Die Unterzeichnenden, darunter die Jugendinitiativen Careleaver e.V. und Jugendliche ohne Grenzen (JoG), appellieren an Politik und Verwaltung, unbegleitete Minderjährige auf dem Weg in die Volljährigkeit nicht alleine zu lassen. Systembedingt werden zum Jahreswechsel****jugendliche Geflüchtete regelmäßig volljährig (gemacht). Werden sie dann sich selbst überlassen, drohen Destabilisierung, Schul- und Ausbildungsabbrüche und im schlimmsten Fall die Obdachlosigkeit. Die Weichen für gute Übergänge und funktionierende Anschlussversorgung müssen daher jetzt von Politik und den zuständigen Trägern gestellt werden.
Während junge Flüchtlinge als „jugendlich, männlich, Ausländer“ medial insbesondere im Kontext von Kriminalität thematisiert werden, ist wenig bekannt über die zahlreichen Hürden, mit denen junge Geflüchtete tagtäglich zu kämpfen haben. Unbegleitete Minderjährige gehören zu den besonders Schutzbedürftigen unter den Geflüchteten. Trotzdem werden ihnen, insbesondere seit dem Jahr des großen Flüchtlingszugangs 2015/2016, fundamentale Rechte vorenthalten: So wurde ihr Recht auf Elternnachzug massiv eingeschränkt und ihre Unterbringung und Versorgung in vielen Kommunen unterhalb geltender Standards der Jugendhilfe vielfach hingenommen. Viele der damals als Jugendliche im Alter von 15 oder 16 Jahren eingereisten Geflüchteten werden nun volljährig, ein Großteil von ihnen zum 31.12. oder 1.1. – ein fiktives Geburtsdatum, das bei ungeklärtem oder nicht nachweisbarem Geburtstag behördlich festgelegt wird, ohne dass sich die jungen Menschen effektiv dagegen wehren könnten.
Mit diesem festgelegten Datum wird in zahlreichen Kommunen die Jugendhilfe beendet, obwohl es einen rechtlichen Anspruch auf Weitergewährung der Hilfe bis zum 21. Lebensjahr gibt, wenn ein individueller Bedarf vorliegt. Damit stellt sich insbesondere die Frage
nach Unterbringung und Lebensunterhaltssicherung neu. Eine Anschlussversorgung ist nicht immer unmittelbar gewährleistet. Mit den hier entstehenden Versorgungslücken bei Beendigung der Jugendhilfe haben auch junge Menschen ohne Fluchthintergrund, die die Jugendhilfe verlassen, zu kämpfen. Bei jungen Geflüchteten kommt hinzu, dass ihr
Aufenthalt oftmals noch nicht gesichert ist, die Anschlussversorgung aber hiervon abhängt und sie zum Teil gezwungen werden, ihren Wohnort zu wechseln. Ohne Unterstützung führt dies zu Schul- und Ausbildungsabbrüchen, Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften oder
gar Obdachlosigkeit.
Fehlende Übergangsmechanismen, unzureichende Hilfe-Koordination, mangelnde Beratungsstrukturen und nicht aufeinander abgestimmte Gesetze sowie Behördenpraxis sorgen hier für Perspektivlosigkeit: „Für meine Freunde ist der 18. Geburtstag ein Freudentag. Ich habe große Angst davor 18 zu werden. Durch die Jugendhilfe bin ich dabei meine Ziele im Leben zu erreichen und plötzlich soll damit Schluss sein.“ sagt ein Jugendlicher der Initiative Jugendliche ohne Grenzen (JoG) befragt zu seinem bevorstehenden „Geburtstag.“ Belastend hinzu kommt die Angst vor Abschiebung, denn bei geduldeten Jugendlichen endet mit dem 18. Geburtstag der Schutz vor der Abschiebung.
Die Jugendhilfe ist deshalb in besonderem Maße gefordert, damit die erforderliche Unterstützung gewährt wird und der Übergang in die vorgesehenen Unterstützungssysteme gelingen kann. Sie darf aber mit dieser Aufgabe nicht alleine gelassen werden. Auch die Träger von Sozialhilfe und Jobcenter müssen endlich Verantwortung für die jungen Menschen übernehmen. Dafür ist allerdings zentral, dass Politik zu den jungen Menschen sowie zu ihrer Integration in die deutsche Gesellschaft auch tatsächlich steht und ihnen (Aus)Bildung und Perspektivschaffung ermöglicht, statt diese durch fortwährende gesetzliche Verschärfungen zu torpedieren und zu verhindern.
