Am Rande einer Versammlung des „Bürgerbündnisses Havelland“ ist es am Dienstagabend zu einer Konfrontation gekommen. Zwei mutmaßliche Sympathisanten der rechten Vereinigung hatten zunächst den Begleiter eines Fotografen angepöbelt und sich dann anschließend mit ihm eine handfeste Auseinandersetzung geliefert. Dabei schlug und trat einer der beiden Angreifer auf den Mann ein. Beamte der Bereitschaftspolizei beendeten die Konfrontation und nahmen daraufhin Anzeigen auf.
Der Begleiter des Fotografen ist seit November 2015 bei nahezu jeder Versammlung des „Bürgerbündnisses Havelland“ im Einsatz, um den ausgewiesenen Pressevertreter vor Angriffen von Bündlern oder deren Sympathisant_innen zu schützen.
Vor dem Übergriff hatte sich das rechte „Bürgerbündnis Havelland“ wieder auf dem Märkischen Platz versammelt und dort durch subjektiv gefärbte Redebeiträge seiner Sprecher Statements zur Kommunal‑, Bundes- und Weltpolitik abgegeben. Wie auch bei vergangenen Veranstaltungen, waren die Reden hauptsächlich wieder von persönlichen Anfeindungen gegen namentlich benannte Politiker und Pressevertreter geprägt. Ein Redner sprach sich zu dem gegen Gender-Mainstreaming und Homosexualität aus. Lauthals wurde vom ca 30-köpfigen Publikum die AfD bejubelt.
Anschließend formierte sich das „Bürgerbündnis Havelland“ zum „Abendspaziergang“. Kurz nach dessen Beginn kam es in der Berliner Straße zum Angriff auf den Begleiter des Fotografen. Fotos: hier
Für den 3. September kündigen die Rassist*Innen um die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ eine „länderübergreifende“ „Demonstration an. Nachdem am 20. Februar diesen Jahres etwa ein Dutzend polnischer Nationalist*Innen an der letzten asylfeindlichen Demonstration in Frankfurt (Oder) teilnahmen, gab es am 7. Mai auch im benachbarten Slubice eine von der Facebookgruppe „Narodowe Slubice“ (Nationales Slubice) initiierte Demonstration mit knapp 200 Teilnehmenden. Dieser blieben jedoch die Frankfurter Neonazis fern. Ob es am 3. September wie angekündigt tatsächlich zu einem erneuten Schulterschluss von Rassist*Innen beider Seiten der Oder kommt, scheint unklar. Derweil kam es in den letzten Monaten erneut zu rassistischen Übergriffen in Frankfurt (Oder). Für die Beteiligung an einem brutalen Übergriff im März vergangenen Jahres muss der Frankfurter Neonazi Andy Köbke nun wohl hinter Gittern. Unverhoffte Unterstützung für Frankfurter Neonazis
Am 20. Februar organisierten Neonazis um die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ bereits zum siebten Mal eine Versammlung in der Grenzstadt. Knapp 120Personen nahmen an dem Aufzug teil. Einem polnischen Aufruf zu der Demonstration folgten 13 Personen aus dem benachbarten Slubice. Darunter vornehmlich Unterstützer des lokalen Fußballvereins Polonia Slubice, als auch der Initiator der Facebookseite „Narodowe Slubice”, Michai? Czerwinski. Trotz offensichtlichen Widersprüchen zwischen polnischen Ultranationalist*innen und deutschen Neonazis war der gemeinsame Rassismus Grund genug, die Differenzen zumindest vorübergehend zu überwinden. Für regionale NPD-Größen wie Manuela Kokott oder Klaus Beier war es dieses Mal jedoch offensichtlich ein Anlass, der Versammlung fernzubleiben. Die Partei der „III. Weg“ lief zwar mit, erwähnte jedoch in ihrem Bericht mit keinem Wort die polnische Beteiligung.
Ausführlichere Informationen zu der Demonstration am 20. Februar können unserem Artikel „Alte Feindschaften, neue Allianzen und schärfere Töne – Zu den aktuellsten Entwicklungen der rassistischen Mobilisierung in Frankfurt (Oder)“ klicken vom 4. März 2016 entnommen werden. Fehlende Unterstützung für polnische Ultranationalist*Innen
Zu einem Aufmarsch 200 polnischer Nationalist*Innen kam es am 7. Mai diesen Jahres. Zu dem Anlass der Versammlung äußerte sich Bartosz Janowicz von „Narodowe Slubice“ in einem Interview wie folgt: „Wir kämpfen gegen die Islamisierung Europas und wollen, dass sich die Kulturen nicht vermischen. Polen soll polnisch bleiben, die Ukraine ukrainisch, Deutschland deutsch“. [1] An dem Aufmarsch beteiligten sich Anhänger*innen der „Allpolnischen Jugend – Lebuser Land“, der bekannte polnische Nationalist und Antisemit Piotr Rybak4 5sowie der ehemalige Europa-Abgeordneter der nationalistischen katholisch-klerikalen »Liga Polnischer Familien« (LPR), Sylwester Chruszcz. Inhaltlich wurde gegen eine vermeintliche Islamisierung, Angela Merkel, die Europäische Union und deutsche Hegemonialinteressen mobil gemacht. Trotz der Ankündigung auf der Facebookseite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“, die Aktion in Slubice zu unterstützen, blieb eine Teilnahme deutscher Rassist*Innen aus. Bekannte Gesichter um Peer Koss und Romano Gosda beteiligten sich an diesem Tag lieber an der „Merkel muss weg“-Demonstration in Berlin.
