Neonazis und Rassisten tragen massiv zur Unsicherheit und zur Gewalt in der Cottbusser Innenstadt bei. Dies wurde erneut am Dienstagabend (13. Juni) in furchtbarer Brutalität deutlich. Unmittelbar nach Abschluss der Demonstration des neurechten Vereins „Zukunft Heimat“ kam es zu mindestens zwei rechten Angriffen. Die Attacken richteten sich gegen Personen, die zuvor am Rande gewagt hatten, ihrem Unmut über die Demonstration verbal Ausdruck zu verleihen.
– Eine Frau wurde auf dem Heimweg in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße/Höhe Puschkinpark von zwei vermummten Personen vom Fahrrad geprügelt und im Gesicht verletzt. Sie musste im Krankenhaus behandelt werden, eine Platzwunde wurde genäht. Die Polizei erwähnt diesen Angriff in einer Mitteilung, verschweigt allerdings den Zusammenhang mit der Demonstration. https://polizei.brandenburg.de/…/koerperverletzung‑z…/656331
– Ein Ehepaar beobachtete in der Sandowerstraße die in Richtung Altmarkt vorbeiziehende Demonstration vom Rande her. Kurze Zeit später kamen aus Richtung des Marktes vier Personen auf das Paar zu. Eine der Personen bespritzte die Eheleute mit Wasser. Ein anderer Mann ging auf die Frau los. Der Ehemann versuchte seine Frau zu schützen; daraufhin wurde ihm gegen den Kopf geschlagen. Er ging zu Boden und riss sich dabei den Ellenbogen auf. Auch er musste im Krankenhaus behandelt werden. Ein beiden Fällen wurde Anzeige erstattet.
Mit völkischen und rassistischen Reden hatten „Zukunft Heimat“-Funktionäre wie Christoph Berndt und Anne Haberstroh zuvor die Stimmung angeheizt. Die dabei eingestreute Beteuerung, dass „Zukunft Heimat“ ihre rechtsradikalen politischen Ziele „mit friedlichen Mitteln“ erreichen will, entpuppte sich nicht erst durch die dann folgenden Übergriffe als hohle Phrase. Denn schon an der Demonstration selbst nahmen zahlreiche Personen aus gewaltgeneigten Fußballmilieus und Neonazis teil. Eine Personengruppe war mit einheitlichen T‑Shirts (Aufdruck: Schlagringe, „Anti-Antifa“) und teilweise mit Schutzkleidung ausgestattet.
„Zukunft Heimat“ hat weitere Demonstrationen in Cottbus angekündigt, die erneut in Kooperation mit der Dresdener „Pegida“ organisiert werden sollen. „Zukunft Heimat“ ist zudem aufs engste verquickt mit der AfD. Der Aufmarsch am 13. Juni war der zweite nach einer Auftaktdemonstration im Mai.
Luise Meyer, Sprecherin von Cottbus Nazifrei!: „Zukunft Heimat ist kein harmloser Bürgerverein. Es ist eine rechtsradikale Kampagnenorganisation, die das Klima in unserer Stadt gezielt vergiftet. Menschen werden angegriffen und niedergeschlagen, nur weil sie sich am Rande der Zukunft-Heimat-Demo gegen Rassismus geäußert hatten. Ein trauriger Fakt: Cottbus ist nicht sicher für Menschen, die von Rassismus betroffen sind und für solche, die sich gegen Neonazis positionieren. Seit mehreren Jahren sind die Zahlen rechter und rassistischer Gewalt in Cottbus hoch.“
Kategorie: Antifaschismus
Islamfeindliche Demo in Bernau
INFORIOT – Am Mittwochabend demonstrierten etwa 80 Neonazis unter dem Motto „gegen die schleichende Islamisierung“ in Bernau. Hintergrund ist das Bekanntwerden der letzten Woche, dass der örtliche muslimischen Verein Gebetsräume im Bernauer Stadtteil Süd einrichten will. Die NPD griff das Thema auf und behauptete, dass nun eine Moschee in Bernau errichtet werden solle. Die Demonstration führte vom Bernauer Bahnhofsvorplatz bis in das Neubauviertel Süd, in dem inzwischen viele Geflüchtete leben und wo die Gebetsräume eingerichtet werden sollen. Die Demonstration, die erst kurzfristig bekannt wurde, wurde von lautstarkem Gegenprotest begleitet. Insgesamt 100 Menschen, darunter auch junge Geflüchtete, beteiligten sich an Kundgebungen am Bahnhofsvorplatz, am Markt in der Innenstadt sowie an Protesten am Rande der Neonazidemonstration. Auch einen Blockadeversuch gab es.

Veranstaltet und unterstützt wurde die Demonstration durch die lokale NPD Struktur, zusammen mit AktivistInnen der Pankower NPD sowie der Bernauer „Barnimer Freundschaft“. Unter den DemonstrantInnen befanden sich zahlreiche bekannte Neonazis aus der Region. Obwohl nicht offiziell durch die NPD aufgerufen worden war, zeichnet sich durch das Fronttransparent und Redner wie Sebastian Schmidtke, ehemaliger Berliner NPD-Landeschef, deutlich die Verortung der Demonstration in der neonazistischen Szene ab. Zwar waren auch AfD-Politiker wie der Boxtrainer Hans Link zugegen. Link hielt jedoch Abstand von der Demonstration und zeigte seine Sympathie für das Anliegen der NPD in Gesprächen mit Anwohner_innen.
Mit der Ankündigung der Gebetsräume hat die NPD nun ein Thema gefunden, welches sie als Anlass für ihre Asylfeindlichkeit und vor allem ihren antimuslimischen Rassismus nutzen kann. Redner Schmidtke wetterte gegen Geflüchtete und titulierte die Gebetsräume als „Terrorzelle“. Er kündigte weitere Aktionen in der Region an.


