Frankfurt (Oder) — Bestürzt haben wir vom Utopia e.V. die Äußerungen des Frankfurter Oberbürgermeisters wahrgenommen, mit denen er auf den gewalttätigen Angriff auf die Gäste des Clubs „Frosch“ reagiert hat. Als „Kehrtwende“ bezeichnet René Wilke selbst seine neue Position zum Umgang mit Geflüchteten, die die Ausweisung bei entsprechenden Straftaten vorsieht. Wir sind über diese Entwicklung besorgt und empört.
Wie alle Bürger*innen dieser Stadt waren auch wir entsetzt über den gewalttätigen Übergriff im Frosch-Club, mit dem wir bei unseren Veranstaltungen gerne zusammenarbeiten. Bei dem Übergriff waren zudem Freund*innen von uns anwesend, die zum Glück unverletzt blieben.
Für uns war direkt danach klar: Die Strafverfolgungsbehörden sind jetzt am Zug, die Polizei und die Staatsanwaltschaft werden sich des Falles annehmen, es wird Festnahmen, einen Gerichtsprozess und Verurteilungen geben. Körperverletzung mit Faust und Messer ist eine ernste Sache. Wenn Staat und Stadt in der Folge ihre Hausaufgaben machen, dann werden Sozialarbeiter*innen der Frage nachgehen, was die Entstehungsbedingungen der zur Diskussion stehenden gewalttätigen Clique sind und versuchen, diese zu ändern. Und schließlich wird der Frosch-Club ein wirkungsvolles Sicherheits-Konzept ausarbeiten, um seine Gäste in Zukunft besser zu schützen.
So diskutierten wir die Entwicklungen, doch davon kein Wort mehr, denn inzwischen hat sich die Lage drastisch verändert: Der Oberbürgermeister sah sich anscheinend gezwungen, vom Lauf der rechtsstaatlichen Dinge abzulenken und kramte aus der Mottenkiste der kommunalen Volkssouveränität ein — wie es im juristischen Jargon heißt — besonderes “Ausweisungsinteresse” hervor.
Es ist offensichtlich, was hinter seiner Entscheidung steht, sich so zu äußern: jene Frankfurter*innen anzusprechen, die rassistisch sind, die Migration nur als Bedrohung empfinden und demokratische Werte verachten. Und er versucht jene zu besänftigen, für die rechtsstaatliche Maßnahmen gegen nicht-deutsche Gewalttäter*innen nicht weit genug gehen können. Das sind genau jene Menschen, die mit zweierlei Maß messen.
Wir verurteilen den Angriff auf den Frosch-Club entschieden. Gleichzeitig stellen wir uns gegen die Instrumentalisierung der Herkunft der Täter*innen für populistische Forderungen. Damit verschärft sich die Debatte um Geflüchtete weiter und verschiebt sich nach rechts. Wir sind überzeugt, dass dieser Schachzug nicht funktionieren wird: Nun den rechten Forderungen entgegenzukommen wird nicht helfen, rechte Positionen abzuschwächen. Im Gegenteil, damit werden sich diejenigen in ihrer Haltung bestätigt fühlen, die zu den Menschenrechten ein zwiespältiges, rein taktisches Verhältnis haben und Geflüchteten ablehnend bis feindlich gegenüber stehen.
Wir sind empört über diesen Rechtsruck unseres Oberbürgermeisters. Wir sind aber — und das ist vielleicht fast noch beschämender für Frankfurt (Oder) — empört über eine Gemengelage aus Betroffenheit, Aktionismus und Angst vor rechter Stimmungsmache, die die Politik unter einen völlig widersinnigen Zugzwang setzt. Mit Rücksicht auf die Stimmung in der Stadt wird aus einer Angelegenheit für das Strafrecht eine irrationale Kaffeesatzleserei rund um das Phänomen “gefühlte Sicherheit”. Damit Frankfurt (Oder) nicht derart in die Schlagzeilen gerate wie Cottbus oder Chemnitz, nehmen viele Politiker*innen die “Stimmung in der Stadt” zum Ausgangspunkt, um den Bürger*innen ihr “Sicherheitsgefühl” wiedergeben zu wollen.
Hallo Sahra Wagenknecht: “Wer Gastrecht missbraucht, hat Gastrecht verwirkt.” Hallo NPD: “Kriminelle Ausländer raus!” Das kann doch nicht ernsthaft eine seriöse Antwort auf soziale Probleme und Gewalt sein! Falls doch, könnten wir eine lange Liste mit sehr deutschen Namen aufstellen, für die ebenfalls eine Ausweisung geprüft werden sollte.
Das Problem ist die Unehrlichkeit: Wir können die Gewalt und das Böse in dieser Gesellschaft nicht einfach “rausschmeißen”. Wer den Anschein erweckt, dass dies möglich sei, handelt verantwortungslos. Kriminalität und Gewalt müssen innerhalb einer Gesellschaft geklärt und bekämpft werden. Abschiebungen dürfen nie ein legitimes Mittel von Politik sein. Wer glaubt, man könne sich so aktiv Probleme vom Hals schaffen, gibt das unteilbare Versprechen von Gleichheit auf, für das sich Linke verbürgen — zuallererst vor dem Gesetz. Wir fordern eine Gleichbehandlung von deutschen und nicht-deutschen Personen – rechtsstaatliche Prinzipien müssen für alle hier lebenden Menschen gleichermaßen gelten!
Kategorie: (Anti-)Rassismus
„Wir brauchen jetzt endlich dauerhafte gesellschaftliche und politische Solidarität mit Opfern rassistischer, rechter und antisemitischer Gewalt. Leugnen, Verharmlosen und Kleinreden stärkt hingegen die Täter*innen.“
Die unabhängigen Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt verzeichnen derzeit ein besorgniserregendes Ausmaß politisch rechts, rassistisch und antisemitisch motivierter Gewalt. Dies gilt nicht nur für Chemnitz und Sachsen, sondern auch bundesweit. „Seit Beginn der rassistischen Mobilisierungen durch Pro Chemnitz, PEGIDA, AfD und organisierte Neonazis, die den gewaltsamen Tod des 35-jährigen Daniel H. in Chemnitz instrumentalisieren, fühlen sich organisierte Rassist*innen und Neonazis überall in Deutschland ermutigt“, warnt Robert Kusche vom Vorstand des Verbands der Opferberatungsstellen (VBRG). „Für die Angegriffenen – insbesondere Migrant*innen, Geflüchtete, Schwarze Deutsche und Menschen, die sich gegen Neonazismus und für Geflüchtete engagieren – ist es ein weiterer Schlag ins Gesicht, wenn rechte Gewalt und rassistische Hetzjagden durch politisch Verantwortliche geleugnet werden. „Damit werden die Täter*innen gestärkt und den Opfern wird signalisiert, dass ihre Erfahrungen, ihre Angst und ihre Verletzungen nicht relevant sind,“ kritisiert Robert Kusche. „Wir brauchen dringend klare Signale politischer Solidarität für die Opfer rechter und rassistischer Gewalt. Leugnen, Verharmlosen und Kleinreden stärkt hingegen die Täter und ihre Sympathisant*innen“, betont Robert Kusche.
Die RAA Opferberatung Sachsen hat alleine seit dem 26. August 2018 insgesamt 24 Körperverletzungen und 11 Fälle von Nötigung/Bedrohung in Chemnitz registriert, die sich gegen Migrant*innen, Journalist*innen und Gegendemonstrant*innen richteten.[1] „Wir erfahren täglich von weiteren rechten Gewalttaten in Chemnitz. Bestürzt hat uns, dass vermummte Angreifer am Montag, den 3.9. auch den Inhaber des jüdischen Restaurants „Shalom“ in Chemnitz verletzt und dabei „Judenschwein, verschwinde aus Deutschland“ gerufen haben“, sagt Andrea Hübler von der RAA Sachsen. „Wir befürchten, dass dem für den morgigen Freitag, den 7.9.2018 angekündigten Aufmarsch von Pro Chemnitz[2] weitere Angriffe folgen werden.“
Organisierte Rassist*innen und Neonazis begreifen die Parole „holen wir uns unser Land zurück“, mit der am Sonntag, den 26. August 2018 für die rassistische Hetzjagd in Chemnitz mobilisiert wurde, die unzureichende Strafverfolgung und die nachfolgenden Mobilisierungen in Chemnitz als Aufforderung, in Sachsen und bundesweit zuzuschlagen.
Bundesweite Nachahmungstaten
Beispielhaft zeigt sich dies anhand der nachfolgenden Fälle: In München (BY) versammelte sich spätabends am 25./26. August 2018 im Stadtbezirk Bogenhausen eine 30-köpfige Gruppe bundesweit aktiver IB-Kader, um „Heil Hitler“ und andere NS-Parolen brüllend Passanten anzupöbeln und an Treffpunkten politischer Gegner NS-Parolen zu hinterlassen.[3] Schon am 23. August 2018 hatten in Berg am Laim zwei Männer an einer roten Ampel unvermittelt die Tür eines Autos mit drei jungen Migranten aufgerissen, den Fahrer getreten und geschlagen und dabei rassistische Parolen gerufen.[4] In Altena (NRW) wurde am 29. August 2018 ein 17-jähriger Syrer kurz vor Mitternacht auf der Straße rassistisch beleidigt und von drei Männern angegriffen, die ihn u.a. im Gesicht verletzten.[5] In Wismar (MV) wurde am späten Abend des 29. August ein 20-jähriger Flüchtling aus Syrien durch drei extrem rechte Angreifer in einem Park gezielt mit Schlagringen ins Gesicht und auf den Oberkörper geschlagen und rassistisch beschimpft.[6] In Sondershausen (TH) wurde am 29. August 2018 ein 33-jähriger Eritreer von vier Männern, die der rechten Szene angehören, schwer verletzt.[7] Am Abend des 30. August 2018 hatte ein Asylsuchender aus Eritrea drei Einschusslöcher in den Fenstern seiner Wohnung in einer Gemeinschaftsunterkunft in Dresden-Gorbitz festgestellt.[8] Am Abend des 1. September wurde in Essen-Borbeck (NRW) ein Mitglied des Essener Integrationsbeirats vor einer Pizzeria angegriffen, auch ein afghanischer Flüchtling, der dem Betroffenen zu Hilfe, wurde von den Angreifern geschlagen.[9] In Brandenburg/Havel (BB) beleidigte am 29. August ein 36-Jähriger seinen 19-jährigen Nachbarn eritreischer Herkunft mit den Worten „Du bist ein Ausländer, du hast hier nichts zu suchen“, bedrohte ihn mit einem Messer und verfolgte ihn anschließend auf offener Straße.[10] Am Abend des 2. September 2018 versuchten sich in einer Kleinstadt bei Leipzig zwei maskierte Männer rassistische Parolen grölend gewaltsam Zutritt zu der Wohnung eines pakistanischen Menschenrechtsaktivisten zu verschaffen. Weil sie damit scheiterten, zogen die Angreifer zum Kleingarten der pakistanischen Familie weiter und schlugen dort auf deren Pkw ein. Im Juli 2018 hatten Neonazis dem Menschenrechtsaktivisten bei einem rassistischen Angriff beide Hände gebrochen.[11] Am Abend des 3. September griff an der S‑Bahnstation in Rostock-Marienehe (MV) ein ca. 45-jähriger Mann drei Studierende aus Aserbaidschan mit einem Knüppel an, brüllte rassistische Parolen und verletzte einen der Studenten.[12]
In Wismar hatte Bürgermeister Thomas Beyer (SPD) den Angriff auf den 20-jährigen Syrer als Ausdruck einer „Pogromstimmung“ bezeichnet und eine zivilgesellschaftliche Mahnwache für friedliches Zusammenleben ausdrücklich begrüßt. „Die klaren Worte von Angela Merkel und Regierungssprecher Steffen Seibert und das Beispiel von Wismar zeigen, dass politisch Verantwortliche Handlungsspielräume haben: Sie können sich auf die Seite der Angegriffen stellen und rechte Gewalt verurteilen und damit wichtige Signale setzen“, sagt Robert Kusche. „Deshalb begrüßen wir auch ausdrücklich, dass sich Bundesfamilienministerin Franziska Giffey für ein Demokratieförderungsgesetz auf Bundesebene einsetzt“. Der Verband hoffe, dass dann auch die Angriffe auf wichtige Träger von Opferberatungsstellen wie beispielsweise in Sachsen-Anhalt durch die dortige AfD-Landtagsfraktion und Teile der CDU ins Leere laufen.