Ausführlichere Informationen zu dem Aufmarsch polnischer Nationalist*innen in Slubice am 7. Mai können unserem Artikel „7. Mai: Zwischen Berlin und Slubice“ vom 23. Mai 2016 entnommen werden. Beschränkter Nationalismus steht rassistischer Allianz im Weg
Seit dem 12. Juli wird nun auf der Facebookseite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ zu einer „länderübergreifenden Demonstration“ auf der Grenzbrücke aufgerufen. Unter dem Motto „Grenze schließen / Asylflut stoppen“ wird in einem kurzen Ankündigungstext zwar darauf verwiesen, dass nicht jeder Moslem ein Islamist sei, jedoch der Islam nicht zu Deutschland, Polen und Europa gehöre und die Ausweisung vermeintlicher Asylschmarotzer und der Austausch von Politiker*Innen gefordert. Mit derlei Aussagen können sich sicherlich auch die polnischen Nationalist*innen identifizieren. Jedoch erschien bisher kein Aufruf auf polnisch, weder auf der Frankfurter noch auf der Facebookseite von „Narodow Slubice“. Eine Teilnahme von Micha? Czerwinski scheint nahezu ausgeschlossen. So teilte er am 7. August ein Bild, dass einen stolz aufgeplusterten polnischen Adler und einen am Boden zerstörten deutschen Adler darstellen soll. Auf einer weiteren von ihm geposteten Grafik sind die vier Visegrád-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn angebildet, die eine innige Verbindung bilden, während rundherum hinter Stacheldraht die EU, Russland und der IS neidvoll auf die Runde der V4 blicken.
Zu den Personen, die auf Facebook ihre Teilnahme an der Demonstration zusagen, gehört ein Querschnitt der Frankfurter Neonaziszene. Mal wieder haben viele junge Rassist*innen ihre Teilnahme angemeldet. Bis jetzt gibt es keine nennbare Personenzahl, die aus Slubice teilnimmt. Dennoch ist die Zusage auf Facebook kein Garant für diejenigen, die tatsächlich am 03.09. ihren Rassismus auf die Straße tragen wollen. Jedoch scheint eine organisierte und breite Teilnahme polnischer Rassist*Innen unwahrscheinlich.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ kündigte bereits Gegenproteste in der Nähe zur Grenzbrücke ab 14:00 Uhr an und ruft im Falle einer rassistischen Demonstration dazu auf, diese mittels Menschenblockaden zu verhindern. Zudem soll ab 13:00 Uhr eine antifaschistische Streetparade vom Bahnhof Richtung Grenzbrücke ziehen. Rassistische Gewalt bricht nicht ab – Frankfurter Neonazi zu Haftstrafe verurteilt
Derweil kam es in Frankfurt (Oder) in den vergangenen Monaten erneut zu rassistischen Übergriffen. Besondere Aufmerksamkeit erregte ein Fall am 23. Mai im Stadtzentrum. Nachdem drei Männer rassistisch beschimpft und bedrängt wurden, wurde einer Person auch körperlich angegriffen. Als die Betroffenen fliehen wollten kam es unter Beifall und „Sieg-Heil“-Rufen von Passant*innen zu weiteren tätlichen Angriffen. Bei einer Kundgebung gegen rassistische Gewalt am 03. Juni in der Nähe des Tatortes positionierte sich eine 15-köpfige Gruppe auf der gegenüberliegenden Straßenseite und rief rassistische Parolen. In der Nacht zum 25. Juni wurden zwei Geflüchtete auf der Franz Mehring Straße von einer 10-köpfigen Gruppe erst gestellt und dann laut Polizei „zu Boden gebracht“. Die Betroffenen erlitten Schürfwunden, einer der Angreifer wurde im Nachgang von der Polizei festgenommen.
Eine Auflistung rechter und rassistischer Vorfälle kann der Chronologie auf unserer Homepage entnommen werden.
Der rassistische Übergriff auf fünf syrische Geflüchtete in der Nacht vom 20. auf den 21. März hat für den stadtbekannten Neonazi Andy Köbke nun weitreichende Konsequenzen. Er wurde wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation, sowie aufgrund mehrerer Vorstrafen zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Köbke befand sich an dem Abend vor dem Übergriff auf fünf syrische Geflüchtete in einer Shisha-Bar im Frankfurter Stadtteil Neuberesinchen. Laut Zeugenaussagen soll er dort weitere anwesende Personen aufgestachelt und zur Gewalt gegen die ebenfalls anwesenden Syrer aufgefordert haben. An dem Übergriff selbst war Köbke jedoch nicht beteiligt. In der anschließenden Nacht wurden die fünf Geflüchteten auf ihrem Weg in die Unterkunft „Oderlandkaserne“ verfolgt und in der August-Bebel Straße mit Tritten, Schlägen und einer Eisenstange von mehreren Personen verletzt. Der Prozess gegen die neun Verdächtigen steht noch aus. [2]
[1] Vgl. rbb aktuell 07.05.2016: Demo gegen Flüchtlinge, https://www.rbb-online.de/brandenburgaktuell/archiv/20160507_1930/demo‑g…, Minute 0:38, eingesehen am 11. Mai 2016.
[2] Vgl. http://www.moz.de/heimat/lokalredaktionen/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1494523/, zuletzt eingesehen am 08.08.2016
Führer einer extrem rechten Bewegung: Der Antisemit Piotr Rybak auf dem Lautsprecherwagen, u.a. geschmückt mit dem Fantransparent der örtlichen Fussballmannschaft Polonia Slubice am 7. Mai in Slubice. (Quelle: slubice24.pl) Am 7. Mai 2016 marschierten etwa 200 polnische NationalistInnen durch S?ubice. (Quelle: slubice24.pl) Ungewöhnliche Allianz: Polnische Hooligans am 20. Februar 2016 hinter der Deutschlandfahne auf der letzten asylfeindlichen Demonstration in Frankfurt (Oder). (Quelle: pressedienst frankfurt (oder))
In einem offenen Brief an den Obermürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder) und weitere Akteure aus Politik, Kommune und Zivilgesellschaft macht die Brandenburger Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, Opferperspektive e.V., heute darauf aufmerksam, dass Frankfurt (Oder) gerade eine Welle rechter Gewalt erlebt.
