Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Woidke,
sehr geehrter Herr stellvertretender Ministerpräsident Görke,
voraussichtlich am 17. Juni 2016 steht im Bundesrat die Zustimmung zum Gesetz über die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als «sichere Herkunftsstaaten» (Bundestagsdrucksache 18/8039) im Sinne des § 29a AsylG auf der Tagesordnung. Wir richten den dringenden Appell an Sie, mit den vier Stimmen des Landes Brandenburg der erneuten Ausweitung der Liste der «sicheren Herkunftsstaaten» die Zustimmung zu verweigern. Diese Einstufung eines Staates hat für Asylsuchende aus diesen Ländern gravierende Konsequenzen.
Ursprünglich sah das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten» lediglich vor, dass von vornherein angenommen wurde, dass Asylanträge von Personen aus diesen Staaten prinzipiell unbegründet seien und dass dies im Einzelfall von den Betroffenen widerlegt werden müsse. Diese Grundannahme führte in vielen Fällen dazu, dass Asylverfahren oft nach nur oberflächlicher Prüfung sehr schnell als «offensichtlich unbegründet» abgelehnt wurden.
Doch neben diesen gravierenden Einschränkungen im Asylrecht wurde auch das Aufenthaltsrecht in den letzten Monaten um viele weitere Vorschriften ergänzt, die dazu führen, dass Personen aus als «sicher» bezeichneten Staaten hier einer ganzen Reihe von zusätzlichen Sanktionen und Ausgrenzungen ausgesetzt sind:
Asylsuchende aus «sicheren Herkunftsstaaten» müssen für die gesamte Dauer des Asylverfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben und nach einer Ablehnung auch bis zur Ausreise – das heißt, eine Verteilung in die Landkreise und die kreisfreien Städte findet nicht mehr statt. Dadurch soll verhindert werden, dass sie sich hier integrieren können, denn dies wird als Hindernis für eine reibungslose Abschiebung angesehen. Als Nebeneffekt bedeutet dies auch, dass sie für den gesamten Zeitraum des Aufenthalts in der Bundesrepublik einer Sachleistungsverpflegung unterliegen, da in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Großteil der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf diese Weise geleistet wird.
Auch bleibt die Residenzpflicht, die in den letzten Jahren stark an Bedeutung verloren hatte und für andere Asylsuchende nur noch in den ersten drei Monaten besteht, für diese Gruppe weiterhin zeitlich unbegrenzt in Kraft. Zusätzlich zu der allgemeinen Strafbewehrung von bis zu einem Jahr Gefängnis oder Geldstrafe sieht das Gesetz seit dem Asylpaket II vor, dass auch ein simpler Residenzpflichtverstoß dazu führen kann, das das Asylverfahren ganz ohne inhaltliche Prüfung eingestellt wird, wenn Betroffene in einer «besonderen Aufnahmeeinrichtung» untergebracht sind. Die Möglichkeit, solche «besonderen Aufnahmeeinrichtungen» zu schaffen, wurde den Ländern ebenfalls durch das Asylpaket II eingeräumt.
Schlussendlich kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schon direkt bei der Ablehnung eines Asylantrags ein Wiedereinreiseverbot aussprechen, eine Sanktion, die ansonsten nur im Fall einer Abschiebung oder Ausweisung erfolgt, nicht jedoch durch die simple Tatsache, dass jemand im Asylverfahren abgelehnt wurde. Sämtliche hier angesprochenen Sanktionen und Ausgrenzungsmechanismen sind seit dem Sommer 2015 oder später in das Gesetz aufgenommen worden, also seit es die Diskussion über die Einstufung der Staaten des West-Balkans als «sichere Herkunftsstaaten» gab. Damals wurde die Büchse der Pandora geöffnet, jetzt gilt es, zumindest den menschenrechtlichen und integrationspolitischen Schaden nicht noch größer werden zu lassen.
Doch auch abgesehen von prinzipiellen Erwägungen in Bezug auf das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten» steht die Menschenrechtslage in allen drei Staaten einer Einstufung als «sichere Herkunftsstaaten» diametral entgegen. Amnesty International führt in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Algerien, Marokko und Tunesien aus, warum Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Misshandlungen, aber auch der fehlende Schutz vor sexualisierter Gewalt und das Verbot gleichgeschlechtlicher Sexualkontakte eklatant gegen die Einstufung als «sicherer Herkunftsstaat» sprechen (vgl. http://www.amnesty.de/files/Amnesty-Stellungsnahme-Innenausschuss-April2016.pdf).
Aber auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung selbst weist auf erhebliche Defizite im Justizsystem hin:
In Bezug auf Algerien heißt es dort etwa: «Die Rechte der Beschuldigten im Prozess werden nicht immer beachtet. Die Gerichte üben in der Regel keine wirksame Kontrolle staatlichen Handelns aus. Die in der Verfassung garantierte Unabhängigkeit von Gerichten und Richtern ist in der Praxis nicht immer gewährleistet. Geltende Gesetze und Vorschriften werden nicht immer einheitlich und flächendeckend angewandt. (…) Den Bürgerinnen und Bürgern fehlt nach wie vor das Vertrauen in die Justiz, sie sehen vor allem in politisch relevanten Strafverfahren Handlungsbedarf. Nach belastbarer Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen und Journalisten nimmt die Exekutive in solchen Fällen unmittelbar Einfluss auf die Entscheidungen des Gerichts» (BT-DS 18/8039 , S. 10). Zu Tunesien spricht der Gesetzentwurf selbst von extralegalen Tötungen in Haft und Fällen von Folter: «Tunesische und internationale Medien sowie spezialisierte Nichtregierungsorganisationen, wie die Organisation Mondiale contre la Torture (OMCT) oder die Organisation contra la Torture en Tunisie (OCTT), berichten kontinuierlich über Einzelfälle von Folter, insbesondere in der Polizeihaft, unmenschliche Behandlung in den Haftanstalten, die nicht europäischen Standards entsprechen, sowie Bestrebungen, rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einzuleiten. Bislang sei es jedoch in keinem einzigen Fall gelungen, eine Verurteilung von Amtspersonen oder ehemaligen Amtspersonen wegen Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung zu erreichen» (BT-DS 18/8039, S. 15).
Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates für das Land Brandenburg, schon aus dem Gesetzentwurf selbst geht also hervor, dass sich die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als «sichere Herkunftsstaaten» nicht rechtfertigen lässt. Das Bundesverfassungsgericht hat für eine solche Einstufung gemäß § 29 a AsylG hohe Hürden errichtet: «Für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat muss Sicherheit vor politischer Verfolgung landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen bestehen» (BVerfGE 94, 115). Das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten» darf nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht angewandt werden, «wenn ein Staat bei genereller Betrachtung überhaupt zu politischer Verfolgung greift, sei diese auch (zur Zeit) auf eine oder einige Personen- oder Bevölkerungsgruppen begrenzt. Tut er dies, erscheint auch für die übrige Bevölkerung nicht mehr generell gewährleistet, dass sie nicht auch Opfer asylrechtlich erheblicher Maßnahmen wird» (BverfGE 94, 115, Rn. 71). Werden die Kriterien des BVerfG auf die Menschenrechtssituation in Algerien, Marokko und Tunesien angewandt, so führt insbesondere die Verfolgung Homosexueller in allen drei Staaten dazu, dass die Staaten nicht in die Liste der «sicheren Herkunftsstaaten» gem. § 29a AsylG aufgenommen werden dürfen.
Wir appellieren daher – auch im Namen der vielen Haupt- und Ehrenamtlichen, der Flüchtlingsinitiativen und Beratungsstellen – an Sie, den Flüchtlingsschutz nicht weiter auszuhöhlen und der Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als «sichere Herkunftsstaaten» aus verfassungsrechtlichen Gründen Ihre Zustimmung zu verweigern.
Mit freundlichen Grüßen
Flüchtlingsrat Brandenburg
Kategorie: Antifaschismus
Frankfurt (Oder) — Am Samstag findet in Frankfurt (Oder) der “Zukunftsdialog” statt. Dieses Veranstaltungsformat macht in verschiedenen Brandenburger Städten und Gemeinden Station und soll den Dialog zwischen landespolitischen Expert_innen, Bürger_innen und Multiplikator_innen zu den Themen Flüchtlinge, Integration und rechter Gewalt stärken.
Eingeladen ist unter anderem stets — und so auch am Samstag in Frankfurt — der Brandenburgische Verfassungsschutz (VS). Er sprich, in Gestalt des Referenten Sebastian Haase, als Experte zum Thema “Rechtsextremismus in Brandenburg / Frankfurt (Oder)”.
