Das Gelände der Quecke befindet sich neben einem Wald, war früher Gutshaus und Internat und soll jetzt als Seminarhaus mit Schwerpunkt Antidiskriminierung dienen. Das Kollektiv, welches das Projekt aufbaut, besteht aus mehrheitlich queerfeministischen Aktivist*innen.
Steht Intersektionalität für euch im Mittelpunkt?
Karla: Selbstverständlich. Die Quecke ist vieles, weil wir vielfältige Menschen sind. Es ist nicht nur ein queerer oder feministischer Raum, sondern ein Seminar- und Gästehaus, das sich auf Dekolonialisierung und Antidiskriminierung konzentriert. Wir kämpfen gegen jede Form von Rassismus oder Antisemitismus und wollen eine Alternative zur patriarchalischen, kapitalistischen, behindertenfeindlichen und rassistischen Gesellschaft schaffen.
Wo liegt die Quecke genau?
K: Eine Stunde von Berlin entfernt, umgeben von Wäldern und Seen in der Nähe von Falkenberg (Mark). Es ist der perfekte Ort für Menschen, die nahe an Berlin sein wollen, aber nicht im Chaos der Stadt! Wir wollen ein Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im ländlichen Raum setzen, und zwar für alle Menschen, die entweder von Diskriminierung betroffen sind oder sich dagegen einsetzen.
Ein wichtiger Bestandteil eurer politischen Arbeit sollte das Workshop-Angebot sein, das während der Corona-Krise frühestens ab Herbst wird stattfinden dürfen. Wie geht ihr damit um?
Puma: Wir hätten am 1. April öffnen können, aber dann kam Corona. Acht Jahre haben wir auf die Bauabnahme gewartet, doch dieses Virus hat uns die Show gestohlen. Mit dem Seminarhaus wollten wir Leute einladen und Workshops anbieten. Das wäre ein wichtiges Einkommen für uns gewesen. Jetzt, wo es fehlt, brauchen wir dringend Geld, damit wir weitermachen können.
K: Wegen der aktuellen Lage ist alles auf Stillstand. Wir können weder die Eröffnung feiern noch Leute einladen. Trotzdem freuen wir uns, dass eine große Hürde mit der Bauabnahme jetzt vorbei ist, und wir hoffen, alle bald im Seminarhaus willkommen heißen zu können!
Was gibt es noch zu tun?
K: Wir wollen unsere Website erneuern, die Räumlichkeiten möblieren und alles so barrierefrei wie möglich gestalten. Wir legen viel Wert darauf, dass alle Gäste unabhängig von Behinderung, wie z. B. Rollstuhlfahrer*innen oder seh- bzw. hörbehinderte Menschen, hier ihren Platz finden werden. Das ist ein laufender Prozess.
Mit welchen Vereinen seid ihr schon in Kontakt und welche Art von Workshops hofft ihr in der Zukunft anbieten zu können?
K: Wir sind mit verschiedenen Gruppen in Berlin wie Gladt, LesMigraS, Welcome United und Women in Exile befreundet, aber auch mit lokal tätigen Aktivist*innen vom afrikanischen Kulturverein Palanca e. V. in Eberswalde. Darüber hinaus hoffen wir auch, dass das nächste „In*Vision“-Festival hier stattfinden wird. Unsere nächsten geplanten Workshops sollen die Schwerpunkte „Critical Whiteness“ und „Decolonial Self-Defense“ haben.
Wie kann die Community euer Projekt unterstützen, bis alle Kontaktsperren endlich aufgehoben sind?
K: Helft uns wachsen! Es gibt einige Menschen, die hier in der Quecke leben, und andere, die von Berlin aus mitmachen. Wer zu uns Kontakt aufnehmen will, ist herzlich willkommen. Wir erstellen einen kostenlosen Newsletter mit allen Infos zu unseren geplanten Veranstaltungen und wir haben einen großen Garten mit Campingplatz. Nach den vielen Wochen zu Hause wird es das beste Heilmittel gegen Lagerkoller sein, also kommt uns unbedingt besuchen!
Interview: Joe von Hutch
Die Quecke,
Cöthen 8,
16259 Falkenberg
Infos zum Quecke-Newsletter und möglichen Spenden unter: quecke.net
INFORIOT — Das nunmehr dritte Jahr in Folge hat die AfD am 1. Mai in der südbrandenburgischen Großstadt Cottbus demonstriert. 2018 und 2019 stand die rechtsextreme Sozialdemagogie im Vordergrund („Sozial ohne rot zu werden“) – diesmal wurde gegen „Corona“-Wahnsinn mobil gemacht.
Rund 90 AfDler-AnhängerInnen und andere Rechtsextreme waren zu den Aktionen zusammengekommen. Um mit dem derzeitig eingeschränkten Versammlungsrecht umzugehen, wurden fünf Kundgebungen an Orten in der Cottbuser Altstadt ausgerichtet, die von 15 bis 17 Uhr stattfanden. Anmelderin war die AfDlerin Monique Buder, die auch für das rechtsextreme Bündnis „Zukunft Heimat“ in Erscheinung tritt und bis vor kurzem als Stadtverordnete in der hiesigen AfD-Fraktion Mitglied war.
