+++ Linksextremismus-Vorwürfe seitens einzelner Stadtverordneter
+++ Spaltung emanzipatorischer Kräfte darf nicht zugelassen werden
+++ Offener Brief als Antwort gegen Vorwürfe von Verein und Bündnis verfasst
Die Stadtverordneten Jürgen Maresch (parteilos, ehem. Die Linke) und Wolfgang Bialas (CDU) haben in der Stadtverordnetenversammlung Linksextremismus-Vorwürfe gegen den Verein für ein
multikulturelles Europa e. V. sowie gegen das Bündnis Cottbus Nazifrei! vorgebracht. Der Verein sah sich daraufhin gezwungen, den Antrag für eine jahrelang gezahlte Unterstützung vom
Jugendamt zurück zu ziehen. Maresch fordert des Weiteren die Stadt dazu auf, die Zusammenarbeit mit dem Bündnis Cottbus Nazifrei! aufzugeben. Beide Initiativen sollen sich vom
„Linksextremismus“ distanzieren, um Sanktionen zu vermeiden. „Wir haben jahrelang eine finanzielle Unterstützung für unsere vielfältigen Projekte seitens des Jugendamtes erhalten. Durch
die Vorwürfe können wir diese Projekte nur noch schwer verwirklichen“, so Maria Schneider vom Multikulti-Verein.
Das Bündnis Cottbus Nazifrei! und der Verein arbeiten eng zusammen und sind für die alternative Jugendkultur in Cottbus unverzichtbar. Im Bezug auf die Arbeit gegen faschistische Strukturen
konnte in Cottbus schon viel erreicht werden. Die Proteste am 15. Februar sind dafür beispielhaft. Die gute Zusammenarbeit mit dem Aktionsbündnis Cottbuser Aufbruch und der Stadt ist zudem ein
landesweites Vorzeigeprojekt. „‘Cottbus bekennt Farbe’ sollte auch weiterhin wegweisend im Kampf gegen Neonazis und rassistische Hetze sein. Wir sind froh, dass in Cottbus eben keine
Sächsischen Verhältnisse herrschen“, meint Luise Meyer von Cottbus Nazifrei!
Besonders in der aktuellen Situation einer erstarkenden Rechten in Deutschland ist es wichtig, diese Zusammenarbeit nicht zu gefährden. Alle demokratischen Kräfte müssen im Kampf gegen Organisationen wie Pegida, die AfD und vermeintlich „besorgte und heimatverbundene Bürgerbewegungen“ zusammen halten und ihre rassistische Hetze sowie Rückwärtsgewandtheit entkräften und aufdecken.
Anlagen:
Offener Brief
Hintergrundtext zur Entstehung des Offenen Briefs
Weitere Informationen:
www.cottbus-nazifrei.info // fb/cottbus-stellt-sich-quer
www.zelle79.blogspot.de/
Kategorie: Law & Order
INFORIOT Hauptsache alles so arrangieren, dass sich die NPD wohlfühlt. Dies scheint das Motto der Polizei in der Uckermark zu sein. Am vergangenen Samstag hielt die Neonazipartei eine rassistische Kundgebung in Templin ab. Von Seiten der Stadt wurde darum am historischen Rathaus Plakate mit der Aufschrift “Templin bleibt bunt” angebracht. Der Polizei war das offenbar zu viel und zu eskalierend: Sie ließ die Plakate mit Verweis auf das Versammlungsgesetz entfernen, aus “Deeskalationsgründen”. Die Aufschrift sei geeignet gewesen “die Befindlichkeiten der Veranstalter zu berühren”, also jene der Neonazis. Dies berichtet die Tageszeitung Nordkurier.

Von Seiten Templiner Stadtverordneter wird das Polizeihandeln inzwischen als “überzogen” kritisiert.
Es bleibt abzuwarten, ob die uckermärkische Polizei weiter auf solch eine neonazifreundliche “Deeskalation” setzen wird. Mögliche Termine dafür gibt es gleich zwei: Am kommenden Sonnabend will die Neonazikleinpartei “Der III. Weg” aufmarschieren und am Freitag, dem 18. März, plant “Templin gegen Asylmissbrauch” einen rassistischen “Abendspaziergang” durch die Stadt.
In der Uckermark gibt es immer wieder Vorfälle, die ein mehr als zweifelhaftes Licht auf die Polizei werfen. Um nur einige Beispiele zu nennen: In Schwedt verhinderten Polizisten die Strafverfolgung gegen “Sieg Heil”-rufende Neonazis. Ein Polizist nahm an einem Nazi-Gedenkmarsch in Seelow selbst teil. Der Vize-Chef der Polizeiinspektion hatte als Klingelton am Handy “Nachricht von der Ostfront” eingestellt. Eine Polizistin ist mit einem Neonazi verheiratet — bei der Hochzeit posierte dieser mit Hakenkreuzarmbinde.
Am heutigen Mittwoch fand ein weiterer unsäglich rassistischer Pogida-Aufmarsch, wieder angemeldet vom rastlosen Christian Müller, am Potsdamer Hauptbahnhof statt. Auch wenn im Vorfeld wieder diverse Gerüchte und Aussagen wie „Wenn die Gutmenschen ein weiteres Asylheim am Schlaatz bauen, werde ich dieses abfackeln und zwar mit Insassen!!!“ kursierten, schien es insgesamt, als wäre an alllen Fronten Routine in die wöchentlichen Aufmärsche gekehrt.
Noch vor Beginn der Pogida-Demonstration führte eine antifaschistische Demonstration von Alt-Nowawes über die Lotte-Pulewka-Straße zum Hauptbahnhof. Unter dem Motto „Nu Pogodi, Pogida“ liefen 250 Menschen in Richtung des Neonazi-Aufmarsches, nicht zuletzt, um diesen zu verhindern. Außerdem stellten sich bei den angemeldeten Kundgebungen “Refugees Welcome” auf der langen Brücke und einer Veranstaltung des Bündnisses “Potsdam bekennt Farbe” etwa 500 Menschen dem Irrsinn entgegen.
Als Veranstalter Christian Müller seine Versammlung eröffnen wollte, kam es zu einer Störung der Veranstaltung durch eine lärmende Kiste, die am Auftaktort auf einem Fahrrad angebracht war. Die Polizei brauchte mehr als zehn Minuten unterhaltsamer Bemühungen und einen Bolzenschneider, um den Kasten erfolgreich in Gewahrsam nehmen zu können. Die Neonazis entfernten sich unterdessen um hundert Meter und brachten dort ihre Propaganda unter die anwesenden knapp 50 Pogida-Anhänger_innen. Der Dresdner Pogida-“Stargast” Jens Lorek erstattete nach eigenen Aussagen später Anzeige gegen die Polizei, da diese die Pläne des Fahrrades nicht schon vorher durchschaut hatte.
