Unter dem Motto: „Wir sind noch immer da“ versammelte sich ab 18.30 Uhr wieder die rechte Vereinigung „Bürgerbündnis Havelland eV“ in Rathenow. An der angemeldeten Veranstaltung auf dem Märkischen Platz nahmen ungefähr 25 Personen teil. Dreiviertel der Teilnehmenden stammte aus Rathenow und Umgebung, ein Viertel war aus Berlin, darunter Sympathisierende des extrem rechten „Bärgida eV“, von „Hand in Hand“ und der „Bürgerbewegung Pro Deutschland“, angereist.
Eröffnet wurde die stationäre Kundgebung durch den Versammlungsleiter Ralf Maasch. Er verlas die polizeilichen Auflagen und wies auf kommende Veranstaltungen der extrem rechten „Identitären Bewegung“ und „Wir für Deutschland“ in Berlin hin. Anschließend folgte der erste Redebeitrag.
Eine aus Berlin zugereiste Rednerin sollte sich eigentlich zu der Frage: „BRD – Sinn oder Unsinn“ äußern, hatte sich aber tatsächlich zu einer anderen Thematik vorbereitet. So schwadronierte sie, anknüpfend an Stichworte aus der Programmatik der „Identitären Bewegung“, vom „großen Austausch“ der Bevölkerung und rief zur Gründung von „Bürgerwehren“ auf. Friedlich sei in diesem Land ohnehin nichts mehr zu lösen, die Bundesrepublik sei zudem „ein linksversiffter terroristischer Staat“, so die Rednerin. Justizminister Maas beleidigte sie zudem als „Arsch“.
Nach einem kurzen musikalischen Zwischenspiel folgte dann der Redebeitrag eines Doktors, der in seiner sehr subjektiv gefärbten Meinungsäußerung die angeblich fehlende Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik beklagte. Weiterhin äußerte er sich zur Dresdener PEGIDA-Bewegung und empörte sich über angeblich geplante Maßnahmen gegen die extrem rechte Vereinigung.
Nach einem weiteren musikalischen Zwischenspiel hielt nun der Versammlungsleiter Ralf Maasch einen Redebeitrag, in dem dieser seine Meinung zu gesellschaftspolitischen Neuigkeiten aus nah und fern, wie dem Umbau eines Kreisverkehrs in Rathenow-West, zunehmender Drogenproblematik in der Rathenower City oder der kurzzeitigen Unterbrechung eines Rockkonzertes in Rheinland-Pfalz durch vermeintliche Dschihadisten, kundtat.
Anschließend wurde das Lied: „Ein Rose für mein Deutschland“ gespielt, in dem die ehemalige „nationale Liedermacherin“ Anett Müller in einer Textzeile bekannte, dass sie die „NPD wähle“. Maasch sang fröhlich mit. Eigenem bekunden nach, sei dies sein Lieblingslied. Ironie der Geschichte: Sängerin Anett soll inzwischen der NPD den Rücken gekehrt und die Szene verlassen haben. In Vorträgen vor Schülern warne sie mittlerweile vor „rechter“ Musik als Einstiegsdroge.
Wohl war, in Rathenow erfreut sich ihre damalige Lyrik bester Beliebtheit und umrahmt die mutmaßlich rassistisch motivierten Meinungsäußerungen der Bürgerbündnis-Vereinigung. Dumpfer Rassismus, der beispielsweise zu Tage tritt, wenn Vereinskassenwart Wolfgang Hoppe im letzten Redebeitrag des Tages mit reißerischen Stories insbesondere vor Menschen mit dunkler Hautfarbe „warnt“.
Eine Massenbewegung ist das „Bürgerbündnis Havelland“ jedoch freilich nicht mehr. Dennoch hat es durch seine regelmäßigen Versammlungen für eine Belebung im extrem rechten Milieu gesorgt. Die aus dem „Bürgerbündnis Havelland“ entstandene Ortsgruppe „Autonomer Nationalisten“ in Rathenow hinterlässt beispielsweise immer deutlicher ihre Spuren in der Stadt. Erst am vergangenen Wochenende waren an einer Schallschutzmauer mehrere neonazistische und extrem rechte Parolen mit Sprühfarbe angebracht worden. In der Nähe waren zudem Sticker überregional aktiver Gruppen „Autonomer Nationalisten“ auf denen u.a. eine „NS Zone“ propagiert wurde, angebracht worden.
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Autor: Shaun
Der braune 1. Mai im Rückblick
An den bundesweiten Aktionen des neonazistischen Milieus anlässlich des Tages der Arbeit beteiligte sich auch eine zweistellige Anzahl Brandenburger Neonazis in mindestens vier Bundesländern. Deutlicher Schwerpunkt der Aktivitäten war das Geschehen um den so genannten „Tag der deutschen Arbeit (TDDA)“ im sachsen-anhaltinischen Halle (Saale). Weiterhin beteiligten sich Brandenburger Neonazis aber auch an größeren Aufmärschen in Gera (Thüringen) und Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern). Im Land Brandenburg selber veranstaltete das neonazistische Milieu lediglich eine kleinere Kundgebung in Frankfurt (Oder).
Militante Neonazis aus NPD und „Freien Kräften“ zog es zum „TDDA“ nach Halle (Saale)
Für den „Tag der deutschen Arbeit“ in Halle (Halle) hatte bundesweit vor allem die Partei „Die Rechte“ und ihr nahe Strukturen geworben. Ihre Absicht lag in der Veranstaltung einer zentralen und organisationsübergreifenden Versammlung mit einem betont kämpferischen Aspekt.
Erwünscht war diesbezüglich auch die Teilnahme des so genannten „Antikapitalistischen Kollektives (AKK)“, einer Vernetzung von „Autonomen Nationalisten“, welche in der Vergangenheit bei Erste-Mai-Veranstaltungen des III. Weges in Saalfeld (Thüringen) und Plauen (Sachsen) die Auseinandersetzung mit der Polizei suchten, dadurch den Abbruch der angemeldeten Versammlungen verursachten und sich letztendlich deswegen mit den Veranstaltenden überwarfen.
Auch im Vorfeld des TDDA in Halle (Saale) hatte das AKK angedeutet notfalls auf Militanz zur Durchsetzung des Aufmarsches zu setzen.
Während der III. Weg bei seiner Distanz zu den „Autonomen Nationalisten“ blieb und auf einen, im Vergleich zu den Vorjahren, kleineren Aufmarsch setzte, hatten die „Die Rechte“ und selbst die Brandenburger NPD offenbar keine Berührungsängste gemeinsam mit dem militanten schwarzen (Nazi-)block aufzutreten.

