Am 02.09.2016 versammelten sich etwa 60 Flüchtlinge und Unterstützer_innen zur Kundgebung „Für Menschenwürde. Gegen rassistische Gewalt.“ am Bahnhof in Vetschau. Einige Flüchtlinge berichteten dort öffentlich von rassistisch motivierten Angriffen auf sie in der Stadt. Rassistische Beleidigungen bspw. auf dem Weg zum Deutschkurs oder zum Einkaufen in Vetschau wurden als alltäglich beschrieben. Zudem wurde wiederholt die Lebenssituation im Heim durch die Flüchtlinge als nicht menschenwürdig kritisiert. Während der Kundgebung sammelte sich am Rand eine Gruppe von Rechten, und versuchte durch Zwischenrufe zu provozieren. Ihre Anwesenheit machte noch einmal deutlich, welchen rassistischen Anfeindungen die Flüchtlinge in Vetschau in ihrem Alltag ausgesetzt sind.
Die Flüchtlinge berichteten weiterhin, dass vor dem Besuch der Presse und einer erneuten Untersuchung der Umstände im Heim – nach fast neunmonatigem Betrieb des Heims – nun Verbesserungen durch den Betreiber veranlasst wurden. Dieser verfügte allerdings, dass im Anschluss an die Kundgebung keine Besucher_innen mehr die Unterkunft betreten durften. Eine Inaugenscheinnahme der Situation vor Ort war daher nicht mehr möglich. Die Flüchtlinge berichteten noch am Abend davon, dass denjenigen, die an der Kundgebung teilgenommen hatten, die Ausgabe des Abendessens verweigert wurde, obwohl sie zur regulären Essensausgabezeit vor Ort waren. Dies zeigt, welcher Willkür die Flüchtlinge in der Vetschauer Notunterkunft ausgesetzt sind. Das grundgesetzlich geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit gilt selbstverständlich auch für Asylsuchende, und darf durch den Betreiber nicht sanktioniert werden. Die Flüchtlinge äußerten noch am Abend, dass sie ihren Protest gegen die Situation in Vetschau weiterführen werden.
Potsdam, 03. September 2016
Kategorie: Law & Order
Am kommenden Samstag, den 03. September, wollen Rassist*innen wieder einmal durch Frankfurt marschieren. Wir stellen uns dem entgegen!
“Antifaschistisch, laut und entschlossen mit Kreativität, Einfallsreichtum und Tanz werden wir klarstellen, für was für eine Gesellschaft wir stehen.”, so eine Sprecherin der Streetparade. Wir
wollen, dass Menschen Schutz suchen können, ohne im gleichen Atemzug entrechtet und stigmatisiert zu werden. Wir stehen für Mitgefühl, Solidarität und das Recht, den eigenen Lebensentwurf selbst wählen zu können, statt für Hass und Abschottung. “Wir wollen Grenzen einreißen, statt sie zu errichten.”, so die Sprecherin weiter. Die Rassist*innen stehen einer Gesellschaft, die sich so versteht entgegen — deswegen muss ihnen widersprochen und Einhalt geboten werden.
All jene, die sich diesen Gedanken verbunden fühlen, bitten wir, sich an unsere Streetparade und anschließen an der Kundgebung des Bündnisses “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” zu beteiligen.
Startpunkt Streetparade: 13:00 Uhr Bahnhofstr./Spieckerstr. Frankfurt (Oder)
Zugtreffpunkt in Berlin: 11:45 Alexanderplatz Gleis 1 — Fahrtzeit ca. 1h Stunde
Außerdem: Kundgebung des Bündnisses ?Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” ab 14:00 Uhr an der Slubicer Str./Grenzbrücke
KRIEG IM SCHAFSPELZ
Pressemittelung des linken Bündnis Potsdam zur heutigen antikapitalistischen Demonstration
Über 250 Menschen versammelten sich heute in Potsdam, um gegen das OSZE-Treffen am morgigen 1. September zum demonstrieren. In verlesenen Redebeiträgen wurde auf den Zusammenhang zwischen kapitalistischer Verwertungslogik und den aktuellen Kriegen verwiesen, auch wurde zu einigen Mitgliedsstaaten über Waffenexporte und herrschende autokratische Regime informiert.
Lautstark lief die Demo in die Nähe des Tagungsortes, an dem sich morgen die Außenminister_innen zu informellen Gesprächen inklusive ausgedehntem Freizeitangebot treffen werden und wurde dabei von einem unverhältnismäßig großen Polizeiaufgebot begleitet. Interesse an unserer Demonstration zeigten vor Ort außerdem Mitarbeiter_innen von Verfassungs- und Staatsschutz. Offenbar soll das ganze Treffen der OSZE ohne Zwischenfälle oder Kritik ablaufen.
