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Massive Gewalt nach rechter Demo

Neon­azis und Ras­sis­ten tra­gen mas­siv zur Unsicher­heit und zur Gewalt in der Cot­tbusser Innen­stadt bei. Dies wurde erneut am Dien­stagabend (13. Juni) in furcht­bar­er Bru­tal­ität deut­lich. Unmit­tel­bar nach Abschluss der Demon­stra­tion des neurecht­en Vere­ins „Zukun­ft Heimat“ kam es zu min­destens zwei recht­en Angrif­f­en. Die Attack­en richteten sich gegen Per­so­n­en, die zuvor am Rande gewagt hat­ten, ihrem Unmut über die Demon­stra­tion ver­bal Aus­druck zu verleihen.
– Eine Frau wurde auf dem Heimweg in der Friedrich-Lud­wig-Jahn-Straße/Höhe Puschk­in­park von zwei ver­mummten Per­so­n­en vom Fahrrad geprügelt und im Gesicht ver­let­zt. Sie musste im Kranken­haus behan­delt wer­den, eine Platzwunde wurde genäht. Die Polizei erwäh­nt diesen Angriff in ein­er Mit­teilung, ver­schweigt allerd­ings den Zusam­men­hang mit der Demon­stra­tion. https://polizei.brandenburg.de/…/koerperverletzung‑z…/656331
– Ein Ehep­aar beobachtete in der Sandow­er­straße die in Rich­tung Alt­markt vor­beiziehende Demon­stra­tion vom Rande her. Kurze Zeit später kamen aus Rich­tung des Mark­tes vier Per­so­n­en auf das Paar zu. Eine der Per­so­n­en bespritzte die Eheleute mit Wass­er. Ein ander­er Mann ging auf die Frau los. Der Ehe­mann ver­suchte seine Frau zu schützen; daraufhin wurde ihm gegen den Kopf geschla­gen. Er ging zu Boden und riss sich dabei den Ellen­bo­gen auf. Auch er musste im Kranken­haus behan­delt wer­den. Ein bei­den Fällen wurde Anzeige erstattet.
Mit völkischen und ras­sis­tis­chen Reden hat­ten „Zukun­ft Heimat“-Funktionäre wie Christoph Berndt und Anne Haber­stroh zuvor die Stim­mung ange­heizt. Die dabei eingestreute Beteuerung, dass „Zukun­ft Heimat“ ihre recht­sradikalen poli­tis­chen Ziele „mit friedlichen Mit­teln“ erre­ichen will, ent­pup­pte sich nicht erst durch die dann fol­gen­den Über­griffe als hohle Phrase. Denn schon an der Demon­stra­tion selb­st nah­men zahlre­iche Per­so­n­en aus gewalt­geneigten Fußballm­i­lieus und Neon­azis teil. Eine Per­so­n­en­gruppe war mit ein­heitlichen T‑Shirts (Auf­druck: Schla­gringe, „Anti-Antifa“) und teil­weise mit Schutzk­lei­dung ausgestattet.
„Zukun­ft Heimat“ hat weit­ere Demon­stra­tio­nen in Cot­tbus angekündigt, die erneut in Koop­er­a­tion mit der Dres­den­er „Pegi­da“ organ­isiert wer­den sollen. „Zukun­ft Heimat“ ist zudem aufs eng­ste verquickt mit der AfD. Der Auf­marsch am 13. Juni war der zweite nach ein­er Auf­tak­t­demon­stra­tion im Mai.
Luise Mey­er, Sprecherin von Cot­tbus Naz­ifrei!: „Zukun­ft Heimat ist kein harm­los­er Bürg­ervere­in. Es ist eine recht­sradikale Kam­pag­nenor­gan­i­sa­tion, die das Kli­ma in unser­er Stadt gezielt vergiftet. Men­schen wer­den ange­grif­f­en und niedergeschla­gen, nur weil sie sich am Rande der Zukun­ft-Heimat-Demo gegen Ras­sis­mus geäußert hat­ten. Ein trau­riger Fakt: Cot­tbus ist nicht sich­er für Men­schen, die von Ras­sis­mus betrof­fen sind und für solche, die sich gegen Neon­azis posi­tion­ieren. Seit mehreren Jahren sind die Zahlen rechter und ras­sis­tis­ch­er Gewalt in Cot­tbus hoch.“

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Antifaschismus

Islamfeindliche Demo in Bernau

INFORIOT – Am Mittwochabend demon­stri­erten etwa 80 Neon­azis unter dem Mot­to „gegen die schle­ichende Islamisierung“ in Bernau. Hin­ter­grund ist das Bekan­ntwer­den der let­zten Woche, dass der örtliche mus­lim­is­chen Vere­in Gebet­sräume im Bernauer Stadt­teil Süd ein­richt­en will. Die NPD griff das The­ma auf und behauptete, dass nun eine Moschee in Bernau errichtet wer­den solle. Die Demon­stra­tion führte vom Bernauer Bahn­hofsvor­platz bis in das Neubau­vier­tel Süd, in dem inzwis­chen viele Geflüchtete leben und wo die Gebet­sräume ein­gerichtet wer­den sollen. Die Demon­stra­tion, die erst kurzfristig bekan­nt wurde, wurde von laut­starkem Gegen­protest begleit­et. Ins­ge­samt 100 Men­schen, darunter auch junge Geflüchtete, beteiligten sich an Kundge­bun­gen am Bahn­hofsvor­platz, am Markt in der Innen­stadt sowie an Protesten am Rande der Neon­azidemon­stra­tion. Auch einen Block­ade­v­er­such gab es.

Die Neonazis der NPD bilden die Spitze der Demonstration in Bernau.
Die Neon­azis der NPD bilden die Spitze der Demon­stra­tion in Bernau.

Ver­anstal­tet und unter­stützt wurde die Demon­stra­tion durch die lokale NPD Struk­tur, zusam­men mit AktivistIn­nen der Pankow­er NPD sowie der Bernauer „Barn­imer Fre­und­schaft“. Unter den Demon­stran­tInnen befan­den sich zahlre­iche bekan­nte Neon­azis aus der Region. Obwohl nicht offiziell durch die NPD aufgerufen wor­den war, zeich­net sich durch das Front­trans­par­ent und Red­ner wie Sebas­t­ian Schmidtke, ehe­ma­liger Berlin­er NPD-Lan­deschef, deut­lich die Veror­tung der Demon­stra­tion in der neon­azis­tis­chen Szene ab. Zwar waren auch AfD-Poli­tik­er wie der Box­train­er Hans Link zuge­gen. Link hielt jedoch Abstand von der Demon­stra­tion und zeigte seine Sym­pa­thie für das Anliegen der NPD in Gesprächen mit Anwohner_innen.
Mit der Ankündi­gung der Gebet­sräume hat die NPD nun ein The­ma gefun­den, welch­es sie als Anlass für ihre Asylfeindlichkeit und vor allem ihren antimus­lim­is­chen Ras­sis­mus nutzen kann. Red­ner Schmidtke wet­terte gegen Geflüchtete und tit­ulierte die Gebet­sräume als „Ter­rorzelle“. Er kündigte weit­ere Aktio­nen in der Region an.
Die Neonazis marschierten bis zum Bernauer Stadtteil Süd, wo die Gebetsräume eingerichtet werden sollen.
Die Neon­azis marschierten bis zum Bernauer Stadt­teil Süd, wo die Gebet­sräume ein­gerichtet wer­den sollen.

Redner Schmidtke kündigte weitere Aktionen in der Region an.
Red­ner Schmidtke kündigte weit­ere Aktio­nen in der Region an.

An den Gegen­protesten beteiligten sich neben zivilge­sellschaftlichen und antifaschis­tis­chen Aktiv­en auch junge Geflüchtete. Der Polizei, die mit einem rel­a­tiv großen Aufge­bot die Neon­azidemon­stra­tion begleit­ete, fehlte jedoch die Sen­si­bil­ität für die Gefährdung der vor allem sehr jun­gen Geflüchteten. So wur­den etwa die Neon­azis unmit­tel­bar an diesen vor­beige­führt, was die Neon­azis zu ver­balen Aus­brüchen und Dro­hge­bär­den ver­an­lasste. Zu Ver­let­zten kam es nicht.
Gegenproteste in Bernau Süd.
Gegen­proteste in Bernau Süd.
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Antifaschismus

