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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

NPD und DVU streiten nach Ende des “Pakts: “Lasst uns nicht abwarten, bis alles in die Hose gefallen ist!”

Nach dem Bruch des “Deutsch­land­pak­ts” am 27. Juni 2009 will die NPD offen­bar die Gun­st der Stunde nutzen und geht weit­er in die Offen­sive. Nach dem schon recht dreis­ten “Ange­bot”, DVU-Kan­di­dat­en dürften bei der Land­tagswahl in Bran­den­burg auf den Lis­ten der NPD kan­di­dieren, bringt NPD-Chef Udo Voigt nun eine Fusion der recht­sex­tremen Parteien ins Spiel. In ein­er Video­erk­lärung fordert er, dass kün­ftig bei Wahlen “endlich nur noch eine nationale Partei — und nicht zwei oder drei — antreten” sollte. “Ja, wir wollen den Zusam­men­schluss!”, so Voigt, der zudem behauptet, die NPD habe den Ver­trag mit der DVU gar nicht gebrochen. Denn die NPD habe “gekämpft”, der Bünd­nis­part­ner allerd­ings nicht. “Lasst uns nicht abwarten, bis alles in die Hose gefall­en ist!”, forderte Voigt.

Ver­rat” und “Unwahrheit­en”

Die DVU reagierte erwartungs­gemäß ver­bit­tert auf den Bruch des “Pak­ts”. DVU-Chef Matthias Faust sprach von “Ver­rat”. Der NPD gehe es “keines­falls um eine “gemein­same Rechte”, son­dern um die Vol­len­dung eines Allein­vertre­tungsanspruchs für alles, was sich als “rechts” beze­ich­net”. Die Behaup­tun­gen von NPD-Chef Voigt beze­ich­nete Faust als “Mis­chung aus Halb- und Unwahrheit­en”. Die NPD habe sehr wohl den “Deutsch­land­pakt” gebrochen, denn im “Deutsch­land­pakt” wur­den “unab­hängig von irgendwelchen “Chan­cen”, die man oft­mals im voraus wohl kaum beurteilen kann, vere­in­bart, welche Partei zu welchen Land­tags- und bun­desweit­en Wahlen antritt”. “Abso­lut heuch­lerisch” sei eben­so die Aus­sage, der Bun­desvor­stand halte den Wiedere­inzug der DVU in Bran­den­burg für utopisch. “Wie real­is­tisch ist es denn bitte, daß bei einem Antritt gegeneinan­der über­haupt eine nationale Partei den Einzug in den Land­tag schafft?”, fragt Faust.

Die DVU in Bran­den­burg schob den Kon­flikt ein­mal mehr auf äußere Fak­toren: ”Nach alt­be­währtem Rezept haben destruk­tive Kräfte und Agen­ten des Sys­tems einen sich anbah­nen­den Zusam­men­schluss der bei­den großen Rechtsparteien vor­erst zu ver­hin­dern gewusst. Eine anzus­trebende geeinte nationale Bewe­gung, wie es sie in vie­len anderen europäis­chen Län­dern gibt, kön­nte damit auf lange Zeit nicht zur Debat­te ste­hen. Durch den Ver­trags­bruch seit­ens des NPD-Parteivor­standes wurde das gegen­seit­ige Grund­ver­trauen erschüt­tert.” Außer­dem kündigte die DVU an, den Wahlkampf in Bran­den­burg nun ver­stärken zu wollen.

Schwe­lende Kon­flik­te in der NPD

Auch DVU-Chef Faust schloss eine Zusam­me­nar­beit mit der NPD vor­erst aus und ver­suchte zudem, den Machtkon­flikt in der NPD wieder anzuheizen: “Die DVU wird sich ganz sich­er durch die zu immer mehr “Macht und Allein­herrschaft” streben­den NPD-Führung wed­er ein­schüchtern, noch erpressen lassen und sich in Zukun­ft genau die Part­ner zur Zusam­me­nar­beit aus­suchen, denen Werte wie Ehre, Ver­trauen und Ehrlichkeit noch etwas bedeuten. Dazu gehören selb­stver­ständlich nach wie vor auch Organ­i­sa­tion­sstruk­turen der NPD, wie beispiel­sweise der Frak­tion in Sach­sen unter Hol­ger Apfel.”

NPD nicht kampagnenfähig”

In Bran­den­burg dürften also tat­säch­lich NPD und DVU gegeneinan­der antreten, was einen Wahler­folg für bei­de noch unwahrschein­lich­er macht. Denn auch die NPD ist dort nicht so stark aufgestellt, wie die Partei es gerne behauptet. Die NPD sei in dem Bun­des­land nicht kam­pag­nen­fähig, hieß es zur Vorstel­lung des Ver­fas­sungss­chutzbericht­es 2008. Allerd­ings habe die Nach­wuch­sor­gan­i­sa­tion “Junge Nation­aldemokrat­en” seit 2004 ihre Mit­gliederzahl von 130 auf rund 300 erhöhen kön­nen. Die NPD naz­i­fiziere sich zunehmend, so Innen­min­is­ter Schön­bohm. Der recht­sex­tremen Partei fehle es an “Per­son­al, Geld, Intellekt und Mit­gliedern”, so Schön­bohm weit­er. Sie existiere in Bran­den­burg teil­weise nur im Internet.

Ob diese Aus­sagen der Real­ität entsprechen, wer­den die kom­menden Wochen zeigen. Auch dürfte es inter­es­sant wer­den, wie NPD und DVU gegeneinan­der Wahlkampf führen. In Bay­ern schlug ein NPD-Anhänger im Wahlkampf 2008 beispiel­sweise den Lan­deschef der konkur­ri­eren­den Repub­likan­er ein­fach nieder.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Urlaub ja – Abschiebung nein! Zeigen auch Sie „Air Berlin“ die kalte Schulter!

Berlin — Am 8. Juni 2009 wur­den etwa 100 Men­schen vom Flughafen Berlin-Schöne­feld aus nach Viet­nam abgeschoben. Für diese Massen­ab­schiebung hat die Flugge­sellschaft „Air Berlin“ das Flugzeug zur Ver­fü­gung gestellt.

Wir fliegen deshalb ohne „Air Berlin“ in den Sommer!

Damit wollen wir erre­ichen, dass sich das Unternehmen kün­ftig nicht mehr an Abschiebun­gen beteiligt. Bitte unter­stützen Sie uns! Zeigen auch Sie „Air Berlin“ die kalte Schulter!

Von den nach Viet­nam abgeschobe­nen Men­schen lebten viele schon seit Jahren in Deutsch­land. Ihre Hoff­nung auf eine Zuflucht und auf eine per­sön­liche Per­spek­tive wurde durch die Abschiebung zunichte gemacht.