Neben dem bereits bekannten Sebastiano Graziani war die Verschwörungsszene heute mit Jens Lorek prominent vertreten. Lorek erlangte zweifelhafte Berühmtheit, weil er Mitte der 2000er von Aliens entführte Menschen anwaltlich betreute. In der Neonaziszene ist er eher bekannt, weil er als Anmelder von Aufmärschen in Freital und Heidenau in Aktion trat. Antifaschist_innen, wiederum, dürften Jens Lorek kennen, weil er lächerliche “statistische Methoden” anwandte, um die Teilnehmer_innenzahl von Pegida festzustellen.
Ihr kurzer 400 Meter Marsch führte Pogida über die Lange Brücke zum Stadtschloss. Dort hielt Sebastiano Graziani dann eine seiner ewiglich währenden Reden. In dieser beklagte er wie üblich den Bevölkerungsaustausch in Deutschland durch die Geflüchteten, den im 2. Weltkrieg an den Deutschen begangenen “Bombenholocaust” und verstieg sich zudem in einem wirr-rassistischen Vergleich der Situation in Mazedonien, (wo Refugees seit langer Zeit unter menschenverachtenden Bedingungen festsitzen) mit der Belagerung von Konstantinopel (durch das Osmanische Reich im Jahr 1453). Damit war die Spitze des völkisch-rassistischen Eisberges aber noch lange nicht erreicht: Graziani wünschte sich, dass statt syrischen Geflüchteten Wolgadeutsche aufgenommen würden (Historischer Fakt: “Deutsch” sind die “Wolgadeutschen” weil sie vor 1768 im Deutschen Reich lebten, danach zogen sie ins Russische Reich).
Der einzige Lichtblick war hier die Ausdauer der Gegendemonstrant_innen, die die Reden fast restlos übertönten.
Nachdem dieses Elend überstanden war, zog der Aufmarsch über seine kümmerliche Strecke wieder zurück, sie riefen neben dem üblichen “Wir sind das Volk” auch „Hasta la vista antifascista“ und „Linksfaschisten in die Kisten“.
Am Ausgangsort wieder angekommen, nutzte der Aufmarsch-Anmelder Christian Müller die Gelegenheit, munter Gerüchte unter seine Anhänger_innen zu streuen. Er berichtete, dass ihm berichtet wurde, dass ein Taxifahrer berichtet habe, dass es “neulich” am Rewemarkt im Schlaatz zu einer Vergewaltigung gekommen sei. Vor dem Markt hätten “betrunkene Ausländer” gestanden. Er wisse nicht, ob es einen Zusammenhang gäbe, habe aber Angst vor dem Frühling und dem Sommer, weil er sich frage, was dann mit “unseren” Frauen und Kindern passiere. Die Antifa müsse dumm sein und werde außerdem vom Staat bezahlt — das habe neulich ein Antifa-Aussteiger bei dem Bärgida-Aufmarsch berichtet.
Danach verstreuten sich die Pogidas, unter denen sich Gäste aus diversen Ecken Ostdeutschland befanden — so den Vorankündigungen Glauben geschenkt werden will.
Für die nächste Woche plant der Pogida-Müller (der ankündigte, erstmal weiter machen zu wollen) wohl eine Strecke in Babelsberg.
Dann vielleicht mit 40 Leuten, die Woche darauf mit 30, dann…
Selbst wenn Podiga sich abschafft, heißt das nicht, dass irgendetwas besser ist!
Nur wenige Kilometer von Potsdam gibt es Städte, wie Rathenow und Nauen, in denen das Ausmaß an rassistischer Moblilisierung schon lange unerträglich ist.
Noch ein paar Kilometer weiter sterben Menschen an Europas Außengrenzen, die vor beispiellosen Menschenrechtsverletzungen und Krieg fliehen.
Anfang März hat der Landkreis Elbe-Elster mehrere Geflüchtete aus Finsterwalde in einer Sammelabschiebung nach Polen abgeschoben. Darunter befanden sich auch Betroffene eines rechten Angriffes, der am am 12.Dezember 2015 in Finsterwalde stattfand. Sechs Kriegsflüchtlinge aus Tschetschenien waren auf dem Weg zu ihrer Gemeinschaftsunterkunft aus einem vorbeifahrenden Auto beschossen worden. Die polizeilichen Ermittlungen zu dem Fall dauern noch an.
„Wir verurteilen die Abschiebung von Betroffenen rechter Gewalt durch die Ausländerbehörde des Landkreis Elbe-Elster. Hierdurch wird den Betroffenen von rassistisch motivierten Gewaltstraftaten die Möglichkeit genommen, ihre Opfer- und Zeugenschutzrechte wahrzunehmen und zum Beispiel eine Heilbehandlung zu erhalten“, so Martin Vesely von der Gewaltopferberatung des Vereins Opferperspektive e.V.
Das Sozialamt des Landkreises verweigerte den traumatisierten Kriegsflüchtlingen bis Februar 2016 eine psychologische Unterstützung. Nachdem nun das Sozialamt zusicherte, eine psychologische
Mindestversorgung der Betroffenen erneut zu prüfen, wurden mindestens zwei der Betroffenen kurzerhand durch die Ausländerbehörde abgeschoben.
Auch in anderer Hinsicht ist der Vorgang skandalös: Durch die Abschiebung fehlen nun wichtige Zeugen in einem laufenden Ermittlungsverfahren. Der Landkreis schützt somit im Endeffekt
rassistische Gewalttäter vor Strafverfolgung. Dies steht im eindeutigen Widerspruch zu sämtlichen Versprechungen aus der Politik, rechte Straftaten mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verfolgen.
„Aus unserer Beratungspraxis wissen wir, dass viele Strafverfahren eingestellt werden oder mit einem Freispruch für die Täter_innen enden, wenn die Zeug_innen für Aussagen fehlen. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der Landkreis eine Abschiebung forcierte, nachdem die Betroffenen sich Hilfe suchend an unsere Beratungsstelle wandten. Es ist unerträglich, dass den Betroffenen nun die Möglichkeit einer psychologischen Aufarbeitung des Angriffs in Finsterwalde genommen wird.“ erklärt Martin Vesely von der Opferperspektive weiter.