Bis zum 31. Juli 2016 registrierte die Opferperspektive e.V. schon zehn gewalttätige Angriffe, die auf einer rechten Tatmotivation beruhten. Fünf dieser Angriffe müssen als schwerwiegend bewertet werden, weil den Betroffenen schwere Verletzungen zugefügt wurden oder diese Taten aus einer größeren Tätergruppe heraus begangen wurden. Mehrere Taten ereigneten sich tagsüber bzw. in den frühen Abendstunden und im Stadtzentrum. Diese Entwicklung ist hochgradig besorgniserregend. Viele potentiell Betroffene fühlen sich in Frankfurt (Oder) mittlerweile nicht mehr sicher.
In ihrer langjährigen Beratungspraxis hat die Opferperspektive e.V. immer wieder festfestellt, dass eine öffentliche Ächtung der Taten, soziale Sanktionen gegen die Täter_innen und das sie unterstützende Umfeld und eine Solidarisierung mit den Betroffenen wirksame Mittel sind, um rechte Gewalt und deren Auswirkungen zu bekämpfen.
Aus diesem Grund ruft die Opferperspektive e.V. die Vertreter_innen der Stadtgesellschaft dringend dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass rechte Gewalt in der Frankfurter Bürgerschaft und Kommunalpolitik in einem deutlich stärkeren Umfange als bisher thematisiert wird und Anstrengungen unternommen werden, dem Klima, in dem diese Taten geschehen entgegen zu wirken.
Im Anhang finden Sie den Offenen Brief und eine Auflistung der von der Opferperspektive e.V. in diesem Jahr registrierten Fälle.
An den Landrat des Landkreis Oberspreewald-Lausitz Siegurd Heinze,
an die Verantwortlichen in der Kreisverwaltung,
an die politisch Verantwortlichen im Landkreis und im Land Brandenburg,
an die allgemeine Öffentlichkeit,
im Rahmen unserer aufsuchenden Beratungstätigkeit für Betroffene rechter
Gewalt im Land Brandenburg sind wir in die Flüchtlingsnotunterkunft nach
Vetschau gerufen worden. Leider berichteten uns Flüchtlinge vor Ort von
mindestens vier rechtsmotivierten Angriffen in Vetschau seit April 2016
und von häufigen rassistischen Beleidigungen und Anfeindungen im Ort –
angesichts der derzeitigen Situation in Brandenburg nichts
außergewöhnliches. Von den vier Angriffen, die uns berichtet wurden, ist
ein Fall polizeilich angezeigt. Wir gehen von einer höheren Dunkelziffer
aus, da wir vor Ort nur mit einem Teil der Flüchtlinge sprechen konnten.
Betroffene rassistisch motivierter Gewalt, insbesondere Asylsuchende,
bedürfen eines besonderen Schutzes. Für die Dauer des Asylverfahrens
sind Asylsuchende zu einem großen Teil von staatlichen Stellen abhängig,
um für ihre Grundbedürfnisse zu sorgen (Essen, Unterkunft, medizinische
Versorgung etc.).
Einige Flüchtlinge aus der Notunterkunft in Vetschau berichteten uns von
völlig unzumutbaren Zuständen vor Ort (siehe die Erklärung einiger
Flüchtlinge aus Vetschau vom 23.08.2016). Dies betraf zum Einen die
desolaten Zustände in der Unterkunft, hier insbesondere die dauerhafte
sanitäre Versorgung mit improvisierten Campingtoiletten (sog.
„Dixi-Klos“) und die nur zeitweise geöffneten Duschwagen mit
unzureichender Warmwasserversorgung. Selbst für die Krankenstation steht
nur ein „Dixi-Klo“ zur Verfügung. Zudem wird die Essensversorgung von
den Flüchtlingen als extrem unzureichend beschrieben. Die Essensausgabe
findet in einem Zelt statt. Die ehemaligen Garagen, die nun als
Unterkünfte für Menschen dienen, haben keine eingebauten Heizungen. Im
Winter wurde pro Garagenraum ein Radiator ausgegeben, was nicht
ausreichend war. Einige Flüchtlinge wurden aufgrund der Kälte krank.
Außerdem berichteten uns einige Flüchtlinge von fehlendem Zugang zu
dringend notwendiger medizinischer Versorgung, auch bei akuten
psychischen Erkrankungen und akuten Schmerzen. Mindestens zwei
Flüchtlinge leben bereits seit acht Monaten in Vetschau. Von einer
kurzfristigen Unterkunft zur Überbrückung kann daher hier keine Rede
sein. Durch einen Rundgang in der Notunterkunft und durch
Inaugenscheinnahme des Mittagessens konnten wir uns von den Zuständen
selbst ein Bild machen. Wir halten die Aussagen der Flüchtlinge in der
Erklärung daher für glaubwürdig und fordern:
1. Einen würdigen Rahmen zu schaffen, in dem die Flüchtlinge aus
Vetschau, die die Erklärung verfasst haben, ihre Forderungen an die
politischen Verantwortlichen kommunizieren und in dem die Forderungen
der Flüchtlinge gehört und ggf. umgesetzt werden können.