Aluhutträger_innen, Pogidas und andere unangenehme Gestalten zeigten sich auch am Rande, wurden aber von Demonstrierenden auf Abstand gehalten.
Anna Dreyfuß vom linken Bündnis war mit der Demonstration zufrieden: „Mit dem Motto: Kein Frieden mit dem Kapitalismus! haben wir zumindest den Potsdamer_innen eine Kritik an herrschenden Verhältnissen und der scheinheiligen Friedensrhethorik näher gebracht. Jetzt wollen wir auch morgen noch den Mitgliedern der OSZE mit vielfältigen Aktionen zeigen, dass wir ihre Politik der Ausbeutung, der Kapitalinteressen und der Waffenlieferungen in aller Herren Länder scheiße finden. Es bleibt, darauf hinzuweisen, dass das OSZE-Treffen in Potsdam nur die Kennlernfahrt der Außenminister_innen wird. Am 8. und 9. Dezember trifft sich die gesammelte G‑20-und-OSZE — Bargage in Hamburg…“
Potsdam, 31.08.2016
DER AUFRUF
Am 1. September 2016, dem in Erinnerung an den Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen 1939 zum internationalen Antikriegstag ernannten Datum, treffen sich in Potsdam die Außenminister der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) um „neue Impulse für eine Friedenssicherung in Europa [zu] setzen.“
Den Frieden in Europa und überhaupt sichern, das klingt doch erstmal gut, warum also Kritik daran üben? Ein erster Blick auf die Zusammensetzung der OSZE dürfte eigentlich schon reichen. Die drei größten Rüstungsexporteure der Welt, die USA, Russland und Deutschland sind Mitglieder in der OSZE. Länder, die direkt von kriegerischen Auseinandersetzungen profitieren, daneben Länder wie die Türkei, die seit Jahren einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung führt. Außerdem dabei, die Diktatur Weißrussland und als Partnerland Ägypten, das erst vor kurzer Zeit einen blutigen Militärputsch hinter sich gebracht hat und in dem Menschen gefoltert werden.
Doch für uns steht eine wesentlichere Frage am Anfang der Kritik. Warum gibt es in der Welt Kriege? Nach der Aufgabenstellung der OSZE liegen die Ursachen für kriegerische Auseinandersetzungen vor allem in Korruption, Geldwäsche, Finanzierung des Terrorismus, organisierter Kriminalität, sowie Internetkriminalität, ethnischen Spannungen und unfreien Wahlen.
Für uns sind es knallharte Interessengegensätze. Die internationalen Beziehungen der Länder sind geprägt von Konkurrenz: dem Kampf um Einflussgebiete, Rohstoffe, Absatz- und Finanzmärkten, Handelsrouten, Militärstützpunkte, Zugang zu billigen Arbeitskräften usw. Danach richtet sich die Außenpolitik der Nationen, danach werden Bündnisse geschmiedet und dies sind in letzter Konsequenz die Gründe, die entscheiden über Krieg und Frieden.
Daher richtet sich unsere Kritik auch gegen eine Außenpolitik der kapitalistischen Verwertung und Konkurrenz. Die Gründe für Konflikte liegen nicht in der satanischen Boshaftigkeit einzelner Herrschender. Z.B. sind die Kriege im Nahen Osten immer wieder befeuert durch die Interessengegensätze von Saudi Arabien, der Türkei, den USA und dem Iran. Diese Region ist nicht zu retten durch freie Wahlen oder eine freie Presse, solange Gruppen mit Kalaschnikow und Panzern dort Politik im Interesse der regionalen und internationalen Mächte machen. Es geht den OSZE-Mitgliedern eben nicht um Menschenrechte und Frieden. Ehemalige Kolonialländer, wie Frankreich und Großbritannien haben unzählige Kriege ohne Rücksicht auf Menschenleben geführt. Deutschland hat Krieg in Jugoslawien geführt, anschließend ein korruptes Regime im Kosovo mit aufgebaut, in Afghanistan eine Regierung trotz Wahlbetrug unterstützt und die USA führen weltweit als stärkste Militärmacht Kriege, auch mit dem Wohlwollen ihrer Verbündeten.