Zum geplanten Aufmarsch in Halle (Saale) reisten so sogar brandenburgische Kommunalpolitiker der „Nationaldemokraten“, wie beispielsweise Benjamin Mertsch (Kreistagsabgeordneter Landkreis Spree-Neiße), Manuela Kokott (Gemeindevertreterin Spreenhagen) und Dave Trick (Stadtverordneter Neuruppin), an. Sie kamen gemeinsam mit weiteren NPD Funktionären aus Brandenburg, wie Markus N. (Stadtverordneter Guben 2008–2014), Alexander B. (Kandidat Stadtverordnetenversammlung Guben 2008) sowie Frank O. und Alexander Kevin P. vom Kreisverband Oderland und Pierre B. vom Kreisverband Havel-Nuthe sowie Sympathisierenden der JN.
Bezeichnend dabei ist, dass fünf der acht genannten brandenburgischen NPD Funktionäre in der Vergangenheit mindestens gewalttätig in Erscheinung getreten waren. Alexander B. war Hauptakteur der ausländerfeindlichen Hetzjagd von Guben im Jahr 1999 und saß wegen des dadurch verursachten Todes eines Algeriers zwei Jahre in Jugendhaft. Markus N. und Alexander Kevin P. sollen am 3. August 2013 Gegner einer NPD Kundgebung in Eisenhüttenstadt angriffen haben. P. wurde dafür erst am 15. März 2017 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, ausgesetzt zu zwei Jahren auf Bewährung, verurteilt. Ebenfalls gewalttätig in Erscheinung traten in der Vergangenheit Dave Trick und Pierre B. Gegen beide läuft zurzeit noch ein Verfahren wegen eines Angriffs auf einen Wahlhelfer der Linkspartei am 19. Mai 2014 in Neuruppin.

Neben den genannten NPD Funktionären waren auch Akteure freier nationalistischer Strukturen aus Brandenburg nach Halle (Saal) gereist. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Aktive der „Freien Kräfte Prignitz“ aus dem Landkreis Prignitz und den „Freien Kräften Neuruppin-Osthavelland“ aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Havelland sowie der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel. Beide Gruppierungen pflegen eine enge Zusammenarbeit mit der Brandenburger NPD und geben sich in ihrem Habitus aber auch gerne als „Autonome Nationalisten“. Einzelne Akteure der „Freien Kräfte Prignitz“ und der „Freien Kräften Neuruppin-Osthavelland“ waren in der Vergangenheit immer wieder an gewalttätigen Aktionen beteiligt. Des Weiteren wurden von einzelnen Aktiven dieser Gruppierungen auch spontane Märsche in den Brandenburgischen Klein- und Mittelstädten Wittenberge, Neuruppin und Hennigsdorf (mit)organisiert.
Dieser Tradition folgend bekannten sich die „Freien Kräften Neuruppin-Osthavelland“ in der Timeline ihrer Socialmedia-Präsenz auch zur Teilnahme an der „TDDA“-Ersatzveranstaltung in Köthen (Sachsen-Anhalt). Dort waren nach dem Abbruch des Aufmarsches zum 1. Mai in Halle (Saale) zwischen 200 bis 250 Neonazis spontan aufmarschiert. Fotos aus Halle(Saale): hier
Sympathisierende des III. Weges zog es zum „Arbeiterkampftag“ nach Gera
Der zweite Versammlungsschwerpunkt aktiver Brandenburger Neonazis anlässlich des braunen ersten Maies lag knapp 100 km südlich von Halle (Saale) im thüringischen Gera. Dort führte die neonazistische Kaderpartei „der III.Weg“ seinen so genannten „Arbeiterkampftag“ durch, für den es im Vorfeld u.a. am 22. April 2017 im brandenburgischen Luckenwalde (Landkreis Teltow-Fläming) eine Mobilisierungsveranstaltung gab.
Trotz der auch bundesweiten Bewerbung für Versammlung zum 1. Mai zog die Veranstaltung letztendlich „lediglich 400–500“ Teilnehmende (2016 in Plauen: ca. 1.000) an, darunter auch eine zweistellige Anzahl Brandenburger Sympathisierender der Partei aus der kreisfreien Stadt Potsdam und den Landkreis Potsdam-Mittelmark, der kreisfreien Stadt Frankfurt (Oder) und dem Landkreis Oder-Spree, dem Landkreis Teltow-Fläming sowie dem Landkreis Uckermark an. Bekanntester, in Gera teilnehmender Funktionär des III. Weges aus Brandenburg war der so genannte „Gebietsleiter Mitte“, Matthias Fischer. Fotos aus Gera: hier
NPD Oberhavel und Barnim „für Volk und Heimat“ in Stralsund
Für Brandenburger Neonazis nur von geringen im Interesse war hingegen einen Versammlung der NPD unter dem Motto „Heraus zum 1. Mai: für Volk und Heimat – Sozial, National, Legal“ im mecklenburgischen Stralsund. An ihr beteiligten sich lediglich einzelne bekannte Parteifunktionäre aus den Landkreisen Barnim und Oberhavel, darunter der Kommunalpolitiker Robert Wolinksi (Stadtverordneter Velten). Letzt genannter, soll Angaben der PNN zufolge, in der Vergangenheit mehrfach im Visier polizeilicher Ermittlungen gewesen sein. Im November 2013 soll er Rädelsführer eines Fackelmarsches zu Ehren des verstorbenen NS-Kriegsverbrechers Erich Priebke gewesen sein. Weiterhin gilt er als Drahtzieher für mehrere neonazistische Konzertveranstaltungen, die in der Vergangenheit vor allem im Osten Mecklenburg-Vorpommerns stattfanden. Fotos aus Stralsund: hier
Europäische Aktion und „Antiimperialistische Plattform“ versammelten sich in Frankfurt (Oder)
Die einzige Brandenburger Versammlung mit neonazistischer Beteiligung fand hingegen nahezu unbemerkt in der kreisfreien Stadt Frankfurt (Oder) statt. Dort hatte ein Sympathisant der extrem rechten „Europäischen Aktion“ eine Kundgebung unter dem Motto „für ein soziales Deutschland“ angemeldet. Diese Versammlung zog ungefähr 20 Teilnehmende aus Frankfurt (Oder), dem Landkreis Oder-Spree sowie der Bundeshauptstadt Berlin an. Bekanntester Teilnehmer war der ehemalige Vorsitzende der Querfront-Organisation „Kampfbund Deutscher Sozialisten (KDS)“ und jetzige Akteur bei der „Antiimperialistischen Plattform (AiP)“, Michael Koth. Fotos aus Frankfurt (Oder): hier
Am Samstagabend protestierten ungefähr 50 Menschen gegen eine Rechtsrock-Veranstaltung im Potsdamer Stadtteil Bornstedt. Die Protestversammlung richtete sich gegen ein Konzert rechter Musiker in der Gaststätte „Viktoria Eck“. An der höchstumstrittenen Konzertveranstaltung nahmen schätzungsweise ebenfalls 50 Personen teil. Bereits im Vorfeld sei es laut PNN, die sich auf Polizeiquellen beruft, zu einem Farbanschlag auf den Veranstaltungsort gekommen sein.