2. Eine vom Landkreis unabhängige Überprüfung der Zustände in der
Flüchtlingsnotunterkunft in Vetschau, insbesondere unter dem Fokus, ob
die durch den Landkreis an den Betreiber der Unterkunft bezahlten und
vertraglich zugesicherten Leistungen seit Inbetriebnahme erbracht
wurden, ggf. Rückforderungen und Behebung von akuten Missständen.
3. Eine öffentliche Solidarisierung mit den Betroffenen rassistischer
Gewalt in Vetschau
Opferperspektive e.V. — Beratung für Betroffene rechter Gewalt, Potsdam
den 25.08.2016
Täglich hören wir in den Nachrichten von den Schreckensmeldungen aus Syrien oder von ertrunkenen Geflüchteten im Mittelmeer. Die europäische Union reagiert mit Abschottung und statt mit Mitgefühl antworten viele Menschen mit Nationalismus und rassisitscher Hetze. So auch in Frankfurt (Oder) am 3. September. Dazu erklärt Jan Augustyniak, Sprecher des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“:
„Europa wird immer mehr zu einer Festung. Viele Geflüchtete stranden an den Grenzen der Europäischen Union, ob in der Türkei, Mazedonien oder an ihrer Peripherie, wie z.B. in Griechenland. Dort leben sie oft unter widrigsten und menschenunwürdigen Bedingungen“.
In Deutschland und in Polen, wie auch im Rest Europas, wird den Geflüchteten von vielen Menschen Hass entgegengebracht. Ob auf den Straßen oder in den sozialen Netzwerken – Hetze gegen Geflüchtete ist längst salonfähig geworden. Das vereint die Nationalist*innen dies- und jenseits der Oder. Der Hass auf Geflüchtete vereint überdies die europäische extreme Rechte und lässt alte Feindschaften verblassen.
„Diese neuen Allianzen lassen den Traum nach einem „Europa der Vaterländer“ neu aufblühen. Daher ist die Zusammenarbeit der polnischen Ultranationalist*innen und deutschen Rassist*innen als ein Alarmsignal zu sehen. Obwohl die rechte Gruppe aus S?ubice – „Narodowe S?ubice“ – bis jetzt noch nicht für den Aufmarsch von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ wirbt, beobachten wir diese Entwicklung mit großer Sorge. Doch dem europaweiten Rechtsruck stellen wir eine offene Gesellschaft entgegen, die nicht wegschaut. Wenn Rassist*innen und Ultranationalist*innen durch die Straßen marschieren wollen, ist es immer wieder aufs Neue notwendig, dass wir rassistischer Mobilmachung mit antifaschistischen Protesten beantworten“ so Augustyniak weiter.
So wird es am 3. September neben der um 14:00 Uhr startenden Kundgebung des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“, ab 13:00 Uhr auch eine antifaschistische Streetparade geben. Diese wird vom Frankfurter Bahnhof starten und mit Musik und verschiedensten Redebeiträgen durch die Oderstadt ziehen.
„Wir solidarisieren uns mit allen antifaschistischen Aktionsformen an diesem Tag und freuen uns über die Streetparade.“ so Jan Augustyniak, und ruft zur aktiven Teilnahme an beiden Veranstaltungen auf.
So hatte sich das die AfD wohl nicht vorgestellt — da treffen sich rund zwanzig ihrer Anhänger_innen ganz heimlich in einem Gebäude in einer der nobelsten Ecken der Stadt, und selbst dort — keine Ruhe vor der Antifa.
Am frühen Montagabend versammelten sich über einhundert Menschen in Potsdam vor einem Gebäude in der Berliner Straße, um gegen einen dort geplanten Flashmob der AfD zu protestieren und diesen kritisch zu begleiten.
Ob dieser tatsächlich stattfand können wir nur erahnen. Zumindest außerhalb des Hauses ließen sich die Rechtspopulist_innen und Rassist_innen der AfD nur zur An- und Abreise blicken.
Erst nach zwei Stunden versuchten sie das Gebäude, in welchem sie sich verschanzt hatten, mit Polizeibegleitung zu verlassen — begrüßt wurden sie mit einem stinkenden Eingangsbereich des Hauses und Treppe, lauter Musik und über einhundert Antifaschist_innen.
Diese hatten es sich mit Musik, Eis, Parolen gegen Rassismus und Rechtspopulismus und guter Laune vor dem Haus gemütlich gemacht, um der AfD zu zeigen, wie das in Potsdam läuft: Rechtspopulist_innen, Rassist_innen, Neonazis und Menschenfeinde aller Couleur können in Potsdam nicht ohne Protest und Widerstand agieren — heute und in Zukunft!
Bei der Abfahrt wurden die aus Berlin angereisten AfD-Anhänger_innen in ihrem weißen Mercedes-Kleinbus von Antifaschist_innen noch ein bisschen blockiert. Die Polizei, die mehrmals Verstärkung rufen musste, versuchte mehrmals die AfDler_innen herauszumanövrieren, stellte sich dabei jedoch aus ihrer Sicht eher suboptimal an — die Rechtspopulist_innen drehten verwirrt mehrere Runden und wurden immer wieder blockiert. Sichtlich verängstigt und frustriert reisten sie dennoch ab. Danke ANTIFAs aus POTSDAM!
Kein Platz für Rechtspopulist_innen & Rassist_innen! Auch nicht in Nadelstreifanzügen!
Seit geraumer Zeit organisiert sich im Zuge der rassistischen Mobilisierungen in Frankfurt (Oder) eine Gruppe junger Faschist*innen. Ihr offener nationalsozialistischer Habitus drückt sich sowohl auf ihren Facebookseiten als auch im öffentlichen Raum aus.