Eine solche Poli­tik ist inhuman!

Sie über­sieht, dass in Viet­nam grundle­gende Men­schen­rechte ver­let­zt wer­den. Gründe für eine Flucht gibt es also alle­mal. Eine eng­stirnige Poli­tik in Deutsch­land und Europa sieht Ein­wan­derung noch immer vor allem als Prob­lem. Diese Poli­tik ohne Moral, Sinn und Ver­stand macht aus Europa eine Fes­tung. Ihr Abschot­tungs­fa­natismus nimmt in Kauf, dass Tausende Flüchtlinge im Mit­telmeer ertrinken. Diese Poli­tik entwurzelt ohne Not Men­schen, die bemüht waren, sich ein Leben in Deutsch­land aufzubauen – und stürzt sie dadurch in Not.

Das alles ist schon schlimm genug. Warum aber unter­stützt eine Flugge­sellschaft diese Politik?

Air Berlin“ erle­ichtert dadurch zukün­ftige Massen­ab­schiebun­gen. Denn: wenn hier­für extra Char­ter­maschi­nen zur Ver­fü­gung gestellt wer­den, kön­nen die Men­schen rei­bungslos­er aus dem Land geschafft wer­den. In reg­ulären Maschi­nen haben schon häu­figer Flug­pas­sagiere gegen Abschiebun­gen protestiert. Nicht sel­ten weigerten sich Piloten, Men­schen unter Zwang zu befördern.

Air Berlin“ macht sich zum Rad im Getriebe ein­er Polizeiak­tion – min­destens 50 Ange­hörige der Bun­de­spolizei „begleit­eten“ den Abschiebungs­flug vom 8.Juni 2009. Finanziert wurde die Aktion von der europäis­chen „Grenzschutz“(besser: Abschottung)-Agentur FRONTEX. Diese Agen­tur ver­fügt jährlich über Mil­lio­nen Euro für die mil­itär­polizeiliche „Gren­zsicherung“ und offenkundig auch für solche „Abtrans­porte“.

Air Berlin“ fordern wir daher auf, das Abschiebungs­busi­ness aufzugeben, ehe es richtig begonnen hat. Es kön­nte sich son­st als sehr geschäftss­chädi­gend herausstellen.

Wir sagen den Piloten von „Air Berlin“ und allen anderen Flugge­sellschaften: Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Abschiebungsmaschinerie!

Kon­tak­t­dat­en „Air Berlin“ — Fax: 030/ 4102 1003

und/oder

Press­es­telle:

Tel: 030/ 3434 1500 — Fax: 030/ 3434 1509 — abpresse@airberlin.com

Flüchtlingsrat Bran­den­burg / Flüchtlingsrat Berlin / Inter­na­tionale Liga für Menschenrechte

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Bedrohungen und rassistische Übergriffe gegen Flüchtlingsheim

Pots­dam — Obwohl die medi­ale Aufmerk­samkeit sich längst wieder anderen Din­gen zuge­wandt hat, bleiben die Prob­leme und Kon­flik­te um das Flüchtling­sheim im Pots­damer Stadt­teil Schlaatz beste­hen. So kam es auch in let­zter Zeit immer wieder zu ein­deutig ras­sis­tisch motivierten Über­grif­f­en und Dro­hun­gen gegen das Heim und seine Bewohner_innen. Am Mor­gen des 19. Mai gegen zwei Uhr nachts wurde ein Bewohn­er des Heims an der Straßen­bahn­hal­testelle Mag­nus-Zeller-Platz als „Scheiß Afrikan­er“ beschimpft und getreten. Ihm gelang es jedoch, ins Heim zu fliehen, wodurch Schlim­meres ver­hin­dert wer­den kon­nte. Bere­its zwei Tage später, am so genan­nten „Her­rentag“ kam es zu einem direk­ten Angriff auf das Heim. Zwei Män­ner jün­geren Alters wur­den dabei beobachtet, wie sie Gegen­stände gegen die Fas­sade war­fen, die beim Auf­prall explodierten. In bei­den Fällen kon­nten die Täter nicht gestellt werden.

Diese direk­ten Über­griffe wer­den begleit­et von ein­er nach wie vor ablehnen­den Atmo­sphäre. So sehen sich die Bewohner_innen des Heims umringt von ein­er bunt-braunen Mis­chung von DVU-Wahlplakat­en und neon­azis­tis­chen Aufk­le­bern und Parolen. Das Schweigen und die latente Ablehnung durch Teile der Bevölkerung ergänzen das Bild zu einem dauer­haften Bedrohungsszenario.

Auch schafft die Stadtver­wal­tung der Stadt Pots­dam mit ihrer Flüchtlingspoli­tik eben­falls nicht ger­ade ein Kli­ma der Akzep­tanz. Die Prax­is, Flüchtlinge möglichst bil­lig und kon­trol­lier­bar in einem Heim unterzubrin­gen und möglichst weit von ein­er pres­tigeträchti­gen Innen­stadt mit Schlöss­chen und restau­ri­erten Villen fernzuhal­ten, sagt einiges aus. Sie ver­hin­dert weit­er­hin selb­st­bes­timmtes Wohnen und Leben und rei­ht sich ein in eine bun­desweit prak­tizierte ras­sis­tis­che Asylpoli­tik, die nicht auf Akzep­tanz und Inte­gra­tion, son­dern auf kurzfristige Dul­dung mit möglichst schneller Abschiebung aus­gerichtet ist.

Deshalb fordern wir eine möglichst rasche dezen­trale Unter­bringung aller Heimbewohner_innen in Woh­nun­gen sowie ein Bleiberecht für alle Flüchtlinge in Pots­dam und über­all. Fight racism!

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(Anti-)Rassismus

Böhse Onkelz von Prenzlau: Nachschläge und Nachtritte

Pren­zlau — Im Anschluss an einem Auftritt der Böhse Onkelz Cover­band „Dirk und Durstig“ im Pren­zlauer Kur­garten an 8. Novem­ber let­zten Jahres sollen mehrere Pren­zlauer über einen Mann herge­fall­en sein, den sie für einen Türken hielten.

Sie sollen den Mann vom Kur­garten am Unteruck­ersee aus in Rich­tung Pren­zlauer Rathaus ver­fol­gt und am dor­ti­gen Park­platz zu fassen gekriegt haben. Dann sollen sie auf ihn eingeschla­gen und als er am Boden lag auf ihn einge­treten haben. Dabei sollen Worte wie „Türken­sau“ und „du dreck­iger Türke“ gefall­en sein.