Niemand ist vergessen“

Kommt am 01.07.2017 nach Neu­rup­pin und unter­stützt unsere Demon­stra­tion! Eine Gedenk­tafel ist nicht genug! 
A2_Plakat_Emil-Wendland_WebAm 01. Juli 1992 wurde im Neu­rup­pin­er Rosen­garten der 50-jährige Emil Wend­land von ein­er Gruppe Neon­azis ermordet. Die Täter woll­ten einen „Assi klatschen“. Nach­dem Sie ihn bru­tal mis­shan­del­ten, stach der 21-jährige Haupt­täter 7 Mal auf den bere­its Bewusst­losen ein und töte ihn so.
Am 1. Juli 2017 rufen wir erneut zum Gedenken an den Mord von Emil Wend­land auf. In der Nacht zum 1. Juli 1992 über­fie­len nach einem Saufge­lage Naziskin­heads den schlafend­en, damals woh­nungslosen Wend­land. Sie trat­en mit Springer­stiefeln auf ihn ein und zer­schlu­gen eine Bier­flasche an seinem Kopf. Vor­erst ließen sie den schw­er Ver­let­zten zurück, bis ein­er der Gruppe zurück­kehrte und mit einem Jagdmess­er auf ihn ein­stach, sodass er verblutete. Später kehrte die Gruppe noch ein­mal zurück und sam­melte mögliche Beweis­mit­tel ein. Emil Wend­land starb in dieser Nacht in Neu­rup­pin. Seit­dem 2012 gibt es ein regelmäßiges Gedenken durch Antifaschist*Innen zu seinem Todestag. In diesem Jahr jährt sich sein Todestag zum 25. Mal. In den vorigen Jahren waren immer wieder Neon­azis in der Nähe der Kundge­bung, um diese zu stören und eben­so eine Kundge­bung abzugeben. Dies ist eine immer wiederkehrende Aktion unter vie­len Weit­eren in dieser Region. In den let­zten Jahren gab es mehrere schwere Angriffe auf linksalter­na­tive Jugendliche und auf unser linkes Jugend­pro­jekt „Jwp-Mit­ten­Drin“ in Neu­rup­pin. Wir haben kein Bock auf rechte Gewalt, auf den Ver­such uns Angst machen zu oder uns unsere Mei­n­ung aus­prügeln zu lassen. Wir haben kein Bock auf dieses
ekel­hafte, sozial-dar­win­is­tis­che Gedankengut, welch­es Men­schen in wert und wert­los ein­teilt. In ein­er Welt, in der täglich Men­schen gequält, ver­fol­gt oder ermordet wer­den, wird es immer Men­schen geben, die dage­gen kämpfen. Deswe­gen rufen wir alle Antifaschist*Innen am 1. Juni 2017 um 12 Uhr dazu auf, in Neu­rup­pin Emil Wend­land ein würdi­ges und ehren­volles Gedenken zu geben und ein Zeichen gegen Nazis und faschis­tis­che Gewalt zu set­zen! Kein Vergeben! Kein Vergessen! Im Gedenken an Emil Wend­land und an allen Betrof­fe­nen rechter Gewalt.
Die 90er Jahre – Straßen­ter­ror der Nazis
Hintergründe:
Die Nazige­walt der frühen 90er Jahre ging auch an Neu­rup­pin nicht vor­bei. Es gab nur wenige Tage ohne Mel­dun­gen in den Zeitun­gen von recht­en Über­grif­f­en, Anschlä­gen auf Asyl­suchen­den­heime, Tre­f­fen von 200+ Nazis, recht­en Parolen, Sprühereien usw. Es gab damals noch keinen funk­tion­ieren­den Jus­tiz- oder Polizeiap­per­at und keine Zivilgesellschaft
oder organ­isierte Grup­pen, sodass die Nazis mit ihrer Gewalt auf der Straße leicht­es Spiel hat­ten. Ziel der Angriffe waren ins­beson­dere Migrant_Innen, linke Jugendliche und Punks, Men­schen ohne Woh­nung sowie homo- und trans­sex­uelle Men­schen. Der vor­läu­fige Höhep­unkt in Neu­rup­pin war der Mord an Emil Wend­land und ein Bran­dan­schlag auf eine Unterkun­ft von Spätaussiedler_Innen im Novem­ber 1992.
Emil Wend­land wurde getötet, weil er in den Augen der Nazis lediglich „unwertes Leben“ war. Er war obdach­los und alko­holkrank und auf finanzielle Unter­stützung angewiesen. Gegenüber solchen Men­schen find­et eine extreme gesellschaftliche Aus­gren­zung statt. Diese reicht von Vorurteilen („Assi“, „Alki“, faul, „Schmarotzer“, krim­inell etc.), über ord­nungspoli­tis­che Maß­nah­men (Vertrei­bung von möglichen Schlaforten, Anzeigen etc.) bis hin zur direk­ten kör­per­lichen Gewalt. Dabei ver­lassen sich die Nazis und andere Täter­grup­pen darauf, dass die Gewalt gegen Obdachlose zum einen auf keinen rel­e­van­ten gesellschaftlichen Wider­spruch trifft und zum anderen auch in den meis­ten Fällen straf­frei bleibt. Dies liegt am offen­sichtlichen Desin­ter­esse von Presse, Jus­tiz und Polizei, aber auch daran, dass die Betrof­fe­nen sich mit Schika­nen seit­ens der Behör­den kon­fron­tiert sehen, wenn sie sich dann doch trauen, Anzeige zu stellen. Ein Mord an einem obdachlosen Men­schen schafft es sel­ten weit­er, als in die Randspalte der lokalen Tageszeitung.
Es geht uns darum, das Schick­al von Emil Wend­land bekan­nt zu machen und ihm einen Teil sein­er Men­schlichkeit zurück­zugeben, der ihm durch die Nazis genom­men wurde. Ein erster Schritt ist für uns, sein Leben zu skizzieren und durch eine Gedenk­tafel dauer­haft an die Tat zu erinnern.
Es muss aber auch darum gehen, die gesellschaftlichen Rah­menbe­din­gun­gen zu benen­nen, die solche Tat­en ermöglichen. Und dazu gehören ein zutief­st verin­ner­licht­es, kap­i­tal­is­tis­ches Konkur­ren­z­denken, Leg­en­den wie „Jed­er ist seines Glück­es Schmied“ und eine generelle Ver­ach­tung, die Men­schen erfahren, die nicht zur „Mehrheits­ge­sellschaft“ gehören. Men­schen, welche diesem täglichen Wahnsinn nicht stand­hal­ten oder deren Leben durch pri­vate Erleb­nisse aus den Fugen gerät, laufen Gefahr, bis ans Ende der „sozialen Leit­er“ durchgere­icht zu wer­den. Dort ein­mal angekom­men, ist es fast unmöglich, aus eigen­er Kraft wieder „auf die Beine zu kommen“.
Wenn eine Gesellschaft Unmen­gen an Reich­tum pro­duziert, aber großen Teilen der Bevölkerung der Zugang zu diesem Reich­tum ver­wehrt ist, wenn Lebens­mit­tel wegge­wor­fen wer­den, obwohl es hun­grige Men­schen gibt, wenn mit Leer­stand Prof­ite gemacht wer­den, statt den Wohn­raum Bedürfti­gen zur Ver­fü­gung zu stellen, dann hat diese Gesellschaft ihre
Exis­tenzberech­ti­gung ver­loren! Dann müssen wir uns umschauen nach gesellschaftlichen Alternativen!
Wir wis­sen nicht, was Emil Wend­land für ein Men­sch war. Wir haben ihn nie ken­nen­gel­ernt. Was wir wis­sen, haben wir aus Zeitun­gen erfahren, von dama­li­gen Fre­un­den oder Nachbar_Innen erzählt bekom­men oder schlicht aus den Prozes­sun­ter­la­gen. Wir wollen ihn nicht als Mär­tyr­er verk­lären oder aus seinem Schick­sal poli­tis­che Vorteile ziehen! Aber eben­so ist die Tat nicht ein­fach nur „irgen­dein“ Mord an „irgen­deinem Obdachlosen“. Dem Sozial­dar­win­is­mus der Tat (den die Nazis gegen obdachlose Men­schen prak­tizieren) geht zuerst ein Sozial­dar­win­is­mus des Wortes voraus (z.B.
abw­er­tende Hal­tun­gen oder Vorurteile gegen ver­meintliche „Assis“).
Wenn es also darum geht, solche Tat­en in Zukun­ft zu ver­hin­dern, ist das Prob­lem nicht allein die Nazige­walt, son­dern die grund­sät­zliche Akzep­tanz dieser Gewalt durch das herrschende, gesellschaftliche Kli­ma. Und genau da set­zen wir an!
Kommt am 01.07.2017 nach Neu­rup­pin und unter­stützt unsere Demon­stra­tion! Eine Gedenk­tafel ist nicht genug!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration Law & Order