Die etwa 10-köpfige Personenkreis fiel in der Vergangenheit mehrmals durch Beleidigungen und Bedrohungen gegenüber von ihnen als nicht-Deutsch und links eingeordneten Personen, besonders im Stadtzentrum, auf. Beliebter Treffpunkt war bis vor kurzem der Platz vor dem Kaufland im Stadtzentrum. Nach einem Alkoholverbot für diesen Ort wichen sie auf andere Orte in der Stadt aus.Von einem dieser Orte, direkt gegenüber des alten Theaters, ging auch der rassistische Angriff vom 23. Mai diesen Jahres aus, als mehrere Rassist*innen Menschen mit Migrationshintergrund jagten und angriffen.[1]
Einer der Auffälligsten der jungen Faschist*innen ist der 18-jährige Romano Gosda, welcher derzeit eine Ausbildung in Frankfurt (Oder) absolviert.
Gosda ist Teil des Personenkreises junger Neonazis die sich seit über einem Jahr vermehrt bei Veranstaltungen der flüchtlingsfeindlichen Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ beteiligen. Er war bereits bei dem ersten Aufmarsch am 17.01.2015 beteiligt.[2] Insbesondere bei den letzten Neonazi-Demonstration in der Oderstadt übernahm er Ordner*innenfunktion[3] und stand mit in der ersten Reihe.
Bei jedem Aufmarsch mit Fahne dabei: Am 30. Juli 2016 demonstrieren Neonazis und RassistInnen in Berlin. Woie zuletzt am 7. Mai waren auch wieder Frankfurter Neonazis dabei. U.a. Romano Gosda (mit schwarzer Fahne). (Quelle: apabiz)
Auf dem Weg zu einem geschlossenen rechten Weltbild
Bei einem näheren Blick auf das Facebook-Profil von Gosda[4] wird schnell klar, dass er sich in einer eindeutig neonazistischen Lebenswelt eingerichtet hat. Rassistische Freund*innen und Kommentare, Rechtsrock sowie rassistische Facebook-Gruppierungen und Neonazi-Kameradschaften, die er unter seinen „Gefällt mir“-Angaben führt verdeutlichen dies.[5] Seine Liebe zu dem rechtsterroristischem Netzwerk „Blood&Honour“ und dessen Gründer Ian Stuart zeigt er ebenfalls auf seiner Seite.[6] Neben einschlägig bekannten Neonazi-Bands, wie Screwdriver, Makks Damage oder den Liedermacher Frank Rennicke[7] zählen jedoch auch einige P.o.c.-Musiker*innen zu seinen Favouriten.
Was gerade so “in” ist: Romano Gosda hört so alles gern,w as so ein Neonazi heutzutage gerne hört. (Quelle: facebook)
Wirft man einen genaueren Blick auf seine Beiträge und geteilten Bilder fällt auf, dass Gosda besonders mit der extrem rechten Partei „Der III. Weg“ sympathisiert.[8]
So war es auch kein Zufall, dass Gosda zusammen mit anderen Frankfurter Neonazis, u.a. Dennis Kunert, Manuel Danowski, Justin Dominik Kleiner, Jessica Kautz und Patrick Fertig am 1. Mai 2016 an der zentralen Demonstration der Partei ins sächsische Plauen gereist ist.[9] Franziska und Peer Koss, mit denen die jungen Neonazis regelmäßig unterwegs sind trugen bzw. tragen mit ihren rassistischen Aufmärschen in der Region wesentlich zur Politisierung der jungen Rassist_innen bei. Besonders Peer Koss, der Fördermitglied des „III. Weg“ ist, führt sie immer mehr an die Parteistrukturen heran.
Die in der Stadt vermehrt auftauchende Propaganda der Partei in Form von Stickern, sind ebenfalls auf die Gruppe um Gosda zurückzuführen.[10] Wer war das wohl? Gosda teilt auf seiner facebook-Seite einen Chronik-Eintrag der rechrechegruppe. (Quelle: facebook)
Gosda trägt seinen gewaltbereiten Habitus, zumindestens auf seinem Facebookprofil, unmissverständlich nach außen. So drohte er mit Gewalt gegen Antifaschist*innen, weil diese bereits über ihn berichteten.[11] Die Selbstinszenierung als gewaltbereiter „Autonomer Nationalist“ und Anti-Antifa zieht sich durch seinen rassistischen Freund*innenkreis und ist verbindendes Element eben dieses Personenkreises.Von ihnen gehen auch Pöbeleien und Bedrohungen gegen politische Gegner*innen und Menschen, die sie als nicht-deutsch verstehen, aus.