Die Staat­san­waltschaft in Neu­rup­pin wollte lediglich bestäti­gen, dass man gegen drei Män­ner wegen gemein­schaftlich­er Kör­per­ver­let­zung ermit­tle und die Ermit­tlun­gen kurz vor dem Abschluss stünden.


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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Arbeit & Soziales Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order

Brandenburger Modell gegen neue Strategie der “netten Nazis”

Erar­do Raut­en­berg, Gen­er­al­staat­san­walt in Bran­den­burg, hat eine neue Strate­gie recht­sex­tremer Parteien beobachtet. Man stelle sich als “nette Nazis” da, die zu Unrecht von Behör­den ver­fol­gt wür­den, so Raut­en­berg im Deutsch­land­funk. „Dies zeigt die Strate­gie der NPD oder beziehungsweise aller recht­sex­tremer Parteien, die die Erfahrung gemacht haben, dass recht­sex­trem­istisch motivierte Gewalt­tat­en die Bevölkerung abschreck­en und nicht zu Wäh­ler­stim­men führen.“ Man ver­suche daher „ein­er­seits, die Ange­höri­gen gewalt­bere­it­er Grup­pierun­gen an die Parteien zu binden; ander­er­seits ver­fol­gt man aber — und zwar ins­beson­dere die NPD — die Strate­gie, sich gegenüber dem Wahlvolk als “nette Nazis” darzustellen, die hil­fs­bere­it sind und die von den Medi­en und von den Behör­den zu Unrecht ver­fol­gt wer­den“, erk­lärte Raut­en­berg. Diese Strate­gie gehe „eben zum Teil auf“.

Raut­en­berg betonte, Polizei und Jus­tiz räumten der recht­sex­tremen Gewalt in Bran­den­burg höch­ste Pri­or­ität ein. Inzwis­chen sei es auch so, dass von Polizei bis zu den Gericht­en hin schnell reagiert werde. Dies sei ein Grund für den Rück­gang recht­sex­tremer Gewalt. „Der zweite Baustein ist allerd­ings präven­tive Maß­nah­men des Innen­min­is­teri­ums ins­beson­dere gegen Kam­er­ad­schaften, wo sich der bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­ter Schön­bohm sehr ver­di­ent gemacht hat.“

Zivilge­sellschaft aktiviert

Zudem, so Raut­en­berg, „und das ist für mich das Wichtig­ste — ist in Bran­den­burg die Zivilge­sellschaft mobil­isiert wor­den. Das war nicht immer so, aber 1997 hat man in Bran­den­burg ein Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit gegrün­det und ein Jahr später das Hand­lungskonzept “tol­er­antes Bran­den­burg”. Ich denke, dass dieses Engage­ment von Bürg­ern gegen Recht­sex­trem­is­mus inzwis­chen Früchte trägt.“

Zu ähn­lichen Ergeb­nis­sen kam das Moses Mendelssohn Zen­trum bei ein­er Tagung. Nach einem Bericht der Pots­damer Neuesten Nachricht­en sei „die Demokratie wehrhafter gewor­den“. Dr. Gideon Botsch vom MMZ habe die extreme Rechte – namentlich die NPD – und ihre Strate­gien und Ziele genauer betra­chtet. In zwei zen­tralen Punk­ten kon­nte er dem­nach zumin­d­est vor­erst Ent­war­nung geben. Es habe keine Verdich­tung von lebensweltlichen nationalen Milieus – etwa soge­nan­nte „ nation­al befre­ite Zonen“ – stattge­fun­den. „Eine räum­liche Dom­i­nanz ist nicht einge­treten“, stellt er fest.

Kein Marsch in die Mitte

Auch habe die Partei nicht den Marsch in die Mitte der Gesellschaft ange­treten, vielmehr beobacht­en die Sozial­wis­senschaftler eine Entkop­pelung vom öffentlichen Leben. Nicht Handw­erk­er, Händler oder andere Vertreter der Bürg­er­schaft hät­ten let­ztlich zur Kom­mu­nal­wahl 2008 auf den Wahllis­ten der NPD ges­tanden, son­dern die üblichen Aktivis­ten, die durch ihr Äußeres und ihre State­ments klar dem recht­en Lager zuzuord­nen waren. „Das nationale Lager schraubt sich aus der Gesellschaft her­aus und genügt sich zunehmend selb­st“. Ein­er­seits also eine erfreuliche Entwick­lung: die extremen Rechte hat es nicht in die Mitte der Gesellschaft geschafft. Ander­er­seits sei aber das Entste­hen ein­er recht­sex­trem-völkischen Gegen­welt zu beobacht­en. Eine nicht unge­fährliche Entwick­lung. Als beson­ders heikel betra­cht­en die Forsch­er dabei, dass zunehmend Kinder in nationalen Jugend­camps rekru­tiert und indok­triniert wür­den. „Das sind die Wäh­ler in zehn Jahren“, warnte Botsch.

Das Abkop­peln der NPD aus der Gesellschaft sieht er laut PNN allerd­ings nicht als Scheit­ern. Die NPD ver­folge hinge­gen eine Wahlkampf­s­trate­gie, „die den Weg in die Mitte der Gesellschaft vor­erst gar nicht sucht.“ Vielmehr konzen­triere sich die Partei auf Wäh­ler­schicht­en, bei denen sie keine Konkur­renz fürcht­en muss: das abge­hängte Prekari­at. Die NPD bewerbe sich in Anlehnung an eine Parole der DDR-Oppo­si­tion als „Partei der Dage­bliebe­nen“, als heimatver­bun­dene Region­al­partei. Die Brisanz dieser Ansprache unter­stre­iche, dass Bran­den­burg mit­tler­weile in einen pros­perieren­den Speck­gür­tel um Berlin und struk­turschwache und teils sog­ar abge­hängte Regio­nen am Rand zer­falle. Das Wäh­lerver­hal­ten sei entsprechend: „Recht­sex­treme Ein­stel­lun­gen sind in Berlin am niedrig­sten, im Umland mod­er­at, und steigen zu den Randge­bi­eten hin an“, so Botsch dem Bericht zufolge.

