Die Strategie der meisten Antifaschist_Innen im Umgang mit Rassismus war in der Vergangenheit vor allem die Skandalisierung. Wir haben versucht zu zeigen, dass Rassismus eine Ideologie ist, die nur Hass gegen Menschen erzeugt und daher abzulehnen ist. Das ist grundsätzlich richtig, aber aktuell scheint diese Strategie an ihre Grenzen gekommen zu sein. Wir plädieren daher für einen anderen Umgang mit der gesamten Problematik!
Die Wahlerfolge der AfD in den letzten Wochen haben erneut bewiesen, dass es ein enormes rechtes Potenzial in der Bundesrepublik gibt. Über 24% in Sachsen-Anhalt sind ein mehr als bedrohliches Zeichen. Menschen die AfD wählen betonen oft, dass sie eine grundsätzliche Änderung ihrer Lebensumstände verlangen. Es herrschen massive soziale Abstiegsängste. Diese Ängste sind berechtigt und es stimmt leider, dass sich kein Schwein für diese Ängste interessiert. Die AfD ist in der Lage diese Ängste zu bedienen und rassistisch aufzuladen. Es sind angeblich die Fremden, die auch noch das letzte Hemd von denen fordern, die so schon viel zu wenig zum Leben haben. Sachliche Argumente gegen solche Behauptungen greifen meist ins Leere. Diese Menschen haben sich eine eigene Parallelwelt geschaffen, in der sie sich in alte Zeiten zurück träumen, in denen noch alles ordentlich deutsch war, in der sie sich gegenseitig in ihrer Identität bestätigen können (denn die eigene Abwertung ist nur durch die der Anderen zu ertragen) und die sich effektiv gegen Kritik abschotten kann. Belege für diese Abwehr von Kritik sind beispielsweise Wörter wie “Gutmensch” und “Lügenpresse”. Alles was dem eigenen Weltbild im Wege steht kann so ganz einfach weggewischt werden.
Diese Menschen glauben tatsächlich, dass sie nicht rassistisch sind. Rassist_Innen sind für sie vielleicht noch Anhänger von Blut&Boden-Ideologien, tätowierte Hakenkreuz auf der Stirn oder ähnliches. Sie selbst sehen ihren Rassismus als “Kritik” an vermeintlich fremden Kulturen und deren Lebensweisen. Sie sind ja keine Nazis, aber… Und überhaupt: Das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen. #Meinungsfreiheit
Diese Menschen sind nicht mehr durch Argumente zu erreichen. Sie wollen sich nicht in die Lage der Geflüchteten hinein versetzen. Es ist ihnen schlicht egal was für furchtbare Ereignisse gerade tausende Menschen durchleben müssen, die in Lagern hausen müssen, die Bombeneinschläge erlebt haben und die ihre Angehörigen und ihren Besitz verloren haben oder zurücklassen mussten. Die einzige Partei die wahrnehmbar vorgibt die Interessen dieser Menschen zu vertreten ist die AfD. Und genau an diesem Punkt müssen wir ansetzen:
Parteien, die noch einen Restanspruch an “sozialer Verantwortung” an sich selbst haben wie “DIE LINKE”, die Grünen oder die SPD müssen wieder konsequent linke, dass heisst soziale Politik machen! Und das wiederrum kann nur heissen: radikale Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums! Reiche müssen massiv besteuert werden. Die Vermögensverteilung in diesem Land ist grotesk. Ein paar Dutzend Superreiche besitzen mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung. Es muss wieder ein Sozialstaat aufgebaut werden, der in der Lage ist allen Menschen ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Es ist genug Geld da, welches die Gesellschaft erarbeitet hat. Die Gesellschaft hat das getan und nicht etwa die Superreichen, die aber über den geschaffenen Reichtum verfügen können.
Mit diesem Schritt ist es möglich Allen in diesem Land wieder ein gutes Leben zu ermöglichen. Dann ist es nicht mehr notwendig zu betonen, dass man Deutscher ist und daher ein “genetisch-bedingtes Recht” auf Hartz IV hat und der syrische Kriegsflüchtling – mangels der “richtigen Gene” – eben nicht.
Wir müssen den Menschen, die Illusion nehmen, dass die AfD eine Partei ist, die sich für die Belange der Bevölkerung oder umgangssprachlich des “kleinen Mannes” einsetzt. Und am Besten nimmt sich die AfD diesen Schein selbst: mit dem Entwurf ihres eigenen Wahlprogrammes. Das kann nämlich nicht anders bezeichnet werden als ein Sahnebonbon für die bereits Wohlhabenden. Die AfD will beispielsweise die Erbschaftssteuer abschaffen (hey!) und den Spitzensteuersatz um 20% senken (wuhu!) oder ein einheitlichen Einkommenssteuersatz von 25% (oh yeah!). Für mindestens 95% der Menschen in diesem Land würde das eine deutliche Verschlechterung bringen – und die ohnehin schon Reichen würden noch reicher. Außerdem will die AfD, dass Kommunen insolvenzfähig werden sollen. Gleichzeitig soll dann aber auch noch die Gewerbesteuer abgeschafft werden – unter uns: das ist die Haupteinnahmequelle der meisten Städte. Genialer Vorschlag um in kürzester Zeit soziale Katastrophen in verschuldeten Städten zu erzeugen. Und das geht ja noch so weiter! Das ist nicht alles von dem Unfug, den die AfD umsetzen will! Aber ich will euch den Rest dann doch ersparen… Ihr könnt ja selbst recherchieren!
Fakt ist: Gegen die AfD hilft nur Aufklärung und soziale Alternativen. Die etablierten Parteien sollten sich darauf besinnen und zu einem eigenen Umdenken kommen!