Nachdem Übergriff auf eine Gruppe Asylsuchender und Migrant*innen am 23. Mai, solidarisierte sich eine Kundgebung von rund 150 Personen mit den Betroffenen rechter Gewalt.[12] Am Rande versuchte eine 20-köpfige Gruppe die Veranstaltung erfolglos zu stören. Gosda, aber auch Dennis Kunert, Peer Koss und andere stadtbekannte Neonazis gebahrten sich gewaltbereit und gröhlten die bekannten inhaltsleeren Sprechchöre wie „Antifa Hurensöhne“ und „Ha Ha Antifa“. Ziel der Kundgebung war nicht eine anknüpfungsfähige rechte Politik auf die Straße zu bringen, sondern vielmehr ihr geschlossenes neonazistisches Weltbild zu propagieren. Gosda war zuvor mit etwa zehn weiteren Personen im Stadtgebiet unterwegs, dabei trug er bereits die schwarze Fahne mit Aufdruck „Frankfurt/O.“, die er in der Vergangenheit immer wieder auf extrem rechten Aufmärschen mit sich führte.[13] Vergewaltigungsphantasien: Was Gosda und seine Freunde geren mit Antifaschist_innen machen würden zeigen sie gerne auf ihren facebook-Profilen. (Quelle: facebook) Rechte Organisierung in Frankfurt (Oder)
Die Frankfurter Neonaziszene kann auf einen harten Kern von etwa 20–30 Personen reduziert werden, von denen der größte Teil am 03. Juni auch auf der rechten Gegenkundgebung anzutreffen war. Gosda gehört seit 2015 eindeutig zu diesem Kern. Mehrere gruppenstiftende Beiträge auf Facebook lassen den Personenkreis nicht nur auf der Straße, sondern auch virtuell überblicken. Mittlerweile kursieren verschiedenste Labels, mit denen sich Gosda und andere Neonazis identifizieren. Neben einem Banner in Blood & Honour – Ästhetik mit der Aufschrift „Kameradschaft Frankfurt Oder“ benannten sich unter anderem Peer und Franziska Koss, Dennis Kunert, Jessica Kautz, Maria Zupp, Michael Hecke und eben Romano Gosda in „Junge Nationalisten Frankfurt (Oder)“ um. Vergewaltigungsphantasien: Was Gosda und seine Freunde geren mit Antifaschist_innen machen würden zeigen sie gerne auf ihren facebook-Profilen. (Quelle: facebook)
Von der sogenannten „Kameradschaft Frankfurt (Oder)“[14] und den „Jungen Nationalisten Frankfurt (Oder)“[15] sind abgesehen von Sprühereien keine Aktivitäten unter diesen Labels bekannt. Trotz der lediglichen virtuellen Organisierung sind derartige identitätsstiftende Momente Ausdruck davon, dass es in Zukunft ernsthafte Bestrebungen geben könnte eine neue Neonazi-Gruppierung in Frankfurt (Oder) zu etablieren. So oder so, Romano Gosda ist bereits Teil der örtlichen neonazistischen Szene und eine Neuorganisierung Frankfurter Neonazis würde seine fortschreitende Radikalisierung weiter begünstigen.
Quellen:
1 Vgl. u.a. Der Spiegel: Attacke auf Ausländer in Frankfurt an der Oder: Jubelnde stammen offenbar aus rassistischer Trinkerszene, http://www.spiegel.de/politik/deutschland/frankfurt-an-der-oder-jubelnde-rassisten-kamen-aus-der-trinkerszene-a-1094081.html, abgerufen am 13. Juni 2016.
2 Vgl. https://www.flickr.com/photos/pressedienst_frankfurt-oder/15689106934/in/album-72157649950235228/ , Gosda mit grauer Jacke mittig im Bild.
3 Vgl., https://www.facebook.com/photo.php?fbid=196410274051422&set=a.146363329056117.1073741829.100010473523872&type=3, Post von Romano Gosda: 21.02.2016 um 19:50 Uhr, abgerufen am 18.Juni 2016.
4 Vgl. https://www.facebook.com/romano.gosda?fref=pymk, abgerufen am 18.Juni 2016.
7 Vgl. https://www.facebook.com/romano.gosda/music, eingesehen am 18.Juni 2016.
8 Vgl. u.a. Antifaschistisches Infoblatt: „Der III. Weg“. Ein Produkt der Krise des „Nationalen Widerstandes“?, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Eder-iii-weg%E2%80%9C, abgerufen am 13. Juni 2016.
9 Vgl. Antifaschistische Recherchegruppe Frankfurt (Oder): 1. Mai in Plauen: „III. Weg“-Aufmarsch mit Frankfurter Beteiligung, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/05/12/1‑mai-in-plauen-iii-weg-aufmarsch-mit-beteiligung-frankfurter-beteiligung/.
10 Gosda teilt einen diesbezüglichen Artikel der Recherchegruppe Frankfurt (Oder), Vgl. https://www.facebook.com/romano.gosda, Beitrag vom 13.03.2016, eingesehen am 18.Juni 2016.
11 Vgl. Antifaschistische Recherchegruppe Frankfurt (Oder): Alte Feindschaften, neue Allianzen und schärfere Töne – Zu den aktuellsten Entwicklungen der rassistischen Mobilisierung in Frankfurt (Oder), https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/03/04/1271/.
12 Vgl. Der Oderlandspiegel: Kundgebung gegen Fremdenhass und rassistische Gewalt, http://www.der-oderlandspiegel.de/index.php?id=25&tx_ttnews%5Btt_news%5D=6091&cHash=89fd53f340, abgerufen am 13. Juni 2016.
14 Mehrere Frankfurter Nazis (u.a. Peer Koss, Franziska Koss, Dennis Kunert, Remo Kuschel, Dennis Kunert, Romano Gosda, Thomas Hecke) haben als Banner ihrer Facebookseiten den Schriftzug „Kameradschaft Frankfurt (Oder)“ im Blood&Honour-Style, Vgl. https://www.facebook.com/photo.php?fbid=743205132488413&set=a.208969249245340.52104.100003967987669&type=3&theater.
15 Vgl. Vgl. https://www.facebook.com/photo.php?fbid=1727400414174672&set=o.75305245812, abgerufen am 22.Mai 2016.
Reformation 2.0:
Kein öffentliches Geld für die Garnisonkirche!
Für die Trennung von Staat und Kirche! Sonntags, 11.09.2016 / 9:00 Uhr / Garnisonkirchenbrache (Breite Straße)
Kommt als Bauernmob in Arbeitskluft (kann auch modern sein) passend zu den Revolten während der Reformation!
Welchen wichtigen Anlass gibt es am diesjährigen 11. September? Etwa den 15. Jahrestag des Attentats auf das World Trade Center in New York? Nein! Für unsere Garnisonkirchenfreund*innen findet an diesem denkwürdigen Datum etwas viel „Bedeutenderes“ statt: Ein Fernsehgottesdienst in der Nähe der Garnisonkirchenbrache (im IHK-Gebäude gegenüber), live ausgestrahlt im ZDF, in dem das Zuschauerpublikum auf das nach nationaler Bedeutung hechelnde Garnisonkirchenprojekt eingestimmt werden soll.