„Bildungserfolge, Integration und Erfolge der Jugendhilfe dürfen an der Schwelle zur Volljährigkeit nicht riskiert werden“, erklärt Nerea González Méndez de Vigo vom Bundesfachverband umF. „Geschaffene Perspektiven müssen aufrechterhalten und verfolgt werden können, wenn Integration gelingen soll. Das Primat der Kinder- und Jugendhilfe muss nachhaltig umgesetzt werden. Gerade junge volljährige Geflüchtete benötigen vielfältige Unterstützung, um ihre Zukunft in die Hand nehmen zu können.“
Brandenburg liegt unter dem Bundesdurchschnitt bei der Gewährungen von Jugendhilfeleistungen für geflüchtete Jugendliche, die älter als 18 Jahre sind. Während im Bundesdurchschnitt 43% der jungen Volljährigen Unterstützung erhalten, sind es in Brandenburg aktuell 31%. Besonders auffällig sind die großen Unterschiede zwischen den Landkreisen: Absolute Schlusslichter in der Hilfegewährung sind die Prignitz mit 0%,
Frankfurt Oder mit 7,7% und Oberspreewald-Lausitz mit 8%. Weit über dem Bundesdurchschnitt liegt hingegen der Landkreis Märkisch-Oderland mit 54% Hilfen für junge Volljährige, die geflüchteten Jugendlichen gewährt werden. Es braucht daher dringend eine Auseinandersetzung zu den Ursachen und Konsequenzen nicht bzw. zu selten gewährter Unterstützung. Den besonderen Bedarfen von jungen Geflüchteten muss uneingeschränkt Rechnung getragen werden.
Potsdam, den 14.12.2017
Ansprechperson:
Kirstin Neumann| Flüchtlingsrat Brandenburg
|neumann@fluechtlingsrat-brandenburg.de|Tel: 0160 – 56 33 193
Kategorie: Flucht & Migration
Frauen erleben Gewalt in den Unterkünften durch andere Geflüchtete, das Personal und in der Gesellschaft. Sie erfahren auch strukturelle Gewalt durch das Lagersystem, die Asylgesetzgebungen und die diskriminierende Praxis der Behörden.
Aktuelle bundesrechtliche Gesetzesverschärfungen ermöglichen es, Menschen sechs Monate lang und diejenigen mit so genannter schlechter Bleibeperspektive auch länger in der Erstaufnahme festzuhalten und so bei einer Ablehnung ihres Asylgesuches direkt abschieben zu können. Die prekären Bedingungen in der Erstaufnahme – fehlende Privatsphäre, eingeschränkter Zugang zu erforderlichen Gesundheitsleistungen und die Unmöglichkeit, das eigene Familienleben zu gestalten – gefährden in besonderem Maße Schutzbedürftige wie Frauen und Kinder. Einer asylsuchenden Familie mit einem herzkranken Neugeborenen, das regelmäßige Behandlungen in der Berliner Charité benötigte, wurde etwa der Umzug aus der Erstaufnahme in Doberlug-Kirchhain in eine Wohnung in Berlinnähe verweigert. Dies, obwohl die langen Fahrtwege eine große Belastung für das Kind und seine Eltern darstellten. Ähnlich erging es einer Transfrau, deren Auszug trotz Empfehlungen und Gutachten von Psycholog_innen durch die Zentrale Ausländerbehörde verhindert wurde. Die Verweigerung des Auszuges aus der Erstaufnahme von Menschen mit besonderem Schutzbedarf, um sie vor Angriffen zu schützen, oder die notwendige Versorgung sicherzustellen, findet derzeit immer wieder statt. Dies legt die Vermutung nahe, dass das Ziel, Menschen reibungslos abschieben zu können, schwerer wiegt als ihre Gesundheit.
Die Notversorgung in der Erstaufnahme lastet in besonderer Weise auf den Schultern von Frauen, die häufig die strukturelle Lücke in der Versorgung durch eigene Sorgearbeit für kranke Geflüchtete und Kinder anderer Familien füllen müssen. Durch unfaire Asylverfahren und das Fehlen eines Verfahrens für die Erkennung besonderer Schutzbedürftigkeit in der Erstaufnahmeeinrichtung können Frauen häufig humanitäre Gründe, die sie vor der Abschiebung schützen könnten, nicht geltend machen. Trotz Diskussionen um Gewaltschutzkonzepte bleiben vor allem Frauen, Kinder oder LGBTI-Personen den Konflikten in den Unterkünften ausgesetzt. Die Wohnverpflichtung in der Erstaufnahme wird oft vor der Schutzbedürftigkeit und der Notwendigkeit eines Auszuges priorisiert. Ein Umzug in Frauenhäuser scheitert nicht selten an fehlenden Plätzen für Frauen mit mehr als einem Kind.
Auch nach der Verteilung in die Landkreise bleibt die gesundheitliche Schlechterstellung bestehen. Die Einführung der Gesundheitskarte in mittlerweile fast allen Landkreisen hat häufig nicht zur gewünschten Gleichstellung und zu einer Beendigung der Stigmatisierung von Geflüchteten geführt. Noch immer kommt es regelmäßig zu Behandlungsverweigerungen. So wurde einer geflüchteten Frau aus Frankfurt/Oder trotz Krankenkassenkarte dreimalig die Behandlung bei Ärzten verwehrt, weil diese befürchteten, ihre Leistungen nicht erstattet zu bekommen. Ein Umstand der laut Gesetzgeber eigentlich durch die Karte behoben werden sollte. Ähnlich erging es einer Frau aus Eritrea: Ihr wurde die notwendige Entfernung eines Implantats zur Empfängnisverhütung durch einen Arzt/eine Ärztin verweigert. Sie hatte es sich als Schutz eingesetzt, da sie auf der Flucht mit Vergewaltigung rechnen musste. Das Nichtentfernen des Implantats stellt nun ein weiteres Gesundheitsrisiko dar. Dabei fordert europäisches Recht eine vollumfängliche Versorgung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen wir Kindern, Kranken oder von Gewalt bedrohten oder betroffenen Frauen und LGBTI-Personen.