Am 07. November vergangen Jahres starteten wir unsere Kampagne zum 20. Todestag des alternativen Jugendlichen Sven Beuter in Brandenburg an der Havel. Das Datum war bewusst gewählt, denn am 07. November 1992 ermordeten am Kolpinsee bei Lehnin drei Neonazis den wohnungslosen Rolf Schulze. Seit dem Jahr 2012 organisieren antifaschistische Gruppen aus Brandenburg an der Havel und der Kreisverband der Partei DIE.LINKE gemeinsam Gedenkveranstaltungen. Seit vergangenem November ist viel passiert: Wir organisierten zahlreiche Abendveranstaltungen, darunter Vorträge, Filmabende und Podiumsdiskussionen, wurden zu etlichen Informationsveranstaltungen im Land Brandenburg, Berlin und Hamburg eingeladen und sind auf viel positives Feedback gestoßen. Im Folgenden wollen wir primär auf die Demonstration am 20. Februar eingehen, denn zu vielen anderen Veranstaltungen und Themen haben wir uns auf dem Blog geäußert und können dort nach wie vor nachgelesen werdeni.
–Antifa in der Krise?–
Wir haben uns in einem unserer Texte sehr ausgiebig mit dem Verhältnis von Dorf- zu Stadtantifa auseinandergesetzt. Seit der Publikation kurz vor Weihnachten im vergangenen Jahr ist viel passiert. Andere Gruppen oder Personen haben sich ebenfalls zur Thematik geäußert. Es gab eine große Welle der Solidarität von Gruppen aus Berlin und Potsdam, die uns nicht nur zu Infoveranstaltungen und Podiumsdiskussionen eingeladen haben, sondern auch Hilfe bei der Durchführung der Demonstration anboten. In diesem Rahmen möchten wir uns noch einmal bei allen uns unterstützenden Gruppen bedanken.
Nicht nur, dass die Solidarität zwischen Stadt und Dorf in den vergangen Wochen deutlich spürbar geworden ist, sondern auch andere Dorf-Gruppen haben begonnen eigene Veranstaltungen zu organisieren. So gab es unter anderem in Oranienburg eine kraftvolle antirassistische Demonstration und auch in Neuruppin wird für eine antirassistische Demonstration am 12. März geworben. Wir hoffen, dass das Engagement der Dorf- und Stadtgruppen kein kurzweiliges ist, sondern sich neue Synergien ergeben. Denn nur gemeinsam können wir in den Kleinstädten und Dörfern eine neue antifaschistische Bewegung initiieren, die den Rassist_innen und Neonazis vor Ort den momentan noch nahrhaften Boden entzieht. Gleichzeitig eröffnet eine starke Dorfantifa neue Möglichkeiten und Perspektiven für antifaschistische Gruppen in den Städten.
Brandenburg an der Havel gehört zu den Brandenburgischen Städten, die momentan nur sehr wenig durch rassistische oder neonazistische Gruppierungen frequentiert werden, aus diesem Grund werden wir vermehrt andere Gruppen unterstützen, so zum Beispiel unsere Freund_innen in Rathenow. Dort wollen Personen des Bürgerbündnis Deutschland einen rassistischen Großaufmarsch mit 1.000 Teilnehmenden durchführen. Dieses Treiben wollen wir nicht unwidersprochen hinzunehmen!
–Antifaschistische Demonstration–
Die Demonstration startete planmäßig nach vier Redebeiträgen. Die erste Zwischenkundgebung fand auf dem Neustädtischen Markt statt. Von dort ging es nicht wie geplant zum letzten Wohnort von Sven Beuter in die Mühlentorstraße sondern direkt in die Havelstraße, dem Ort, an dem der brutale Angriff 20 Jahre zuvor stattfand. An der im Jahr 2007 verlegten Gedenkplatte in der Havelstraße angekommen, thematisierten verschiedene Beiträge den Tod Sven Beuters, aber auch die Ermordung zahlreicher anderer Menschen aus rassistischen, sozialdarwinistischen und neonazistischen Motiven. Im Anschluss wurden jeweils ein Gebinde der Antifa Jugend Brandenburg und der Partei DIE.LINKE niedergelegt, das Zweite vom Vorsitzenden des Kreisverbandes Brandenburg an der Havel gemeinsam mit Norbert Müller MdB (DIE.LINKE). Im Anschluss stellten alte Weggefährt_innen von Sven Beuter einige Flaschen Bier am Gedenkstein hin, um so auf ihre Art an den jungen Mann zu erinnern, war er doch auf dem Weg zum Bier holen, angegriffen worden. Im Anschluss setzte sich der Demonstrationszug wieder Richtung Hauptbahnhof in Bewegung. Dort wurde die Veranstaltung nach einer kurzen Abschlusskundgebung aufgelöst und für beendet erklärt. Festnahmen, Personalienfeststellungen oder ähnliches waren während des gesamten Verlaufs nicht zu beobachten.
Die Entscheidung, die Route abzukürzen hatte zum Ziel, reisefreudigen Antifaschist_innen die Möglichkeit zu geben, im Anschluss an unsere Demonstration nach Frankfurt/Oder zu fahren und die Menschen von dort bei den Protesten gegen einen rassistischen Aufmarsch zu unterstützen. Aus diesem Grund war es wichtig, spätestens um um kurz vor 14 Uhr wieder am Hauptbahnhof zu sein. Bei dem Aufmarsch in der Oderstadt nahm unter anderem auch der Totschläger Sascha L. mit seiner Freundin teil.
–Die Stadt–
Was wurde nicht seit Beginn des Jahres 2016 unternommen um unsere Demonstration in ein schlechtes Licht zu rücken. Lokalpolitiker_innen der SPD, der CDU und der AfD beschwörten Horrorszenarien von 500 Autonomen herauf, die die Stadt in Schutt und Asche zerlegen würden. Hierbei tat sich besonders der SPD-Politiker und ehemalige Polizeichef Norbert Langerwisch hervor. So schwadronierte er unter anderem, dass er den seit Jahren andauernden Versuch, Sven Beuter zu einem Helden zu stilisieren ablehneii. Wir stellen hiermit nochmal in aller Deutlichkeit dar: Es ging uns und den anderen Organisator_innen der vergangen Gedenkveranstaltungen nie darum, Sven Beuter zu einem Helden zu machen, sondern es ging immer darum, die Hintergründe seines Todes klar zu benennen. Dieser wird jedoch häufig gerade von den Menschen ausgeblendet, die behaupten, er würde von uns zu einem Helden stilisiert werden.