War­nung vor der DVU

Dirk Wilk­ing vom Mobilen Beratung­steam Bran­den­burg ergänzte die Aus­führun­gen von Gideon Botsch. Er kon­nte bestäti­gen, dass die Ver­suche von Recht­sex­tremen in die ver­schiede­nen Milieus der Zivilge­sellschaft einzu­drin­gen vielfach gescheit­ert seien. Einig war er sich mit Botsch allerd­ings auch, dass die DVU sowohl in Sachen Pop­ulis­mus wie auch Entwick­lung zur Mil­i­tanz nicht unter­schätzt wer­den dürfe. Wilk­ing warnte dem­nach auch davor, dass die NPD ger­ade im ländlichen Raum aktiv sei, da sie dort kaum Konkur­renz im poli­tis­chen Diskurs zu erwarten habe. Eine Tagung­steil­nehmerin aus Guben wusste nach Angaben der PNN davon zu bericht­en, dass Jugendliche aus einem Prob­lemvier­tel des Ortes regelmäßig von Rechts­gerichteten zu Schießübun­gen mitgenom­men wür­den. Wilk­ing hält es für äußerst brisant, dass soziale Rand­m­i­lieus von der Poli­tik vergessen wür­den. „Dort sind Ange­bote nötig“, forderte er.

Dass genau darin ein Kern des Prob­lems liegt, deutete der Sozial­forsch­er Diet­mar Sturzbech­er von der Uni Pots­dam an. Regelmäßig unter­sucht er Ein­stel­lun­gen und Moti­va­tio­nen der Jugendlichen in Bran­den­burg. Eines sein­er Ergeb­nisse: Gewalt­bere­ite Jugendliche mit recht­sex­tremen Ein­stel­lun­gen kom­men häu­fig aus Fam­i­lien mit beson­ders hohem Zusam­men­halt, in denen allerd­ings auch geprügelt wurde. „Es scheint so, als wür­den diese Jugendlichen in den recht­en Grup­pen sowohl Zusam­men­halt als auch Gewalt­tätigkeit suchen“, sagte Sturzbech­er. Die Ergeb­nisse sein­er let­zten Quer­schnittsstudie lassen allerd­ings auch etwas Hoff­nung zu. Dem­nach lag der Höhep­unkt der Gewalt­bere­itschaft in der Mitte der 90er Jahre. 2005 war die Bere­itschaft von Jugendlichen, sich gegen Gewalt zu engagieren, merk­lich angestiegen. „Das ist eigentlich das beste Ergeb­nis, sagte Sturze­bech­er. Die Zahl der­jeni­gen, die gegen Gewalt etwas sagen wachse. „Und das ist ein Teil der Problemlösung.“

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

NPD-WM-Planer Beier “traurig” über “Instrumentalisierung des Sports”

Der NPD-Funk­tionär Klaus Beier ist Ende April zu ein­er Bewährungsstrafe verurteilt wor­den. Grund: Er und zwei weit­ere NPD-Spitzen­funk­tionäre hat­ten zur Fußball-Welt­meis­ter­schaft 2006 einen ras­sis­tis­chen “WM-Plan­er” veröf­fentlicht — und damit den schwarzen Fußball­profi und Ex-Nation­al­spiel­er Patrick Owom­oyela diskri­m­iniert und belei­digt.  Owom­oyela, der als Neben­kläger auf­trat, hat­te aus­ge­sagt, die ras­sis­tis­chen Attack­en hät­ten ihn ver­let­zt und beschämt. Durch den “WM-Plan­er” der NPD sei er erst­mals per­sön­lich und direkt mit dem The­ma Ras­sis­mus kon­fron­tiert wor­den”, so Owom­oyela. “Das war eine Kam­pagne gegen mich und meine Haut­farbe. Das wollte ich nicht dulden.” Die NPD miss­brauchte den Fußball, um ihre völkische Ide­olo­gie zu propagieren.

Für Tol­er­anz” lässt Beier erschrecken

Nur etwa zwei Wochen nach diesem Urteil, am 09. Mai 2009, schrieb Beier einen offe­nen Brief an den Fußbal­lvere­in Ger­ma­nia Storkow. Darin heißt es, am 04. Juli 2009 gastiere der Fußball-Bun­desligist Energie Cot­tbus im Rah­men eines Fre­und­schaftsspiel in Storkow (Mark). Dies habe Beier erfreut.

Mit “Erschreck­en” habe der “Fußball­fre­und” Beier dann allerd­ings fest­stellen müssen, dass “dieser sportliche Ver­gle­ich im Jahr der 800-Jahr-Feier zwis­chen Ger­ma­nia Storkow und Energie Cot­tbus poli­tisch mißbraucht wer­den soll”. Der Vere­in will das Spiel unter das Mot­to „Mit Energie für Tol­er­anz“ stellen, um nach Angaben der Märkischen All­ge­meinen ein Zeichen gegen Recht­sex­trem­is­mus zu set­zen. “Wer damit gemeint ist, dürfte nach den über­durch­schnit­tlichen NPD-Ergeb­nis­sen bei der Kom­mu­nal­wahl 2008 im Bere­ich Storkow auf der Hand liegen”, fühlt sich Beier ange­sprochen. Nach dem offiziellen Ergeb­nis der Wahlen am 28. Sep­tem­ber 2008 im Land­kreis Oder-Spree hat­te die NPD in Storkow 7,3 Prozent, das sind 837 Stim­men, erreicht.

Instru­men­tal­isierung macht NPD “trau­rig”

Diese poli­tis­che Instru­men­tal­isierung ein­er Sportver­anstal­tung wird der NPD-Lan­desver­band nicht taten­los hin­nehmen”, schreibt der NPD-Funk­tionär weit­er. Denn: Es sei “trau­rig, daß ein Fre­und­schaftsspiel für poli­tis­che Zwecke instru­men­tal­isiert wer­den soll, um dann noch als Neben­ef­fekt angesichts des Mot­tos gegen „Recht­sex­trem­is­mus“ einen Zuschuß durch das Land Bran­den­burg zu erbet­teln.” Vielle­icht sollte die NPD in Bran­den­burg auch ein­mal über eine Spende für einen klam­men Fußbal­lvere­in nach­denken; in NRW hat­te die NPD im Som­mer 2007 die Sport­büch­sen aus und Spendier­ho­sen ange­zo­gen und über­wies der SG Wat­ten­scheid 09 sat­te elf Euro.

Was allerd­ings die ange­bliche “Bet­telei” von Ger­ma­nia Storkow ange­ht: Ein­er Partei wie der NPD, die ohne öffentliche Gelder längst pleite wäre, ste­ht es beson­ders schlecht zu Gesicht, solche Unter­stel­lun­gen her­auszuhauen. Dem NPD-Chef in Bran­den­burg ist‘s offen­bar egal, er dro­ht stattdessen:

Der NPD-Lan­desver­band wird der­ar­ti­gen demokratiefeindlichen Aktio­nen kün­ftig die rote Karte zeigen und dort Gesicht zeigen, wo man glaubt, nationale Men­schen dif­famieren zu kön­nen. Wer meint, Sportver­anstal­tun­gen poli­tisch mißbrauchen zu kön­nen, der muß eben damit rech­nen, daß Nation­aldemokrat­en dann vor Ort aufk­lärend wirken wer­den. Daher hat die Bran­den­burg­er NPD eine Demon­stra­tion für den 04. Juli 2009 in Storkow angemeldet. Da unsere deutschfre­undlichen Ver­anstal­tun­gen lei­der oft linkskrim­inelle Gewalt­täter auf den Plan rufen, ist zu befürcht­en, daß in Storkow an diesem Woch­enende nicht nur der Rasen „grün“ sein wird.”