Rechte Allianz ohne Grenzen

Bild: Inforiot.
INFORIOT In Cot­tbus ver­sucht die örtliche rechte Szene derzeit, Stim­mung gegen Geflüchtete anzuheizen. Der Vere­in „Zukun­ft Heimat“ hat­te zu ein­er Demon­stra­tion am 30. Mai unter dem Mot­to „Gren­zen ziehen“ auf dem Cot­tbusser Oberkirch­platz aufgerufen. Etwa 350 Per­so­n­en, darunter zahlre­iche Neon­azis und rechte Hooli­gans, nah­men teil. Eine Gruppe von Antifaschist_innen kon­nten den Auf­marsch kurzfristig zum Stopp zwin­gen. In der Ver­gan­gen­heit kon­nten dem Vere­in mehrfach Verbindun­gen zu Per­so­n­en der ver­bote­nen „Wider­stands­be­we­gung Süd­bran­den­burg“ und zu der „Iden­titären Bewe­gung“ (IB) nachgewiesen werden.
Der Demon­stra­tion in Cot­tbus ging eine Serie von ver­balen und kör­per­lichen Auseinan­der­set­zun­gen in der Cot­tbuser Innen­stadt voraus. Haupt­säch­lich­er Anlass waren die Ereignisse in der Nacht vom 19. zum 20. Mai. Es kam zu ein­er Messer­stecherei bei einem Jungge­sel­len­ab­schied in der Innen­stadt, bei der nach Angaben der Polizei­di­rek­tion Män­ner deutsch­er und syrisch­er Herkun­ft involviert waren. Fünf deutsche Teil­nehmer des Jungge­sel­len­ab­schieds im Alter zwis­chen 28 und 33 Jahren mussten mit Stich- und Schnittver­let­zun­gen ins Kranken­haus. Einen Tag später machte die Polizei zwei tatverdächtige Syr­er aus. Diese gaben gegenüber der Staat­san­waltschaft an zuerst angepöblt und das kör­per­lich ange­gan­gen wor­den sein. Auch sie wiesen Ver­let­zun­gen auf.
Inner­halb kürzester Zeit kochte daraufhin in sozialen Net­zw­erken die Stim­mung hoch: Rassist_innen macht­en die Syr­er schnell als Schuldige aus und nutzten sie für ihre Pro­pa­gan­da. Die NPD wit­terte eben­falls eine Gele­gen­heit zur Het­ze und richtete bere­its am ver­gan­genen Mittwoch (24. Mai) eine kleine Kundge­bung in der Nähe der Cot­tbuser Stadthalle aus.
„Lebendi­ge Abschiebekul­tur“ gefordert
Die Demon­stra­tion wurde vom Bran­den­burg­er AfD-Lan­desvor­sitzen­den Andreas Kalb­itz zusam­men mit dem Vor­sitzen­den von “Zukun­ft Heimat”, Christoph Berndt, ange­führt. “Zukun­ft Heimat”-Kovoristzende Anne Haber­stroh erfüllte der­weil organ­isatorische Auf­gaben. Kalb­itz schürte in sein­er Rede zum Auf­takt der Demon­stra­tion gezielt Äng­ste: „Das, was hier in Cot­tbus vorge­ht, hätte sich vor fünf Jahren kein­er vorgestellt“. Unter Beifall forderte er eine „lebendi­ge Abschiebekul­tur“ und stellte in Aus­sicht: „Wir wer­den uns unser Land wieder­holen – friedlich und gewalt­frei (…) aber wir machen das mit der gebote­nen Härte“.

Quelle: Twitter.
Quelle: Twit­ter.

Als Red­ner trat auch Siegfried Däbritz in Erschei­n­ung — der Vor­sitzende des Pegi­da-Vere­ins aus Dres­den. Er ist “Sicher­heit­sun­ternehmer” und pflegt Kon­tak­te zur Hooli­gan-Gruppe HoGeSa. Däbritz forderte die Demonstrant_innen auf, in den kom­menden Wochen abwech­sel­nd in Cot­tbus und in Dres­den auf die Straße zu gehen. Im Demon­stra­tionszug lief hin­ter Däbritz der Neon­azi-Hooli­gan M. Völpel, der beim Auswärtsspiel von Energie Cot­tbus gegen den SV Babels­berg 03 am 28. April den Hit­ler­gruß zeigte. Auch weit­ere Per­so­n­en aus dem Umfeld der mit­tler­weile aufgelösten Cot­tbuser Fan­grup­pierun­gen “Infer­no Cot­tbus” und “Unbe­queme Jugend” sollen bei bei der Demon­stra­tion mit­ge­laufen sein. Ihre Gewalt­bere­itschaft zeigte sich jüngst eben­falls bei dem Spiel bei Babels­berg, in dem sie ras­sis­tis­chen und anti­semi­tis­che Parolen in Rich­tung der geg­ner­ischen Fans skandierten und ver­sucht­en, das Spielfeld zu stürmen.

Video: Jüdis­ches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus
Auch Per­so­n­en der Iden­titären Bewe­gung Berlin-Bran­den­burgs waren in Cot­tbus auf der Demon­stra­tion ver­trat­en. So beispiel­sweise Paula Win­ter­feldt, die sich ver­gan­gene Woche an der gescheit­erten Block­ade-Aktion der IB vor dem Jus­tizmin­is­teri­um in Berlin beteiligte. Szenekenner_innen gehen davon aus, dass Win­ter­feldt per­son­elle Kon­tak­te nach Cot­tbus pflegt. Zeitweise habe sie in Cot­tbus gewohnt. Die IB ist eine aktion­sori­en­tierte und völkisch aus­gerichtete Grup­pierung, die seit August 2016 vom Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz beobachtet wird.
Zum Bericht des Jüdis­chen Forums für Demkratie und gegen Anti­semitismus zur Demon­stra­tion: hier.
Antifaschist_innen stop­pen kurzzeit­ig den Aufmarsch
Ein­er Gruppe von Antifaschist_innen gelang es am Stadt­tor den Auf­marsch kurzfristig zum Sehen zu brin­gen. Zwar wurde die Block­ade von der Polizei in kürzester Zeit abgeschirmt und abge­drängt. Die Aktion kon­nte jedoch trotz­dem eine Verzögerung der Demon­stra­tion erre­ichen. Vere­inzelt kon­nten außer­dem am Rande des Demozuges Gegendemonstrant_innen ihren Unmut über das Geschehen äußern.

Bild: Lausitzer Rundschau
Bild: Lausitzer Rundschau

Auf eine zen­trale Gegen­ver­anstal­tung hat­ten die zivilge­sellschaftlichen Akteur_innen in der Stadt verzichtet. Im Vor­feld der Demon­stra­tion kri­tisierte das antifaschis­tis­che und zivilge­sellschaftliche Bünd­nis „Cot­tbus Naz­ifrei“ die fehlgeleit­ete kom­mu­nale Debat­te um die Frage der Sicher­heit auf öffentlichen Plätzen. Nach­dem es schon seit ger­aumer Zeit zu gewalt­täti­gen Aus­brüchen in der Cot­tbuser Innen­stadt gekom­men ist, disku­tiert das Stadt­par­la­ment näm­lich darüber, ein Alko­holver­bot in den besagten Bren­npunk­ten einzuricht­en, sowie die Überwachung zu erhöhen. Den Vor­wurf, dass die Gewalt in der Stadt vor allem von Geflüchteten aus­ge­hen soll, schätzte das Bünd­nis „angesichts der Reko­rdzahlen rechter Über­griffe“ in der Stadt als „absurd“ ein. Mit der Debat­te wür­den die Kommunalpolitiker_innen „recht­en und autoritären Bewe­gun­gen“ in die Hände spie­len, so Bünd­nis­sprecherin Luise Meyer.
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Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus

Update: Rechtsoffenes Querfrontfestival “Pax Terra Musica” in Brandenburg

Nach­dem ver­mehrt über den tat­säch­lichen Charak­ter des ange­blichen “Friedens­fes­ti­vals” Pax Ter­ra Musi­ca berichtet wird (u.a. hier) sprin­gen erste Bands und Aussteller ab, die offen­sichtlich getäuscht wur­den und nichts mit Ver­schwörungs­the­o­retik­ern und Anti­semiten zu tun haben wollen. Danke dafür.
Auch für die am 3. Juni geplante “Pax-Terra-Musica”-Soli-Veranstaltung in Berlin-Friedrichshain gibt es Neuigkeit­en. Die wochen­lang von der Quer­front bewor­bene Loca­tion stellte sich als Lüge her­aus. Der Club OI-Zosch wusste nichts von der Ver­anstal­tung und sagt, er habe den “Pax Ter­ra Musica”-Machern niemals eine Zusage gegeben. [Diese stellen das anders dar und behaupten weit­er­hin, es habe sehr wohl eine Zusage gegeben. Allerd­ings sind diese Leute schon in der Ver­gan­gen­heit mehrfach der Lüge über­führt worden.]
Nun haben die Aluhüte einen neuen Ort für den 3.6. gefun­den: das soge­nan­nte “Jugend­wider­standsmu­se­um” in der Rigaer Straße in Fhain. Auch hier ist zu befürcht­en, dass die Betreiber nicht über die recht­sof­fe­nen Hin­ter­män­ner des “Pax Ter­ra Musi­ca” Bescheid wis­sen. Eigentlich ist das “Jugend­wider­standsmu­se­um” ein linkes Projekt.
Ver­anstal­ter des Soli-Konz­erts ist Frank Georg, ein enger Unter­stützer des “Pax Ter­ra Musica”-Festivals. Auf sein­er öffentlich ein­se­hbaren Face­book-Seite sym­pa­thisiert er mit der recht­sex­tremen Iden­titären-Bewe­gung und dem Com­pact-Mag­a­zin. Dazu benutzt er Reichs­bürg­er-Codes und veröf­fentlicht Bilder, in denen Deutsch­land als von den USA und Israel ges­teuerte GmbH beze­ich­net wird. Auch das stört den “Pax Ter­ra Musica”-Initiator Malte Klin­gauf nicht.
Für das “Pax Ter­ra Musi­ca” in Bran­den­burg sind Aussteller wie “NuoViso.TV” angekündigt, die mit Pegi­da und Com­pact zusam­me­nar­beit­en bzw. fre­undlich über sie bericht­en. Auch die “Deutsche Mitte” ist dabei. Deren Chef Christoph Hörs­tel behauptet, unter den 2015 nach Deutsch­land gekomme­nen Geflüchteten befän­den sich „30000 Ter­ror­is­ten, Häuserkämpfer und Mörder“. Dahin­ter stecke Angela Merkel, die in Deutsch­land einen Bürg­erkrieg aus­lösen müsse, um das Land kaputt zu machen. Das sei näm­lich die Bedin­gung, damit sie später UNO-Gen­er­alsekretärin wer­den könne. (Quellen dazu <a href=“https://www.youtube.com/watch?v=aLEuFuRz82Q&t=3095s“hier und hier)
“Pax Ter­ra Musica”-Initiator Malte Klin­gauf erk­lärt dazu, man könne ihm keinen Vor­wurf machen, es gebe keine “Kon­tak­tschuld”.