1 Details zu den Angriffen in: Pressemitteilung der RAA Sachsen vom 3.9.2018 Chemnitz eine erste Bilanz: Mehr als 30 Angriffe in einer Woche im Zuge rechter Demonstrationen, www.raa-sachsen.de/newsbeitrag/hemnitz-eine-erste-bilanz.html
2 https://www.facebook.com/144635458901463/posts/2031998376831819/
3 vgl. München-Chronik von a.i.d.a, BEFORE und firm: https://muenchen-chronik.de/25–26-august-2018-ib-ns-parolen-und-neonazistische-poebeleien/
4 vgl. München-Chronik von a.i.d.a, BEFORE und firm: https://muenchen-chronik.de/23-august-2018-rassistischer-angriff/
5 www.presseportal.de/blaulicht/pm/30835/4048938
6 Festnahme nach Angriff auf Syrer, www.taz.de/!5532435/ 7 www.presseportal.de/blaulicht/pm/126723/4049280
8 www.dnn.de/Dresden/Polizeiticker/Einschussloecher-in-Fenstern-einer-Fluechtlingsunterkunft-Staatsschutz-ermittelt
9 www.focus.de/regional/essen/essen-aufgelauert-ueberfall-auf-essener-linken-politiker-staatsschutz-ermittelt-war-das-motiv-rassismus_id_9538126.html
10 https://polizei.brandenburg.de/pressemeldung/bedrohung-mit-messer/1149971
11 vgl. amnesty international: Erneut rassistisch motivierter Angriff auf Menschenrechtler bei Leipzig, www.amnesty.de/informieren/aktuell/erneut-rassistisch-motivierter-angriff-auf-menschenrechtler-bei-leipzig
12 vgl. Mann verprügelt ausländischen Studenten, www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Rostock/Mann-schlaegt-auslaendischen-Studenten-mit-Knueppel
PREMNITZ — Das „Kunsthaus Premnitz“ will die kulturelle Landschaft im westlichen Havelland bereichern. Regelmäßig finden dort Veranstaltungen mit klassischer Musik, Ausstellungen und Lesungen statt. Darüber hinaus suchen die Kunstschaffenden, allen voran Stefan Behrens, aber auch das Gespräch und bieten Sonderveranstaltungen mit Gästen aus der hohen Politik.
Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) war im Mai da. Ex-Bundesaußenminister Joschka Fischer (GRÜNE) wird Mitte Oktober erwartet.
Gestern hieß der Gast Alexander Gauland, seines Zeichens Bundesvorsitzender der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Ein nicht unumstrittener Gast, der wegen seiner relativierenden Äußerungen zur NS-Zeit kaum noch zu TV-Talkshows eingeladen wird und dessen Partei immer offener zu Sympathien für die extreme Rechte, wie zuletzt in Chemnitz, zur Schau trägt. Die grundlegende Frage lautete deshalb vorab: Darf diesem Menschen dennoch ein öffentliches Podium geboten werden?
Boykott oder Gespräch?

Unbekannte gaben darauf offenbar bereits am Morgen ihre Antwort. Im Eingangsbereich zum Grundstück des Kunsthauses lagen, so zeigen es Fotos eines Anwohnenden, dutzende bunte Zettel, die mit antirassistischen Losungen bedruckt waren. Ein Stromkasten am „Kunsthaus“ war zudem mit einem „Fuck AfD“-Graffiti verziert worden.
Doch so einfach wollte es sich Stefan Behrens anscheinend nicht machen. Er wollte dem „Phänomen Gauland“ auf den Grund gehen, ihm zuhören, seine Grundhaltung erforschen und schließlich die Konsequenzen daraus in Bezug auf seine gesellschafts- und staatspolitische Debattenführung analysieren. Hat der AfD-Chef „mittlerweile die Position eines Konservativen verlassen“? Und nähert er sich „reaktionären, fremdenfeindlich, menschenverachtenden, nationalsozialistischen Positionen“ an? Das schienen die entscheidenden Grundfragen, welche den Gastgeber bewegten, dass „Phänomen Gauland“ in sein Haus zu lassen.
Der Einstieg

Das Kunsthaus am Premnitzer See ist ein recht ansehnliches Anwesen, eine in den Jahren 1917/18 errichtete Direktorenvilla mit großen Grundstück und viel Platz für Werke der modernen Kunst. Etwas rustikal und aristokratisch wirkt hingegen der Ort, in dem sich Behrens mit Gauland trifft. Es ist das holzvertäfelte Kaminzimmer, welches mit seinen vielen Gemälden, auch wenn diese eindeutig der Moderne zuzuordnen sind, den Charakter eines konservativen Fürstensitzes vermittelt und somit durchaus geeignet scheint, um den AfD Chef auf „Augenhöhe“ zu begegnen.
