Am 28. und 29. November trafen sich in Blossin Aktive aus Initiativen, die in elf Brandenburger Landkreisen für die Unterstützung von Geflüchteten wirken. Das Treffen wurde organisiert von Initiativen aus den Landkreisen Dahme-Spreewald, Uckermark und Oberhavel sowie der Aktion Schutzschild der Amadeu Antonio Stiftung und dem Flüchtlingsrat Brandenburg. Die Opferperspektive e.V. brachte ihre Expertise zum Thema Schutz vor rechter Gewalt und Umgang mit Diskriminierung ein.
Im Vordergrund des Treffens stand die landesweite Vernetzung und der Austausch von Erfahrungen und Fachinformationen zu Themen wie konkrete Unterstützung, Asylrechtsverschärfungen und drohenden Abschiebungen, Umgang mit rechter Gewalt und Bedrohungen, Möglichkeiten der Einflussnahme auf kommunaler Ebene, Partizipation Geflüchteter sowie die Unterstützung von Flüchtlingen in Sammelunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen.
Die Willkommensinitiativen haben die bundesweiten Asylrechtsverschärfungen kritisiert und eine landesweite Zusammenarbeit
sowie kontinuierlichen Erfahrungsaustausch zu flüchtlingspolitischen Themen verabredet. Auf dem Treffen wurde auch die Politik der Landesregierung und das Verwaltungshandeln der Landkreise kritisch diskutiert.
Angesichts mangelnder oder fehlender Aufnahme- und Versorgungsstrukturen beklagten viele Aktive eine systematische Vereinnahmung ihres ehrenamtlichen Engagements. In zahlreichen Einzelfällen und auf unbestimmte Zeit sind es ehrenamtlich Aktive, die staatliche Versorgungsausfälle ausgleichen und mit unsinnigen gesetzlichen Regelungen zu kämpfen haben. Zusätzlich belasten die Ehrenamtlichen Anfeindungen von Rechts, denen sie bereits ausgesetzt sind oder die sie befürchten müssen.
Ein weiteres Vernetzungstreffen wurde für das kommende Jahr vereinbart.
Autor: Simon
Für Montag, den 30.11. wird im Internet erneut zu einer Demonstration gegen das angebliche Asylchaos aufgerufen. Wir stellen uns dagegen und treffen uns um 19.00 Uhr in der Altstadt. Wir wollen in Strausberg weiter friedlich zusammen leben! Gemeinsam gegen Hetze, Ausgrenzung, Unmenschlichkeit!
Wer jetzt den Weg über das Mittelmeer hierher schafft, flieht unter Lebensgefahr vor Krieg, aus zerstörten Ländern, vor unmenschlichen Zuständen und Hunger in Flüchtlingslagern. Wenn wir diesen Menschen ein menschenwürdiges Leben bieten wollen, muss deshalb keine Strausbergerin und kein Strausberger sein Zuhause verlassen, niemand ist dadurch in seiner Existenz bedroht. Viele von uns helfen — beruflich, ehrenamtlich, privat. Wir wollen hier weiter friedlich zusammen leben, egal, wer wo geboren und aufgewachsen ist.
Kriegsflüchtlinge, Asylbewerber und Migranten sind für die Organisatoren solcher Demonstrationen das eigentliche Ziel. Lügen, Verdrehungen, Gerüchte über frei erfundene Gewalttaten begleiten Parolen gegen “Rundfunk-Steuer, Genderwahn, Islamisierung, Grenzkriminalität, Hartz IV-Betrug, Mindestlohnlüge, Integrationsindustrie”. Alle sollen sich dahinter versammeln können, die Unzufriedenen und die, die schon immer mal um sich schlagen wollten. Organisatoren, Mitläuferinnen und Mitläufer wissen und lassen es zu, dass solche Demonstrationen die Anschläge auf Unterkünfte und Menschen befeuern. Von Anfang an sind rechtsradikale Drahtzieher die Profiteure solcher Demonstrationen und Aktionen von Pegida und Co. Wer diesen Parolen folgt, demonstriert seine Bereitschaft, Gewalt in den Alltag zu tragen, Hass zu rechtfertigen, Gesundheit und Leben von Menschen zu beschädigen.
Wir lehnen die Diffamierung und Ausgrenzung von Menschen ab: Es gibt kein einziges Problem, das mit Hass und Gewalt gegen Ausländerinnen und Ausländer gelöst werden könnte, außer unbefriedigten rassistischen Gewaltphantasien. Wer das bestreitet, belügt sich und andere und will mit Rassismus nach und nach die Grundlagen unseres Zusammenlebens zerstören.
Stellen Sie sich mit uns dieser rassistischen Verhetzung entgegen! Am Montag, 30. November, 19 Uhr, Strausberg, Buchhorst / Müncheberger Straße.
„Strausberger Bündnis für Menschlichkeit“
INFORIOT Diese Woche fanden in Brandenburg erneut mehrere neonazistische Aufmärsche statt. Am Dienstag marschierte die sog. “Bürgerwehr Havelland” mit knapp 600 Personen durch Rathenow. 270 Personen nahmen am siebten “Abendspaziergang” in Oranienburg teil und in Cottbus führte die AfD eine Demonstration mit knapp 600 TeilnehmerInnen durch. Neben den Brandenburger AfD-Fraktionsvorsitzenden und Bundes-Vize Alexander Gauland, sprach in Cottbus ebenfalls der Thüringer AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke. Am Freitag fand in Cottbus-Sachsendorf außerdem eine weitere NPD Kundgebung statt.
Oranienburg: 270 bei rechten “Abendspaziergang”

Am Mittwoch marschierten zum siebten Mal RassistInnen und Neonazis gegen Geflüchtete in Oranienburg auf. An der Demonstration, die durch die dunklen Straßen Oranienburgs führte, nahmen knapp 270 Menschen teil. Wie auch schon die Aufmärsche zuvor, wurde die Veranstaltung durch die örtliche NPD unterstützt und angeführt (Inforiot berichtete). Die Eröffnungsrede hielt wie schon die Aufmärsche zuvor das vermeintliche JN und NPD Mitglied Martin Ulbrecht. Die mobile Sprechanlage betreute des bekannte JN Mitglied Philipp Badczong. Auch aus den benachbarten Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Barnim waren Neonazis angereist. So war der Neuruppiner NPD Stadtverodnete Dave Trick, sowie der NPDler Andreas Rokohl. Zu dem wurde das NPD-Transparent zur aktuellen Kampagne “Asylbetrug macht uns arm” auf der Demonstration mitgeführt.