An den Gegenprotesten beteiligten sich neben zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Aktiven auch junge Geflüchtete. Der Polizei, die mit einem relativ großen Aufgebot die Neonazidemonstration begleitete, fehlte jedoch die Sensibilität für die Gefährdung der vor allem sehr jungen Geflüchteten. So wurden etwa die Neonazis unmittelbar an diesen vorbeigeführt, was die Neonazis zu verbalen Ausbrüchen und Drohgebärden veranlasste. Zu Verletzten kam es nicht.

„Niemand ist vergessen“
Kommt am 01.07.2017 nach Neuruppin und unterstützt unsere Demonstration! Eine Gedenktafel ist nicht genug!
Am 01. Juli 1992 wurde im Neuruppiner Rosengarten der 50-jährige Emil Wendland von einer Gruppe Neonazis ermordet. Die Täter wollten einen „Assi klatschen“. Nachdem Sie ihn brutal misshandelten, stach der 21-jährige Haupttäter 7 Mal auf den bereits Bewusstlosen ein und töte ihn so.
Am 1. Juli 2017 rufen wir erneut zum Gedenken an den Mord von Emil Wendland auf. In der Nacht zum 1. Juli 1992 überfielen nach einem Saufgelage Naziskinheads den schlafenden, damals wohnungslosen Wendland. Sie traten mit Springerstiefeln auf ihn ein und zerschlugen eine Bierflasche an seinem Kopf. Vorerst ließen sie den schwer Verletzten zurück, bis einer der Gruppe zurückkehrte und mit einem Jagdmesser auf ihn einstach, sodass er verblutete. Später kehrte die Gruppe noch einmal zurück und sammelte mögliche Beweismittel ein. Emil Wendland starb in dieser Nacht in Neuruppin. Seitdem 2012 gibt es ein regelmäßiges Gedenken durch Antifaschist*Innen zu seinem Todestag. In diesem Jahr jährt sich sein Todestag zum 25. Mal. In den vorigen Jahren waren immer wieder Neonazis in der Nähe der Kundgebung, um diese zu stören und ebenso eine Kundgebung abzugeben. Dies ist eine immer wiederkehrende Aktion unter vielen Weiteren in dieser Region. In den letzten Jahren gab es mehrere schwere Angriffe auf linksalternative Jugendliche und auf unser linkes Jugendprojekt „Jwp-MittenDrin“ in Neuruppin. Wir haben kein Bock auf rechte Gewalt, auf den Versuch uns Angst machen zu oder uns unsere Meinung ausprügeln zu lassen. Wir haben kein Bock auf dieses
ekelhafte, sozial-darwinistische Gedankengut, welches Menschen in wert und wertlos einteilt. In einer Welt, in der täglich Menschen gequält, verfolgt oder ermordet werden, wird es immer Menschen geben, die dagegen kämpfen. Deswegen rufen wir alle Antifaschist*Innen am 1. Juni 2017 um 12 Uhr dazu auf, in Neuruppin Emil Wendland ein würdiges und ehrenvolles Gedenken zu geben und ein Zeichen gegen Nazis und faschistische Gewalt zu setzen! Kein Vergeben! Kein Vergessen! Im Gedenken an Emil Wendland und an allen Betroffenen rechter Gewalt.
Die 90er Jahre – Straßenterror der Nazis
Hintergründe:
Die Nazigewalt der frühen 90er Jahre ging auch an Neuruppin nicht vorbei. Es gab nur wenige Tage ohne Meldungen in den Zeitungen von rechten Übergriffen, Anschlägen auf Asylsuchendenheime, Treffen von 200+ Nazis, rechten Parolen, Sprühereien usw. Es gab damals noch keinen funktionierenden Justiz- oder Polizeiapperat und keine Zivilgesellschaft
oder organisierte Gruppen, sodass die Nazis mit ihrer Gewalt auf der Straße leichtes Spiel hatten. Ziel der Angriffe waren insbesondere Migrant_Innen, linke Jugendliche und Punks, Menschen ohne Wohnung sowie homo- und transsexuelle Menschen. Der vorläufige Höhepunkt in Neuruppin war der Mord an Emil Wendland und ein Brandanschlag auf eine Unterkunft von Spätaussiedler_Innen im November 1992.
Emil Wendland wurde getötet, weil er in den Augen der Nazis lediglich „unwertes Leben“ war. Er war obdachlos und alkoholkrank und auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Gegenüber solchen Menschen findet eine extreme gesellschaftliche Ausgrenzung statt. Diese reicht von Vorurteilen („Assi“, „Alki“, faul, „Schmarotzer“, kriminell etc.), über ordnungspolitische Maßnahmen (Vertreibung von möglichen Schlaforten, Anzeigen etc.) bis hin zur direkten körperlichen Gewalt. Dabei verlassen sich die Nazis und andere Tätergruppen darauf, dass die Gewalt gegen Obdachlose zum einen auf keinen relevanten gesellschaftlichen Widerspruch trifft und zum anderen auch in den meisten Fällen straffrei bleibt. Dies liegt am offensichtlichen Desinteresse von Presse, Justiz und Polizei, aber auch daran, dass die Betroffenen sich mit Schikanen seitens der Behörden konfrontiert sehen, wenn sie sich dann doch trauen, Anzeige zu stellen. Ein Mord an einem obdachlosen Menschen schafft es selten weiter, als in die Randspalte der lokalen Tageszeitung.
Es geht uns darum, das Schickal von Emil Wendland bekannt zu machen und ihm einen Teil seiner Menschlichkeit zurückzugeben, der ihm durch die Nazis genommen wurde. Ein erster Schritt ist für uns, sein Leben zu skizzieren und durch eine Gedenktafel dauerhaft an die Tat zu erinnern.