Die eine Hälfte des Saales applaudiert dem Gast aus Potsdam, als dieser das Kaminzimmer betritt. Zwei bekannte Funktionäre der AfD, darunter auch der Premnitzer Stadtverordnete der Partei, sitzen im Raum, ebenso wie vier Aktive der extrem rechten Vereinigung „Bürgerbündnis Havelland“ und offenbar weitere Sympathisierende Gaulands. Die andere Hälfte des Saales, darunter der Bürgermeister von Premnitz, Ralf Tebling (SPD), weitere Stadtverordnete, u.a. von den Linken, sowie zivilgesellschaftlich Engagierte wirken eher passiv, abwartend.
Dann eröffnet Stefan Behrens, nach einer kurzen Begrüßung, das Gespräch, beginnt mit der Betrachtung der Biografie von Alexander Gauland.
Der junge Gauland – Studium statt Tagebau

Der heutige AfD Chef wurde 1941, mitten im Zweiten Weltkrieg, in der Zeit des Nationalsozialismus, den er später einen „Vogelschiss“ in der langen Geschichte Deutschlands nennen wird, geboren. Der Vater von Alexander Gauland war sächsischer Offizier, soll seinen Sohn nach einem russischen Zaren benannt haben. Das Wohnumfeld ist großbürgerlich. Seine Schule im nunmehr in „Karl-Marx-Stadt“ umbenannten Chemnitz trägt den Namen „Friedrich Engels“. Trotz aller späteren Differenzen zur DDR lobte Gauland gestern deren Erziehungssystem. Er durfte dort sogar 1959 Abitur machen – ein außergewöhnliches Privileg in diesem Land. Ein Studium zu beginnen, soll ihm aber versagt gewesen sein. Dies war aber anscheinend nicht der allein ausschlaggebende Grund für seine nun folgende Flucht in die Bundesrepublik, so Gauland gestern in Premnitz. Vielmehr sollte sich der heutige Vorsitzende der selbsternannten „neuen Arbeiterpartei“ AfD in der Produktion bewähren und in einem Tagebau in Lauchhammer arbeiten. Davon hielt Gauland jedoch aber nichts und floh daraufhin nach West-Berlin, wo er in der Notaufnahmeeinrichtung Marienfelde aufgenommen wurde. Einen politischen Hintergrund für seine Flucht dementierte der AfD Chef gestern noch einmal deutlich. Später siedelte er in die Bundesrepublik über und konnte dort in Marburg und Gießen Jura studieren
Der konservative Gauland
In den 1970er Jahren machte Gauland schnell Karriere in der CDU, war u.a. in deren Bundestagsfraktion in Bonn tätig und traf dort auf prominente Vertreter des „nationalkonservativen Flügels“ der CDU. Insbesondere Alfred Dregger deutete er gestern als persönliches Vorbild an.
Tatsächlich blieb der Konservatismus ein Lebensthema für Gauland. Auch gestern war sein Buch: „Anleitung zum Konservativsein“ eine Stunde lang Hauptgesprächsstoff zwischen ihm und Moderator Stefan Behrens. Ausführlich wurde über die darin hauptsächlich vorkommenden historische Figuren, Edmund Burke und Friedrich der Große, sowie über ihre staatspolitischen Ansichten debattiert. Nicht allerdings zur Freude des Publikums, welches augenscheinlich dem Zwiegespräch zwischen Behrens und Gauland nicht immer folgen konnte.
Erst als die Aussagen des AfD-Chefs kerniger wurden, seine Abneigung gegenüber den 68ern – die er quasi als „Urkatastrophe“ der heutige Verhältnisse bzw. als Hauptgegner des Konservatismus sieht – deutlich zur Sprache kamen und hinsichtlich der Flüchtlingssituation die Töne nationalistischer wurden, wurde der Saal wieder munterer. Die Diskussion hatte nun Gaulands Lieblingsthema erreicht.
Ohne Alternativen für Deutschland

Ausgiebig äußerte sich der AfD Chef nun über vermeintliche Ängste in der Bevölkerung und zu Übergriffen von Geflüchteten. Zu anderen Themen, wie Jugend oder Rente, wollte er sich hingegen nur sehr kurz positionieren.
Eine jüngere Frau, die fragte ob die „Alternative für Deutschland“ auch für Jugendliche aktiv ist, erhielt die knappe Antwort: Ja, wir haben einen Jugendverband.
Eine ältere Frau, die nachfragte was zur Rente im Bundesprogramm der AfD steht, wurde sinngemäß mit den Worten abgefertigt: Geben sie mir ihre Emailadresse, dann schicke ich es ihnen.
Selbst auf die Frustration mancher „besorgter Bürger“ hatte Gauland, zumindest wenn es um prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Altersarmut oder Mittellosigkeit ging, keine tragfähige Lösungen oder auch nur den Ansatz eines Konzeptes parat.
Resümee
Die AfD bediene sich lediglich Projektionen, um Politik zu machen, so eine ehemalige Psychologin am Ende des Premnitzer Gesprächs in einem Statement an Gauland. Es werden keine politischen Lösungen gesucht, sondern der Frust auf die Schwächsten in der Gesellschaft abgewälzt und so vor allem in Geflüchteten „Schuldige“ an der vermeintlichen „Misere“ im Land gefunden.
Doch, und das wurde gestern in Premnitz ebenfalls klar, es geht der AfD eben nicht nur, um die Ausschaffung von Geflüchteten, egal ob straffällig oder nicht.
Gauland will die ideologische Wende, die Revision der bundesrepublikanischen Werte seit Ende der 1960er Jahre. Seine „Alternative für Deutschland“ steht für einen neuen Konservatismus, der nicht nur die demokratischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte überwinden will, sondern auf dem besten Wege ist, den historischen Fehler der „alten“ Konservativen zu wiederholen: mit den Völkischen gemeinsam „Staatspolitik“ betreiben zu wollen.
INFORIOT — Die AfD-Märkisch-Oderland hatte am 01.September nach Neuenhagen zur Konferenz mit dem Titel „Der soziale Frieden Deutschlands in Gefahr“ geladen. Als Redner waren u.a. Andreas Kalbitz, André Poggenburg und Jürgen Elsässer angekündigt, die Anmeldung lief über Lars Günther aus Bad Freienwalde. (Mehr Infos zu den angekündigten RednerInnen und Lars Günther siehe hier). Dagegen hatte ein breites Bündnis zum Protest aufgerufen, dem insgesamt etwa 300 Menschen folgten.

Nach einer Auftaktkundgebung am Bahnhof, lief die Gegendemonstration mit etwa 200 Teilnehmer*innen durch die Stadt zum Bürgerhaus, dem Veranstaltungsort der AfD-Konferenz. Am Rathaus fand eine Zwischenkundgebung mit Redebeiträgen statt. Das Festhalten von zwei Teilnehmer*innen durch die Polizei, verzögerte das Weiterlaufen, sodass die Demonstration etwas verspätet zu den 50 Bürger*innen stieß, die bereits vor dem Bürgerhaus lautstark protestierten. So waren bereits die meisten TeilnehmerInnen der AfD-Konferenz im Bürgerhaus verschwunden. Am Rande der Demonstration kam es mehrfach zu Beschimpfungen und Pöbeleien durch Anwohner*innen.

Auf der Konferenz der AfD fanden sich, statt der angekündigten 500 TeilnehmerInnen, nur 150 ein. Grund hierfür dürfte die am selben Tag stattfindende Demonstration von Pegida und AfD in Chemnitz gewesen sein. So fuhr auch Andreas Kalbitz nach seiner Rede weiter nach Chemnitz, wo er an der Demonstration teilnahm.
Bilder gibt es hier und hier.
Am Samstag, dem 1. September, folgten dem Aufruf eines Bündnisses, bestehend aus zivilgesellschaftlichen Akteur_innen und Vereinen, mehrere hundert Menschen zur Demonstration unter dem Motto „Kein Raum für rechte Hetze“ nach Neuenhagen.
Bunt, laut und engagiert sammelten sich junge Menschen, aber auch Familien und vor allem viele Anwohner_innen. Alle einigte ihre Empörung und Wut über die im „Bürgerhaus Neuenhagen“ stattfindende Tageskonferenz der „Alternative für Deutschland“. Wir möchten an dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Teilnehmenden senden. Mit großem Engagement, den Sprechchören, Transparenten und Schildern haben wir deutlich gezeigt, dass wir es nicht zulassen, dass sich die AfD ohne Protest versammeln und hetzen kann.
Es ist immer wichtig eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen, die AfD-Meinung kritisch zu begleiten und eine konträre Position, in der wir klar machen, dass es um ein gutes Leben für alle geht, zu artikulieren. Um über die Demonstration und deren Inhalte zu informieren, wurden, sowohl nebenher als auch im Vorfeld, Flyer an Anwohner_innen der Gemeinde Neuenhagen verteilt. Dabei zeigte sich, dass ein Großteil gar nicht wusste, was die AfD im „Bürgerhaus Neuenhagen“ veranstaltet. Gleichzeitig empörten sich viele, dass ein kommunales Gebäude für Neo-Nazis, Faschisten und rechte Hetze bereit gestellt wird. Provokationen und Pöbeleien am Rande der Demonstration gab es nur vereinzelt. Während der Demonstration informierten Redebeiträge die rund 400 Teilnehmenden und die Anwohner_innen über die Konferenz und ihre Protagonist_innen – über Jürgen Elsässer und sein verschwörungstheoretisches „Compact-Magazin“, legten die menschenverachtenden Inhalte der rechten Partei offen und setzten die Konferenz in einen größeren gesellschaftlichen Rahmen.
Die AfD, und ihre Konferenz, trägt ihren Teil zur politischen Stimmungsmache bei und ist somit auch untrennbar von den Geschehnissen in Chemnitz zu betrachten. Besonders deutlich zeigt sich dies u.a. bei Andreas Kalbitz (MdL Brandenburg/ Landes- und Fraktionsvoritzender), der zuerst bei der Tageskonferenz sprach und danach weiter nach Chemnitz (Sachsen) fuhr, um u.a. neben Bernd Höcke, „PEGIDA“ und dem völkisch-nationalistischem Netzwerk „Pro Chemnitz“ an der Großdemonstration teilzunehmen. Die Konferenz selbst war für die AfD ein Flop – von den im Vorfeld angekündigten knappen 500 Plätzen, war nur ein Bruchteil belegt – nicht einmal 150 Anwesende zählte die Veranstaltung und der Hauptteil der Teilnehmenden war alt und männlich. Vor allem die organisierende Kreisstruktur trat vor dem „Bürgerhaus“ auf, um die vorbei kommende Demonstration und die von einem Parteienbündnis organisierte Kundgebung abzufilmen. Im Vordergrund dessen stand der Hauptinitiator Lars Günther.