Wir finden es sehr bedauerlich, dass die Diskriminierung und Ablehnung die Sven Beuter vor seinem Tod erfahren hat, sich heute weiter fortsetzt. Besonders beschämend ist hierbei die Aussage von Walter Paaschen, CDU, dass er unter keinen Umständen einer „wie auch immer gearteteten zusätzlichen Beuter-Ehrung“iii zustimmen wird. Paaschen gehört somit auch zu den Menschen, die nicht verstehen, dass es in Zeiten, in denen der Totschläger Beuters wieder in der Stadt wohnt und regelmäßig an neonazistischen und rassistischen Kundgebungen und Aufmärschen teilnimmt, sowie Geflüchtete in der Havelstadt beleidigt, bedroht und angegriffen werden, es einen Brandanschlag auf eine noch nicht bewohnte Geflüchtetennotunterkunft gab, genau diesen Rassist_innen und Neonazis der Rücken gestärkt. Wir lehnen dieses klassistische Weltbild klar ab, in dem Menschen nur aufgrund ihrer Lebensweise, ihrer Klamotten oder anderen Dinge, die angeblich von der Norm abweichen, diffamiert und zu Opfern gemacht werden ab.
Die AfD, die seit der Kommunalwahl im Jahr 2014 mit drei Abgeordneten in der SVV sitzt und ein Bürgerbüro in der Altstadt unterhält, tat sich durch besonderes Unkenntnis der Gedenken der vergangen Jahre und reißerische Hetze hervor. Hinzu kommt die Stigmatisierung alternativen Lebensweisen durch den AfD-Politiker Klaus Riedelsdorf, wenn er schreibt, dass Sven Beuter als Punk „sicher kein verdienstvoller Bürger der Stadt war“iv. Des Weiteren behauptet er, es würde im Rahmen des Gedenkens immer wieder zu „gewalttätigen, linksextremistischen Ausschreitungen“v kommen. Wir leugnen nicht, dass es im Jahre 1997 zu Ausschreitungen kam, hier gilt es jedoch die Ursachen klar zu benennen: Neonazis provozierten am Rande der Gedenkdemo und erhielten von den Cops keine Platzverweise und nur wenige Tage zuvor, am 08. Februar 1997, wurde der Punk Frank Böttcher im nahegelegenen Magdeburg brutal von Neonazis ermordet. Seither gab es, von linker Seite, keine Ausschreitungen oder ähnliches. Gleichzeitig verschweigen Walter Paaschen, Klaus Riedelsdorf und Norbert Langerwische jedoch die wiederholten Provokationen durch Neonazis am Rande der Gedenkkundgebungen. So versuchten 1998 vier Neonazis mit einem Gewehr auf die Gedenkenden zu schießen, dies wurde jedoch von den Cops unterbundenvi, 2012 sprayten Neonazis den Slogan „AFN zerschlagen“vii im Umfeld der Gedenkplatte und beobachteten die Gedenkveranstaltungviii und im Jahr 2015 provozierte der Totschläger mit vier weiteren Neonazis die Gedenkendenix.
Man muss jedoch Norbert Langerwisch und Klaus Riedelsdorf zu gestehen, dass sie sich selbst von dem Geschehen rund um die Demo ein Bild machten. Im Gegensatz zu Norbert Langerwisch, beobachtete Riedelsdorf die Veranstaltung aus der Ferne und suchte, nach dem er erkannt wurde, das Weite.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erwartungen der Lokalpolitiker_innen nicht erfüllt wurden und die Demonstration friedlich und kraftvoll durch die Havelstadt zogen. Selbst dem SKBx und der MAZxi viel es schwer, negativ über die Veranstaltung zu berichten und so mussten einige „Vermummte“ herhalten um die Demonstration als gefährlich zu diskreditieren.
–Die Cops–
Es war für uns von Beginn an sehr schwer einzuschätzen, wie sich die Cops am 20. Februar verhalten werden, denn gerade die Entwicklungen in Potsdam, wo jeden Mittwoch 1.000 Polizeibedienstete, Wasserwerfer und Räumfahrzeuge das Stadtbild prägen, sprach für eine erhöhte Präsenz während unserer Demonstration. Als wir jedoch gegen 10.30 Uhr am Versammlungsort eintrafen, waren weit und breit keine Polizist_innen zu sehen, erst 15 Minuten später trafen nach und nach sechs Halbgruppenkraftwagen und circa fünf Streifenwagen ein. Während der kompletten Veranstaltung beschränkten sich die Bediensteten auf das Regeln des Verkehrs. Wir sind natürlich froh, dass es keine Festnahmen von und Anzeigen gegen die Demonstrierenden gab. Gleichzeitig sind wir etwas traurig, denn wir es wäre eine Ehre für die Antifa Jugend Brandenburg gewesen, wenn es wenigstens ein Wasserwerfer, auch wenn es nur ein altes Modell aus Berlin gewesen wäre, in die Havelstadt geschafft hätte.
–Ausblick–
Wir werden uns nicht auf der erfolgreichen Demonstration ausruhen, auch, wenn sie unsere Erwartung weit übertroffen hat, sondern weiter aktiv sein. Momentan ist es in der Havelstadt relativ ruhig, sodass wir die Zeit die und die Kapazitäten haben, Strukturen in anderen Städten, momentan besonders in Rathenow, zu unterstützen. Gleichzeitig war der Redebeitrag der Antifaschist_innen aus Burg für uns ein klares Signal, den antifaschistischen Selbstschutz weiter auszubauen, um auf Angriffe durch Neonazis und Rassist_innen reagieren zu können.
Wie schon geschrieben werden wir unsere Freund_innen im Land Brandenburg in Zukunft stärker unterstützen:
‑05. März, Rathenow, Rassist_innenaufmarsch entgegentreten
‑09. März, Potsdam, Rassist_innenaufmarsch entgegentreten
‑12. März, Neuruppin, Antirassistische Demonstration
‑17. April, Brandenburg an der Havel, GAY-Pride
Antifa Jugend Brandenburg
i. http://fightingfor20years.blogsport.de
ii. MAZ, 20. Januar 2016.
iii. MAZ, 16. Januar 2016.
iv. SVV-Newsletter der AfD, 27. Januar 2016.
v. SVV-Newsletter der AfD, 27. Januar 2016.
vi. MAZ, 16. Februar 1998.
vii. AFN – Antifaschistischen Netzwerk Brandenburg-Premnitz-Rathenow.
viii. http://afn.blogsport.de/2012/02/16/gedenkkundgebung-in-brandenburg-an-der-havel/.
ix. https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16407117008/in/album-72157650926221092/.
x. SKB, 22. Januar 2016.
xi. MAZ, 22. Januar 2016.