Formen struktureller Gewalt gegenüber Frauen zeigen sich immer wieder auch bei gewaltvollen Abschiebeversuchen in Brandenburg. Im Sommer diesen Jahres versuchte die Polizei ohne Ankündigung und unter Anwendung von Gewalt eine Mutter aus Oberhavel abzuschieben. Sie war aktenkundig in einer psychisch labilen Situation. Man legte ihr dennoch Handschellen an. Ihr vierjähriger Sohn, selbst psychisch behandlungsbedürftig, wurde Zeuge dieser Gewaltanwendung. Die Folge des Abschiebeversuches war ein fast viermonatiger Aufenthalt der Mutter im Krankenhaus und eine Unterbringung des Kindes in einer Kinderstation. Strukturell gewaltvoll ist hier nicht nur das Verhalten der Ausländerbehörde, die die Erkrankung der Mutter als Abschiebehindernis ignorierte. Auch die Bedingungen der Unterkunft, wo sich besonders Schutzbedürftige immer wieder unangemeldeten und gewaltvollen Abschiebungen ausgeliefert sehen, befördern diese Umstände.
Women in Exile und der Flüchtlingsrat fordern:
*Schutzbefohlenheit und die Gesundheit von Frauen und Kindern müssen schwerer wiegen als die rücksichtslose Umsetzung restriktiver Gesetze! Schutz für alle geflüchteten Frauen und Kinder – ohne Ausnahme und unabhängig von der vermeintlichen Bleibeperspektive!
*Wir fordern: Eigener Wohnraum für Frauen und Kinder! Verteilung aus der Erstaufnahme innerhalb eines Monats! Uneingeschränkter Zugang zu Gesundheitsleistungen ab dem ersten Tag! Wir fordern eine nachhaltige Bleibeperspektive für alle Flüchtlinge!
Die Flüchtlingsräte der Bundesländer wenden sich als
Interessenvertretungen von Geflüchteten und Unterstützungsinitiativen anlässlich ihrer derzeit in Berlin stattfindenden Herbsttagung entschieden gegen die Instrumentalisierung der Flüchtlingspolitik zu Wahlkampfzwecken und die wiederholt vorgetragenen Rufe nach weiteren Verschärfungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht.
„Insbesondere die in den letzten Tagen aufgekommene Forderung nach einer weiteren Aussetzung des Familiennachzugs durch Spitzenpolitiker der Unionsparteien sind unerträglich“ erklärt Katharina Müller vom Flüchtlingsrat Berlin. „Der Schutz von Familie und Ehe ist eins der höchsten Rechtsgüter unserer Verfassung und wird bei anderen Anlässen
von den Parteien mit dem großen C im Namen gerne beschworen – anscheinend soll dies aber nicht für diejenigen gelten, die um ihre Angehörigen in Kriegsgebieten bangen.“ Aus diesem Grund unterstützen
die Landesflüchtlingsräte die Kundgebung am heutigen Freitag, den 08.09. vor der Parteizentrale der CDU
Mehr dazu
Der Ausschluss des Familiennachzugs führt auch jetzt schon dazu, dass immer mehr Familienangehörige die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer versuchen müssen, da sie keine legalen Wege zur Einreise haben – viele von ihnen kommen bei dem Versuch, zu ihren Angehörigen zu gelangen, ums Leben.
Des Weiteren verurteilen die Flüchtlingsräte die für den kommenden Dienstag geplante Wiederaufnahme der Sammelabschiebungen nach Afghanistan aufs Schärfste. „Die deutsche Botschaft in Kabul ist zwar seit dem Anschlag vom 31. Mai außerstande, Familiennachzüge zu
bearbeiten, sieht sich aber offenbar in der Lage, Abschiebungen zu verwalten“, sagt Georg Classen von Flüchtlingsrat Berlin und fügt hinzu: „Der neue Lagebericht des Auswärtigen Amtes liefert keine Argumente für die These, dass Abschiebungen nach Afghanistan vertretbar seien. Berichte humanitärer Organisationen und weiterer Expert*innen machen sehr deutlich, dass die Lage im ganzen Land weiterhin extrem
gefährlich ist.“
Angesichts der verschärften Stimmungsmache ist es wichtig, deutlich wahrnehmbar Widerspruch zu artikulieren. Um genau dies eine Woche vor der Bundestagswahl zu tun, rufen die Flüchtlingsräte gemeinsam mit vielen anderen Organisationen auf zu einer bundesweiten Parade für Flüchtlingsrechte und Bleiberecht am Samstag, den 16.09. in Berlin unter
dem Motto Welcome United.
