Zum internationalen Frauentag fordern wir gemeinsam mit den Flüchtlingsfrauen: Frauen und Kinder raus aus den Heimen, Lagern und Massenunterkünften*
Wir fordern die Unterbringung von geflüchteten Frauen in Wohnungen, um ihren Schutz sowie den Schutz ihrer Kinder zu gewährleisten.
Die Frauen, die in den lagerähnlichen Unterkünften in Stolpe-Süd untergebracht sind, sehen sich ständig mit sexueller Belästigung, Alkoholismus, Aggressionen und Drohungen durch andere männliche
Mitbewohner konfrontiert. „Solche Übergriffe passieren auch auf deutschen Straßen und insbesondere in deutschen Haushalten. Aber in einer Sammelunterkunft, die eine Zwangswohnform ist, treten sie
konzentrierter und vermehrt auf. Denn dort haben Menschen kaum Rückzugsmöglichkeiten und sind häufig extremen Alltagssituationen, Enge und Stress ausgesetzt“, berichten Mitglieder der Initiative Women in Exile. Darüber hinaus kritisieren die Frauen (die Bedrohung durch das Sicherheitspersonal und) die ständige Kontrolle ihrer An- und Abwesenheit in den Heimen, durch die sie ein Leben wie auf der Abschieberampe führen.
Trotz Anzeigenerstattung und Hilfegesuch bei Wachpersonal und Sozialarbeiter_innen gibt es bisher kein Konzept zum Schutz von Frauen und Kindern in den Gemeinschaftsunterkünften. Betroffene Frauen fühlen sich nicht ausreichend vor den Tätern geschützt, sodass den Schritt zur Polizei in Zukunft nur wenige wagen werden. Die europäische Richtlinie zur Unterbringung von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen und die Kinderkonventionen der UNO sind in der BRD als Gesetz anerkannt. Doch auf den Appell von Frauen aus den Gemeinschaftsunterkünften sowie der
Initiative Willkommen in Oberhavel an die Kreisverwaltung, für eine Unterbringung in abgeschlossenen Wohnungen, ist diese nicht einmal bereit, sich auf einen Kompromiss in Form einer Unterbringung in einem gesonderten Haus für Frauen auf dem Gelände in Stolpe-Süd einzulassen. Die Argumentation, nach der die wohnliche „Durchmischung“ in den Heimen „beruhigend und ausgleichend“ auf die Männer einwirke, ist angesichts der Realität zynisch und geht nur zu Lasten der Frauen.
Heute möchten wir im Rahmen des Frauenfrühstücks im Nachbarschaftstreff in Stolpe-Süd anlässlich des Weltfrauentags unsere Solidarität mit den Flüchtlingsfrauen ausdrücken. Die Logik der Verwaltung, Frauen in den Gemeinschaftsunterkünften als Puffer zwischen Männern zu platzieren, zeigt, wie wenig Frauenrechten Beachtung geschenkt wird.
*Gemeinsam fordern wir von den Verantwortlichen in Stadt und Land und in den städtischen Wohnungsbaugesellschaften die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum und den (Wieder)einstieg in den Bau von Sozialwohnungen. Auch in Hennigsdorf fehlt es an preiswerten Wohnungen. *Von der mangelhaften Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum sind wir alle betroffen.
Wir unterstützen die Forderungen der Flüchtlingsfrauen sowie der Initiative Women in Exile, die im Rahmen einer Tour zu verschiedenen Asylheimen einen Halt beim Hennigsdorfer Frauenfrühstück einlegten: Frauen und Kinder müssen raus aus den Lagern und benötigen zu ihrem Schutz dezentrale, zentrumsnahe Unterbringung in Wohnungen.
Monat: März 2016
Am Samstagnachmittag haben sich in Rathenow 400–500 Menschen für mehr Menschlichkeit und zu einem friedlichen Miteinander bekannt. Zuvor hatten bereits knapp 200 Antifas für eine solidarische Gesellschaft und gegen Rassismus demonstriert. Anlass war eine durch das rechte „Bürgerbündnis Deutschland“ propagierte vermeintliche Neuauflage des „Hambacher Festes“ in Form einer Kundgebung und eines Marsches. An dieser Veranstaltung beteiligten sich mehrere hundert Personen aus Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen.
Neues „Hambacher Fest“ floppt
Mit 400–500 Teilnehmer_innen blieb das neue „Hambacher Fest“ jedoch weit unter den Erwartungen. Veranstalter Nico Tews hatte zuvor vollmundig 800 Sympathisant_innen plus X angekündigt. Inhaltlich blieb die Veranstaltung ebenfalls substanzlos. Eine direkte Verbindung zu den Forderungen des historischen „Hambacher Festes“, an dem im Jahr 1832 über 30.000 Bürger_innen gegen Kleinstaaterei und die Restauration des Adels im Vormärz protestierten, war jedoch nicht erkennbar. In Rathenow wurden hingegen eher gegen Flüchtlinge und den Islam gehetzt. Bisweilen waren auch klar rassistische Versatzstücke erkennbar. Im Allgemeinen blieben die Redebeiträge jedoch auf Stammniveau und meistens schon in sich unlogisch. Deutlich erkennbar waren jedoch die neonazistische Einflussnahme auf die Versammlung. Die momentan verbotsbedrohte NPD, die zuvor offen für die Teilnahme an der Veranstaltung geworben hatte, war beispielsweise mit mehreren Kommunalpolitikern aus Rathenow, Neuruppin und Velten anwesend. Nick Zschirnt von den „Freien Kräften Neuruppin, Osthavelland“ und deren Tarninitiative „Asylhütte in Ketzin? Kannste knicken“ hielt einen Redebeitrag. Nazibarde Thomas Lange, Ende der 2000er Jahre Kopf der „Freien Nationalisten Rathenow“ und Aktivist im NPD Stadtverband Rathenow, trat als „TOitonicus“ mit mehreren eigenen Liedern auf. Dazu zeigte sich der „Nationale Widerstand Genthin“ mit neuem Banner und neonazitypischer Symbolik.
Vernetzung der Rechtspopulist_innen und Rassist_innen
Das „Bürgerbündnis Deutschland“ wurde im Dezember 2015 als Vernetzung ins Leben gerufen. In ihm haben sich PEGIDA-ähnliche Bewegungen mit rechtspopulistischem und rassistischem Charakter aus Rathenow, Stendal/Tangerhütte, Genthin, Burg bei Magdeburg, Werder/Havel, Ketzin/Havel, Nauen, Schönwalde-Glien, Lübben/Lübbenau und seit neuestem auch Oranienburg, Potsdam und Berlin zusammengefasst. Das neue „Hambacher Fest“ in Rathenow soll, gemäß Angaben der Veranstalter, nur der Auftakt sein. Nachfolgefeste in anderen Städten sollen bereits geplant sein.
Proteste erstmals auf Augenhöhe
Waren die Menschen, die in Rathenow gegen die Aufmärsche des lokalen „Bürgerbündnisses“ protestierten stets in der Unterzahl, gelang es am Samstagnachmittag erstmals mindestens gleichviel Personen zu mobilisieren. Zentraler Ort für Proteste war einmal mehr der August-Bebel-Platz in der Rathenower Innenstadt. Hier wurde zunächst ein buntes Bühnenprogramm mit Rede- und Musikbeiträgen geboten. Als das rechte „Bürgerbündnis Deutschland“ mit seinem Sympathisant_innen direkt daran vorbeizog, wurde jedoch nicht weggeschaut sondern auch lautstark dagegen protestiert. Dabei kam es vor allem zu verbalen Auseinandersetzungen, die insbesondere durch den hochaggressiven Bündler-Anhang angefacht wurde. Allerdings soll auch eine Flasche aus den Reihen der Gegendemonstrant_innen geflogen sein. Ein Mann aus Rathenow wurde daraufhin von der Polizei in Gewahrsam genommen.
Vielfältige Protestkultur
Neben den direkten Protesten mit Versammlungscharakter zogen andere die anonyme Bekundung gegen das „Bürgerbündnis“ vor. So wurden bereits in der Nacht zum Samstag Teile der Marschroute und der Märkische Platz mit Parolen gegen Nazis besprüht. Zudem waren mehrere Schilder und Laken mit ähnlichen Protestslogans zwischen der Straßenbeleuchtung oder an Häuserfassaden angebracht worden. Am Kulturhaus wurden zudem drei als Puppenspieler stilisierte Pappfiguren mit den Antlitzen von Hitler, Assad und dem Tod angebracht. Da sich die Dekoration, von der Berliner Straße aus gesehen, direkt im Rücken des „Bürgerbündnisses“ befand, entstand so das symbolische Bild einer Steuerung der Bündler durch die drei Figuren.
Antifa-Demo gegen Rassismus
Bereits am frühen Nachmittag wurde durch Antifaschist_innen jedoch auch thematisiert, dass Rassismus nicht nur ein Problem weniger Köpfe, sondern auch eine gesellschaftliche Dimension hat, die tief bis in deren Mitte hineinreicht und durch bestimmte Faktoren, wie Vereinzelung, Abschottung und Ungleichbehandlung bedingt wird. Als Ideal setzte sich die lokale Antifa deshalb für mehr Solidarität in der Gesellschaft ein. Die Demonstration startete dann etwas verspätet am Bahnhof und zog anschließend Richtung Zentrum. Später vereinigte sie sich dann am August-Bebel-Platz mit der Kundgebung der Zivilgesellschaft. Entlang der Demonstrationsroute gab es mehrere Provokationen durch rechte Jugendliche oder Sympathisant_innen des „Bürgerbündnisses“. Zu direkten Auseinandersetzungen kam es jedoch nicht. Die Polizei war mit einem Großaufgebot vor Ort und besetzte bereits im Vorfeld Straßen und Punkte, an denen ein Ausbruch Richtung des Veranstaltungsortes des „Bürgerbündnisses“ möglich gewesen wäre. Blockadeversuche gegen den rechten Marsch wurden nicht bekannt.
Fotos:
Presseservice Rathenow
Sören Kohlhuber
Neuköllnbild
Am 07. November vergangen Jahres starteten wir unsere Kampagne zum 20. Todestag des alternativen Jugendlichen Sven Beuter in Brandenburg an der Havel. Das Datum war bewusst gewählt, denn am 07. November 1992 ermordeten am Kolpinsee bei Lehnin drei Neonazis den wohnungslosen Rolf Schulze. Seit dem Jahr 2012 organisieren antifaschistische Gruppen aus Brandenburg an der Havel und der Kreisverband der Partei DIE.LINKE gemeinsam Gedenkveranstaltungen. Seit vergangenem November ist viel passiert: Wir organisierten zahlreiche Abendveranstaltungen, darunter Vorträge, Filmabende und Podiumsdiskussionen, wurden zu etlichen Informationsveranstaltungen im Land Brandenburg, Berlin und Hamburg eingeladen und sind auf viel positives Feedback gestoßen. Im Folgenden wollen wir primär auf die Demonstration am 20. Februar eingehen, denn zu vielen anderen Veranstaltungen und Themen haben wir uns auf dem Blog geäußert und können dort nach wie vor nachgelesen werdeni.
–Antifa in der Krise?–
Wir haben uns in einem unserer Texte sehr ausgiebig mit dem Verhältnis von Dorf- zu Stadtantifa auseinandergesetzt. Seit der Publikation kurz vor Weihnachten im vergangenen Jahr ist viel passiert. Andere Gruppen oder Personen haben sich ebenfalls zur Thematik geäußert. Es gab eine große Welle der Solidarität von Gruppen aus Berlin und Potsdam, die uns nicht nur zu Infoveranstaltungen und Podiumsdiskussionen eingeladen haben, sondern auch Hilfe bei der Durchführung der Demonstration anboten. In diesem Rahmen möchten wir uns noch einmal bei allen uns unterstützenden Gruppen bedanken.
Nicht nur, dass die Solidarität zwischen Stadt und Dorf in den vergangen Wochen deutlich spürbar geworden ist, sondern auch andere Dorf-Gruppen haben begonnen eigene Veranstaltungen zu organisieren. So gab es unter anderem in Oranienburg eine kraftvolle antirassistische Demonstration und auch in Neuruppin wird für eine antirassistische Demonstration am 12. März geworben. Wir hoffen, dass das Engagement der Dorf- und Stadtgruppen kein kurzweiliges ist, sondern sich neue Synergien ergeben. Denn nur gemeinsam können wir in den Kleinstädten und Dörfern eine neue antifaschistische Bewegung initiieren, die den Rassist_innen und Neonazis vor Ort den momentan noch nahrhaften Boden entzieht. Gleichzeitig eröffnet eine starke Dorfantifa neue Möglichkeiten und Perspektiven für antifaschistische Gruppen in den Städten.
Brandenburg an der Havel gehört zu den Brandenburgischen Städten, die momentan nur sehr wenig durch rassistische oder neonazistische Gruppierungen frequentiert werden, aus diesem Grund werden wir vermehrt andere Gruppen unterstützen, so zum Beispiel unsere Freund_innen in Rathenow. Dort wollen Personen des Bürgerbündnis Deutschland einen rassistischen Großaufmarsch mit 1.000 Teilnehmenden durchführen. Dieses Treiben wollen wir nicht unwidersprochen hinzunehmen!
–Antifaschistische Demonstration–
Die Demonstration startete planmäßig nach vier Redebeiträgen. Die erste Zwischenkundgebung fand auf dem Neustädtischen Markt statt. Von dort ging es nicht wie geplant zum letzten Wohnort von Sven Beuter in die Mühlentorstraße sondern direkt in die Havelstraße, dem Ort, an dem der brutale Angriff 20 Jahre zuvor stattfand. An der im Jahr 2007 verlegten Gedenkplatte in der Havelstraße angekommen, thematisierten verschiedene Beiträge den Tod Sven Beuters, aber auch die Ermordung zahlreicher anderer Menschen aus rassistischen, sozialdarwinistischen und neonazistischen Motiven. Im Anschluss wurden jeweils ein Gebinde der Antifa Jugend Brandenburg und der Partei DIE.LINKE niedergelegt, das Zweite vom Vorsitzenden des Kreisverbandes Brandenburg an der Havel gemeinsam mit Norbert Müller MdB (DIE.LINKE). Im Anschluss stellten alte Weggefährt_innen von Sven Beuter einige Flaschen Bier am Gedenkstein hin, um so auf ihre Art an den jungen Mann zu erinnern, war er doch auf dem Weg zum Bier holen, angegriffen worden. Im Anschluss setzte sich der Demonstrationszug wieder Richtung Hauptbahnhof in Bewegung. Dort wurde die Veranstaltung nach einer kurzen Abschlusskundgebung aufgelöst und für beendet erklärt. Festnahmen, Personalienfeststellungen oder ähnliches waren während des gesamten Verlaufs nicht zu beobachten.
Die Entscheidung, die Route abzukürzen hatte zum Ziel, reisefreudigen Antifaschist_innen die Möglichkeit zu geben, im Anschluss an unsere Demonstration nach Frankfurt/Oder zu fahren und die Menschen von dort bei den Protesten gegen einen rassistischen Aufmarsch zu unterstützen. Aus diesem Grund war es wichtig, spätestens um um kurz vor 14 Uhr wieder am Hauptbahnhof zu sein. Bei dem Aufmarsch in der Oderstadt nahm unter anderem auch der Totschläger Sascha L. mit seiner Freundin teil.
–Die Stadt–
Was wurde nicht seit Beginn des Jahres 2016 unternommen um unsere Demonstration in ein schlechtes Licht zu rücken. Lokalpolitiker_innen der SPD, der CDU und der AfD beschwörten Horrorszenarien von 500 Autonomen herauf, die die Stadt in Schutt und Asche zerlegen würden. Hierbei tat sich besonders der SPD-Politiker und ehemalige Polizeichef Norbert Langerwisch hervor. So schwadronierte er unter anderem, dass er den seit Jahren andauernden Versuch, Sven Beuter zu einem Helden zu stilisieren ablehneii. Wir stellen hiermit nochmal in aller Deutlichkeit dar: Es ging uns und den anderen Organisator_innen der vergangen Gedenkveranstaltungen nie darum, Sven Beuter zu einem Helden zu machen, sondern es ging immer darum, die Hintergründe seines Todes klar zu benennen. Dieser wird jedoch häufig gerade von den Menschen ausgeblendet, die behaupten, er würde von uns zu einem Helden stilisiert werden.
Wir finden es sehr bedauerlich, dass die Diskriminierung und Ablehnung die Sven Beuter vor seinem Tod erfahren hat, sich heute weiter fortsetzt. Besonders beschämend ist hierbei die Aussage von Walter Paaschen, CDU, dass er unter keinen Umständen einer „wie auch immer gearteteten zusätzlichen Beuter-Ehrung“iii zustimmen wird. Paaschen gehört somit auch zu den Menschen, die nicht verstehen, dass es in Zeiten, in denen der Totschläger Beuters wieder in der Stadt wohnt und regelmäßig an neonazistischen und rassistischen Kundgebungen und Aufmärschen teilnimmt, sowie Geflüchtete in der Havelstadt beleidigt, bedroht und angegriffen werden, es einen Brandanschlag auf eine noch nicht bewohnte Geflüchtetennotunterkunft gab, genau diesen Rassist_innen und Neonazis der Rücken gestärkt. Wir lehnen dieses klassistische Weltbild klar ab, in dem Menschen nur aufgrund ihrer Lebensweise, ihrer Klamotten oder anderen Dinge, die angeblich von der Norm abweichen, diffamiert und zu Opfern gemacht werden ab.
Die AfD, die seit der Kommunalwahl im Jahr 2014 mit drei Abgeordneten in der SVV sitzt und ein Bürgerbüro in der Altstadt unterhält, tat sich durch besonderes Unkenntnis der Gedenken der vergangen Jahre und reißerische Hetze hervor. Hinzu kommt die Stigmatisierung alternativen Lebensweisen durch den AfD-Politiker Klaus Riedelsdorf, wenn er schreibt, dass Sven Beuter als Punk „sicher kein verdienstvoller Bürger der Stadt war“iv. Des Weiteren behauptet er, es würde im Rahmen des Gedenkens immer wieder zu „gewalttätigen, linksextremistischen Ausschreitungen“v kommen. Wir leugnen nicht, dass es im Jahre 1997 zu Ausschreitungen kam, hier gilt es jedoch die Ursachen klar zu benennen: Neonazis provozierten am Rande der Gedenkdemo und erhielten von den Cops keine Platzverweise und nur wenige Tage zuvor, am 08. Februar 1997, wurde der Punk Frank Böttcher im nahegelegenen Magdeburg brutal von Neonazis ermordet. Seither gab es, von linker Seite, keine Ausschreitungen oder ähnliches. Gleichzeitig verschweigen Walter Paaschen, Klaus Riedelsdorf und Norbert Langerwische jedoch die wiederholten Provokationen durch Neonazis am Rande der Gedenkkundgebungen. So versuchten 1998 vier Neonazis mit einem Gewehr auf die Gedenkenden zu schießen, dies wurde jedoch von den Cops unterbundenvi, 2012 sprayten Neonazis den Slogan „AFN zerschlagen“vii im Umfeld der Gedenkplatte und beobachteten die Gedenkveranstaltungviii und im Jahr 2015 provozierte der Totschläger mit vier weiteren Neonazis die Gedenkendenix.
Man muss jedoch Norbert Langerwisch und Klaus Riedelsdorf zu gestehen, dass sie sich selbst von dem Geschehen rund um die Demo ein Bild machten. Im Gegensatz zu Norbert Langerwisch, beobachtete Riedelsdorf die Veranstaltung aus der Ferne und suchte, nach dem er erkannt wurde, das Weite.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erwartungen der Lokalpolitiker_innen nicht erfüllt wurden und die Demonstration friedlich und kraftvoll durch die Havelstadt zogen. Selbst dem SKBx und der MAZxi viel es schwer, negativ über die Veranstaltung zu berichten und so mussten einige „Vermummte“ herhalten um die Demonstration als gefährlich zu diskreditieren.
–Die Cops–
Es war für uns von Beginn an sehr schwer einzuschätzen, wie sich die Cops am 20. Februar verhalten werden, denn gerade die Entwicklungen in Potsdam, wo jeden Mittwoch 1.000 Polizeibedienstete, Wasserwerfer und Räumfahrzeuge das Stadtbild prägen, sprach für eine erhöhte Präsenz während unserer Demonstration. Als wir jedoch gegen 10.30 Uhr am Versammlungsort eintrafen, waren weit und breit keine Polizist_innen zu sehen, erst 15 Minuten später trafen nach und nach sechs Halbgruppenkraftwagen und circa fünf Streifenwagen ein. Während der kompletten Veranstaltung beschränkten sich die Bediensteten auf das Regeln des Verkehrs. Wir sind natürlich froh, dass es keine Festnahmen von und Anzeigen gegen die Demonstrierenden gab. Gleichzeitig sind wir etwas traurig, denn wir es wäre eine Ehre für die Antifa Jugend Brandenburg gewesen, wenn es wenigstens ein Wasserwerfer, auch wenn es nur ein altes Modell aus Berlin gewesen wäre, in die Havelstadt geschafft hätte.
–Ausblick–
Wir werden uns nicht auf der erfolgreichen Demonstration ausruhen, auch, wenn sie unsere Erwartung weit übertroffen hat, sondern weiter aktiv sein. Momentan ist es in der Havelstadt relativ ruhig, sodass wir die Zeit die und die Kapazitäten haben, Strukturen in anderen Städten, momentan besonders in Rathenow, zu unterstützen. Gleichzeitig war der Redebeitrag der Antifaschist_innen aus Burg für uns ein klares Signal, den antifaschistischen Selbstschutz weiter auszubauen, um auf Angriffe durch Neonazis und Rassist_innen reagieren zu können.
Wie schon geschrieben werden wir unsere Freund_innen im Land Brandenburg in Zukunft stärker unterstützen:
‑05. März, Rathenow, Rassist_innenaufmarsch entgegentreten
‑09. März, Potsdam, Rassist_innenaufmarsch entgegentreten
‑12. März, Neuruppin, Antirassistische Demonstration
‑17. April, Brandenburg an der Havel, GAY-Pride
Antifa Jugend Brandenburg
i. http://fightingfor20years.blogsport.de
ii. MAZ, 20. Januar 2016.
iii. MAZ, 16. Januar 2016.
iv. SVV-Newsletter der AfD, 27. Januar 2016.
v. SVV-Newsletter der AfD, 27. Januar 2016.
vi. MAZ, 16. Februar 1998.
vii. AFN – Antifaschistischen Netzwerk Brandenburg-Premnitz-Rathenow.
viii. http://afn.blogsport.de/2012/02/16/gedenkkundgebung-in-brandenburg-an-der-havel/.
ix. https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16407117008/in/album-72157650926221092/.
x. SKB, 22. Januar 2016.
xi. MAZ, 22. Januar 2016.
Am 20. Februar 2016 war es mal wieder soweit. Zum bereits siebten Mal organisierten Neonazis um die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ eine Versammlung in der Grenzstadt. Knapp 120 Rassist*innen fanden sich dazu am Marktplatz in der Innenstadt ein, um im Anschluss durch die Stadt zu marschieren.1 Neben altbekannten Gesichtern beteiligten sich erstmals polnische Nationalist*innen an einem flüchtlingsfeindlichen Aufmarsch in Frankfurt (Oder). Ein äußerst seltenes Ereignis. Ideologisch lehnt der größte Teil der bundesdeutschen Neonaziszene polnische Nationalist*innen auf ihren Veranstaltungen ab. Im sächsischen Görlitz gibt es aber bereits seit vergangenem Jahr eine Kooperation.2 Doch nicht nur auf der Straße organisiert sich die rassistische Bewegung. Parallel zur rechten Mobilisierung bundesweit und den Ereignissen in Clausnitz3 wird auf der Facebook-Seite „Frankfurt/Oder wehrt sich“ offen über Gewalt gegen Geflüchteten phantasiert.4
Nichts geht ohne den „III. Weg“ – NPD bleibt zu Hause
Ähnlich wie im vergangenen Jahr beteiligten sich am jüngsten Aufmarsch etablierte Brandenburger Neonazi-Strukturen und zahlreiche Bewohner*innen Frankfurts und des Umlandes. Federführend an der Durchführung der Demonstration war wie schon 2015 die Neonazipartei „Der III. Weg“, der insgesamt zwei der Redner*innen stellte.5 Darunter unter anderem der inzwischen in Eisenhüttenstadt lebende Pascal Stolle. Der ehemalige NPD-Kandidat machte im Mai 2014 von sich reden, als er bei einer NPD-Veranstaltung in Bad Belzig auf einen Journalisten einschlug.6 Wie gewohnt trat auch der in Brieskow-Finkenheerd wohnende Neonazi Björn Brusak7 in Erscheinung. Diesmal jedoch erstmals in Begleitung seines Vaters Dirk Brusak, der auch einer der Redner auf der Veranstaltung war. Die Versammlung leiteten, wie so oft in der Vergangenheit, das mittlerweile aus Frankfurt (Oder) verzogene Ehepaar Franziska und Peer Koss8. Offensichtlich wurde für den Aufmarsch auch in der jüngeren Altersklasse geworben und so folgten dem Aufruf zahlreiche Jugendliche, die unter anderem sogar Ordner*innenfunktionen übernahmen.9 Auch Personen aus dem Umfeld der ehemaligen FCV-Hooligans10 fanden sich wieder auf dem rassistischen Aufmarsch ein. Überraschenderweise fanden keine Anhänger*innen der NPD den Weg nach Frankfurt. Ein Grund dafür könnte die erstmalige Beteiligung polnischer Nationalist*innen aus dem benachbarten S?ubice sein.
Neonazistische Gewalttäter: Sascha Lücke (mitte, roter Pullover) der 1996 in Brandenburg an der Havel Sven Beuter ermordete und Pascal Stolle (am Transparent in grün), der zuletzt 2014 am Rande einer NPD-Feier einen Journalisten angriff und vorher ebenfalls wegen ähnlicher Taten in Haft saß am 20. Februar 2016 auf einer Neonazidemonstration hinter dem Banner des “III. Weg” in Frankfurt (Oder).(Quelle: pressedienst frankfurt (oder)) Neonazistische Gewalttäter: Sascha Lücke (mitte, roter Pullover) der 1996 in Brandenburg an der Havel Sven Beuter ermordete und Pascal Stolle (am Transparent in grün), der zuletzt 2014 am Rande einer NPD-Feier einen Journalisten angriff und vorher ebenfalls wegen ähnlicher Taten in Haft saß am 20. Februar 2016 auf einer Neonazidemonstration hinter dem Banner des “III. Weg” in Frankfurt (Oder).(Quelle: pressedienst frankfurt (oder))Grenzenloser Rassismus und alte Polenfeindlichkeit
Die unerwartete Allianz deutscher und polnischer Rassist*innen formierte sich einige Tage vor dem Aufmarsch. Erst erschien ein polnischer Aufruf zur Demonstration auf der Seite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“11, wenig später die Zusage zu kommen durch Micha? Czerwi?ski12, der zum Umfeld der Gruppierung um die Facebookgruppe „Narodowe S?ubiceubice“13 (Nationales S?ubiceubice) gerechnet werden kann. Die Macher*innen des Onlineprofils von „Nationales S?ubiceubice“ sind wahrscheinlich eng mit dem Hooliganspektrum verbandelt. Dafür spricht, dass auf der Seite eine nationalistische Versammlung zum Gedenktag des „Verstoßene Soldaten“14 beworben wurde, die von der Hooligangruppierung um den örtlichen Fußballverein „Polonia S?ubice“ organisiert wurde.15 So beteiligten sich insgesamt 13 Personen, welche zum Teil in der Fussball-Hooliganszene übliche Bekleidung trugen und daher wahrscheinlich auch diesem Milieu zugeordnet werden können, an dem Aufmarsch.
Ungewöhnliche Allianz: Polnische Hooligans hinter der Deutschlandfahne. (Quelle: pressedienst frankfurt (oder)) Ungewöhnliche Allianz: Polnische Hooligans hinter der Deutschlandfahne. (Quelle: pressedienst frankfurt (oder))Aus dem Personenkreis um die ehemaligen FCV-Hooligans tummelten sich Andy Köbke,16 Paul Pfeiffer und Kevin Pierenz auf der Demonstration. Die Kontakte zwischen den Frankfurter Hooligans und denen aus der polnischen Nachbarstadt scheinen gut zu sein. Gute Kontakte zwischen gewalttätigen Fußballfans dies und jenseits der Oder gibt es schon lange. In Erinnerung gerufen seien die verabredeten schweren Auseinandersetzungen auf der Grenzbrücke zwischen deutschen und polnischen Hooligans während der Fußball-EM 2008.17 Das spricht, wie dem Uneingeweihten vielleicht unverständlich, für eine gute Beziehung und ist kein Ausdruck von Feindschaft, ist es doch in der Szene üblich sich zum Kräftemessen zu verabreden.
Hängen etwas hinterher: Andy Köbke (1. v. r.), Kevin Pierenz (2. v. r.), Paul Pfeiffer (3. v. r.) sowie ein weiterer mutmaßlicher ehe. FCV-Hool laufen der Neonazidemonstraion am 20. Februar hinterher. Hängen etwas hinterher: Andy Köbke (1. v. r.), Kevin Pierenz (2. v. r.), Paul Pfeiffer (3. v. r.) sowie ein weiterer mutmaßlicher ehe. FCV-Hool laufen der Neonazidemonstration am 20. Februar hinterher.Erstaunlich ist jedoch, dass der offensichtliche ideologische Widerspruch zwischen den revanchistischen Haltungen der Facebookgruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ und den ultranationalistischen Tönen der Gruppe „Nationales S?ubiceubice“ einer Zusammenarbeit offenbar nicht im Wege steht. Als Mitte 2014 Peer und Franziska Koss die erste Facebookgruppe nach den NPD-Vorbildern „Nein zum Heim“18 in Frankfurt (Oder) ins Leben riefen, zierte anfangs den Header der Seite eine Karte des nationalsozialistischen deutschen Reiches in den Grenzen von 1941, Ostpreußen und Schlesien miteingeschlossen.19 Die Beiträge auf der Facebookseite von „Nationales S?ubiceubice“ verraten viel über die ultranationalistischen Einstellungen der Gruppe und deren momentanen 204 Sympathisant*innen20. Neben zahlreichen nationalistischen Posts werden auch hier flüchtlingsfeindliche Töne angeschlagen. Ob diese ungewöhnliche Allianz weiter Bestand hat wird sich zeigen, jedoch sind beide Gruppierungen vorübergehend geeint in ihrem grenzenlosen Rassismus. Die antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder) wird sich dem Thema weiter annehmen und in naher Zukunft ausführlicher über die S?ubiceubicer Bewegung berichten.
Dass Björn Brusak, eine der zentralen Figuren der rassistischen Mobilisierung in der Region, sich über die Kooperation mit den polnischen Nationalist*innen freut, ist wiederum leicht vorstellbar. Steht die Europäische Aktion21, für die er in Brandenburg federführend aktiv ist22, doch für ein „Europa der Vaterländer“23. Erst kürzlich hatte Brusak in seiner Rede bei einer Demonstration von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ am 01. November 2015 gefordert, sich ein Vorbild an der rassistischen Stimmung in Polen und der repressiven Flüchtlingspolitik der ungarischen Regierung zu nehmen.24 Die Europäische Aktion sucht im Sinne ihres revisionistischen Programms Kontakte zu nationalistischen Gruppierungen, wie denen in Schlesien. Eine Delegation, zu der auch Björn Brusak und sein Vater gehörten, beteiligte sich im Juli 2015, wie schon im Vorjahr25, am „Marsz Autonomii ?l?ska“ („Marsch für die Autonomie Schlesiens“) in Katowice.26 Dies passt zwar vollkommen in die Ideologie des Ethnopluralismus27 dürfte aber bei polnischen Nationalist*innen wohl kaum auf Gegenliebe stoßen. Die Angst vor einer Abspaltung Schlesiens von Polen passt nicht in ihr Konzept eines starken Polens. Der erhebliche deutsche kulturelle Einfluss in der Region dürfte diese noch verstärken. So ist es dann auch folgerichtig, wenn auf der Facebookseite vom „Nationalen S?ubiceubice“ an den territorialen Ansprüchen kein Zweifel gelassen wird. Auf einer Karte, die auf der besagten Seite veröffentlicht wurde, wird klar gemacht, dass die polnischen Westgebiete, also auch Schlesien, zu Polen gehören.28
Drei Varianten die sich Widersprechen: Polnische und deutsche Großmachtsansprüche, deren Anhänger*innen sich auf einer Demonstration tummeln. (Quelle: facebook) Drei Varianten die sich Widersprechen: Polnische und deutsche Großmachtansprüche, deren Anhänger*innen sich auf einer Demonstration tummeln. (Quelle: facebook)Noch weiter geht ein anderes Konzept, auf das ein auf der Seite der polnischen Nationalist*innen veröffentlichtes Plakat abhebt. Es ist angelehnt an ein älteres Plakat, das im Zuge der Debatte um die deutschen Revisionsvorstellungen der im Versailler Vertrag geregelten Grenzen entstand.29 Mit den Worten „Wir sind hier nicht erst seit gestern – Wir reichen bis weit in den Westen“30 wird eine Landkarte umrahmt, die nicht nur zeigt, dass die deutsch-slawische Grenze „einst“31 bei Lübeck verlief, sondern auch, dass eine weitere Westexpansion in der Zukunft32 angestrebt wird.33
„Der III. Weg“ scheint noch unentschlossen, wie er mit den neuen Verbündeten umgehen soll. In einem Bericht auf der Internetseite der Partei werden die polnischen Teilnehmenden mit keinem Wort erwähnt.34
Wahrscheinlich sorgte die Teilnahme polnischer Nationaliste*innen bei den Anhänger*innen des NPD-Kreisverbandes Oderland35 im Vorfeld für großen Unmut und scheint eine Erklärung dafür zu sein, warum sie erstmals nicht nach Frankfurt (Oder) reisten. Lange war auf der Internetpräsenz des NPD-Ortsbereichs Frankfurt (Oder) lediglich ein Bild zu sehen, das, von der westlichen Oderseite aufgenommen, das östliche Ufer zeigte. Mit dem Slogan „Hier und dort ist Deutschland“ machten die Urheber*innen keinen Hehl aus ihrem revisionistischen Gedankengut. Noch 2012 organisierten die Neonazis um Klaus Beier36 und Manuela Kokott zwei Demonstrationsversuche in der Grenzstadt, um gegen „Grenzkriminalität“ zu wettern und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu fordern.37 Von der so lieb gewonnenen Polenfeindlichkeit38 konnte man sich dann wohl doch nicht so leicht trennen.
Was geschieht, sollten die Ultrarechten dies und jenseits der Oder die offensichtlichen Widersprüche in ihren Ideologien entdecken, bleibt abzuwarten. Wir sind ihnen mit dieser Handreichung gerne behilflich.
Das jugendliche Gesicht einer erfolgreichen rassistischen Mobilisierung
Dass die flüchtlingsfeindlichen Aufmärsche auch jungen Frankfurter Rassist*innen zusagen, ist nichts Neues. So ist es auf den ersten Blick keine Überraschung, dass sich seit dem ersten Aufmarsch im Januar 2015 zahlreiche rechte Jugendliche an den diversen Veranstaltungen beteiligten.
Nicht aufgepasst in der Schule: Auffallend viele junge Rassist*innen beteiligten sich am Neonaziaufmarsch am 20. Februar in Frankfurt (Oder). (Quelle: pressedienst frankfurt (oder)) Nicht aufgepasst in der Schule: Auffallend viele junge Rassist*innen beteiligten sich am Neonaziaufmarsch am 20. Februar in Frankfurt (Oder). (Quelle: pressedienst frankfurt (oder))Jedoch waren nochmal deutlich mehr junge Menschen am vergangenen Samstag auf der Strasse. Zu denen, die regelmäßig auf den Frankfurter Aufmärschen Gesicht zeigen gehören u.a. Dennis Kunert, Tim Freimuth, Cedric Jannowitz, David Gerstenberger, Justin Kleiner, Luisa Lippkowski, Alexandra Kluge, Dominik Holtz, Dennis Knoell und Romano Gosda. Der harte Kern um „Frankfurt/Oder wehrt sich“ scheint bemüht um die Einbindung des rechtsgerichteten Nachwuchses. So ist auch zu erklären, dass ihnen die Ordner*innefunktion übertragen wurde.39 Romano Gosda aber will mehr: „Nächstes mal sind wir kein ordner sondern an der front gemeinsam“40[sic!].
Nachwuchs bei den Neonazis: Sie treten gemeinsam im Outfit der sogenannten “Autonomen Nationalisten” auf. (Quelle: facebook)Es ist zu hoffen, dass es bei der Ankündigung bleibt. Neben der Teilnahme an den rassistischen Aufmärschen scheinen die Jugendlichen sich in einer klassischen neonazistischen Lebenswelt eingerichtet zu haben. Die Begeisterung für die als kriminelle Vereinigung eingestufte Band „Landser“41, sowie das Tragen szenetypischer Kleidung wie „Thor Steinar“42 sind Indiz für ihre fortschreitende Radikalisierung im neonazistischen Milieu. Im Stadtbild fallen einige von ihnen durch martialisches Auftreten und Pöbeleien auf. Oft frequentierte Orte sind der Platz vor dem Kaufland in der Innenstadt und der Bahnhof.
Gewaltphantasien werden konkreter
Die Facebookgruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Nahezu 3.50043 Nutzer*innen „liken“ die Gruppe. An der inhaltlichen Ausrichtung der Posts und Kommentare hat sich wenig geändert. So werden Beiträge bürgerlich-konservativer Medien und der Lokalpresse, Artikel verschwörungsideologischer Blogs wie „Epoch Times“44 und Aufrufe zu flüchtlingsfeindlichen Veranstaltungen im Land Brandenburg, Berlin und Mecklenburg- Vorpommern geteilt45. Die Gruppe bietet eine Plattform für alle jene, die sich über vermeintliche Kriminalität von Geflüchteten46 empören und sich selbst als Opfer einer angeblichen „Meinungsdiktatur des Establishments“ inszenieren.
Gewaltphantasien in den Kommentarspalten. Die Bedrohung durch Neonazis nimmt auch in Frankfurt (Oder) immer weiter zu. (Quelle: facebook) Gewaltphantasien in den Kommentarspalten. Die Bedrohung durch Neonazis nimmt auch in Frankfurt (Oder) immer weiter zu. (Quelle: facebook)Eine Trennlinie zwischen organisierten Neonazis und rassistischem Kleinbürgertum ist nicht zu erkennen. Die Angst vor der Moderne und die Ablehnung alles „nicht-Deutschen“ ist Ausdruck des autoritären, nationalchauvinistischen und patriarchalen Charakters der „besorgten Bürger*innen“. Konkret werden in den Kommentarspalten Überlegungen angestellt, wie der Zuzug von Geflüchteten nach Frankfurt (Oder) verhindert werden kann. Als im November vergangenen Jahres die ersten Menschen in die Unterkunft am Karl-Ritter Platz einziehen mussten, erschien am nächsten Tag ein Foto des Gebäudes auf der Seite.47 Anlass genug, für den Mob dazu aufzurufen, „runter auf die Straße“48 zu gehen und „TATEn sprechen“49[sic!] zu lassen, Gewaltphantasien miteingeschlossen. So kommentierte beispielsweise der Nutzer Benjamin Thunert alias „Thuni Benji“: „Granate hätte es aber bis rüber geschafft“50 [sic!].
Auch wenn die Anzahl der Teilnehmenden an den rassistischen Aufmärschen in Frankfurt (Oder) im landesweiten Vergleich auf einem eher niedrigen Niveau stagniert, nimmt die Bereitschaft zur Gewaltanwendung offensichtlich weiterhin zu. Auch die fortschreitende Radikalisierung rechts- und gewaltaffiner Jugendlicher stellt eine Triebfeder für gemeinschaftliche Aktionen gegen Geflüchtete dar. Was aus dem neuen Bündnis zwischen Rassist*innen zu beiden Seiten der Oder wird, bleibt abzuwarten. Ob es zu einer dauerhaften Spaltung zwischen denen, die gegenüber den neuen Verbündeten aufgeschlossen sind, und denen, die sie ablehnen, kommt, ist noch schwer einzuschätzen. Die antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder) wird in Zukunft weiter von der rassistischen Mobilisierung berichten und Ross und Reiter benennen.
Quellen
1 An dieser Stelle sei nochmal auf die von uns veröffentlichte Übersicht aller Teilnehmenden des rassistischen Aufmarsches vom 20. Februar 2016 in Frankfurt (Oder) hingewiesen. Wer Informationen jeglicher Art zu den abgebildeten Personen hat, kann sich vertrauensvoll an uns wenden. Vgl. hierzu antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Die antifaschistische recherchegruppe bittet um Mithilfe!“, 02.03.2016, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/03/02/die-antifaschistische-recherchegruppe-bittet-um-mithilfe/ .
2 Vgl. Antifa Goerlitz: “[03.10.2015 / Görlitz] Rechtspopulistische Demonstration geplant”, 14.09.2015, http://afagoerlitz.blogsport.de/2015/09/14/03–10-2015-goerlitz-rechtspopulistische-demonstration-geplant/ und Antifa Goerlitz: “27.02.2016 – neofaschistische Demo in Zgorzelec / Görlitz”, 05.03.2016, http://afagoerlitz.blogsport.de/2016/03/05/27–02-2016-neofaschistische-demo-in-zgorzelec-goerlitz/ .
3 Vgl. Alternative Dresden News: „Clausnitz – Willkommenskultur auf Sächsisch“, 21.02.2016, https://www.addn.me/nazis/clausnitz-willkommenskultur-auf-saechsisch/ sowie Christoph Titz: „Busattacke in Clausnitz: Ein Dorf wundert sich“, Spiegel Online, 21.02.2016, http://www.spiegel.de/politik/deutschland/clausnitz-und-die-attacke-auf-fluechtlinge-jetzt-will-es-keiner-gewesen-sein-a-1078492.html und Yotube, gbs Koblenz: „Clausnitz: Polizei Sachsen kuscht vor fremdenfeindlichem Mob“, 19.02.2016, https://www.youtube.com/watch?v=nq1UF8qT4ik .
4 Vgl. hier und im Folgenden „Frankfurt/Oder wehrt sich“, https://www.facebook.com/FrankfurtOder-wehrt-sich-693079740809110 .
5 Allgemein zum „III. Weg” vgl. Johannes Hartl: „Stützpunkt Ost”, jungle world, 26.03.2015, http://jungle-world.com/artikel/2015/13/51689.html und Johannes Hartl/Inforiot.de/Haskala.de/AIB: „’Der III. Weg“ – Ein Produkt der Krise des ‘Nationalen Widerstandes’?”, in: antifaschistisches Infoblatt (AIB) Nr. 108 / 3.2015, S.16–19. Online zu finden unter: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Eder-iii-weg%E2%80%9C .
6 Vgl. Alexander Fröhlich: „NPD-Kandidat attackierte Fotografen“, Potsdamer Neuste Nachrichten (PNN), 25.05.2014, http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/859105/ hierzu und allgemein zur Person Pascal Stolle vgl. des Weiteren Presseservice Rathenow: „Bad Belzig NPD-Stadtrat wechselt zum „Dritten Weg“ – Neonazistische Kleinpartei will nach Brandenburg expandieren“, 04.03.2015, https://presseservicern.wordpress.com/2015/03/04/bad-belzig-npd-stadtrat-wechselt-zum-dritten-weg-neonazistische-kleinpartei-will-nach-brandenburg-expandieren/ .
7 Zur Person Björn Brusak vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Björn Brusak – kein „besorgter Anwohner“ sondern ein Rassist“, 04.09.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/09/04/bjoern-brusak-kein-besorgter-anwohner-sondern-ein-rassist/ .
8 Zur Person Peer Koss vgl. beispielsweise antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „’Unser Rückschlag wird kommen’ – Analyse einer rassistisch aufgeladenen Debatte um Kriminalität und Geflüchtete“, in: „recherche output #7“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/10/30/unser–rueckschlag-wird-kommen-analyse-einer-rassistisch-aufgeladenen-debatte-um-kriminalitaet-und-gefluechtete/.
9 Vgl. „Dennis Kunert“, Beitrag von „Romano Gosda“ vom 21.02.2016 um 18:50, https://www.facebook.com/photo.php?fbid=196410274051422&set=a.146363329056117.1073741829.100010473523872&type=3 (https://www.facebook.com/photo.php?fbid=196410274051422&set=a.146363329056117.1073741829.100010473523872&type=3) und hier.
10 Zu der Gruppierung der „FCV-Hooligans“ vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Freunde, die niemand haben will.“, in: „recherche output #1“, 2006. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2006/10/01/freunde-die-niemand-haben-will/ . Vgl. darüber hinaus antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Rechte Frankfurter Ultras aktiv wie nie“, in: „recherche output #3“, 2007. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2007/10/02/rechte-frankfurter-ultras-aktiv-wie-nie/ sowie zahlreiche Artikel zum Thema unter https://recherchegruppeffo.noblogs.org/ .
11 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 19.02.2016 um 19:47, https://www.facebook.com/events/223637334641636/?active_tab=posts und hier.
12 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Micha? Czerwi?ski“ vom 19.02.2016 um 21:16, https://www.facebook.com/events/223637334641636/?active_tab=posts und hier.
13 Vgl. hier und im Folgenden „Narodowe S?ubiceubice“. https://www.facebook.com/NarodoweSlubice .
14 Als „Verstoßene Soldaten“ werden Kämpfer der antikommunistischen Untergrundorganisationen bezeichnet, die sich von 1944 bis 1963 gegen das pro-sowjetische Regime auflehnten.
15 Vgl. „Narodowe S?ubiceubice“, Beitrag von „Narodowe S?ubiceubice“ vom 27.02.2016 um 14:41, https://www.facebook.com/NarodoweSlubice/photos/a.1685280288350646.1073741828.1684192021792806/1690450234500318/?type=3 und hier.
16 Zur Person Andy Köbke vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „#1 | Andy Köbke – Eine klassische Frankfurter Neonazikarriere“, 24.02.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/02/24/nr-1-andy-koebke-eine-klassische-frankfurter-neonazikarriere/ .
17 Vgl. „Polnische und deutsche Hooligans randalieren auf der Oderbrücke“, der Tagesspiegel, 10.06.2008, http://www.tagesspiegel.de/sport/em-polnische-und-deutsche-hooligans-randalieren-auf-der-oderbruecke/1252578.html .
18 Diese Seiten täuschen ebenfalls eine bürgerliche Mitte vor, aus der sie agieren, sind aber NPD gesteuert. So treten z.B. NPD – Mitglieder als „besorgte Mütter“ auf und hetzen unter anderem Deckmantel, wie z.B. Maria Fank in Hellersdorf. Schwerpunkt bei bei den „Nein zum Heim“ – Kampagnen ist der vermeintliche „Asylmissbrauch“.
19 Vgl. “Peer Koss” Beitrag von „Peer Koss“ vom 23.12.2014 um 16:13, der Beitrag wurde mitlerweile abgeändert, https://www.facebook.com/peer.koss/posts/746726575403270 ist aber hier in der ursprünglichen Version einzusehen, sowie antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Der Aufstand der Ekelhaften“, 06.02.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/02/06/der-aufstand-der-ekelhaften/ .
20 Redaktionsende war der 03.03.2016.
21 Allgemein zur „Europäischen Aktion” vgl. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung: http://www.politische-bildung-brandenburg.de/node/9448 sowie Philipp Dahm: „Bernhard Schaub vernetzt Europas Rechtsextreme”, 20minuten, 22.11.2011, http://www.20min.ch/schweiz/news/story/31599863 und Hans Stutz/Arthur Sajdowski: „’Europäische Aktion’ – Eine internationalistische Neonazi-Avantgarde?“, in: antifaschistisches Infoblatt (AIB) Nr. 108 / 3.2015, S.24–25. Online zu finden unter: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Eeurop%C3%A4ische-aktion%E2%80%9C .
22 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Björn Brusak – kein „besorgter Anwohner“ sondern ein Rassist“, … a.a.O.
23 Es soll, geht es nach den Anhänger*innen der Ideologie des Ethnopluralismus’, ein “Europa der Vaterländer” entstehen. Dieser Begriff lässt sich auf den französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle zurückführen. Er wollte in seiner Europapolitik die nationale Souveränität Frankreich unangetastet wissen und sperrte sich gegen supranationale Tendenzen in der europäischen Integration. Zum Begriff „Europa der Vaterländer“ vgl. V. Conze: „Europa der Vaterländer“, in: Martin Große Hüttmann/Hans-Georg Wehling (Hg.): Das Europalexikon, 2., aktual. Aufl. Bonn 2013, zitiert nach: Bundeszentrale für politische Bildung, abgerufen unter http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/176853/europa-der-vaterlaender , Beachte außerdem die Ausführungen zum Ethnopluralismus in Fußnote 27.
24 Es liegt der antifaschistischen recherchegruppe frankfurt (oder) ein Videomitschnitt (01:55 bis 02:24 Min.) vor.
25 Vgl. Freies Schlesien: „Marsch in Kattowitz 12.07.14“, 18.07.2015, zu sehen auf: https://www.youtube.com/watch?v=LQvr-xu-6Cs . Die Personengruppe um die Mitglieder der Europäischen Aktion u. a. Björn und Dirk Brusak ist beispielsweise ab Minute 12:55 gut zu sehen.
26 Vgl. Europäische Aktion: „Auf nach Osten – Bericht eines Mitstreiters des Stützpunktes Brandenburg“, 29.07.2015, http://www.europaeische-aktion.org/Artikel/de/Auf-nach-Osten—Bericht-eines-Mitstreiters-des-Stuetzpunktes-Brandenburg_352.html. Zur „Ruch Autonomii ?l?skska“ (RAS) („Autonomie Bewegung Schlesiens“) vgl. Barbara Bönnemann: „Oberschlesische Selbstfindung“, der Tagesspiegel, 13.07.2012, http://www.tagesspiegel.de/politik/oberschlesische-selbstfindung/6872648.html und Florian Kellermann: „’Wir wollen eine tief gehende Dezentralisierung’ – Die schlesische Autonomie-Bewegung in Polen“, Deutschlandfunk, 31.01.2011, http://www.deutschlandfunk.de/wir-wollen-eine-tief-gehende-dezentralisierung.795.de.html?dram:article_id=119215 .
27 Der Ethnopluralismus (“ethnos” = griech. Volk und “pluralis” = lat. Mehrzahl) ist ein Theoriekonzept der sogenannten “Neuen Rechten”. In ihm werden Gruppen von Menschen konstruiert, die eine homogen kulturelle Identität besitzen. Diese werden dann als “Volk” bezeichnet. Der Ethnopluralismus referiert auf ein Verständnis des Begriffs “Volk” als eine organische biologische natürliche Geneinschaft. Somit steht er in der Tradition der nationalsozialistischen “Volksgemeinschaft”. Um die kulturelle Homogenität der eigenen Gruppe zu bewahren, verteufeln die Anhänger*innen Migration und setzen sich für eine Separierung der einzelnen Gemeinschaften in die ihnen zugedachten “angestammten Lebensräume” ein. Betrachtet man diese Vorstellungen, wird schnell klar, dass das Konzept keine Vielfalt anstrebt, sondern vielmehr Homogenität. Gero Fischer schreibt: “Ethnopluralismus führt konsequent gedacht zur Apartheid als neuer Weltordnung” (Fischer, Ethnopluralismus, S.243; zu den weiteren bibliografischen Angaben siehe das Ende dieser Fußnote). Die vermeidliche Überlegenheit Europas bzw. des “Abendlandes” ist dem Konzept immanent. Zum Konzept des Ethnopluralismuses vgl. Gero Fischer: „Ethnopluralismus, Multikulturalismus und interkulturelle Erziehung“, in: Reinalter/Petri/Kaufmann (Hrsg): „Das Weltbild des Rechtsextremismus“, Wien 1998, S.243–259.
28 Vgl. „Narodowe S?ubiceubice“, Beitrag von „Narodowe S?ubiceubice“ vom 27.02.2016 um 19:49, https://www.facebook.com/NarodoweSlubice/photos/a.1685280288350646.1073741828.1684192021792806/1691060621105946/?type=3 und hier.
29 Das entsprechende Plakat können Sie hier einsehen.
30 Originaltext „Nie jeste?my tu od wczoraj – Si?ga?y?my daleko na zachód“, Übersetzung aus dem Polnischen durch die Autor*innen.
31 Auf der Karte mit „ongis“, polnisch für „einst“, gekennzeichnet. Gemeint sind die slawischen Gebiete um das Jahr 1000. Eine entsprechende Karte können Sie hier einsehen. Vgl. „Putzgers ‘Historischer Schul-Atlas’, 1905 zitiert nach: http://www.maproom.org/00/01/present.php?m=0031 .
32 Auf der Karte mit „jutro“, polnisch für „morgen“, gekennzeichnet.
33 Vgl. „Narodowe S?ubiceubice“, Beitrag von „Narodowe S?ubiceubice“ vom 10.02.2016 um 20:27, https://www.facebook.com/NarodoweSlubice/photos/a.1685280288350646.1073741828.1684192021792806/1685833811628627/?type=3 und hier.
34 Vgl. Der III. Weg: „’Stoppt den Asylwahn’ – Demonstration in Frankfurt (Oder)“, 27.02.2016, http://www.der-dritte-weg.info/index.php/menue/1/thema/69/id/6205/akat/1/infotext/Stoppt_den_Asylwahn_Demonstration_in_Frankfurt_Oder/Politik_Gesellschaft_und_Wirtschaft.html .
35 Allgemein zum NPD-Kreisverband Oderland vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Der NPD-Kreisverband Oderland im Spagat zwischen Bürgernähe und Radikalität“, in: „recherche output #6 (aktualisierte)“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/09/09/der-npd-kreisverband-oderland-im-spagat-zwischen-buergernaehe-und-radikalitaet-sommer-2014/ .
36 Zur Person Klaus Beier vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Wer war nochmal Klaus Beier?“, in: „recherche output #6 (aktualisierte)“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/09/09/wer-war-nochmal-klaus-beier-2014/ .
37 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Das war wohl nichts“, in: „recherche output #5“, 2012. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/05/10/das-war-wohl-nichts/ sowie antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Das Kleeblatt ist verdorrt“, 20.11.2012, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/11/20/das-kleeblatt-ist-verdorrt/ .
38 Zur Tradition der Polenfeindlichkeit in der Region vgl. Michael Lausberg: „Antipolnischer Rassismus in Ostdeutschland“, 06.07.2015, http://www.migazin.de/2015/07/06/antipolnischer-rassismus-in-ostdeutschland/#footnote_4_83256 .
39 Vgl. „Dennis Kunert“, Beitrag von „Romano Gosda“ vom 21.02.2016 um 18:50, … a.a.O und hier.
40 Ebd.
41 Allgemein zur Band „Landser“ vgl. antifaschistisches Infoblatt (AIB): „Ausgerockt. Neun Jahre Begleitmusik zu Mord und Totschlag“, 06.11.2001, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/ausgerockt-neun-jahre-begleitmusik-zu-mord-und-totschlag sowie antifaschistisches Infoblatt (AIB): „Profis, Geld und Subkultur“, 17.12.2003, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/profis-geld-und-subkultur und antifaschistisches Infoblatt (AIB): „Das Landser Urteil und seine Folgen“, 10.03.2004, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/das-landser-urteil-und-seine-folgen .
42 Allgemein zur neonazistischen Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ vgl Recherchegruppe „Investigate Thor Steinar“:„Investigate Thor Steinar – Die kritische Auseinandersetzung mit einer umstrittenen Marke (zweite erweiterte Auflage)“, 2008 und http://investigatethorsteinar.blogsport.de/ .
43 Redaktionsende war der 03.03.2016.
44 Vgl. http://www.epochtimes.de/ .
45 Vgl. beispielsweise für Brandenburg die rassistischen Kundgebungen der NPD in Storkow und Heinersdorf „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 28.12.2015 um 19:20, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/888176704632745/ außerdem hier sowie für Berlin beispielsweise eine rassistische Demonstration in Hellersdorf „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 15.02.2016 um 17:10, https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=913763985407350&id=693079740809110 (https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=913763985407350&id=693079740809110) sowie hier und für Mecklenburg Vorpommern beispielsweise eine Kundgebung der AfD in Neubrandenburg „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 28.01.2016 um 17:02, https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=904078529709229&id=693079740809110 (https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=904078529709229&id=693079740809110) und hier. Diese Aufzählung könnte noch fortgesetzt werden.
46 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „’Unser Rückschlag wird kommen’ – Analyse einer rassistisch aufgeladenen Debatte um Kriminalität und Geflüchtete“, … a.a.O.
47 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 13.11.2015 um 17:20, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/866746160109133 und hier.
48 „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Paul Neumann“ vom 17.11.2015 um 17:27, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/866746160109133 und hier.
49 Ebd.
50 „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Benjamin Thunert“ alias „Thuni Benji“ vom 13.11.2015 um 18:42, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/866746160109133 und hier.
Antifarassistische / Antifaschistische Demonstration
Die Antira/Antifa-Demo beginnt ab 12.00 Uhr am Bahnhof in Rathenow. Eine Aktionskarte mit alle wichtigen Informationen findet ihr unten. Einen Ermittlungsausschuss wird es auch geben. Die Telefonnummer wird morgen auf der Demo bekannt gegeben.
Züge fahren u.a. ab:
Berlin-Hauptbahnhof – 10.58 Uhr, Gleis 8 (tief)
Potsdam-Hauptbahnhof – 10.47 Uhr, Gleis 1 (über Wustermark, dort umsteigen)
Zivilgesellschaft
Die regionale Zivilgesellschaft will sich ab 14.00 Uhr auf dem August-Bebel-Platz, ca. 100m vom Märkischen Platz treffen und konträr zum „Bürgerbündnis Deutschland“ mit eigenen Akzenten für mehr Menschlichkeit werben. Dort wird es Redebeiträge und Konzertauftritte geben.
weitere Infos:
Aufruf
Rechercheartikel
INFORIOT Der Terrorverdacht gegen den Nauener NPD-Politiker Maik Schneider hat sich ausgeweitet. Ihm und vier bis fünf weiteren Neonazis werden inzwischen mehrere Brandanschläge zugerechnet, darunter auch jenen auf eine Turnhalle in Nauen, die als Unterkunft für Geflüchtete genutzt werden sollte. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt einige oder alle der Verdächtigen der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Auch Ermittlungen wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung werden geprüft. Erst am Dienstag wurden mehrere Razzien in Nauen, Potsdam und Schönwalde-Glien durchgeführt. Maik Schneider, der als führender Neonazi in der Region gilt, sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Laut Informationen der PNN werden den mutmaßlichen Täter_innen neben dem Brandanschlag auf die Turnhalle mehrere Anschläge auf Autos von politischen Gegner_innen sowie Angriffe auf ein Parteibüro der Partei Die Linke (eine Auflistung aller Anschläge in Nauen findet sich ebenfalls bei der PNN) zugerechnet. Mitte Februar wurden in Nauen Flugblätter verteilt, in denen zum „absoluten Widerstand“ gegen Geflüchtete aufgerufen wurde und Anschlagsanleitungen abgedruckt waren. Weiterhin wird den Angaben zufolge ermittelt, ob es Verbindungen von Schneider und seiner Gruppe zum Anschlag auf einen Flüchtlingstreffpunkt in Jüterbog gibt. Schneider hatte nur Stunden vor dem Anschlag eine rassistische Demonstration in der Stadt angeführt.
Das sind die Verdächtigen:
Maik Schneider, Jahrgang 1987, ist ausgebildeter Erzieher und sitzt für die NPD in der Nauener Stadtverordnetenversammlung. Er ist seit vielen Jahren Organisator von und Redner bei Neonaziaufmärschen. Als Aktivist der „Freien Kräfte Neuruppin/ Osthavelland“ hält er enge Kontakte in das neonazistische Kameradschaftsspektrum. Schneider fiel in der Vergangenheit mehrfach am Rande von Demonstrationen auf, entweder um als unscheinbarer Passant Gegendemonstrant_innen auszuhorchen oder Versammlungen zu stören. Er versuchte zusammen mit Berliner Neonazis an einer Tierrechtsdemonstration in Berlin teilzunehmen.
Der 28-jährige Nauener Dennis W., der als Teilnehmer von Neonaziversammlungen aufgefallen ist, wurde am Freitagvormittag in Nauen festgenommen, nachdem die Polizei ihn am Dienstag nicht antraf, um den Haftbefehl zu vollziehen. Seinem Facebookprofil nach zu urteilen, interessiert sich W. für Tätowierungen und Drogen. Der Polizei ist er als Kleinkrimineller bekannt.
Frauke K. wurde inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen. Die 22-jährige, die offenbar ursprünglich aus Potsdam stammt, könnte ebenfalls an einem Brandanschlag auf ein Auto beteiligt gewesen sein. Anhand ihres Facebook-Profil lassen sich persönliche Verbindungen zu Neonazis nachvollziehen. Nach einer Meldung der MAZ sei der Tatverdacht gegen Frauke K. weniger hart als gegen die anderen Verdächtigen, es könne sein, dass sie “kein Mitglied der Gruppierung” sei.
Christopher L. und Christian B. sind als Neonazis bekannt und schmücken sich auf ihren Facebookseiten mit Fotos von Neonaziversammlungen. L. hatte vor einer Antiflüchtlingsdemonstration im Juli 2015 in Frankfurt/Oder kommentiert, dass er sich auf eventuelle Gegendemonstrant_innen freue und dazu ergänzt: “Sport frei!”. Ihm werden Verbindungen zur neonazistischen “Europäischen Aktion” nachgesagt.
Um wen es sich bei dem sechsten Verdächtigen handelt, der in Presseberichten erwähnt wird, ist zurzeit nicht bekannt. