen gewährleis­ten. Sie dür­fen nicht weit­er auf Masse­nun­terkün­fte set­zen. Coro­na zeigt, der Rich­tungswech­sel hin zu ein­er men­schen­würdi­gen Unter­bringung ist längst über­fäl­lig und mit­tler­weile überlebensnotwendig. 

2.) Die Lan­desregierun­gen müssen jet­zt Struk­turen für eine men­schen­würdi­ge Auf­nahme von Geflüchteten aus Elend­slager aus dem Aus­land schaf­fen! Es darf nicht mehr bei bloßen Wil­lens­bekun­dun­gen bleiben, son­dern auf­nah­mewil­lige Städte und Kom­munen (sog. „Sichere Häfen“) müssen in die Ver­hand­lun­gen mitein­be­zo­gen und genutzt werden.

3.) Eine men­schen­würdi­ge Auf­nahme bedeutet: Apart­ments, Ferien­woh­nun­gen, Hotels und weit­er­er Leer­stand müssen genutzt wer­den, um das Ansteck­ungsrisiko zu senken.

4.) Gesund­heit­skarten sind für alle auszustellen. Das bedeutet, ins­beson­dere für Men­schen, die Asyl­be­wer­ber­leis­tun­gen beziehen und nicht kranken­ver­sichert sind, für Men­schen ohne legalen Aufen­thaltssta­tus sowie für erwerb­slose EU-Bürger*innen. Auch sie müssen Zugang zum Gesund­heitssys­tem haben.

5.) Alle Men­schen, die sich nach wie vor in Abschiebe­haft befind­en, sind zu ent­lassen. In Deutsch­land befind­liche Asylbewerber*innen müssen hier ihr Asylver­fahren durch­laufen können.

#LeaveNoOneBe­hind

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(Anti)militarismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Erinnern heißt kämpfen! Gedenken in Finsterwalde.

(…)Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der let­zte Schuldige vor den Richtern der Völk­er ste­ht. Die Ver­nich­tung des Nazis­mus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Auf­bau ein­er neuen Welt des Friedens und der Frei­heit ist unser Ziel(…).“

Am 75. Jahrestag der Befreiung Deutsch­lands vom Hitler­faschis­mus erin­nerten wir gemein­sam an alle Men­schen, denen ihr Leben durch den Hass und den Ter­ror des Naziregimes genom­men wurde. Genau­so gedacht­en wir der­er, die ihr Leben im Wider­stand gegen das Regime und für Frieden und Frei­heit ließen.

Doch mit dem Ende des 2. Weltkriegs 1945 war der Faschis­mus längst nicht besiegt und auch der Schwur von Buchen­wald „Nie wieder Faschis­mus, Nie wieder Krieg“ hat sich bis heute nicht erfüllt. Es ist unsere Verpflich­tung, so lange zu kämpfen, bis wir in ein­er Welt ohne Unter­drück­ung und Aus­beu­tung leben – in ein­er Welt der Selb­st­bes­tim­mung, des Respek­ts und der Solidarität.

Doch was bedeutet der Schwur von Buchenwald für uns?

Für eine Gen­er­a­tion, die in den Wirren des Nieder­gangs des Real­sozial­is­mus groß gewor­den ist, war das Gedenken an die Ver­brechen des Faschis­mus max­i­mal ein Schu­laus­flug in ein KZ oder nur eine paar Geschichtsstun­den. Welche Ver­ant­wor­tung haben wir, die Jahrzehnte später geboren wurden?

Erst ein­mal müssen wir unseren eige­nen his­torischen Kon­text betra­cht­en. Als Grup­pen und Per­so­n­en, die einen poli­tis­chen Anspruch for­mulieren, sowie eine rev­o­lu­tionäre Prax­is anstreben, sind wir die ide­ol­o­gis­chen Erben von bish­eri­gen frei­heitlichen und poli­tis­chen Wider­stands­be­we­gun­gen. Wider­stand zu leis­ten, bis sich der Schwur von Buchen­wald erfüllt, ist die Ver­ant­wor­tung, die an uns weit­ergegeben wurde. Denn eine grundle­gende Verän­derung der Welt hin zu einem besseren Ort, wurde immer noch nicht erre­icht. Aus­beu­tung, Unter­drück­ung, Krieg, Folter, Fem­izide, ras­sis­tis­che Pogrome und Genozide sind immer noch tägliche Realität.