Es muss aber auch darum gehen, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen zu benennen, die solche Taten ermöglichen. Und dazu gehören ein zutiefst verinnerlichtes, kapitalistisches Konkurrenzdenken, Legenden wie „Jeder ist seines Glückes Schmied“ und eine generelle Verachtung, die Menschen erfahren, die nicht zur „Mehrheitsgesellschaft“ gehören. Menschen, welche diesem täglichen Wahnsinn nicht standhalten oder deren Leben durch private Erlebnisse aus den Fugen gerät, laufen Gefahr, bis ans Ende der „sozialen Leiter“ durchgereicht zu werden. Dort einmal angekommen, ist es fast unmöglich, aus eigener Kraft wieder „auf die Beine zu kommen“.
Wenn eine Gesellschaft Unmengen an Reichtum produziert, aber großen Teilen der Bevölkerung der Zugang zu diesem Reichtum verwehrt ist, wenn Lebensmittel weggeworfen werden, obwohl es hungrige Menschen gibt, wenn mit Leerstand Profite gemacht werden, statt den Wohnraum Bedürftigen zur Verfügung zu stellen, dann hat diese Gesellschaft ihre
Existenzberechtigung verloren! Dann müssen wir uns umschauen nach gesellschaftlichen Alternativen!
Wir wissen nicht, was Emil Wendland für ein Mensch war. Wir haben ihn nie kennengelernt. Was wir wissen, haben wir aus Zeitungen erfahren, von damaligen Freunden oder Nachbar_Innen erzählt bekommen oder schlicht aus den Prozessunterlagen. Wir wollen ihn nicht als Märtyrer verklären oder aus seinem Schicksal politische Vorteile ziehen! Aber ebenso ist die Tat nicht einfach nur „irgendein“ Mord an „irgendeinem Obdachlosen“. Dem Sozialdarwinismus der Tat (den die Nazis gegen obdachlose Menschen praktizieren) geht zuerst ein Sozialdarwinismus des Wortes voraus (z.B.
abwertende Haltungen oder Vorurteile gegen vermeintliche „Assis“).
Wenn es also darum geht, solche Taten in Zukunft zu verhindern, ist das Problem nicht allein die Nazigewalt, sondern die grundsätzliche Akzeptanz dieser Gewalt durch das herrschende, gesellschaftliche Klima. Und genau da setzen wir an!
Kommt am 01.07.2017 nach Neuruppin und unterstützt unsere Demonstration! Eine Gedenktafel ist nicht genug!
INFORIOT In Cottbus versucht die örtliche rechte Szene derzeit, Stimmung gegen Geflüchtete anzuheizen. Der Verein „Zukunft Heimat“ hatte zu einer Demonstration am 30. Mai unter dem Motto „Grenzen ziehen“ auf dem Cottbusser Oberkirchplatz aufgerufen. Etwa 350 Personen, darunter zahlreiche Neonazis und rechte Hooligans, nahmen teil. Eine Gruppe von Antifaschist_innen konnten den Aufmarsch kurzfristig zum Stopp zwingen. In der Vergangenheit konnten dem Verein mehrfach Verbindungen zu Personen der verbotenen „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ und zu der „Identitären Bewegung“ (IB) nachgewiesen werden.
Der Demonstration in Cottbus ging eine Serie von verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen in der Cottbuser Innenstadt voraus. Hauptsächlicher Anlass waren die Ereignisse in der Nacht vom 19. zum 20. Mai. Es kam zu einer Messerstecherei bei einem Junggesellenabschied in der Innenstadt, bei der nach Angaben der Polizeidirektion Männer deutscher und syrischer Herkunft involviert waren. Fünf deutsche Teilnehmer des Junggesellenabschieds im Alter zwischen 28 und 33 Jahren mussten mit Stich- und Schnittverletzungen ins Krankenhaus. Einen Tag später machte die Polizei zwei tatverdächtige Syrer aus. Diese gaben gegenüber der Staatsanwaltschaft an zuerst angepöblt und das körperlich angegangen worden sein. Auch sie wiesen Verletzungen auf.
Innerhalb kürzester Zeit kochte daraufhin in sozialen Netzwerken die Stimmung hoch: Rassist_innen machten die Syrer schnell als Schuldige aus und nutzten sie für ihre Propaganda. Die NPD witterte ebenfalls eine Gelegenheit zur Hetze und richtete bereits am vergangenen Mittwoch (24. Mai) eine kleine Kundgebung in der Nähe der Cottbuser Stadthalle aus.
„Lebendige Abschiebekultur“ gefordert
Die Demonstration wurde vom Brandenburger AfD-Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz zusammen mit dem Vorsitzenden von “Zukunft Heimat”, Christoph Berndt, angeführt. “Zukunft Heimat”-Kovoristzende Anne Haberstroh erfüllte derweil organisatorische Aufgaben. Kalbitz schürte in seiner Rede zum Auftakt der Demonstration gezielt Ängste: „Das, was hier in Cottbus vorgeht, hätte sich vor fünf Jahren keiner vorgestellt“. Unter Beifall forderte er eine „lebendige Abschiebekultur“ und stellte in Aussicht: „Wir werden uns unser Land wiederholen – friedlich und gewaltfrei (…) aber wir machen das mit der gebotenen Härte“.