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Antifaschismus

Rechtsoffenes Querfrontfestival “Pax Terra Musica” in Brandenburg

Vom 23.–25. Juni soll auf dem ehe­ma­li­gen Mil­itär­flughafen in Niedergörs­dorf das Fes­ti­val “Pax Ter­ra Musi­ca” stat­tfind­en. Die Gästeliste ist erschreckend.
Offiziell soll in dem Bran­den­burg­er Dorf ein Woch­enende lang für den Welt­frieden gefeiert wer­den. Die Ver­anstal­ter rech­nen mit etwa 5000 Teil­nehmern und ver­sprechen eine Art Fusion für Friedens­be­wegte. Allerd­ings ist inzwis­chen klar, dass die ver­meintlich linken Mach­er aus der recht­sof­fe­nen Wah­n­wich­tel-Quer­front-Szene kom­men: Der Haup­tor­gan­isator ist Malte Klin­gauf, der Zion­is­ten für “jüdis­che Nazis” hält und jahre­lang die Aluhut-Mon­tags­mah­nwachen in Berlin mod­eriert hat. Auf der Gästeliste des “Pax Ter­ra Musi­ca” ste­hen Het­zer wie Christoph Hörs­tel von der Kle­in­st­partei “Deutschen Mitte”, die Pegi­da-Ver­ste­her von “NuoViso.TV” aus Leipzig sowie zahlre­iche Anti­semiten und Reichs­bürg­er. Natür­lich ist auch Ken Jeb­sen dabei. Auf dem “Pax Ter­ra Musi­ca” geht es also vor allem gegen die Roth­schilds und Chemtrails.
Inzwis­chen gab es ein paar Medi­en­berichte, die auf die recht­sof­fene Mis­chung hin­weisen (Links find­et Ihr unten), aber viele scheinen den Charak­ter dieses Tre­f­fens noch nicht mit­bekom­men zu haben. So hat sich das eigentlich linke “OI Zosch” in Berlin-Friedrichshain bere­it erk­lärt, am 3.6. seine Räume für eine Soli-Par­ty zugun­sten des “Pax Ter­ra Musi­ca” zur Ver­fü­gung zu stellen. Im Musikpro­gramm ste­ht neben Chem­trail- und Reichs­bürg­er-Rap­pern auch der eigentlich linke Knorka­tor-Musik­er Alf Ator.
 
Hier eine Liste der bish­eri­gen Presseartikel:
http://www.hagalil.com/2016/12/pax-terra/
https://jungle.world/artikel/2017/17/frieden-liebe-querfront
http://www.tagesspiegel.de/berlin/umstrittenes-festival-in-brandenburg‑f…
http://www.hagalil.com/2017/05/klingauf/
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Antifaschismus Gender & Sexualität