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den gesetzlichen Anspruch auf die Ausbildungsduldung zu wahren, indem der Besetzung eines Ausbildungsplatzes durch fachlich geeignete Bewerber_innen stets Vorrang vor aufenthalts-beendenden Maßnahmen gebührt
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die unbürokratische und schnelle Erteilung einer Ausbildungsduldung durch die Ausländerbehörden sicherzustellen, damit alle Beteiligten bereits frühzeitig Planungs- und Rechtssicherheit erhalten
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den Zeitraum im Vorfeld einer Ausbildung produktivfür konkrete berufsvorbereitende Maßnahmen (z.B. berufsorientierte Sprachförderung, Praktika, Einstiegsqualifizierungen) zu nutzen und diese Phase großzügig durch die Erteilung von Ermessensduldungen (2) rechtlich abzusichern.
In Brandenburg sind Flüchtlinge immer wieder von willkürlichen Leistungskürzungen betroffen.
Die Initiative „Willkommenskreis Neuhardenberg“ und betroffene Flüchtlinge protestieren in dieser Woche gegen die rechtswidrigen Kürzungen in ihrem Landkreis. Der Flüchtlingsrat fordert sofortige Einstellung migrationspolitisch motivierter Leistungskürzungen.
Sozialämter in Brandenburg schikanieren Geflüchtete immer wieder mit Kürzungen der Sozialleistungen bis weit unter das menschenwürdige Existenzminimum. Im Landkreis Märkisch-Oderland etwa wurden Flüchtlinge über Monate mit willkürlichen Leistungskürzungen durch das Sozialamt konfrontiert. Hier wiegen die Schikanen besonders schwer: Das Sozialamt verweigerte die Zahlung auch nach Aufforderung durch das Sozialgericht zur entsprechenden Leistungserbringung. Die Initiative „Willkommenskreis
Neuhardenberg“ und betroffene Flüchtlinge veranstalten diese Woche Aktionstage vor dem Sozialamt, um sich gegen die verschiedenen willkürlichen Maßnahmen der Behörde zu wehren.
Auch in anderen Landkreisen erhalten Geflüchtete massiv gekürzte Leistungen oder sogar nur Warengutscheine, weil ihnen zum Beispiel bereits von einem anderen EU-Mitgliedsstaat ein Aufenthaltsrecht gewährt wurde. Sie sollen in Länder wie Bulgarien oder Italien zurückkehren, in denen ihnen Menschenrechtsverletzungen drohen. Immer wieder stoppen Gerichte deswegen Abschiebungen in diese Länder. Die Leistungen werden dennoch verfassungswidrig gekürzt, obwohl noch nicht klar ist, ob die Betroffenen Deutschland überhaupt wieder verlassen müssen.
Dem Gedanken, es gäbe ein Existenzminimum unterhalb des Existenzminimums, hat das Bundesverfassungsgericht im Juli 2012 eine gründliche Absage erteilt. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ist migrationspolitisch nicht zu relativieren. Dennoch kürzen Sozialämter die Leistungen, etwa wenn es um die Mitwirkung an der eigenen Abschiebung geht, immer wieder pauschal. Dabei wird häufig der Einzelfall außer Acht gelassen und zuweilen überschreiten die Ämter, wie in Märkisch-Oderland geschehen, ihre Kompetenzen. Die Praxis, Leistungen bei so genannter Nicht-Mitwirkung zu kürzen, die häufig nicht selbst sondern durch Botschaften und Behörden verschuldet ist, kann auch Flüchtlinge aus Afghanistan treffen, denen eine Abschiebung ins Kriegsgebiet droht. Die Leistungseinschränkung führt häufig dazu, dass die Betroffenen ihre AnwältInnen nicht mehr bezahlen können und damit ihren Rechtsbeistand verlieren.
Nur eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und eine Eingliederung der Flüchtlinge in das System der Sozialhilfe bzw. des Arbeitslosengeldes II können die jahrelange Diskriminierung von Flüchtlingen beenden und deren gesellschaftliche Teilhabe von Anfang an ermöglichen. Diese Forderung stellt nicht nur der Flüchtlingsrat, sondern in Richtung Bund auch das Land Brandenburg. Dennoch toleriert die Landesregierung, wie bereits im letzten Jahr in Ostprignitz-Ruppin
geschehen (Link),
rechtswidrige und migrationspolitisch motivierte Leistungskürzungen im eigenen Bundesland, die in die Grundrechte der betroffenen Menschen eingreifen. Der Flüchtlingsrat Brandenburg fordert die Landesregierung daher auf, das verfassungsrechtliche Urteil zur Bestimmung des Existenzminimums ernst zu nehmen, die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes vehement einzufordern sowie im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die schikanöse Praxis der
betreffenden Sozialämter im Land ein Ende hat.