Damit aber nie­mand behaupten kann, die NPD set­ze nur auf den “Kampf um die Straße”, um den Storkow­ern den Tag zu ver­miesen, erk­lärt sich Beier als Chef des NPD-Lan­desver­ban­des Bran­den­burg, der nicht ger­ade als auf­strebend gilt, doch noch zu Ver­hand­lun­gen bere­it und set­zt dem Vere­in ein Ultimatum (!):

Sollte sich der Vor­stand von Ger­ma­nia Storkow noch zeit­nah dazu entschließen kön­nen, ein dem sportlichen Anlaß angemessenes Mot­to zu wählen, dann ist der Lan­desvor­stand der Bran­den­burg­er Nation­aldemokrat­en gerne gesprächs­bere­it, damit das Fußballfest doch noch auf der rein sportlichen Ebene zele­bri­ert wer­den kann. Bitte nehmen Sie mit mir bis zum 31. Mai 2009 Kon­takt auf, damit die Fans von Energie und Ger­ma­nia einen har­monis­chen Tag in Storkow erleben können.”

Diese Frist ist nun abge­laufen, über eine Kon­tak­tauf­nahme zu Her­rn Beier ist indes nichts bekan­nt geworden.

Die Weißen kommen”

Die NPD in Bran­den­burg hat­te bere­its im Jahr 2006 öffentlich gegen eine Ver­anstal­tung gedro­ht, die ihr nicht passte. Dabei ging es um ein Anti-Ras­sis­mus-Sem­i­nar für schwarze Jugendliche. Hin­ter der NPD-Veröf­fentlichung unter dem Mot­to “Die Weißen kom­men!” stand eben­falls NPD-Bun­de­spress­esprech­er und Lan­deschef Beier. Dieser ließ der Ankündi­gung auch Tat­en fol­gen und rück­te zu später Stunde mit Kam­er­aden bei dem Sem­i­nar an. Die NPD Fürsten­walde hat­te zuvor im Inter­net angekündigt, das Anti-Ras­sis­mus-Sem­i­nar “aufmerk­sam begleit­en und besuchen” zu wollen.

Diese Veröf­fentlichung der NPD ver­an­lasste die Betreiber der in einem Wald gele­ge­nen Begeg­nungsstätte — in Absprache mit dem Land­kreis — einen pri­vat­en Sicher­heits­di­enst mit dem Schutz des Gebäudes zu beauf­tra­gen. Zusät­zlich sagte die Polizei zu, min­destens ein­mal stündlich Streife zu fahren, außer­dem beobachteten Beamte in ziv­il die Umgebung.

Deutschfeindlich­es Seminar”

Dass diese Vor­sichts­maß­nah­men ange­bracht waren, zeigte sich am ersten Abend des Sem­i­nars. Gegen 23.00 Uhr fuhren mehrere Pkw auf das Grund­stück der Bil­dungsstätte. Die unge­beteten Besuch­er waren NPD-Bun­de­spress­esprech­er Beier sowie min­destens zwei Begleit­er, laut Augen­zeu­gen sog­ar sechs weit­ere Per­so­n­en. Der Partei-Funk­tionär ver­langte vor Ort nach Infor­ma­tio­nen über die Kosten des Sem­i­nars und nach per­sön­lichen Dat­en der Teil­nehmer. Außer­dem wollte man das “Gespräch mit den Sem­i­nar-Teil­nehmern” suchen, so Beier auf Anfrage. Einen bedrohlichen Charak­ter kon­nte er in diesem Vorge­hen nicht erken­nen, schließlich habe man diesen Besuch zuvor im Inter­net angekündigt. Beier erk­lärte, dass das Sem­i­nar “deutschfeindlich” sei, weil Deutsche nur weiß sein könnten.

Schließlich nutzten die Betreiber der Begeg­nungsstätte ihr Haus­recht und forderten den NPD-Press­esprech­er sowie seine Kam­er­aden auf, das Grund­stück zu ver­lassen. Der Schutzbere­ich­sleit­er der Polizei in Fürsten­walde, Burghard Neu­mann, sagte zu dem Vor­fall, man habe die Veröf­fentlichung der NPD als eine bes­timmte Dro­hung werten müssen. Sie sei auch eine Auf­forderung an andere Per­so­n­en gewe­sen, das Sem­i­nar “zu besuchen” — also zu stören. Im aktuellen Fall in Storkow dürfte die Sache wohl ähn­lich liegen.

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Hallo Potsdam” — neues Zeitungsprojekt

Hal­lo Potsdam!

ist der Titel ein­er Zeitung, welche in den let­zten Monat­en von Dutzen­den Pots­damerin­nen und Pots­damern geschrieben, gestal­tet und erar­beit­et wurde. Wir haben die Debat­te über Jugend­kul­tur und Freiräume zum Anlass genom­men, um uns kri­tisch mit der Sit­u­a­tion in der Stadt zu beschäfti­gen, in der wir leben. 

 

Es ist, wie es ist!“

war die Aus­sage eines umfan­gre­ichen Inter­views mit dem Ober­bürg­er­meis­ter, Her­rn Jakobs. Das woll­ten wir gern nach­prüfen. Wie ist es in der Stadt, in den ver­schiede­nen Stadt­teilen? Warum ist Pots­dam zur teuer­sten Stadt der neuen Bun­deslän­der gewor­den, wie leben die Men­schen hier damit? Wir haben ver­sucht, die Struk­turen, Zwänge und Mech­a­nis­men her­auszufind­en, die Pots­dam so gemacht haben, wie es jet­zt ist: Mit ges­per­rten Ufer­we­gen, Parkkon­trollen und geschlosse­nen Jugend­klubs, aber auch mit span­nen­den Kul­tur­pro­jek­ten, alter­na­tiv­en Wohn­pro­jek­ten und sozialem Engage­ment. Wir haben ver­sucht, Freiräume, Moti­va­tion und Ideen zu beschreiben, die dafür sor­gen, dass es bis heute auch das andere Pots­dam gibt: Selb­st­bes­timmt, emanzi­pa­torisch und engagiert.