Viele von uns haben aber auch gar nichts mit Parteien am Hut, beziehungsweise geht unsere Vorstellung von Demokratie darüber hinaus, dass man nur alle paar Jahre irgendwo ein Kreuz macht und gut ist. Wir müssen gemeinsam auf die Straße und für ein besseres Leben kämpfen. Wir müssen zusammen mit den Gewerkschaften für einen gerechten und gleichen Lohn und bessere Arbeitsplätze kämpfen. Wir müssen wieder aufstehen gegen Kriege, deutsche Waffenexporte, Zeitarbeit und die Situation auf dem Wohnungsmarkt. Wir müssen unsere Nachbar_Innen unterstützen, wenn eine Zwangsräumung droht und die Schüler_Innen ermutigen für ihre Rechte zu streiten.
Denn die meisten Probleme in diesem Land sind hausgemacht oder zwangsläufige Erscheinungen einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung und es bedarf schon einer gewissen “naiven Dümmlichkeit” um dafür Geflüchtete verantwortlich machen zu wollen. Oder so zu tun, als wären beispielsweise sexualisierte Übergriffe und Gewalt vor den Ereignissen in Köln an Silvester letzten Jahres kein Thema gewesen. Die vielen Frauenhäuser in diesem Land sprechen eine ganz andere Sprache…
Weltweit befinden sich faschistische Bewegungen wieder im Aufwind. Wir müssen diese Entwicklung stoppen! Und an dieser Stelle sei Ross und Reiter klar benannt: Die AfD ist eine faschistische Partei in der Aufbauphase, die mit Hass, Angst und Vorurteilen auf Stimmenfang geht und denen ein antisozialer und autoritärer, völkischer Staat vorschwebt. In anderen Staaten Europas sieht es nicht viel besser aus. Die Zukunft scheint finster, aber noch ist nichts verloren. Und auch wenn es für einige hier pathetisch klingen mag: Wir halten es mit Rosa Luxemburg, die sagte dass uns das Leben im Kapitalismus nur die Wahl lässt zwischen “Sozialismus oder Barbarei”. Wir werden weiter dafür kämpfen, dass das gute Leben für alle möglich wird. Wir werden uns unsere Menschlichkeit bewahren und den Menschenfeinden entgegenrufen: Ihr bekommt keine weitere Chance auf anderen Menschen herumzutrampeln. Gegen eure Ausgrenzung stellen wir unsere Solidarität.
Nationalismus ist keine Alternative und Rassismus keine Meinung!
Das schöne Leben wird nicht erbettelt, sondern erkämpft! Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass es wahr wird!
Kategorie: Flucht & Migration
INFORIOT Der 12. März war wieder ein aktionsreicher Tag in Brandenburg: In der Uckermark hielt die Partei „Der III.Weg“ mehrere Kundgebungen ab und in Neuruppin versammelten sich Antifaschist_innen und Antirassist_innen zu einer kraftvollen Demonstration.
Kundgebungstour des „III. Wegs“
Am Vormittag organisierte die Partei „Der III. Weg“ zwei Kundgebungen in Angermünde und eine Versammlung in Templin. Die Kundgebungen richtete sich gegen Asyl. Angeführt wurden die Versammlungen durch Matthias Fischer. An der Kundgebung in Templin nahmen etwa 50 Neonazis der Partei und örtlichen Neonazis teil. Die Stadt ist Fischers Geburtsort, derzeit soll er in der Nähe von Angermünde wohnen. Von hier aus versucht Fischer einen Stützpunkt des „III. Wegs“ aufzubauen, welcher am 12. Dezember 2015 gegründet wurde. In mehreren Reden hetzten er, Pascal Stolle und Robin Liebers gegen Asylsuchende, die Politik, gegen die USA und Israel.

Unterstützen fanden die Brandenburger Aktivisten um Fischer durch Neonazis aus Berlin. Der Berliner Stützpunkt der Partei um Franziska Grunhold waren anwesend. Zudem nahmen die Mitglieder des Berliner Stützpunktes der Kleinstpartei „Die Rechte“ um Patrick Krüger und Bodo Dreisch an der Kundgebung in Templin teil. Technische Unterstützung bekam die Kundgebung außerdem von dem Ehepaar Franziska und Peer Koss. Koss trat sogar erstmals mit einer Jacke des „III.Wegs“ auf, was seine Mitgliedschaft in der Partei nahelegt.

Templin ist derzeit nicht nur für Fischer und seine KameradInnen interessant, erst letzte Woche Samstag veranstaltete die NPD eine Kundgebung. Und am kommenden Freitag, den 18. März, soll der erste sogenannte „Abendspaziergang“ in Templin stattfinden. Alle drei Versammlungen richteten bzw. richten sich gegen die Asylpolitik.
Bilder: hier und hier.
120 bei antifaschistischer Demonstration in Neuruppin
An einer Demonstration gegen rassistische Hetze und rechte Gewalt, die am Samstagnachmittag in Neuruppin stattfand, nahmen knapp 120 Menschen teil. Unterstützt wurde die Demonstration durch das Aktionsbündnis „Neuruppin bleibt bunt“. Die Demonstration führte vorbei an mehreren Neonazi-Wohnungen und dem Maklerbüro des Rathenowers Nico Tews. In einem Redebeitrag wurde Tews als Organisator der rassistischen Aufmärsche in Rathenow thematisiert. Erst letzte Woche veranstaltete Tews eine Demonstration mit etwa 600 Neonazis und RassistInnen durch Rathenow. Sein Ziel war es diverse rassistische „Bürgerinitiativen“ zu vereinen, aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen waren diverse Organisationen und Vereinigungen angereist. Die Demonstration endete im Wohngebiet um das REIZ-Einkaufszentrum, wo es zu einer kleinen Provokation von zwei mutmaßlichen Neonazis kam.

Bilder: hier und hier.
Am 29. Februar 2016 hat Innenminister Schröter das Ersuchen der Härtefallkommission für ein Bleiberecht der Familie Novakovic abgelehnt. Vor dreieinhalb Jahren reiste das Ehepaar Novakovic mit ihren drei Kindern nach Deutschland ein und beantragte Asyl. Als Roma sind die Kinder in Serbien in der Schule immer wieder massiv angefeindet und angegriffen worden. Auch nach wiederholten Interventionen der Eltern hat die Familie von Verantwortlichen jahrelang keinen Schutz oder Hilfe erfahren. In der Folge konnten die Kinder die Schule nicht mehr besuchen. Um eine Zukunft für die Kinder ohne Gewalt und Diskriminierung zu finden, floh die Familie nach Deutschland.