Die Aktionstage am 3., 4. und 6. Juli 2017 finden jeweils von 08:00 bis 15:00 Uhr vor dem Sozialamt Seelow in 15306 Vierlinden, OT Diedersdorf/
Waldsiedlung statt,
siehe: Link
Übersicht über die Gesetzesgrundlage: Hier
Seit vielen Monaten verweigert das Sozialamt Märkisch-Oderland zahlreichen Geflüchteten die ihnen gesetzlich zustehenden Leistungen. Schriftliche Leistungsbescheide, gegen die sich die Betroffenen rechtlich wehren könnten, erteilt das Sozialamt seit langem überhaupt nicht mehr. In vielen Fällen wurden die Leistungen über Monate rechtswidrig auf ein Minimum gekürzt und statt Bargeld nur noch Gutscheine ausgegeben. Dies betraf auch Familien mit kleinen Kindern.
Um die geringen Leistungen überhaupt zu erhalten, müssen die Betroffenen jeden Monatsanfang meist stundenlange Fahrten mit sämtlichen Familienangehörigen aus den entlegenen Unterkünften im Landkreis zum Sozialamt Seelow bzw. Diedersdorf auf sich nehmen und dafür erhebliche Fahrtkosten aufwenden. An diesen Tagen ist den Geflüchteten folglich auch die Teilnahme an Deutschkursen und anderen integrativen Maßnahmen nicht möglich. Die Sozialverwaltung besteht auf mindestens einmal monatlicher Vorsprache zur Scheck- oder Gutscheinausgabe, obwohl fast alle Betroffenen Konten haben. Diese Praxis steht im Widerspruch zu der der meisten Sozialbehörden bundesweit, die die deutlich verwaltungskostensparenderen Überweisungen der Leistungen längst eingeführt haben.
Wegen rechtswidriger Leistungskürzungen kam es gegen das Sozialamt Märkisch-Oderland zu mehreren Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder). Beschlüsse des Gerichts setzte die Sozialbehörde Seelow mehrfach nur nach Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen um – ein für die an Recht und Gesetz gebundene Verwaltung ebenfalls unerhörtes Vorgehen. Das Sozialamt argumentiert vor Gericht, schriftliche Bescheide könnten „aus personellen und organisatorischen Gründen nicht ergehen“. Dabei wäre es ein Leichtes, den Betroffenen menschenwürdige und rechtsstaatliche Verwaltungsverfahren zu gewährleisten und zugleich personelle und finanzielle Ressourcen zu sparen. Nahezu alle anderen Landkreise in Brandenburg agieren in dieser Weise, etwa durch Kontenüberweisungen und elektronische Gesundheitskarten. Das Sozialamt Märkisch-Oderland schikaniert bewusst Geflüchtete und agiert völlig willkürlich und eindeutig rechtsstaatswidrig.
Gegen diese Praxis des Sozialamtes wird am 3.,4. und 6. Juli 2017 jeweils von 08:00 bis 15:00 Uhr vor dem Sozialamt Seelow in 15306 Vierlinden, OT Diedersdorf/ Waldsiedlung protestiert. Auf den Aktionstagen werden Mitglieder des Willkommenskreis Neuhardenberg e.V. und UnterstützerInnen den Geflüchteten eine Stimme geben. Die Betroffenen können ihre Situation in Märkisch-Oderland in einem Fragebogen bewerten, Anträge auf Kontoüberweisung ausfüllen und weitere Informationen über ihre Rechte gegenüber dem Landratsamt erhalten.
Brandenburg Refugee Action Days (18.–20.6. 2017)
Zusammen für eine stärkere (Zivil-)Gesellschaft
Heute am 20. Juni, dem internationalen Weltflüchtlingstag, möchten wir Geflüchtete in Brandenburg unsere Stimmen erheben und auf unsere Lebensbedingungen hier in Brandenburg aufmerksam machen. In den letzten drei Tagen haben wir gezeigt wie wir mit unseren Kompetenzen und Kapazitäten Teil der Zivilgesellschaft in Brandenburg sind und zu ihr beitragen.
Wir möchten heute auch aufzeigen, mit welchen Schwierigkeiten wir in Brandenburg konfrontiert sind. Außerdem möchten wir klar sagen, dass keine politischen
Vereinbarungen mit Diktatoren (unter anderem aus den Ländern aus denen wir kommen)getroffen werden sollen (Türkei-Abkommen, Abkommen mit Libyen und anderen Staaten in Nordafrika um Flüchtlinge aufzuhalten). Es sollte keinen Nationalismus mehr geben, dafür gleiche Rechte und Chancen für alle. Menschenrechte müssen respektiert werden um zusammen eine stärkere Zivilgesellschaft aufzubauen. Daher bitten wir Sie, die folgenden Punkte zur Kenntnis zu nehmen:
DAS RECHT ZU BLEIBEN
Es ist inakzeptabel dass einem Geflüchteten in Brandenburg, der über zwei Jahre hier gearbeitet und Steuern bezahlt hat, plötzlich die Arbeitserlaubnis entzogen wird und abgeschoben werden soll.