Eigentümliche Werbung
Zu den Aktionen war eigentümlicher Weise fast ausschließlich und sehr kurzfristig auf internen Kanälen geworben worden. Ein Flyer, der in Whatsapp-Gruppen kursierte, erinnerte optisch entfernt an „Zukunft Heimat“-Werbezettel, doch weder dieser Name noch das AfD-Logo waren abgebildet. Durch diese hastige Mobilisierung kam nur der engere Kreis des regionalen und Brandenburger AfD-Milieus zusammen.
Kalbitz trinkt Bier
Stargast bei den Aktionen war der durch seine Neonaziaktivitäten bundesweit bekannte brandenburgische Landesvorsitzende Andreas Kalbitz. Leger plauderte er mit seinen AnhängerInnen, trank Bier, begrüßte Bekannte demonstrativ mit Handschlag. Fast niemand unter den Teilnehmenden trug Mundschutz, auf das Halten von Abstand wurde kaum geachtet. Neben Kalbitz nahmen weitere Mitglieder der Potsdamer AfD-Landtagsfraktion an den Aktionen teil: Christoph Berndt, Lars Schieske und Daniel Münschke – allesamt durch ihre „Zukunft Heimat“-Aktivitäten bekannt. Auch dabei war der AfD-Bundestagsabgeordnete und Studentenverbindungsmann Steffen Kotré.
Antisemitische Reden
In den Reden, die gehalten wurden, wurde durchgängig verschwörungstheoretisch gegen den „Corona-Wahnsinn“ und angebliche Interessen des Microsoft-Gründers Bill Gates gewettert. Die Pandemie wurde heruntergespielt und Schutzmaßnahmen gegen Corona als Herrschafts- und Profiterzielungs-Instrumente dargestellt. Die damit einhergehenden Einschränkungen der Grundrechte war allenfalls ein Anlass, keineswegs aber der Kern der AfD-Agitation in Cottbus.
Ein Redner warnte vor Menschen „wie George Soros, die da glauben, im Hintergrund ihre Fäden spinnen zu müssen“. Er war sich sicher: „Womit wir es zu tun haben, ist eine elitäre Clique, die im Hintergrund glaubt, uns seit Jahrtausenden verarschen zu können.“
Das ist antisemitische Diktion wie aus dem Lehrbuch und darf bei einer Veranstaltung einer Partei wie der brandenburgischen AfD wohl kaum überraschen. Allerdings ist der Widerspruch zu öffentlichen Bekundungen der Partei zu Corona augenfällig. Mit Verve hatte die AfD-Landtagsfraktion noch vor wenigen Wochen die Corona-Maßnahmen der Landesregierung als unzureichend kritisiert. Brandenburg sei Schlusslicht bei den Schulschließungen gewesen, hatte Kalbitz der Landesregierung vorgeworfen. Auch sei der Grenzverkehr nach Polen nicht konsequent genug eingeschränkt worden, hieß es damals aus der Fraktion. Landes- und auch Bundesregierung hätten „schon viel früher“ auf die Bedrohungslage reagieren müssen. Die AfD in Brandenburg verfolgt in ihrer Corona-Politik einen widersprüchlichen Schlingerkurs: Nach innen rechtsextreme Verschwörungsriecherei – nach außen pseudosachliche Kritik an den praktischen Maßnahmen der Regierung.
Neofaschist Hohm tritt wieder im AfD-Kontext in Erscheinung
Bemerkenswert ist, dass als Redner in Cottbus Jean-Pascal Hohm in Erscheinung trat. Der Rechtsextreme ist seit Jahren in der Brandenburger AfD aktiv und hat in verschiedenen Positionen als Ehrenamtler und bezahlt für die Partei gearbeitet. Mehrmals schon wurde er von seiner Partei aus Posten entfernt, nachdem immer neue Belege für seine eindeutig rechtsextremen Aktivitäten öffentlich bekannt und kritisiert wurden. So hatte er unter anderem an einer Reise zu italienischen Neofaschisten teilgenommen, woraufhin er – so wurde offiziell verlautbart – seinen Posten im Vorstand der Cottbuser AfD aufgab. Mit seinem jetzigen Auftritt in Cottbus steht also fest: Da ist er mal wieder.
DGB-Banner zerstört
Vor der Kundgebung auf dem Platz am Stadtbrunnen wurde ein dort aufgehängtes Banner des „Deutschen Gewerkschaftsbundes“ heruntergerissen und auf den Boden geworfen.
Bei den Kundgebungen flatterte unter anderem eine Fahne der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“. Unter den Teilnehmenden waren zudem einige Personen aus der Neonazi-Szene von Cottbus. Unterwegs war auch der „Identitären“-Aktivist und ehemalige Landtagsfraktionsmitarbeiter Paul Meyer.
Hinweise auf Spannungen in der AfD Cottbus
Während die Brandenburger AfD-Landesspitze die Kundgebungen unterstützte, scheint es in den Niederungen der lokalen AfD leichte Bedenken gegen die Demonstrationspolitik und die verschwörungstheoretischen Positionen des „Flügel“-treuen Landesverbandes zu geben. Auf der Facebookseite der AfD Cottbus wurden die Aktionen weder beworben noch erwähnt. Ein Cottbuser AfD-Mitglied vermerkte spitz, dass auch die 1.-Mai-Demonstrationen der Vorjahre nicht von der Cottbuser AfD, sondern vom Nachbarkreisverband Spree-Neiße organisiert worden seien.