Der neunjährige Kristijan ist der jüngste der drei Geschwister. Er ist wegen seiner traumatisierenden Erfahrungen seit über einem Jahr in jugendpsychiatrischer Behandlung. Sollte die Familie abgeschoben werden, wird er die dringend notwendige Behandlung aller Voraussicht nach nicht fortsetzen können. Roma werden in Serbien grundlegende soziale Rechte verwehrt, viele leben weit unter dem Existenzminimum. Den Novakovics droht bei Rückkehr unmittelbar die Obdachlosigkeit. Die Kinder würden wieder dem gleichen Umfeld und Bedingungen ausgesetzt sein, die sie bereits vor ihrer Flucht nach Deutschland aus der Schule getrieben haben. Das Recht auf Bildung, auf geistige Entwicklung und eine “normale” Kindheit in einem sicheren Umfeld wären ihnen verwehrt.
Die UN-Kinderrechtskonvention – von der Bundesrepublik im Jahr 2010 ratifiziert — bestimmt, dass Kinder nicht als Anhängsel ihrer Eltern behandelt werden dürfen, sondern eigene Menschenrechte haben. Sie
verpflichtet Behörden, bei jeder Entscheidung den Vorrang des Kindeswohls zu garantieren. Zum Weltkindertag im September letzten Jahres stellte das Deutsche Institut für Menschenrechte unmissverständlich klar, dass staatlichen Behörden auf Bundes- , Landes- und kommunaler Ebene zur Beachtung der Kinderrechte aus der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet sind und dass diese Rechte für
alle Minderjährigen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, ihrem aufenthaltsrechtlichen Status oder dem ihrer Eltern gelten.
Die psychische Situation der Geschwister Novakovic hat sich in den Jahren ihres Aufenthalts in Brandenburg stabilisiert und sie haben begonnen Wurzeln zu schlagen. Die Familie hat inzwischen viele
UnterstützerInnen, gute FreundInnen und NachbarInnen gefunden. Beide Eltern arbeiten geringfügig. Frau Novakovic spricht fünf Sprachen und unterstützt ehrenamtlich andere Flüchtlinge als Dolmetscherin und Integrationslotsin. In Forst sind die Kinder bestens in der Schule integriert. Sie gehen motiviert, gerne und regelmäßig zur Schule, so dass eine Lehrerin in einem der vielen Unterstützungsaufrufe schrieb: “Soll ihnen das alles wieder genommen werden? Wie lange kann ein Kind eine ’solche Kindheit’ noch verkraften?”
In diesem Sinne sind zahlreiche Schreiben von LehrerInnen, NachbarInnen, Kirchenmitgliedern, der Arbeitgeberin, SozialarbeiterInnen und Menschen aus Initiativen und Verbänden verfasst worden. Alle appellierten an die Regierung, der Familie ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren, denn in Forst und Umgebung werden sie als Vorbild für soziale Integration angesehen.
Die Härtefallkommission war im November 2015 zu dem sehr deutlichen Ergebnis gekommen, dass im Falle der Familie Novakovic dringende humanitäre und persönliche Gründe vorliegen, die – insbesondere im
Interesse der Kinder – die weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erforderlich machen. Innenminister Schröter setzte sich darüber hinweg und entschied gegen das Ersuchen der Kommission.
“Mit seiner Entscheidung sendet Innenminister Schröter ein fatales Signal in die Gesellschaft und an all diejenigen, die sich für die Aufnahme und Integration von Familie Novakovic und anderer Flüchtlinge vor Ort engagieren. Die Entscheidung ist ein Affront gegen die Bemühungen der Menschen in Forst, Familie Novakovic in ihrer Mitte aufzunehmen und sie missachtet das Kindeswohl der betroffenen Kinder” sagte Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Der Flüchtlingsrat fordert die Landesregierung und den Innenminister auf, der Familie Novakovic ein dauerhaftes Bleiberecht zu gewähren und sie nicht aus dem Kreis ihrer neuen FreundInnen und NachbarInnen zu reißen. Die Kinder dürfen nicht aus der Schule und ihrem gewohnten Umfeld genommen und nach Serbien ins Elend abgeschoben werden, wo sie wieder Diskriminierung und Anfeindungen ausgesetzt wären und ihnen das Recht auf Bildung und Entwicklung verwehrt bliebe.
Anfang März hat der Landkreis Elbe-Elster mehrere Geflüchtete aus Finsterwalde in einer Sammelabschiebung nach Polen abgeschoben. Darunter befanden sich auch Betroffene eines rechten Angriffes, der am am 12.Dezember 2015 in Finsterwalde stattfand. Sechs Kriegsflüchtlinge aus Tschetschenien waren auf dem Weg zu ihrer Gemeinschaftsunterkunft aus einem vorbeifahrenden Auto beschossen worden. Die polizeilichen Ermittlungen zu dem Fall dauern noch an.
„Wir verurteilen die Abschiebung von Betroffenen rechter Gewalt durch die Ausländerbehörde des Landkreis Elbe-Elster. Hierdurch wird den Betroffenen von rassistisch motivierten Gewaltstraftaten die Möglichkeit genommen, ihre Opfer- und Zeugenschutzrechte wahrzunehmen und zum Beispiel eine Heilbehandlung zu erhalten“, so Martin Vesely von der Gewaltopferberatung des Vereins Opferperspektive e.V.
Das Sozialamt des Landkreises verweigerte den traumatisierten Kriegsflüchtlingen bis Februar 2016 eine psychologische Unterstützung. Nachdem nun das Sozialamt zusicherte, eine psychologische
Mindestversorgung der Betroffenen erneut zu prüfen, wurden mindestens zwei der Betroffenen kurzerhand durch die Ausländerbehörde abgeschoben.