Diese Mal wurde von Seiten der örtlichen Zivilgesellschaft auf eine Gegendemonstration verzichtet. Stattdessen wurde der “Abendspaziergang” für seine TeilnehmerInnen zu einem unfreiwilligen Spendenlauf. Für jeden Kilometer, den einE DemonstrantIn zurückgelegt hat, soll ein Euro an “Willkommen in Oranienburg” gespendet worden sein. Zu der Aktion rief das Forum gegen Rassismus und rechte Gewalt Oranienburg auf, Tage zuvor hatten sich kleinere Unternehmer_innen und Einzelpersonen für Spenden bereit erklärt. Am 16. Dezember soll der nächste “Abendspaziergang” stattfinden.

Weitere Bilder: hier.
Cottbus: NPD pausiert bis Januar
Nachdem am Mittwoch, den 25. November, knapp 600 Neonazis und RassistInnen an einer AfD Demonstration gegen Asyl teilgenommen haben, floppte die NPD am Freitag grandios. Zu der vierten NPD Demonstration im Stadtteil Sachsendorf waren lediglich 60 Personen erschienen, sodass die OrganisatorInnen auf eine Demonstration verzichteten und eine einstündige Kundgebung abhielten. Auf der Demonstration sprachen die NPD MultifunktionärInnen Aileen Rokohl und Ronny Zasowk. Mit den Worten “Das wars für heute” beendete Oliver Schierack die Kundgebung und kündigte eine Demonstrationspause bis Januar an.
Somit ist der NPD endgültig misslungen auf den Anti-Asyl-Zug in Cottbus aufzusteigen. Nachdem “besorgte BürgerInnen” sich Anfang Oktober zu spontanen Versammlungen auf dem Normaparkplatz in der Lipezker Straße versammelt hatten, hielt die NPD in einem zweiwöchigen Rhytmus Demonstrationen ab um das rassistische Potential auszuschöpfen (Inforiot berichtete). Mit jeder Demonstration sank die Zahl der TeilnehmerInnen. Gleichzeitig fing die AfD an ebenfalls Demonstrationen im monatlichen Rhytmus in Cottbus abzuhalten. Auch andere Gruppierungen scheinen in der AfD einen potentielles Zugpferd für die rassistische Mobilisierung zu sehen. Laut Augenzeugenberichten waren am Mittwoch bei der AfD-Demonstration MitgliederInnen des “III.Weg”, sowie der Verein “Zukunft Heimat e.V.”, welcher als eines der Nachfolgeprojekte der Spreelichter vermutet wird, vertreten. Letzteres präsentierte sich sogar mit einem Transparent und kündigte eine weitere Demonstration in der Spreewaldregion an. Für den 5. Dezember ist in Lübbenau eine Demonstration angemeldet.
Umzugshilfe gesucht – Unser Stadthaus zieht um!
Das Stadthaus übernimmt Verantwortung und macht Platz für Geflüchtete.
Potsdams Wohnpolitik ist gescheitert. Seit Jahren fehlt es an sozialem Wohnraum für Alteingesessene und Neuankömmlinge. Nicht die Menschen, die aus Krieg und Elend geflohen sind, sollen nun die Konsequenzen der verfehlten Wohnpolitik tragen. Das Stadthaus zieht ab sofort in bereitgestellte Leichtbauhallen und sucht hierfür ehrenamtliche Umzugshelferinnen und ‑helfer! Ihr Engagement beim Umzug stärkt unsere Stadtgemeinschaft und entlastet den Finanzhaushalt.
Machen Sie mit als Umzugshelfer/in und kommen Sie am Donnerstag, den 26.11.2015 um 15 Uhr in angemessener Arbeitskleidung zum Stadthaus. Wir zählen auf Sie!
Die faschistischen und rassistischen Demonstrationen und Kundgebungen von besorgten Bürgern, bekannten Nazis und rechtsorientierten Hools zielen immer weiter auf Südbrandenburg ab. Neben den großen wöchentlichen Demonstrationen in Cottbus, die regelmäßig durch die Afd, Npd oder durch „Nein zum Heim“ Gruppen organisiert werden oder neben der großen Demonstration mit ca. 700 Teilnehmern in Lübbenau, organisiert vom Afd-nahen Verein „Zukunft Heimat e.V.“ finden auch immer mehr Kundgebungen und Demonstrationen im Umland von Finsterwalde statt. Hier mal eine kurze Auflistung:
19.10.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
26.10.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
29.10.2015 Afd Infotisch in Elsterwerda
30.10.2015 BraMM Demo in Senftenberg
01.11 2015 rassistische Kundgebung und „Grablicht aktion“ in Badliebenwerda
02.11.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
05.11.2015 faschistische Kundgebung bekannter Nazis in Sonnewalde
08.11.2015 rassistische Kundgebung und „Grablicht Aktion“ in Bad Liebenwerda
09.11.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
13.11.2015 Afd „Stammtisch“ in Sonnewalde
14.11.2015 „Gedenkaktion“ für Paris und Verbreitung faschistischer Propaganda in Finsterwalde
Bei den selbsternannten „Montagsdemos“ in Großräschen finden sich wöchentlich ca. 100–150 Nazis und Wutbürger zusammen um in einer einstündigen Kundgebung gegen die bestehende Asylpolitik und gegen den Antifaschismus zu wettern. Organisiert wird der braune Müll vom Reichsbürger R. Handta. Verpackt wird die faschististche Hetze in schlecht vorgetragenen Reden von verschiedenen Rednern wie „Andy“ oder der „Anheizer Sven“. Ab und zu kann man von den meist stark betrunkenen Nazis Sprüche hören wie „Wir sind das Volk“ und „Wer Deutschland nicht liebt muss Deutschland verlassen“.
Am 30.10.2015 veranstaltete die faschistische BraMM in Senftenberg nach ihrer Sommerpause ihre erste Demonstration. An dieser Demo nahmen ca. 200–250 Menschen teil. Auf der Demonstration redete der BraMM-Chef und Vorsitzende der Freiheitlichen Liga e.V., Haiko Müller. Weitere Gastredner aus Sachsen kamen außerdem zu Wort. Unter anderem sprach Engelbert Merz. Nach dem die Faschisten mehrere Reden auf den Senftenberger Marktplatz abhielten sollte ihre Demo durch die Innenstadt ziehen welche aber durch eine Blockade umgeleitet wurde. Nach einem 30 minütigen Fußmarsch endete der rassistische Spuk mit einer Abschlussrede.
In Bad Liebenwerda trifft sich Sonntags die sogenannte „Graswurzelbewegung“ die einen bundesweiten Bürgerprotest mit den Namen „Aktion Grablicht“ organisieren. Dafür versammeln sich ca. 100 „Bürger Deutschlands“ vor dem Rathaus in Bad Liebenwerda um schweigend mit einen Grablicht gegen Flüchtlinge und „offene Grenzen“ zu demonstrieren. Das Motto der Demonstranten „still, friedlich und demokratisch“ damit fordern sie den Rücktritt der Merkel und ein Stop der Einwanderung von Geflüchteten.