Neben dem aktiv­en und kreativ­en Wider­stand, den wir auf­bauen und leis­ten müssen, spielt auch die Wieder­aneig­nung und Entwick­lung ein­er eige­nen rev­o­lu­tionären Kul­tur eine große Rolle in unserem Kampf. Um dieser Kul­tur einen Raum zu geben, sind zen­trale Tage der Erin­nerung wichtig. Sie brin­gen uns den Men­schen, die vor uns gekämpft haben, ein Stück näher und lassen uns erken­nen, welche Opfer diese Men­schen für uns gaben. So lassen sich auch unsere eige­nen, aktuellen Kämpfe in einem anderen Kon­text betra­cht­en und mit Leben füllen. Dabei sind beson­ders Wider­stand­slieder, Musik und Gedichte eine starke Waffe gegen das Vergessen. Sie lassen uns Schmerz und Wut spüren, die wir in neue Kraft und Stärke für unsere Kämpfe umwan­deln können.

Im Rah­men des Gedenkens haben wir zen­trale Orte in Fin­ster­walde und Magde­burg besucht und dort den Opfern des Faschis­mus und den Wider­stand­skämpferIn­nen gedacht.

Finsterwalde

Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung der Stadt Fin­ster­walde durch die Trup­pen der Roten Armee und den Antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfern woll­ten wir den Opfern des Nation­al­sozial­is­mus gedenken. Erst­ma­lig woll­ten wir in diesem Jahr eine kleine „Gedenk­tour“ durch­führen, welche am 25.04.2020 ein Tag nach der Befreiung von Fin­ster­walde stat­tfind­en sollte. Die Gedenk­tour sollte am ehe­ma­li­gen VVN Denkmal am Spring­brun­nen in Fin­ster­walde starten. Weit­er sollte es zum Geschwis­ter Scholl Denkmal, zum Sow­jet­fried­hof und zum Denkmal für die deportierten KZ-Häftlinge auf dem Fried­hof Fin­ster­walde gehen. Danach woll­ten wir gemein­sam nach Tröb­itz zum jüdis­chen Fried­hof fahren, wo wir dem „Ver­lore­nen Zug“ gedenken wollen. In dem Zug befan­den sich KZ-Häftlinge aus Bergen-Belsen, welche in Viehwag­gons getrieben mehrere Tage durch Deutsch­land fuhren, bis der Zug wegen ein­er gesprengten Brücke bei Tröb­itz ste­hen bleiben musste, zwei Tage später wurde der Zug durch die Rote Armee befre­it. Zum Schluss sollte die Tour am KZ Schlieben-Berga enden, dort woll­ten wir den ehe­ma­li­gen Häftlin­gen gedenken, die dort für die Wehrma­cht Panz­er­fäuste pro­duzieren mussten. Auf­grund der Coro­na Lage mussten wir die Tour in dieser Form lei­der absagen und haben diese in ein­er etwas kleineren Form auf den 08.05.2020 verlegt.

Am 08.05.2020 trafen wir uns dann zu ein­er kleinen Gedenk­tour, welche sich auf den Raum Fin­ster­walde begren­zte. Wir stell­ten am Geschwis­ter Scholl Denkmal, am Sow­jet­fried­hof, am Denkmal für die deportierten KZ-Häftlinge und am K.P.D. Denkmal für die rus­sis­chen Kriegs­ge­fan­genen Kerzen auf, entroll­ten die „Antifaschis­tis­che Aktion“ Fahne und legten jew­eils eine Gedenkminute ein.
Zum Abschluss trafen wir uns am Spring­brun­nen wo zu DDR Zeit­en das VVN Denkmal ange­bracht war. Dieses wurde nach der Wende ent­fer­nt und durch ein anderes erset­zt. Das neue Denkmal erin­nert aber nicht mehr an die Wider­stand­skämpfer aus Fin­ster­walde, welche sich in ein­er Betrieb­s­gruppe gegrün­det haben und die Befreiung von Fin­ster­walde planten und zusam­men mit der Roten Armee durch­führten. Einige von ihnen wur­den vorher von den Nation­al­sozial­is­ten in KZs deportiert oder ermordet. Wir fordern auch in diesem Jahr wieder die Stadt Fin­ster­walde auf, die Ehrentafel aufzuhän­gen. Das VVN Denkmal stand unter dem Titel „Wir star­ben für Frei­heit und Gerechtigkeit, vol­len­det unsern Kampf“ in diesen Kampf steck­en wir auch heute noch und wer­den diesen weit­er­tra­gen und auch in Zukun­ft entschlossen gegen den Faschis­mus kämpfen!