Natür­lich wollen wir mit der Zeitung vor allem der Aus­sage „Es ist, wie es ist!“ wider­sprechen! Pots­dam ist so, wie wir es wollen. Und wir wollen ein anderes Pots­dam! Kein preußis­ches Dis­ney­land, keine Gate- Com­mu­ni­ty, kein Investi­tion­sob­jekt für Neure­iche. Unser Pots­dam bietet genug Freiräume für die ver­schiedene Kul­turen, unser Pots­dam inte­gri­ert Migran­tInnen, unser Pots­dam lässt ver­schiedene Lebensen­twürfe zu, unser Pots­dam hat Mieto­ber­gren­zen, freie Fahrrad­wege, jede Menge Gemein­schaft­spro­jek­te und ist lebendig, far­ben­froh und offen.

Mit diesen Aus­sagen, ver­mit­telt in ganz unter­schiedlichen und kreativ­en redak­tionellen For­men mis­chen wir uns in die Diskus­sion um die weit­ere Entwick­lung der Stadt Pots­dam ein.

Ab dem 28. Mai 2009 kön­nen sich alle Men­schen dieser Stadt auf eine kosten­los verteilte Zeitung freuen, die für jede/n was bietet: Artikel zum Stad­tum­bau und zur Mieten­twick­lung, Kom­mentare, ein neues Wür­fel­spiel, ein etwas anderes Inte­view mit dem Ober­bürg­er­meis­ter, viele Bilder, die eine neue Sicht auf die Stadt bieten, Karika­turen und die Vorstel­lung der vie­len emanzi­pa­torischen Pro­jek­te dieser Stadt. Dafür haben wir die Zeitung in ein­er Auflage von 40.000 Exem­plaren gedruckt.

An der Diskus­sion, die wir damit anstoßen wollen, kann sich jed­er außer­dem auf fol­gen­der Inter­net­seite beteili­gen: www.hallo-potsdam.org

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Arbeit & Soziales Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Das Jahr 2008 bei der NPD BUM (Teil 2)

Pin­now — Mit dem Ver­schwinden des NPD Weblogs “Nationales Net­z­tage­buch­es” und der Entsorgung des gesamten Archivs geht der Webge­meinde eine Quelle nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unbe­darftheit ver­loren. Begleit­et von aus­giebi­gen anti­semi­tis­chen Tiraden, lieferte das Weblog doch immer inter­es­sante Aspek­te über die Entwick­lung der NPD im Barn­im und der Uck­er­mark. (Teil 2)

Im August 2008 wurde der NPD-Orts­bere­ich in Schwedt (Uck­er­mark) reak­tiviert. Auf der Ver­samm­lung in Schwedt wurde Mike Neu­mann von 15 der anwe­senden Schwedter NPD-Mit­gliedern zum Vor­sitzen­den des Orts­bere­ich­es gewählt. Als Ziel wurde aus­gegeben, in den näch­sten Jahren einen eige­nen Kreisver­band Uck­er­mark aufzubauen. Etwa in dieser Zeit ver­lor Mike Sandow seinen Posten als Kreisvor­sitzen­der. Mar­co Rohde, bish­eriger Organ­i­sa­tion­sleit­er, über­nahm das Amt. Erkennbar war das an ein­er Impres­sum­sän­derung im „Nationalen Netztagebuch“.

In den frühen Mor­gen­stun­den des 26.08.2008 ver­nichtete ein bren­nen­der Car­port in Biesen­thal den Fuhrpark der Fam­i­lie Sandow fast voll­ständig. Zwei PKWs und zwei Fahrräder wur­den Opfer der Flam­men, zwei Kinder­fahrräder erhe­blich beschädigt, hieß es im „Nationalen Net­z­tage­buch“. Die NPD spricht von Bombe­nan­schlä­gen, die Polizei ging von Brand­s­tiftung aus und bemerk­te in ihrer Pressemit­teilung: „Für das angren­zende Wohn­haus und die darin befind­lichen Per­so­n­en bestand keine Gefährdung.“

Am Nach­mit­tag des­sel­ben Tages kam es in Biesen­thal zu ein­er Sol­i­dar­itäts­demon­stra­tion von 150–200 Anhängern der NPD, DVU und freien Kräfte. Der NPD Bun­desvor­sitzende Udo Voigt und der NPD-Lan­desvor­sitzende Klaus Beier waren eben­falls herbeigeeilt.

Im Sep­tem­ber wurde bekan­nt, dass ein ehe­ma­liges Stasige­bäude in Biesen­thal, das zulet­zt als Asyl­be­wer­ber­heim genutzt wurde, die Begehrlichkeit der NPD geweckt hat­te. Mit­tler­weile ist klar, dass Gebäude und Gelände von ein­er Dev­as­ta GmbH in Grün­dung gepachtet wor­den sind. Geschäfts­führer dieser Fir­ma ist der Ex NPD-BUM Chef Mike Sandow.

Kreistagswahlen

Die NPD hat­te ent­ge­gen der Ein­schätzung des Ver­fas­sungss­chutzes doch die Absicht in der Uck­er­mark zur Kreistagswahl am 28. Sep­tem­ber antreten. Die Partei hat­te kurzfristig Unter­stützer-Unter­schriften in Pren­zlau, Schwedt, Anger­münde und Tem­plin gesam­melt und alle notwendi­gen Unter­la­gen rechtzeit­ig eingereicht.

Am 27. Sep­tem­ber 2008 feierte man in Tem­plin einen Tag vor dem Urnen­gang ein Demokratiefest als eine Reak­tion auf die Ermor­dung des Arbeit­slosen Bernd K. durch zwei Tem­plin­er Recht­sex­trem­is­ten. Auf diesem Fest zeigte sich der NPD-Kan­di­dat für den Wahlkreis Tem­plin, Ste­fan Schulz, mit Ange­höri­gen ein­er neuen Kam­er­ad­schaft, den „Hate­core War­riors Uck­er­mark“. In dieser Gruppe „Autonomer Nation­al­is­ten“ waren teil­weise auch rechte Schläger aus Tem­plin eingebunden.

Bei den Kreistagswahlen in der Uck­er­mark erre­ichte die NPD vier Prozent der Stim­men und erhielt zwei Abge­ord­neten­man­date. Gewählt wur­den die 72-jährige Irm­gard Hack aus Uhlen­hof und der 22-jährige Schwedter Andy Kucharzewsky.