Am 05.11.2015 versammelten sich in Sonnewalde ca. 50 bekannte Nazis aus Finsterwalde und den umliegenden Dörfern. Auf dem Marktplatz von Sonnewalde hielten sie mehrere Reden mit einem Megaphone ab und versuchten durch das Ansprechen von den in Sonnewalde immer aktuellen Abwasserproblem Bürger auf ihre Seite zu ziehen. Die Faschisten standen ca. eine Stunde unbeachtet auf dem Markt.
Am Samstag den 14.11.2015 mobilisierten Neonazis aus den Raum Finsterwalde zu einer „Gedenkaktion“ für Paris auf den Rathausvorplatz. Nachdem sich die Nazis dort trafen und auch einige Bürger die von der Scheinveranstaltung nichts wussten erschienen, verteilten die Faschisten regierungsfeindliche Propaganda. Beim Eintreffen der ersten Antifaschisten aus Finsterwalde verschwand das braune Pack. Diese Aktion bleibt nicht unbeantwortet!
Für Montag den 23.11.2015 mobilisieren die Nazis zu ihrer letzten „Montagsdemo“. Am 27.11.2015 will die faschistische BraMM wieder in Senftenberg demonstrieren! Wir rufen euch auf gemeinsam mit uns die bevorstehenden Nazikundgebungen zu sabotieren und zu blockieren! Gemeinsam gegen Naziterror und Rassismus in Südbrandenburg in der BRD und auf der restlichen Welt. Den Faschismus im Keim zu ersticken bleibt unser Ziel!
Support your local Antifa and Join the Fight!
Für Montag, den 16.11. wird im Internet zu einer Demonstration gegen das angebliche “Asylchaos” aufgerufen. Wir stellen uns dagegen und treffen uns um 19.00 Uhr in der Altstadt. Wir wollen in Strausberg weiter friedlich zusammen leben! Gemeinsam gegen Hetze, Ausgrenzung, Unmenschlichkeit!
Wer jetzt den Weg über das Mittelmeer hierher schafft, flieht unter Lebensgefahr vor Krieg, aus zerstörten Ländern, vor unmenschlichen Zuständen und Hunger in Flüchtlingslagern. Wenn wir diesen Menschen ein menschenwürdiges Leben bieten wollen, muss deshalb keine Strausbergerin und kein Strausberger sein Zuhause verlassen, niemand ist dadurch in seiner Existenz bedroht. Viele von uns helfen — beruflich, ehrenamtlich, privat. Wir wollen hier weiter friedlich zusammen leben, egal, wer wo geboren und aufgewachsen ist.
Wir lehnen die Diffamierung und Ausgrenzung von Menschen ab: Es gibt kein einziges Problem, das mit Hass und Gewalt gegen Ausländerinnen und Ausländer gelöst werden könnte, außer unbefriedigten rassistischen Gewaltphantasien. Wer das bestreitet, belügt sich und andere und will mit Rassismus nach und nach die Grundlagen unseres Zusammenlebens zerstören.
Stellen Sie sich mit uns dieser rassistischen
Verhetzung entgegen!
Montag, 13. November, 19 Uhr, Strausberg, Altstadt.
Bündnis „Strausberg Nazifrei“
INFORIOT Bereits zum dritten Mal marschierte die NPD unter dem Motto “Das Boot ist voll” gegen Geflüchtete in Cottbus-Sachsendorf auf. An der Demonstration nahmen 150–200 Neonazis und RassistInnen teil. Während sich die NPD bei den ersten Demonstrationen noch um ein “bürgerliches” Auftreten bemüht hatte, leugnete sie an dem gestrigen Freitag nicht mehr die Parteinähe der Veranstaltung.

Die Demonstration begann am Zelt auf dem Gelsenkirchener Platz mit einer Ansprache von dem Anmelder Oliver Schierack und der Brandenburger NPD-Schatzmeisterin und Vorsitzende des Kreisverbandes Barnim-Uckermark, Aileen Rokohl. Danach bewegte sich der Aufzug unter Rufen wie “Kriminelle Ausländer Raus” oder “Wie wollen keine Asylantenheime” in die Gelsenkirchener Straße. In Höhe des Lidls, mitten im Nichts, hielt die Demonstration eine Zwischenkundgebung ab, auf der der stellvertretende Vorsitzende der NPD Berlin, Stefan Lux, der von Oliver Schierack als “Politikwissenschaftler” angekündigt wurde. Stefan Lux sprach von einer “wahren Sinnflut von Fremden”, die Deutschland “überschwemmen” würde. Er hetzte gegen Geflüchtete und bezeichnete sie als “bildungsfeindlich”, von der “islamistischen Hassideologie” und “menschenverachtendem Rassismus” besessen, die nur wegen Sozialleistungen her kommen würden. Nach einer kurzen Ansprache ging die Demonstration zurück und bog in die Ricarda-Huch-Straße ein.

Im Wohngebiet in der Helene-Weigel-Straße wurde eine weitere Zwischenkundgebung abgehalten. Dort hielt der Görlitzer NPD-Funktionär Andreas Storr eine längere Rede. In seiner Hetzrede prangerte er die Politik an, die “die Lebensinteressen [des] Volkes Tag täglich verrät und verletzt”. Er sprach von “paradisischen Zuständen” in Cottbus, anders als der “vordere Orient in Europa”, womit er den Duisburger Stadtteil “Marxlohe” (Fehler im Original) meinte. Außerdem sprach er davon, dass ganze “Völkerschaften” nach Deutschland kommen würden, die “naturgegeben” unter sich bleiben wollen. Storr prophezeite, dass die Deutschen zu einer Minderheit werden und dass Deutschland “Mord und Totschlag” vorherrschen würde.
Von der Helen-Weigel-Straße führte die Demonstration dann über die Berthold-Brecht-Straße zurück zum Ausgangspunkt. Ohne einer Abschlussrede meldete Oliver Schierack die Demonstration ab. Proteste gegen den NPD-Aufmarsch blieben an diesem Tag aus.
NPD kein Zugpferd in Cottbus
Die geringe TeilnehmerInnenzahl deutet darauf hin, dass die flüchtlingsfeindlichen Proteste in Cottbus an Antrieb verlieren. Am 9. Oktober versammelten sich knapp 40o Menschen auf den Norma Parkplatz in der Lipezker Straße zu einer unangemeldeten Versammlung, um von dort aus zur Notunterkunft in der Pozaner Straße zu ziehen. Dort fand zeitgleich ein Willkommensfest statt (Inforiot berichtete). Wöchentlich folgten Demonstrationen von der NPD und durch den mutmaßlichen Reichsbürger Rico Handta.
Wie schon bei den Demonstrationen zuvor offenbart sich, dass die NPD nicht das richtige Zugpferd für die Anti-Asyl-Mobilisierung in Cottbus ist. Mit den abwechselnden Demonstrationen der NPD und von Rico Handta im zweiwöchigem Rhytmus splittet sich inzwischen die potenzielle TeilnehmerInnenzahl in unterschiedliche Spektren auf.
Bekannte NPD-Aktivisten geben sich aggressiv
Während Andreas Storr in seiner Rede betonte, dass in seiner 30-jährigen NPD-Arbeit noch nie Gewalt durch die Partei ausging, sondern nur von den “bezahlten Antifa-Truppen”, bewiesen einige NPD Funktionäre im Verlauf der Demonstration genau das Gegenteil. So versuchte der Vize-Vorsitzende des Lausitzer NPD-Kreisverbandes, Alexander Bode, Pressevertreter_innen einzuschüchtern. Bode gilt als der Haupttäter der Hetzjagd von Guben 1999, in Folge dessen der Asylsuchende Farid Guendoul verstarb. Nach Auflösung der Demonstration kam es zu einem versuchten Übergriff: Mehrere Personen, darunter auch der Gubener NPD-Verordnete Markus Noack, nahmen Pressevertreter_innen ins Visier. Durch die Polizei konnte die Eskalation jedoch verhindert werden.

Weitere Veranstaltungen in Brandenburg
In zwei Wochen will die NPD erneut in Cottbus aufmarschieren. Ebenso hat die Alternative für Deutschland für den 25. November eine weitere Demonstration mit dem Brandenburger Parteichef Alexander Gauland angekündigt.
Auch in weiteren Städten Brandenburgs hält die rassistische Mobilisierung an. Am Samstag, den 14. November, wollen die BB.Patrioten eine Demonstration in Prenzlau abhalten. Für Montag, den 16. November, will BraMM eine Kundgebung in Strausberg abhalten. Ebenfalls will die AfD am Montag eine Demonstration in Pritzwalk abhalten. Als Redner werden die landtagsabgeordneten Andreas Kalbitz und Steffen Königer angekündigt. Am Dienstag, den 17. November will das NPD-nahe “Bürgerbündnis Havelland” eine dritte Demonstration in Rathenow abhalten. Weitere Demonstrationen sollen am Freitag, den 20. November, in Jüterbog und am 21. November in Lindow stattfinden. Indes plant die NPD ebenfalls am kommenden Sonnabend eine Kundgebungstour duch Nordbrandenburg. In Templin, Angermünde und Bad Freienwalde wollen sie Halt machen. Als Redner der Kundgebungstour sind der Stargarder NPD-Stadtverordnete Norman Runge und der Landtagsabgeordnete Michael Andrejewski aus Mecklenburg-Vorpommern angekündigt.
Bilder: hier.
Fighting for 20 years!
Am 7. November 1992 wurde Rolf Schulze in Lehnin von drei Neonazis zusammengeschlagen, ertränkt und verbrannt.
Am 20. Februar 1996 wurde Sven Beuter in Brandenburg an der Havel von einem Neonazi zu Tode getreten.
Diese Morde sind nur zwei von über 180 die seit der Wiedervereinigung in der Bundesrepublik verübt wurden. Beide Fälle eint, dass die Menschen von bekennenden und organisierten Neonazis ermordet worden sind. Beide Männer mussten sterben, weil sie „kein Recht, [haben] unter der strahlenden Sonne zu leben“, wie es einer der Mörder von Rolf Schulze während der Gerichtsverhandlung verlauten ließ.
Rolf Schulze war zu seinem Todeszeitpunkt im Jahre 1992 wohnungslos und schlief häufig auf Bahnhöfen. Des Weiteren ging er keiner geregelten Arbeit nach. Dies allein machte ihn zum potentiellen Opfer. Die drei Täter sahen in ihm nur eine Belastung für die Gesellschaft und befanden daher, dass sie im Sinne dieser agieren, wenn sie ihn misshandelten und in letzter Konsequenz töteten. Aus ihrer Ideologie machten sie während der Gerichtsverhandlung keinen Hehl. Auch gaben sie offen zu in verschieden neonazistischen Gruppierungen aktiv zu sein. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass ihre Handlung nicht im Affekt geschehen ist, sondern letztendlich die Konsequenz ihrer Weltanschauung ist, in der nur Menschen ein Recht zu leben haben, die einen Mehrwert für die Gesellschaft darstellen
Ähnlich verhält es sich bei dem Mord an dem alternativen Jugendlichen Sven Beuter. Er wurde von dem noch heute in der Neonaziszene aktiven Sascha L. ermordet. Dieser versuchte zwar während der Gerichtsverhandlung Reue zu zeigen, tat dies nachweislich jedoch nur, um mit einer milderen Gefängnisstrafe davon zu kommen. Nach Beendigung dieser, machte er da weiter, wo er vor dem Mord aufgehört hatte. Seit diesem im Jahre 1996 gibt es immer wieder Gedenkveranstaltungen die versuchten, diesen nicht auf eine Auseinandersetzung von rivalisierenden Jugendgruppen zu reduzieren, sondern die politische Dimension klar zu benennen. An diese Tradition gilt es in diesem Jahr anzuknüpfen, denn solche Morde, als auch die zahlreichen Übergriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte geschehen nicht von ungefähr, sondern sind die logische Konsequenz der Ungerechtigkeit des kapitalistischen Systems.
Dieses basiert auf der Ausnutzung von Vor- und Nachteilen. Wer den Vorteil des Reichtums hat, kann weitestgehend tun und lassen was er_sie will. Wer diesen Vorteil nicht hat, muss sich ausbilden lassen, um möglichst nützlich zu sein und anschließend hoffen, dass er_sie irgendwo benötigt wird. Randgruppen passen nicht in dieses System, weil sie kaum Vorteile haben, welche sie zu ihren Gunsten nutzen können oder wollen. Der Kapitalismus kennt nur zwei Größen: Kapital und Arbeit, wer das eine nicht hat, muss das andere verkaufen. Wohnungslose Personen haben nur eine sehr kleine Chance sich wieder in die normale Gesellschaft zu integrieren. Randgruppen sind fremd und kaum eine_r möchte freiwilligen Kontakt zum Fremden. Das Fremde ist unangenehm, ob es nun LGBTIs, Geflüchtete, Wohnungslose oder andere sind, sie haben keinen Platz in der Gesellschaft, sie sind nicht präsent, sie haben nur ein kleine oder gar keine Lobby. So klärt sich auch die Frage wer Schuld an der aktuellen Misslage hat. Keine_r übernimmt gern die Verantwortung, also wird sie jenen zugeschoben, welche in der öffentlichen Wahrnehmung nicht präsent sind. Soziale Gruppen werden zu Verursacher_innen stilisiert. Momentan wird dies, ohne zu hinterfragen, hauptsächlich auf geflüchtete Menschen angewendet.