Am 1. Mai zog eine kämpferische Demonstration der Initiative „UMdenken – für eine offene Gesellschaft“ in Templin für die Arbeitsrechte aller Beschäftigten im Gesundheits- und
Pflegebereich auf die Straße.
Von der Polizei auf 20 Personen limitiert, hielten die Demonstrationsteilnehmenden Plakate und Banner mit veröffentlichten Forderungen aktiver ver.di Mitgliedern hoch und forderten mit Sprechchören ein Ende der Ökonomisierung des Gesundheitswesens und eine sofortige Entlastung für das Krankenhaus- und Pflegepersonal bundesweit.
Die Demonstration zog auch am Sana Krankenhaus Templin vorbei, wo einige interessierte Beschäftigte aus den Fenstern grüßten. Die Abschlusskundgebung gegenüber einer
Tagespflegeeinrichtung sorgte für viel Aufsehen auf den Balkonen unter Pfleger*innen und Betreuten.
Von den Demonstrierenden wurde unter anderem gefordert:
* eine Verbesserung des Patient*innenschlüssels – mehr Personal!
* Aufhebung des Fallpauschalensystems
* sofortiger und ausreichender Arbeitsschutz in Pandemiezeiten
* Verkürzung von Arbeitszeiten und Verlängerung von Ruhezeiten
* soziale und monetäre Anerkennung aller Berufsgruppen in Gesundheit und Pflege (Tarifverträge
für alle, 500 € Gefahrenzulage)
* sowie eine Vergesellschaftlichung des gesamten Gesundheitswesens anstatt weiterer
Privatisierung
Gesundheit geht uns alle an und braucht wirkliche demokratische Kontrolle, um nicht profitorientierten Konzerninteressen geopfert zu werden.
Der 8. Mai 1945 markiert als „Tag der Befreiung“ das Ende der Gewaltherrschaft der Nationalsozialisten und ihres sogenannten Dritten Reiches. „Wir wollen an diesem Tag der Millionen Menschen gedenken, die unter der gnadenlosen Kriegs‑, Besatzungs- und Vernichtungspolitik der Nazis leiden mussten,” ruft das Netzwerk zur Teilnahme auf. Durch den von Deutschland ausgehenden faschistischen Angriff auf die Menschlichkeit verloren unglaublich viele Kinder, Jugendliche, Erwachsene und alte Menschen ihr Leben, ihre Freiheit, ihre Gesundheit, ihre Hoffnung, ihre Liebsten. Dieser Tag stellt für Millionen von Verfolgten und Opfern die Befreiung von der Barbarei des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 in Deutschland dar.
Das Bernauer Netzwerk für Weltoffenheit lädt für Freitag, den 8. Mai, zum individuellen Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges und der Befreiung vom Hitlerfaschismus vor 75 Jahren ein.
Traditionell fand die Gedenkveranstaltung des Netzwerkes in den letzten Jahren an drei Orten in der Stadt Bernau statt — am Sowjetischen Ehrenmal, am Deserteurdenkmal und am Marktplazu bzw. vor der Galerie in der Bürgermeisterstraße in der Nähe der Stolpersteine. Auf Grund der aktuellen Ereignisse und Einschränkungen ist in diesem Jahr eine zentrale Veranstaltung nicht durchführbar. Deshalb laden wir dazu ein, das Gedenken am 8.Mai 2020 individuell zu begehen und auf dem Weg zwischen den drei Orten sichtbare Zeichen des Erinnerns, gerne auch mit aktuellem Bezug, zu hinterlassen. Dies kann in z.B. in Form von Botschaften, Gedanken, Zitaten und Anregungen, aber auch durch Musikstücke oder andere künstlerische Darbietungen geschehen. Auf die aktuellen Verordnungen hinsichtlich COVID 19 ist in jedem Fall zu achten.
Für Menschen, denen es nicht möglich ist, ihre Gedanken persönlich abzulegen, besteht das Angebot, diese per Mail an das Netzwerk zu schicken.
Auf zwei Aktionen im Rahmen des Gedenkens am 8.Mai sei an dieser Stelle explizit hingewiesen:
Die “Gedenk-Plane” am Marktplatz — hier können Gedanken und Erinnerungen ans Kriegsende oder zum Thema Frieden geschrieben werden. Diese Plane kann auch am 8. Mai selbst genutzt werden. Leider wird der Edding immer wieder entwendet, deshalb bitte möglichst selbst einen mitbringen und auch Anderen anbieten.” https://www.bernau-bei-berlin.de/de/buergerportal/aktuelles/stadtnachrichten/artikel-erinnern_ans_kriegsende.html
Die Mitmach-Aktion der Galerie — Eine kollektive Plakatgestaltung unter dem Motto “GIBMIRDEINWORTFÜRFRIEDEN”. Am 8. Mai führt Künstlerin Jossi Rücker die Worte der Teilnehmer*innen gestalterisch zusammen. Der Regenbogen umspannt alles Gesagte und Gezeigte als Symbol der Vielfalt und Verbundenheit. Sie hat auch die eindrucksvolle Ausstellung “Die Kinder der Orama” in der Galerie und das parallel laufende Facebook-Ausstellungstagebuch “Hinter verschlossenen Türen” erstellt
(https://www.galerie-bernau.de/veranstaltungen/aktuell.html )
„Sorgen wir gemeinsam dafür, dass in Deutschland ein weltoffenes Klima herrscht und nie wieder Unfreiheit, Nationalsozialismus, Rassismus und Antisemitismus den Ton angeben!“, so unser Anliegen auch dieses Jahr. „Alle, die dieses Anliegen unterstützen wollen, sind herzlich eingeladen, sich zu beteiligen, Ihre Gedanken und Botschaften im öffentlichen Raum sichtbar zu machen, individuell Blumen oder Gedanken abzulegen und gern auch die Thüringer Erklärung zum 75. Jahrestag der Befreiung von Buchenwald mit zu unterzeichnen. https://www.thueringer-erklaerung.de/erklaerung#top
Einige Geflüchtete aus dem Barnim haben Strafbefehle bekommen. Vorgeworfen wird ihnen entweder “illegal” nach Deutschland eingereist zu sein oder sich “illegal” in Deutschland aufgehalten zu haben. Die Initiative “Barnim für alle” protestiert dagegen, dass die Geflüchteten so zu Straftätern erklärt werden und organisiert mit einer Spendensammlung Solidarität.