Eine aus­führlichere Gedenk­tour in die Umge­bung von Fin­ster­walde wir es bald geben. Den Ter­min wer­den wir dann rechtzeit­ig veröf­fentlichen. Weit­er­hin wird die wider­ständi­ge Geschichte von Fin­ster­walde im Laufe des Jahres weit­er aufgear­beit­et und es wer­den weit­ere Aktio­nen folgen.

Abschließend wollen wir sagen, das dass Beispiel der anar­chis­tis­chen und kom­mu­nis­tis­chen Wider­stand­skämpferin­nen und Kämpfer uns zeigt, dass wir heute schon anfan­gen müssen, den antifaschis­tis­chen Selb­stschutz aufzubauen und nicht warten dür­fen, bis es zu spät ist. Der Faschis­mus ist eine Aus­ge­burt des weltweit­en Kapitalismus/Imperialismus, deshalb muss unser Wider­stand und Sol­i­dar­ität auch inter­na­tion­al sein. Die glob­alen Kämpfe gegen Patri­achat, Kap­i­tal und den Staat sind unsere Kämpfe und genau­so sind die Kämpfe, die wir hier führen, die Kämpfe unser GenossIn­nen in anderen Teilen der Welt. In diesem Sinne:

Erin­nern heißt kämpfen
Kein Vergeben, kein Vergessen
Schul­ter an Schul­ter gegen den Faschismus

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(Anti)militarismus Antifaschismus Antiziganismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus Wohnen & Stadt

Achtung, Geschichtsrevisionist unterwegs!

Am Don­ner­stag tagte erst­mals seit Beginn der Coro­na-Pan­demie wieder die Stadtverord­neten­ver­samm­lung. Auf­grund der Eindäm­mungsverord­nung wurde sich im großen Saal des Kleist-Forums getroffen.

Eben­jene Eindäm­mungsverord­nung bet­rifft uns ger­ade in allen Lebens­bere­ichen. Sowohl unser All­t­ag als auch Beson­der­heit­en wie Feiertage und Fes­tlichkeit­en kön­nen nicht wie gewohnt stat­tfind­en. Ein beson­ders wichtiges Ereig­nis ste­ht uns jedoch unmit­tel­bar bevor: am 8. Mai ist Tag der Befreiung von der Vorherrschaft der Nationalsozialist*innen. Da die üblichen Fes­tlichkeit­en zum Tag der Befreiung in Frank­furt (Oder) nicht stat­tfind­en kön­nen, lud der Stadtverord­neten­vor­sitzende die Anwe­senden dazu ein, am 8. Mai zwis­chen 15–17 Uhr am sow­jetis­chen Ehren­mal an einem stillen Gedenken teilzunehmen.

Doch statt diese Ein­ladung anzunehmen erk­lärt der AfD-Land­tagsab­ge­ord­nete Wilko Möller im Namen der AfD Frank­furt (Oder), dass der 8. Mai für ihn kein Tag der Befreiung ist. So ist der 8. Mai für ihn ein Tag an dem „Vielmehr […] ein Teil des deutschen Volkes in die näch­ste Dik­tatur kat­a­pul­tiert wor­den [1]“ sei.
Hier ver­gle­icht er tat­säch­lich die DDR mit dem Nation­al­sozial­is­mus. Damit sei nicht gesagt, dass in der DDR kein Unrecht geschehen ist oder das Ver­sprechen ein­er sol­i­darischen Gesellschaft ein­gelöst wurde – aber damit sei gesagt das Möller sich für weit­ere wis­senschaftliche, intellek­tuelle und demokratis­che Beiträge selb­st dis­qual­i­fiziert hat.