Noch immer sterben unzählige Menschen jedes Jahr wegen Flucht und Vertreibung und sind zur Migration gezwungen, weil die Lebensbedingungen in ihren Ländern aufgrund von Kriegen, Verfolgung, korrupter Regime oder fehlender Grundversorgung sowie Hunger ihnen keine lebenswerte Existenz ermöglicht. Weitere Beispiele sparen wir uns an dieser Stelle. Die Konsequenz für uns ist die Erkenntnis, dass die Struktur des Kapitalismus unablässig Kriege befördert, bedingt, ja geradezu herausfordert. Eine Organisation wie die OSZE wird daran nichts ändern!
Nur eine Überwindung des Systems Kapitalismus und der Nation kann einen dauerhaften Frieden zwischen den Menschen sichern, erst eine weltweite Verständigung der Menschen über gemeinsame Interessen und gerechte und ausbeutungsfreie Produktion und Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums kann diesen garantieren!
Kommt zur antinationalen und antikapitalistischen Vorabenddemo am 31.8.2016 um 18.00 Uhr auf dem Luisenplatz!
Krieg dem Kriege!
Einige Bewohner_innen aus dem Flüchtlingslager in Vetschau sind vergangene Woche mit einem Brief an die Öffentlichkeit gegangen. Darin beschreiben sie ein Klima in Vetschau, was von Alltagsrassismus geprägt ist. Flüchtlinge sind ohne ersichtlichen Grund aus dem Supermarkt geworfen worden. Rassistische Beleidigungen im Ort sind alltäglich. Außerdem kam es bereits zu mindestens vier rassistischen Angriffen. Vetschau ist für viele zu einem Angstraum geworden.
Der ehemalige Garagenkomplex am Rand der Stadt wird aktuell von 160 Menschen bewohnt. Ursprünglich als Notunterkunft eingerichtet, dient dieses Lager inzwischen zur dauerhaften Unterbringung von Geflüchteten. Die Flüchtlinge haben in ihrem Brief auf die sanitären und medizinischen Missstände aufmerksam gemacht. Der Landkreis und der Betreiber haben jedoch bisher alle Forderungen abgewiegelt und bis auf minimale Verbesserungen nichts unternommen. Für die Flüchtlinge ist klar, dass es so in Vetschau nicht mehr weitergehen kann. Sie wollen in andere Unterkünfte umverteilt werden.
Zusammen mit den Geflüchteten und solidarischen Unterstützer_innen rufen die Opferperspektive und Flucht und Migration Cottbus zu einer Kundgebung am Bahnhof Vetschau auf. Die Flüchtlinge wollen öffentlich über ihr Leben in Vetschau sprechen. Lasst uns die Verantwortlichen in die Pflicht nehmen!
Für Menschenwürde.
Gegen rassistische Gewalt.
Kundgebung in Vetschau [OSL]
Ort: Bahnhof
Freitag, 02.09.2016, Beginn 18h (pünktlich!)
Vetschau, 30.08.2016
Für den 3. September kündigen die Rassist*Innen um die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ eine „länderübergreifende“ „Demonstration an. Nachdem am 20. Februar diesen Jahres etwa ein Dutzend polnischer Nationalist*Innen an der letzten asylfeindlichen Demonstration in Frankfurt (Oder) teilnahmen, gab es am 7. Mai auch im benachbarten Slubice eine von der Facebookgruppe „Narodowe Slubice“ (Nationales Slubice) initiierte Demonstration mit knapp 200 Teilnehmenden. Dieser blieben jedoch die Frankfurter Neonazis fern. Ob es am 3. September wie angekündigt tatsächlich zu einem erneuten Schulterschluss von Rassist*Innen beider Seiten der Oder kommt, scheint unklar. Derweil kam es in den letzten Monaten erneut zu rassistischen Übergriffen in Frankfurt (Oder). Für die Beteiligung an einem brutalen Übergriff im März vergangenen Jahres muss der Frankfurter Neonazi Andy Köbke nun wohl hinter Gittern.
Unverhoffte Unterstützung für Frankfurter Neonazis
Am 20. Februar organisierten Neonazis um die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ bereits zum siebten Mal eine Versammlung in der Grenzstadt. Knapp 120Personen nahmen an dem Aufzug teil. Einem polnischen Aufruf zu der Demonstration folgten 13 Personen aus dem benachbarten Slubice. Darunter vornehmlich Unterstützer des lokalen Fußballvereins Polonia Slubice, als auch der Initiator der Facebookseite „Narodowe Slubice”, Michai? Czerwinski. Trotz offensichtlichen Widersprüchen zwischen polnischen Ultranationalist*innen und deutschen Neonazis war der gemeinsame Rassismus Grund genug, die Differenzen zumindest vorübergehend zu überwinden. Für regionale NPD-Größen wie Manuela Kokott oder Klaus Beier war es dieses Mal jedoch offensichtlich ein Anlass, der Versammlung fernzubleiben. Die Partei der „III. Weg“ lief zwar mit, erwähnte jedoch in ihrem Bericht mit keinem Wort die polnische Beteiligung.