Musa* ist aus dem Sudan geflüchtet, weil er dort politisch gegen die Diktatur aktiv war. Ihm wird vorgeworfen, dass er wissentlich ohne Papiere von Frankreich nach Deutschland weitergereist sei. Er versteht nicht warum er kriminalisiert wird: “Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn, dass ich eine Strafe bekomme, weil ich Asyl beantrage. Ich habe mich doch selber bei der Polizei gemeldet, um Asyl zu beantragen.”
Auch Seyed* wurde als Oppositioneller im Sudan erfolgt. Als Student gelang es ihm ein Visum für eine Konferenz in Deutschland zu erhalten. In einem Strafbefehl wird ihm nun vorgeworfen, dass er erst etwa 2 Wochen nach Ablauf des Visums Asyl beantragt hat. Seyed sagt dazu: “Ich bin nach Deutschland gekommen, um Schutz vor dem Staat zu suchen, habe aber stattdessen eine Strafanzeige bekommen. Woher sollte ich in der ersten Zeit in Deutschland die Gesetze und Verfahren kennen? Ich brauchte Hilfe bei der Suche nach Schutz, aber danach wurde es leider kompliziert.”
Beide haben sich eine Anwältin genommen und Widerspruch gegen ihre Strafbefehle eingereicht. Sie warten nun auf ihre Gerichtsverfahren.
“Die deutschen Behörden gehen immer massiver gegen Geflüchtete vor. Statt den hier lebenden Menschen das Ankommen zu erleichtern, werden sie sogar zu Straftätern abgestempelt!” sagt Thomas Janoschka von der
Initiative Barnim für alle. “Geflüchtete sollten nicht durch Abschiebung und Kriminalisierung bedroht werden.”
Die Geflüchteten brauchen Geld für Anwalts- und Gerichtskosten und auch das Bezahlen der Strafen ist ihnen aus den Sozialleistungen die sie bekommen nicht möglich. Die Initiative Barnim für alle sammelt deswegen für diese und ähnliche Fälle Spenden, um die Geflüchteten nicht allein zu lassen.
Spendenkonto
Barnim für alle IBAN: DE 78 1705 2000 1110 0262 22
Sparkasse Barnim
Die Covid-19 Pandemie hat uns nicht den ersten Jahrestag des Verschwindens unserer Schwester Rita am 7. April und später die Bestätigung ihres Mordes, vergessen lassen. Rita wurde, während sie in dem Lager in Hohenleipisch leben musste, ermordet, was uns in einen großen Schock versetzte. Hier noch weitere Infos über Rita: https://www.women-in-exile.net/…/
Unsere Kampagne “Kein Lager für Frauen und Kinder, alle Lager abschaffen” ist weiterhin brand aktuell. Daher fordern wir gemeinsam mit einem Bündnis, das aus mehreren Gruppen, die zusammen mit Flüchtlingen aus Berlin-Brandenburg arbeiten, besteht, die sofortige Schließung
aller Lager, insbesondere das überfüllte Erstaufnahmelager in Doberlug-Kirchhain. Wir fordern die Betroffenen in den leer stehenden Hotels, airbnb, Ferienwohnungen und anderen freien Räumlichkeiten unter
zu bringen: https://www.women-in-exile.net…/
Auch die Lage im Lager in Henningsdorf, im Norden Berlins spitzt sich weiter zu. Die dort lebenden Flüchtlinge sind bereits mehr als zwei Wochen unter erzwungener Quarantäne: https://www.women-in-exile.net/…
Während dieser Zeit ist uns bewusst geworden, wie wichtig die Zusammenarbeit mit unserem großen Netzwerk ist, um unsere politischen Standpunkte an die Öffentlichkeit zu bringen. Aus diesen Gründen sind wir weiterhin auf Ihre und Eure finanzielle Unterstützung angewiesen und danken Euch, dass ihr an uns und unsere Arbeit glaubt.
Wir wünschen Ihnen und Euch allen, dass Ihr gesund bleibt oder werdet !
Lasst uns füreinander da sein!