Auch in anderer Hinsicht ist der Vorgang skandalös: Durch die Abschiebung fehlen nun wichtige Zeugen in einem laufenden Ermittlungsverfahren. Der Landkreis schützt somit im Endeffekt
rassistische Gewalttäter vor Strafverfolgung. Dies steht im eindeutigen Widerspruch zu sämtlichen Versprechungen aus der Politik, rechte Straftaten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verfolgen.
„Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass viele Strafverfahren eingestellt werden oder mit einem Freispruch für die Täter_innen enden, wenn die Zeug_innen für Aussagen fehlen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Landkreis eine Abschiebung forcierte, nachdem die Betroffenen sich Hilfe suchend an unsere Beratungsstelle wandten. Es ist unerträglich, dass den Betroffenen nun die Möglichkeit einer psychologischen Aufarbeitung des Angriffs in Finsterwalde genommen wird.“ erklärt Martin Vesely von der Opferperspektive weiter.
Zum internationalen Frauentag fordern wir gemeinsam mit den Flüchtlingsfrauen: Frauen und Kinder raus aus den Heimen, Lagern und Massenunterkünften*
Wir fordern die Unterbringung von geflüchteten Frauen in Wohnungen, um ihren Schutz sowie den Schutz ihrer Kinder zu gewährleisten.
Die Frauen, die in den lagerähnlichen Unterkünften in Stolpe-Süd untergebracht sind, sehen sich ständig mit sexueller Belästigung, Alkoholismus, Aggressionen und Drohungen durch andere männliche
Mitbewohner konfrontiert. „Solche Übergriffe passieren auch auf deutschen Straßen und insbesondere in deutschen Haushalten. Aber in einer Sammelunterkunft, die eine Zwangswohnform ist, treten sie
konzentrierter und vermehrt auf. Denn dort haben Menschen kaum Rückzugsmöglichkeiten und sind häufig extremen Alltagssituationen, Enge und Stress ausgesetzt“, berichten Mitglieder der Initiative Women in Exile. Darüber hinaus kritisieren die Frauen (die Bedrohung durch das Sicherheitspersonal und) die ständige Kontrolle ihrer An- und Abwesenheit in den Heimen, durch die sie ein Leben wie auf der Abschieberampe führen.
Trotz Anzeigenerstattung und Hilfegesuch bei Wachpersonal und Sozialarbeiter_innen gibt es bisher kein Konzept zum Schutz von Frauen und Kindern in den Gemeinschaftsunterkünften. Betroffene Frauen fühlen sich nicht ausreichend vor den Tätern geschützt, sodass den Schritt zur Polizei in Zukunft nur wenige wagen werden. Die europäische Richtlinie zur Unterbringung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen und die Kinderkonventionen der UNO sind in der BRD als Gesetz anerkannt. Doch auf den Appell von Frauen aus den Gemeinschaftsunterkünften sowie der
Initiative Willkommen in Oberhavel an die Kreisverwaltung, für eine Unterbringung in abgeschlossenen Wohnungen, ist diese nicht einmal bereit, sich auf einen Kompromiss in Form einer Unterbringung in einem gesonderten Haus für Frauen auf dem Gelände in Stolpe-Süd einzulassen. Die Argumentation, nach der die wohnliche „Durchmischung“ in den Heimen „beruhigend und ausgleichend“ auf die Männer einwirke, ist angesichts der Realität zynisch und geht nur zu Lasten der Frauen.
Heute möchten wir im Rahmen des Frauenfrühstücks im Nachbarschaftstreff in Stolpe-Süd anlässlich des Weltfrauentags unsere Solidarität mit den Flüchtlingsfrauen ausdrücken. Die Logik der Verwaltung, Frauen in den Gemeinschaftsunterkünften als Puffer zwischen Männern zu platzieren, zeigt, wie wenig Frauenrechten Beachtung geschenkt wird.
*Gemeinsam fordern wir von den Verantwortlichen in Stadt und Land und in den städtischen Wohnungsbaugesellschaften die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum und den (Wieder)einstieg in den Bau von Sozialwohnungen. Auch in Hennigsdorf fehlt es an preiswerten Wohnungen. *Von der mangelhaften Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum sind wir alle betroffen.
Wir unterstützen die Forderungen der Flüchtlingsfrauen sowie der Initiative Women in Exile, die im Rahmen einer Tour zu verschiedenen Asylheimen einen Halt beim Hennigsdorfer Frauenfrühstück einlegten: Frauen und Kinder müssen raus aus den Lagern und benötigen zu ihrem Schutz dezentrale, zentrumsnahe Unterbringung in Wohnungen.
Wir haben uns schweren Herzens entschieden, die Arbeit der Geflüchtetenberatung des Utopia e.V. vorübergehend einzustellen. Wir können unter den momentanen Bedingungen keine Beratung, die unseren Ansprüchen genügt, realisieren. Wir haben diese Arbeit über ein Jahrzehnt ehrenamtlich und unter hohen persönlichem Aufwand gemacht und uns teilweise bewusst entschieden, in prekären finanziellen Verhältnissen zu leben, um die Zeit für die Beratung aufbringen zu können. Persönliche Umstände führen nun dazu, dass die Ressourcen der Mitarbeiter*innen so knapp sind, dass eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Beratung, die die Klient*innen zu Recht erwarten, nicht mehr möglich ist.
Wir sehen es als eine Voraussetzung, um die Arbeit wieder aufnehmen zu können, dass es mindestens eine hauptamtliche Personalstelle gibt. Es braucht eine mit finanziellen und zeitlichen Ressourcen ausgestattete Geflüchtetenberatung, um die Arbeit angemessen fortzuführen sowie das ehrenamtliche Engagement weiterer Mitarbeiter*innen zu koordinieren. Der Verein ist daher um eine Förderung bemüht.