Als Redner trat auch Siegfried Däbritz in Erscheinung — der Vorsitzende des Pegida-Vereins aus Dresden. Er ist “Sicherheitsunternehmer” und pflegt Kontakte zur Hooligan-Gruppe HoGeSa. Däbritz forderte die Demonstrant_innen auf, in den kommenden Wochen abwechselnd in Cottbus und in Dresden auf die Straße zu gehen. Im Demonstrationszug lief hinter Däbritz der Neonazi-Hooligan M. Völpel, der beim Auswärtsspiel von Energie Cottbus gegen den SV Babelsberg 03 am 28. April den Hitlergruß zeigte. Auch weitere Personen aus dem Umfeld der mittlerweile aufgelösten Cottbuser Fangruppierungen “Inferno Cottbus” und “Unbequeme Jugend” sollen bei bei der Demonstration mitgelaufen sein. Ihre Gewaltbereitschaft zeigte sich jüngst ebenfalls bei dem Spiel bei Babelsberg, in dem sie rassistischen und antisemitische Parolen in Richtung der gegnerischen Fans skandierten und versuchten, das Spielfeld zu stürmen.
Video: Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus
Auch Personen der Identitären Bewegung Berlin-Brandenburgs waren in Cottbus auf der Demonstration vertraten. So beispielsweise Paula Winterfeldt, die sich vergangene Woche an der gescheiterten Blockade-Aktion der IB vor dem Justizministerium in Berlin beteiligte. Szenekenner_innen gehen davon aus, dass Winterfeldt personelle Kontakte nach Cottbus pflegt. Zeitweise habe sie in Cottbus gewohnt. Die IB ist eine aktionsorientierte und völkisch ausgerichtete Gruppierung, die seit August 2016 vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet wird.
Zum Bericht des Jüdischen Forums für Demkratie und gegen Antisemitismus zur Demonstration: hier.
Antifaschist_innen stoppen kurzzeitig den Aufmarsch
Einer Gruppe von Antifaschist_innen gelang es am Stadttor den Aufmarsch kurzfristig zum Sehen zu bringen. Zwar wurde die Blockade von der Polizei in kürzester Zeit abgeschirmt und abgedrängt. Die Aktion konnte jedoch trotzdem eine Verzögerung der Demonstration erreichen. Vereinzelt konnten außerdem am Rande des Demozuges Gegendemonstrant_innen ihren Unmut über das Geschehen äußern.

Auf eine zentrale Gegenveranstaltung hatten die zivilgesellschaftlichen Akteur_innen in der Stadt verzichtet. Im Vorfeld der Demonstration kritisierte das antifaschistische und zivilgesellschaftliche Bündnis „Cottbus Nazifrei“ die fehlgeleitete kommunale Debatte um die Frage der Sicherheit auf öffentlichen Plätzen. Nachdem es schon seit geraumer Zeit zu gewalttätigen Ausbrüchen in der Cottbuser Innenstadt gekommen ist, diskutiert das Stadtparlament nämlich darüber, ein Alkoholverbot in den besagten Brennpunkten einzurichten, sowie die Überwachung zu erhöhen. Den Vorwurf, dass die Gewalt in der Stadt vor allem von Geflüchteten ausgehen soll, schätzte das Bündnis „angesichts der Rekordzahlen rechter Übergriffe“ in der Stadt als „absurd“ ein. Mit der Debatte würden die Kommunalpolitiker_innen „rechten und autoritären Bewegungen“ in die Hände spielen, so Bündnissprecherin Luise Meyer.
Nachdem vermehrt über den tatsächlichen Charakter des angeblichen “Friedensfestivals” Pax Terra Musica berichtet wird (u.a. hier) springen erste Bands und Aussteller ab, die offensichtlich getäuscht wurden und nichts mit Verschwörungstheoretikern und Antisemiten zu tun haben wollen. Danke dafür.
Auch für die am 3. Juni geplante “Pax-Terra-Musica”-Soli-Veranstaltung in Berlin-Friedrichshain gibt es Neuigkeiten. Die wochenlang von der Querfront beworbene Location stellte sich als Lüge heraus. Der Club OI-Zosch wusste nichts von der Veranstaltung und sagt, er habe den “Pax Terra Musica”-Machern niemals eine Zusage gegeben. [Diese stellen das anders dar und behaupten weiterhin, es habe sehr wohl eine Zusage gegeben. Allerdings sind diese Leute schon in der Vergangenheit mehrfach der Lüge überführt worden.]
Nun haben die Aluhüte einen neuen Ort für den 3.6. gefunden: das sogenannte “Jugendwiderstandsmuseum” in der Rigaer Straße in Fhain. Auch hier ist zu befürchten, dass die Betreiber nicht über die rechtsoffenen Hintermänner des “Pax Terra Musica” Bescheid wissen. Eigentlich ist das “Jugendwiderstandsmuseum” ein linkes Projekt.
Veranstalter des Soli-Konzerts ist Frank Georg, ein enger Unterstützer des “Pax Terra Musica”-Festivals. Auf seiner öffentlich einsehbaren Facebook-Seite sympathisiert er mit der rechtsextremen Identitären-Bewegung und dem Compact-Magazin. Dazu benutzt er Reichsbürger-Codes und veröffentlicht Bilder, in denen Deutschland als von den USA und Israel gesteuerte GmbH bezeichnet wird. Auch das stört den “Pax Terra Musica”-Initiator Malte Klingauf nicht.
Für das “Pax Terra Musica” in Brandenburg sind Aussteller wie “NuoViso.TV” angekündigt, die mit Pegida und Compact zusammenarbeiten bzw. freundlich über sie berichten. Auch die “Deutsche Mitte” ist dabei. Deren Chef Christoph Hörstel behauptet, unter den 2015 nach Deutschland gekommenen Geflüchteten befänden sich „30000 Terroristen, Häuserkämpfer und Mörder“. Dahinter stecke Angela Merkel, die in Deutschland einen Bürgerkrieg auslösen müsse, um das Land kaputt zu machen. Das sei nämlich die Bedingung, damit sie später UNO-Generalsekretärin werden könne. (Quellen dazu <a href=“https://www.youtube.com/watch?v=aLEuFuRz82Q&t=3095s“hier und hier)
“Pax Terra Musica”-Initiator Malte Klingauf erklärt dazu, man könne ihm keinen Vorwurf machen, es gebe keine “Kontaktschuld”.