Ausführlichere Informationen zu der Demonstration am 20. Februar können unserem Artikel „Alte Feindschaften, neue Allianzen und schärfere Töne – Zu den aktuellsten Entwicklungen der rassistischen Mobilisierung in Frankfurt (Oder)“ klicken vom 4. März 2016 entnommen werden.
Fehlende Unterstützung für polnische Ultranationalist*Innen
Zu einem Aufmarsch 200 polnischer Nationalist*Innen kam es am 7. Mai diesen Jahres. Zu dem Anlass der Versammlung äußerte sich Bartosz Janowicz von „Narodowe Slubice“ in einem Interview wie folgt: „Wir kämpfen gegen die Islamisierung Europas und wollen, dass sich die Kulturen nicht vermischen. Polen soll polnisch bleiben, die Ukraine ukrainisch, Deutschland deutsch“. [1] An dem Aufmarsch beteiligten sich Anhänger*innen der „Allpolnischen Jugend – Lebuser Land“, der bekannte polnische Nationalist und Antisemit Piotr Rybak4 5sowie der ehemalige Europa-Abgeordneter der nationalistischen katholisch-klerikalen »Liga Polnischer Familien« (LPR), Sylwester Chruszcz. Inhaltlich wurde gegen eine vermeintliche Islamisierung, Angela Merkel, die Europäische Union und deutsche Hegemonialinteressen mobil gemacht. Trotz der Ankündigung auf der Facebookseite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“, die Aktion in Slubice zu unterstützen, blieb eine Teilnahme deutscher Rassist*Innen aus. Bekannte Gesichter um Peer Koss und Romano Gosda beteiligten sich an diesem Tag lieber an der „Merkel muss weg“-Demonstration in Berlin.
Ausführlichere Informationen zu dem Aufmarsch polnischer Nationalist*innen in Slubice am 7. Mai können unserem Artikel „7. Mai: Zwischen Berlin und Slubice“ vom 23. Mai 2016 entnommen werden.
Beschränkter Nationalismus steht rassistischer Allianz im Weg
Seit dem 12. Juli wird nun auf der Facebookseite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ zu einer „länderübergreifenden Demonstration“ auf der Grenzbrücke aufgerufen. Unter dem Motto „Grenze schließen / Asylflut stoppen“ wird in einem kurzen Ankündigungstext zwar darauf verwiesen, dass nicht jeder Moslem ein Islamist sei, jedoch der Islam nicht zu Deutschland, Polen und Europa gehöre und die Ausweisung vermeintlicher Asylschmarotzer und der Austausch von Politiker*Innen gefordert. Mit derlei Aussagen können sich sicherlich auch die polnischen Nationalist*innen identifizieren. Jedoch erschien bisher kein Aufruf auf polnisch, weder auf der Frankfurter noch auf der Facebookseite von „Narodow Slubice“. Eine Teilnahme von Micha? Czerwinski scheint nahezu ausgeschlossen. So teilte er am 7. August ein Bild, dass einen stolz aufgeplusterten polnischen Adler und einen am Boden zerstörten deutschen Adler darstellen soll. Auf einer weiteren von ihm geposteten Grafik sind die vier Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn angebildet, die eine innige Verbindung bilden, während rundherum hinter Stacheldraht die EU, Russland und der IS neidvoll auf die Runde der V4 blicken.
Zu den Personen, die auf Facebook ihre Teilnahme an der Demonstration zusagen, gehört ein Querschnitt der Frankfurter Neonaziszene. Mal wieder haben viele junge Rassist*innen ihre Teilnahme angemeldet. Bis jetzt gibt es keine nennbare Personenzahl, die aus Slubice teilnimmt. Dennoch ist die Zusage auf Facebook kein Garant für diejenigen, die tatsächlich am 03.09. ihren Rassismus auf die Straße tragen wollen. Jedoch scheint eine organisierte und breite Teilnahme polnischer Rassist*Innen unwahrscheinlich.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ kündigte bereits Gegenproteste in der Nähe zur Grenzbrücke ab 14:00 Uhr an und ruft im Falle einer rassistischen Demonstration dazu auf, diese mittels Menschenblockaden zu verhindern. Zudem soll ab 13:00 Uhr eine antifaschistische Streetparade vom Bahnhof Richtung Grenzbrücke ziehen.