Nun, wenn der Tag für ihn also eher ein Tag der Nieder­lage wäre, so wäre er doch aber ein Nation­al­sozial­ist – vielle­icht auch nur ein Kol­lab­o­ra­teur, min­destens jedoch kein Demokrat?

Stattdessen gedachte die AfD am 8. Mai, 75 Jahre nach der Befreiung von der Vorherrschaft der Nazis, auf dem Zen­tral­fried­hof den toten deutschen Soldaten.
Utopia e.V. als Bil­dungsvere­in möchte solchen geschichtsvergesse­nen Ten­den­zen in der Gesellschaft ent­ge­gen­wirken. Zu diesem Zwecke ist beispiel­sweise eine Bil­dungs­fahrt zum The­ma Nation­al­is­mus und Anti­semitismus ein­schließlich eines Gedenkstät­tenbe­suchs in den ehe­ma­li­gen Konzen­tra­tionslagern von Auschwitz geplant.[2]
Uns ist des Weit­eren wichtig zu beto­nen, dass revi­sion­is­tis­che Hal­tun­gen, wie sie immer wieder zum Besten gegeben wer­den nicht nur Aus­druck fehlen­der Bil­dung sind, son­dern bewusst aus demokratiefeindlichen, nation­al­is­tis­chen Ide­olo­gien abgeleit­et werden.
So schlossen wir uns dem Aufruf des stillen Gedenkens an dem sow­jetis­chen Ehren­denkmal von 15–17 Uhr des Vor­sitzen­den der SVV anschließen!

[1] https://www.moz.de/landkreise/oder-spree/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1800416/

[2] https://utopiaffo.noblogs.org/post/2020/04/22/75-jahre-befreiung-frankfurts-vom-nationalsozialismus-%d1%81%d0%bf%d0%b0%d1%81%d0%b8%d0%b1%d0%be-thank-you-merci-danke/

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Setzt Brandenburg auf Zwang statt Kommunikation?

Set­zt Bran­den­burg auf Zwang statt Kom­mu­nika­tion? — Coro­na-Abson­derung­shaft im Ausreisegewahrsam 

In ein­er Pressemit­teilung vom 6.5.2020 erk­lärt der Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark, dass sie erst­mals einen Geflüchteten im Aus­reisege­wahrsam am Flughafen Schöne­feld unter Zwangsquar­an­täne gestellt haben, das nun als Abson­derung­sein­rich­tung zur Unter­bringung von so genan­nten Quar­an­täne-Ver­weiger­ern nach dem Infek­tion­ss­chutzge­setz dient. Der Presse ist zu ent­nehmen, dass es sich bei dem Betrof­fe­nen um einen 31-jähri­gen Geflüchteten aus der Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Tel­tow han­delt, der vom 5. bis 13. Mai in der Abson­derung­shaft verbleiben muss. Während Kranke sowie Krankheitsverdächtige aus­nahm­s­los in einem abgeschlosse­nen Kranken­haus in Zwangsquar­an­täne genom­men wer­den dür­fen, kön­nen Auss­chei­der und Ansteck­ungsverdächtige “auch in ein­er anderen geeigneten abgeschlosse­nen Ein­rich­tung abgeson­dert wer­den” (vgl. § 30 Abs. 2 S. 2 IfSG).

Lot­ta Schwedler vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg äußert sich zu der Maßnahme:

Geflüchtete Men­schen sind in Gemein­schaft­sun­terkün­ften, in denen sie sich Zim­mer, Küche und Bad mit anderen teilen müssen, einem erhöht­en Infek­tion­srisiko aus­ge­set­zt. Eine Zwangsquar­an­täne von ganzen Stock­w­erken oder gesamten Unterkün­ften, wie beispiel­sweise in Hen­nings­dorf geschehen, wird hier bil­li­gend in Kauf genom­men — inklu­sive der neg­a­tiv­en sozialen und emo­tionalen Fol­gen, die das für die Men­schen hat. Als Flüchtlingsrat beobacht­en wir eine sehr große Verun­sicherung bei allen Geflüchteten, deren Unterkun­ft unter Quar­an­täne gestellt wird. Eine Infor­ma­tionsver­mit­tlung, die Unsicher­heit und Angst nehmen kön­nte, find­et viel zu wenig statt. Häu­fig liegen zunächst keine schriftlichen Beschei­de vom Gesund­heit­samt vor, es man­gelt an mehrsprachiger Über­set­zung der Quar­an­täne-Infor­ma­tio­nen, für ihre Sor­gen find­en Geflüchtete keine Ansprechpartner_innen, eine Kom­mu­nika­tion auf Augen­höhe gibt es selten.