Farbanschlag auf Veranstaltungsort
Gemäß einer mutmaßlichen Selbstbezichtigung „Potsdamer Antifas“ auf einem freizugänglichen Internetportal soll bereits in der Nacht vom 27. zum 28. April 2017 die Fassade des Veranstaltungsortes „Viktoria Eck“ mit der „braunen Scheiße markiert“ worden sein, die „sich hier am Wochenende“treffe. Außerdem wurde im Bekennerschreiben zu weiteren Aktionen „gegen das Rechtsrockkonzert“ aufgerufen.
Der Farbanschlag scheint sich inzwischen bestätigt zu haben. Laut Informationen der PNN, die sich auf einen Polizeisprecher beruft, soll sich der Angriff auf die Gaststätte am frühen Freitagmorgen, zwischen 00.30 und 01.15 Uhr zugetragen haben. Dabei sollen eine „handvoll“ Farbbeutel eingesetzt worden sein. Tatverdächtige konnte die Polizei jedoch nicht ermitteln. Die Spuren des mutmaßlichen Anschlags waren am Samstagabend noch erkennbar.
Gegenkundgebung am Samstagabend
In unmittelbarer Nähe zum Beginn des Rechtsrock-Konzertes gab es indes eine weitere Protestaktion. In der Zeit von 18.45 bis ca. 20.30 Uhr führte die Landtagsabgeordnete Isabell Vandré (LINKE) eine versammlungsrechtlich angemeldete Kundgebung in Hör- und Sichtweite zum „Viktoria Eck“ durch. Diese Veranstaltung trug das Motto „Rechtsrockern die Show stehlen“. Beide Versammlungen hatte die Bereitschaftspolizei durch Absperrgitter voneinander abgetrennt. Zu polizeilichen Maßnahmen kam es jedoch, soweit bekannt, nur gegen eine Person. Laut Angaben eines Twitter-Tweet des „Ticker Potsdam“ soll es sich dabei um einen mutmaßlichen „Neonazi“ gehandelt haben. Die Polizei war mit ungefähr 100 Einsatzkräften aus Brandenburg und Berlin vor Ort.
Konzert rechter Mischszene
Die Konzertveranstaltung fand übrigens wie geplant in der Gaststätte „Viktoria Eck“ statt. Hauptact soll der Teltower Rechtsrocker Sacha Korn gewesen sein. Dieser gibt sich jedoch wesentlich unverfänglicher und bezeichnet seinen Stil selber als „Neue Deutsche Härte“. Seine Lieder waren allerdings auch auf einer so genannten „Schulhof CD“ der NPD vertreten und untermalten darüber hinaus einen Wahlwerbespott dieser Partei. Offiziell distanziert sich der Musiker jedoch in einem Interview auf seiner Socialmedia-Seite von „Extremismus und Gewalt“ sowie „sämtlicher Ideologien“. Für die Veröffentlichungen bei der NPD machte Korn ausschließlich sein ausländisches Management verantwortlich. Dennoch sollen weiterhin Kontakte zu Figuren des extrem rechten Milieus bestehen. Am Samstagabend reiste zumindest ein ehemaliger Bezirksverordneter der Berliner NPD an. Weitere Konzertgäste zeigten sich in rechten Modemarken oder milieutypischer Kleidung gewandet. Eine Person trug ein Shirt mit einem Slogan und dem Symbol der extrem rechten „Identitären Bewegung“. Andere waren als Rocker oder Fans eines Berliner Fußballcubs zu erkennen.
Die Einnahmen des Konzertes von Sacha Korn sollen in Teilen übrigens an die „Bandidos“ geflossen sein. Ein Sprecher dieser Rockervereinigung teilte allerdings den PNN mit, dass das Geld für die Eltern eines im März 2017 ermordeten Neunjährigen in Nordrhein-Westfalen bestimmt sei. Ein Elternteil des Ermordeten soll Mitglied der „Bandidos“ sein.
Fotos: hier

Am Freitagabend kam es in Potsdam-Babelsberg anlässlich der Fußballregionalligabegegnung zwischen dem SV Babelsberg 03 und dem FC Energie Cottbus zu Auseinandersetzungen zwischen den auch politisch konträren Fangruppen. Es kam zu Hitler-Grüßen, Böllerwürfen und einem Platzsturm. Zweimal musste das Hochrisikospiel aufgrund von Fanausschreitungen vom Schiedsrichter unterbrochen werden. Beide mal stand das so genannte Brandenburg-Derby kurz vor dem endgültigen Spielabbruch.
Aggressive Vorboten im Hinspiel
Bereits im Hinspiel im November 2016 in Cottbus kam es im Rahmen der Begegnung zu erheblichen Provokationen sowie sowohl zu Schlagabtäuschen zwischen den rechtsorientierten Heim- und den linksorientierten Gästefans als auch zwischen rechten, heimischen Fans und der Polizei. Damals wurde der Babelsberger Fanblock bereits am Bahnhof mit antisemitischen Schmierereien Empfangen. An einer Brücke, kurz vor dem Stadion, griffen offensichtlich Cottbus-Anhänger die Gästefans mit Feuerwerkskörpern an, letztere revanchierten sich dafür mit Flaschenwürfen. Im Stadion blieb es dafür, bis auf die üblen Gesänge und vulgären Provokationen seitens der Heimfans, weitgehend friedlich. Erst nach dem Spiel soll wiederum aus den Reihen der heimischen Fans aus Cottbus die körperliche Auseinandersetzung mit den Gästen aus Babelsberg gesucht worden sein. Ein massives Polizeiaufgebot verhinderte dies jedoch offenbar. Daraufhin soll es zu Scharmützeln zwischen Fangruppen aus Cottbus und den Sicherheitskräften gekommen sein.
Hass-Derby eskaliert

Auch aufgrund der Ereignisse im Hinspiel wurde die brisante Begegnung am Freitagabend als Hochrisikospiel eingestuft. Doch trotz der erhöhten Sicherheitsvorkehrungen konnte die Eskalation im Brandenburger Hass-Derby, insbesondere im Stadion, nicht verhindert werden.
Bereits lange vor Anpfiff kam es aus den Reihen der Gästefans, die sich auch durch Sympathisierende der rechtsorientierten Fanszene des sächsischen Chemnitzer FC verstärkt hatten, immer wieder zum Zeigen des „Deutschen Grußes“ (umgangsprachlich: „Hitler-Gruß“), welches sich auch während des Spieles konsequent und ohne Konsequenzen fortsetzte. Außerdem folgten Parolen wie „Asylanten“ und „Arbeit macht frei – Babelsberg 03“. „Nazischweine“ und „Alerta Antifascista“ schallte es daraufhin aus Richtung der Heimfans.