Rassistische Gewalt bricht nicht ab – Frankfurter Neonazi zu Haftstrafe verurteilt
Derweil kam es in Frankfurt (Oder) in den vergangenen Monaten erneut zu rassistischen Übergriffen. Besondere Aufmerksamkeit erregte ein Fall am 23. Mai im Stadtzentrum. Nachdem drei Männer rassistisch beschimpft und bedrängt wurden, wurde einer Person auch körperlich angegriffen. Als die Betroffenen fliehen wollten kam es unter Beifall und „Sieg-Heil“-Rufen von Passant*innen zu weiteren tätlichen Angriffen. Bei einer Kundgebung gegen rassistische Gewalt am 03. Juni in der Nähe des Tatortes positionierte sich eine 15-köpfige Gruppe auf der gegenüberliegenden Straßenseite und rief rassistische Parolen. In der Nacht zum 25. Juni wurden zwei Geflüchtete auf der Franz Mehring Straße von einer 10-köpfigen Gruppe erst gestellt und dann laut Polizei „zu Boden gebracht“. Die Betroffenen erlitten Schürfwunden, einer der Angreifer wurde im Nachgang von der Polizei festgenommen.
Eine Auflistung rechter und rassistischer Vorfälle kann der Chronologie auf unserer Homepage entnommen werden.
Der rassistische Übergriff auf fünf syrische Geflüchtete in der Nacht vom 20. auf den 21. März hat für den stadtbekannten Neonazi Andy Köbke nun weitreichende Konsequenzen. Er wurde wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation, sowie aufgrund mehrerer Vorstrafen zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Köbke befand sich an dem Abend vor dem Übergriff auf fünf syrische Geflüchtete in einer Shisha-Bar im Frankfurter Stadtteil Neuberesinchen. Laut Zeugenaussagen soll er dort weitere anwesende Personen aufgestachelt und zur Gewalt gegen die ebenfalls anwesenden Syrer aufgefordert haben. An dem Übergriff selbst war Köbke jedoch nicht beteiligt. In der anschließenden Nacht wurden die fünf Geflüchteten auf ihrem Weg in die Unterkunft „Oderlandkaserne“ verfolgt und in der August-Bebel Straße mit Tritten, Schlägen und einer Eisenstange von mehreren Personen verletzt. Der Prozess gegen die neun Verdächtigen steht noch aus. [2]
[1] Vgl. rbb aktuell 07.05.2016: Demo gegen Flüchtlinge, https://www.rbb-online.de/brandenburgaktuell/archiv/20160507_1930/demo‑g…, Minute 0:38, eingesehen am 11. Mai 2016.
[2] Vgl. http://www.moz.de/heimat/lokalredaktionen/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1494523/, zuletzt eingesehen am 08.08.2016



In einem offenen Brief an den Obermürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder) und weitere Akteure aus Politik, Kommune und Zivilgesellschaft macht die Brandenburger Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, Opferperspektive e.V., heute darauf aufmerksam, dass Frankfurt (Oder) gerade eine Welle rechter Gewalt erlebt.
Bis zum 31. Juli 2016 registrierte die Opferperspektive e.V. schon zehn gewalttätige Angriffe, die auf einer rechten Tatmotivation beruhten. Fünf dieser Angriffe müssen als schwerwiegend bewertet werden, weil den Betroffenen schwere Verletzungen zugefügt wurden oder diese Taten aus einer größeren Tätergruppe heraus begangen wurden. Mehrere Taten ereigneten sich tagsüber bzw. in den frühen Abendstunden und im Stadtzentrum. Diese Entwicklung ist hochgradig besorgniserregend. Viele potentiell Betroffene fühlen sich in Frankfurt (Oder) mittlerweile nicht mehr sicher.
In ihrer langjährigen Beratungspraxis hat die Opferperspektive e.V. immer wieder festfestellt, dass eine öffentliche Ächtung der Taten, soziale Sanktionen gegen die Täter_innen und das sie unterstützende Umfeld und eine Solidarisierung mit den Betroffenen wirksame Mittel sind, um rechte Gewalt und deren Auswirkungen zu bekämpfen.
Aus diesem Grund ruft die Opferperspektive e.V. die Vertreter_innen der Stadtgesellschaft dringend dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass rechte Gewalt in der Frankfurter Bürgerschaft und Kommunalpolitik in einem deutlich stärkeren Umfange als bisher thematisiert wird und Anstrengungen unternommen werden, dem Klima, in dem diese Taten geschehen entgegen zu wirken.