Es ist nicht akzeptabel, dass einem Geflüchteten Hoffnung auf eine Karriere durch einen Ausbildungsplatz gemacht wird, bloß um ihm dann später einen Ablehnungsbescheid zukommen zu lassen welches ihn zum Verlassen des Landes auffordert. Wir fordern für alle Geflüchteten die eine Ausbildung machen das Recht zu bleiben.
ABSCHIEBUNG
Wir sind gegen alle Abschiebungen, insbesondere in Länder die von Diktatoren regiert werden, Länder in denen es schlimme Menschenrechtsverletzungen gibt, Länder die den Tod bringen.
Die Dublin-Verordnung ist eine europäische Verordnung, aber ihre Anwendung variiert von einem Bundesland zum anderen. Wir bitten den Landtag Brandenburg zur
Kenntnis zu nehmen, dass diese Verordnung Millionen Geflüchtete physisch und psychisch stark belastet, Familien und die Zukunft vieler dadurch zerstört werden. Wir fordern das Land Brandenburg daher auf, die Anwendung dieser Verordnung einzustellen.
LEBENSBEDINGUNGEN DER GEFLÜCHTETEN IN BRANDENBURG VERBESSERN
Hoher bürokratischer Aufwand: Wir sind gegen den hohen bürokratischen Aufwand für Geflüchtete, mit dem sie im Asylprozess, bei der Arbeits- und Wohnungssuche und im
Integrationsprozess konfrontiert werden.
Wir sind gegen die Isolation in Heimen, gegen langen Aufenthalt in Heimen und wir bestehen auf dem Recht schnell eine eigene Wohnung beziehen zu dürfen. Es braucht eine bessere Wohnungspolitik.
Wir fordern insbesondere den Schutz von Frauen und Kindern, Kinderrechte müssen gewährleistet werden, durch die Umgebung in der sie sich befinden und ihre
Wohnsituation, denn Kinder sind die Zukunft. Sie sollten nicht in Heimen leben müssen.
Für eine bessere Integration ist das Erwerben von Sprachkenntnissen besonders wichtig aber leider wir müssen feststellen, dass der Zugang zu Sprachkursen in
vielen Teilen Brandenburgs auch für Geflüchtete die für sich eine Bleibeperspektive sehen, immer noch stark begrenzt ist. Wir fordern Zugang zu Sprache für ALLE
Geflüchteten.
Der Zugang zu medizinischer Versorgung hat sich in der letzten Zeit für Geflüchtete verbessert. Allerdings wird in vielen Landkreisen Brandenburgs immer noch dem
Heimleiter oder dem Sozialamt die Entscheidung überlassen darüber zu urteilen, wie krank ein Geflüchteter ist, bevor ein Behandlungsschein ausgestellt wird. Wir fordern gleichen Zugang zu medizinischer Versorgung für Geflüchtete in Brandenburg, insbesondere auch für von Traumata betroffene.
Der politische Diskurs über die Erteilung oder die nicht Erteilung von Bleiberecht, welche eine Einteilung und gute und schlechte, intelligente und nicht
intelligente Geflüchtete mit sich bringt, hierarchisiert die Geflüchteten. Dies kann am unterschiedlichen Umgang mit Geflüchteten durch die Security und andere Mitarbeitende in den Heimen beobachtet werden. Auch die Geflüchteten verinnerlichen die Hierarchisierung. Diese Trennungen und Regeln sind inakzeptabel, da es Geflüchtete die sich bereits in einer schwierigen Situation befinden mit einer noch explosiveren Umgebung konfrontiert. Wir fordern gleiche Rechte für alle.
Internetzugang für Geflüchtete
Internetzugang ist heute im 21. Jahrhundert eigentlich kein Luxus mehr. Aber für die Bewohner*innen vieler Heime in Brandenburg, in denen sie ohnehin schon weit weg von allem anderen isoliert sind, ist Internet tatsächlich immer noch ein Luxus. Und selbst wenn Geflüchtetenselbstorganisationen anbieten, dort kostenlosen Internetzugang zur Verfügung zu stellen, wird dies abgelehnt oder wieder zum gehen aufgefordert (z.B. das Internetcafé in Eisenhüttenstadt). Internet ist ein Recht, es ist nicht teuer dies für die Geflüchteten zu Verfügung zu stellen, aber trotzdem werden manche Geflüchteten in ihren Heimen dazu aufgefordert jeden Monat 20 Euro für eine schlechte Internetverbindung zu bezahlen. Heimbetreiber sollten unter Druck gesetzt werden um Organisationen die Bereitstellung von kostenlosem Internet zu erlauben.
Die Stimmen von Geflüchteten und Geflüchtetenorganisationen müssen lauter werden. Ihnen sollte Gehör geschenkt und ihre Strukturen unterstützt werden, da sie die Brücke zu den Entscheidungsträger*innen darstellen.
Say it loud and say it clear — Refugees are welcome here.
Um gemeinsam eine stärkere (Zivil-)Gesellschaft aufzubauen.