Kurz vor Spielanpfiff zündeten die Babelsberger Ultras dann im Heimblock Nebeltöpfe und Bengalfackeln. Allerdings nicht in Richtung Gästefans, sondern offensichtlich als Mannschaftssupport. Dennoch ein Verstoß gegen die Stadionverordnung, die nach dem entsprechenden Hinweis des Stadionsprechers auch endete.
Wenige Minuten später suchten dann die Gästefans, die sich inzwischen massiv vermummt hatten, wieder die Auseinandersetzung. Nach einer Banneraktion gegen Babelsberg, bei dem zwei Tücher mit der Aufschrift „H8 03“ (Kurzform für „Hate 03“) gezeigt wurden, zündeten auch die Cottbusser Pyrotechnik, beschränkten dies allerdings nicht auf ihren Block, sondern schossen auch gezielt Feuerwerkskörper in Richtung Spielfeld und den heimischen Nulldreiern. Außerdem erklommen mehrere Gästefans die Spielfeldbegrenzungszäune, stürmten in Richtung Babelsberger Nordkurve und lieferten sich eine handgreifliche Auseinandersetzung mit Ordnern und Polizei. Nach dem daraufhin auch einige Fans des SV Babelsberg den Rasen erstürmt hatten, kam es zu einem größeren Polizeieinsatz sowie zu einer ersten Spielunterbrechung.
Nach ungefähr zehn Minuten wurde die Partie jedoch wieder angepfiffen und blieb bis zur Halbzeitpause weitgehend störungsfrei. Zur regulären Spielunterbrechung nach 45 Minuten führte die Mannschaft des FC Energie Cottbus übrigens mit einem Tor.

Kurz nach Anpfiff der zweiten Halbzeit begann die Konfrontation dann erneut. Nachdem eine Spruchbandaktion der Gästefans sowie der wiederholte Einsatz von Rauchtöpfen und Bengalfackeln beider Fanlager noch weitgehend harmlos blieben, schossen die Sympathisierenden des FC Energie abermals mit Feuerwerkskörpern auf den Heimblock und das Spielfeld. Wieder versuchten die Fans aus der Lausitz das Spielfeld zu stürmen, wurden aber schon beim Versuch den Begrenzungszaun zu überwinden seitens der Polizei mit Pfefferspray gestoppt. Abermals musste das Spiel für einige Zeit vom Schiedsrichter unterbrochen werden. Erst jetzt beruhigte sich die Lage in den Rängen, insbesondere im Gästeblock, merklich.
Nach dem Wiederanpfiff rückte dann das Fußballspiel ansich wieder in den Mittelpunkt des Spieltages. Und da legte jetzt eindeutig Babelsberg vor. In der 75. Minute glichen die Nulldreier zunächst aus, bevor sie in der 90. Minute mit einem weiteren Tor den Derby-Sieg holten. Die schmachvolle Niederlage im Hinspiel in Cottbus war damit zumindest spielerisch vergessen.
Fotos: hier
Im Vorfeld eines geplanten Großaufmarsches Anfang Mai 2017 in Gera (Thüringen) führte die neonazistische Kleinpartei „der III. Weg“ im Laufe des Tages mehrere Mobilisierungsveranstaltungen im Bundesgebiet durch. Schwerpunkte dieses so genannten „Antikapitalistischen Aktionstages“ waren dabei die Städte Nürnberg und Neumarkt in der Oberpfalz (Bayern).
In Berlin und Brandenburg war der III. Weg an mindestens zwei Orten präsent. Am frühen Morgen führte die Partei zunächst am Berliner Bahnhof Lichtenberg eine Versammlung durch, bevor sich ein Großteil der dort Teilnehmenden nach Brandenburg begab.
In Luckenwalde (Landkreis Teltow-Fläming) formierte sich der III. Weg dann zu einer erneuten Kundgebung. Daran nahmen ungefähr 20 Personen teil. Die Versammlung fand in der Salzufler Allee gegenüber der Polizeiinspektion Teltow-Fläming statt. Es wurden Flugblätter ausgelegt sowie ein Banner und mehrere Flaggen und Plakate gezeigt. Auf einem Plakat wurde mit der Überschrift: „Arbeit adelt“ geworben. Die Parole ist dem Motto des nationalsozialistischen Reichsarbeitsdienstes (RAD, Verbot 1945) „Arbeit für Dein Volk adelt Dich selbst“ entlehnt. Die Kurzfassung: „Arbeit Adelt“ war u.a. auch in Ehrendolchen dieser verbotenen Organisation eingraviert.
Ergänzung vom 24. April 2017:
Laut Polizeiangaben gegenüber den Potsdamer Neuesten Nachrichten soll es am Samstag auch noch eine Farbbeutelattacke auf die Kundgebung des III. Weges durch zwei Nazi-Gegner gegeben haben. Anschließend sei es außerdem zu „Rangeleien“ gekommen.
Fotos der Kundgebung: hier
An einer antifaschistischen Demonstration in Nauen beteiligten sich am Donnerstagabend bis zu 70 Personen. Der Aufzug richtete sich u.a. gegen eine jährlich stattfindende Mahnwache von Neonazis zum 20. April. Die neonazistische Versammlung zog wiederum ungefähr 20 Personen. Darüber hinaus veranstaltete die Nauener Zivilgesellschaft das ebenfalls jährlich stattfinde Toleranzfest. Diese Versammlung zählte, nach Angabe der Veranstaltenden, über den Tag verteilt mehrere hundert Teilnehmende. Ein deutliches Symbol gegen die neonazistischen Aktivitäten in der Stadt, doch für Nauen ausreichend?
Antifa-Demo gegen „Opferkult“ und „Naziterror“

Die antifaschistische Demonstration war von einer Einzelperson für das Bündnis „Nauen Nazifrei“ unter dem Motto: „Wo Turnhallen brennen, brennen am Ende auch Menschen – Gegen Opferkult und Naziterror“ angemeldet worden und führte zunächst von der ÖPNV-Haltestelle „Nauen, Bahnhof“ über die Dammstraße, die Oranienburger Straße, den Bredower Weg, die Karl-Thon-Straße bis in die Straße „Zu den Luchbergen“. Dort fand in Sichtweite einer von Neonazis im Jahr 2015 niedergebrannten, inzwischen aber wieder im Aufbau befindlichen Sportstätte eine Zwischenkundgebung statt. In einem Redebeitrag wurden dabei noch einmal an die Eskalation der rassistisch motivierten Aktivitäten im Jahr 2015, von der massiven Störung der Nauener Stadtverordnetensitzung, über die Aufmärsche im Stadtgebiet, den Gewaltaktionen gegen politische Gegner bis hin zum Brandanschlag auf die Turnhalle erinnert.