Immer wieder bedienen sich namenhafte Politiker_innen der aktuellen Flüchtlingsthematik um gegen diese oder jene geflüchteten Gruppe mobil zu machen. Es wird versucht zwischen diese Menschen ein Keil zu treiben in dem zwei Gruppen geschaffen werden, zum einen die politischen Geflüchteten die vor dem Bürgerkrieg in Syrien, dem Irak und Afghanistan fliehen, und womöglich einen Mehrwert für unsere Gesellschaft haben, und zum anderen die ökonomischen Geflüchteten, die angeblich nur wegen der wirtschaftlichen Situation aus den Westbalkanländern fliehen. Ganz klar verschwiegen wird hierbei jedoch, dass gerade Länder wie Deutschland Fluchtursachen wie Krieg und Armut schaffen. Dies geschieht durch den Export von Waffen, die Unterstützung von diktatorischen und monarchistischen Regimen sowie die hemmungslose Ausbeutung von Rohstoffen, um nur einige Gründe zu nennen. Solange jedoch die oberste Maxime ist, unter allen Umständen Profit zu erwirtschaften, die Menschen gegeneinander auszuspielen und die Verantwortung für die eigenen Handlungen wegzuschieben, wird sich nichts ändern.
Die aktuelle Situation lässt sich gut mit den 1990er Jahren vergleichen als zahlreiche Menschen auf der Suche nach Schutz in die Bundesrepublik kamen. Schnell wurde für schon vorher bestehende Probleme genau diese Menschen verantwortlich gemacht. Der Hass entlud sich in Mölln, in Rostock-Lichtenhagen, aber auch in Lehnin und Brandenburg an der Havel. Die Konsequenz etwa war nicht, die Menschen vor den Übergriffen zu schützen, sondern die Asylgesetze zu verschärfen und die Polizei besser auszurüsten. Ähnliches geschieht gerade wieder, denn nahezu täglich brennen geplante Geflüchtetenunterkünfte, kommt es zu Übergriffen auf Geflüchtete und ihre Unterstützer_innen. Die Konsequenzen sind ähnlich denen in den 1990er Jahren: Verschärfung der Gesetze, Ausweitung der Liste mit den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, Aufstockung der Polizeibediensteten und die Forderung nach Grenzkontrollen und ‑zäunen.
Ebenso ist die antifaschistische Antwort der der 1990er Jahre nicht unähnlich. Der antifaschistischen Reaktion auf die rassistische Gewalt und Politik wird und wurde stark repressiv begegnet. Während in Rostock-Lichtenhagen über mehrere Tage bürgerliche Rassist_innen und Neonazis gemeinsam Unterkünfte angreifen konnten, in denen Asylbewerber_innen und ehemalige Vertragsarbeiter_innen untergebracht waren, war es möglich einer antifaschistischen Demonstration sechs Tage später mit 3.000 Polizeibediensteten zu begegnen. Es wurden Zufahrtswege nach Rostock, sowie der Bahnverkehr kontrolliert und unterbrochen, mehrere Polizei- und Bundesgrenzschutzhubschrauber kreisten über Rostock, mehrere tausend Demonstrationsteilnehmer_innen konnten noch vor Rostock festgehalten werden. Das heutige Äquivalent ist nahezu jede Woche zu beobachten, regelmäßig brennen Asylbewerber_innenunterkünfte, es ist bemerkenswert, dass es noch keine Toten gab. Wie in den 1990er Jahren ist die antifaschistische Bewegung, durch rassistische Gewalt und Repression, zur Reaktion gezwungen. Es gibt keine universell funktionierende Gegenstrategie. Damals wie heute ist man damit beschäftigt die Brände zu löschen und die Mitstreiter_innen gegen Repression zu unterstützen.
Wir werden nicht zulassen, dass Sven Beuter, Rolf Schulze und all die anderen Todesopfer neonazistischer und kapitalistischer Weltanschauung vergessen werden. Wir werden am 20. Februar gemeinsam auf die Straße gehen und zeigen, wohin Neonazismus und Kapitalismus führen – zum Mord an Menschen. Dies bedeutend für uns, dass der antifaschistische Kampf auch immer ein antikapitalistischer ist. Solange Menschen vertrieben, unterdrückt und ermordet werden, gehen wir auf die Straße. Wir kämpfen für eine Welt ohne Grenzen, in der sich Menschen frei entfalten können. In der Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung der Vergangenheit angehören. Kommt mit uns am 20. Februar auf die Straße, gedenkt den zahlreichen ermordeten Menschen und zeigt deutlich, dass der Kapitalismus für uns keine Option ist.
Wir werden dafür kämpfen, dass den Opfern neonazistischer und kapitalistischer Gewalt erinnert wird, und aus Taten Konsequenzen gezogen werden. Dies schließt die kritische Auseinandersetzung, und Bekämpfung, des kapitalistischen Systems ein. Eine Gesellschaft welche aus der Ausbeutung der Unterschiede, vor allem den daraus resultierenden Nachteilen, basiert, wird als Folge unausweichlich die Gewalt ernten, die von den Vertreter_innen des Systems zuvor noch verurteilt worden ist. Das antifaschistische Gedenken und der damit verbundene Kampf schließt für uns auch die Auseinandersetzung mit der Abschottung Europas und die Unterstützung von Geflüchteten mit ein. Es kann nicht nur eine Spielregel des Regelbuchs bekämpft werden, die Problematik liegt im Ganzen. Wie in den 1990er Jahren werden wir dafür kämpfen, dennoch darf nicht vergessen werden, dass wir uns selbst (weiter-)bilden müssen. Antifaschistisches Handeln bedeutet nicht nur, dass man sich durch Kleidung, Aufnäher und Musik mit ihr identifiziert. Sie bedeutet vor allem geistig und körperlich fit zu sein, um auf allen Ebenen agieren zu können. Wir müssen in der Lage sein rassistischen Bürger_innen auch argumentativ entgegenzutreten, da diese keine Minderheit, sondern ein Großteil unserer Gesellschaft sind. Eine gewisse körperliche Fitness ist in Zeiten, in denen rassistische und neonazistische Gewaltäter_innen, immer freier agieren können, unabdingbar, um sich selbst und andere zu verteidigen.
Es ist deswegen nicht notwendig mit Motorradhelmen auf Demos zu gehen, dennoch können Aktion und Theorie nur funktionieren, wenn sie kombiniert werden.
Deshalb:
Organisiert euch!
Bildet euch!
Wehrt euch!