Die Geflüchtetenberatung prägte über Jahre die Arbeit des Vereins. Die unabhängige und kostenlose Begleitung und Beratung Asylsuchender während des Asylverfahrens, im Alltag und bei Fällen von Diskriminierung war bei den Klient*innen gut etabliert. Durch die Einstellung der ehrenamtlichen Beratungsarbeit wird die psychosoziale Versorgung der Stadt weiter verschlechtert. Umso schwerer fällt der Abschied auf Zeit. Die Klient*innen werden in Zukunft an andere Beratungsstellen verwiesen.
An dem heutigen Freitagabend fand in Oranienburg eine antirassistische Demonstration mit knapp 250 Teilnehmer_innen statt. Der Anlass der Demonstration war die anhaltende rassistische Mobilisierung in Oranienburg und die zehnte Versammlung der RassistInnen.
Unter den Motto „Zeit zu Handeln – Gemeinsam gegen Rassismus“ versammelten sich die Demonstrant_innen am Oranienburger Bahnhof. Nach einer kurzen Wartezeit ging die Demonstration auch schon los und führte über einen kleinen Umweg durch ein Plattenbaugebiet in der Sachsenhausener Straße zum Schloss. Dort wurde eine weitere Kundgebung abgehalten.
Ebenfalls am Schloss fand die Kundgebung des sog. „Abendspaziergangs“ statt und eine Gegenveranstaltung des Bürgermeisters Hand-Joachim Laesicke im Vorhof des Schlosses. Das als größeres Event angekündigte rassistische Kundgebung mit dem rechten Islamhasser und PI-News-Autor „Michael Mannheimer“, alias Karl-Michael Merkle, zog erwartungsgemäß viele AnhängerInnen an. Über 500 Personen gesellten sich zur rassistischen Kundgebung und lauschten der Hetze von Merkle. Durch unsere lautstarke Kundgebung wurden die Reden der HetzerInnen deutlich übertönt. Allerdings wurde die antirassistische Kundgebung aufgrund der Kälte vorzeitig beendet. Trotzdem gab es lautstarken Protest. Anders als die Veranstaltung des Bürgermeisters im Schlossvorhof, die bereits bevor der Hauptgast des rechten Aufzuges zu reden begann, sich aufgelöst hatte. Eine reale Auseinandersetzung mit den verschwörungstheoretischen und anti-muslimischen Thesen des Merkle fand durch die Bürgerschaft nicht statt. Vereinzelt reihten sich jedoch Teilnehmer_innen aus dem Schlossvorhof in die antirassistische Kundgebung ein.
Nachdem die Gegenproteste der letzten rechten Demonstrationen weitestgehend eingebrochen sind, rief der Bürgermeister Hans-Joachim Laesicke zusammen mit dem Pfarrer Humburg und allen Fraktionsvorsitzenden zu einer Demonstration unter den Motto „Herz statt Hetze“ auf. Die Demonstration zog von der St. Nikolai-Kirche zum Schlossvorhof. In einem Redebeitrag auf der antifaschistischen Demonstration in Gedenken an Sven Beuter am vergangenen Samstag in Brandenburg/Havel hatten wir erörtert, warum eine Teilnahme für antirassistisch und antifaschistisch gesinnte Menschen an dieser Demonstration aus unserer Sicht nicht möglich seiIn einem Redebeitrag machten wir heute zudem deutlich, dass wir mit der derzeitigen Verschärfung des Asylrechts und vor allem mit den Beschluss des Asylpakets II nicht einverstanden sind. Sollten die Politiker_innen aber irgendwann einsehen, dass das Problem Rassismus heißt, und nicht die Verteidigung „unserer“ Werte gegen vermeintliche „Extremist_innen“ verschiedenster Colour ist, dann wäre auch eine gemeinsame Veranstaltung möglich.
Dass die Demonstration des Bürgermeisters mit 400 Personen sehr gut besucht war, war absehbar, schließlich hat der „Ritter Hansi“ zur Audienz gebeten. Wenn die bloße Ankündigung einer antirassistischen Demonstration in der Stadt dafür sorgt, dass die hohe Prominenz der Stadt und Politik sich erhebt um auch mal wieder gegen Rassismus zu demonstrieren, dann ist auch dies als Erfolg aus unserer Sicht zu werten.
Für den heutigen Abend ziehen wir eine positive Bilanz. Dass sich etwa 250 Antirassist_innen und Antifaschist_innen an einem Freitagabend nach Oranienburg bewegt haben um ein deutlichen Zeichen gegen die andauernde rassistische Hetze zu setzen, werten wir als Erfolg. Obwohl die Demonstrationsstrecke sehr kurz war und die Kundgebung in Hör- und Sichtweite zu den RassistInnen nicht viele Handlungsmöglichkeiten hergegeben hat, wollen wir uns trotzdem bei all denjenigen bedanken, die dennoch nach Oranienburg gekommen und auf unserer Kundgebung geblieben sind. Zudem müssen wir leider kritisch anmerken, dass nicht alle Teilnehmer_innen der antirassistischen Demonstration sich an den zuvor angekündigten Aktionskonsens gehalten haben. Wir würden uns künftig wünschen die Antifaschist_innen würden sich an die Wünsche der lokale Engagierten mehr hören.
Unser Ziel den Widerspruch auf die Straße zu bringen wurde erfüllt. Wir haben in alle Deutlichkeit gezeigt, dass wir den RassistInnen den Raum für ihre Hetze nicht überlassen werden! Es sollte jedoch klar sein, dass es nicht bei einem Zeichen bleiben darf. Wir werden die aggressive rassistische Hetze in Oranienburg nicht weiter hinnehmen und können jetzt schon sagen: wir kommen wieder!
Auf diesem Wege wollen wir außerdem auf weitere Veranstaltungen in Brandenburg, die Unterstützung bedürfen, aufmerksam machen:
- 5. März | 12:00 | Bhf. Rathenow: Antifa-Demo gegen Neonazis-Großdemonstration
- 12. März | 16:00 | Schulplatz Neuruppin: Antifa-Demo: „Es reicht! Gerade machen gegen Nazis und Rassisten!“
Der heutige antifaschistische Mittwoch startete mit einer großen, lautstarken und offensiven Demonstration unter dem Motto “Rassismus tötet! Die mörderischen Verhältnisse kippen!”.