Abschließend bleibt noch die Kriminalisierung der friedlichen Demonstration durch die eingesetzte Polizei zu thematisieren. Bereits im Vorfeld fanden Observationen der drei im Landkreis stattfindenden Informationsveranstaltungen durch Zivilbeamte des Staatsschutzes statt. Auch das geplante „Demokratiefest“ vom Parteienbündnis musste abgesagt werden, da die Polizei im Vorfeld den Besitzer der geplanten Fläche drängte, diese nicht zur Verfügung zu stellen. Grund für beide Maßnahmen war die Einschätzung der Polizei, dass„links-autonome“ Aktivitäten erwartet werden. Diese völlig irrationale Einschätzung äußerte sich dann in einem Großaufgebot der Brandenburger Polizei, welche die Demo begleitete, das „Bürgerhaus“ vollständig abriegelte, sogar den immer Samstag stattfindenden Wochenmarkt absagen ließ und alle ortsansässigen Vereine für den Tag aus dem „Bürgerhaus“ verwies. Das Aufgebot der Polizei bestand deutlich aus jungen, unerfahrenen, teils vermutlich noch in der Ausbildung steckenden Beamt_innen – diese traten an mehreren Stellen völlig grundlos eskalierend auf. Die vielen sich um und auf der Demo bewegenden Zivilpolizist_innen, eine Festnahme, sowie die Feststellung mehrerer Personalien bildeten den Höhepunkt der Provokationen und Eskalation der Polizei. Dabei ist zusätzlich verwerflich, dass scheinbar nicht voll ausgebildete Polizist_innen in Situationen gebracht wurden, um „Erfahrungen“ zu sammeln und dort über eigene Gewaltanwendung zu verrohen. Trotz der stetigen Provokationen und der im Vorfeld prognostizierten Szenarien blieb die Demo friedlich, aber trotzdem wütend, entschlossen, bunt und lautstark über die Frechheit, dass der AfD ein kommunales Gebäude für ihre Hetze zur Verfügung gestellt wurde.
Leider wurde die kraftvolle Demo bisher kaum in den Medien widergespiegelt.
Wir kommen wieder, immer wenn die AfD oder andere Faschisten hetzen und stellen uns gegen die Kriminalisierung von Protest!
Danke an alle Unterstützer_innen.
Venceremos!
INFORIOT – Mehr als 300 Menschen protestierten am vergangenen Sonntag, den 26. August, gegen eine Demonstration der AfD-nahen Facebook-Gruppierung „Heimatliebe Brandenburg“ in Eberswalde. Zur Protestkundgebung hatte das zivilgesellschaftliche Bündnis „Für ein tolerantes Eberswalde“ (F.E.T.E.) unter dem Slogan „Solidarität ist unsere Alternative“ aufgerufen. An den Protesten am Bahnhof hatten sich zahlreiche Student*innen, Antifas, Punks, Vertreter*innen verschiedener Parteien bis hin zu Mitgliedern der Gewerkschaft der Polizei beteiligt.

Unter dem Motto „Heimat erhalten & Zukunft gestalten“ demonstrierte ein Bündnis aus AfD-AnhängerInnen, Neonazis und Reichsbürgern in Eberswalde. Etwa 200 RassistInnen nahmen an dem Aufzug teil.

Völkisch-nationalistisches Bündnis marschierte in Eberswalde
Die Veranstaltung begann mit einer Auftaktkundgebung am Eberswalder Bahnhof. Bereits dort wurde ersichtlich, wer hinter „Heimatliebe Brandenburg“ steckt: Angemeldet wurde die Demonstration von Lars Günther. Günther ist Beisitzer des AfD-Kreisverbandes Märkisch-Oderland und trat in der Vergangenheit als Anmelder und Organisator diverser rassistischer und verschwörungsideologischer Veranstaltungen in Berlin und dem nord-östlichen Brandenburg auf. Darüber hinaus ist er Autor und Organisator vor Konferenzen und Veranstaltungen des rechten Querfront-Magazin „Compact“. Auch ein Kamera-Mann von „Compact“ dokumentierte das Demonstrationsgeschehen.

Weitere AfD-PolitikerInnen wie Steffen John aus Panketal sowie die stellvertretende Landesvorsitzende Birgit Bessin traten als RednerInnen auf der Veranstaltung auf. Bessin vertrat spontan Siegfried “Siggi” Daebritz, den führenden Kopf von PEGIDA-Dresden. Daebritz, der als Redner angekündigt war, sei wegen eines Motorschadens in Bernau verhindert gewesen.
AfD-Hardliner und Identitäre
Für die Bühne und Technik war der Berliner AfD-Politiker Andreas Wild verantwortlich. Er wurde 2017 nach anhaltenden menschenverachtenden Äußerungen aus der Fraktion seiner Partei im Berliner Abgeordnetenhaus ausgeschlossen. Ihm zur Seite stand einer der führenden Köpfe der Identitären Bewegung Berlin-Brandenburg, Jannik Brämer. Im Mai des vergangenen Jahres hatte er bei einer Aktion der Identitären beinah einen Zivilpolizisten umgefahren. Aufgrund der Ermittlungen wegen versuchter schwerer Körperverletzung gegen Brämer sowie seinen Aktivitäten bei den Identitären, wurde er im Sommer des vergangenen Jahres aus der AfD ausgeschlossen. Bis dahin war er Schatzmeister der Berliner Jungen Alternativen (JA), der Jugendorganisation der Partei.

Unterstützung aus dem Spreewald
Unterstützt wurde die Demonstration von dem neu-rechten Verein „Zukunft Heimat“ aus dem südbrandenburgischen Golßen, die neuerdings vom Verfassungsschutz unter Beobachtung steht. Dessen Vorsitzender Christoph Berndt trat auf der Versammlung als Redner auf und lief mit seiner Frau Grit an vorderster Front mit. Mit dabei hatten sie ein Transparent, welches bei den von Berndt organisierten Demonstrationskampagne in Cottbus verwendet wird.