Nach Bericht­en von Geflüchteten aus der Unterkun­ft in Tel­tow fühlten auch sie sich unzure­ichend informiert. Eine Mis­sach­tung der Quar­an­täneanord­nung hängt häu­fig auch mit dieser ver­fehlten Infor­ma­tions- und Aufk­lärungspoli­tik zusam­men. Eine Zwang­sun­ter­bringung in der Aus­reis­esam­mel­stelle in Schöne­feld erscheint deswe­gen unver­hält­nis­mäßig. Ob das Aus­reisege­wahrsam der richtige Ort für eine poten­tiell infizierte Per­son sein kann, ist stark zu bezweifeln. Hier muss ein Min­dest­maß an medi­zinis­chen Mate­ri­alien und geschul­tem Per­son­al vorhan­den sein, da noch zeitlich verzögert Symp­tome ein­er Coro­na-Infek­tion auftreten kön­nen. Außer­dem fehlen Vol­lzugsregelun­gen für die so genan­nte Abson­derung­shaft. Das ermöglicht, den Betrof­fe­nen weit­ere Frei­heits­beschränkun­gen aufzuer­legen, was der Willkür Tür und Tor öffnet. So kön­nten beispiel­sweise ein Zugang zu Rechts­ber­atung, der Emp­fang von Besuch oder die Kom­mu­nika­tion nach außen willkür­lich unter­bun­den werden.

Darüber hin­aus ist das Prob­lem in weit­en Teilen haus­gemacht: Wür­den die Land­kreise Geflüchtete dezen­tral in kleineren Wohnein­heit­en unter­brin­gen, müssten sie auch nicht ganze Großun­terkün­fte unter Quar­an­täne stellen.”

Mar­tin Kühn, ehre­namtlich­er Unter­stützer von Geflüchteten aus der Unterkun­ft in Tel­tow, berichtet von der Lage vor Ort:

Es ist befremdlich, in welch­er Form und Wort­wahl der Lan­drat in Bezug auf einen Einzelfall an die Presse geht. Gle­ichzeit­ig wird der Land­kreis sein­er Verpflich­tung der Aufk­lärung gegenüber den Geflüchteten nicht gerecht. Geflüchtete, die in dem Heim in Tel­tow leben, haben die Infor­ma­tion über die Quar­an­täne in ihrer Unterkun­ft nicht, wie zu erwarten, vom Land­kreis, son­dern aus der Presse oder dem Internet.

Der einzige effek­tive Schutz vor Ansteck­ung wäre die Unter­bringung in Woh­nun­gen oder Einzelz­im­mern. Den­noch ver­weigert die Aus­län­der­be­hörde in Werder den Auszug eines jun­gen Geflüchteten aus der Unterkun­ft in Tel­tow in eine pri­vate Unterkun­ft, in der er die für alle gel­tenden Abstand­sregeln ein­hal­ten könnte.”

Mar­tin Kühn weiter:

Es gibt schein­bar keine Kom­mu­nika­tion zwis­chen dem Land­kreis und den betrof­fe­nen Kom­munen — selb­st der Bürg­er­meis­ter von Tel­tow war nicht informiert. Der eigene Ski­urlaub des Lan­drates zu Beginn der Coro­n­akrise mit anschließen­der Quar­an­täne wirft die Frage auf, wie hier die Pri­or­itäten im Rah­men des Krisen­man­age­ments geset­zt werden.”