Wie und warum es dazu gekommen ist, an diesem besonderen Jahrestag einen Fernsehgottesdienst mit Bezug auf die ehemalige Garnisonkirche zu veranstalten, wissen eventuell Marlehn Thieme, Mitglied des EKD-Rates, Garnisonkircheunterstützerin und Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates und ihr guter Bekannter Wolfgang Huber, Vorsitzender der Garnisonkirchenstiftung, der im Fernsehgottesdienst seine weisen Worte an das ZDF-Publikum wenden wird – und sicher jeden unpassenden Vergleich zwischen Garnisonkirche und World Trade Center vermeiden wird…
Wir wollen gegen die unangemessene Fernsehwerbeveranstaltung für die Garnisonkirche vor Ort protestieren.
Deshalb rufen wir zur erneuten Reformation auf und haben drei „Thesen“:
— Kein öffentliches Geld für die Garnisonkirche
— Trennung von Staat und Kirche
— Gegen die Dekadenz der Kirchenelite
Wir rufen euch, als Potsdamer “Bauernschaft”, auf: Zeigt der prunksüchtigen Kirchenleitung, wo eure Mistgabeln hängen! Kommt sonntags im Agrararbeitsoutfit – ganz im Sinne der Bauernaufstände zu Zeiten der Reformation. Denn wie jede*r gute Protestant*in weiß, waren die Finanzschwierigkeiten eines großen Kirchenbauprojektes, des Peterdoms, der zentrale Auslöser der damaligen Reformation. Der Petersdom sollte mittels der Verschärfung des Ablasshandels finanziert werden, weshalb für die arme Bevölkerung das Fass der Feudalgesellschaft zum Überlaufen voll war.
Mehr Infos: http://www.ohne-garnisonkirche.de
INFORIOT Am Samstag sollte auf dem Potsdamer Luisenplatz die extrem rechte “Pogida”-Bewegung ein Comeback erleben – diesmal als „Freie Patrioten Potsdam“. Dazu kam es nicht. Den nur rund 75 Neonazis standen hunderte Antifas und Potsdamer Bürger_innen gegenüber. Die rassistischen Reden bei der Versammlung der “Potsdamer Patrioten” gingen im Lärm der Gegenproteste komplett unter.
Graziani als Redner auf dem Luisenplatz
Großspurig kündigte der Mitorganisator der rechten Kundgebung Eric Graziani Grünwald im Vorfeld 700 TeilnehmerInnen an. Zum Auftakt gegen 14 Uhr waren nur rund 40 Personen vor Ort und die Zahl wuchs erst allmählich auf die letztlich 75 Personen an. Graziani selbst kam mit ordentlich Verspätung und brachte den Pogida-Gründer Christian Müller mit. Als Moderator fungierte der Alien-Anwalt und Pegida-Aktivist Jens Lorek. Aus Potsdam selbst waren kaum TeilnehmerInnen gekommen — die große Mehrheit kam aus anderen Brandenburger Orten, aus Sachsen, Berlin und aus Sachsen-Anhalt. Außer Graziani und Lorek sprachen u.a. Stephan Böhlke von Bärgida sowie ein Redner aus Tschechien. Zu Beginn der Kundgebung war der Brandenburger NPD-Aktivist Robert Wegner mit weiteren Neonazis anwesend. Pegida-Anwalt Jens Lorek war Moderator und Ordner zugleich. Viel Hupen und viel Buhen
Der Luisenplatz war von der Polizei komplett mit Gittern abgesperrt worden — mittendrin die “Potsdamer Patrioten”, von Außen umzingelt von mehreren hundert Gegendemonstrant_innen. Während das Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ mit Luftballons und Musik mit deutlichem Abstand zur rechten Demo, das Image der Stadt pflegte, übertönten die über hundert Antifas die Redebeiträge der „Patrioten“. Neben den üblichen Anti-Merkel-Tiraden und Sprüchen gegen die „Lügenpresse“, schwadronierte Graziani in seiner Rede vom „Tag des Widerstandes und des Kampfes“. “Wir Deutschen können nicht zulassen“, dass der „Islam und die Rothschild-Institutionen die Welt dominieren“, meint Graziani, der sich selbst am Ende seiner Rede als einen „römischen, italienischen Katholiken“ bezeichnete. Ob Deutscher oder Italiener, seine Devise scheint zu sein: Hauptsache gegen die „BRD-Diktatur“ und die „US-Amy-Diktatur“. Die Kundgebung sollte nicht nur ein Zeichen des Widerstandes sein, sondern auch ein gemütliches Beisammensein werden mit Musik, Getränken und Würstchengrill. Dank der vielen Buh-Rufe, Pfiffe und hupenden Autos drangen die Jammer- und Hetzreden jedoch nicht nach Außen und die Gemütlichkeit wurde gestört. Keine Erfolge in Potsdam
Kurz vor 17 Uhr, also geschlagene drei Stunden nach Auftakt, liefen die Neonazis eine kleine, 20-minütige Runde über die Breite Straße durch die Innenstadt zurück zum Luisenplatz. Die Polizei hielt mit teilweise rabiaten Mitteln die Gegendemonstrant_innen auf Abstand. Dann, gegen 18 Uhr war endlich Feierabend. Eine Hälfte der “Potsdamer Patrioten” wurde per Bus zum Hauptbahnhof gefahren, der Rest musste mit Polizeibegleitung zu Fuß oder mit dem PKW abreisen.