Wir haben uns schweren Herzens entschieden, die Arbeit der Geflüchtetenberatung des Utopia e.V. vorübergehend einzustellen. Wir können unter den momentanen Bedingungen keine Beratung, die unseren Ansprüchen genügt, realisieren. Wir haben diese Arbeit über ein Jahrzehnt ehrenamtlich und unter hohen persönlichem Aufwand gemacht und uns teilweise bewusst entschieden, in prekären finanziellen Verhältnissen zu leben, um die Zeit für die Beratung aufbringen zu können. Persönliche Umstände führen nun dazu, dass die Ressourcen der Mitarbeiter*innen so knapp sind, dass eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Beratung, die die Klient*innen zu Recht erwarten, nicht mehr möglich ist.
Wir sehen es als eine Voraussetzung, um die Arbeit wieder aufnehmen zu können, dass es mindestens eine hauptamtliche Personalstelle gibt. Es braucht eine mit finanziellen und zeitlichen Ressourcen ausgestattete Geflüchtetenberatung, um die Arbeit angemessen fortzuführen sowie das ehrenamtliche Engagement weiterer Mitarbeiter*innen zu koordinieren. Der Verein ist daher um eine Förderung bemüht.
Die Geflüchtetenberatung prägte über Jahre die Arbeit des Vereins. Die unabhängige und kostenlose Begleitung und Beratung Asylsuchender während des Asylverfahrens, im Alltag und bei Fällen von Diskriminierung war bei den Klient*innen gut etabliert. Durch die Einstellung der ehrenamtlichen Beratungsarbeit wird die psychosoziale Versorgung der Stadt weiter verschlechtert. Umso schwerer fällt der Abschied auf Zeit. Die Klient*innen werden in Zukunft an andere Beratungsstellen verwiesen.
Der heutige antifaschistische Mittwoch startete mit einer großen, lautstarken und offensiven Demonstration unter dem Motto “Rassismus tötet! Die mörderischen Verhältnisse kippen!”.
500 Menschen liefen vom Lustgarten in Richtung Potsdam Nord, zum Dorint-Hotel. Während dieser Demonstration wurden vielerlei inhaltsreiche Redebeiträge gehalten. Diese setzten sich mit staatlichem Rassismus und dem massenhaften Tod von Refugees bei ihrer gefährlichen Flucht auseinander, außerdem wurde die Auseinandersetzung der Potsdamer Presse mit Pogida aufgrund ihrer Inhaltslosigkeit kritisiert.
Um 18.30 Uhr war die Demonstration beendet. Die Teilnehmenden begaben sich umgehend in Richtung Bornstedt, um dort die Neonazis von Pogida gebührend in Empfang zu nehmen. Zunächst gab es etwas Verwirrung bei den anwesenden Polizeikräften, ob die Teilnahme an der von Norbert Müller angemeldeten Demonstration möglich sei oder nicht. Ein Teil der Demonstrierenden begab sich zu 18.50 Uhr dorthin, der andere Teil versuchte auf dezentralem Weg an die Neonazis heranzukommen.
Pogida begann mit einiger Verspätung um 19.00 Uhr mit der Kundgebung. Es wurden verschiedene Redebeiträge verlesen. Nach einer kurzen Begrüßung durch Christian Müller, ergriff der Potsdamer Herbert Heider das Wort, er hatte in der Vergangenheit schon öfter für Pogida gesprochen, zumeist im OpenMic-Teil des Aufmarsches. Mittlerweile gehört er zu den planmäßigen Redner_innen. Das Herausragende bei ihm dürften die sehr ausgiebigen Zitate aus den Aufrufen der Gegendemonstrant_innen und von der Antifa gewesen sein. Am Ende kritisierte er, dass bei den letzten Pogida-Versammlungen alle drei Strophen des Deutschlandliedes gesungen wurden. Während dieser Auftaktkundgebung waren die Gegendemonstrant_innen durchgängig sehr gut hörbar bei Pogida. Nach einer Stunde lief Pogida dann endlich los. Ihre ursprünglich geplante Route, die Kirschallee hinunter, wurde allerdings von engagierten Antifaschist_innen blockiert. So bogen sie in die Erwin-Barth-Straße ein, auf der sich auch eine Blockade vorbereitete . Allerdings liefen sie nur weitere 50 Meter und dann war auch an diesem Mittwoch wieder Schluß für die 60 Hansel die wenig mehr von sich geben, als dass sie das Volk und Pogida seien. Nach kurzem Stillstand lief Pogida die Route wieder zurück. Wenn sie auch sonst nichts lernen: Niederlagen können sie mittlerweile gut akzeptieren und entsprechend handeln.
Am Ausgangspunkt wieder angekommen erfolgten weitere Reden von Pogida. Der Anmelder Müller startete seine, laut Eigenangaben von Bärgida übernommene Rede, thematisch sehr reichsbürgerlich. Zitierte seitenweise Auszüge aus dem Grundgesetz, der Potsdamer Konferenz und der Konferenz von Jalta. Knackpunkt: Deutschland sei kein souveräner Staat, sondern stünde unter der Kontrolle der Allierten. Diese Macht wiederum solle Putin nutzen um die zum Faschismus neigende deutsche Staatsführung abzusetzen. So oder so ähnlich ging es weiter, die geneigten Zuhörenden dürften allerdings genauso wenig Spaß daran gehabt haben ihm zu lauschen wie die weniger geneigten, denn Christian Müller las den kompletten Redebeitrag ab und dies sehr holprig. Am Ende erzählte er noch was zu seiner kriminellen Karriere und dass er sich bei Pogida in Zukunft im Hintergrund halten aber trotzdem weiter planen möchte.
Als weiterer Redner trat „Curd Schumacher“ auf, bei dem getrost bezweifelt werden darf, dass er wirklich so heißt. „Curd Schumachers“ Hauptkritikpunkt waren die Gegenproteste. Diese waren ihm zu laut, zu gewalttätig und allgemein habe er solche Zustände bisher nicht erlebt (außer vielleicht in Leipzig, wie er ergänzte). Er sah angesichts der überwältigenden Masse von lautstarken Gegendemonstrant_innen seine Haut in Gefahr und die Abreise gefährdet. Nichts davon trat ein. Leider.
Stattdessen ließ Christian Müller noch kurz darüber abstimmen ob nun alle drei Strophen des Deutschlandliedes gesungen werden sollten (Mehrheit der Neonazis überraschenderweise dafür) und stimmte dieses dann inbrünstig an.
Die Abreise der Neonazis gestaltete sich dann recht schwierig. Da der Kundgebungsort nach wie vor von allen Seiten von Gegendemonstrant_innen eingekesselt war. Erst 40 Minuten nach Beendigung der Gruselveranstaltung konnten die Neonazis den Bus in Richtung Potsdamer Innenstadt nehmen.