Neonazis und Rassisten tragen massiv zur Unsicherheit und zur Gewalt in der Cottbusser Innenstadt bei. Dies wurde erneut am Dienstagabend (13. Juni) in furchtbarer Brutalität deutlich. Unmittelbar nach Abschluss der Demonstration des neurechten Vereins „Zukunft Heimat“ kam es zu mindestens zwei rechten Angriffen. Die Attacken richteten sich gegen Personen, die zuvor am Rande gewagt hatten, ihrem Unmut über die Demonstration verbal Ausdruck zu verleihen.
– Eine Frau wurde auf dem Heimweg in der Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße/Höhe Puschkinpark von zwei vermummten Personen vom Fahrrad geprügelt und im Gesicht verletzt. Sie musste im Krankenhaus behandelt werden, eine Platzwunde wurde genäht. Die Polizei erwähnt diesen Angriff in einer Mitteilung, verschweigt allerdings den Zusammenhang mit der Demonstration. https://polizei.brandenburg.de/…/koerperverletzung‑z…/656331
– Ein Ehepaar beobachtete in der Sandowerstraße die in Richtung Altmarkt vorbeiziehende Demonstration vom Rande her. Kurze Zeit später kamen aus Richtung des Marktes vier Personen auf das Paar zu. Eine der Personen bespritzte die Eheleute mit Wasser. Ein anderer Mann ging auf die Frau los. Der Ehemann versuchte seine Frau zu schützen; daraufhin wurde ihm gegen den Kopf geschlagen. Er ging zu Boden und riss sich dabei den Ellenbogen auf. Auch er musste im Krankenhaus behandelt werden. Ein beiden Fällen wurde Anzeige erstattet.
Mit völkischen und rassistischen Reden hatten „Zukunft Heimat“-Funktionäre wie Christoph Berndt und Anne Haberstroh zuvor die Stimmung angeheizt. Die dabei eingestreute Beteuerung, dass „Zukunft Heimat“ ihre rechtsradikalen politischen Ziele „mit friedlichen Mitteln“ erreichen will, entpuppte sich nicht erst durch die dann folgenden Übergriffe als hohle Phrase. Denn schon an der Demonstration selbst nahmen zahlreiche Personen aus gewaltgeneigten Fußballmilieus und Neonazis teil. Eine Personengruppe war mit einheitlichen T‑Shirts (Aufdruck: Schlagringe, „Anti-Antifa“) und teilweise mit Schutzkleidung ausgestattet.
„Zukunft Heimat“ hat weitere Demonstrationen in Cottbus angekündigt, die erneut in Kooperation mit der Dresdener „Pegida“ organisiert werden sollen. „Zukunft Heimat“ ist zudem aufs engste verquickt mit der AfD. Der Aufmarsch am 13. Juni war der zweite nach einer Auftaktdemonstration im Mai.
Luise Meyer, Sprecherin von Cottbus Nazifrei!: „Zukunft Heimat ist kein harmloser Bürgerverein. Es ist eine rechtsradikale Kampagnenorganisation, die das Klima in unserer Stadt gezielt vergiftet. Menschen werden angegriffen und niedergeschlagen, nur weil sie sich am Rande der Zukunft-Heimat-Demo gegen Rassismus geäußert hatten. Ein trauriger Fakt: Cottbus ist nicht sicher für Menschen, die von Rassismus betroffen sind und für solche, die sich gegen Neonazis positionieren. Seit mehreren Jahren sind die Zahlen rechter und rassistischer Gewalt in Cottbus hoch.“
Am 20ten Juni ist der Welt Flüchtlingstag. Aus diesem Anlass möchten Geflüchtete in Brandenburg und Deutschland sich Gehör verschaffen. Wir organisieren als Gruppen von selbstorganisierten Flüchtlingen und Freiwilligen eine dreitägige Aktion für Geflüchtete in Brandenburg.
Angefangen wird am 18ten Juni um 15:30 am Alten Markt, Potsdam. Dabei werden Workshops und Seminare am 19ten geboten. Am 20ten wird mit einer Pressekonferenz und eine Kundgebung vor dem Brandenburgischen Parlament die Aktion abgeschlossen. Ein Lager, welches wir vor dem Brandenburgischen Parlament aufbauen wollen, wird uns einen direkten Austausch mit der Zivilgesellschaft und Autoritäten ermöglichen. Wir möchten unsere Kompetenzen und Kapazitäten, welche wir mitgebracht haben, beleuchten aber auch unsere Stimmen laut machen über die inhumanen Abschiebungen aus Deutschland in Länder des Todes.
Wir kommen aus Kriegsgebieten und kennen die inhumanen Arten in der Menschen behandelt werde. Wir haben auch einen Mangel an demokratischer und freier Meinungsäußerung der Gesellschaft erlebt. Wir sind über Todesstraßen nach Europa gelangt (über das Mittelmeer und die Spanische Insel von Melila usw.) mit wenig Energie, nur um gleich mit einer schwierigen psychologischen sowie psychischen Umgebung konfrontiert zu
werden. In Deutschland sind wir höchst bürokratische Institutionen sowie einer schwierigen Zivilgesellschaft ausgesetzt, welche harsch und kritisch auf unser Dasein reagieren. Wir sind hier und sind zum Teil dieses Landes geworden. Wir haben Kompetenzen wie Kapazitäten und wollen
zum Schutz der großen Menschlichen Familie beitragen. Uns abzuschieben ist ein Fehler der Zivilgesellschaft. Sie verweigern ihre Verantwortung eben diese große Familie zu ehren und zu schützen. Nein zu Abschiebungen in den Ländern des Todes. Unser Potential zu verkennen ist ein Zeichen der Furcht des Anderen. Fürchtet uns nicht! Wir sind gekommen um zu
bleiben und möchten teilnehmen am Erschaffen einer offenen und wohlhabenden Gesellschaft.
Say it loud and say it clear, Refugees are Welcome here. Wir rufen die Zivilgesellschaft von Brandenburg und Deutschland auf, sich die Themen und Angelegenheiten aus der Geflüchteten perspektive anzuhören und zu unterstützen.
Organisiert von:
R.E, FIBB, RIRH, Mosaic Stern, Freiland Potsdam, Stop Deportation Potsdam, Pangea ‚Orga Potsdam, Stadtmitte für alle Potsdam
Kontakt Tel.: 017636266043 or 015211802328
Email: refugeesactiondaypotsdam@gmail.com
<mailto:refugeesactiondaypotsdam@gmail.com>
facebook. Refugees action days potsdam
Refugees Emancipation e.V
Zum Jagenstein 1
14478 Potsdam
Tél : 0331/2016927/03312015759
Mobil :017636266043
Email : info@refugeesemancipation.com
<mailto:info@refugeesemancipation.com>
www.refugeesemancipation.com <http://www.refugeesemancipation.com/>
INFORIOT — An einer kraftvollen Demonstration gegen Abschiebungen im Barnim beteiligten sich am 8. Juni 2017 in Eberswalde über 150 Personen. Anlässlich vermehrter Abschiebungen und Abschiebeversuche aus dem Landkreis in diesem Jahr hatte ein Bündnis von Antira- und Antifa-Gruppen zu dem Protest aufgerufen.
Demonstration quer durch die Stadt
Auftaktort war der Bahnhofsvorplatz, auf dem sich circa 100 Menschen versammelten. In Redebeiträgen wurde auf die zuletzt gehäuften Abschiebungen hingewiesen, darunter ein Vorfall Anfang April im Übergangswohnheim Bernau-Lobetal. In der Nacht des 3. April rissen Mitarbeiter der Barnimer Ausländerbehörde einen aus dem Tschad geflohenen Mann um 4 Uhr morgens aus seinem Schlaf. Er wurde unmittelbar nach Berlin gebracht und dann über Frankreich abgeschoben, berichteten die Organisator*innen des Protestes. Bewohner*innen aus Übergangsunterkünften in der Region wiesen in weiteren Redebeiträgen auf die unmenschlichen Lebensbedingungen in den Heimen, insbesondere in Ützdorf, hin. Die Route des Protestes führte vom Bahnhof in die Innenstadt zur Ausländerbehörde, bei der die Veranstaltungen nach einer Abschlusskundgebung mit circa 150 Teilnehmenden beendet wurde. Nehmen antirassistischen Aktivist*innen beteiligten sich auch viele Geflüchtete aus Eberswalde, Biesenthal und Ützdorf.
Neben einer Beschreibung der derzeitigen Abschiebepraxis und ihren Folgen für die Geflüchteten im Landkreis, sprach sich eine Geflüchtete Person gegen Stigmatisierung und Reduzierung auf den Flüchtlingsstatus aus: Jede*r habe das Recht, als eigenständige Person wahrgenommen zu werden. Auch wurde in einem Redebeitrag koloniale Kontinuitäten und Alltagsrassismus benannt. Als aktuelles Positivbeispiel im Umgang mit Geflüchteten wurden “Sanctuary Cities” vorgestellt. Das sind Städte, die sich dazu entschlossen haben, dem Druck der nationalen Regierung nicht nachzugeben und sich weigern, an Abschiebungen mitzuwirken oder Repression gegen illegalisierte Menschen auszuüben. Im Landkreis Barnim ist es der Durchsetzung von Kirchenasyl zu verdanken, dass mindestens eine Abschiebung verhindert werden konnte.
An diesen Vorbildern könne sich auch die Barnimer Ausländerbehörde für ein anderes Handeln entscheiden, so die Auffassung der Redner*innen. Die Entscheidung über die Bewilligung oder Ablehnung eines Asylantrages liege zwar nicht in den Händen der Ausländerbehörde, aber sie könne beschließen, ob und unter welchen Bedingungen sie Abschiebungen durchsetzen lasse. So war die Forderung nach einem sofortigen Abschiebestopp ein Kernanliegen der Demonstration.
Nachdem im Vorfeld auf dem rechten Blog „Spreeruf“ gegen die Veranstaltung Stimmung gemacht wurde, blieb es während der Demonstration ruhig. Für mehr als ein unbemerktes Fotografieren der Veranstaltung reichte die Wut gegen „linke Gutmenschen“ wohl nicht.