Teilnehmende mit direkten NS-Bezug
Auffällig wenige bekannte Gesichter aus Eberswalde beteiligten sich an dem Aufzug. Weder die NPD Barnim, noch Anhänger der aufgelösten Kameradschaft Märkisch-Oder-Barnim, oder Mitglieder des „III. Wegs“ hatten sich auf der Veranstaltung blicken lassen. Nur das ehemalige Mitglied der NPD sowie der Splitterpartei „Die Rechte“, René Herrmann, ließ sich auf der Demonstration blicken. Zudem fiel eine Gruppe Neonazis auf, die einheitlich ein T‑Shirt mit dem Rückenaufdruck „Randgruppe Deutsch Eberswalde“ in Frakturschrift trugen. Bei „Randgruppe Deutsch“ handelt es sich um eine RechtsRock Band, die sich in der rechten Szene reger Beliebtheit erfreut. Auf der Vorderseite des T‑Shirts trugen die Personen einen Erlenkranz um den Zahlencode „88“ auf der Brust. Bei dem Zahlencode handelt es sich um ein beliebtes Chiffre der rechten Szene für den achten Buchstaben des Alphabets, was in der Dopplung für die Abkürzung für „Heil Hitler“ steht.


Auftakt einer Veranstaltungsreihe
Nach einer Eröffnungskundgebung lief der Demonstrationszug von „Heimatliebe Brandenburg“ ein kurze Strecke in der Nähe des Bahnhofs und schloss die Veranstaltung mit weiteren Reden. Laut eigenen Bekundungen sollte die Veranstaltung in Eberswalde der Auftakt einer Reihe ähnlicher Versammlungen in der Region sein. Am 1. September steht eine Tageskonferenz der AfD im märkisch-oderländischen Neuenhagen an, die ebenfalls von Lars Günther organisiert wird. Diverse ultra-rechte RednerInnen der Partei wollen über die „Soziale Frage“ diskutieren. Eine weitere Demonstration will „Heimatliebe Brandenburg“ am 3. November in Eberswalde abhalten. In der Zwischenzeit plant der AfD Kreisverband Barnim eine Kundgebung am 7. September in Bernau.
Weitere Bilder gibt es: hier.
Vom 1. bis 8. September 2018 organisiert ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und Einzelpersonen die „Aktionswoche für ein weltoffenes Werder“. Damit setzt sie ein Zeichen für eine offene und solidarische Stadt und Gesellschaft und gegen Rassismus, Hass und Ausgrenzung.
Mit einer Filmreihe, Theateraufführungen, einer Ausstellung, Workshops mit Schülerinnen und Schülern, einem Bürgerdialog und zahlreichen weiteren Formaten setzen sich die Veranstaltungen mit den Themen Weltoffenheit, Gerechtigkeit, Demokratie und Menschenrechten auseinander.
Höhepunkt der Woche ist das Konzert für ein weltoffenes Werder am 8. September mit lokalen und internationalen Bands und einem vielfältigen inhaltlichen und künstlerischen Begleitprogramm.
Weitere Informationen und das ausführlichere Programm für die Aktionswoche finden sich unter www.weltoffenes-werder.de
Am 11.08.2018 hatte der Landesverband der Jungen Alternativen Brandenburg zum Grillen in den Volkspark Potsdam eingeladen. Der Geschichtslehrer (!) Dennis Hohloch nutze die Veranstaltung auch, um Werbung für seine Kandidatur als Oberbürgermeister zu machen. Er tauschte sich unter anderem mit dem Stadtbekannten Neonazi Dustin Schlemminger aus [1].
Schlemminger ist seit mehr als 10 Jahren in der Potsdamer Neonazisszene aktiv [2]. Sein politischer Werdegang ist eng verbunden mit dem Jugendclub Fahrland. Hier trat er zusammen mit anderen Neonazis als „Aktionsgruppe Potsdam Nord” (AGPN) in Erscheinung [3]. Die AGPN zeigte sich damals vor allem aktionistisch mit dem Ziel, eine “National befreite Zone” zu errichten [3]. Schlemminger war dabei stets bemüht unerkannt zu bleiben. Doch seit einiger Zeit tritt er wieder öffentlich in Erscheinung. Bei einem Aufmarsch der rechten Gruppierung PoGIDA („Potsdamer gegen die Islamisierung des Abendlandes”) im April 2016 zeigte er sich zusammen mit Nick Zschirnt und anderen Neonazis. Im Februar 2017 besuchte er gemeinsam mit Vertreter*innen der Identitären Bewegung (IB) eine Veranstaltung in der Landeszentrale für politische Bildung zum Thema IB [5]. Menschenverachtende und rassistische Propaganda verbreitete Schlemminger unter dem Label „Asylhütte in Potsdam? Kannste knicken” und mit der Neonazi-Gruppierung “Freies Potsdam” [6].
Trotz ständiger Relativierung, Verharmlosung und halberherziger Distanzierung wird hier zum wiederholten Male die inhaltliche und praktische Nähe der AfD zu bekennenden Neonazis offensichtlich. Die Partei von Wehrmachts-Gauland, Revisionisten-Höcke, dem Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz (seine Vita spricht für sich) oder auch dem lokalen AfD/PoGIDA Mitläufer Herbert Heider ist auch hier in Potsdam anschlussfähig an den harten Kern der Kameradschaftsnazis.
Da braucht niemand mehr behaupten nichts gewusst zu haben! Wer die AfD wählt oder sonstwie unterstützt, wählt und unterstützt damit eine rassistische Politik des völkischen Nationalismus! AfD, PoGIDA und Schlägernazis sind in auch Potsdam eine braune Suppe!