„Diesen Abstand können die Bewohner*innen der Erstaufnahme nicht einhalten!“
20 Personen sind zu der Demonstration gekommen, zu der die Initiative „Busverbindung 571 jetzt!“ eingeladen hatte – mehr waren auch nicht erlaubt. Die Initiative ist ein Zusammenschluss von Aktiven der lokalen Initiative „DK_Vereint“, Bewohner*innen der Erstaufnahme-Einrichtung und Aktiven des Brandenburg-weiten Netzwerks „Welcome United“.
Aufgrund der Pandemie und der entsprechenden Auflagen des Gesundheitsamtes muss penibel auf Abstand und Hygiene geachtet werden. Die Teilnehmenden müssen sich je allein auf am Boden markierten, 2×2m großen Quadraten positionieren und nicht durcheinander laufen. Alle, auch die Redner*innen, tragen Masken, das Mikro wird mit einer Serviette abgedeckt. Passant*innen, Schaulustige und Interessierte müssen hinter Absperrungen bleiben und Abstand halten. An den Flatterbändern steht: „Diesen Abstand können die Bewohner*innen der Erstaufnahme nicht einhalten!“ Mehrere Redner*innen greifen auf, dass die peniblen Regeln für eine Demo in Corona-Zeiten in absurdem Gegensatz zu den Bedingungen in der Einrichtung stehen, in der pro 50 Personen eine Küche zur Verfügung steht, Zimmer mit Fremden geteilt werden müssen und Flure und Treppenhäuser von hunderten Menschen genutzt werden.
Etwa die Hälfte der Teilnehmenden sind Bewohner der Erstaufnahme, drei von ihnen ergreifen das Mikrofon. „Corona ist für alle gleich, der Virus trifft uns alle. Warum wird mit uns anders umgegangen? Warum muss ich seit 8 Monaten im Wald leben? Warum fahren alle anderen Busse und unser Bus nicht? Warum wird bei uns dreimal am Tag Fieber gemessen – und bei den Deutschen nicht?“, fragt einer von ihnen die Anwesenden. „Wenn wir mehr als 4 Stunden außerhalb des Camps waren, müssen wir für 2 Wochen in Quarantäne.“ Der folgende Redner erklärt weiter: „Wenn eine Person im Camp das Virus bekommt, werden sich mindestens 10 Personen angesteckt haben. Wir versuchen uns zu schützen, aber es ist unter den Bedingungen im Camp nicht möglich.“ Die Einstellung der Buslinie werten alle drei als rassistische Ungleichbehandlung. „Warum werden wir anders behandelt? Weil wir dunklere Haare haben?“
Am Rand stehen einige deutsche Männer, die rassistische Sprüche machen. Einer der Camp-Bewohner spricht sie vom Mikro aus an: „Gehören Sie auch zu denen, die glauben, Flüchtlinge würden Corona übertragen?“
Ein französisch sprechender Mann, der zum Schluss das Mikro ergreift, endet mit den Worten: „Ich möchte Danke sagen, dass ihr alle hier wart und dass ich Teil dieser Bewegung sein darf. Ich hoffe wir schaffen es gemeinsam, das Virus zu bekämpfen, und Corona wird zu Ende sein – für alle Menschen.“
Hintergrund
„Wir können mit unserem Anliegen nicht warten, bis Demonstrieren wieder einfacher ist, denn diese Ungleichbehandlung geschieht jetzt!“, erklärt eine der Aktiven und meint damit die Einstellung der Buslinie für die Dauer der Corona Einschränkungen, die von der Zentralen Ausländerbehörde Brandenburg (ZABH) und der Verkehrsgesellschaft Elbe-Elster beschlossen wurde. „Warum dürfen alle anderen selbständig (mit Abstandsregeln) einkaufen gehen, warum fahren alle anderen Buslinien nach Ferienfahrplan?“, fragt sie. „Warum wird den Geflüchteten nicht genau wie allen anderen zugetraut, unnötige Stadtgänge zu vermeiden und sich an die Regeln zu halten, wenn sie in die Stadt gehen?“
Gemeinsam mit vielen anderen Organisationen fordert die Initiative daher die sofortige Umverteilung der Massenunterkünfte in Brandenburg. Nur so könne wirksamer Infektionsschutz gewährleistet werden. „Die Bewohner*innen durch die Einstellung des Busses zu isolieren ist der falsche Weg, um die Corona Ausbreitung zu vermeiden. Für die Geflüchteten sollten dieselben Bedingungen gelten wie für alle Menschen: Kontakte in der Wohnung vermeiden können, aber auch selbstbestimmt Einkaufen gehen können.“
Eine Woche zuvor war eine Kundgebung zum gleichen Thema durch das Gesundheitsamt verboten worden, aufgrund der Befürchtung „regen Reiseverkehrs“, weil der Anmelder aus Berlin sei.
Nachdem die Buslinie im März eingestellt worden war, hatten zunächst zwei ehrenamtliche PKW-Shuttle-Aktionen stattgefunden, mit denen Menschenaus der Erstaufnahme unter Beachtung aller Infektionsschutzregeln zum Supermarkt gefahren wurden. Bei der zweiten dieser Aktionen wurden die PKWs durch die Polizei im Auftrag des Gesundheitsamtes gestoppt. Den Fahrer*innen wird nun vorgeworfen, „keinen triftigen Grund“ gehabt zu haben, dort unterwegs zu sein. Während die Versorgung Hilfebedürftiger allgemein als „triftiger Grund“ angesehen wird, scheinen hier die von der Versorgung abgeschnittenen Geflüchteten nicht als hilfebedürftig genug angesehen zu werden.