Der mehrstündige Gegenprotest wurde durch die Polizei mit dem Einsatz von Pfefferspray, körperlicher Gewalt und Festnahmen erschwert.
Bis zum Ende des Aufmarsches kamen von Christian Müller sich massiv widersprechende Aussagen zur Zukunft von Pogida. Vielleicht übernimmt Markus Johnke von Legida aus Leipzig die offizielle Anmeldung, vielleicht aber auch nicht. Unter Umständen wird Pogida den Wochentag in Zukunft wechseln, unter Umständen aber auch nicht. Möglicherweise zieht sich Müller komplett aus Pogida zurück, oder auch nicht. Denn den nächsten Aufmarsch am Bassinplatz wird er wiederum anmelden und anführen. Einen Lichtblick gibt es allerdings: Pogida soll wohl in Zukunft nur noch alle zwei Wochen stattfinden. Glauben tun wir das allerdings erst wenn wir es sehen.
INFORIOT — Verschiedenste Veranstaltungen fanden am vergangenem Wochenende in Brandenburg statt. Rechte Versammlungen in Leegebruch, Glöwen, Brück, Bad Belzig und Frankfurt/Oder bekamen deutlichen Gegenwind. Knapp 250 Antifaschist_innen nahmen an einer Gedenkdemonstration für Sven Beuter, der vor 20 Jahren von dem Neonazi Sascha Lücke totgeschlagen wurde, in Brandenburg an der Havel teil. In Lübben (Dahme-Spreewald) marschierten rund 350 RassistInnen und Neonazis für die “Zukunft für ihre Heimat”.
Brandenburg an der Havel — Kraftvolle Antifademo erinnert an Opfer Rechter Gewalt

Am heutigen Samstag den 20.02.2016 versammelten sich rund 250 Antifast*innen unter dem Motto “fighting for 20 years” in Brandenburg an der Havel, um dem vor 20 Jahren durch den Neonazi Sascha Lücke ermordeten Sven Beuter zu gedenken. Die aus Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt angereisten Teilnehmenden zogen vom Bahnhof der Stadt über den zentralen Marktplatz in das Stadtzentrum. In Redebeiträgen wurde der “Totschlag”, so das damalige juristische Urteil, in Beziehungen zu anderen Tötungsdelikten durch Neonazis gesetzt. Als Beispiele seien hier die angesprochenen Morde an Dieter Eich (Mai 2000) in Berlin-Buch oder Emil Wendland (Juli 1992) in Neuruppin genannt.

Von dort aus zog die Demonstration weiter zu Havelstraße 13, wo es eine Gedenkplatte für den an diesem Ort tödlich misshandelten Sven Beuter gibt. Dort wurden in Erinnerung an den Punk Kränze, Kerzen und zwei Flaschen Bier abgelegt, sowie eine Schweigeminute gehalten. Die Opferperspektive Brandenburg erinnerte dort in einem Redebeitrag daran, dass neonazistische Gewalt nicht nur tödliche Folgen hat, sondern darüber hinaus viele Menschen nach Übergriffen durch die erlittenen Verletzungen ein eingeschränktes und pflegebedürftiges Leben führen.

Abschließend zog die Demonstration zurück zum Bahnhof der Stadt um den anwesenden Antifaschist*innen eine fahrt nach Frankfurt (Oder) zu ermöglichen und das Gedenken mit aktuellen Kämpfen gegen neonazistische Strukturen zu verbinden. Aus diesem Grund wurde spontan auch auf einen geplanter Abstecher zum ehemaligen Wohnhaus von Sven Beuter verzichtet.
Weitere Bilder: hier, hier, hier und hier.
Lübben — Zum dritten Mal fordern extreme Rechte aller Couleur eine Zukunft für ihre Heimat
In Lübben hingegen demonstrierte die Initiative “Zukunft Heimat”. “Für unsere Kinder, für uns, für unsere Heimat” sollte protestiert werden — tatsächlich ging es um die Hetze gegen Flüchtlinge. Am Marktplatz der Spreewaldstadt versammelten sich rund 350 Personen. Damit lag die Teilnehmer_innenzahl deutlich unter jener der letzten Auflagen, als im Januar rund 700 und im Dezember 2015 500 Personen in Lübben zusammen kamen. Zuvor, Ende Oktober, hatte “Zukunft Heimat” im nahen Lübbenau sogar 900 Personen mobilisiert und im Januar erneut 700.

Am jetzigen Samstag sprachen unter anderem Jörg Sobolewski von der Berliner Rechtsaußen-Burschenschaft Gothia, AfDler Jens-Birger Lange und Christoph Berndt von “Zukunft Heimat”. Nico Tews vom Rathenower “Bürgerbündnis Deutschland” warb für einen anstehenden Aufmarsch seiner Gruppe am 5. März in Rathenow. Zu Wort kam auch ein Vertreter des “Bürgerforum Südbrandenburg”, dass sich kürzlich im Zuge einer Serie rassistischer Kundgebungen in Bad Liebenwerda gegründet hat. Fast alle Redner betonten, dass die hier Versammelten lediglich “patriotisch” seien und ganz sicher nicht rassistisch. Währenddessen wehte die schwarz-weiß-rote Reichsfahne über dem Marktplatz. Die Reden wurden lediglich von einem etwa 20-minutigen “Spaziergang” durch die Stadt unterbrochen. Mehrere Redner griffen die Bezichtigung als Nazis und “Braune” durch Politiker_innen und Journalist_innen auf und bemühten sich diese ad absurdum zu führen. Lange, AfD Kreisvorsitzender im Landkreis Dahme-Spree, sah “die Braunen” eher bei den Rot-Grünen Parteien. Er selbst sei weder rechts, noch links, sondern gradlinig. Die verbale Negation half jedoch nichts, erneut befanden sich Neonazis unter den Demonstrationsteilnehmern. Die mögliche Zusammenarbeit der sich betont “bürgerlich” gebenden Initiative “Zukunft Heimat” mit Neonazis ist seit geraumer Zeit Thema verschiedener Medienberichte gewesen.1

Am Rande der Versammlung protestierten rund 20 Menschen. In der direkt benachbarten Paul-Gerhardt-Kirche fand zudem eine “Friedensandacht” statt, bei der Stellung gegen “Zukunft Heimat” bezogen wurde.2
Weitere Bilder: hier.