500 Menschen liefen vom Lustgarten in Richtung Potsdam Nord, zum Dorint-Hotel. Während dieser Demonstration wurden vielerlei inhaltsreiche Redebeiträge gehalten. Diese setzten sich mit staatlichem Rassismus und dem massenhaften Tod von Refugees bei ihrer gefährlichen Flucht auseinander, außerdem wurde die Auseinandersetzung der Potsdamer Presse mit Pogida aufgrund ihrer Inhaltslosigkeit kritisiert.
Um 18.30 Uhr war die Demonstration beendet. Die Teilnehmenden begaben sich umgehend in Richtung Bornstedt, um dort die Neonazis von Pogida gebührend in Empfang zu nehmen. Zunächst gab es etwas Verwirrung bei den anwesenden Polizeikräften, ob die Teilnahme an der von Norbert Müller angemeldeten Demonstration möglich sei oder nicht. Ein Teil der Demonstrierenden begab sich zu 18.50 Uhr dorthin, der andere Teil versuchte auf dezentralem Weg an die Neonazis heranzukommen.
Pogida begann mit einiger Verspätung um 19.00 Uhr mit der Kundgebung. Es wurden verschiedene Redebeiträge verlesen. Nach einer kurzen Begrüßung durch Christian Müller, ergriff der Potsdamer Herbert Heider das Wort, er hatte in der Vergangenheit schon öfter für Pogida gesprochen, zumeist im OpenMic-Teil des Aufmarsches. Mittlerweile gehört er zu den planmäßigen Redner_innen. Das Herausragende bei ihm dürften die sehr ausgiebigen Zitate aus den Aufrufen der Gegendemonstrant_innen und von der Antifa gewesen sein. Am Ende kritisierte er, dass bei den letzten Pogida-Versammlungen alle drei Strophen des Deutschlandliedes gesungen wurden. Während dieser Auftaktkundgebung waren die Gegendemonstrant_innen durchgängig sehr gut hörbar bei Pogida. Nach einer Stunde lief Pogida dann endlich los. Ihre ursprünglich geplante Route, die Kirschallee hinunter, wurde allerdings von engagierten Antifaschist_innen blockiert. So bogen sie in die Erwin-Barth-Straße ein, auf der sich auch eine Blockade vorbereitete . Allerdings liefen sie nur weitere 50 Meter und dann war auch an diesem Mittwoch wieder Schluß für die 60 Hansel die wenig mehr von sich geben, als dass sie das Volk und Pogida seien. Nach kurzem Stillstand lief Pogida die Route wieder zurück. Wenn sie auch sonst nichts lernen: Niederlagen können sie mittlerweile gut akzeptieren und entsprechend handeln.
Am Ausgangspunkt wieder angekommen erfolgten weitere Reden von Pogida. Der Anmelder Müller startete seine, laut Eigenangaben von Bärgida übernommene Rede, thematisch sehr reichsbürgerlich. Zitierte seitenweise Auszüge aus dem Grundgesetz, der Potsdamer Konferenz und der Konferenz von Jalta. Knackpunkt: Deutschland sei kein souveräner Staat, sondern stünde unter der Kontrolle der Allierten. Diese Macht wiederum solle Putin nutzen um die zum Faschismus neigende deutsche Staatsführung abzusetzen. So oder so ähnlich ging es weiter, die geneigten Zuhörenden dürften allerdings genauso wenig Spaß daran gehabt haben ihm zu lauschen wie die weniger geneigten, denn Christian Müller las den kompletten Redebeitrag ab und dies sehr holprig. Am Ende erzählte er noch was zu seiner kriminellen Karriere und dass er sich bei Pogida in Zukunft im Hintergrund halten aber trotzdem weiter planen möchte.
Als weiterer Redner trat „Curd Schumacher“ auf, bei dem getrost bezweifelt werden darf, dass er wirklich so heißt. „Curd Schumachers“ Hauptkritikpunkt waren die Gegenproteste. Diese waren ihm zu laut, zu gewalttätig und allgemein habe er solche Zustände bisher nicht erlebt (außer vielleicht in Leipzig, wie er ergänzte). Er sah angesichts der überwältigenden Masse von lautstarken Gegendemonstrant_innen seine Haut in Gefahr und die Abreise gefährdet. Nichts davon trat ein. Leider.
Stattdessen ließ Christian Müller noch kurz darüber abstimmen ob nun alle drei Strophen des Deutschlandliedes gesungen werden sollten (Mehrheit der Neonazis überraschenderweise dafür) und stimmte dieses dann inbrünstig an.
Die Abreise der Neonazis gestaltete sich dann recht schwierig. Da der Kundgebungsort nach wie vor von allen Seiten von Gegendemonstrant_innen eingekesselt war. Erst 40 Minuten nach Beendigung der Gruselveranstaltung konnten die Neonazis den Bus in Richtung Potsdamer Innenstadt nehmen.
Der mehrstündige Gegenprotest wurde durch die Polizei mit dem Einsatz von Pfefferspray, körperlicher Gewalt und Festnahmen erschwert.
Bis zum Ende des Aufmarsches kamen von Christian Müller sich massiv widersprechende Aussagen zur Zukunft von Pogida. Vielleicht übernimmt Markus Johnke von Legida aus Leipzig die offizielle Anmeldung, vielleicht aber auch nicht. Unter Umständen wird Pogida den Wochentag in Zukunft wechseln, unter Umständen aber auch nicht. Möglicherweise zieht sich Müller komplett aus Pogida zurück, oder auch nicht. Denn den nächsten Aufmarsch am Bassinplatz wird er wiederum anmelden und anführen. Einen Lichtblick gibt es allerdings: Pogida soll wohl in Zukunft nur noch alle zwei Wochen stattfinden. Glauben tun wir das allerdings erst wenn wir es sehen.