Sofortiges Landesaufnahmeprogramm zur Evakuierung der EU-Elendslager!
Sofortige dezentrale Wohnungsunterbringung statt „Durchseuchung“ in Massenquarantänen!
Anlässlich der heutigen Landtags-Sondersitzung zum Thema Corona protestieren wir gegen die Ignoranz und Verantwortungslosigkeit der Brandenburgischen Landesregierung gegenüber der existenziellen Not der Menschen, die entweder einer hohen Infektionsgefahr in engen Sammelunterkünften in Brandenburg ausgesetzt sind oder unter katastrophalen Bedingungen in den Flüchtlingslagern an den EU-Grenzen auch auf Geheiß Deutschlands festgehalten werden.
20 Teilnehmer*innen – allesamt mit Abstand und Mundschutz – schlossen sich der Seebrücke-Versammlung vor dem Landtagsgebäude auf dem Alten Markt, an, während 20 weitere Personen als Zuschauer*innen – ebenfalls mit Mundschutz und angemessenem Abstand – die Versammlung beobachteten.
Es ist beschämend, dass die Regierungsfraktionen auf die Offenen Briefe und Protestaktionen der brandenburgischen Flüchtlingsinitiativen¹ wie des Flüchtlingsrats Brandenburg und women in exile e.V. bisher öffentlich keinerlei Reaktion gezeigt haben. Die Seebrücke Potsdam hat die Anliegen vielfach unterstützt, sowohl auf der Straße als auch online.
Wir fordern ein sofortiges Landesaufnahmeprogramm, bevor es zu spät ist!
Die Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die zusätzliche Aufnahme von geflüchtete Menschen im Rahmen eines Landesaufnahmeprogramms festgeschrieben. Kommunen wie Potsdam haben deutlich signalisiert, dass sie ebenfalls bereit sind, über den regulären Schlüssel hinaus, flüchtende Menschen aufzunehmen. Wann, wenn nicht jetzt, wäre die Umsetzung eines Landesaufnahmeprogramms dringender denn je? In Griechenland stehen mittlerweile Massenunterkünfte und große Lager mit insgesamt über tausenden von Menschen komplett unter Quarantäne – die Menschen werden der sogenannten Durchseuchnung freigegeben. Deutschland ist mitverantwortlich für die Gesundheitsgefährdung, die diesen Menschen widerfährt! Deutschlands Blockade hält die Menschen in den Lagern von Griechenland fest.
Wir fordern einen sofortige Schließung der Sammelunterkünfte und Erstaufnahmelager und eine dezentrale Wohnungsunterbringung! Die Zeit der Sammelunterkünfte und Zwangsbehausungen ist für immer vorbei!
Immer mehr Sammelunterkünfte mit hunderten Menschen werden in Brandenburg unter Quarantäne gesetzt. Allein in Potsdam sind es drei Sammelunterkünfte. In Hennigsdorf wurde vor Kurzem eine Unterkunft mit mehreren Hundert Bewohner*innen unter Quarantäne gesetzt. Im Erstaufnahmelager Doberlug-Kirchhain wurden Teile der Unterkunft abgeriegelt und der Busverkehr zur Unterkunft komplett eingestellt.
Die Landesregierung in Brandenburg zeigt damit: Infektionsschutz ist für geflüchtete Menschen nicht relevant. Die Menschen werden in der Regel von der Landesregierung gezwungen auf engem Raum und in Mehrbettzimmern unterzukommen, wo es nicht möglich ist, Abstand zu halten. Die Katastrophe der Massenquarantänen kommt nicht überraschend. Frühzeitig wurde u.a. von Flüchtlingsinitiativen davor gewarnt. Auch jetzt noch wird bloß zugesehen, wie die nächsten Massenunterkünfte unter Quarantäne gesetzt werden.
Wir sind entsetzt: Eine Landesregierung, die sich sozialdemokratisch, nachhaltig und christlich schimpft, schaut zu, wie hier das Menschenrecht auf Gesundheit außer Kraft gesetzt wird – obwohl es Alternativen gibt, wie mit der Situation umgegangen werden kann.
Neben der Bewältigung der aktuellen Situation fordern wir einen endgültigen Ausstieg aus dem Konzept der Sammel- und Massenunterkünfte. Die Landesregierung muss jetzt anfangen, einen Maßnahmenplan der sofort zu startenden dezentralen Wohnungsunterbringung sowohl für die Erstaufnahme als auch für die kommunale Unterbringung aufzustellen und umzusetzen.
Der Landesverband Brandenburg der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, kurz VVN-BdA, ruft zum 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus am 8. Mai 2020 zu einem dezentralen Gedenken und Erinnern auf. Durch die COVID-19- Pandemie können in diesem Jahr keine Befreiungsfeierlichkeiten und keine zentralen Veranstaltungen stattfinden. Die Ordnungsmaßnahmen und Sicherheitsvorkehrungen im Kontext von COVID-19 schränken damit nicht nur das gesellschaftliche Leben ein, sondern auch die antifaschistische und erinnerungspolitische Arbeit an diesem für uns so wichtigen Jahrestag.