Die Sportstätte war vor dem Brandanschlag vom Landkreis Havelland nämlich als Notunterkunft für Geflüchtete vorgesehen, konnte aufgrund des verheerenden Feuers aber nie als solche genutzt werden. Durch die rassistisch motivierte Brandstiftung entstand jedoch ein Millionenschaden. Außerdem erzeugte die Tat ein bundesweites öffentliches Interesse und galt als schwerster extrem rechter Anschlag gegen eine Geflüchtetenunterkunft in den letzten Jahren. Die Tätergruppe, darunter ein NPD Stadtverordneter aus der havelländischen Kleinstadt, wurde inzwischen zum Teil zu hohen Haftstrafen verurteilt. Allerdings konnten den Beschuldigten nicht alle Straftaten, die zur Anklage gekommen waren, zweifelsfrei nachgewiesen werden. Nicht einmal der Anklagepunkt: „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ hatte vor Gericht bestand. Ein Makel dem im der antifaschistischen Demonstration am Donnerstagabend weitere Vorwürfe zum Gesamtkomplex Nauen folgten. Eine „echte“ Aufarbeitung der Geschehnisse aus dem Jahr 2015 sei demnach nämlich bisher in der Stadtgesellschaft ausgeblieben und überhaupt könnten „Nazis“ hier ungestört weiterleben.
Nach Beendigung der Zwischenkundgebung führe die Demonstrationsroute dann über die Berliner Straße, am Toleranzfest vorbei, bis in die Hamburger Straße, in Hör- und Sichtweite der dort vorgeblich zum Jahrestag der Bombardierung Nauens angemeldeten neonazistischen Mahnwache. Dort positionierten sich die Demonstrierenden noch einmal im Sinne ihres Mottos: „Gegen Opferkult und Naziterror“ gegen das jährliche neonazistische Gedenkritual.
Neonazistische Mahnwache zum 20. April

Die neonazistische Kundgebung fand, wie üblich, in Form einer Mahnwache an einem Weltkriegs-Denkmal in unmittelbarer Nähe zum städtischen Friedhof in der Hamburger Straße statt. Die Versammlung war zuvor im Internet von den „Freien Kräften Neuruppin-Osthavelland“ unter dem Motto: „Gedenken an die Bombenopfer“ beworben worden. Vordergründig wurde während der Mahnwache dementsprechend an die Bombardierung Nauens während des Zweiten Weltkrieges, genauer gesagt am 20. April 1945, erinnert. Ein niedergelegter Kranz mit der Aufschrift: „Wir gedenken der Nauener Bombenopfer“ deutete ebenfalls auf eine scheinbar ernsthafte Absicht des Gedenkens hin.
Doch der Veranstaltungstermin bietet jedoch Raum für Spekulationen hinsichtlich der Doppeldeutigkeit des Datums. Der 20. April ist nämlich auch der von Neonazis gerne zelebrierte Geburtstag Adolf Hitlers, im Szenejargon: „Führergeburtstag“. Offizielle Veranstaltungen zu diesem Anlass werden in der Regel allerdings durch die Versammlungsbehörden verboten oder durch die Polizei aufgelöst. Die Versammlung in Nauen war davon bisher jedoch noch nie betroffen, da dort eben offiziell an die Bombardierung der Stadt im Jahr 1945 gedacht wird.
Dass es sich bei den meisten Veranstaltungsbesuchenden aber um Neonazis handelt, dürfte jedoch unbestritten sein. Die Teilnehmenden Personen, die hauptsächlich aus dem Landkreis Havelland stammten, vereinzelt aber auch aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Oberhavel sowie aus der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel anreisten, gelten als Sympathisierende der neonazistischen „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“ und des mit dieser vereinsähnlichen Struktur verwobenen NPD Stadtverbandes Nauen. Die Sympathie zu diesen Organisationen wurde durch entsprechend gezeigte Banner deutlich.
Die Mahnwache zum 20. April in Nauen ist im Verbreitungsgebiet der „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“, trotz weiterer historisch belegter Bombenangriffe an anderen Tagen und in anderen Orten der Region, auch das einzigeDatum, das die Neonazis kontinuierlich für ihr vorgebliches „Gedenken“ an die Opfer derBombardierungen des Zweiten Weltkrieges, nutzen.
Toleranzfest gegen Rassismus
In Nauen selber hat es, seit der ersten Mahnwache der „Freien Kräften Neuruppin – Osthavelland“ im Jahre 2010, auch seitens der Zivilgesellschaft Bestrebungen gegeben, die Rolle Nauens in der NS Zeit aufzuarbeiten. Dazu fanden in den vergangenen Jahren immer wieder historische Workshops und Diskussionsrunden mit Zeitzeugen statt, bei denen sowohl der Bombenangriff am 20. April 1945 als auch das frühe SA-Konzentrationslager im heutigen Nauener Ortsteil Börnicke ein Thema waren.
Darüber hinaus veranstaltet der „Humanistische Freidenkerbund“ in Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen seit 2012 auch ein Toleranzfest „für ein friedliches und buntes Nauen“. Laut Aufruf für die Veranstaltung am 20. April 2017,die übrigens unter Schirmherrschaft des Nauenes Bürgermeisters stand, wollten sich die Organisierenden mit dem Fest insbesondere „gegen Gewalt, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit“ positionieren und gleichzeitig ein Beispiel für „Lebensfreude und kulturelle Vielfalt“in der Stadt geben.
So wurde den Gästen des „Toleranzfestes“ nicht nur ein buntes Potpourri von Informationsständen, Imbissangeboten und musikalischer Begleitung geboten, sondern den „Freien Kräften Neuruppin- Osthavelland“ gleichzeitig auch der Veranstaltungsort für ihre Mahnwache genommen. Ursprünglich, das heißt in den Jahren 2010 und 2011, hatten die Neonazis nämlich die Gartenstraße, also genau die Straße in der seit 2012 das „Toleranzfest“ stattfindet, als Standort für ihre Versammlung genutzt.
Perspektive Nauen
Die Verdrängung der Neonazis an den städtischer Rand durch eine einmal im Jahr stattfindende Veranstaltung kann indes jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die rassistisch motivierten Aktionen des Jahres 2015, in denen die Anschläge der inzwischen verurteilten Neonazigruppe nur eine kleine Episode darstellten, durchaus auch ein tiefes Problem in der Nauener Gesellschaft aufgezeigt haben. Nämlich das es jenseits der Toleranzfeste eben auch nicht wenig Zuspruch für ausländerfeindliche Ressentiments gibt.