Frankfurt (Oder) — Deutsche und Polnische Neonazis gemeinsam gegen Geflüchtete

In Frankfurt (Oder) demonstrierten etwa 100 Neonazis gegen den sogenannten “Asylwahn”. Die Gruppierung “Frankfurt/Oder wehrt sich” rief erneut zur Demonstration in die Oderstadt auf. Bereits im vergangenen Jahr veranstalteten die RassistInnen um das Neonazipaar Peer und Franziska Koss hier Demonstrationen. Insgesamt sechs Mal gingen sie auf die Straße mit jeweils abnehmender TeilnehmerInnenzahl.
Wie bei nahezu allen Demonstrationen der Frankfurter war erneut die neonazistische Partei “Der III. Weg” maßgeblich an der Organisation, wie auch in Personenstärke beteiligt. Pascal Stolle, der inzwischen in Eisenhüttenstadt leben soll, war sodann auch der erste Redner an dem Tag auf dem Marktplatz. Björn Brusak, bekannter extrem rechter Liedermacher und Dauerredner auf den neonazistischen Veranstaltungen in Ostbrandenburg, leitete die Demonstration insgesamt. Nach dem Auftakt marschierten die Nazis, wohl aufgrund einer kurzfristigen Routenänderung, über den

Brunnenplatz zur Karl-Marx-Strasse, wo sie dann auf ihrer etwa 2km langen Route einmal quer durch die Innenstadt zogen. Mit “Wir sind das Volk” und “Wir sagen nein zum Asylantenheim” hetzten sie in gewohnter Weise gegen Geflüchtete. Als Novum kann die wohl erstmalige Beteiligung polnischer Neonazis an einem deutschen Neonaziaufmarsch gesehen werden. “Frankfurt/Oder wehrt sich” hatte bereits im Vorfeld die polnische Bevölkerung dazu aufgerufen ebenfalls gegen “Überfremdung” und “Geflüchtete” auf die Strasse zu gehen. Diesem Ruf folgten etwa 20 Neonazis aus der Nachbarstadt Slubice. Das es wie dort, wie auch im restlichen Teil Polens, vor allem aufgrund der strikten Ablehnung von Geflüchteten kaum Asylbewerber_innen gibt, ist da nebensächlich. Besonders kurios wirkte dann die mitgebrachte polnische Fahne zwischen den Deutschland- und Brandenburgfahnen. Noch dazu, dass diese falsch herum getragen wurde.

An den Gegenprotesten, die erneut vom Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” in Zusammenarbeit mit der Stadt und anderen Initiativen organisiert wurden, beteiligten sich insgesamt etwa 200 Menschen. Auf der zentralen Kundgebung direkt vor dem Rathaus nur wenige Meter vom Auftaktort der Neonazidemonstration entfernt forderten u.a. der Oberbürgermeister Martin Wilke ein weltoffenes Frankfurt, welches Geflüchtete willkommen heißt und HetzerInnen die Stirn bietet.
Ein Großaufgebot der Polizei, u.a. mit Hunden und Hubschrauber vor Ort, verhinderte jegliche Blockadeversuche von Antifaschist_innen. Teilweise wirkten die Polizeikräfte jedoch auch unkoordiniert. So worden Antifaschist_innen nicht zu anderen Gegendemonstrant_innen durchgelassen und durch eine Polizeikette getrennt, obwohl die Nazis bereits ihre Versammlung beendet hatten und nicht mehr in unmittelbarer Nähe waren.
Weitere Bilder aus Frankfurt (Oder) hier und hier.
Es schneit, es ist kalt und in Babelsberg tobt es auf den Straßen. Der Kiez ist herausgeputzt. Es ist mal wieder Mittwoch in Potsdam und der Schlangenbeschwörer Christian Müller hat ma wieder eine Veranstaltung des Pegida-Ablegers POGIDA angemeldet. Er und ein Sammelsurium an menschenverachtenden Wirrköpfen plante vom Bahnhof Medienstadt Richtung S‑Bahnhof Babelsberg zu marschieren. Es bot sich ein breites Spektrum an rechtsaffinen jungen Männern und Frauen, konservativen und älteren Menschen, Verschwörungstheoretiker_innen, Putinverliebten und sonstigen Mitlaufenden. Auch Sympathisant_innen der „Identitären Bewegung“ waren wieder vertreten.
In Babelsberg waren sieben Gegenveranstaltungen angemeldet, u.a. gab es eine Demo des SV Babelsberg 03 mit 300 Teilnehmer_innen. Auf der Kundgebung des Bündnisses „Potsdam bekennt Farbe“ standen zeitweise ebenfalls über 300 Menschen an der geplanten Marschroute von POGIDA. Außerdem gab es fünf weitere Veranstaltungen rings um die angekündigte Neonaziroute.
Im Vorfeld des heutigen Demoabends waren mehrere Transparente in und um den Stadtteil Babelsberg aufgehangen worden, welche sich die früh angereisten Polizist_innen zum Anlass ihrer Beschäftigung nahmen. Überhaupt war dieser Pogidaufmarsch schon über Tage dämonisch heraufbeschworen worden. Der Plan, die “Wohnstube der Linken” (Zitat Christian Müller) zu erobern provizierte diverse Krawallvorhersagen.
Geschützt von einem massiven Polizeiaufgebot zog der Wanderkessel um Christian Müller zunächst wie geplant die Großbeerenstraße hinunter. Dabei war die Situation von Beginn an unübersichtlich. Die Pogidist_innen wurden von allen Seiten lautstark übertönt, es kam zu vereinzelten Böllerwürfen und immer wieder zu hektischen Polizeibewegungen. Nach nur 450 Metern musste der Aufzug dann stoppen. Selbst diese Strecke konnte nur mit Polizespalier und Wasserwerfer an der Front des Aufmarsches ermöglicht werden. Linke Jugendliche hatten auf Höhe der Kleinen Straße eine Sitzblockade errichtet, die mit 150 Antifaschist_innen begann und auf 500 Menschen anwuchs. Im Rücken der Blockade sorgten ca. 50 Personen für eine weitere Beschäftigung der eingesetzten Polizeihundertschaften aus dem gesamten Bundesgebiet. Es wurden Mülltonnen und Teile einer Baustelle auf die Straße geräumt.
Auch im Vorfeld dieser beiden Blockaden kam es im Babelsberger Kiez schon zu diversen dezentralen Aktionen — dies dürfte dazu beigetragen haben, dass die Polizei die Blockade nicht räumen ließ und den Neonazis um Christian Müller auch keine Ersatzroute anbot.