Offener Brief an die Organisator_innen des F_ANTIFA-Kongresses in Potsdam

An diesem Woch­enende ver­anstal­tet Ihr im Frei­land einen Kongress zu fem­i­nis­tis­ch­er antifaschis­tis­ch­er Poli­tik. Seit langem wird damit aus Antifa-Kreisen mal wieder eine große inhaltliche Ver­anstal­tung in Pots­dam durchgeführt.
Ein solch­er inhaltlich­er Input ist, ger­ade nach der starken aktivis­tis­chen Mobil­isierung des let­zten Jahres, die viele jün­gere Leute zum ersten Mal in Kon­takt mit Antifa gebracht hat, grund­sät­zlich begrüßenswert und drin­gend nötig. Und tat­säch­lich habt Ihr es geschafft, es wird inten­siv an den WG- und Kneipen­tis­chen dieser Stadt, in den Haus­pro­jek­ten und auf den Ple­na der poli­tis­chen Grup­pen über den Kongress diskutiert.
Auch wir haben diese Diskus­sio­nen geführt und stell­ten dabei fest, dass wir einige Ansätze auf der Kon­ferenz für hochgr­a­dig prob­lema­tisch und kri­tik­würdig halten.
Wir möcht­en Euch die Kri­tik daran hier­mit zugänglich machen, wis­send, dass es bess­er gewe­sen wäre, dies früher zu tun und dass Ihr jet­zt keine Möglichkeit mehr habt, das Pro­gramm zu mod­i­fizieren. Wir denken aber, dass die Prob­leme, die wir ansprechen über den Tag hin­aus Bedeu­tung haben und die Diskus­sion darum auch nicht an diesem Woch­enende aufhören wird.
Wir machen diese Kri­tik öffentlich, weil wir hof­fen, dass aus den Debat­ten an den WG-Tis­chen eine gemein­same poli­tis­che Diskus­sion entste­ht, die zu the­o­retis­chen und prak­tis­chen Klärun­gen führt, auf die eine pro­gres­sive antifaschis­tis­che Poli­tik in dieser Welt­ge­gend auf­bauen kann.
Kri­tikpunkt 1): Jüd_innen, Israel – und Antisemitismus?
Ein Schw­er­punkt Eur­er Ver­anstal­tung ist die Auseinan­der­set­zung mit dem Juden­tum, es gibt eine Ver­anstal­tung zu jüdis­chen Par­ti­sanin­nen („Kampf bis zum let­zten Schuss – Von jüdis­chen Stadt­par­ti­sanin­nen und Sprengstoff­schmug­g­lerin­nen“) einen „Safer/Braver Space für Men­schen mit jüdis­ch­er Geschichte“, einen Lesekreis zu Anti­semitismus und Antifem­i­nis­mus im Deutschen Kaiser­re­ich und einen Work­shop zum The­ma „F_antifaschistische Per­spek­tiv­en jüdis­chen Lebens ausser­halb der Shoa und israelis­ch­er Staat­spoli­tik“, der ganz klar als antizion­is­tis­ch­er Work­shop, gehal­ten aus ein­er linksradikalen israelis­chen Per­spek­tive, angekündigt wird.
Hier­an stoßen uns mehrere Sachen auf. Dass The­men mit Bezug zum Juden­tum auf ein­er antifaschis­tis­chen Kon­ferenz in Deutsch­land so eine promi­nente Stel­lung ein­nehmen hat ja nur einen Grund: die im deutschen Massen­mord an den JüdIn­nen Europas gipfel­nde anti­semi­tis­che Geschichte dieses Lan­des. Aus antifaschis­tis­ch­er Per­spek­tive gäbe es auch aktuell viele Gründe, sich mit dem The­ma Anti­semitismus zu beschäfti­gen. Anti­semitismus ist das falsche Ver­ständ­nis vom Kap­i­tal­is­mus, die regres­sive Ver­ar­beitung der Erfahrung der Krisen­haftigkeit der kap­i­tal­is­tis­chen Verge­sellschaf­tung. Als solch­er erlebt er aktuell eine Renais­sance wenn auf fin­stere Mächte geschimpft wird, die Poli­tik und Gesellschaft manip­ulieren wür­den. Immer öfter wer­den sie auch benan­nt: DIE anti­semi­tis­che Chiffre des 19. und 20. Jahrhun­derts, „die Roth­schilds“ feiert fröh­lich Urständ.
Aber es scheint, dass Anti­semitismus für Euch nur Geschichte ist. Es find­et sich kein Work­shop zu aktuellem Anti­semitismus. Und dass in ein­er Stadt, in der in den 90er Jahren mit der „Nationalen Bewe­gung“ eine der anti­semi­tis­chsten mil­i­tan­ten Nazi­grup­pen der Nach­wen­dezeit operierte. Die Mit­glieder dieser Gruppe wur­den Dank der Pro­tek­tion durch den Ver­fas­sungss­chutz nie gefasst. Die Lan­desregierung Bran­den­burgs ver­sucht aktuell die Aufk­lärung dieses Geschehens durch den Bran­den­burg­er NSU-Unter­suchungsauss­chuss zu tor­pedieren. Das ist auf Eur­er Kon­ferenz kein The­ma, eben­sowenig, dass in Pots­dam der Vor­sitzende der anti­semi­tis­chen Partei Deutsche Mitte aktiv ist oder dass vom Glock­en­spiel der Gar­nisonkirche täglich eine anti­semi­tis­ch­er Choral in die Gegend schallt.
Stattdessen aber ein Work­shop zur Israelkri­tik. Nun kann und soll die israelis­che radikale Linke ja den Staat Israel so radikal wie möglich kri­tisieren. Aber Euch, die Ihr Euch viele Gedanken um Spre­chorte, Posi­tion­ierun­gen und darum welch­er Work­shop für welche Men­schen offen ist macht, dürfte aufall­en, dass das im deutschen Kon­text evt. etwas anders ausse­hen könnte.
Es mutet auch deswe­gen selt­sam an, da es soweit ersichtlich, die einzige Ver­anstal­tung ist, auf der expliz­it nicht nur die Poli­tik eines anderen Staates, son­dern ger­ade die die Exis­tenz dieses Staates legit­imierende Ide­olo­gie kri­tisiert wer­den soll. Das ver­wun­dert uns angesichts des Fak­tes, dass in unserem unmit­tel­baren Nach­bar­land Polen ger­ade eine zutief­st reak­tionäre Regierung die Exis­tenz des Staates mit ein­er neuen alten Ide­olo­gie zu unter­mauern ver­sucht, zu deren grundle­gen­den Bestandteilen der Antifem­i­nis­mus gehört. Zu der Entwick­lung in Polen (und Ungarn,….), zum Zusam­men­hang von nation­al­is­tis­ch­er Mobil­isierung und Antifem­i­nis­mus, zu den fem­i­nis­tis­chen Kämpfen dage­gen (die Demon­stra­tio­nen in Polen gegen die Ver­schär­fung des Abtrei­bungsver­botes gehörten zu den größten fem­i­nis­tis­chen Protesten in Europa in den let­zten Jahren) keine Ver­anstal­tung. Aber zur Kri­tik am Zion­is­mus. Das sieht für uns nach dop­pel­ten Stan­dards aus und bringt eine Schw­er­punk­t­set­zung rüber, die wir für grundle­gend falsch halten.
Kri­tikpunkt 2): Far­ben, Kri­tiken, Kulturen 
Ein zweites the­o­retis­ches Stand­bein Eur­er Kon­ferenz ist offen­sichtlich ein Ansatz der in den let­zten Jahren unter dem Namen „Crit­i­cal White­ness“ bekan­nt­ge­wor­den ist. Dabei han­delt es sich um ein Bün­del von The­o­rien und Meth­o­d­en, dass hochgr­a­dig umstrit­ten ist. Ihr wollt offen­sichtlich nicht die Auseinan­der­set­zung über dieses Konzept führen, son­dern ori­en­tiert Euch bei der Kon­feren­z­pla­nung daran. Wir kön­nen hier nicht die Debat­te um „Crit­i­cal White­ness“ in aller Länge und Bre­ite führen, das würde den Rah­men dieses Briefes spren­gen. Wir möcht­en im Fol­gen­den nur anhand Eur­er Pro­gram­mankündi­gung auf einige prob­lema­tis­che Punk­te am Konzept der „Crit­i­cal White­ness“ hinweisen.
a) „Weiß“ vs. POC als zen­traler Antagonismus
Das Konzept der „Crit­i­cal White­ness“ beruht auf der Auseinan­der­set­zung mit dem Fortwirken des auf Kolo­nial­is­mus und Sklaverei rück­führbaren Ras­sis­mus in den USA. Zen­tral dafür ist nachvol­lziehbar­er Weise das Ver­hält­nis von Weißen zu POC (Peo­ple Of Colour). Die Über­nahme dieses Ansatzes in den deutschen Sprachraum geschieht jedoch in der Regel unter Außer­acht­lassen der spez­i­fis­chen his­torischen Voraus­set­zun­gen in diesem Teil der Welt.
Der Work­shop „Anti-faschis­mus und Anti-ras­sis­mus“ Eur­er Kon­ferenz wird z.B. fol­gen­der­maßen angekündigt: „Dieser Anti-ras­sis­mus/An­ti-faschis­mus Work­shop ver­flechtet die his­torischen Kon­texte von Ras­sis­mus mit Faschis­mus und legt offen, wie diese zwei Sys­teme der Unter­drück­ung Hand in Hand gear­beit­et haben, um sys­tem­a­tis­che Unter­drück­ung nicht-weißer Men­schen zu fördern und zu erhal­ten. Durch diesen Work­shop, welch­er speziell für weiße und als weiß iden­ti­fizierte Leute designed wurde, wer­den wir die vie­len Wieder­hol­un­gen dieser Mit­tel ansprechen und Wege, Ras­sis­mus sozial, poli­tisch und zwis­chen­men­schlich zu bekämpfen, bieten und brainstormen.“ 
Die Dichotomie zwis­chen Weißen/FaschistInnen auf der einen und POC/Opfern des Faschis­mus auf der anderen Seite, die hier aufgemacht wird, ist jedoch his­torisch nicht kor­rekt, ins­beson­dere dann nicht, wenn wir über den deutschen Faschis­mus, den Nation­al­sozial­is­mus reden.
Zum einen war die ganz über­wiegende Mehrzahl der Opfer des Nation­al­sozial­is­mus „weiß“ (selb­st wenn man, wie es einige Vertreter_innen der „Crit­i­cal White­ness“ tun, Jüd_innen als POC betra­chtet, bleibt die Mehrheit der Opfer des Nation­al­sozial­is­mus „weiß“). Mit dem Gen­er­alplan Ost existierte ein ras­sis­tis­ches Pro­gramm der Unter­drück­ung, Kolonisierung und Aus­rot­tung „weißer“ Men­schen, der Slaw­In­nen Osteu­ropas. Der anti­s­law­is­che Ras­sis­mus, der für die Geschichte des Ras­sis­mus in Deutsch­land dur­chaus grundle­gend ist, wird von den Vertreter_innen der „Crit­i­cal White­ness“ zumeist negiert.
Zum anderen haben ver­schiedene antikolo­niale Bewe­gun­gen von POC in Afri­ka und Asien das Bünd­nis mit den deutschen Nation­al­sozial­istIn­nen gesucht und manch­mal auch gefun­den. In Deutsch­land, das gegen die dama­li­gen Kolo­nial- und Welt­mächte Frankre­ich und Eng­land Krieg führte sahen sie einen Bünd­nis­part­ner im Kampf gegen eben diese Kolo­nialmächte. Die Ver­suche von Mit­gliedern dieser Bewe­gun­gen mit dem 3. Reich ein Bünd­nis zu schließen scheit­erten in eini­gen Fällen, führten in eini­gen Fällen zu eher the­o­retis­ch­er als prak­tis­ch­er Kol­lab­o­ra­tion, hat­ten aber auch die unmit­tel­bare Beteili­gung an nation­al­sozial­is­tis­chen Ver­brechen zur Folge.
b) „Kul­turelle Aneignung“ 
In let­zter Zeit sorgt das Konzept der „Cul­tur­al Appropriation“/“Kultureller Aneig­nung“ für Aufre­gung in linken und linksalter­na­tiv­en Kreisen. Auch hier habt Euch entsch­ieden, der Propagierung dieses Konzeptes Raum einzuräu­men. (Work­shop „Kul­turelle Aneignung“).
„Kul­turelle Aneig­nung“ an sich beschreibt einen im kap­i­tal­is­tis­chen Kon­text zwangsläu­fi­gen Prozess: wo alles Ware und damit han­del- und aus­tauschbar wird, wer­den es auch sakrale und sakral­isierte Prax­en, die gemein­hin als „Kul­tur“ ver­standen wer­den. Z.B. hat­te ein christlich­es Kreuz als Anhänger um den Hals getra­gen einst eine auss­chließlich religiöse Bedeu­tung. Heutzu­tage kann es sich dabei ein­fach um Mod­e­schmuck han­deln. Im Zuge des „Glob­al­isierung“ genan­nten Prozess­es geschieht dies nun auch mit „Kul­turen“ außer­halb Europas. Deren sakrale/sakralisierte Zeichen wer­den genau­so auf den inter­na­tionalen Markt der Pop­kul­tur gewor­fen, wie es auch dem christlichen Kreuz geschah.(Und auch anderen poli­tisch-kul­turellen Sym­bol­en. Wenn aus dem ital­ienis­chen Par­ti­sa­nen­lied Bel­la Ciao, das an die Toten im Kampf gegen die deutschen Inva­soren erin­nert ein Par­tykracher wird, ist das nix anderes.)
Es han­delt sich let­ztlich um einen kul­turellen Aus­druck dessen, was Marx und Engels 1848 im Kom­mu­nis­tis­chen Man­i­fest so beschrieben: „Die Bour­geoisie, wo sie zur Herrschaft gekom­men, hat alle feu­dalen, patri­ar­chalis­chen, idyl­lis­chen Ver­hält­nisse zer­stört. Sie hat die buntscheck­i­gen Feu­dal­bande, die den Men­schen an seinen natür­lichen Vorge­set­zten knüpften, unbarmherzig zer­ris­sen und kein anderes Band zwis­chen Men­sch und Men­sch übrigge­lassen als das nack­te Inter­esse, als die gefüh­llose ›bare Zahlung‹. Sie hat die heili­gen Schauer der from­men Schwärmerei, der rit­ter­lichen Begeis­terung, der spießbürg­er­lichen Wehmut in dem eiskalten Wass­er ego­is­tis­ch­er Berech­nung ertränkt. Sie hat die per­sön­liche Würde in den Tauschw­ert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen ver­brieften und wohler­wor­be­nen Frei­heit­en die eine gewis­senlose Han­dels­frei­heit geset­zt. Sie hat, mit einem Wort, an die Stelle der mit religiösen und poli­tis­chen Illu­sio­nen ver­hüll­ten Aus­beu­tung die offene, unver­schämte, direk­te, dürre Aus­beu­tung geset­zt. Die Bour­geoisie hat alle bish­er ehrwürdi­gen und mit from­mer Scheu betra­chteten Tätigkeit­en ihres Heili­gen­scheins entk­lei­det. Sie hat den Arzt, den Juris­ten, den Pfaf­fen, den Poet­en, den Mann der Wis­senschaft in ihre bezahlten Lohnar­beit­er verwandelt.Die Bour­geoisie hat dem Fam­i­lien­ver­hält­nis seinen rührend-sen­ti­men­tal­en Schleier abgeris­sen und es auf ein reines Geld­ver­hält­nis zurück­ge­führt.
Die Vertreter_innen des Konzeptes der „Kul­turellen Aneig­nung“ behaupten stattdessen, dies wäre Aus­druck ein­er fort­dauern­den kolo­nialen Ausbeutung/Unterdrückung und glauben, diese Entwick­lung ließe sich vol­un­taris­tisch ver­hin­dern. Mit­tels moralis­ch­er Ver­bote ver­suchen sie diesen Prozess aufzuhal­ten und Insignien wie Dreads, Bindis, tra­di­tionelle Klei­dun­gen etc. exk­lu­siv für Men­schen aus deren ver­meintlichen Ursprungs­ge­sellschaften zu reservieren und deren sakralen Charak­ter dadurch zu ret­ten. Sie wollen also so gesprochen zurück zu den heili­gen Schauern der from­men Schwärmerei, der rit­ter­lichen Begeis­terung, der spießbürg­er­lichen Wehmut.
Nun kön­nte man sagen, ok, da wird halt ein gesellschaftlich­es Phänomen nicht richtig ver­standen und falsch kri­tisiert, was ist jet­zt das Prob­lem? Das Prob­lem aus unser­er Sicht liegt ganz ein­fach darin, dass die Verehrung „urspünglich­er Kul­turen“ und der Kampf gegen ihre Ver­mis­chung wun­der­bar mit dem recht­en Konzept des Ethno­plu­ral­is­mus vere­in­bar sind. Und außer­dem haben wir immer gedacht, es gehe beim Fem­i­nis­mus ger­ade auch darum, tra­di­tionelle Kul­turen und die ihnen imma­nen­ten Herrschaftsmech­a­nis­men aufzusprengen.
c) was wir vergessen haben 
Im Zusam­men­hang mit dem zuvor genan­nten Punkt ste­ht unser let­zter Kri­tikpunkt. Ihr entschuldigt Euch in Eur­er Pro­gram­mankündi­gung wortre­ich dafür, dass Ihr den antimus­lim­is­chen Ras­sis­mus nicht zum The­ma Eur­er Kon­ferenz gemacht habt und schreibt „Das Aus­gren­zen von muslim*ischen Men­schen in linken Räu­men und aus dem F_antifaschistischen Diskurs haben wir durch unsere Vergesslichkeit in unserem Pro­gramm fort­ge­set­zt. Dieses Silencing/“Stumm machen“ von mus­lim­is­chen F_antifaschisti*innen ist blöd von uns. Wir wer­den ver­suchen, das bei zukün­fti­gen Pro­jek­ten bess­er zu machen.“ 
Damit legt Ihr Men­schen, die von Ras­sistIn­nen als (ver­meintliche) Mus­lime diskri­m­iniert und ange­grif­f­en wer­den, auf eine mus­lim­is­che Iden­tität fest. Ihr ignori­ert, dass ger­ade auch Linke mit einem famil­iären mus­lim­is­chen Back­ground evt. von dieser Geschichte lösen wollen und eben keine Mus­lime mehr sein wollen.
Zum anderen gibt es aus unser­er Sicht ja dur­chaus auch gute Gründe, warum man Men­schen, die eine bes­timmte Form von mus­lim­is­chen Glauben prak­tizieren nicht in linken Räu­men haben will. Genau­so wie man sich ja auch nicht darum bemüht, Leute, die bes­timmte For­men von Chris­ten­tum prak­tizieren in linke Räume zu bekom­men – im Gegenteil.
Die pro­gres­sive Antwort auf die ras­sis­tis­che Diskri­m­inierung die (ver­meintliche) Mus­lime hierzu­lande erfahren, kann aus unser­er Ansicht nicht im Abstellen von Reli­gion­skri­tik und dem tiefen Respekt gegenüber religiösen Prax­en beste­hen, son­dern nur im gemein­samen Kampf für Ver­hält­nisse, in denen die Frei­heit der einzel­nen Per­son die Bedin­gung für die Frei­heit aller ist.
Soweit in aller Kürze unsere Kri­tik. Wir wün­schen Euch einen Kongress voller span­nen­der Debat­ten und freuen uns auf Eure Antwort.
Brigade Pol­di Cool
organ­isiert im Bünd­nis Madstop
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Antifaschismus Law & Order