Zum Hin­ter­grund und zur Sit­u­a­tion in anderen Bundesländern:

https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheit-hamburg-quarantaene-verweigerer-koennten-in-ausreisegewahrsam-kommen-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101–200417-99–741990

https://taz.de/Corona-und-Gefluechtete/!5681898/

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PREMIERE „Die Wüste lebt“

PREMIERE „Die Wüste lebt“

Cottbuser Corona-Song mit Infektionspotential

Clubs zu, Anlage an! Auch die Cot­tbuser Clubs, Bars und Kneipen haben seit drei Wochen die Türen zu. Doch jet­zt lädt die Szene am Son­ntag zu einem Wieder­hören ein. Pünktlich 20.30 Uhr präsen­tiert sie den Song WO zur Coro­n­azeit “Die Wüste lebt“und meldet sich zurück, wenn auch zunächst auf virtuell-akustis­ch­er Bühne. Bere­its seit Beginn der Ein­schränkun­gen arbeit­en die Kul­turschaf­fend­en eng zusam­men und entwick­eln gemein­same Strate­gien zum Über­leben. Die erste Aktion läuft seit dem 3. April. Bei ein­er Kam­pagne aller beteil­gter Clubs, Bars und Gale­rien über Start­next kön­nen die Cottbuser*innen+ dabei helfen, dass es auch nach Coro­n­akrise ein buntes Nachtleben in der Stadt gibt. Bei dieser Crowd­fundin­gak­tion wer­den beispiel­sweise Ein­trittskarten für die kom­menden Par­ties, T‑Shirts, lustig bedruck­te Jute­beu­tel, ein Schnaps mit Frieder oder ein Glas Fan­gosand ange­boten oder es kann ein­fach Geld gespendet werden.

Der neueste Coup der Club Kom­mis­sion Cot­tbus e.V.i.G. ist ein gemein­schaftlich geschriebenes und pro­duziertes Lied für alle Musik- und Tanzbegeis­terten. Dieses greift feinfühlig The­men wie Iso­la­tion, Per­spek­tivlosigkeit, Job­ver­lust, Über­ar­beitung, aber auch das zunehmende Gemein­schafts- und Solidaritätsgefühl auf. Es set­zt das Geschehen musikalisch um und blickt beja­hend in die Zukun­ft. “Die Ohrwur­m­melodie steigt schnell zu Kopf und ist ansteck­ender als Covid-19, während die gefühlvolle Instru­men­tierung die Herzen im Sturm erswingt.”, schwärmt Lud­wig Dom­rös vom Fes­ti­val­team Stuss am Fluss über das Werk. “Wir wollen mit dem Lied Aufmerk­samkeit für unsere Sit­u­a­tion schaf­fen und den Leuten ein Dankeschön für die Spenden unser­er Crowd­fundin­gak­tion zurückzugeben. Da im Arbeit­sum­feld der Clubs kreative Köpfe ver­schieden­ster Art zu find­en sind, war eine Beset­zung schnell zusam­mengestellt. Ein Lied zu schreiben war eine Möglichkeit, proak­tiv und pos­ti­tiv mit dem The­ma umzuge­hen, statt sich nur zu beklagen.”

Das Betrieb­sver­bot für die kul­turellen Tre­ff­punk­te bedeutet in Cot­tbus für die weni­gen Orte der Sub­kul­tur eine hohe Anstren­gung ums Über­leben. Dort, wo ohne­hin sel­ten ein Fördergeldtropfen hin­fällt, sind die Rücklagen sehr beschei­den. Die aktuelle Sit­u­a­tion bedeutet daher: keine Ein­nah­men bei laufend­en Kosten und ver­schwindend kleinen Pol­stern. “Auch wenn staatliche Hil­fen ‘erste Löch­er’ schließen, sind sie langfristig nicht exis­ten­zsich­ernd.” David Kop­sch, Besitzer vom Faulen August, trifft die Schließung seines Musik­clubs hart: “Wir alle mussten viele schon gebuchte Konz­erte oder Par­ties absagen und wis­sen nicht, wie alle anderen auch, ab wann wir pla­nen kön­nen. Das ist schon ein zermürbender Zus­tand. Sollte die Club­szene in Cot­tbus ein­brechen, wäre dies ein fataler Schlag für das kul­turelle Leben der Stadt.”

Aber es gibt auch Pos­i­tives in dieser Zeit. “Das Beson­dere an diesem Krisen­modus ist, dass wir alle ein biss­chen näher zusammenrücken. Ich bin total begeis­tert, dass diese
unter­schiedlichen kreativ­en Men­schen so eng kooperieren”, Philipp Gärt­ner, Chef des Clubs Scan­dale, sieht opti­mistisch in die Zukun­ft. “Nicht nur, dass wir uns neuen Organ­sa­tions- und Kom­mu­nika­tions­for­men stellen müssen, diese Zeit bringt völ­lig neue Möglichkeit­en und Konzepte hervor.”