– Am 20. Februar 11 Uhr – Antifaschistische Demonstration in Brandenburg an der Havel –
Wehret den Anfängen
Die inzwischen sechste Versammlung der rechten Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ fand am Sonntag, den 01.11.2015 in Frankfurt (Oder) statt. Nach den sinkenden Teilnehmer*innenzahlen der letzten Veranstaltungen konnte die neonazistische Gruppierung etwa 100 Neonazis und sogenannte „Wutbürger*innen“ aus Frankfurt (Oder) und andernorts um sich scharen. Der von der Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“
organisierte Aufmarsch wurde, dieses Mal noch mehr als in der Vergangenheit, von auswärtigen Neonazis unterstützt. So kamen Delegationen diverser rechter Parteien wie der „NPD“, dem „III.Weg“ und der Partei „Die Rechte“ zur Unterstützung. Abgeschirmt von der Polizei konnten sie ihre Demonstration vom Stadion
bis zum Bahnhof durchführen. Mit den immer gleichen stumpfsinnigen Parolen und Redebeiträgen schienen sich die Neonazis dieses Mal selbst gelangweilt zu haben. Ein großer Teil der Teilnehmer*innen verließ die Zwischenkundgebung im Zentrum. Die Inhalte waren dann wohl doch zu ermüdend.
Im Vorfeld hatte das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ erneut zu Blockaden auf der Route des Neonaziaufmarsches aufgerufen. Diese waren aus mehreren Gründen kaum umsetzbar. Zu einen lag dies an der geringen Teilnehmer*innenzahl von 200 Personen. Das Prinzip der Blockade kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Anzahl derer, die den Aufmarsch verhindern wollen, so hoch ist, dass eine Räumung einer Blockade unverhältnismäßig wäre. Es braucht also mehr Bürger*innen, die sich den Rassist*innen in den Weg stellen.
In der Karl-Marx-Straße auf Höhe des Oderturms versperrten allerdings weit über 100 Antifaschist*innen erfolgreich den Weg zur geplanten Geflüchtetenunterkunft am Karl-Ritter-Platz. An der Franz-Mehring-Straße konnte eine 30-köpfige Blockade zeitweilig aufrechterhalten werden. Das aggressive Auftreten einiger Polizeibeamter tat sein Übriges um Blockaden unmöglich zu machen.
„Trotz der nunmehr sechsten neonazistischen Versammlung in diesem Jahr müssen wir zahlreich auf die Straße gehen. Um Dresdner oder Cottbuser Zustände vorzubeugen, braucht es eine demokratische Zivilgesellschaft, die den Nazis keine Räume für ihre Hetze gibt. Schon an diesem Wochenende findet ein erneuter neonazistischer Aufmarsch in Brieskow-Finkenheerd statt. Auch mit weiteren Aufmärschen in Frankfurt (Oder) ist zu rechnen. Diesen rechten Umtrieben müssen wir uns zahlreich und engagiert in den Weg stellen“ so Janek Lassau, Sprecher des Bündnisses.
Bundesweit brennen Unterkünfte von Asylbewerber*innen, gibt es gewalttätige Übergriffe auf Geflüchtete und alltäglicher Rassismus trägt zu einer weiteren Traumatisierung der Geflüchteten bei. Seit Anfang der
1990er Jahre gab es nicht mehr einen so hohen Grad an rechten Demonstrationen und militanten rechten Aktionen. „Wir müssen uns gegen die Normalisierung von Rassismus stark machen. Einen Rückfall in
Zustände der 1990er Jahre gilt es mittels antifaschistischen Engagements zu verhindern.“ so Lassau.
Frankfurt (Oder), den 13.11.2015
Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“

Als Mitte September bekannt wurde, dass in der Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt mehrfach Nazi-Parolen gerufen worden sein sollen und wenig später auch Vorwürfe gegen einen Lehrgangsleiter im Raum standen, ermittelte bald der polizeiliche Staatsschutz gegen neun Berufsfeuerwehrleute. Bei einem Lehrgang sollen diese RechtsRock abgespielt und dabei mehrfach „Sieg-Heil“ gerufen haben. [1] Weiterhin ist in Oberhavel der NPD-nahe Neonazi Maik Neuber in der örtlichen Feuerwehr Oberkrämer Marwitz als Oberfeuerwehrmann aktiv. Dieser war auch Anmelder eines rassistischen „Abendspazierganges“ in Velten am 5. November diesen Jahres. Neben ihm ist auch der NPD-Anhänger und Neonazi Marko Fichte in Oberhavel als Feuerwehrmann aktiv. Erst 2014 machte er noch eine Truppmannausbildung bei der Freiwilligen Feuerwehr Borgsdorf. Ebenso in einer Freiwilligen Feuerwehr in Oberhavel soll auch der Neonazi Maik Naumann aktiv sein. [2]
Nun wird, wie üblich, mehr oder weniger nach Aufklärung und Konsequenzen verlangt, doch die grundlegenden Probleme, die dahinter stehen, sind an sich keine Neuen. Neonazis und ihre ideologischen Versatzstücke sind in sämtlichen gesellschaftlichen Bereichen präsent. Warum sie gerade nicht in der Feuerwehr auftauchen und aktiv sein sollen, kann niemand wirklich beantworten. Gerade hier gibt es, z.B. in der Jugendfeuerwehr, ein Freizeitangebot, klare Regeln, männliche Vergemeinschaftung sowie Uniformen und Abzeichen. Alles Dinge von denen sich auch, und vor allem, Neonazis angesprochen fühlen können. Dazu kommt ein starker Korpsgeist, in Feuerwehrkreisen „Kameradschaft“ genannt, der sich vor allem bei Kritik von außen und innen zeigt und sich in dem oben geschilderten Fall an der Landesfeuerwehrschule beispielsweise als Mobbing äußert. [3] Insbesondere die Darstellung der eigenen heroischen Männlichkeit, häufige frauen‑, homo- und trans*feindliche Geschlechterbilder und stark hierarchische Strukturen, die sich nicht nur auf Einsatzsituationen beschränken, können genauso Anreize für durchschnittliche Mitglieder wie für Neonazis sein. Zwar gibt es auch progressive Tendenzen in Bezug auf Geschlechterrollen und Leistungsgedanken innerhalb der Feuerwehr, doch befinden sich diese noch deutlich in den Kinderschuhen. Oft hängen emanzipatorische Ansätze in der Ausbildung an der einzelnen Ausbilder_in oder Jugendfeuerwehrwart_in und deren jeweiligen Methoden und Schwerpunkten.
Am 14. November 2015 soll nun in der Biosphäre in Potsdam auf der Delegiertenversammlung des Landesfeuerwehrverbandes Brandenburg auch sein 25-jähriges Bestehen gefeiert werden und der brandenburgische Innenminister Schröter wird ein Grußwort halten. Stellt sich die Frage, ob es auch um die Geschehnisse der letzten Monate gehen wird und wie mögliche Konsequenzen seitens des Feuerwehrverbandes gegen neonazistische Tendenzen aussehen werden. Immerhin bearbeiten andere offizielle Strukturen das konkrete Auftreten von Neonazis in Feuerwehruniformen seit einiger Zeit. So bemerkte vor ca. fünf Jahren, im Rahmen des Deutschen Feuerwehrtages in Leipzig, der Landesjugendfeuerwehrwart aus Mecklenburg-Vorpommern: „Man kann es nicht Schönreden […] Rechtsextreme Vorfälle gibt es vielerorts in den Feuerwehren.“ [4] Eigentlich sollte es an diesem Tag darum gehen, zu zeigen, dass die Feuerwehr nicht ausschließlich aus deutschen heterosexuellen Männern besteht, doch überlagerte auch hier das Thema Neonazis den eigentlich angedachten Diskurs.