Potsdam: Prozess gegen Antifaschisten

Viele Men­schen, die sich den Pogi­da-Nazis in den Weg stell­ten, müssen sich nun mit Ermit­tlungsver­fahren und Prozessen auseinan­der­set­zen. Oft wer­den sie wegen ange­blichen Wider­stands gegen Voll­streck­ungs­beamte kriminalisiert.
Wegen dieses Vor­wurfs ste­ht am Mon­tag, den 15. Mai 2017, ein Antifaschist vor dem Amts­gericht Pots­dam. Er soll am 24.02.2016 in Born­st­edt eine Polizeikette durch­laufen haben. Wir erin­nern uns: Damals zog eine große anti­ras­sis­tis­che Demo mit rund 1.000 Teilnehmer*innen Rich­tung Born­st­edt. Die Polizei störte diese Demon­stra­tion immer wieder. Es sollte offen­sichtlich ver­hin­dert wer­den, dass zu viele Leute nach Born­st­edt strömten, um die Nazis aufzuhal­ten. Die Polizei errichtete immer wieder Polizeis­per­ren, um die Nazigeg­n­er aufzuhal­ten. Durch so eine Sperre soll nun der von Repres­sion betrof­fene Antifaschist durchge­laufen sein. Mit Sitzblock­aden und vielfälti­gen Aktio­nen wurde dafür gesorgt, dass Pots­dam heute kein Auf­marschort für Pogi­da mehr ist. Die Polizei hinge­gen ver­suchte oft Proteste in Hör- und Sichtweite der Nazis zu unterbinden. Auch mit Knüp­pel- und Pfef­fer­sprayein­sätzen, oder wie in Born­st­edt, mit Het­z­jag­den und Polizeis­per­ren gegen Demonstrant*innen. In Babels­berg wurde nach ein­er Demo die Kneipe Nowawes durch eine Hun­dertschaft mit Knüp­peln gestürmt. Bei Kleinigkeit­en wur­den Demonstrant*innen in Gewahrsam genom­men und „erken­nungs­di­en­stlich“ behan­delt. Dabei hielt sich die Polizei selb­st nicht an die Geset­ze: im Falle des angeklagten Antifaschis­ten musste im Nach­hinein die Anord­nung zur erken­nungs­di­en­stlichen Behand­lung zurück­ge­zo­gen wer­den, es keine rechtliche Grund­lage dafür gab.
Proteste gegen Aufmärsche wie die von Pogi­da sind nötig: Politiker_innen aller Parteien nah­men im let­zten Jahr die recht­en Aufmärsche zum Anlass, Forderun­gen nach Asyl­rechtsver­schär­fun­gen nachzukom­men statt die Ide­olo­gien der Abschot­tung und des Ras­sis­mus zu bekämpfen. Der Ras­sis­mus der Wut­bürg­er wie auch seine Umset­zung in Poli­tik und Geset­ze hat tödliche Kon­se­quen­zen, an den Gren­zen Europas oder hier in Deutsch­land auf der Straße (allein 3.500 Angriffe auf Geflüchtete im Jahr 2016!). Vor diesem Hin­ter­grund ist es für alle, die nach wie vor an dem Prinzip der uni­ver­salen Men­schen­rechte fes­thal­ten, legit­im, den Weg des Wider­stands gegen die men­schen­feindliche Mei­n­ungs­bil­dung zu gehen. In Pots­dam scheit­erte Pogi­da an den vie­len Hun­derten Men­schen, die die Auf­marschrouten der Nazis block­ierten. In gesellschaftlichen Auseinan­der­set­zung um fun­da­men­tale Prinzip­i­en waren und sind Sitzblock­aden effek­tive Mit­tel, gesellschaftlichen Protest gegen demokratie- und men­schen­feindliche Entwick­lun­gen zu äußern.
So wurde Anfang der 80er in der BRD massen­haft gegen die Sta­tion­ierung von atom­waf­fen­fähi­gen Mit­tel­streck­en­raketen im Sitzstreik inter­ve­niert. Die Sitzblock­aden im Wend­land gegen die Cas­tor­trans­porte erzwan­gen ein Über­denken ein­er Energiepoli­tik, die mit ihrem radioak­tivem Risiko und Müll die Men­schheit bedro­ht. Wider­stand, der den Nazis buch­stäblich die Straße nimmt tritt direkt ihrem Anspruch auf Hege­monie über den öffentlichen Raum ent­ge­gen und set­zt ein wahrnehm­bares Zeichen gegen die gesellschaftliche Akzep­tanz des Ras­sis­mus. Wir sind froh, dass Pogi­da von der Straße ver­drängt wurde. Viele Leute haben monate­lang gegen die Nazis auf der Straße protestiert und block­iert. Nun sollen einige die Zeche dafür zahlen und unsin­nige Ermit­tlun­gen gegen sich aushalten.
Wir lassen sie dabei nicht allein und rufen auf, alle Men­schen, die wegen ihres Wider­standes gegen Pogi­da vor Gericht ste­hen zu unterstützen.
Mon­tag, 15. Mai 2017, 11 Uhr Saal 22 im Amts­gericht Pots­dam (Jäger­allee 10–12)

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Antifaschismus Gender & Sexualität