Trotzdem wollen wir, mit großer Rücksicht um die Gesundheit unserer Mitglieder*innen und antifaschistischen Freunde, den 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus würdig und ehrenvoll im Sinne der Befreier*innen, der Roten Armee, sowie der Opfer und Verfolgten des Nationalsozialismus gestalten.
Im ganzen Land Brandenburg befinden sich eine Vielzahl an Erinnerungsstätten zur Befreiung oder an die Opfer und Verfolgten des Faschismus. Diese lokalen, kleinen und dezentralen Gedenkstätten, wie Denkmäler, Friedhöfe, Ehrenhaine, Gedenksteine, Gräber oder Gedenktafeln, wollen wir mit eurer Unterstützung in den Fokus des antifaschistischen Gedenkens setzen.
Wir rufen daher alle Brandenburger*innen auf, in der Zeit um den 8. Mai 2020, dem 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus, individuell und unter Einhaltung der notwendigen medizinischen Bestimmungen und Sicherheitsvorkehrungen, an den verschiedenen Erinnerungsstätten im Land Brandenburg Blumen und Kränze niederzulegen und dies per Fotos zu dokumentieren. Wir wollen, dass durch die Vielzahl von Blumen an den zahlreichen Erinnerungsstätten im Land Brandenburg der Appell des „Nie wieder Krieg und Faschismus“ trotz des Fehlens von klassischen Gedenkveranstaltungen mehr als deutlich wird.
Sendet uns die Fotos mit kurzen Hinweisen oder Berichten aus den verschiedenen Orten zwecks Veröffentlichung an die untenstehende E‑Mail‑, Post‑, Facebook- oder Twitter-Adresse. Zudem verweisen wir auf unser digitales Gedenken zum 75. Jahrestag der Befreiung am 8. Mai ab 16 Uhr per Livestream (www.freiland-potsdam.de).
Wie sollte der Utopia e.V. — ein ehrenamtlicher, von jungen Menschen getragener, kleiner Verein — anlässlich der 75-jährigen Befreiung von der Vorherrschaft der Nationalsozialist*innen in Frankfurt (Oder) diese Pressemitteilung beginnen? Als erstes mit einem kurzen „Danke! Спасибо! Thank You! Merci!“ an die Alliierten und Widerständigen, die vor 75 Jahren am 23. April zur Befreiung Frankfurts und des heutigen Słubices beigetragen haben. Denn die Niederlage des deutschen Faschismus war unsere Befreiung!
Ein „Danke“ jedoch wird nicht genügen, um Geschehenes zu verstehen, damit es sich nicht wiederholt! Auch die Fragen: „Was, wie und warum war der Nationalsozialismus, der Vernichtungskrieg oder der Holocaust?“ können wir nicht alleine beantworten, aber wir können Impulse setzen!
Denn auch 75 Jahre nachdem die Vorherrschaft deutscher Faschist*innen und ihrer Kollaborateure endete, sind ihr Gedankengut und ihre Strukturen keineswegs verschwunden:
Seit 2016 verdoppelte sich die Anzahl der mit Schusswaffen ausgerüsteten Rechtsextremen [2]. Der NSU, eine Gruppe die offiziell 10 Menschen ermordete und 43 Mordanschläge verübte [3], enttarnte sich teilweise selbst. Ob auf der Insel Utøya oder in Städten wie Christchurch, Hanau und Halle — die Anschläge von extrem Rechten häufen sich. Im Jahr 2019 wurden in der Bundesrepublik 120 Angriffe auf Asylunterkünfte verübt und 1.620 Angriffe auf Geflüchtete registriert [4]. Jüngst wurde im Landkreis Oder-Spree ein Waffenlager mit nationalsozialistischen Devotionalien ausgehoben [5]. Unsere Stadt, Frankfurt (Oder), entwickelte sich zu einem Knotenpunkt der internationalen, neonazistischen Terrororganisation „Combat 18“ [6]. In Libbenichen zeigten erst letzten Monat während einer „Reichs-Party“ Jugendliche den Hitlergruß [7]. Ein „NR-Zonen“-Graffito diente als Platzhalter für Hakenkreuze und verblieb mehrere Monate am Kaufland im Zentrum[8]. Mittlerweile werden (gar) von parlamentarischen Kräften die Leistungen von deutschen Soldaten in zwei Weltkriegen honoriert und eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ [9] gefordert.
Genauso wie die Ideen, Symbole, und Struktur des Nationalsozialismus nicht einfach 1945 endeten, tauchten die Nationalsozialist*innen nicht erst 1933 auf. Bereits am 26. Mai 1929 begann die SA durch Frankfurt zu marschieren [10] und schon 1927 war in einer Kneipe zu hören:
„Die nationalsozialistische Bewegung ist entschlossen alles daran zu setzen, um das deutsche Volk von Juden- und Marxistenherrschaft zu befreien. Die Nationalsozialisten werden die Besten unter ihre Fahne sammeln und einen erbitterten Kampf gegen die inneren Feinde der Nation führen“. [11]
Auch heute sind in Frankfurter Kneipen solche Aussagen nicht ausgeschlossen.