Offiziell soll in dem Brandenburger Dorf ein Wochenende lang für den Weltfrieden gefeiert werden. Die Veranstalter rechnen mit etwa 5000 Teilnehmern und versprechen eine Art Fusion für Friedensbewegte. Allerdings ist inzwischen klar, dass die vermeintlich linken Macher aus der rechtsoffenen Wahnwichtel-Querfront-Szene kommen: Der Hauptorganisator ist Malte Klingauf, der Zionisten für “jüdische Nazis” hält und jahrelang die Aluhut-Montagsmahnwachen in Berlin moderiert hat. Auf der Gästeliste des “Pax Terra Musica” stehen Hetzer wie Christoph Hörstel von der Kleinstpartei “Deutschen Mitte”, die Pegida-Versteher von “NuoViso.TV” aus Leipzig sowie zahlreiche Antisemiten und Reichsbürger. Natürlich ist auch Ken Jebsen dabei. Auf dem “Pax Terra Musica” geht es also vor allem gegen die Rothschilds und Chemtrails.
Inzwischen gab es ein paar Medienberichte, die auf die rechtsoffene Mischung hinweisen (Links findet Ihr unten), aber viele scheinen den Charakter dieses Treffens noch nicht mitbekommen zu haben. So hat sich das eigentlich linke “OI Zosch” in Berlin-Friedrichshain bereit erklärt, am 3.6. seine Räume für eine Soli-Party zugunsten des “Pax Terra Musica” zur Verfügung zu stellen. Im Musikprogramm steht neben Chemtrail- und Reichsbürger-Rappern auch der eigentlich linke Knorkator-Musiker Alf Ator.
Hier eine Liste der bisherigen Presseartikel:
http://www.hagalil.com/2016/12/pax-terra/
https://jungle.world/artikel/2017/17/frieden-liebe-querfront
http://www.tagesspiegel.de/berlin/umstrittenes-festival-in-brandenburg‑f…
http://www.hagalil.com/2017/05/klingauf/
Es handelt sich letztlich um einen kulturellen Ausdruck dessen, was Marx und Engels 1848 im Kommunistischen Manifest so beschrieben: „Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat alle feudalen, patriarchalischen, idyllischen Verhältnisse zerstört. Sie hat die buntscheckigen Feudalbande, die den Menschen an seinen natürlichen Vorgesetzten knüpften, unbarmherzig zerrissen und kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen als das nackte Interesse, als die gefühllose ›bare Zahlung‹. Sie hat die heiligen Schauer der frommen Schwärmerei, der ritterlichen Begeisterung, der spießbürgerlichen Wehmut in dem eiskalten Wasser egoistischer Berechnung ertränkt. Sie hat die persönliche Würde in den Tauschwert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen verbrieften und wohlerworbenen Freiheiten die eine gewissenlose Handelsfreiheit gesetzt. Sie hat, mit einem Wort, an die Stelle der mit religiösen und politischen Illusionen verhüllten Ausbeutung die offene, unverschämte, direkte, dürre Ausbeutung gesetzt. Die Bourgeoisie hat alle bisher ehrwürdigen und mit frommer Scheu betrachteten Tätigkeiten ihres Heiligenscheins entkleidet. Sie hat den Arzt, den Juristen, den Pfaffen, den Poeten, den Mann der Wissenschaft in ihre bezahlten Lohnarbeiter verwandelt.Die Bourgeoisie hat dem Familienverhältnis seinen rührend-sentimentalen Schleier abgerissen und es auf ein reines Geldverhältnis zurückgeführt.“
Viele Menschen, die sich den Pogida-Nazis in den Weg stellten, müssen sich nun mit Ermittlungsverfahren und Prozessen auseinandersetzen. Oft werden sie wegen angeblichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte kriminalisiert.
Wegen dieses Vorwurfs steht am Montag, den 15. Mai 2017, ein Antifaschist vor dem Amtsgericht Potsdam. Er soll am 24.02.2016 in Bornstedt eine Polizeikette durchlaufen haben. Wir erinnern uns: Damals zog eine große antirassistische Demo mit rund 1.000 Teilnehmer*innen Richtung Bornstedt. Die Polizei störte diese Demonstration immer wieder. Es sollte offensichtlich verhindert werden, dass zu viele Leute nach Bornstedt strömten, um die Nazis aufzuhalten. Die Polizei errichtete immer wieder Polizeisperren, um die Nazigegner aufzuhalten. Durch so eine Sperre soll nun der von Repression betroffene Antifaschist durchgelaufen sein. Mit Sitzblockaden und vielfältigen Aktionen wurde dafür gesorgt, dass Potsdam heute kein Aufmarschort für Pogida mehr ist. Die Polizei hingegen versuchte oft Proteste in Hör- und Sichtweite der Nazis zu unterbinden. Auch mit Knüppel- und Pfeffersprayeinsätzen, oder wie in Bornstedt, mit Hetzjagden und Polizeisperren gegen Demonstrant*innen. In Babelsberg wurde nach einer Demo die Kneipe Nowawes durch eine Hundertschaft mit Knüppeln gestürmt. Bei Kleinigkeiten wurden Demonstrant*innen in Gewahrsam genommen und „erkennungsdienstlich“ behandelt. Dabei hielt sich die Polizei selbst nicht an die Gesetze: im Falle des angeklagten Antifaschisten musste im Nachhinein die Anordnung zur erkennungsdienstlichen Behandlung zurückgezogen werden, es keine rechtliche Grundlage dafür gab.