Wenn es vielerorts in der Feuerwehr Neonazis gibt, stellt sich für Potsdam schnell die Frage – hier auch?
Neonazis in Fahrland – Im Jugendclub und in der Feuerwehr
Die Antwort lautet schlicht: Ja – und zwar hinlänglich bekannt in Fahrland.
Der Blick nach Potsdam-Nord beschäftigt Antifaschist_innen in Potsdam seit über zehn Jahren. Damals sorgte eine Initiative von linken Jugendlichen aus Potsdam und Potsdam-Nord unter dem Namen „Engagierte Jugend – Potsdamer Umland“ für den Anstoß einer länger andauernden Debatte um Neonazis in Potsdams Norden und speziell in Fahrland. Sie verteilten Flyer, schrieben einen offenen Brief und gaben ein Presseinterview. Der später mit dem „Band für Mut und Verständigung“ ausgezeichnete Verein „Jugend engagiert in Potsdam“, der Betroffenen rechter Gewalt zur Seite stand und ihnen eine Stimme verschaffte, organisierte eine Veranstaltung zum Thema rechte Gewalt im örtlichen Jugendclub. [5]
Der Jugendclub „Treffpunkt Fahrland e.V.“ sowie der örtliche Jugendleiter Thomas Liebe gerieten in die Kritik. Laut den damals von Neonazigewalt Betroffenen und ihrem Umfeld hielten sich dort regelmäßig Neonazis auf und nutzten diesen als ihren Rückzugsort. Sie beanspruchten den Jugendclub und das Dorf als „ihr Territorium“ und gingen gegen jede_n vor die_der sich ihnen – aus ihrer Perspektive – in den Weg stellte. [6]
Antifaschistische Gruppen ergänzten dieses Bild mit ihren Recherchen und belegten die Berichte der Betroffenen mit weiteren Details über die neonazistischen Aktivitäten und die Organisierung der örtlichen Neonazis. [7] Dabei ging es aber nie nur um die Aktivitäten der extremen Rechten in den Dörfern, sondern auch stets um den fatalen Umgang mit diesen durch Thomas Liebe und andere Verantwortliche in und um den Jugendclub „Treffpunkt Fahrland e.V.“. Das Konzept der „akzeptierenden Jugendarbeit“ führte zu einer Hegemonie neonazistischer und menschenfeindlicher Jugendlicher in Potsdams Norden. [8]

Zu den damals in Potsdam-Nord aktiven Neonazis gehörten in Fahrland: Benjamin Oestreich, Tino Nindelt, Paddy Bohm, Matthias Wiechert, Dustin Schlemminger und Paul Enderling; in Neu-Fahrland Jens Zimmer und in Marquardt war es Steffen Meyer. Zu den Potsdamern, die gelegentlich zu Besuch im Dorf oder im Jugendclub waren, gehörten Manuel Baruth, der ehemalige Bassist der RechtsRockband „Preussenstolz“, und sein Mitschüler Lasse Risch. In ihrem Umfeld, dass die Neonazifreund_innen tolerierte und mitunter selbst „Thor Steinar“ und andere Neonazikleidung trug, zählten u.a. Personen wie Kevin Bohm, Bruder von Paddy Bohm, Max R., Dustin E., auch Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Fahrland, Sascha Li. und Oliver St.. Bereits damals war ein Teil dieser jungen organisierten und unorganisierten Neonazis auch in der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr aktiv.
Neonazistischer Hintergrund – Paul Enderling als Jugendwart und Hauptfeuerwehrmann
Zwei der eben genannten tauchten Jahre später als „Gruppenführer“ in der Ortswehrführung der Freiwilligen Feuerwehr Fahrland wieder auf. Paul Enderling als „Jugendwart“ sowie „Hauptfeuerwehrmann“ und Sascha Li. als „Löschmeister“. Beide sind von Beruf Soldat und durch den Erwerb einer „Jugendleitercard“ und weiterer Qualifikationen aus Sicht der Feuerwehr Fahrland berechtigt mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Sascha Li. ist seit 1999 bei der Freiwilligen Feuerwehr, Paul Enderling seit dem Jahr 2000. [9]
Darum, dass sie ausbildungstechnisch und handwerklich vermutlich geeignet sind, soll es hier nicht vordergründig gehen. Jedoch ist ihre fachliche Kompetenz nicht allein darauf zu beschränken. Gerade bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen kommt der Rolle der Vorbildpersonen eine wichtige Bedeutung zu. Neonazis sind hierbei aus vielerlei Gründen an der absolut falschen Stelle.

Paul Enderling gehört seit mindestens neun Jahren zur Potsdamer Neonaziszene. Er war Teil der Neonazikameradschaft die sich sowohl „Alternative Jugend Potsdam“ (AJP) als auch „Aktionsgruppe Potsdam Nord“ (AGPN) nannte. Die AJP trat erstmals am 21.10.2006 bei einem Neonaziaufmarsch in Berlin-Tegel in Erscheinung und ging 2009 mit ihrer Homepage ins Netz. Auf dieser präsentierten sie ihre Propagandaaktionen und berichteten von neonazistischen Aufmärschen, Vernetzungstreffen, Fußballturnieren und revisionistischen Gedenkveranstaltungen. Die Zeitspanne von 2007–2011 bildete dabei die Hochphase der neonazistischen Aktivitäten im Potsdamer Norden. In dieser festigten sie ihre Strukturen, tobten sich aktionistisch mit Verbreitung von Propaganda und kleinen Aktionen aus, vernetzten sich zum Teil auch überregional und beanspruchten Potsdam-Nord als ihr Territorium. Durch ihre Aktivitäten versuchten sie vehement eine so genannte „National befreite Zone“ zu errichten. All dies ist in den vergangenen Jahren, detailliert von Gruppen wie der Antifaschistische Linke Potsdam und dem Antifaschistischen Pressearchiv Potsdam dokumentiert worden und auch heute noch zugänglich und nachvollziehbar.