Ein gutes Beispiel ist eben “Die Wüste lebt”, der Song, bei dem gle­ich 13 Musiker*innen an den Auf­nah­men beteiligt waren, hin­ter dessen Kulis­sen jedoch noch viele weit­ere aus dem Cot­tbuser Nachtleben mitwirk­ten. Er erscheint mit einem Video, bei­des unter erschw­erten Bedin­gun­gen und unter Ein­hal­tung der Coro­na-Anord­nun­gen einge­spielt und gedreht. Doch nun kann das Mach­w­erk endlich präsen­tiert wer­den und der Name ist für die Cot­tbuser Nachtschwärmer*innen hof­fentlich Pro­gramm: Die Wüste lebt!

Zu sehen und zu hören:

https://www.clubkommissioncottbus.de
https://de.facebook.com/clubkommissioncottbus/
https://www.youtube.com/channel/UC8b0QCv64PVmdRHEumebGwA

Wer die Cot­tbuser Club­szene unterstützen will, kann dies hier tun: https://www.startnext.com/rette-die-cottbuser-subkultur oder spendet auf das Projektkonto:
IBAN DE 1805 0000 0190 0853 80, Kul­tur­fo­rum Cot­tbus e.V./Club Kom­mis­sion Cottbus.

Der Song “Die Wüste lebt”
Gesang — Mario Heß
Gitarre — Lud­wig Domrös
Bass — Matthias Joppe
Schlagzeug — Emanuel Muckow
Hen­ri Kun­ze — Klavier
Vio­line — Franziska Radtke
Trompete — Günter Friedersdorf
Back­ground Gesang — Lau­ra Maria Hänsel

Text – Matthias Heine, Lud­wig Dom­rös, Philipp Gärtner
Pro­duk­tion — Philipp Gärt­ner, Tom Reiß­mann, Lud­wig Domrös
Mas­ter — Michael Schlottke

Hintergrund…und wer ist die Club Kom­mis­sion Cot­tbus überhaupt?

Wir sind eine offene Plat­tform für Kul­turschaf­fende aus Cot­tbus mit dem Ziel sich untere­inan­der zu ver­net­zen. Das
Anliegen ist es, eine gemein­same, geschlossene Stimme für die Sub­kul­tur in der Stadt zu sein. Sich ein­brin­gen und das
Ganze mit­gestal­ten darf wer will: Das Spek­trum der bish­eri­gen Mitwirk­enden reicht von selb­st­ständi­gen Künstler*innen
als Einzelper­so­n­en über Vere­ins­basierte Clubs sowie kom­merzielle Läden. Der Grundgedanke ist sim­pel: “Allein machen Sie dich ein” (Rio Reis­er) und miteinan­der reden hat noch nie jeman­dem geschadet! Die Idee dazu ent­stand bere­its Anfang des Jahres, also noch vor Aus­bruch der Coro­na-Epi­demie. Den­noch bietet let­ztere natürlich akut einen zusät­zlichen Anlass das Anliegen weit­er zu ver­fol­gen und zu ver­tiefen, denn wie bekan­nt, trifft sel­bige den Kul­tursek­tor mit den ihr – sin­nvoller­weise! – fol­gen­den Ein­schränkun­gen massiv.
Auf der Seite www.clubkommissioncottbus.de wird über die Akteure und aktuelle Aktio­nen informiert. Seit dem 03. April
läuft die gemein­same Spendenkam­pagne “Ret­tet die Cot­tbuser Sub­kul­tur — Crowd­fund­ing für Cot­tbuser Clubs und
Läden” auf Start­next https://www.startnext.com/rette-die-cottbuser-subkultur
.
Zur ClubKom­mi­sion­Cot­tbus gehören: Bebel, Chekov, Ess­co­bar, Fan­go, Seit­en­sprung, Scan­dale, Pri­ma Wet­ter, Unbelehrbar, Sarah “Far­tu­u­na” Heinze, Marie 23, Muggefug
Kon­takt: medien@clubkommissioncottbus.de

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Sonstiges

Cottbuser Subkultur rückt zusammen

Nicht nur zu Coro­na-Zeit­en hat die Cot­tbuser Club­szene ein vielschichtiges Prob­lem! Mal zu laut, mal zu wenig Gäste, mal nicht die richtige Genehmi­gung, kaum Förderung, meist finanziell “auf Kante”… Doch seit dem berechtigten Shut­down und der damit ver­bun­de­nen Schließung der Kul­tur- und Gast­stät­ten­be­triebe wegen der Covid-19 Pan­demie ist der Kampf ums Über­leben in eine weit­ere schwierige Runde gegangen.