Im Sommer 1932 wurde dann der Terror der Nazis in Frankfurt immer zügelloser. Am Abend des1. Juli kam es zu einem Überfall auf Antifaschist*innen. Am 4. Juli, in der heutigen Rathenaustraße, schossen Nazis über 100 Mal auf Arbeiter*innenwohnungen. Und am 5. Juli durften sie dann ungehindert durch unsere Stadt marschieren. Die 17
Vollzugspolizist*innen, die vor der faschistischen Gefahr und dieser Demonstration warnten, wurden daraufhin festgenommen [12].
So spricht auch die dramatische Entwicklung der Wahlergebnisse Bände. Lag die NSDAP bei der Reichstagswahl 1928 in Frankfurt erst bei 330 Stimmen, erhielt sie bei der Kommunalwahl 1929 bereits 2.400 Stimmen und wenige Jahre später, bei der Machtübernahme Hitlers im März 1933, eine absolute Mehrheit. Diese Machtübernahme führte in ihrer Konsequenz zu unzähligen furchtbaren Schicksalen, auch in Frankfurt (Oder).
So zum Beispiel auch für Marie und Adolf Köhn, deren Stolpersteine in der Großen Oderstraße 46 liegen. Adolf Köhn wurde von Faschist*innen während der Reichsprogromnacht verhaftet, einen Monat lang im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert und vier Jahre später, wahrscheinlich mit seiner Frau, ins Warschauer Ghetto deportiert. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.
In der Großen Scharrnstraße 32 liegen zwei weitere Stolpersteine — die von Marie und Bruno Friedländer. Ihre Kinder schafften es auf einen Kindertransport und bekamen Asyl in Schottland und Australien. Marie und Bruno erhielten keine Zuflucht und wurden am 02. April 1942 in das Warschauer Ghetto deportiert, wo sie am 05. April ankamen. Das weitere Schicksal der Familie ist auch hier nicht bekannt.
Bis zum letzten Tag des Nazi-Regimes ließ die Gewalt und Brutalität nicht nach. Selbst der Niederlage ins Auge sehend, wurde Frankfurt (Oder) am 26. Januar 1945, einen Tag vor der Befreiung von Auschwitz, noch zu einer Festung erklärt. Am Tag des 30. Januars in Swiecko (im damaligen Schwetig) mussten 1.600 Gefangene des Frankfurter Gestapo-Arbeitserziehungslagers zum sogenannten „Todesmarsch“ antreten. 70 nicht marschfähige Menschen wurden direkt in Krankenbaracken verbrannt und ermordet. In der Nacht auf den 31. Januar erschossen in Słonsk (im damaligen Sonnenburg) Angehörige der SS und Gestapo 800 Inhaftierte des dortigen Zuchthauses [13]. Selbst in der Niederlage waren die Nationalsozialist*innen nicht davon abzubringen ihr Morden einzustellen.
So schwor im Februar 1945 Joseph Goebbels Frankfurt ein letztes Mal auf die Ideologie von “Blut und Boden“ ein, nachdem er am 31.Oktober 1929 erstmals in der Stadt davon gesprochen hatte. Frankfurt, das ein Zentrum für den Einsatz und die Verwaltung von Zwangsarbeiter*innen, Deportierten und Inhaftierten war, war gar Hauptstadt des Gaus Mark Brandenburg. Unzählige Waggons mit Menschen wurden ohne nennenswerten Widerstand deportiert. Unzählige Tonnen Kriegsmaterial fuhren ungehindert durch unsere Stadt.
Der Krieg endete für Frankfurt (Oder) am 23. April 1945, als belarussische Einheiten der Roten Armee „die fast menschenleere, keinen Widerstand leistende, überall brennende Stadt“ [14] befreiten, bis dann in der Nacht am 8. auf den 9. Mai die Wehrmacht gänzlich kapitulierte und die Hegemonie des Faschismus gebrochen war.
Auch wenn ein Großteil der Deutschen diesen Tag als Niederlage empfand — vielleicht sogar heute noch so empfindet: Der Sieg der Alliierten bedeutete das Ende der nationalsozialistischen Vorherrschaft, des Krieges in Europa und des Holocaustes und ist für uns ein Grund zum fröhlichen Tanz. Deshalb sagen wir immer wieder freundschaftlich: „Спасибо! Thank You! Merci! Danke!“.
Als Kultur- und Bildungsträger der offenen Kinder- und Jugendhilfe sagen wir auch ernst: „Nie wieder!“
Und um diesen Ernst zu begreifen; um den Impuls des Erinnerns und Gedenkens nicht bei dieser Mitteilung zu belassen, organisiert der Utopia e.V. im letzten Drittel diesen Jahres eine Gedenkstättenfahrt für Jugendliche und junge Erwachsene zu den ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagern von Auschwitz, mit demokratisch-partizipatorischer Vor- und Nachbereitung:
„Denn die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglicher anderen voran, dass [wir] weder glaube[n], sie begründen zu müssen noch zu sollen. […] Sie zu begründen hätte etwas Ungeheuerliches angesichts des Ungeheuerlichen, das sich zutrug“ [15].
Und so fordern wir auch andere Akteur*innen oder bisher nicht-Aktive dazu auf, sich am Engagement gegen faschistoide Bewegungen und Ideen in Frankfurt (Oder) zu beteiligen und zu organisieren – die Gründe sind bekannt und wir werden über weitere Termine berichten.
Eure Freund*innen und Assoziierten des Utopia e.V.