Im Barn­im wurde Mike Sandow in die Stadtverord­neten­ver­samm­lung von Biesen­thal und auf der DVU-Liste in den Barn­imer Kreistag gewählt. Seine erste Anfrage in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung galt kon­se­quenter Weise auch dem Zus­tand des Erich-Müh­sam-Weges. Das ist die Zugangsstraße zum ehe­ma­li­gen Stasikom­plex, den die Dev­as­ta GmbH i. G. gepachtet hat.

Im Nor­dosten der Uck­er­mark, in Gebi­eten mit dem Zuzug pol­nis­ch­er Bürg­er, die meist in Stet­tin arbeit­en und hier kostengün­sti­gen Wohn­raum find­en, erre­ichte die NPD im Durch­schnitt acht Prozent. Es gab Dör­fer mit 36 Prozent (Wollin) und 19,6 Prozent (Bagemühl). Dem Recht­sex­trem­is­ten Christoph Ziese gelang es ohne Prob­leme zum Wahlvor­stand im Wahllokal von Wollin (Gemeinde Randow­tal) ernan­nt zu werden.

Für die Uck­er­mark lässt sich sagen, dass die jun­gen Män­ner aus dem Kam­er­ad­schaft­sum­feld jeden Fleck­en zwei Mal anfuhren und dort Wahlwer­bung verteil­ten, die gegen den Zuzug von pol­nis­chen Bürg­ern agi­tierte: „Zunehmend find­et beson­ders in den gren­z­na­hen Regio­nen zu Polen ein geziel­ter Bevölkerungsaus­tausch statt, indem jun­gen deutschen Arbeit­slosen anger­at­en wird, in die west­lichen Bun­deslän­der oder gar ins Aus­land zu gehen, um Arbeit zu bekom­men, gle­ichzeit­ig wer­den vor­wiegend pol­nis­che Arbeitssuchende in diesen Gebi­eten ange­siedelt.“ So erk­lärte sich auch das NPD-Wahlplakat mit der Auf­schrift „Wir bleiben hier!“

Schein­siege

Im Okto­ber startete die NPD Barn­im-Uck­er­mark eine Mit­glieder-Wer­bekam­pagne. Sie schöpfte Hoff­nung aus den Ergeb­nis­sen bei den Bran­den­bur­gis­chen Kommunalwahlen.

Am 28. Okto­ber fand die kon­sti­tu­ierende Sitzung des Kreistages des Land­kreis­es Uck­er­mark statt. Die 72-jährige NPD-Abge­ord­nete Irm­gard Hack hat­te als an Leben­s­jahren älteste Kreistagsab­ge­ord­nete die Auf­gabe, den Kreistag zu eröff­nen und ihn bis zur Wahl des oder der neuen Vor­sitzen­den zu leit­en. Es gelang ihr nicht, eine poli­tis­che Rede zu hal­ten, und sie verzichtete unter Protest auf die Eröffnung.

Christoph Ziese schien während der Sitzung einiges zu tun gehabt zu haben. Er ran­nte rum, hat­te standig sein Handy am Ohr und ver­suchte sog­ar mit Poli­tik­ern von die Linke ins Gespräch zu kom­men. Neben den Schwedter NPDlern waren einige junge Recht­sex­trem­is­ten aus Wollin erschienen: Steven Geißler, Chris­t­ian Karstädt, Erik Linke. Dazu die „Hate­core War­riors“ Franziska Sam­bors­ki, Nadine Neise und Kevin Müller. Es ging das Gerücht um, dass die recht­en Kam­meradIN­Nen ein Trans­par­ent mit der Auf­schrift „Linken Ter­ror stop­pen“ vor­bere­it­et hatten.

Viel zu feiern — wenig zu lachen

Am 13. Dezem­ber feierten etwas 25 Nazis aus Berlin, Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Bran­den­burg eine vorge­zo­gene Win­ter­son­nen­wend­feier in den Räu­men eines Pren­zlauer Sportvere­ins. Für den Garten von Frau Hack war es den Recht­en wohl zu kalt. Vielle­icht wollte man auch der Polizeipräsenz aus dem Wege gehen, denn Frau Hack meldet Ver­anstal­tun­gen auf ihrem Grund­stück als Brauch­tums­feiern beim Ord­nungsamt an. In diesem Fall war der Raum unter dem Vor­wand “Wei­h­nachts­feier” angemietet wor­den. Da die alko­holis­chen Getränke den Kam­er­aden nicht reicht­en, wollte sich ein Penkuner Nazi bei ein­er Nach­barver­anstal­tung bedi­enen, was für Stre­it sorgte und die Polizei auf den Plan rief, die dann die rechte Ver­anstal­tung beendete.

Am 21. Dezem­ber 2008 ließ es ein Autor des “Nationalen Net­z­tage­buch­es” noch ein­mal richtig krachen. Stinkig, weil die Polizei eine Win­ter­son­nen­wend­feier von 70 Per­so­n­en in Althüt­ten­dorf (Barn­im) wegen eines Kel­tenkreuzes auf dem Feuer­holzhaufen gesprengt hat­te, wurde sie von den Nazis verspot­tet und dif­famiert. “Übri­gens … während den Repres­sion­s­maß­nah­men gegen die Feiern­den hat­te der Triebtäter Wern­er K. im Nach­barort Joachim­sthal alle Möglichkeit­en seine Triebe auszuleben. Seine Dauer­be­wachung wurde in dieser Zeit abge­zo­gen.”, wurde in dem Erleb­nisauf­satz über die Polizeiak­tion in Althüt­ten­dorf fälschlich­er Weise behauptet.

Jeden­falls war seit Jahres­be­ginn 2009 der Erleb­nisauf­satz über Althüt­ten­dorf aus dem “Nationalen Net­z­tage­buch” ver­schwun­den. Stattdessen empf­ing man den Welt­net­z­be­tra­chter so richtig undeutsch: “Not Found. Sor­ry, but you are look­ing for some­thing that isn’t here.”, getreu dem Mot­to des NN: “Wenn Lüge Wahrheit ist, wird Aufk­lärung zur Pflicht”.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Sammelabschiebung von 100 Menschen geplant / Protest gegen Air Berlin

Berlin/Brandenburg — Am 8. Juni 2009 wird um 17.00 Uhr vom Flughafen Berlin-Schöne­feld aus eine Sam­me­lab­schiebung nach Viet­nam mit ein­er bei Air Berlin gechar­terten Mas­chine durchge­führt wer­den. An Bord wer­den sich ca. 100 viet­name­sis­che Flüchtlinge befind­en, die — von Bun­de­spolizis­ten begleit­et — abgeschoben wer­den. Darunter mind. 14 bran­den­bur­gis­che Flüchtlinge.