Proteste gegen Aufmärsche wie die von Pogida sind nötig: Politiker_innen aller Parteien nahmen im letzten Jahr die rechten Aufmärsche zum Anlass, Forderungen nach Asylrechtsverschärfungen nachzukommen statt die Ideologien der Abschottung und des Rassismus zu bekämpfen. Der Rassismus der Wutbürger wie auch seine Umsetzung in Politik und Gesetze hat tödliche Konsequenzen, an den Grenzen Europas oder hier in Deutschland auf der Straße (allein 3.500 Angriffe auf Geflüchtete im Jahr 2016!). Vor diesem Hintergrund ist es für alle, die nach wie vor an dem Prinzip der universalen Menschenrechte festhalten, legitim, den Weg des Widerstands gegen die menschenfeindliche Meinungsbildung zu gehen. In Potsdam scheiterte Pogida an den vielen Hunderten Menschen, die die Aufmarschrouten der Nazis blockierten. In gesellschaftlichen Auseinandersetzung um fundamentale Prinzipien waren und sind Sitzblockaden effektive Mittel, gesellschaftlichen Protest gegen demokratie- und menschenfeindliche Entwicklungen zu äußern.
So wurde Anfang der 80er in der BRD massenhaft gegen die Stationierung von atomwaffenfähigen Mittelstreckenraketen im Sitzstreik interveniert. Die Sitzblockaden im Wendland gegen die Castortransporte erzwangen ein Überdenken einer Energiepolitik, die mit ihrem radioaktivem Risiko und Müll die Menschheit bedroht. Widerstand, der den Nazis buchstäblich die Straße nimmt tritt direkt ihrem Anspruch auf Hegemonie über den öffentlichen Raum entgegen und setzt ein wahrnehmbares Zeichen gegen die gesellschaftliche Akzeptanz des Rassismus. Wir sind froh, dass Pogida von der Straße verdrängt wurde. Viele Leute haben monatelang gegen die Nazis auf der Straße protestiert und blockiert. Nun sollen einige die Zeche dafür zahlen und unsinnige Ermittlungen gegen sich aushalten.
Wir lassen sie dabei nicht allein und rufen auf, alle Menschen, die wegen ihres Widerstandes gegen Pogida vor Gericht stehen zu unterstützen.
Montag, 15. Mai 2017, 11 Uhr Saal 22 im Amtsgericht Potsdam (Jägerallee 10–12)
Herzstück F_Antifa
INFORIOT Das „F“ steht für Feminismus und ohne diesen kann Antifaschismus nicht bestehen. Und ein Feminismus ohne Antifaschismus „läuft nicht“. Dies sind die Leitideen des F_antifa Kongresses, der unter dem Motto „Vor jeder guten Antifa steht ein fettes F!“ vom 12. bis 14. Mai im freiLand Potsdam stattfinden soll. In Vorbereitung auf das Wochenende haben wir mit den Organisator*innen des dreitägigen Kongresses gesprochen.
IR: Auf eurer Webseite findet sich eine Menge an Informationen zum Kongress und drum herum. Uns würde interessieren, was euch dazu bewegt hat, den Kongress zu organisieren und warum eure Wahl ausgerechnet auf die Stadt Potsdam gefallen ist.
Trixi: Also erstmal sind Feminismus und Antifaschismus Herzstücke unserer politischen Arbeit. Die Kombi F_antifa ist also quasi PERFEKT.
Charles: In den 90ern gab es schon mal eine Reihe von F_antifa Kongressen, die ist aber irgendwann abgerissen. Der Kongress letztes Jahr in Hamburg wurde im Vorfeld von vielen als “Instanz” wahrgenommen und dankbar begrüszt* und auch wir kennen uns teilweise daher. Aus der f_antifaschistischen Motivation, die wir daraus mitgenommen haben, ist dann der Wunsch entstanden, die Themen und die Vernetzung weiterzutragen. Und auch Sachen anders zu machen, die wir auf dem Kongress in Hamburg uncool fanden. Die Entscheidung, den Kongress in Potsdam zu veranstalten, hat ganz pragmatische Gründe: Die Initiator*innen wohnen und leben hier. Auszerdem wollten wir es nicht in Berlin oder anderen (linken) Zentren wie Hamburg oder Leipzig machen.
IR: Wie waren denn die anderen Reaktionen auf eure Idee — bundesweit, vor allem aber in Brandenburg?
Trixi: Wir haben spannenderweise sehr unterschiedliche Reaktionen beobachtet: Das Feedback aus Österreich, der Schweiz und bundesweit, das wir mitgekriegt haben, war super positiv. Viele Menschen sind schon ganz aufgeregt und voller Vorfreude. Brandenburg können wir nur schwer einschätzen, da wir nicht überall hin vernetzt sind. Hoffentlich ändert sich das auf dem Kongress. WO wir vernetzt sind, sind wir zum einen auf Begeisterung gestoßen
— und auch auf tatkräftige Unterstützung bei Aufbau, Workshops und so. Zum anderen auf Skepsis. Es gibt immer wieder Momente, in denen Leute uns irgendwelche Kompetenzen absprechen. Wir fänden es spannend, daraus eine offene Diskussion zu machen: Wie kommen wir zu einer soliden kritisch-solidarischen Praxis, um Brandenburg ernsthaft f_antifaschistisch revoluzzen zu können? Da ist noch Platz nach oben. Auch in Potsdam selbst waren/ sind die Reaktionen sehr unterschiedlich. Viele Menschen freuen sich total und unterstützen den Kongress hart, insgesamt finden wir die Reaktionen aber eher mau und verhalten. Wir haben die Beobachtung gemacht: Je lokaler, desto kritischer und abcheckender wird die Haltung, die Aktivist*innen Projekten, die sie nicht selbst initiiert haben, gegenüber einnehmen. Vielleicht auch, weil mehr persönlicher Stissel im Spiel ist, donno.