Im Anhang finden Sie den Offenen Brief und eine Auflistung der von der Opferperspektive e.V. in diesem Jahr registrierten Fälle.
Am 18. August 2006 trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft und markierte damit eine Zeitenwende. Basierend auf den EU-Antidiskriminierungsrichtlinien schreibt es das Recht auf Gleichbehandlung und Menschenwürde fest und verbietet Diskriminierung. Zum Anlass des 10. Jahrestages des AGG unterstreicht die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg die große Bedeutung des Gesetzes und mahnt zugleich Nachbesserungen und eine Vervollständigung des Diskriminierungsschutzes in Brandenburg an.
„Das AGG stellt unmissverständlich klar: Jeder Mensch hat das Recht auf Gleichbehandlung. Diskriminierung ist keine Bagatelle, sondern gesetzlich verboten. Aber leider stellt es keinen umfassenden Diskriminierungsschutz dar, denn der Geltungsbereich ist eingeschränkt und einige Zugangshürden sind für manche Betroffene zu hoch“, fasst Ingmar Pech von der Antidiskriminierungsberatung Brandenburg 10 Jahre Praxiserfahrungen mit dem AGG zusammen.
Diskriminierung ist Alltag in Brandenburg: Menschen erhalten aufgrund ihres Namens keine Wohnung, werden aufgrund ihrer Hautfarbe nicht in die Diskothek oder einen Fitnessclub eingelassen oder werden am Arbeitsplatz aufgrund ihres Kopftuches diskriminiert. Das AGG stärkt die gesellschaftliche Position Betroffener und hilft ihnen bei der Durchsetzung ihres Rechts auf Gleichbehandlung.
Es weist jedoch auch Mängel auf, die dringend nachgebessert werden müssen: So fehlt es an Kenntnis und Aufklärung über das AGG, die Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen sind zu kurz, es gibt Hürden in der Rechtsdurchsetzung und der Geltungsbereich des AGG ist zu eingeschränkt. Anwendbar ist das Gesetz ausschließlich im privatrechtlichen Bereich (Arbeitsmarkt sowie bei Gütern und Dienstleistungen). Keinen Schutz vor Diskriminierungen bietet es, wenn diese von staatlichen Institutionen ausgehen. Momentan ist es in Brandenburg leichter möglich, sich gegen diskriminierende Vermieter_innen oder Arbeitgeber_innen zu wehren, als gegen diskriminierende Lehrer_innen oder Polizeibeamt_innen.
Aktuell besteht Anlass zur Hoffnung, dass Brandenburg darauf reagiert und diese rechtliche Schutzlücke zu schließen versucht: Der Entwurf zu einem Landesantidiskriminierungsgesetz (LADS) ist in den Landtag eingebracht worden. Bei der Anhörung im September wird jedoch erst entschieden, ob er verworfen wird oder das Gesetz überhaupt realisiert werden soll.
„Rassismus und Diskriminierung nehmen in Brandenburg in erschreckendem Ausmaß zu. Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung ist täglich rassistischen Beleidigungen, Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Es ist daher dringend nötig, dass Brandenburg die Antirassismus-Klausel der Landesverfassung auch für den Bereich Diskriminierung ernst nimmt. Gesetzgeberisch muss mit aller Deutlichkeit reagiert werden, um dieser besorgniserregenden Entwicklung entgegen zu wirken,“ streicht Ingmar Pech die rechtliche und politische Notwendigkeit eines Landesantidiskriminierungsgesetzes hervor.
Die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg der Opferperspektive fordert daher den Landtag und die Landesregierung auf, auf Landesebene ein Landesantidiskriminierungsgesetz einzuführen und auf der Bundesebene auf die Novellierung des AGG hinzuwirken.
Eine Potsdamer Stadtpolitik, die sich überfordert sieht im humanen Umgang mit Refugees. Regelmäßige Aufmärsche von Neonazis Seite an Seite mit „besorgten Bürger_innen“ im Land Brandenburg. Immer wiederkehrende Pogida-Aufmärsche inklusive massiven Polizeiübergriffen auf Antirassist_innen. Regelmäßige verbale oder körperliche Angriffe auf Geflüchtete und Brandanschläge auf die Unterkünfte. Exorbitante Wahlerfolge für die Neonazis in Nadelstreifen von der AfD und der Versuch eben dieser, in Potsdam Fuß zu fassen.
All diese Punkte und noch viel viel mehr haben uns verdeutlicht, dass Potsdam auch weiterhin eine offensive Antifagruppe braucht.