Als einer der Jüngsten nahm Enderling am 13. Februar 2007 an einer spontanen Demonstration von Potsdamer Neonazis in der Potsdamer Innenstadt teil. Diese fand anlässlich des Jahrestages der Bombardierung Dresdens statt. An Propagandaaktionen in und um Potsdam hat er regelmäßig teilgenommen, verteilte u.a. zusammen mit dem Neonazi Benjamin Oestreich Flyer für die NPD und verbreitete mittels Plakaten und Aufklebern neonazistische Inhalte in Fahrland und umliegenden Dörfern. Über die Grenzen von Potsdam-Nord hinaus, war Paul Enderling in seiner Freizeit regelmäßig mit weiteren Neonazis in der Großraumdisko „Music Parc“ in Teltow feiern sowie auf regionalen wie auch überregionalen Neonaziaufmärschen aktiv (z.B. am 12.04.2008 in Lübben und am 12.01.2008 in Magdeburg). Neben regelmäßigen Versuchen der Einschüchterung und Bedrohung alternativer Jugendlicher im Dorf führte er, zusammen mit den oben genannten Neonazis, auch gewalttätige Übergriffe durch. Am 14. August 2007 war er direkt an einem Angriff auf einen alternativen Jugendlichen in Fahrland beteiligt.
Sascha Li., bei der Feuerwehr Fahrland als Gruppenführer und Löschmeister aktiv, hat seit seiner Jugend Kontakt in die neonazistische Szene im Potsdamer Norden – sei es auf Fußballturnieren oder auf Parties mit den örtlichen jugendlichen Neonazis und Mitläufer_innen. Freundschaftlichen Kontakt pflegt er zu vielen der oben genannten neonazistischen Clique – auch zu den Neonazis Jens Zimmer, Tino Nindelt und Benjamin Oestreich.

Dieser Kontakt wird auch über den Zusammenschluss „PdmNord“ aufrecht erhalten. In diesem sind neben Enderling und Li. viele der oben Genannten „organisiert“ und verabreden sich zu (Haus)Partys oder ähnlichem. In ihrer Außendarstellung setzen sie dabei u.a. auf Rockerästhetik mit Kutte und Aufnähern sowie Aufkleber. Zusammen mit dem Label „PdmNord“ tauchen immer wieder auch neonazistische Aufkleber oder Schmierereien, z.B. der Schriftzug „Potsdam Nord 88“ am 25. November 2012 auf dem Weihnachtsmarkt in der Brandenburger Straße, auf. [10] „Mitglieder“ von „PdmNord“ tragen mitunter neonazistische Aufdrucke auf Ihrer Kleidung zur Schau und bedrohten bereits alternative Jugendliche am Potsdamer Hauptbahnhof.
Dorfgemeinschaft und deutsche Abwehrdiskurse
Neonazis und Menschen, die sich von menschenverachtenden Standpunkten nicht eindeutig distanzieren oder diesen unkritisch gegenüber stehen, haben in der Arbeit mit Jugendlichen nichts verloren. Auch, wenn mit solchen Vorwürfen konfrontierte Vereine oder Institutionen mit Vorliebe darauf hinweisen und argumentieren, dass die gemeinten Neonazis doch so nett, umgänglich und vertrauenswürdig seien.
Die Erfahrungen der letzten zehn Jahre mit dem Thema Neonazis in Fahrland zeigen, dass es wenig Bereitschaft der Akteur_innen vor Ort gibt, substanzielle Kritik, geschweige denn Selbstkritik, zu üben. Es ist davon auszugehen, dass auch in diesem Fall den vorgelegten Tatsachen mit Verschlossenheit, Ablehnung und einer Abwehr der Kritik „von Außen“ begegnet werden wird.
So unreflektiert und einfältig reproduzierte Klischees des deutschen dörflichen Abwehrdiskurses auch seien mögen, so real werden diese immer wieder, wenn sich Antifaschist_innen oder Betroffenen von Neonazigewalt in kleineren Gemeinden und Dorfgemeinschaften zu Wort melden. In Fahrland ist Thomas Liebe, in seiner Funktion als Leiter des Jugendclubs, einer derjenigen, die diese Abwehrhaltung immer wieder einnimmt und so der den Neonazis Schutz bietenden Dorfgemeinschaft Argumentationen und Bezugspunkte liefert. Auf einer Sitzung des „Lokalen Aktionsplan gegen Gewalt und Rechtsextremismus“ vertrat er tatsächlich die Meinung, dass in Fahrland „mehr Probleme mit Linken als mit Rechten“ zu behandeln wären. [11] Eine Aussage von der er sich, trotz vielfacher Kritik, bis heute nicht distanzierte.
Dass es auch anders ablaufen kann, zeigt das Beispiel Eisenhüttenstadt. Hier trauten sich Verantwortliche den Mund auf zumachen und nicht weg zusehen, wenn klar neonazistisches und menschenfeindliches Gedankengut verbreitet wird. Es bleibt zwar abzuwarten, wie sich der dortige Fall entwickelt und welche kurz‑, mittel- und langfristige Konsequenzen gezogen werden, aber immerhin haben sich Mitglieder der Feuerwehrschule gegen Neonazis und menschenverachtende Tendenzen in ihren Reihen gestellt. Etwas, was in Fahrland und der dortigen Freiwilligen Feuerwehr bisher nicht geschah.
[1] http://www.maz-online.de/Brandenburg/Nazi-Sprueche-vom-Feuerwehr-Ausbilder und http://www.maz-online.de/Brandenburg/Feuerwehren-Neonazi-Verdacht-erhaertet und http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1005979/ und http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1005111/
[2] http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1019827/ und http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/abendspazierg-nger-sind-zur-ck
[3] http://www.maz-online.de/Brandenburg/Feuerwehrschule-Mobbing-gegen-internen-Kritiker
[4] http://www.news.de/politik/855060779/die-roten-sehen-braun/1/
[5] Quelle „Engagierte Jugend – Potsdamer Umland“ und http://www.pnn.de/potsdam/79872/
[6] http://www.pnn.de/potsdam/114314/, http://www.pnn.de/potsdam/114314/, http://www.pnn.de/leserbriefe/78213/, http://www.pnn.de/potsdam/31006/, http://www.pnn.de/potsdam/43528/
[7] https://inforiot.de/nazis-in-potsdam-nord/, https://inforiot.de/potsdamer-neonazis-bestaendig-aktiv/, https://inforiot.de/nicht-weg-sondern-hinsehen-es-gibt-ein-problem/, https://inforiot.de/potsdamer-neonazis-gut-organisiert-npd-als-treibende-kraft/, https://inforiot.de/naziaktivitaeten-in-potsdam-und-umgebung-im-fruehjahr-2010/
[8] u.a. „Hinter den Kulissen – Hinter- und Vordergründe der brandenburgischen Neonaziszene“; 2013; Seite 34
[9] http://www.feuerwehr-fahrland.de/ortswehrfuehrung.html
[10] http://apap.blogsport.eu/2013/01/chronik-neonazistischer-aktivitaten-in-potsdam-und-umgebung-2012/; Eintrag vom 25.11.2012
[11] http://www.pnn.de/potsdam/43528/