Frida: Wer übrigens das F_antifa-Plakat an der Busse übermalt hat und dort das “F” vor “Antifa” weggekritzelt hat, melde sich bitte unter fettesf@systemli.org bei uns. Dann kriegste aufs Maul!
IR: Das Thema Feminismus scheint derzeit eine Hochkonjunktur zu erleben. Was zu beobachten ist. Das ist absolut überwältigend und unterstützenswert. Was erhofft ihr euch von dem Kongress?
Frida: Mehr davon! Mehr F_antifa! Mehr Kongresse, mehr Vernetzung, mehr Gruppen, mehr Aktionen, mehr Selbstverständlichkeiten.
Charles: Wir waren uns schon relativ am Anfang der Orga-Phase einig, dass die Stimmung, die wir uns erhoffen, von Empowerment und Angriff geprägt sein soll.
Trixi: Ja, wir haben keine Lust auf so’n “Opfer-Kongress”, wo wir uns nur gegenseitig erzählen, wie schlimm und hoffnungslos alles ist, und danach alle demotiviert und traurig und geschwächt nach Hause gehen.
Charles: Das Programm geht auch recht stark Richtung Alltagspraxis. Auf dem Kongress wird es mehrere Plena mit allen geben, es gibt Raum für Open Spaces, also insgesamt einen gewissen DIYCharakter (DIY = do it yourself). Schön wäre es, wenn sich die Teilnehmer*innen gegenseitig Skills und Wissen für ihre weitere politsche Arbeit mitgeben können: So, dass Antifas feministischer und Feminist*innen antifaschistischer werden.
IR: Bereits letztes Jahr fand in Hamburg ein ähnlicher F_antifa Kongress statt. Überschattet wurde das Wochenende jedoch von strukturellen Problemen der Antifa-Szene. Vor allem nicht-weiße Aktivist*innen fanden sich auf dem Kongress nicht ausreichend geschützt und gehört. Wie können wir von den Ereignissen aus Hamburg lernen und wie sieht eurer Strategie auf dem Kongress aus, um nicht die gleichen Fehler zu wiederholen?
Trixi: Einige von uns (weisze Personen) waren in Hamburg. Wir haben dort viel gelernt. Danke, dass F_antifas of Colour sich den Stress gemacht haben, zu intervenieren, Kritik offen zu äuszern, und durchzufighten, dass es die Reflektion zu systematischem und strukturellem Rassismus in der Antifa/in feministischen Communities gibt. Es ist natürlich jetzt etwas doof, das aus unserer Position so zu sagen, weil erstmal ja wieder Leute verletzt werden mussten, damit weisze Aktivist*innen was lernen — aber die Diskussion in Hamburg hat uns etwas beigebracht. Und jetzt sind wir trotzdem gar nicht gefeit davor, ähnliche Fehler zu machen, weil wir sind auch ein grösztenteils weiszes Orgateam und uns begegnen immer wieder rassistische Denkmuster in unseren Köpfen und rassistische Handlungsgewohnheiten. So intuitive NICHT-Solidaritäten und Maßstabsverschiebungen. Was wir versucht haben, umzusetzen: Es gibt einen Safer Space für PoC auf dem Kongress. Es hat mehrere antirassistische/intersektionale Workshops, darunter auch “Antiracism and Antifascism” desigend für weisz-sozialisierte Teilnehmer*innen. Wir haben die zutreffende Kritik bekommen, dass unser Programm zwar “Critical White” ist, aber wir damit wieder nur Workshops, in denen weisze Leute etwas lernen können, anbieten. Jetzt haben sich noch Personen gemeldet, die groszartigerweise einen Workshop zum Demontieren von internalisiertem Rassismus für PoC only machen bzw. überlegen eine Vernetzungsphase für FLTI of Colour only anzustiften. Auszerdem haben wir einmal pro Tag Plenum für alle, um Unwohlsein aufzufangen. Und dann hoffen wir auf eine solide Interventionskultur, wie in Hamburg. Unser Claim am Anfang war: „Wir wollen NEUE Fehler machen. Wenn wir das schaffen, sind wir auf nem guten Weg.“
IR: Auf eurer Homepage resümiert ihr, dass ihr es als eine Notwendigkeit erachtet „Sexismus in der Antifa weiterhin offensiv anzugehen“. Welche konkreten Maßnahmen wollt ihr auf den Kongress ergreifen, um beispielsweise Dominanzverhalten von „mackernden Cis-Typen“ entgegenzuwirken?
Trixi: Wir wetzen schon mal die Messer. Und es gibt Selbstverteidigungsworkshops.
Frida: Ernsthaft: Wir werden versuchen, in dem Einführungsvortrag eine Analyse anzubieten wie Mackrigkeit/Patriachat funktioniert und eine lebendige Interventionskultur vorzuschlagen. Dann bauen wir auf Solidarität und politische Erfahrung von teilnehmenden F*antifas. Zudem sind einige Workshops FLTI only, da werden Cis-Typen gar nicht erst reingelassen. Um Dominanzverhalten langfristig entgegen zu wirken werden Workshops zu Kritische Männlichkeit, zu Konsens, zu Reaktionsmöglichkeiten auf sexistische Machtscheisz… angeboten. Und vielleicht kann ja die eine oder andere im Workshop „Macker wegmoderieren“ noch was dazu lernen. (;
IR: Nach und nach wird auf eurer Homepage das Programm veröffentlicht und es scheint ein vielversprechendes Wochenende zu werden. Was sind eure persönlichen Highlights, auf die ihr euch sehr freut und welchen Teil des Programms würdet ihr Aktivist*innen besonders ans Herz legen?