Seit November letzten Jahres prangt ein Infozettel im Sozialamt Neuruppin. Flüchtlinge, „die in einem anderen Land bereits einen Asylantrag gestellt haben“, sollen weniger Geld bekommen. Grund sei das vom Bundestag beschlossene Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz.
Betroffen sind alle Flüchtlinge im Landkreis, die unter die sogenannte Dublin-III-Verordnung fallen. Sie sollen in das EU-Land abgeschoben werden, in das sie zuerst eingereist sind. Nun kürzt ihnen das Sozialamt Neuruppin die Sozialleistungen um das monatliche Taschengeld von 143 Euro. Die Folgen: Die Betroffenen können sich keine Fahrkarten mehr kaufen, keine Handy-Karten, keine besonderen Lebensmittel, sie können AnwältInnen nicht mehr bezahlen. Es bleibt ihnen nur ein Existenzminimum, das zum Überleben ausreichen soll.
Tatsächlich wurde mit dem neuen Gesetz die Sozialleistungen für bestimmte Flüchtlinge unter das menschenwürdige Existenzminimum gesenkt, nach Ansicht vieler ExpertInnen ein klarer Verfassungsbruch. Denn das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2012 entschieden: „Auch eine kurze Aufenthaltsdauer oder Aufenthaltsperspektive in Deutschland rechtfertigt es im Übrigen nicht, den Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums auf die Sicherung der physischen Existenz zu beschränken. Die in Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ Doch die Bundesregierung spielt auf Zeit, bis das Bundesverfassungsgericht das verfassungswidrige Gesetz kassiert.
Dieses verfassungswidrige Gesetz hat das Sozialamt Neuruppin nun falsch gelesen und eigenmächtig noch einmal verschärft. Denn nach dem Gesetz sollen nicht Flüchtlinge im Dublin-III-Verfahren gekürzte Leistungen erhalten, sondern Flüchtlinge, die nach einem Beschluss der EU in andere Länder „umgesiedelt“ wurden und sich der Zwangsumsiedlung widersetzen.
Im September 2015 hatte die EU die Umsiedlung von 160.000 Flüchtlingen aus Griechenland und Italien beschlossen, bis Anfang Januar wurden gerade einmal 272 eritreische und syrische Flüchtlinge nach Finnland, Schweden und Luxemburg umgesiedelt.
Gegen die rechtswidrigen Leistungskürzungen wurde von einigen Betroffenen Widerspruch eingelegt, Klagen beim Sozialgericht sind anhängig. Kay Wendel vom Flüchtlingsrat kommentiert die Praxis des Sozialamts: „Die illegalen Leistungskürzungen zeigen, welcher Geist durch die Asylrechtsverschärfungen aus der Flasche entlassen wurde:
Drangsalierung und Abwehr von Flüchtlingen, Schluss mit der Willkommenskultur. Dass das Sozialamt das Recht offensichtlich beugt, ist eine Folge davon. Sozialministerin Diana Golze sollte dieser
illegalen Praxis umgehend ein Ende bereiten.“
INFORIOT — Verschiedenste Veranstaltungen fanden am vergangenem Wochenende in Brandenburg statt. Rechte Versammlungen in Leegebruch, Glöwen, Brück, Bad Belzig und Frankfurt/Oder bekamen deutlichen Gegenwind. Knapp 250 Antifaschist_innen nahmen an einer Gedenkdemonstration für Sven Beuter, der vor 20 Jahren von dem Neonazi Sascha Lücke totgeschlagen wurde, in Brandenburg an der Havel teil. In Lübben (Dahme-Spreewald) marschierten rund 350 RassistInnen und Neonazis für die “Zukunft für ihre Heimat”.
Brandenburg an der Havel — Kraftvolle Antifademo erinnert an Opfer Rechter Gewalt

Am heutigen Samstag den 20.02.2016 versammelten sich rund 250 Antifast*innen unter dem Motto “fighting for 20 years” in Brandenburg an der Havel, um dem vor 20 Jahren durch den Neonazi Sascha Lücke ermordeten Sven Beuter zu gedenken. Die aus Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt angereisten Teilnehmenden zogen vom Bahnhof der Stadt über den zentralen Marktplatz in das Stadtzentrum. In Redebeiträgen wurde der “Totschlag”, so das damalige juristische Urteil, in Beziehungen zu anderen Tötungsdelikten durch Neonazis gesetzt. Als Beispiele seien hier die angesprochenen Morde an Dieter Eich (Mai 2000) in Berlin-Buch oder Emil Wendland (Juli 1992) in Neuruppin genannt.

Von dort aus zog die Demonstration weiter zu Havelstraße 13, wo es eine Gedenkplatte für den an diesem Ort tödlich misshandelten Sven Beuter gibt. Dort wurden in Erinnerung an den Punk Kränze, Kerzen und zwei Flaschen Bier abgelegt, sowie eine Schweigeminute gehalten. Die Opferperspektive Brandenburg erinnerte dort in einem Redebeitrag daran, dass neonazistische Gewalt nicht nur tödliche Folgen hat, sondern darüber hinaus viele Menschen nach Übergriffen durch die erlittenen Verletzungen ein eingeschränktes und pflegebedürftiges Leben führen.

Abschließend zog die Demonstration zurück zum Bahnhof der Stadt um den anwesenden Antifaschist*innen eine fahrt nach Frankfurt (Oder) zu ermöglichen und das Gedenken mit aktuellen Kämpfen gegen neonazistische Strukturen zu verbinden. Aus diesem Grund wurde spontan auch auf einen geplanter Abstecher zum ehemaligen Wohnhaus von Sven Beuter verzichtet.
Weitere Bilder: hier, hier, hier und hier.
Lübben — Zum dritten Mal fordern extreme Rechte aller Couleur eine Zukunft für ihre Heimat
In Lübben hingegen demonstrierte die Initiative “Zukunft Heimat”. “Für unsere Kinder, für uns, für unsere Heimat” sollte protestiert werden — tatsächlich ging es um die Hetze gegen Flüchtlinge. Am Marktplatz der Spreewaldstadt versammelten sich rund 350 Personen. Damit lag die Teilnehmer_innenzahl deutlich unter jener der letzten Auflagen, als im Januar rund 700 und im Dezember 2015 500 Personen in Lübben zusammen kamen. Zuvor, Ende Oktober, hatte “Zukunft Heimat” im nahen Lübbenau sogar 900 Personen mobilisiert und im Januar erneut 700.

Am jetzigen Samstag sprachen unter anderem Jörg Sobolewski von der Berliner Rechtsaußen-Burschenschaft Gothia, AfDler Jens-Birger Lange und Christoph Berndt von “Zukunft Heimat”. Nico Tews vom Rathenower “Bürgerbündnis Deutschland” warb für einen anstehenden Aufmarsch seiner Gruppe am 5. März in Rathenow. Zu Wort kam auch ein Vertreter des “Bürgerforum Südbrandenburg”, dass sich kürzlich im Zuge einer Serie rassistischer Kundgebungen in Bad Liebenwerda gegründet hat. Fast alle Redner betonten, dass die hier Versammelten lediglich “patriotisch” seien und ganz sicher nicht rassistisch. Währenddessen wehte die schwarz-weiß-rote Reichsfahne über dem Marktplatz. Die Reden wurden lediglich von einem etwa 20-minutigen “Spaziergang” durch die Stadt unterbrochen. Mehrere Redner griffen die Bezichtigung als Nazis und “Braune” durch Politiker_innen und Journalist_innen auf und bemühten sich diese ad absurdum zu führen. Lange, AfD Kreisvorsitzender im Landkreis Dahme-Spree, sah “die Braunen” eher bei den Rot-Grünen Parteien. Er selbst sei weder rechts, noch links, sondern gradlinig. Die verbale Negation half jedoch nichts, erneut befanden sich Neonazis unter den Demonstrationsteilnehmern. Die mögliche Zusammenarbeit der sich betont “bürgerlich” gebenden Initiative “Zukunft Heimat” mit Neonazis ist seit geraumer Zeit Thema verschiedener Medienberichte gewesen.1

Am Rande der Versammlung protestierten rund 20 Menschen. In der direkt benachbarten Paul-Gerhardt-Kirche fand zudem eine “Friedensandacht” statt, bei der Stellung gegen “Zukunft Heimat” bezogen wurde.2
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Frankfurt (Oder) — Deutsche und Polnische Neonazis gemeinsam gegen Geflüchtete

In Frankfurt (Oder) demonstrierten etwa 100 Neonazis gegen den sogenannten “Asylwahn”. Die Gruppierung “Frankfurt/Oder wehrt sich” rief erneut zur Demonstration in die Oderstadt auf. Bereits im vergangenen Jahr veranstalteten die RassistInnen um das Neonazipaar Peer und Franziska Koss hier Demonstrationen. Insgesamt sechs Mal gingen sie auf die Straße mit jeweils abnehmender TeilnehmerInnenzahl.
Wie bei nahezu allen Demonstrationen der Frankfurter war erneut die neonazistische Partei “Der III. Weg” maßgeblich an der Organisation, wie auch in Personenstärke beteiligt. Pascal Stolle, der inzwischen in Eisenhüttenstadt leben soll, war sodann auch der erste Redner an dem Tag auf dem Marktplatz. Björn Brusak, bekannter extrem rechter Liedermacher und Dauerredner auf den neonazistischen Veranstaltungen in Ostbrandenburg, leitete die Demonstration insgesamt. Nach dem Auftakt marschierten die Nazis, wohl aufgrund einer kurzfristigen Routenänderung, über den

Brunnenplatz zur Karl-Marx-Strasse, wo sie dann auf ihrer etwa 2km langen Route einmal quer durch die Innenstadt zogen. Mit “Wir sind das Volk” und “Wir sagen nein zum Asylantenheim” hetzten sie in gewohnter Weise gegen Geflüchtete. Als Novum kann die wohl erstmalige Beteiligung polnischer Neonazis an einem deutschen Neonaziaufmarsch gesehen werden. “Frankfurt/Oder wehrt sich” hatte bereits im Vorfeld die polnische Bevölkerung dazu aufgerufen ebenfalls gegen “Überfremdung” und “Geflüchtete” auf die Strasse zu gehen. Diesem Ruf folgten etwa 20 Neonazis aus der Nachbarstadt Slubice. Das es wie dort, wie auch im restlichen Teil Polens, vor allem aufgrund der strikten Ablehnung von Geflüchteten kaum Asylbewerber_innen gibt, ist da nebensächlich. Besonders kurios wirkte dann die mitgebrachte polnische Fahne zwischen den Deutschland- und Brandenburgfahnen. Noch dazu, dass diese falsch herum getragen wurde.

An den Gegenprotesten, die erneut vom Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” in Zusammenarbeit mit der Stadt und anderen Initiativen organisiert wurden, beteiligten sich insgesamt etwa 200 Menschen. Auf der zentralen Kundgebung direkt vor dem Rathaus nur wenige Meter vom Auftaktort der Neonazidemonstration entfernt forderten u.a. der Oberbürgermeister Martin Wilke ein weltoffenes Frankfurt, welches Geflüchtete willkommen heißt und HetzerInnen die Stirn bietet.
Ein Großaufgebot der Polizei, u.a. mit Hunden und Hubschrauber vor Ort, verhinderte jegliche Blockadeversuche von Antifaschist_innen. Teilweise wirkten die Polizeikräfte jedoch auch unkoordiniert. So worden Antifaschist_innen nicht zu anderen Gegendemonstrant_innen durchgelassen und durch eine Polizeikette getrennt, obwohl die Nazis bereits ihre Versammlung beendet hatten und nicht mehr in unmittelbarer Nähe waren.
Weitere Bilder aus Frankfurt (Oder) hier und hier.