Bei den Versammlungen gegen die damals geplante und inzwischen in Betrieb befindliche Geflüchtetenunterkunft in Nauen positionierten sich beispielsweise eben nicht nur bekannte Neonazis aus NPD und „Freien Kräften“, sondern auch Menschen aus der vermeintlichen Mitte der Gesellschaft.
Einen wachsenden Einfluss in der havelländischen Kleinstadt hat inzwischen auch die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD). Sie konnte hier in der jüngsten Vergangenheit breite Schichten Wählender akquirieren und bei den letzten Abstimmungen Ergebnisse im zweistelligen Bereich erzielen. Zuletzt überraschte die AfD in Nauen am 10. April 2016, als deren Kandidat für die erstmals direkt durchgeführte Wahl zum havelländischen Landrat mit 24,82 Prozent nicht nur ein beachtliches Resultat holte, sondern gleichzeitig auch den absoluten Spitzwert seiner Partei in einer Kommune im gesamten Landkreis Havelland erzielte. Mittlerweile rechnet sich die „Alternative für Deutschland“ auch gute Chancen bei der kommenden Bürgermeisterwahl in Nauen im September 2017 aus. Dass die blaue Partei vor Ort bereits im Jahr 2016 erste Akzente zu lokaler Präsenz und Einbindung in den überregionalen Parteiapparat setzte, offenbarten größeren Saalveranstaltungen, an der u.a. auch die momentane Bundesvorsitzende der AfD und ein EU-Parlamentarier der rechtspopulistischen „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ) teilnahmen.
Andere Experten, wie beispielsweise Dirk Wilking vom Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung – demos, der in Brandenburg Kommunen in der Auseinandersetzung mit der extremen Rechten berät, sehen das Hauptproblem in der Stadt allerdings eher woanders. „Das Problem in Nauen sind weniger die Nazis, sondern dass es lange keine Gegenkräfte gab“, so Wilking jedenfalls gegenüber der Zeitung „Die Welt“ im August 2016. Deutlich weniger Gegendemonstranten als bei rechten Kundgebungen in vergleichbaren, anderen Städten in Brandenburg habe er beobachtet. Zudem machte der Experte für Gemeinwesenberatung auch die „verkrustete“ Stadtpolitik und den noch amtierenden Bürgermeister für Fehler in der Vergangenheit verantwortlich. „Da wurden die Mittel für die Jugendarbeit halbiert und das Problem des Rechtsextremismus ausgeblendet“, so Wilking gegenüber der „Welt“ weiter.
Fotos: hier

Bei dem Mann der am gestrigen Vormittag nach einer Randale im Rathenower Möwensteig zunächst von der Polizei in Gewahrsam und anschließend kurzzeitig in eine Klinik eingewiesen wurde, soll es sich um den mutmaßlichen Anführer der „Patrioten Cottbus“, Lutz M, handeln. Dies berichtet zumindest die Socialmedia-Seite „Fragen an besorgte Bürger“ unter Berufung auf vertrauliche Hinweise. M, der anscheinend wieder auf freiem Fuß ist, soll dies über ein Zweitprofil in einem sozialen Netzwerk inzwischen indirekt ebenfalls bestätigt haben.
Randale im elterlichen Wohnhaus
Das Rathenower Newsportal „Rathenow24“ hatte zuvor berichtet, das ein 28 Jähriger im Wohnhaus seiner Eltern randaliert und Inventar beschädigt haben soll. Schließlich war die Polizei gerufen worden. Diese nahm den Mann in Gewahrsam. Dabei soll dieser sich so zu Wehr gesetzt, um sich getreten und geschlagen haben, dass die Beamten leichte Verletzungen erlitten. Erst nach dem Einsatz von Pfefferspray sei es den Polizisten offenbar gelungen, dem offenbar aggressiven Mann Handfesseln anzulegen. Er soll dann in die Rettungsstelle gebracht und anschließend in eine Fachklinik eingewiesen worden sein.
Politischer Wirrkopf am rechten Rand
Lutz M war zuvor, insbesondere in den Jahren 2015 und 2016, immer wieder bei PEGIDA-ähnlichen, rechten Veranstaltungen, beispielsweise beim „Bürgerbündnis Havelland“ in Rathenow, bei der „Bürgerbewegung Altmark“ in Stendal, „POGIDA“ in Potsdam und bei „BÄRGIDA“ sowie bei „Wir für Deutschland“ in Berlin durch sein auffälliges, aggressives Verhalten hervorgetreten.
Am 15. Oktober 2016 organisierte der bekennende Energie-Cottbus-Fan unter dem Label „Patrioten Cottbus“ dann eine erste eigene Versammlung in Cottbus. Diese war allerdings mit nur 34 Teilnehmenden ein Flop. Weitere Veranstaltungen folgten bislang auch nicht.
Allerdings sollen M und eine Sympathisierende Anfang Februar 2017 in Rathenow (nach Angaben der „Patrioten Cottbus“ in Cottbus-Sandow) wieder ein „Zeichen“ gesetzt haben. In einem unfreiwillig komischen Video, dass aus der Täterperspektive gedreht wurde und auf der Socialmedia-Seite der „Patrioten Cottbus“ nach wie vor einsehbar ist, soll M zu sehen sein, als er gerade eine Parole an eine Mauer neben dem Rathaus sprühte. In dem Kurzfilm unterhalten sich die Tatbeteiligten u.a. über die richtige Schreibweise des Buchstaben „G“.
Darüber hinaus fiel M in letzter Zeit auch immer wieder durch bedenkliche Aktivitäten im Socialmedia auf. Mal präsentierte er sich bedrohlich mit Schusswaffe, ein anderes mal legte er in skurrilen Live-Schaltungen sein äußerst bizarres Weltbild offen. In einem vor kurzem erschienen Video soll M außerdem eine verbotene NS-Parole skandiert haben.
Nach mehrtägigen Verhandlungen endete gestern vor dem Neuruppiner Amtsgericht ein Prozess gegen drei Neonazis aus Wittstock/Dosse(Landkreis Ostprignitz-Ruppin, Brandenburg) mit Freisprüchen. Den Angeklagten war gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen worden. Sie sollen im Februar 2015 in die Wohnung eines Linksalternativen in Wittstock/Dosse eingedrungen sein und den 22 Jährigen physisch misshandelt haben. Die angeklagten Neonazis gelten als gewaltbereite „Autonome Nationalisten“ und fielen in der Vergangenheit immer wieder bei Neonaziaufmärschen auf, einer von ihnen war zusätzlich von einer Polizeirazzia im Zuges des Verbotes der „Weisse Wölfe Terrorcrew“ (WWT) im Frühjahr 2016 betroffen.