Schaut man sich die Expertise des Verfassungsschutzes an, fallen allerdings mehrere Aspekte auf, die an der Kompetenz des staatlichen Geheimdienstes zweifeln lässt:
— Der VS verfolgt einen extremismustheoretischen Ansatz bei seiner Analyse gesellschaftsgefährdender Aktivitäten. Das bedeutet, dass für ihn eine demokratische “Mitte” der Gesellschaft existiert, an dessen linken und rechten (und islamistischen) Rändern sich die demokratiefeindlichen “Extreme” befinden sollen. Diese Ränder werden beobachtet, und Informationen ggf. an Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Das Problem ist nur: Was macht der VS eigentlich mit den ganzen Rassist_innen, die seit einiger Zeit wie Pilze aus dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung schießen? Die “Mitte” radikalisiert sich mehr und mehr hinsichtlich menschenverachtender Einstellungen, während der VS verzweifelt versucht, sie als Vorzeigedemokrat_innen zu charakterisieren. Derweilen werden linke Akteure weiterhin diffamiert, weil sie als Bedrohung für die Gesellschaft gelten.
— Die jährlichen Publikationen des VS sind in der Regel Zusammenstellungen bereits veröffentlichter Analysen zum Thema “Rechtsextremismus”. Der VS greift also auf Schriften zurück, die von lokalen Akteuren, oft in ehrenamtlicher Arbeit, erstellt wurden. Soweit, so einfach gemacht. Quellen werden meist nicht angegeben. Es stellt sich die Frage, worin denn dann die Expertise des VS im Bereich “Rechtsextremismus” besteht, wenn er sowieso überwiegend auf bereits vorhandenes Material zurückgreift. (Anscheinend gibt es gerade sehr viel abzuschreiben, denn für 2015 ist immer noch kein VS-Bericht erschienen.)
— Der Brandenburger VS steht momentan in massiver Kritik aufgrund seiner zweifelhaften Rolle im Umgang mit der Neonazi-Organisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Im momentan in München stattfindenden Gerichtsverfahren äußern Nebenkläger_innen die Vermutung, dass es eine Mitverantwortung des brandenburgischen VS für die Nichtergreifung der drei Haupttäter_innen des NSU gibt.
Das klingt nicht besonders kompetent, geschweige denn vertrauenserweckend.
Obwohl Menschenwürde und Gleichberechtigung zentrale Werte der Verfassung sind, hat der Verfassungsschutz immer wieder gezeigt, dass er in Angriffen auf diese Werte zunächst keine Angriffe auf die Demokratie erblickt. So kann man als AfD-Mitglied mit der Idee vom Schusswaffengebrauch an der Grenze gegen Flüchtlinge auf Stimmenfang gehen oder bei PEGIDA Flüchtlinge mit herabwürdigender Rhetorik entmenschlichen – die Verfassungsschutzämter interessieren sich erst dann für Rassismus, sobald sie den Verdacht auf ein zusätzliches, ominöses „extremistisches“ (d.h. die sog. freiheitlich-demokratische Grundordnung im Ganzen überwinden wollendes) Element haben. In der Gesellschaft grassierende menschenverachtende Ungleichheitsideologien und die daraus resultierenden sehr realen Gefahren für Leib und Leben ganz besonders der Flüchtlinge werden auf diese Weise systematisch verharmlost.
Utopia e.V.
Frankfurt (Oder), den 09.06.2016
INFORIOT – Der Sommer steht vor der Tür. Höchste Zeit den Kalender zu zücken und zu gucken, wo am besten entspannt werden kann. Denn Sommerzeit ist Festivalzeit! Ob an den See, in den Wald, dem Acker oder ähnliches. Jenseits der Lohnarbeit, Schule oder Uni finden sich in Brandenburg eine Fülle von subkulturellen Events zum gepflegten entspannen und faulenzen. Wie auch im letzten Jahr informiert Inforiot euch, wo welche Festivals mit linkem und alternativen Anspruch in der Mark stattfinden im Sommer 2016.
In einem groben Überblick wollen wir euch einige Oasen jenseits des kommerziellen Terrors und durch kapitalisierten Großevent-Mainstreams in Brandenburg vorstellen. Wir wollen euch vor allem auf kleinere und größere Events hinweisen, die einerseits ein alternatives Selbstverständnis besitzen und andererseits einen D.I.Y.-Charakter pflegen.*
07.07.–11.07. Feel Festival
Das Feel Festival ist eine musikalische und kulturelle Parallelwelt jenseits des täglichen Trubels und der Sorgen. Wer dem wilden Treiben auf dem Gelände folgt, kann sich zwischen tanzenden Füßen nicht nur in bunte Nischen und Ecken voller visueller sowie künstlerischer Verzauberung treiben lassen, sondern auch verschiedenste Orte für Interaktion und Diskurs entdecken. Worshops, Lesungen, Kunst&Kultur und mehr erwartet euch vom 7.–11. Juli am Bergheider See bei Lichterfeld. Leider ist das Feel Festival ausverkauft! ABER: es gibt noch eine Chance an Karten ranzukommen. Schöner Leben ohne Nazis verlost 2x2 Freikarten! Einfach bis zum 19. Juni eine Nachricht an ihre Facebookseite schicken und Daumen drücken. Zur Festivalseite: http://feel-festival.de/
08.07.–09.07. Ultrash Festival
Das Ultrash ist ein Festival der besonderen Art und geht dieses Jahr in die 10. Runde. Ein politisches Festival auf dem FreiLand Potsdam für Skins, Punks, Ultras und andere antifaschistische Gegenkulturen. Die Wortschöpfung lässt schon darauf schliessen, dass sich hinter dem zweitägigen Festival eine Kooperation von Ultrá (Babelsberg) und RASH (Red and Anarchist Skinheads Berlin/Brandenburg) verbirgt. Laut den Veranstalter_innen will das Festival auf die Aktivitäten der Gruppen „hinweisen und aufzeigen, dass “Ultras” und “Skinheads” eben nicht nur rechtsradikale Schlägerbanden oder alkoholisierte Pöbelmobs sind.“ Zur Festivalseite: http://ultrash.blogsport.eu/
15.07.–18.07. Antaris Projekt
Das Antaris findet zum 22. Mal auf den Flugplatz Otto-Lilienthal bei Rathenow statt und versteht sich selbst als ein Projekt und steht gegen Krieg, für Freundschaft, Frieden und Freiheit. Das Antaris bietet eine musikalische Reise in eine psychodelische Welt auf zwei Floors mit einer unverwechselbaren Deko und Lichtschow. Das Motto dieses Jahr: Wasser ist Leben. Erfreut euch an Highlight Tribe, fluffigen Proggy und Dark Prog. Außerdem heißt bei der Techno-Electro-Night der berühmt berüchtigte DR. MOTTE die Meute ein. Außerdem Chill Out, Yoga und vieles mehr. Zur Festivalseite: http://www.antaris-project.de/
15.07.–18.07. Stuss am Fluss
Auf ihrer Seite schreibt sich das Stuss am Fluss folgendermaßen: “Das Stuss am Fluss- Open Air fand erstmals 2014 unter dem Namen Mucheze (Abkürzung für die drei Cottbuser Vereine Muggefug, Chekov, Zelle) statt. Damals ging es uns darum, den zwanzigsten Geburtstag dieser Vereine zusammen auf dem Gelände des Strombads in Cottbus zu feiern. Die Gäste waren damals ebenso begeistert, wie auch alle Vereine und Beteiligten dieser Veranstaltung. Also ging es im September 2015 weiter. Dieses Mal unter dem Namen „Stuss am Fluss“ Warum? Weil wir es können… Das Strombad in Cottbus liegt direkt an der Spree und ist einfach prädestiniert für ein Festival wie dieses.-Daher der Name. Hier soll alles aufeinander treffen, wir wollen und werden wieder einmal eine einzigartige Atmosphäre schaffen, zumindest was Kunst und Kultur betrifft. Das Festival ist für seine Besucher_innen kostenlos. Daher sind die Organisator_innen an Spnenden angewiesen. Unterstützt auch ihr das Vorhaben mit einer kleinen Spende beim Crowdfunding , damit dieses wichtige kulturelle Projekt in der Lausitz dieses Jahr stattfinden kann. Zur Webseite: https://stussamfluss2016.wordpress.com/
23.07. Laut und Bunt Festival Rathenow