Dass gemein­sames Inter­agieren den besseren Effekt bringt, ist den Betreibern der sub­kul­turellen Läden schon länger klar. So wurde aus der Idee ein­er gemein­samen Plat­tform bere­its im Jan­u­ar 2020 ein reales Pro­jekt. Es trafen sich Protagonist*innen viel­er Clubs, Bars und Kneipen, um einen Vere­in zu gründen: die Club Kom­mis­sion Cot­tbus e.V.i.G. Erk­lärtes Ziel ist dabei, mit vere­in­ten Kräften die unter­schiedlich­sten Poten­tiale zu bündeln und in kul­turelle Ange­bote für die ganze Stadt zu gießen. Zu den Mit­gliedern gehören die Teams vom Bebel, Chekov, Ess­co­bar, Fan­go, Seit­en­sprung, Scan­dale, Pri­ma Wet­ter, Unbelehrbar, Marie 23 und dem Muggefug.

Geplant sind für die Zukun­ft unter anderem die Anschaf­fung von flex­i­bler Bühnentechnik, um in allen Stadt­teilen mit Konz­erten und Fes­ten aktiv zu wer­den und die Attrak­tiv­ität der Stadt für Bewohner*innen, Student*innen und (zum Beispiel im Zuge des Struk­tur­wan­dels) Zuziehende und Rückkehrer*innen zu erhöhen. Darüber hin­aus soll der Vere­in auch im poli­tis­chen Sinne für die Belange eines großs­tadtverdächti­gen Nachtlebens wirken.

Während die Vor­bere­itung auf Hoch­touren liefen, kam der Club Kom­mis­sion Cot­tbus e.V.i.G., wie vie­len anderen, der Coro­na-Virus in die Quere. Aber es zeigt sich, dass die ersten gesponnenen Net­ze bere­its pos­i­tive Wirkung haben. Unter Nutzung neuer
Organ­i­sa­tions- und Kom­mu­nika­tion­swege find­en sich die Akteure regelmäßig zusam­men und spin­nen Pro­jek­te und Konzepte. Dass es derzeit eher um Über­leben­skonzepte geht, ver­ste­ht sich von selb­st. So läuft seit 03. April eine Crowd­fund­ing Kam­pagne mit dem Titel „Ret­tet die Cot­tbuser Sub­kul­tur“ über die Plat­tform Start­next. Hier wer­den Tick­ets für Clubs, T‑Shirts, bedruck­te Beu­tel, imag­inäres Trinken oder ein Glas des legendären
Fan­go-Sandes angeboten.

https://www.startnext.com/rette-die-cottbuser-subkultur

Im April bedank­ten sich die Cot­tbuser Kul­turschaf­fend­en, die eng mit der hiesi­gen Musik­szene „ver­bän­delt“ sind, mit einem Song und einem Video. Unter erschw­erten Abstand­sregeln und hygien­is­chen Stan­dards spiel­ten gle­ich 10 Musiker*innen Instru­mente und Gesang ein und noch viel mehr „Laienschauspieler*innen“ dreht­en Sequen­zen für das
dazuge­hörige Video.

Mit der ihr eige­nen Kreativ­ität trotzen die Cot­tbuser Sub­Kul­tis der Krise. Auf der Inter­net­seite www.clubkommissioncottbus.de wer­den die beteiligten Clubs vorgestellt und ständig Infos über kom­mende Aktio­nen veröf­fentlicht: Tre­sentalk, DJ-Sets im Stream, Presseartikel und vieles mehr. Auch der Song und das Video sind hier zu finden.

Kon­takt: medien@clubkommissioncottbus.de

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