Nächtlicher brutaler Überfall
Die vor dem Amtsgericht Neuruppin verhandelte Tat ereignete sich bereits vor zwei Jahren, in der Nacht vom 20. Auf den 21. Februar 2015. Damals hatten sich der Hauptbetroffene Chris L sowie mit ihm Befreundete in der Wohnung des 22 Jährigen aufgehalten. Gegen 02.00 Uhr seien dann die vermummten Täter aufgetaucht und hatten nach Einlass verlangt. Als ihnen nicht geöffnet wurde, sollen sie zunächst die Haustür des Mehrfamilienhauses und dann die Wohnungstür des Geschädigten eingetreten haben. Anschließend waren die Täter in den Wohnraum eingedrungen. Dann soll alles sehr schnell gegangen sein. Zunächst drängten die Täter L.s Gäste in das Schlafzimmer und sollen dann den 22 Jährigen getreten und mit einem gefährlichen Gegenstand auf den Betroffenen eingewirkt haben. Während des Überfalls sollen auch die Worte: „Scheiß Zecke“ und „Antifaschistenratte“ gefallen sein. Ein Teil des Wohnungsinventars soll ebenfalls zerstört worden sein. Chris L sollen die Täter blutend, auf dem Boden liegend, zurückgelassen haben.
Mutmaßliche Täter aus dem Neonazimilieu
Obwohl die Täter während der Tat unerkannt blieben, konnte die Polizei in einer Nahbereichsfahndung zumindest drei dunkelgekleidete Personen aus Wittstock/Dosse, Daniel S, Pierre S und Patrick D, feststellen. Die drei waren keine Unbekannten. Sie hatten im Vorfeld der Tat immer wieder an Neonaziaufmärschen in Wittstock/Dosse und anderen Städten teilgenommen. Auch nach dem Wohnungsüberfall beteiligten sich die Tatverdächtigen in den Jahren 2015 und 2016 an Aktionen des neonazistischen Milieus in ihrer Heimatstadt, in Neuruppin, Glöwen, Nauen, in Waren/Müritz (Mecklenburg-Vorpommern) sowie am 1. Mai in Saalfeld (Thüringen). Daniel S und Pierre S fielen zudem bereits seit 2011 als Sympathisanten der auch überregional aktiven „Freien Kräfte Ost“ sowie deren Nachfolgegruppen „Autonome Nationalisten Nord-Ost“ „Aktionsgruppe Nord-Ost“ und „NS Müritz“ auf. Pierre S. war weiterhin von der Vollstreckung des bundesweiten Vereinsverbotes gegen die „Weisse Wölfe Terrorcrew“ am 16. März 2016 betroffen. Er soll zur dreiköpfigen Brandenburger Sektion der neonazistischen Vereinigung gehört haben.
„Im Zweifel für die Angeklagten“
Pierre S sitzt zurzeit außerdem wegen anderer Straftaten in Haft und wurde zur Verhandlung in Handschellen vorgeführt. Im Fall des Wohnungsüberfalls reichten die Indizien gegen ihn und die beiden Mitangeklagten allerdings nicht aus. Das Gericht sprach deshalb Pierre S, Daniel S und Patrick D von den Tatvorwürfen frei.
Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft, die von der Schuldigkeit der Angeklagten überzeugt war, könnte die richterliche Entscheidung immer noch anfechten.
Weitere Verfahren gegen Wittstocker Neonazis
Indes sind vor Gerichten in Neuruppin noch weitere Verfahren gegen Neonazis aus Wittstock/Dosse anhängig.
Vor dem Landgericht wird beispielsweise gegen einen 36 Jährigen, einen 28 Jährigen und einen 24 Jährigen wegen versuchten Todschlag und gefährlicher Körperverletzung prozessiert. Die Angeklagten sollen, laut Presserolle des Gerichtes, am 3. Oktober 2016 in Wittstock/Dosse einen Mann erheblich verletzt und dessen Tod billigend in Kauf genommen haben. Zuvor hatten die vier Männer zusammen getrunken, waren dann aber in Streit geraten. In dieser Verhandlung geht es übrigens auch noch um weitere Straftaten. Den beiden 36 und 28 Jahre alten Angeklagten wird beispielsweise noch eine Körperverletzung am 19. August 2016 in Wittstock/Dosse zur Last gelegt. Außerdem muss sich der 28 Jährige für eine Gewalttat am 7. Dezember 2015, ebenfalls in Wittstock/Dosse, sowie wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisation verantworten. Er soll eintätowierte verbotene Symbole, darunter das Hakenkreuz und den Schriftzug „Blood &Honour Division Deutschland“ öffentlich gezeigt haben.
Vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Neuruppin beginnt in der nächsten Woche außerdem noch der Prozess gegen einen 22 Jährigen, dem gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung vorgeworfen wird. Er soll, laut Presserolle, gemeinsam mit zwei gesondert Verfolgten, einem 36 Jährigen und einem 35 Jährigen, am Tattag gegen 21:50 Uhr im Einkaufszentrum REIZ in Neuruppin gezielt auf zwei Betroffene zugegangen sein, sie gestoßen und mehrfach mit beschuhten Fuß gegen den Kopf- und dem Oberkörperbereich getreten haben. Die Geschädigten sollen Schmerzen, Prellungen und Schwellungen im Gesicht, Rücken- und Brustbereich erlitten und nach der Tat unter massiven Angstzuständen gelitten haben. Die Betroffenen sollen den Angeklagten, laut Gericht,zuvor wegen ihrer blau und grün gefärbten Haare und eines T‑Shirts mit dem Aufdruck „Good night white pride“ aufgefallen sein.
Landkreis Ostprignitz-Ruppin ist Schwerpunkt rechter Gewalt
Laut einer Chronologie des Vereines Opferperspektive eV für das Jahr 2016 zählt die Stadt Wittstock/Dosse neben Neuruppin und Rheinsberg zu den Schwerpunkten rechter Gewalt im Landkreis Ostprignitz-Ruppin. Mehr als 75 Prozent aller Gewaltdelikte mit extrem rechten Hintergrund wurden in diesen drei Orten begangen.
Darüber hinaus bildete 2016 der Landkreis Ostprignitz-Ruppin, laut einer Studie der Opferperspektive eV, mit 21 Straftaten auch einen Schwerpunkt rechter Gewalt im Land Brandenburg. Nur in der kreisfreien Stadt Cottbus und im Landkreis Spree-Neiße war die Anzahl der Gewaltdeliktemit extrem rechten Hintergrund, nach Angaben des Vereins, noch höher.