Herzstück F_Antifa

18342388_292036231249235_7010650312484268417_nINFORIOT Das „F“ ste­ht für Fem­i­nis­mus und ohne diesen kann Antifaschis­mus nicht beste­hen. Und ein Fem­i­nis­mus ohne Antifaschis­mus „läuft nicht“. Dies sind die Leitideen des F_antifa Kon­gress­es, der unter dem Mot­to „Vor jed­er guten Antifa ste­ht ein fettes F!“ vom 12. bis 14. Mai im frei­Land Pots­dam stat­tfind­en soll. In Vor­bere­itung auf das Woch­enende haben wir mit den Organisator*innen des dre­itägi­gen Kon­gress­es gesprochen.
IR: Auf eur­er Web­seite find­et sich eine Menge an Infor­ma­tio­nen zum Kongress und drum herum. Uns würde inter­essieren, was euch dazu bewegt hat, den Kongress zu organ­isieren und warum eure Wahl aus­gerech­net auf die Stadt Pots­dam gefall­en ist.
Trixi: Also erst­mal sind Fem­i­nis­mus und Antifaschis­mus Herzstücke unser­er poli­tis­chen Arbeit. Die Kom­bi F_antifa ist also qua­si PERFEKT.
Charles: In den 90ern gab es schon mal eine Rei­he von F_antifa Kon­gressen, die ist aber irgend­wann abgeris­sen. Der Kongress let­ztes Jahr in Ham­burg wurde im Vor­feld von vie­len als “Instanz” wahrgenom­men und dankbar begrüszt* und auch wir ken­nen uns teil­weise daher. Aus der f_antifaschistischen Moti­va­tion, die wir daraus mitgenom­men haben, ist dann der Wun­sch ent­standen, die The­men und die Ver­net­zung weit­erzu­tra­gen. Und auch Sachen anders zu machen, die wir auf dem Kongress in Ham­burg uncool fan­den. Die Entschei­dung, den Kongress in Pots­dam zu ver­anstal­ten, hat ganz prag­ma­tis­che Gründe: Die Initiator*innen wohnen und leben hier. Ausz­er­dem woll­ten wir es nicht in Berlin oder anderen (linken) Zen­tren wie Ham­burg oder Leipzig machen.
IR: Wie waren denn die anderen Reak­tio­nen auf eure Idee — bun­desweit, vor allem aber in Brandenburg?
Trixi: Wir haben span­nen­der­weise sehr unter­schiedliche Reak­tio­nen beobachtet: Das Feed­back aus Öster­re­ich, der Schweiz und bun­desweit, das wir mit­gekriegt haben, war super pos­i­tiv. Viele Men­schen sind schon ganz aufgeregt und voller Vor­freude. Bran­den­burg kön­nen wir nur schw­er ein­schätzen, da wir nicht über­all hin ver­net­zt sind. Hof­fentlich ändert sich das auf dem Kongress. WO wir ver­net­zt sind, sind wir zum einen auf Begeis­terung gestoßen
— und auch auf tatkräftige Unter­stützung bei Auf­bau, Work­shops und so. Zum anderen auf Skep­sis. Es gibt immer wieder Momente, in denen Leute uns irgendwelche Kom­pe­ten­zen absprechen. Wir fän­den es span­nend, daraus eine offene Diskus­sion zu machen: Wie kom­men wir zu ein­er soli­den kri­tisch-sol­i­darischen Prax­is, um Bran­den­burg ern­sthaft f_antifaschistisch rev­oluzzen zu kön­nen? Da ist noch Platz nach oben. Auch in Pots­dam selb­st waren/ sind die Reak­tio­nen sehr unter­schiedlich. Viele Men­schen freuen sich total und unter­stützen den Kongress hart, ins­ge­samt find­en wir die Reak­tio­nen aber eher mau und ver­hal­ten. Wir haben die Beobach­tung gemacht: Je lokaler, desto kri­tis­ch­er und abcheck­ender wird die Hal­tung, die Aktivist*innen Pro­jek­ten, die sie nicht selb­st ini­ti­iert haben, gegenüber ein­nehmen. Vielle­icht auch, weil mehr per­sön­lich­er Stis­sel im Spiel ist, donno.
Fri­da: Wer übri­gens das F_an­tifa-Plakat an der Busse über­malt hat und dort das “F” vor “Antifa” weggekritzelt hat, melde sich bitte unter fettesf@systemli.org bei uns. Dann krieg­ste aufs Maul!
IR: Das The­ma Fem­i­nis­mus scheint derzeit eine Hochkon­junk­tur zu erleben. Was zu beobacht­en ist. Das ist abso­lut über­wälti­gend und unter­stützenswert. Was erhofft ihr euch von dem Kongress?
Fri­da: Mehr davon! Mehr F_antifa! Mehr Kon­gresse, mehr Ver­net­zung, mehr Grup­pen, mehr Aktio­nen, mehr Selbstverständlichkeiten.
Charles: Wir waren uns schon rel­a­tiv am Anfang der Orga-Phase einig, dass die Stim­mung, die wir uns erhof­fen, von Empow­er­ment und Angriff geprägt sein soll.
Trixi: Ja, wir haben keine Lust auf so’n “Opfer-Kongress”, wo wir uns nur gegen­seit­ig erzählen, wie schlimm und hoff­nungs­los alles ist, und danach alle demo­tiviert und trau­rig und geschwächt nach Hause gehen.
Charles: Das Pro­gramm geht auch recht stark Rich­tung All­t­agsprax­is. Auf dem Kongress wird es mehrere Ple­na mit allen geben, es gibt Raum für Open Spaces, also ins­ge­samt einen gewis­sen DIY­Charak­ter (DIY = do it your­self). Schön wäre es, wenn sich die Teilnehmer*innen gegen­seit­ig Skills und Wis­sen für ihre weit­ere politsche Arbeit mit­geben kön­nen: So, dass Antifas fem­i­nis­tis­ch­er und Feminist*innen antifaschis­tis­ch­er werden.
IR: Bere­its let­ztes Jahr fand in Ham­burg ein ähn­lich­er F_antifa Kongress statt. Über­schat­tet wurde das Woch­enende jedoch von struk­turellen Prob­le­men der Antifa-Szene. Vor allem nicht-weiße Aktivist*innen fan­den sich auf dem Kongress nicht aus­re­ichend geschützt und gehört. Wie kön­nen wir von den Ereignis­sen aus Ham­burg ler­nen und wie sieht eur­er Strate­gie auf dem Kongress aus, um nicht die gle­ichen Fehler zu wiederholen?
Trixi: Einige von uns (weisze Per­so­n­en) waren in Ham­burg. Wir haben dort viel gel­ernt. Danke, dass F_antifas of Colour sich den Stress gemacht haben, zu inter­ve­nieren, Kri­tik offen zu äusz­ern, und durchzu­fight­en, dass es die Reflek­tion zu sys­tem­a­tis­chem und struk­turellem Ras­sis­mus in der Antifa/in fem­i­nis­tis­chen Com­mu­ni­ties gibt. Es ist natür­lich jet­zt etwas doof, das aus unser­er Posi­tion so zu sagen, weil erst­mal ja wieder Leute ver­let­zt wer­den mussten, damit weisze Aktivist*innen was ler­nen — aber die Diskus­sion in Ham­burg hat uns etwas beige­bracht. Und jet­zt sind wir trotz­dem gar nicht gefeit davor, ähn­liche Fehler zu machen, weil wir sind auch ein grösz­ten­teils weiszes Orgateam und uns begeg­nen immer wieder ras­sis­tis­che Denkmuster in unseren Köpfen und ras­sis­tis­che Hand­lungs­ge­wohn­heit­en. So intu­itive NICHT-Sol­i­dar­itäten und Maßstab­sver­schiebun­gen. Was wir ver­sucht haben, umzuset­zen: Es gibt einen Safer Space für PoC auf dem Kongress. Es hat mehrere antirassistische/intersektionale Work­shops, darunter auch “Antiracism and Antifas­cism” desi­gend für weisz-sozial­isierte Teilnehmer*innen. Wir haben die zutr­e­f­fende Kri­tik bekom­men, dass unser Pro­gramm zwar “Crit­i­cal White” ist, aber wir damit wieder nur Work­shops, in denen weisze Leute etwas ler­nen kön­nen, anbi­eten. Jet­zt haben sich noch Per­so­n­en gemeldet, die groszar­tiger­weise einen Work­shop zum Demon­tieren von inter­nal­isiertem Ras­sis­mus für PoC only machen bzw. über­legen eine Ver­net­zungsphase für FLTI of Colour only anzus­tiften. Ausz­er­dem haben wir ein­mal pro Tag Plenum für alle, um Unwohl­sein aufz­u­fan­gen. Und dann hof­fen wir auf eine solide Inter­ven­tion­skul­tur, wie in Ham­burg. Unser Claim am Anfang war: „Wir wollen NEUE Fehler machen. Wenn wir das schaf­fen, sind wir auf nem guten Weg.“
IR: Auf eur­er Home­page resümiert ihr, dass ihr es als eine Notwendigkeit erachtet „Sex­is­mus in der Antifa weit­er­hin offen­siv anzuge­hen“. Welche konkreten Maß­nah­men wollt ihr auf den Kongress ergreifen, um beispiel­sweise Dom­i­nanzver­hal­ten von „mack­ern­den Cis-Typen“ entgegenzuwirken?
Trixi: Wir wet­zen schon mal die Mess­er. Und es gibt Selbstverteidigungsworkshops.
Fri­da: Ern­sthaft: Wir wer­den ver­suchen, in dem Ein­führungsvor­trag eine Analyse anzu­bi­eten wie Mackrigkeit/Patriachat funk­tion­iert und eine lebendi­ge Inter­ven­tion­skul­tur vorzuschla­gen. Dann bauen wir auf Sol­i­dar­ität und poli­tis­che Erfahrung von teil­nehmenden F*antifas. Zudem sind einige Work­shops FLTI only, da wer­den Cis-Typen gar nicht erst rein­ge­lassen. Um Dom­i­nanzver­hal­ten langfristig ent­ge­gen zu wirken wer­den Work­shops zu Kri­tis­che Männlichkeit, zu Kon­sens, zu Reak­tion­s­möglichkeit­en auf sex­is­tis­che Machtscheisz… ange­boten. Und vielle­icht kann ja die eine oder andere im Work­shop „Mack­er weg­mod­erieren“ noch was dazu lernen. (;
IR: Nach und nach wird auf eur­er Home­page das Pro­gramm veröf­fentlicht und es scheint ein vielver­sprechen­des Woch­enende zu wer­den. Was sind eure per­sön­lichen High­lights, auf die ihr euch sehr freut und welchen Teil des Pro­gramms würdet ihr Aktivist*innen beson­ders ans Herz legen?
Charles: Naja jet­zt auf jeden Fall „Self care als F*antifaschistin“. Knapp am burn-out, oida.
Trixi: Wer Plenum macht wird umgebracht!!!
Fri­da: Prokrasti­na­tion bis zur Rev­o­lu­tion! Natür­lich liegt uns alles am Herzen, logo. Unser pro­gram­ma­tis­ch­er Aus­gangspunkt war: Wir machen das auf dem Kongress, worauf wir selb­st Bock haben. So ganz per­sön­lich hab ich richtig Lust klas­sis­che Antifa-Skills im Recherche Work­shop zu ler­nen. Und wir freuen uns auch riesig auf den geilen Scheisz der in den Open Spaces entste­hen wird. Also bringt mit, was immer ihr mit anderen Men­schen teilen wollt, ini­ti­iert Gespräch­skreise oder worauf ihr son­st so Bock habt. Wir sind ausz­er­dem sehr hap­py, dass wir tolle Men­schen gewin­nen kon­nten, bzw. Men­schen auf uns zuka­men, die einen “Braver space für Men­schen mit jüdis­ch­er Geschichte”, “Selb­stvertei­di­gungstrain­ing vom Rol­li aus” sowie “Col­lec­tive Heal­ing from Opres­sion (PoC only)”
anbieten.
Trixi: Ich bin schon richtig heiß auf “Basis­demokratis­che Gew­erkschaft­sar­beit als antifaschis­tis­che Per­spek­tive” von der FAU Dres­den und hof­fentlich eine Diskus­sion darüber, wie men­sch Gew­erkschaft­sar­beit fem­i­nis­tis­ch­er rock­en kann. Ich steh grad auf Struk­tur und Organ­iserung und radikale Gesamtscheisze-umwälzen-Ansätze.
Charles: Ich werde mir auf jeden Fall “How open are my polit­cal struc­tures for refugee women” von Women in exile and friends gön­nen und ein biss­chen Ökonomiekri­tik darf auch nicht fehlen. Beson­ders freuen wir uns auch über unser fettesf Polit-Kul­tur­pro­gramm, da gibt es z.B. eine Tanz-Per­for­mance zu Kör­per­nor­men in der NS-Zeit, einen queeren Kurz­filmabend und eine Vor­führungein­er Rom­n­ja JugendThe­ater­gruppe aus Berlin.
Fri­da: Wir sind selb­st sau-ges­pan­nt, was dann let­z­tendlich auf dem Woch­enende passiert und wie es Leuten geht und was daraus entste­ht. So Groszpro­jek­te sind ja immer auch ein biss­chen verun­sich­ernd. Unterm Strich wird’s FETT.
Vie­len Dank für das Interview!
Mehr Infos zu dem Kongress find­et ihr unter: http://fettesf.blogsport.eu/
*Anmerkung der Redak­tion: Die “sz” Schreib­weise entspricht der Schreib­weise, die sich die Inter­viewten Per­so­n­en aus­ge­sucht hat­ten und wird im Orig­i­nal übernommen.

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Antifaschismus

Guck mal, wer da rumsteht

Cottbusser Neonazihools bei Spiel in Babelsberg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pascal Hohm und Robert Timm
Cot­tbusser Neon­az­i­hools bei Spiel in Babels­berg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pas­cal Hohm und Robert Timm. Foto: Jüdis­ches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus.

INFORIOT Über die jüng­sten anti­semi­tis­chen und neon­azis­tis­chen Krawalle beim Fußball­spiel von Energie Cot­tbus bei Babels­berg 03 in Pots­dam ist schon einiges berichtet wor­den, aber sicher­lich noch nicht genug. Hier soll ein Detail nachge­tra­gen werden.
Cottbusser Neonazihools bei Spiel in Babelsberg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pascal Hohm und Robert Timm
Cot­tbusser Neon­az­i­hools bei Spiel in Babels­berg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pas­cal Hohm und Robert Timm. Foto: Jüdis­ches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus.

Im Cot­tbusser Gäste­block beim Spiel am ver­gan­genen Fre­itag (28. April) standen zwei namentlich bekan­nte recht­sradikale Aktivis­ten, die sich son­st darum bemühen, öffentlich nicht in der Nähe von Neon­azis posi­tion­iert zu sein. Einige am Sam­stag aufgenommene und hier doku­men­tierte Fotos zeigen Jean-Pas­cal Hohm und Robert Timm in unmit­tel­bar­er Nähe der ver­mummten Cot­tbusser Neon­azi-Hooli­gans. Aus just diesem Block erfol­gten die anti­semi­tis­chen und neon­azis­tis­chen Het­z­parolen sowie der Ver­such des Spielfeld zu stürmen.
Robert Timm bei “Identitären”-Demonstration im Juni 2016 in Berlin

Robert Timm fungiert seit einiger Zeit als Sprech­er der “Iden­titären Bewe­gung” in Berlin und Bran­den­burg. Timm stammt aus Berlin und ist für ein Architek­turstudi­um nach Cot­tbus gezo­gen. Offen­bar hat er dort auch eine Lei­den­schaft für Fußball neu- oder wieder­ent­deckt. Aus der neon­azis­tis­chen Fußball­fan­szene in Cot­tbus wer­den seit eini­gen Monat­en auch “Identitären”-Parolen wie “Defend Europe” aufge­grif­f­en und zu “Defend Cot­tbus” abge­wan­delt. Die “Iden­titären” behaupten von sich, keine Berührungspunk­te zum Neon­azis­mus zu haben.
So präsen­tiert sich Robert Timm bei Insta­gram (Screen­shot)

 Jean-Pascal Hohm bei "Identitären"-Demonstration im Juni 2016 in Berlin
Jean-Pas­cal Hohm bei “Identitären”-Demonstration im Juni 2016 in Berlin

Jean-Pas­cal Hohm hinge­gen ist Aktivist der AfD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion “Junge Alter­na­tive” (JA) im Land Bran­den­burg. Zeitweilig war er der Lan­desvor­sitzende der JA. Zurzeit wird er auf der Ver­band­shome­page als Beisitzer im Lan­desvor­stand aufge­führt, gle­ichzeit­ig ist er Beisitzer im Kreisvor­stand der AfD in Tel­tow-Fläming. Auf der Web­seite der Land­tags­frak­tion der AfD Bran­den­burg wird er als Mitar­beit­er des Ver­anstal­tungsref­er­enten gelis­tet. Nicht zulet­zt war Hohm Mitor­gan­isator zahlre­ich­er flüchtlings­feindlich­er Demon­stra­tio­nen im Land Brandenburg.
So präsentiert sich Jean-Pascal Hohm bei Facebook (Screenshot)
So präsen­tiert sich Jean-Pas­cal Hohm bei Face­book (Screen­shot)

So nah, wie Timm und Hohm räum­lich im Gäste­block beieinan­der ste­hen, darf man ver­muten, das die bei­den das Spiel gemein­sam besucht haben oder sich zumin­d­est dort getrof­fen haben. Öffentlich behauptet die “Junge Alter­na­tive” genau wie ihre Mut­ter­partei, keine Zusam­me­nar­beit mit der vom Ver­fas­sungss­chutz beobachteten “Iden­titären Bewe­gung” zu betreiben. Tat­säch­lich find­et auf vie­len Ebe­nen ein Aus­tausch und ein Zusam­men­wirken statt. Hohm selb­st war schon Teil­nehmer bei “Identitären”-Aktionen und präsen­tierte sich auf Face­book in T‑Shirts dieser Organisation.
Cottbusser Neonazihools bei Spiel in Babelsberg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pascal Hohm und Robert Timm
Cot­tbusser Neon­az­i­hools bei Spiel in Babels­berg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pas­cal Hohm und Robert Timm. Foto: Jüdis­ches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus.

Beim “Jüdis­chen Forum für Demokratie und gegen Anti­semitismus” sind weit­ere Bilder und ein Video zum The­ma zu find­en. Weit­ere Fotos gibt es unter anderem hier.
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