Wir wollen gemeinsam nicht nur aktiv auf die Straße gehen, um all den schlechten Ismen dieser Welt und dieser Stadt den Kampf anzusagen, sondern wir wollen darüber hinaus versuchen, das große Ganze zu verstehen und zu beeinflussen.
Hiermit sagen wir nicht nur den Neonazis des neu gegründeten Potsdamer Flügels der NPD und den altbekannten autonomen Nationalisten den Kampf an, auch bei den Neonazis von Pogida und AfD wollen und werden wir nicht Halt machen. Der städtische Umgang mit Geflüchteten ist genauso in unserem Fokus wie der Umbau Potsdams zu einem preußischen Hochglanz-Äquivalent der Potemkinischen Dörfer.
Mit einer Utopie von einem besseren Leben für alle überall im Hinterkopf werden wir das schlechte Leben, das viele Menschen in Potsdam, in Deutschland, in und vor den Grenzen Europas sowie weltweit führen, kritisieren und nach unseren Möglichkeiten aktiv dagegen vorgehen.
Wir sind die Antifa die Potsdam braucht – aber nicht die es verdient
Wir sind die Emanzipatorisch Antifa Potsdam.
Untersuchungsausschuss zum NSU startet unter kritischer Begleitung von NSU Watch Brandenburg
INFORIOT – Es ist so weit. In Brandenburg startet ein parlamentarischer Ausschuss, der die Verstrickungen von Neonazis und V‑Leuten aus Brandenburg in die Aktivitäten und Strukturen des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) aufklären will. Am Dienstag fand die erste konstituierende Sitzung des Untersuchungsausschusses im Brandenburger Landtag statt – allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Erst im April war die Einsetzung des Ausschusses beschlossen worden.
Wenn im September nun die zehn Ausschussmitglieder von SPD, CDU, Linke, Grüne und AfD zur eigentlichen inhaltlichen Arbeit übergeben, geht es an die Substanz: Die zentrale Frage, ob das Land Brandenburg die Taten des NSU hätte verhindern können, muss im Ausschuss beantwortet werden. Carsten Szczepanski alias „Piatto“, die „Top-Quelle“ des Brandenburger Verfassungsschutzes hatte Informationen zu Plänen des NSU-Kerntrios und gab diese an den Verfassungsschutz weiter. Der Verfassungsschutz, so der Vorwurf, habe die Informationen nicht an zuständige Ermittlungsbehörden weitergeben. Zu einer Festnahme des Trios kam es bekanntlich nicht. Zehn Morde, diverse Anschläge und Überfälle folgten.
Es ist nicht das einzige Fehlverhalten des Brandenburger Verfassungsschutzes, das es aufzuarbeiten gilt. Auch der V‑Mann-Skandal um den Gubener Neonazi Toni Stadler, die unaufgeklärte Anschlagsserie der Nationalen Bewegung — auch hier war der Verfassungsschutz involviert – oder die Nationalrevolutionären Zellen, ein terroristischer Zusammenschluss von Neonazis aus Berlin und Brandenburg, der auch „Piatto“ angehörte, gehören zu den vielen Themen, die nach Einschätzung der Initiative NSU Watch Brandenburg zu klären sind.
NSU Watch Brandenburg gegründet
Zeitgleich zur konstituierenden Sitzung des Untersuchungsausschusses, stellte sich NSU Watch Brandenburg vor. NSU Watch Brandenburg als Teil des bundesweiten Netzwerkes NSU Watch, hat sich die Aufgabe gestellt, den Untersuchungsausschuss kritisch zu begleiten. „Der NSU stellt eine Zäsur in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte dar“, so Felix Hansen als Vertreter des bundesweiten Zusammenhanges am Dienstag bei einer Pressekonferenz. NSU Watch, ein Zusammenschluss aus antifaschistischen Gruppen und Einzelpersonen, beobachtet seit 2013 den Strafprozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte. Im Prozess in München ist auch Brandenburg immer wieder ein Thema, aktuell geht es um die Zeitschrift „Weißer Wolf“, ein Heft in dem bereits 2002 ein Hinweis auf den NSU auftauchte. Der „Weiße Wolf“ war in den 90er Jahren in der Brandenburger JVA hergestellt worden – maßgeblich beteiligt war damals Carsten Szczepanski.