Die zunehmende Annäherung des „Bürgerbündnisses Havelland e.V.“ an extrem rechten Ausdruck und extrem rechter Symbolik schreitet offenbar von Versammlung zu Versammlung fort. Nach der „Reichsgründungsfeier“ am 21. Januar 2017 und dem Gedenken an den vermeintlichen „deutschen Völkermord“ am 14. Februar 2017 stellt die im Rahmen der heutigen Abendveranstaltung der Vereinigung erstmals öffentlich als neues Erkennungszeichen gezeigte so genannte „Lebensrune“ einen weiteren Meilenstein auf dem Weg nach ganz Rechtsaußen dar.
„Lebensrune“ als neues Identifikationssymbol
Bereits seit dem 23. Februar 2017 nutzt die rechte Vereinigung Bürgerbündnis Havelland e.V. auf seinem Socialmedia-Profil im Internet statt des bisher verwendeten sechszackigen schwarzen Sternes die Rune in ihrem Logo. Im Zuge einer darauf im Netz entbrannten Diskussion, verfasste der Vereinsvorsitzende Christian Kaiser ein kurzes Statement, demnach es sich bei dem neueingefügten Symbol um die so genannte „Lebensrune“ („Man“-Rune) handele. Diese sei offenbar bewusst gewählt worden, weil sie angeblich „ein Zeichen des Deutschen Volkes seit über 2.000 Jahre(n)“ darstelle. Eine Begründung die allerdings höchst zweifelhaft erscheint, da sich tatsächlich weder im „Heiligen Römischen Reich (Deutscher Nation)“, welches als erstes deutsches Staatengebilde vom 10. Jahrhundert bis 1806 existierte, noch im „Deutschen Kaiserreich“ (1871 bis 1918) Belege für die Nutzung dieser Rune finden. Erst im nationalsozialistischen „Dritten Reich“ (1933 bis 1945) ist eine breite Verwendung der „Lebensrune“ belegbar. Dort wurde sie beispielweise in der „NS Frauenschaft“ und in der Hitlerjugend (HJ) sowie (gemeinsam mit der „Todesrune“) als genealogisches Symbol in Todesanzeigen oder auf Grabanlagen verwendet. Der auffällig breiten Verwendung der Rune im Nationalsozialismus dürften dabei vor allem ideologische Motive zu Grunde liegen. Es sollte eine historische Kontinuität zwischen der (nationalsozialistischen) deutschen „Volksgemeinschaft“ und seiner vermeintlichen germanischen Wurzeln konstruiert werden.
Das vielfach kaum historische Quellen zum Runen-Alphabet sowie zu den Germanen im Allgemeinen vorlagen, störte dabei offenbar wenig. Es wurde einfach auf das Wissen ideologisch bequemer Scharlatane zurückgegriffen. Ein Beispiel hierfür ist der Österreicher Guido von List (1848–1919). Er gilt als „Erfinder“ der „Lebensrune“. List, der auch als Vorkämpfer der völkischen Bewegung und Begründer der rassistisch-okkultistischen Ariosophie angesehen wird, orientierte sich dabei weniger am wissenschaftlichen Stand der Sprachforschung zu den historisch verbürgten Runenalphabeten, sondern erfand mit seinem „Armanen-Futhark“ einfach sein eigenes Runen-ABC. Diesem lieferte List auch gleich seine ausgedachten esotherischen Deutungen mit. In der „Lebensrune“ bzw. „Man-Rune“, sah er beispielweise das „geheiligte Zeichen der Fortpflanzung des Menschengeschlechtes“. Sein Armanen-Futhark sowie seine Runendeutung wurden später von der so genannten „Thulegesellschaft“, von denen einzelne Mitglieder wiederum einen großen Einfluss auf die Gestaltung der Parteisymbolik der NSDAP hatten, übernommen.
Die heutige Verwendung des Begriffs „Lebensrune“ hat somit nicht nur eine eindeutige Tendenz, sondern kann auch als ein Indiz für die Öffnung des „Bürgerbündnisses Havelland e.V.“ gegenüber völkischen Ideologien, mindestens aber Ideologiefragmenten angesehen werden.
Stagnation am extrem rechten Rand
Ein neues Publikum hat sich die Vereinigung damit jedoch bisher noch nicht erschlossen. Zu den Versammlungen des rechten „Bürgerbündnisses Havelland e.V.“ kommen konstant – so auch heute wieder – ca. 25 Personen. Neben Mitgliedern und Sympathisanten der veranstaltenden Vereinigung sind dies auch Einzelpersonen der Untergruppe „NS Havelland“ sowie aus Berlin angereiste Akteure der extremen Rechten. Letzt genannte können dem Spektrum des „BÄRGIDA e.V.“ sowie der „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ zugeordnet werden. Beide Vereinigungen werden vom Verfassungsschutz des Landes Berlin beobachtet. Im aktuellen Berliner Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2015 werden sowohl „BÄRGIDA e.V.“ als auch die „Bürgerbewegung Pro Deutschland“ als islamfeindliche Mischszenen im Bereich des Rechtsextremismus erwähnt.
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Zu einem kurzen Zwischenfall kam es offenbar bei der Versammlung der rechten Vereinigung „Bürgerbündnis Havelland eV“ am Dienstagabend in Rathenow. Laut Statement des Vereinsvorsitzenden habe eine Person versucht, den Stromgenerator für die Lautsprecher- und Lichtanlage zu beschädigen. Gegen den Mann soll Anzeige erstattet worden sein. Zumindest fragwürdig erscheint in diesem Zusammenhang allerdings die Art und Weise wie der Tatverdächtige gestellt wurde. Einen Polizeieinsatz gab es anscheinend nicht. Der Mann soll vielmehr durch den Vereinsvorsitzenden sowie einem Sympathisanten des „Bürgerbündnisses Havelland eV“ gestellt, gepackt und zu einer am Rande der Versammlung postierten Streifenwagenbesatzung der Polizei gebracht worden sein. Die beiden Beamten nahmen dann nur noch die Personalien des Mannes auf und ließen ihn anschließend wieder gehen.
Es wäre nicht das erste mal, dass sich Sympathisanten PEGIDA-ähnlicher Bewegungen als Hilfspolizei betätigen. Erst in der vergangenen Woche wurde ein ähnlich anmutender Fall aus Dresden bekannt geworden. Dort soll ein PEGIDA-Anhänger der Polizei bei der Räumung einer Sitzblockade behilflich gewesen sein.
An der Versammlung des „Bürgerbündnisses Havelland eV“ am Dienstagabend in Rathenow nahmen übrigens wieder ungefähr 25 Personen teil. Die meisten davon stammen aus der näheren Umgebung und sind als Sympathisanten dieser Vereinigung sowie ihrer mutmaßlichen Untergruppe „NS Havelland“ bekannt. Eine kleine Gruppe Versammlungsteilnehmer reiste allerdings auch wieder extra aus Berlin an. Diese Personen sind als Sympathisanten des rechten BÄRGIDA eV bekannt.
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