Bereits zum 8. Mai findet am 23. Juli im Optikpark Rathenow das „Laut und Bunt Festival“ für Toleranz und Weltoffenheit statt. Freut euch auf eine rockiges Event, einen bunten Funken, der in der Stadt in Hinblick auf rassistische Mobilisierung der letzten Monate bitter nötig ist. U.a. spielen auf dem Laut und Bunt Festival die Band RADIO HAVANNA. Zur Eventseite: https://www.facebook.com/events/503938983147848/
05.–07.08. Resist to Exist Festival
In Oberhavel ist der Punk los. Denn das größte deutsche D.I.Y.-Festival Resist to Exist zieht von Berlin-Marzahn erstmals nach Brandenburg, genauer gesagt auf den Acker in Kremmen. Drei Tage, 40 Bands, Punk, Ska, Hardcore, Workshops, Stände, Kino, Karaoke und ganz viel Bier. Was will mensch mehr? Das Resist to Exist ist ein 100%-iges non-profit Festival und war ein subkulturelles Highlight im Berliner Randbezirk. Nun kommt es nach Brandenburg. Wir finden, das Resist passt hier wunderbar rein! Zur Festivalseite: http://www.resisttoexist.de/
22.07.–24.07. Streetopia Festival
Das Streetopia Festival Streetart will im weitesten Sinne mit Musik verknüpfen, feiert, freie Räume zum socializen schaffen, Ausstellungen zum über den Tellerrand gucken bieten und einen bewussten und kritischen Umgang mit Lebensrealitäten pflegen und vermitteln. Subkulturen, die alle die Straße als einen Ort der Kunst und des Zusammenseins nutzen, möchten die Organisator_innen eine Bühne und die Möglichkeit einer freien Entfaltung bieten; dies unter dem “Dach” des freiLand Potsdam und unter dessen antisexistischen, antihomophoben und antirassistischen Bedingungen, die sie vollstens unterstützen. Graffiti, Music, Beats, Rap, Bass, Dance, Drinks, Food, Chill, Love – freier Eintritt vom 22. bis 24. Juni. Zudem ein Highligh des Wochenendes: die Premiere des Dokumentationsfilms „Girl Power“ über die Untergrundszene der internationalen weiblichen Sprayer_innen. Link zur Veranstaltung: https://www.facebook.com/events/833309336801428/?fref=ts
23.07.–24.07. Nation of Gondwana
Die Nation of Gondwana bei einem See bei Grünfeld begrüßt jährlich seine Besucher_innen zum semifiktiven Parallelwelttourismus. Seit 1995 findet das alternative Freiluftfestival für elektronische Musik im Berliner Umland statt. Ursprünglich als Alternative zur Loveparade gedacht ist die Nation of Gondwana eine familiäre Veranstaltung, an der jährlich bis zu 8.000 leibestolle Menschen teilnehmen. Ein großer Sympathiepunkt: Das Festival duldet keinen Rassismus, Sexismus, Homophobie und jede andere Form von Diskriminierung. So steht es zumindest ganz groß auf ihrer Seite: http://www.pyonen.de/info.html
05.–06.08. Jenseits von Millionen
Das Jenseits von Millionen Benefizfestival ist ein alljährliches Wiedersehen am ersten Augustwochenende auf der Burg in Friedland in der Niederlausitz. Eine Wahlverwandtschaft im zwölften Jahr, die die Organisator_innen liebend gerne pflegen, und ein Fest aus guten Gründen. Auch in diesem Jahr begleitet das Jenseits von Millionen das Muzanga Education Project der Kinderhilfsorganisation Raise a Smile e.V. im ländlichen Osten Sambias mit 2€ jedes verkauften Festivaltickets und allem Geld, das nach Abzug der Festivalkosten auf der Haben-Seite steht. Ein weiteres Plus: „Rassistische, fremdenfeindliche, sexistische, homophobe oder antisemitische sowie andere mit der rechtsradikalen oder deutschnationalistischen Szene in Verbindung stehende Äußerungen und Zeichen werden in keiner Weise auf Zeltplatz und Festivalgelände geduldet.“, so steht es in der Hausordnung. Zur Festivalseite: http://jenseitsvonmillionen.de/
12.08.–13.08. Frierock Festival
Im Havelland gibt es keine alternative Musikszene? Von wegen! Die kleine Fliegerstadt Friesack im nordwestlichen Brandenburg zeigt einmal jährlich, was das Havelland so zu bieten hat. Wenn das Frierock-Festival wieder vom 7. bis 8. August 2015 hunderte Rockwillige in die Region treibt, ist es vorbei mit der Romantikkulisse an den steilen Hängen der urigen Freilichtbühne.Das alternative und unkommerzielle Festival stellt seit nun schon 17 Jahren eine grandiose Mischung regionaler und überregionaler Bands aus verschiedensten Musikstilen zusammen Mit viel Liebe zum Detail und einem traditionellem Gespür für echte Geheimtipps schafft es das Frierock-Festival die alternative Flamme des Havellandes am lodern zu halten. Faire Preise und eine einzigartig familiäre Atmosphäre runden das Frierock-Festival ab und sorgen für dessen Beliebtheit. Zur Festivalseite: http://www.frierock-festival.de/festival.html
12.08.–13.03. OBOA Festival
Mitte August 1998 fand zum ersten Mal das OBOA – Oderbruch-Open Air statt. Seitdem veranstaltet der Verein Break Tribe Music e.V. dieses kleine, unkommerziele, Umsonst & Draussen Festival regelmäßig. In jedem Jahr treffen sich Besucher_innen von beiden Seiten der Oder ein Wochenende lang zu kulturellem Austausch und musikalischem Erlebnis im Fort Gorgast, östlich von Berlin. Das Festival wird ausschließlich im ehrenamtlichen Engagement durchgeführt. Für den Besuch des Festivals wird kein Eintritt erhoben. Nach einer kreativen Schaffenspause meldete sich das OBOA wieder zu Wort, denn dieses Jahr soll es ein Revival des beliebten Festivals geben. Zur Festivalseite: http://www.oboa.de/wordpress/
12.08.–15.08. Die Wilde Möhre Festival
„Hören, Sehen, Fühlen“ — Lasst eure Sinne auf dem Wilde Möhre Festival bei Drebkau erblühen. Das Wilden Möhre Festivals, ein Traum einer kleinen Gruppe von Menschen, „die gerne etwas bewegen wollen“. Elektronische Musik, Kunst und Workshops werden unter der Wilden Möhre zu einem bunten Programm vereint. Workshops, Lesungen, Vorträge und Performances werden eure Gedanken und Singer-Songwriter, Bands und DJs eure Füße zum Tanzen bringen, so sagen es die Veranstalter_innen auf ihrer Webseite: https://wildemoehrefestival.de/Die Wilde Möhre steht für ein friedliches Miteinander, Rücksichtnahme und Toleranz. Insofern hat für die Organisator_innen Gewalt, Waffen, Nazis, Homophobie und Rassismus auf dem Festival nichts zu suchen und Gäste, die in dieser Hinsicht auffällig werden, des Geländes verweisen werden. Für Nazis ist auch Ende Gelände, denn sie erhalten keinen Einlass.
26.08.–27.08. alínæ lumr Festival
Das alínæ lumr findet vom 26. bis 28. August 2016 statt und wartet mit einem sorgfältig kuratierten Musikprogramm, kulturellen Workshops, Ausstellungen sowie einem Spazierpfad durch die charmante Altstadt Storkow auf euch. Bespielt werden nicht nur die Bühnen: Auf der Burg, am Marktplatz, den Hinterhöfen, leer stehenden Läden und der Altstadtkirche werden temporäre Konzertlocations, Bars und Tanzlokale installiert. Das alínæ lumr will die Stadt Storkow öffnen und Orte des Zusammenkommens schaffen, auch um ein klares Zeichen für positiven Austausch und die Willkommenskultur der Region zu setzen. Zur Festivalseite: http://alinaelumr.de/
*Die Auflistung wird sicherlich nicht vollständig sein. Über Ergänzungen freuen wir uns allemal.
Der Verein Opferperspektive bemängelt vor der anstehenden Landtagsdebatte zu den Geschehnissen rund um die Proteste gegen
Vattenfall am Pfingstwochenende, dass massive rechte Angriffe bisher völlig ausgeblendet werden. Die Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt befürchtet, dass ein solches Vorgehen dazu führt, die bereits etablierte rechte Szene in der Region Spree-Neiße weiter in ihrer Militanz zu bestärken. Daher fordert die Opferperspektive die im Landtag vertretenen Fraktionen dazu auf, die bisher fehlende Auseinandersetzung mit rechten Gewalttaten, die sich gegen Klimacampteilnehmer_innen
richteten, zu führen.