Quellen: [1] https://www.instagram.com/p/BmX6M6olxFC/?taken-by=ja_brandenburg (Stand 15.08.18, siehe Bild 1)
[2] https://www.antifa-berlin.info/sites/def…back03.pdf
[3] http://arpu.blogsport.eu/2015/11/12/neon…n‑potsdam/
[4] https://www.youtube.com/watch?v=EptSjUNpzPo bei 4.55min
[5] https://www.e‑a-p.org/2017/02/skandal-in…ldung.html
[6] http://arpu.blogsport.eu/2018/05/04/aus-…t‑potsdam/
— Emanzipatorische Antifa Potsdam https://www.e‑a-p.org –
Anlässlich der jüngst verbreiteten Flyer und der Aktivitäten der
neonationalsozialistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ fand am
Dienstag, den 14.08.2018 ein Treffen des Bürgermeisters Frederik Bewer
und dem Bürgerbündnis für eine gewaltfreie, tolerante und weltoffene
Stadt Angermünde mit Vertretern des Staatsschutzes, des
Verfassungsschutzes, der Polizeiinspektion Uckermark, dem
Integrationsbeauftragten des Landkreises Uckermark und dem Mobilen
Beratungsteam statt.
Alle Teilnehmer waren sich in der klaren Ablehnung der Aktivitäten und
der dahinter stehenden Ideologie des „III. Weges“ einig.
Die Aktivitäten und die Ideologie dieser rechtsextremen Partei
orientieren sich fortwährend an der Weltanschauung des Dritten Reiches
und der in dieser Zeit herrschenden Nationalsozialisten.
In diesem Treffen wurden mit den Vertretern der genannten Institutionen
konkrete Maßnahmen vereinbart. Dabei geht es unter anderem um
Möglichkeiten die Menschen der Region Uckermark über diese
Splitterpartei, ihre Ideologie, ihre Aktivitäten und Ziele aufzuklären.
Dazu wurden weitere Treffen in diesem Rahmen verabredet.
Frederik Bewer und Wolfgang Rall für das Bürgerbündnis für eine gewaltfreie, tolerante und weltoffene Stadt Angermünde
Brandenburg schiebt wieder nach Afghanistan ab und ignoriert Abschiebehindernisse bei den Betroffenen
(Pressemitteilung vom 14.08.2018)
Heute soll der mittlerweile 15. Sammelabschiebeflieger nach Afghanistan vom Münchner Flughafen gehen, dafür vorgesehen und mittlerweile in Abschiebehaft befindlich sind auch drei junge Männer aus Brandenburg. Der skandalöse Richtungswechsel der Landesregierung wird durch die Ignoranz der Ausländerbehörden gegenüber Abschiebehindernissen, die bei den Betroffenen vorliegen, auf die Spitze getrieben: Zwei der drei jungen Männer sind suizidgefährdet. Die Abschiebung wäre auf Grund des gesundheitlichen Zustands der Betroffenen rechtswidrig.
Bisher hatte sich Brandenburg nur einmal im März 2017 an einer solchen Sammelabschiebung beteiligt (1). Die Landesregierung scheint nur auf die durch die Bundesregierung befürwortete Ausweitung der betroffenen Personengruppen gewartet zu haben: Im Juli gab die Zentrale Ausländerbehörde den kommunalen Ausländerbehörden bekannt, dass es nun auch für brandenburgische Afghanen keine Einschränkungen bei Abschiebungen mehr gäbe. Es können nun alle erwachsenen, ausreisepflichtigen Afghanen nach Kabul abgeschoben werden.
Damit übergehen die Ausländerbehörden und das Innenministerium einen Beschluss (2), der am 3.3.2017 im Landtag verabschiedet wurde. Dieser besagt, dass “Ausländerbehörden im Rahmen einer sorgfältigen Einzelfallprüfung die Ermessensspielräume der gesetzlichen Regelungen des Aufenthaltsrechts … nutzen” sollen. Außerdem soll sichergestellt werden, “ob eine besondere Schutzbedürftigkeit im Sinne der EU-Aufnahmerichtlinie vorliegt.”
Die Rechtsanwältin Myrsini Laaser schreibt auf Facebook jedoch über einen für die Abschiebung vorgesehenen Mandanten:
„Seit heute sitzt ein afghanischer Mandant von uns aus Brandenburg in Abschiebehaft, der morgen nach Afghanistan abgeschoben werden soll. Er ist kein Straftäter oder Gefährder. Er befindet sich noch im Erstverfahren. Sein Asylantrag wurde zwar abgelehnt, aber dagegen haben wir geklagt. Er ist psychisch sehr labil. War bereits wegen eines Suizidversuches in stationärer Behandlung. Er ist damals vor den Taliban geflohen. Sein Vater wurde von den Taliban ermordet. Erst im Mai 2018 wurde seine Familie erneut von den Taliban angegriffen und bedroht, bei diesem Angriff wurden seine Brüder schwer verletzt und Freunde getötet.“ (3)
Eine Einzelfallprüfung hat hier offenbar nicht stattgefunden, gesundheitliche Abschiebehindernisse werden wissentlich ignoriert. Welchen Gehalt und welche Glaubwürdigkeit hat ein Beschluss, wenn er derart nonchalant vom Innenministerium übergangen werden kann?
„Wir sind empört, dass Menschen in solch labilem Zustand in ein Land abgeschoben werden sollen, in dem sie alles andere als Unterstützung erwartet. Diese Abschiebungen sind menschenunwürdig und müssen gestoppt werden. Die Landesregierung sollte sich ihrer Verantwortung stellen und afghanische Geflüchtete real schützen. Die erneute Beteiligung an Abschiebungen von dazu noch gesundheitlich stark angeschlagenen Menschen nach Afghanistan ist eine Missachtung jeglicher Erkenntnisberichte und Einzelschicksale.
Die Landesregierung sollte zu dieser fragwürdigen Vorgehensweise Stellung beziehen“,
so Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Der Flüchtlingsrat fordert erneut: Alle Abschiebungen nach Afghanistan stoppen. Brandenburg darf sich nicht an Abschiebungen in den Krieg beteiligen!