In Potsdam bekommen die „Patrioten“ weiter keinen Fuß auf den Boden. Beim letzten Pogida-Aufmarsch im Mai hatten nur rund 20 bis 30 Personen teilgenommen — die geringste Zahl, seitdem die Demonstrationsserie im Januar begonnen hatte. Kurze Demonstrationsroute: Einmal um die Ecke und zurück zum Luisenplatz. Frühstücken gegen Nazis, Fußball und die Schlössernacht
Bereits am Vormittag hatten linke Aktivist_innen ein Frühstück auf dem Luisenplatz organisiert. Einige versuchten den Platz am Brunnen zu blockieren. Die Polizei erteilte den Gegendemonstrant_innen jedoch Platzverweise als die ersten rechten DemoteilnehmerInnen eintrafen. Die Brunnen-Blockierenden wurden in Gewahrsam genommen. Im Laufen des Nachmittages kam es zu weiteren Festnahmen. Alle Betroffenen wurden jedoch nach Ende der rechten Demonstration wieder freigelassen, meldete Ticker Potsdam.
Zeitgleich zur Kundgebung spielte (und verlor) der SV Babelsberg 03 im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg in Potsdam. Rund 100 Babelsbergfans kamen nach Spielende noch zum Luisenplatz und verstärkten die Gegenkundgebung. Potsdam war an diesem Samstag voll mit Auswärtigen — den Besucher_innen der ebenfalls stattfindenden “Schlössernacht”, Fußballfans, einem Polizei-Großaufgebot und schließlich den stundenlang auf dem Luisenplatz ausharrenden Neonazis. Doppelt hält besser… Bärgida-Aktivist Stephan Böhlke am “Offenen Mikrofon” Wurst und Getränke für die Wohlfühlstimmung Etwas Auswahl: schwarz-weiß-rote, schwarz-rot-gelbe, wahlweise auch gelb-rot-schwarze Fahnen
In den letzten Tagen ist am Havelufer zwischen der Humboldtbrücke und dem besetzten Kulturzentrum ‘La Datscha’ in Eigeninitiative auf einer Fläche von 35m² eine Skateanlage gebaut worden. Fern von ruhebedürftigen Wohnanlagen und gefährlichem Straßenverkehr, zentral gelegen und eine Brachfläche nutzend, hat sich eine lose Gemeinschaft begeisterter und engagierter Skater*Innen entschieden, diese Vorteile zu nutzen und ihre Vorstellung einer, im Rahmen der Möglichkeiten, idealen Skaterampe zu verwirklichen. Auch eine Kletterwand ist vorgesehen. Genauso wie bei dem Beachvolleyballplatz direkt daneben und dem aufgeschüttetem Sandstrand 30m weiter, waren die treibenden Gedanken, mit individueller Innovation und Eigeninitiative die Stadt, in der wir leben, mit der kreativen Ausformung des Raumes lebens- und liebenswerter für alle Menschen zu gestalten.
Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) verlangt jetzt den Rückbau der Anlage, weil sie der Meinung ist, von ihrem Recht als Grundbesitzer Gebrauch zu machen, auch wenn das heißt, eine seit Jahren zugewucherte Brache zu schützen, anstatt, dass die Fläche sinnvoll genutzt wird. Zur Agenda der SPSG gehört es auch, einen florierenden Buchladen auf einem Universitätscampus der Geisteswissenschaften abreißen zu wollen oder sogar zu hohe Bäume fällen zu lassen, nur um Sichtachsen zu erhalten, die sich vor 300 Jahren jemand ausgedacht hat. Anstatt die Stadt zeitgemäß und für das Leben der Einwohner*Innen angenehm zu gestalten, werden von Verantwortlichen immer wieder die Wünsche einer rückwärtsgewandten, frühere Zeiten glorifizierenden Elite berücksichtigt. Wir möchten auch an den Kampf um die Idee der Nowawiese erinnern, der mit der Besetzung des Bolzplatzes begann und durch reges positives Interesse und den Einsatz vieler Einwohner*Innen verschiedener Milieus der Stiftung abgerungen wurde und zum Bau des Sportplatzes und des Hundespielplatzes geführt hat. Trotz alledem sind die Kinder des Vereins Concordia Nowawes angehalten, die Toiletten im Strandbad zu nutzen, weil Toilettenhäuschen an der Nowawiese ebenfalls mit der bekannten Sichtachsenbegründung abgelehnt wurden, obwohl direkt daneben der Damm der Nutheschnellstraße verläuft, der inklusive Humboldtbrücke im 18. Jahrhundert definitiv noch nicht existierte. Aber die Straße hat natürlich eine infrastrukturelle und wirtschaftliche Existenzberechtigung und hier offenbart sich die Doppelmoral jener Leute, die sich in Vereinen wie der SPSG oder MitteSchön ansammeln und die ihre neohistorischen Träume und realitätsfernen Ansichten den weniger bemittelten Einwohner*Innen oktroyieren müssen. Mit dem Argument, Potsdam touristisch aufzuwerten wird verkannt, dass eine Stadt in erster Linie zur (Be-)Nutzung durch ihre Einwohner*Innen und nicht zum angucken da ist. Wir nehmen das nicht hin! Auch wenn ihr nicht Skateboard fahrt, klettert oder Volleyball spielt, seid ihr alle herzlich eingeladen, Euch das Geschaffene anzusehen und zu benutzen. Unterstützt unabhängige Projekte und zeigt, dass ihr immer höhere Mieten und immer wohnunwürdigere Verhältnisse in Protzdam nicht hinnehmen wollt. Jede*r kann irgendetwas, zusammen können wir alles!
Die Städte denen, die drin Wohnen!