Dazu erklärt Joschka Fröschner, Mitarbeiter der Opferperspektive: „Trotz der aktuellen Welle rechter Gewalttaten wird zu körperlichen Angriffen durch Neonazis während der „Ende Gelände“-Proteste geschwiegen. Stattdessen ist ausschließlich von linken Krawallmachern die Rede. Dies lässt daran zweifeln, dass das Ausmaß des Problems rechter Gewalt von allen Politiker_innen erkannt wird. Gerade deshalb darf eine klare Positionierung gegen rechte Gewalt auch während der Landtagsdebatte am kommenden Freitag nicht fehlen.“
Die Opferperspektive e.V. hat Kenntnis von einer Vielzahl rechter Angriffe, die sich rund um die Protestaktionen in der Lausitz ereigneten. Dazu kommen weitere Übergriffe, bei denen ein rechter Tathintergrund anzunehmen ist. Noch bis heute melden sich Betroffene und Zeug_innen solcher Vorkommnisse bei der Beratungsstelle. Über das gesamte Wochenende hinweg waren Menschen, die sich an den Anti-Kohle-Protesten beteiligten, Übergriffen ausgesetzt. Teilweise handelte es sich dabei um geplante, überfallsartige Aktionen. In anderen Fällen bildete sich in größeren Menschenmengen eine brisante Mischung aus rechten Gewalttätern und „Pro-Kohle“-Demonstrierenden, aus der heraus Angriffe verübt wurden. Zu mehreren Zeitpunkten versuchten Gruppen von etwa 50 Angreifern, die überwiegend der lokalen Neonazi- und Hooliganszene zugeordnet werden können, Protestteilnehmer_innen unter Zuhilfenahme von Waffen und Sprengkörpern anzugreifen.
So wurde eine Mahnwache von „Ende Gelände“ im Spremberger Ortsteil Tscherpe durch mehrere Vermummte mit Baseballschlägern angegriffen. Wiederholt versuchten Unbekannte, Teilnehmende der Proteste mit Autos von der Straße abzudrängen, darunter auch einen Journalisten der „Taz“. Auch auf dem Lausitz-Camp selbst wurde mindestens eine Person durch maskierte Angreifer niedergeschlagen und am Boden liegend getreten. Verschärfend kam hinzu, dass sich eingesetzte Polizeibeamt_innen in
mehreren Fällen weigerten, Anzeigen durch Betroffene aufzunehmen oder diese zu schützen. Die Ereignisse vom Pfingstwochenende gilt es vorbehaltlos aufzuklären. Dabei muss der Frage nachgegangen werden, inwieweit es rechten Strukturen gelungen ist, die „Pro-Kohle“-Demonstrationen für sich zu nutzen.
Joschka Fröschner: „Wenn solche Angriffe für die Landespolitik keine Rolle mehr spielen, dann führt eben dies zu einer Normalisierung rechter Übergriffe. Hier wird die Gelegenheit verpasst, die längst überfällige Debatte zur Problematik neonazistischer Gewalt im Landkreis Spree-Neiße zu führen. Stattdessen bietet die Darstellung einiger Politiker, die
Klima-Aktivist_innen seien Nestbeschmutzer, erhebliche Anknüpfungspunkte an rechte Argumentationsmuster.“
Der Landkreis Spree-Neiße führt seit längerem die Statistik der Opferperspektive zu rechten Gewalttaten an. Im Jahr 2015 verzeichnete der Verein hier 29, und für die kreisfreie Cottbus 28 Übergriffe. Dieser Trend setzt sich auch in diesem Jahr nahtlos fort. Exklusive der Vorfälle vom Pfingstwochenende zählt der Verein für das Jahr 2016 vorläufig bereits 32 rechte Angriffe in Spree-Neiße und Cottbus. Die Gegend verfügt seit Jahren über eine gefestigte, gut organisierte und durch hohe Gewaltbereitschaft gekennzeichnete rechte Szene. Insofern kam die Gewalteskalation vom Pfingstwochenende für die Beratungsstelle nicht überraschend.
Eine Übersicht der rechten Angriffe auf die “Ende Gelände”-Proteste findet sich, soweit die Vorfälle öffentlich sind oder die Betroffenen einer Veröffentlichung zugestimmt haben, auf unserer Internetseite in der Chronologie:
http://www.opferperspektive.de/category/rechte-angriffe/chronologie-rechter-angriffe
Als Hauptredner traten der stellvertretende Bundesvorsitzende Dr. Alexander Gauland, der Landesvorsitzende der AfD Thüringen Björn Höcke, sowie der stellvertretende Landesvorsitzender der AfD Brandenburg Andreas Kalbitz auf. Einleitende Worte sprachen der Vorsitzende des Kreisverbandes Volker Nothing und der Stadtverordnete Andreas Franke.
Der 2013 gegründete AfD-Kreisverband Elbe-Elster hatte bereits am 3. März zu einer Demonstration unter dem Motto „Asylchaos stoppen, Familien stärken, Demokratie verteidigen“ in Elsterwerda aufgerufen, an der ca. 400 Menschen teilnahmen. Im Gegensatz zur letzten Veranstaltung, wurde keine Gegenveranstaltung angemeldet. Trotz AfD-Prominenz erschienen nur 300 Teilnehmende – z. T. angereist aus Sachsen – um den Hauptredner Höcke zu hören.
„Für den Asylorkan bluten wir” behauptete dieser im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, die er als „Kanzler-Diktatorin” diffamierte. Laut Höcke würde „unser Volk ausgenommen […] wie eine Weihnachtsgans”. Er forderte eine „neue vaterlandsliebende Elite” und ein „Heimatrecht in der Mitte Europas”.
Offensiver trat an diesem Tag Gauland auf. Dieser rechtfertigte erneut seine Äußerungen im Zusammenhang mit dem Fußballspieler Jérôme Boateng und verwies dabei auf „die vornehmen Viertel” in Hamburg („Die wollen alle keine Flüchtlinge”). Im April dieses Jahres hatten Anwohnende des Björnsonweges in Hamburg Blankenese versucht den geplanten Bau einer Unterkunft für Geflüchtete zu verhindern.
Während seiner Rede wiederholte er mehrfach die Parole „Heute sind wir tolerant und morgen fremd im eigenen Land”. Dieser Slogan ist im gleichen Wortlaut von der NPD bekannt und wird vom Verfassungsschutz Bayern als „typisches Redemuster der rechtsextremistischen Szene” bezeichnet.
Laut Gauland gebe es Menschen, die nicht integrierbar seien, da diese „nicht in diese Gesellschaft und in diese Kultur passen”. Er habe „Zweifel bei Menschen”, „die nun mal die Kaaba umrunden”.
Man müsse anerkennen, dass „die deutsche Leitkultur, die entscheidende in diesem Lande ist und alles andere sich unterzuordnen hat”.
Er sehe darüber hinaus einen „Versuch das deutsche Volk allmählich zu ersetzen durch eine aus allen Teilen dieser Erde herbeigekommenen Bevölkerung”.
Als letzter Redner griff auch Kalbitz eine rechte Parole auf: „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen”. Mit diesem Slogan sorgte die rechtsextreme Kleinpartei „Der III. Weg” zuletzt für Schlagzeilen, da diese Droh-Postkarten an Flüchtlingsinitiativen und Politiker versandte. Kalbitz war nach Informationen des rbb ebenfalls Mitglied in dem von Altnazis gegründeten Verein „Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit“ e. V., dessen erklärtes Ziel die „Sicherung eines wahren deutschen Geschichtsbildes“ sei, „insbesondere [bezüglich der] Zeit vor 1945“. Der Verein steht außerdem in Verbindung mit der ebenfalls von ehemaligen NSDAP- und SS-Mitgliedern gegründeten „Gesellschaft für freie Publizistik“, der nach Angaben des Verfassungsschutzes größten rechtsextremen „Kulturvereinigung“ der Bundesrepublik.
Christoph Berndt, Vorsitzender des Vereins „Zukunft Heimat“, griff am Rande der Kundgebung das Flüchtlingsthema mit dem Schild mit der Aufschrift „Massenzuwanderung ist auch Völkermord” auf. Der Verein führt seit Oktober 2015 Demonstrationen in Südbrandenburg gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung durch, an der u. a. Kalbitz als Redner auftrat und ehemalige Mitglieder der verbotenen extrem rechten Gruppierung „Spreelichter” teilnahmen. Der Verfassungsschutz vermutet eine „Beteiligung von ehemaligen Mitgliedern“ eben dieser Gruppe an der „Produktion oder Verbreitung von Mobilisierungsvideos” des Vereins.

Christoph Berndt (li.) Vorsitzender des Vereins „Zukunft Heimat“
Am 4. Juni werden Gauland, Höcke und Kalbitz neben Jörg Meuthen, André Poggenburg und Thomas Tillschneider auf dem rechtsaußen Treffen der AfD-internen Gruppe „Der Flügel” am Kyffhäuser-Denkmal in Thüringen als Redner erwartet.
Dazu erklärt der Pressesprecher des Bündnisses, Janek Lassau: „In den letzten Wochen ist es immer wieder zu rassistisch motivierten Übergriffen in der Stadt gekommen. Vorfälle, wie der am Montag vergangener Woche, haben es sogar in die überregionale Berichterstattung geschafft. Doch diese Aufmerksamkeit hat in Frankfurt (Oder) bisher nicht dazu beitragen, dass seitens der Stadt eine Antwort auf die Frage gefunden wurde, wie diesem rassistischen Klima eine Kultur der Menschlichkeit und des Antirassismus‘ entgegengesetzt werden kann.“
Solche Übergriffe wie in der vergangenen Woche fallen nicht einfach vom Himmel, sondern sind Ausdruck von Alltagsrassismus. Die aktuelle Politik in Bezug auf Geflüchtete schafft einen geeigneten Hintergrund, vor dem rassistische Gewalt entsteht.
So erschreckend dieser Angriff auch ist, spiegelt er doch den traurigen Alltag Frankfurts und Brandenburgs wieder, in dem sich Geflüchtete oftmals wiederfinden. Ebenso schockiert es uns, dass Menschen, welche Courage zeigen, rassistischer Hetze widersprechen oder sich für Geflüchtete engagieren, Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt sind.
„Was Frankfurt jetzt braucht, ist eine konsequente antirassistische und solidarische Gegenkultur. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen aufgrund ihres Aussehens als „anders“ und „minderwertig“ markiert und deswegen beleidigt oder angegriffen werden.“, so Lassau weiter.
Wir, das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“, fordern eine ausdrückliche und nachhaltige Unterstützung jener, die sich für Geflüchtete und Betroffene rechter Gewalt einsetzen! Wenn wir menschenverachtende Stimmung nicht als solche identifizieren, kann sie sich entfalten und weiter verschärfen. Antirassistische und interkulturelle Initiativen bedürfen Unterstützung; Geflüchtete müssen verstärkte Solidarität erfahren – denn oft sind sie es, die nach der Fluchterfahrung hier unter Ausgrenzung, Hass und Angst um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssen.
Eine demokratische Zivilgesellschaft muss für ihre Werte einstehen und diese auf die Straße tragen. Wir laden daher alle Demokrat*innen ein, an der Kundgebung am 03. Juni teilzunehmen, um Solidarität mit Geflüchteten und Betroffener rechter Gewalt zu zeigen.
Seit Jahren gibt es wieder eine steigende Anzahl von Menschen, die aufgrund von Kriegen, Klimawandel oder durch politische und religiöse Verfolgung ihre Wohnorte überall auf der Welt verlassen müssen. Viele von ihnen sehen ihre Zukunft oder zumindest einen Zufluchtsort, in Europa – und einige auch hier in Deutschland. Tausende sterben jedes Jahr auf der Flucht, vor allem im Mittelmeer und an anderen Außengrenzen Europas. Gerade Deutschland hat sich durch die sogenannte Dritt-Staaten-Regelung und die faktische Abschaffung des Asylrechts nach den Pogromen in den 90er Jahren stark abgeschottet. Deutschland als einer der größten Waffenexporteure der Welt trägt entscheidend Verantwortung für bewaffnete Konflikte in der Welt.
Die menschenfeindliche Politik der Regierungen der großen Industriestaaten, aber auch die ungerechten Produktionsbedingungen, Eigentumsverhältnisse und die ungleiche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, zerstören somit die Zukunft von Millionen von Menschen. Flucht und Vertreibung sind nur ein Ausdruck davon. Auch wenn der oder die Einzelne daran vielleicht erst einmal nicht viel ändern kann, können wir alle dieser Ungerechtigkeit unsere Solidarität entgegenstellen. Menschenunwürdige Massenunterbringungen in Turn‑, Fabrik- und Lagerhallen sind traurige Realität der deutschen Flüchtlingspolitik. Stigmatisierung geflüchteter Menschen durch Medien, Politik und Rechtspopulismus tragen ihren Teil dazu bei, dass Rassist*innen Hetzjagden auf vermeintlich oder tatsächlich geflüchtete Menschen organisieren.
Die jüngsten Ereignisse in Frankfurt (O.) zeigen, wie sehr Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der deutschen Gesellschaft verankert sind. Eine Gesellschaft, in der Hetzjagden auf geflüchtete Menschen durch vermeintliche Passanten bejubelt und beklatscht werden, ist nicht zu tolerieren. Lasst uns dieses Umfeld der Ablehnung und der Missgunst bekämpfen. Haltet eure Augen und Ohren offen! Bei rassistischen Sprüchen, Anmachen oder Angriffen ist es zwingend notwendig einzugreifen und den Mund aufzumachen.
Zeigt euch solidarisch und heißt Geflüchtete willkommen! Setzt euch ein gegen Vorurteile und Rassismus! Kommt zur Kundgebung des Bündnis Kein Ort für Nazis in Frankfurt Oder am Freitag den 03.06. um 16:30 am alten Kino/Haltestelle Zentrum in der Heilbronner Straße.
Letzten Samstag reisten wir mit weiteren Mitstreiter_innen nach Lübben zur Demonstration von „Laut für den Spreewald“. Zunächst einmal: Vielen Dank an alle, die an unserer ersten Antifa-Kaffeefahrt teilgenommen haben. Unserer Erwartungen wurden deutlich übertroffen! Wir sind erfreut darüber, dass einige Genoss_innen es wie wir für eine Notwendigkeit halten ins Outback zu fahren und zu intervenieren. Wie es sich für eine richtige Kaffeefahrt gehört hatten wir auch Kuchen am Start. Beim nächsten Mal gibt’s auch Kaffee, versprochen.
Bei bester Laune und gutem Wetter wurden wir auf dem Bahnhof in Lübben von der Oranienburger Hundertschaft sehnsüchtig empfangen. Unser Kommen hat wohl für einen

kleinen Polizeieinsatz gesorgt. Jedenfalls begleiteten die Beamten uns zum Marktplatz, weil sie wohl befürchteten, dass wir den Weg nicht finden würden oder was auch immer. Dies war unnötig, da die Organisator_innen den Weg liebevoll mit Handzetteln ausgestattet haben, damit sich Auswärtige wie wir willkommen fühlen und den Weg zum Marktplatz finden.
Auf dem Marktplatz versammelten sich etwa 80 Schüler_innen, während die Band “Schöne Neue Welt” aus Calau einiger Lieder von sich gab. Die Organisator_innen hatten sich dafür entschieden, die Demonstration zurückzuziehen und stattdessen eine Kundgebung auf dem Marktplatz abzuhalten. Mitten in der Banddarbietung verschwand die Hundertschaft mit Blaulicht von Marktplatz. Es ging das Gerücht rum, dass sich Neonazis in der Nähe gesammelt hätten. Es kann aber auch sein, dass die Hundertschaft abgezogen wurde, da es zeitgleich zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Fußballfans des SV Babelsberg 03 beim Landespokalfinale in Luckenwalde kam.

Im italienischen Lokal „La Casa“ saßen mehrere Neonazis, mutmaßlich aus dem Hooliganmilieu, und beobachteten die Kundgebung. Während der erste Redner die Kundgebung eröffnete, positionierten sich zwei mutmaßliche Neonazis einige Meter von der Bühne und filmten den Redner ab. Die Ordner der Kundgebung behielten die beiden Männer im Auge, intervenierten jedoch nicht. Ein weiterer augenscheinlicher Rassist positionierte sich auf einer Bank, einige Meter hinter der Bühne und pöbelte die Kundgebung an, während einige Geflüchtete sich für das Engagement der lokalen Willkommensinitiative bedankten. Erst nach einer Intervention der Teilnehmenden und der Ordner_innen, schritten die Streifenbeamten ein, und entfernten den Mann vom Marktplatz. Er bekam einen Platzverweis. Mehrere Personen aus dem „La Casa“ kamen immer wieder zu dem Mann, der von der Polizei des Platzes verwiesen wurde, und solidarisierten sich. Weitere Eskalationen blieben jedoch aus.

Nach der letzten Ansprache wurde die Kundgebung beendet. Geschlossen ging es dann wieder zurück zum Bahnhof.
Unser Fazit des Tages: Lübben steht noch, wer hätte das gedacht. Uns bluten die Ohren von dem Extremismus- und Heimatgedönst der JuLi’s. Aber seine lokalen Bündnispartner_innen kann mensch sich wohl nicht aussuchen. Obwohl es leider nicht viele Menschen waren, die sich der Kundgebung auf dem Platz angeschlossen haben, hat das selbstbewusste Auftreten der Neonazis und ihre Reaktion auf die Veranstaltung gezeigt, wie notwendig Engagement und Intervention im Spreewald sind. Wir kommen gerne wieder!
Bilder: Sören Kohlhuber
Mai 2016,
Antifa goes Brandenburg [AGB]
Zum Nachlesen:
Ungefähr ein Jahr vor der Selbstenttarnung des NSU im November 2011 veröffentlichte die RechtsRock-Band Gigi und die braunen Stadtmusikanten den Song „Döner-Killer“, in dem mutmaßliches Täter_innenwissen der NSU-Morde offenbart und sich über die Betroffenen und Opfer der Taten lustig gemacht wird. [1]
Bereits ein Jahr zuvor erschien der Song „Rosarot“ der Band Aryan Brotherhood – verantwortlich dafür ist der Potsdamer Neonazi und RechtsRocker Uwe Menzel. Der Text des Liedes weist mehrere mögliche Andeutungen und Wissen über die Aktivitäten des NSU auf.
Menzel, militanter Neonazismus, Rechtsterrorismus und der NSU
Uwe Menzel ist nach eigenen Angaben seit spätestens 1990 in der neonazistischen Szene aktiv. Schnell wurde er zu einer zentralen Figur in der Potsdamer, Brandenburger und bundesweiten RechtsRock-Szene. Er gründete mehrere Bandprojekte, koordinierte und organisierte Konzerte und Vertriebswege für neonazistische Musik und gilt seit spätestens 1997 als Gesicht der brandenburgischen Sektion von Blood&Honour. Dabei präsentierte er sich jedoch nie in offizieller Funktion im Namen dieser neonazistischen Struktur. Ab 1993 war Menzel mit einer seiner bekanntesten Band, die er ab 1995 Proissenheads nannte, aktiv. Aufnahmen wurden über das Label Movement Records des Chefs des sächsischen Blood&Honour Ablegers Jan Werner veröffentlicht, die Band trat auf etlichen Blood&Honour-Konzerten auf. Jan Werner gilt als direkter Unterstützer des NSU-Kerntrios. Er versuchte beispielsweise über die Brandenburger V‑Person Piatto, alias Carsten Szczepanski, eine Waffe für Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt zu besorgen. [2] Menzel und Werner pflegten nicht lediglich geschäftliche Beziehungen sondern eine Freundschaft. Sie verreisten zusammen, z.B. in die USA, und besuchten sich bei Veranstaltungen und Konzerten. Es ist unwahrscheinlich, dass Menzel von den Unterstützungsaktivitäten Werners für das untergetauchte Trio gar nichts mitbekam.
Als Probenraum konnte Proissenheads bis 1998 einen städtischen Jugendclub in Potsdam nutzen. Bis dahin weigerte sich die Stadtverwaltung, in Person von Jann Jakobs, damals Jugendamtsleiter und Jugendstadtrat und heute Oberbürgermeister, und zuständige Sicherheitsbehörden die Nutzung eines städtischen Raumes durch organisierte und gewalttätige Neonazis zu unterbinden. Später teilte sich Proissenheads einen Proberaum mit der als kriminelle Vereinigung verbotenen Band Landser im Potsdamer Stadtteil Bornstedt. Der Landser-Schlagzeuger Christian Wenndorf war zuvor nach Potsdam gezogen und spielte auch in Menzels Bands Proissenheads und Aryan Brotherhood mit.
Neben seiner organisatorischen Tätigkeit für die neonazistische Szene war Menzel auch als ideologischer Tonangeber maßgeblich. Offen geäußerter Rassismus und Antisemitismus, verbalisierte Vernichtungsfantasien und propagierter „Rassekrieg“ sorgten schnell für Ehrfurcht und Bewunderung in der organisierten RechtsRock-Szene und darüber hinaus. [3]
Im seit Anfang Mai 2013 laufenden NSU-Prozess in München sowie in den Sitzungen und Unterlagen der Untersuchungsausschüsse zum NSU-Komplex ist Menzels Name daher immer wieder im Umfeld des NSU sowie im Zusammenhang mit Kontaktpersonen im NSU-Netzwerk zu finden.
Nach Recherchen des Antifaschistischen Pressearchiv Potsdam (APAP) gab es freundschaftliche und politische Beziehungen zwischen Menzel und V‑Person Piatto alias Carsten Szczepanski. Neben einer Zusammenarbeit zwischen den Gruppierungen um Szczepanski (u.a. United Skins) und Menzel gab es auch gemeinsame Besuche von Veranstaltungen und Angriffe auf politische Gegner_innen. Menzel und Szczepanski waren außerdem in Waffengeschäfte untereinander und mit Anderen involviert. Bei Menzel wurden bei Durchsuchungen im Sommer 2000 mehrere Waffen gefunden, die er zeitweise bei Szczepanski aufbewahrte. [4]
Die Durchsuchungen fanden auf Grund eines durch die Polizei mitgeschnittenen Telefonats statt, in dem sich zwei Potsdamer Neonazis zu einem mit Schusswaffen bewaffneten Angriff auf eine linke Demonstration der Hausbesetzer_innen-Szene verabredeten. Der damalige Chef des Verfassungsschutzes Heiner Wegesin verharmloste den Fund von Waffen, da diese ja gegen „die Antifa“ eingesetzt werden sollten und nicht gegen staatliche Akteure. Erst „das wäre dann organisierter rechter Terror“. Neben dem konkreten Anlass standen die Durchsuchungen möglicherweise auch in Zusammenhang mit den Aktivitäten der neonazistisch-terroristischen Gruppierung Nationale Bewegung.
Die Nationale Bewegung verübte innerhalb eines Jahres, Januar 2000 bis Januar 2001, mindestens 14 Anschläge oder verbreitete (neo)nazistische Propaganda. Insbesondere der Brandanschlag auf die Trauerhalle des Jüdischen Friedhofs in Potsdam am 8. Januar 2001 sorgte für bundesweite Aufmerksamkeit. Bis heute wurde die Identität der Täter_innen und deren Umfeld nicht aufgeklärt. Die Bundesanwaltschaft stellte die Ermittlungen zur Nationale Bewegung 2005 ein. [5]
Die Aktionen der Nationale Bewegung fielen dabei direkt in die Zeit zwischen dem Abtauchen von Mundlos, Zschäpe und Böhnhardt im Januar 1998 und ihrem ersten Mord am 9. September 2000. Drei Tage später, am 12. September 2000, wird Blood&Honour in Deutschland verboten.
Ein Mitwissen bei Menzel über den NSU-Komplex, mutmaßlich auch über Täter_innenwissen, sowie andere militant-terroristische Neonazistrukturen ist nicht auszuschließen. Bundesweite und internationale Verbindungen in Blood&Honour-Strukturen, Vernetzung auf Konzerten und Treffen, immer wieder Waffen- und Sprengstofffunde bei Menzel oder in seinem Umfeld und die Verankerung in der brandenburgischen und bundesweiten militanten Neonaziszene geben genügend Anlass, die Machenschaften von Uwe Menzel und Co. zu hinterfragen.
Der Song „Rosarot“
Im April 2009 erschien der dritte Teil der neonazistischen Sampler-Reihe Solidarität beim Label PC-Records. Auf diesem veröffentlichte die Band Gigi Und Die Braunen Stadtmusikanten ein Lied über den Polizeidirektor der Bayerischen Polizei Alois Mannichl. Dieser wurde am 13. Dezember 2008, mutmaßlich von einem Neonazi, vor seinem Haus in Fürstenzell mit einem Messer angegriffenen, niedergestochen und schwer verletzt. Der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen, wurde jedoch nie aufgeklärt. [6] Wie bei „Döner-Killer“ verhöhnten auch hier die Neonazis um den Sänger Daniel Giese in dem Lied „Lebt Denn Der Alte Mannichl Noch?“ den Betroffenen.
Auf dem selben Sampler sind die beiden Potsdamer RechtsRock-Bands Burn Down und Aryan Brotherhood – beides Musik-Projekte von Uwe Menzel – zu finden.
Beim RechtsRock-Onlineportal aryanmusic heißt es am 8. April 2009 zum besagten Sampler: „die Einnahmen fließen zu 100% zurück in den Widerstand“. [7]
An vierter Stelle der Solidarität-CD ist der Song mit dem Titel „Rosarot“ von Menzels Aryan Brotherhood zu finden.
Es ist nicht eindeutig zu benennen worum es in diesem Lied geht. Schwammige Begriffe, unklar gesungene Worte und uneindeutige Metaphern verstecken, verschleiern und verschlüsseln die Aussagen des Textes. Dennoch ist ein Großteil des Liedes verständlich, wenn auch mutmaßlich nur für einen bestimmten Teil der Neonaziszene vor Ende 2011 – also vor der Selbstenttarnung des NSU.

Aus dem Bekennervideo des NSU: die vier Köpfe von „Paulchen Panther“ bilden Anfang (00:05) und Ende (13:44) des Films (Quelle: apabiz)
Im Refrain heißt es: „Obsessionen rosarot, Perversionen rosarot, krank getrieben rosarot, rosarot, so kam der Tod […]“ Die Beschreibung der „Obsessionen“ und „Perversionen“ mit der Farbe Rosa wecken, zusammen mit dem Kontext des Liedes sowie seines Autors, Assoziationen zur prominenten Comic-Figur des NSU: Dem Pink Panther bzw. Paulchen Panther.
Dieser dient als Personifikation des NSU, der sich im Bekenner_innenfilm zwar selbst als ein Netzwerk beschreibt, in seiner Ausführung der Morde allerdings als handelndes Individuum zu beobachten ist. Die vier Köpfe des Pink Panther, die zu Beginn des Filmes das Logo des NSU bildlich umrahmen und am Ende erneut nebeneinander aufgereiht erscheinen, führten bei der Analyse bereits zu der Frage, ob es neben den als „Terror-Trio“ bekannt gewordenen Neonazis Mundlos, Zschäpe und Böhnhardt, noch eine vierte Person gibt, die zum Kern des NSU gehört(e). [8]
Aus der ersten Strophe von „Rosarot“ ergeben sich Hinweise, die es zulassen, diese These aufzugreifen und die Frage nach der Anzahl der Mitglieder des Kern-NSU erneut zu stellen. Dort heißt es: „Vier Schatten in der Nacht, albtraumhafter Gestalt, ein schemenhafter Mythos, Schrecken aus dem Wald, fleischgewordene Grausamkeit, kranke Fantasie, es lebte für die Suche, als er oder als sie.“ Wie im Song „Döner-Killer“ wird hier ein „Mythos“ und dessen Machenschaften aus der Außenperspektive beschrieben.
Die besungenen Schatten in diesem Lied sind genau vier und sie werden als albtraumhafte (für die Opfer?) mythische (für die Öffentlichkeit und Betroffene?) Gestalten bzw. Schrecken (für migrantische Communities?) beschrieben die aus dem Wald (aus dem Verborgenen?) kommen. Ähnlich werden im Text von „Döner-Killer“ die Wirkung der Taten des NSU auf die Betroffenen („Am Dönerstand herrschen Angst und Schrecken. Kommt er vorbei, müssen sie verrecken.“) beschrieben und die Täter als nicht greifbare Phantome („Er kommt aus dem Nichts – doch plötzlich ist er da.“) beschrieben.
Auch in den danach folgenden Worten bei „Rosarot“ können Anspielungen auf den NSU vermutet werden: „es lebte für die Suche, als er oder als sie“. Der NSU brachte viel Zeit für die Suche nach geeigneten Anschlagsorten für ihre Morde und Überfälle auf. Auch ist anhand des NSU-Netzwerk, im Bezug auf das bekannte „Kern-Trio“ aber auch das enge Unterstützungsumfeld, zu erkennen, dass hier sowohl Männer als auch Frauen aktiv beteiligt waren. Außerdem wird wiederholt das Bild einer mystifizierten Figur gezeichnet.
Im Jahr 2013 veröffentlichte Aryan Brotherhood den Titel „Rosarot“ erneut. Auf Vinyl erschienen neun weitere Songs, die zuvor ebenfalls bereits auf verschiedenen Samplern veröffentlicht wurden. Die LP trägt den Namen der Band als Titel – Aryan Brotherhood.
Grüße an alle „Kleinzellen“ und „Einzell-Streiter“
Neben Aryan Brotherhood und Burn Down war Uwe Menzel unter anderem in seinen beiden Bands Bloodshed sowie Uwocaust und alte Freunde aktiv. Zwischen 2009 und 2013 veröffentlichte er mit letzterer drei Alben, eine Single und einige Sampler-Beiträge. Unter dem Namen Bloodshed erschienen zwischen 2003 und 2011 fünf Alben und zahlreiche Sampler-Auskopplungen. Die letzte davon Anfang 2014 auf dem Berlin-Brandenburg Sampler 3.
Kurz zuvor löste sich Bloodshed aufgrund von Streitigkeiten zwischen Menzel und seinem Gitarristen Daniel Horn Ende 2013 auf. Da dieser sowohl für das Projekt Bloodshed als auch für Uwocaust und alte Freunde von zentraler, vor allem kreativer, Bedeutung war und den Musikstil maßgeblich prägte, gab es laut Menzel zur Auflösung der beiden Bands keine Alternative.

Aus dem Booklet des Albums „Wut“ der Band Bloodshed: Uwe Menzel, „Hermann“, Daniel Horn und Martin Rollberg (v.l.n.r.) – die Band grüßt alle „Kleinzellen“ und „Widerstandsnester“.
In den Jahren 2004 (Bloodshed – Asche zu Asche), 2006 (Bloodshed – Wut), 2007 (Bloodshed – Zorn), 2010 (Uwocaust und alte Freunde – Sprengstoff Melodien) und 2012 (Uwocaust und alte Freunde – Blutgruppe) war in den Booklets der Alben immer wieder die gleiche Botschaft zu lesen – Grüße an alle „Kleinzellen“, „Einzell-Streiter“ und „Widerstandsnester im gesamten Kampfgebiet“. Das Konzept der „Zellen“ wurde durch Blood&Honour 2002 in ihrer Zeitschrift „Totenkopf-Magazin“ als „Methode des führungslosen Widerstandes“ bezeichnet. Dazu heißt es weiter: „die einzelnen Zellen oder Personen [sollen] sich nicht kennen und unabhängig voneinander arbeiten und keiner zentralen Führungsstelle Bericht erstatten.“ Es wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass „bei einzelnen Aktionen kooperiert werden [muss], weil die eine Zelle vielleicht etwas, weis oder besorgen kann was die andere nicht kann — das heißt im Klartext das eine Person jeder Zelle eine andere Person aus einer anderen Zelle kennen sollte und die Zellen sich einander ergänzen sollten“ (sic). [9] Diese „Zellen“ sollen dabei explizit als militant-terroristische Aktionsgruppen agieren und Anschläge verüben.
So floskelhaft diese Grüße für sich allein genommen erscheinen mögen, so brisant sind sie in Anbetracht Menzels als Teil von militanten und bewaffneten Untergrundstrukturen. Die weiteren Gruß-Adressat_innen in den Booklets sind in der Regel Familie, unmittelbar Bekannte und Freund_innen. Weiterhin benennt er überregionale und internationale Kontakte zu befreundeten Bands sowie Zines und Versände. Es handelt sich dabei um Personen oder Zusammenhänge, zu denen Menzel direkten Kontakt hat oder hatte – „Kleinzellen“, „Einzell-Streiter“ und „Widerstandsnester im gesamten Kampfgebiet“ gehören offensichtlich dazu. Auch, dass das Album aus dem Jahr 2010 den Titel „Sprengstoff Melodien“ trägt, fällt in diesem Kontext umso mehr auf.
Die Frage nach konkretem Wissen von rechtsterroristischen Strukturen und Zellen im Kontext der beiden Bands muss also mit einer sehr viel stärkeren Relevanz versehen werden.
Uwe Menzel und Daniel Horn verband eine 20 Jahre andauernde Freundschaft, eine zwölfjährige gemeinsame Musikkarriere und möglicherweise auch das Wissen über Zusammenhänge und Taten des NSU, der Nationale Bewegung oder anderer rechtsterroritischer Gruppierungen bzw. Zellen. Es ist unwahrscheinlich, dass Menzel und Horn (sowie weitere Bandmitglieder) sich nicht über die Texte und Bedeutung ihrer eigenen Lieder ausgetauscht haben.