Charles: Naja jetzt auf jeden Fall „Self care als F*antifaschistin“. Knapp am burn-out, oida.
Trixi: Wer Plenum macht wird umgebracht!!!
Frida: Prokrastination bis zur Revolution! Natürlich liegt uns alles am Herzen, logo. Unser programmatischer Ausgangspunkt war: Wir machen das auf dem Kongress, worauf wir selbst Bock haben. So ganz persönlich hab ich richtig Lust klassische Antifa-Skills im Recherche Workshop zu lernen. Und wir freuen uns auch riesig auf den geilen Scheisz der in den Open Spaces entstehen wird. Also bringt mit, was immer ihr mit anderen Menschen teilen wollt, initiiert Gesprächskreise oder worauf ihr sonst so Bock habt. Wir sind auszerdem sehr happy, dass wir tolle Menschen gewinnen konnten, bzw. Menschen auf uns zukamen, die einen “Braver space für Menschen mit jüdischer Geschichte”, “Selbstverteidigungstraining vom Rolli aus” sowie “Collective Healing from Opression (PoC only)”
anbieten.
Trixi: Ich bin schon richtig heiß auf “Basisdemokratische Gewerkschaftsarbeit als antifaschistische Perspektive” von der FAU Dresden und hoffentlich eine Diskussion darüber, wie mensch Gewerkschaftsarbeit feministischer rocken kann. Ich steh grad auf Struktur und Organiserung und radikale Gesamtscheisze-umwälzen-Ansätze.
Charles: Ich werde mir auf jeden Fall “How open are my politcal structures for refugee women” von Women in exile and friends gönnen und ein bisschen Ökonomiekritik darf auch nicht fehlen. Besonders freuen wir uns auch über unser fettesf Polit-Kulturprogramm, da gibt es z.B. eine Tanz-Performance zu Körpernormen in der NS-Zeit, einen queeren Kurzfilmabend und eine Vorführungeiner Romnja JugendTheatergruppe aus Berlin.
Frida: Wir sind selbst sau-gespannt, was dann letztendlich auf dem Wochenende passiert und wie es Leuten geht und was daraus entsteht. So Groszprojekte sind ja immer auch ein bisschen verunsichernd. Unterm Strich wird’s FETT.
Vielen Dank für das Interview!
Mehr Infos zu dem Kongress findet ihr unter: http://fettesf.blogsport.eu/
*Anmerkung der Redaktion: Die “sz” Schreibweise entspricht der Schreibweise, die sich die Interviewten Personen ausgesucht hatten und wird im Original übernommen.
Guck mal, wer da rumsteht

INFORIOT Über die jüngsten antisemitischen und neonazistischen Krawalle beim Fußballspiel von Energie Cottbus bei Babelsberg 03 in Potsdam ist schon einiges berichtet worden, aber sicherlich noch nicht genug. Hier soll ein Detail nachgetragen werden.

Im Cottbusser Gästeblock beim Spiel am vergangenen Freitag (28. April) standen zwei namentlich bekannte rechtsradikale Aktivisten, die sich sonst darum bemühen, öffentlich nicht in der Nähe von Neonazis positioniert zu sein. Einige am Samstag aufgenommene und hier dokumentierte Fotos zeigen Jean-Pascal Hohm und Robert Timm in unmittelbarer Nähe der vermummten Cottbusser Neonazi-Hooligans. Aus just diesem Block erfolgten die antisemitischen und neonazistischen Hetzparolen sowie der Versuch des Spielfeld zu stürmen.

Robert Timm fungiert seit einiger Zeit als Sprecher der “Identitären Bewegung” in Berlin und Brandenburg. Timm stammt aus Berlin und ist für ein Architekturstudium nach Cottbus gezogen. Offenbar hat er dort auch eine Leidenschaft für Fußball neu- oder wiederentdeckt. Aus der neonazistischen Fußballfanszene in Cottbus werden seit einigen Monaten auch “Identitären”-Parolen wie “Defend Europe” aufgegriffen und zu “Defend Cottbus” abgewandelt. Die “Identitären” behaupten von sich, keine Berührungspunkte zum Neonazismus zu haben.


Jean-Pascal Hohm hingegen ist Aktivist der AfD-Jugendorganisation “Junge Alternative” (JA) im Land Brandenburg. Zeitweilig war er der Landesvorsitzende der JA. Zurzeit wird er auf der Verbandshomepage als Beisitzer im Landesvorstand aufgeführt, gleichzeitig ist er Beisitzer im Kreisvorstand der AfD in Teltow-Fläming. Auf der Webseite der Landtagsfraktion der AfD Brandenburg wird er als Mitarbeiter des Veranstaltungsreferenten gelistet. Nicht zuletzt war Hohm Mitorganisator zahlreicher flüchtlingsfeindlicher Demonstrationen im Land Brandenburg.

So nah, wie Timm und Hohm räumlich im Gästeblock beieinander stehen, darf man vermuten, das die beiden das Spiel gemeinsam besucht haben oder sich zumindest dort getroffen haben. Öffentlich behauptet die “Junge Alternative” genau wie ihre Mutterpartei, keine Zusammenarbeit mit der vom Verfassungsschutz beobachteten “Identitären Bewegung” zu betreiben. Tatsächlich findet auf vielen Ebenen ein Austausch und ein Zusammenwirken statt. Hohm selbst war schon Teilnehmer bei “Identitären”-Aktionen und präsentierte sich auf Facebook in T‑Shirts dieser Organisation.

Beim “Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus” sind weitere Bilder und ein Video zum Thema zu finden. Weitere Fotos gibt es unter anderem hier.