Währenddessen gaben die Neonazis ihren üblichen, verschwörungstheoretischen Wirrsprech von sich, über “Wir sind das Volk” und “Merkel muss weg” gingen ihre Parolen selten hinaus. Aber auch diese Parolen blieben ihnen im Verlauf ihrer “Demonstration” im Halse stecken. Nach über einer halben Stunde, in der sie sich die Beine in den Bauch standen, kehrten sie zum Bahnhof Medienstadt zurück. Die dort gehaltenen Redebeiträge lassen sich mit der Wortgruppe “unter aller Kanone” bestens beschreiben. S. Graziani, Abgesandter von Legida gab unter Applaus der Neonazis von sich, dass die aktuelle “Völkerwanderung künstlich ausgelöst und von langer Hand geplant” sei, um “Europa zu destabilisieren”. Wer da nicht die Hände überm Kopf zusammenschlägt und brüllend weg rennt, kann kein Herz und keinen Verstand besitzen.
Übertönt wurde dieses Trauerspiel von der nur wenige Meter entfernten Kundgebung von “Potsdam bekennt Farbe” durch vielfältige Rufe, Kommentare und Musik. Um kurz vor 21.00 Uhr löste Christian Müller den Aufmarsch auf, nicht ohne auf seinen nächsten Termin in Potsdam am 24. Februar sowie den Plan, bald tägliche POGIDA-Aufmärsche durchführen zu wollen, hinzuweisen.
Auf dem Heimweg der erfolgreichen Antifaschist_innen kam es immer wieder zu schikanösen Personalienfeststellungen und Festnahmen durch die Polizei. Die Stadtteilkneipe “Nowawes” wurde mit dem Hintergrund Straftäter_innen zu suchen, ohne Durchsuchungsbeschluss von Berliner Einsatzhundertschaften brutal gestürmt.
Die Nachbereitung des Abends wird, neben gegenseitigem Schulterklopfen, vor allem den Umgang mit Repression und evtl. Gegenanzeigen umfassen.
Wir lassen uns nicht kriminalisieren! Nicht heute und nicht in den nächsten Wochen!
Seid dabei, am kommenden Mittwoch um 17 Uhr am Lustgarten. Wir werden kraftvoll Richtung Bornstedt demonstrieren, wo POGIDA seine nächste Veranstaltungen angemeldet hat.
Rassismus tötet!
Alerta Antifascista!
Potsdam — Auch an diesem Mittwoch fand das wöchentliche Schaulaufen des Potsdamer PEGIDA Ablegers POGIDA statt. Der Initiator Christian Müller meldete diesmal südlich von Potsdam, am Bahnhof Rehbrücke, seine rassistisch, völkische Veranstaltung an, welche später nach Alt Drewitz lief. Neben Christian Müller und seinen Kameraden waren auch Anhänger_innen der “Identitären Bewegung“ dabei.
Mal wieder war das Polizeiaufgebot bemerkenswert, dass für ca. 100 POGIDA-SympathisantInnen den Schutz des Versammlungsrechtes gewährleistete und die Möglichkeiten für Gegendemonstrant_innen systematisch einschränkte. Unter anderem war im Vorfeld bekannt geworden, dass die Polizei die Route der antirassistischen Demonstration “You´ll never walk alone” vom Magnus-Zeller-Platz am Bahndamm abschneiden würde. Aufgrund eines Beschlusses des Verwaltungsgerichts konnte die Demo kurzfristig mit ca. 300 Teilnehmer_innnen nach Rehbrücke geführt werden und endete in einer Sackgasse, zur Pogida-Route hin abgeschirmt, im Industriegebiet. Der notwendige und zulässige Gegenprotest wurde so einmal mehr durch die Polizei behindert.
An der Kundgebung des Bündnisses „Potsdam bekennt Farbe“ in Rufweite zu den Pogida-Nazis nahmen rund 300 Menschen teil. Ebenso kamen etwa 300 Menschen zu einer Kundgebung der Initiative „Nuthethal bekennt Farbe“ und demonstrierten lautstark abseits der tatsächlichen Marschroute.
Der Demonstrationszug ging an einer geplanten Geflüchtetenunterkunft in einem ehemaligen Baumarkt vorbei und führte nach Alt Drewitz, wo sich die Demo nach einer karnevalesken und kruden Abschlussveranstaltung mit einem offenem Mikrofon auflöste.
Bereits entlang früherer Routen lagen Unterkünfte für Geflüchtete, die Ziel der rassistischen Hetze des selbsternannten Chefs von POGIDA und seiner Anhänger_innen wurden. Hierbei wird versucht an bestehende Ressentiments in der örtlichen Bevölkerung anzuknüpfen. So wurde bereits im Vorfeld bekannt, dass sich in Rehbrücke als Reaktion auf die angekündigte Eröffnung einer Geflüchtetenunterkunft eine Bürgerwehr gründen wollte — kein Einzelfall von Seiten organisierter Rassist_innen in Kaltland. Die Beiträge einiger Teilnehmer_innen am „open mic“ waren so verworren, dass bereits nach wenigen Minuten ein Großteil die Demonstration offenbar freiwillig verließ und auf der Route über die Nuthewiesen zurück zum Bahnhof Rehbrücke lief.
Sowohl heute und in Zukunft gilt: Störende Aktionen gegen aggressive Aufforderungen der Rassistinnen um POGIDA sind unabdingbar. Der antifaschistische Widerstand auf der Straße und die aktive Auseinandersetzung gegen POGIDA wird von vielen verschiedenen Menschen getragen und sie erleben wie der legitime und wichtige Protest von der Polizei behindert wird. POGIDA wird nicht von alleine verschwinden und leider auch nicht durch Kundgebungen abseits des Geschehens verhindert.
Am nächsten Mittwoch will POGIDA ihren konservativen, rassistischen und nationalistischen „Abendspaziergang“ an der Wetzlaer Straße in Babelsberg starten und zum S‑Bahnhof Babelsberg laufen.
Wir zeigen seit mittlerweile fünf Wochen, dass uns unendliche viele PolizistInnen nicht davon abhalten unseren Protest auf die Straße zu bringen. Auch diese Woche waren wieder rund 1000 Menschen gegen POGIDA auf der Straße. Rassimus muss benannt und bekämpft werden! Lasst es nicht zu, dass Rassist_innen und Neonazis ihre braune Scheiße auf die Straße tragen!
Bringen wir den Nudeltopp zum Überkochen! Alerta Antifascista!
Seid wieder dabei, wenn es wieder heißt: POGIDA stoppen!
Aktuelle Infos unter www.nopogida.de und @TickerPotsdam
Fotos vom heutigen Abend:
https://flic.kr/s/aHskqQBHqn
https://flic.kr/s/aHsku9tJpD