Wenn das Lied „Rosarot“ dem vermuteten Kontext entspringt, dann müssen die Kreise um Menzel und er selbst nicht nur allgemein einer neonazistischen Szene sondern militanten und rechtsterroristischen Strukturen zugeordnet werden. Aus dem mutmaßliches Wissen über die Aktivitäten des NSU, die Verstrickungen mit den Aktivitäten der Nationale Bewegung, den Waffenfunden bei Menzel und die Freundschaft zu Carsten Szczepanski und Jan Werner ergibt sich das Bild eines Milieus um Uwe Menzel und Daniel Horn, das möglicherweise nicht nur Wissen über schwerste neonazistisch motivierte Straftaten hat, sondern vielleicht sogar unterstützend an diesen beteiligt war. Bei Menzel selbst laufen offenbar etliche Fäden dieses Milieus zusammen.
[1] Baumgärtner, Maik (2016): Weisse Bruderschaft, Die Netzwerke des Neonazi-Kaders Maik Emninger, In: Kleffner, Heiker / Spangenberg, Anna (Hg.): Generation Hoyerswerda, Das Netzwerk militanter Neonazis in Brandenburg
[2] „Wissen schützt vor Terror nicht?“ in AIB 95 / 2.2012 https://www.antifainfoblatt.de/artikel/wissen-sch%C3%BCtzt-vor-terror-nicht
[3] Kwiatek, Marie / Weiss, Michael (2016): White Power Skinheads, Das Netzwerk von Blood & Honour Brandenburg, In: Kleffner, Heiker / Spangenberg, Anna (Hg.): Generation Hoyerswerda, Das Netzwerk militanter Neonazis in Brandenburg
[4] „Drei V‑Männer vor Gericht“ in AIB 58 / 4.2002 https://www.antifainfoblatt.de/artikel/drei-v‑m%C3%A4nner-vor-gericht
[5] „»Deliktserie« oder Vorstufe zum Rechtsterrorismus?“ in AIB 93 / 4.2011 https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%C2%BBdeliktserie%C2%AB-oder-vorstufe-zum-rechtsterrorismus und „Rechter Terror in Potsdam oder „nur“ eine Nationale Bewegung?“ http://apap.blogsport.eu/2016/02/blick-zurueck-rechter-terror-in-potsdam-oder-nur-eine-nationale-bewegung/
[6] http://www.zeit.de/2009/49/Mannichl
[7] http://aryanmusic.net/news.php?default.0.108
[8] https://www.nsu-watch.info/files/2013/05/NSU-Transkript.pdf und http://publikative.org/2013/04/30/nsu-trio/ und http://www.cicero.de/berliner-republik/gab-es-einen-vierten-mann/49215
[9] „Das Label „Combat 18“ “ in AIB 107 / 2.2015 https://www.antifainfoblatt.de/artikel/das-label-%E2%80%9Ecombat-18%E2%80%9C
Ergänzung zur möglichen Interpretation des Songs „Rosarot“ – 28. Mai 2016
Das Lied „Rosarot“ steht möglicherweise nicht mit den Aktivitäten des NSU in Verbindung, wie im Artikel gemutmaßt.
Eine plausible Interpretation könnte ebenso auf den Fall des sogenannten „Rosa Riesen“ zutreffen.
Beate S., damals Wolfgang S., tötete zwischen 1989 und 1991 sechs Menschen und verletzte weitere Personen schwer. In Presseberichten wurde der Mörderin der reißerische Name „Rosa Riese“ gegeben. Den Autor_innen des Textes waren die Morde und dazugehörige Berichterstattung nicht bekannt.
Möglicherweise hat Uwe Menzel diese Geschichte mit der entsprechenden „Horror“-Ästhetik in Liedform gebracht und unter dem Titel „Rosarot“ veröffentlicht.
Uwe Menzels Aktivitäten, Kontakte und Rolle für die bundesweite und lokale Neonazi-Szene stehen weiter deutlich für sich.
Insbesondere auf Grund von Waffenfunden, seinen Kontakten innerhalb militant-neonazistischer Netzwerke und Freundschaften mit Teilen des NSU-Netzwerkes muss die Frage nach konkretem Wissen bei Menzel und seinem Umfeld über rechtsterroristische Strukturen und Zellen mit einer sehr viel stärkeren Relevanz versehen werden.
Keine Bühne für Rassismus #2
Ende des letzten Jahres mobilisierten unterschiedliche rechte Gruppierungen zu Protesten in Cottbus. Nachdem diese abgeebbt sind, geben sich aktuell wieder neurechte Politiker*innen in Cottbus die Klinke in die Hand. Sie versuchen mit geschlossenen Veranstaltungen ihre Position in der Stadt zu festigen. Den Auftakt machte Thilo Sarrazin am 12.05. im Weltspiegel. Am 01. Juni 2016 bekommen wir es in Cottbus wieder mit der AfD zu tun. Ab 19 Uhr findet im Stadthaus ein Podiumsgespräch mit Vertreter*innen der Partei und dem Extremismustheoretiker Werner Patzelt statt. Partei-Prominenz der Runde im Stadthaus ist der Landesvorsitzende der AfD Brandenburg, Alexander Gauland.
So wie zu Sarrazins Auftritt wird Cottbus Nazifrei auch am 1. Juni ab 18 Uhr eine Protestkundgebung auf dem Erich-Kästner-Platz (Piccolo) abhalten. Aber nicht nur das…
Platzbesetzung?-Ja, bitte!
Das Podiumsgespräch im Stadthaus wird nicht öffentlich beworben und ist nur unter vorheriger Anmeldung zugänglich. Dieses Verfahren scheint dazu zu dienen, bereits im Voraus unliebsame Personen und ihre kritischen Meinungen von der Versammlung fern zu halten.
Die Einladung zu dem Podiumsgespräch ist trotzdem zufälligerweise zu finden.
Meldet euch an, nehmt der AfD und ihren Sympathisant*innen die Plätze, durchbrecht die Geschlossenheit der Veranstaltung und sagt, was ihr zu sagen habt. Auf zur Platzbesetzung — im und vor dem Stadthaus!
Keine Bühne für diese rassistische Partei, weil…
… sie ein vermeintlich „deutsches Volk“ über andere stellt. Dieses soll vor einem angeblichen „Volksaustausch“ durch Geflüchtete „geschützt“ werden.
… sie geschlossene Grenzen und sogar Schusswaffengebrauch fordert, um Geflüchtete an der Einreise in die BRD zu hindern.
… weil sie gegen Geflüchtete und Andersdenkende hetzt, damit das gesellschaftliche Klima zuspitzt und Gewaltbereitschaft befeuert.
… sie islamfeindlich ist und Sonder“rechte” für Menschen mit muslimischem Glauben einführen möchte (Vergleich: Antisemitismus).
Doch die Partei ist nicht nur rassistisch, sondern gleichermaßen sozialchauvinistisch*, nationalistisch und damit rückwärtsgewandt.
Mit der AfD gehen, heißt über Leichen gehen! — Um das zu verdeutlichen haben wir von Cottbus Nazifrei! uns eine kreative Aktion überlegt. Bringt deswegen zu der Kundgebung ein helles T‑Shirt mit, das „dreckig“ gemacht werden kann.
Kommt vorbei und seid Teil der vielfältigen Proteste von Cottbus Nazifrei!, wenn es am 1. Juni heißt: „Keine Bühne für Rassismus und die AfD!”
Kurzinformation zu den Personen auf dem Podium
Alexander Gauland ist einer der Köpfe der AfD. Er war über Jahrzehnte Teil des CDU-Establishments in verschiedenen Positionen und 14 Jahre lang Herausgeber der Tageszeitung „Märkische Allgemeine“. Er gilt als intellektueller Konservativer. Mit seinen 75 Jahren übernimmt er in der AfD jedoch die Rolle des rassistischen Scharfmachers und Schutzpatrons für den völkisch-nationalistischen Flügel.
Prof. Werner J. Patzelt ist Professor an der TU Dresden und Mitglied der CDU. Er verfasste mehrere Studien zu Pegida und machte in diesem Zusammenhang immer wieder durch massiv verharmlosende Äußerungen auf sich aufmerksam. Er ist einer der prominententesten Vertreter der Extremismustheorie, die dazu eingesetzt wird die gesellschaftliche Mitte vom vermeintlich “extremen” Rassismus und Nationalismus freizusprechen.
Marianne Spring ist seit der Gründung Kreisvorsitzende der AfD in Cottbus. Zuvor saß sie für die FDP und die Frauenliste in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung. Im Gegensatz zu anderen Vertreter*innen der AfD in Brandenburg ist sie bisher sehr moderat aufgetreten und konzentriert sich in ihrer Arbeit auf lokalpolitische Themen wie Abwassergebühren und Lärmschutzwände. Trotzdem ist sie sich nicht zu schade, Hetzern wie Gauland und Höcke in Cottbus immer wieder eine Bühne zu bieten.
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