Die Flüchtlingsräte Berlin und Bran­den­burg rufen zu ein­er Kundge­bung gegen die Massen­ab­schiebung am 08. Juni 2009 von 15.00 bis 18.00 Uhr vor dem Ter­mi­nal A (Hauptein­gang) vor dem Flughafenge­bäude in Berlin-Schöne­feld auf. 

Kreative und laute Demon­stran­tInnen sind erwünscht.

Mit der Abschiebung wer­den die Hoff­nun­gen der Betrof­fe­nen auf einen Ort, der ihnen Zuflucht und soziale Per­spek­tive bietet, zunichte gemacht.

Wir lehnen Abschiebun­gen, die uner­wün­schte Ein­wan­derung ver­hin­dern soll, als restrik­tives Ele­ment der bun­des­deutschen und europäis­chen Migra­tionspoli­tik ab.

Die entwick­el­ten Staat­en tra­gen einen Teil der Ver­ant­wor­tung dafür, dass Men­schen — wie aus Viet­nam — über­haupt gezwun­gen wer­den, ihr Land zu ver­lassen, um sich ander­swo eine Exis­tenz aufzubauen.

Air Berlin will offen­bar im 30. Jahr ihres Beste­hens mit der “Depor­ta­tion class” ein neues “Geschäfts­feld” eröffnen.

Wir rufen dazu auf, an Air Berlin Protest­faxe oder Mails zu schick­en, damit die Flugge­sellschaft die Zusam­me­nar­beit mit den Behör­den bei der Durch­führung von Abschiebun­gen ein­stellt. (Fax: 030/ 3434 1509, abpresse@airberlin.com)

Schick­en Sie ein Protest­fax gegen die Massen­ab­schiebung von Viet­name­sen
an die Geschäft­sleitung von “Air Berlin” 

oder einen

offe­nen Brief der bei­den Flüchtlingsräte an die Geschäfts­führung Air Berlin.

Weit­ere Infor­ma­tionene zum The­ma auf den Seit­en des Flüchtlingsrates Berlin.

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(Anti-)Rassismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Nazi-Veranstaltung in Wietstock – SS Angehöriger eingeladen

Infori­ot – Am Sam­stag, den 16. Mai fand eine Nazi-Ver­anstal­tung in Wiet­stock nähe Lud­wigs­felde (Tel­tow-Fläming) statt. Ein­ge­laden war ein ehe­ma­liges Mit­glied der SS, das über seine Tätigkeit­en während des Nation­al­sozial­is­mus bericht­en sollte. Geplant war außer­dem die Vorstel­lung eines Buch­es mit dem Titel „Alles nur getürkt“, in dem die „Lügen“ von Mölln, Solin­gen und Ros­tock Licht­en­hagen „ent­tarnt“ wer­den soll­ten. In diesen Städten fan­den Anfang der 90er Jahre Pogrome und Bran­dan­schläge auf Woh­nun­gen von Migrant_innen und so genan­nte Asyl­be­wer­ber­heime statt, wobei mehrere Men­schen starben.

Aus Angst vor Repres­sion und Gegen­protesten, wurde die Ver­anstal­tung nicht öffentlich bewor­ben: Es wurde stattdessen zu einem inter­nen Schleusungspunkt nach Blanken­felde, dem Wohnort des Organ­isators Dirk Rei­necke, geladen. Geschniegelt in Anzug und mit blauem VW-Bus nahm Rei­necke diejeni­gen in Empang, die sich an den Aus­führung des Alt­nazis inter­essiert zeigten. Von Blanken­felde aus, ging es dann in eine Gast­stätte im ca. 12 km ent­fer­n­ten Wiet­stock. Der Wirt der Gast­stätte „Stixx Wiet­stock“ soll nach Aus­sage Rei­neck­es „ein­er von uns“ – also ein Nazi — sein.

Etwa 60 bis 80 Teil­nehmer kamen schließlich um den SS-Vet­er­an zu erleben: Viele aus Tel­tow Fläming, u.a. Denis Här­tel von den Freien Kräfte Tel­tow Fläming, aber auch aus Berlin und weit­en Teilen Bran­den­burgs: Brandenburg/Havel und den Land­kreisen Dahme-Spree­wald, Oder-Spree, Pots­dam-Mit­tel­markt, Barn­im und Havel­land. Bei der Ver­anstal­tung war auch Alfred Zutt aus Waren an der Müritz (Meck­len­burg Vor­pom­mern). Er betreibt dort gemein­sam mit sein­er Frau Doris den Naziladen „Zutts Patri­o­ten­tr­e­ff“. Die NPD´lerin Doris Zutt trat in Waren bere­its vor Jahren zur Wahl der Ober­bürg­er­meis­terin an. Auch der Lan­deschef der Berlin­er NPD, Jörg Häh­nel, nahm an der Ver­anstal­tung teil. Bere­its im März 2009 sollte im „Stixx Wiet­stock“ ein Lieder­abend mit Häh­nel stat­tfind­en.
Auch die Polizei war heute vor Ort und nahm die Per­son­alien aller Anwe­senden auf, ohne die Ver­anstal­tung jedoch zu beenden.

Organ­isator Dirk Rei­necke ist bekan­nt als so genan­nter Reichs­bürg­er und Holo­caustleugn­er u.a. durch Prozesse in Bernau. Hier hat­te Rei­necke 2004 zusam­men mit Gerd Wal­ter, Rain­er Link und Wolf­gang Hack­ert vor ein­er Schule in Bernau Flug­blät­ter verteilt und darin den Holo­caust geleugnet. Unter­stützt wur­den sie während der Prozesse durch den bekan­nten Holo­caustleugn­er Horst Mahler und Sylvia Stolz, die vor kurzem den Hit­ler­gruß zeigte, als sie zu ein­er Haft­strafe verurteilt wurde. Die Reichs­bürg­er sehen sich als „kom­mis­arische Reich­sregierung“, des für sie noch exis­ten­ten deutschen Reich­es. 2008 wur­den Rei­necke und co für die Leug­nung des Holo­caust zu Geld­strafen und Bewährungsstrafen verurteilt.

 

Här­tel, Aktivist der Freien Kräfte Tel­tow Fläming, ist Anmelder ein­er geplanten Neon­azi-Demon­stra­tion am kom­menden Sam­stag in Luck­en­walde. Ein Bünd­nis aus linken Grup­pen plant mit diversen Aktio­nen und ein­er Gegen­demon­stra­tion am 23. Mai gegen den recht­en Aufzug vorzuge­hen. Weit­ere Infor­ma­tio­nen unter www.linker-flaeming.de.vu

Inforiot