Fehlende Aufklärungsbereitschaft
Aus Sicht der Antifaschist_innen ist es kein Ruhmesblatt für die Brandenburger Politik, dass der Untersuchungsschuss erst jetzt, über vier Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU, eingerichtet wurde. Nebenklageanwälte im Prozess vor dem Oberlandesgericht in München kritisieren schon länger die fehlende Aufklärungsbereitschaft der Brandenburger Behörden, unter anderem, weil sich das Innenministerium weigerte Akten an das Gericht herauszugeben, und Verfassungsschutzmitarbeiter während der Zeugenanhörungen vermeintlichen Gedächtnislücken vorschoben. Für NSU Watch Brandenburg ist klar: „Die V‑Mann-Skandale im Land Brandenburg haben gezeigt, dass das V‑Leute-System mehr Schaden als Nutzen gebracht hat“. Durch die Arbeit des Verfassungsschutzes wird der Aufbau militanter Neonazistrukturen gestärkt, denn „hier werden Gelder in die Neonaziszene gepumpt“, sagte ein Sprecher. Außerdem hätten antifaschistische und zivilgesellschaftliche Recherchen mehr zur Aufklärung beigetragen, als der Verfassungsschutz.
NSU Watch unterstützen
Die Beobachtung durch NSU Watch Brandenburg heißt konkret: Protokolle der Sitzungen des Untersuchungsschusses erstellen, um diese einer breiten Öffentlichkeit zugängig zu machen sowie Dossiers und Recherchen zu erstellen, die nach und nach auf der Homepage brandenburg.nsu-watch.info veröffentlicht werden. Als unabhängige Initiative ist NSU Watch auf Spenden angewiesen.
Heute haben die Grünen auf ihrer Fraktionspressekonferenz erklärt, dass sie ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) im Landtag einbringen werden. Der Verein Opferperspektive fordert ein solches schon länger und begrüßt die Gesetzesinitiative, denn diese würde eine wichtige Lücke im Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen schliessen.
Im Jahr 2013 hat sich das Land Brandenburg die Bekämpfung von Rassismus als Staatsziel in der Landesverfassung verankert. Auch europäisches Recht und das Grundgesetz verpflichten staatliche Stellen, die Bewohner_innen des Landes vor Diskriminierungen zu schützen. Dennoch gibt es in Brandenburg immer noch keinen vollen Rechtsschutz für Betroffene von Diskriminierungen.
Zwar schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) des Bundes Betroffene auf den Gebieten des Arbeits- und Zivilrechts, die z.B. durch Arbeitgeber oder Vermieterinnen diskriminiert werden. Doch gegenüber Diskriminierungen durch staatliche Stellen, z.B. durch Polizisten oder Lehrerinnen, ist das AGG nicht anwendbar. Diesen Bereich zu regeln ist Aufgabe der Bundesländer.
Mit der Einführung eines LADG würde Brandenburg 1.) einen Rechtsschutz für Betroffene von Diskriminierung durch staatliches Handeln einführen, 2.) die öffentliche Hand verpflichten, konkrete Maßnahmen gegen Diskriminierung in ihren Institutionen umzusetzen und 3.) eine mit umfassenden Kompetenzen ausgestattete Landesantidiskriminierungsstelle aufbauen.
Nadja Hitzel-Abdelhamid von der Antidiskriminierungsberatung Brandenburg im Verein Opferperspektive erklärt dazu: “Mit einem LADG hört das Land auf, allein von seinen Bürger_innen Fairness zu fordern, und fängt vorbildhaft bei sich selbst an: Mit einem LADG verbietet es seinen eigenen Institutionen jede Form von Diskriminierung und sorgt damit in den staatlichen Strukturen dafür, dass alle Menschen in Brandenburg gleich behandelt werden!”
Menschen, die durch staatliche Institutionen aus rassistischen Gründen, wegen ihrer Herkunft, Nationalität, Sprache, ihres Geschlechts, ihres Lebensalters, ihrer sexuellen Identität, religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen oder wegen ihres sozialen Status diskriminiert werden, würden in ihrer Position gestärkt, weil ihnen ein Rechtsweg eröffnet würde.
Ein voller Rechtsschutz ist dringend nötig, denn Diskriminierungen nehmen in der Gesellschaft insgesamt massiv zu. Sie fangen an, wenn Witze über Schwule gemacht oder Muslime beleidigt werden und setzen sich fort, wenn Polizist_innen Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe als Täter behandeln oder eine Schülerin mit Kopftuch bei gleicher Leistung schlechtere Noten als ihre Mitschüler_innen erhält. Von Beschwerden wegen Diskriminierung profitiert das Land, denn nur wenn Menschen sich beschweren, werden Muster von Diskriminierung sichtbar und so veränderbar.
Ein LADG sorgt für gleiche Chancen und gleiche Teilhabe für alle, die in Brandenburg leben.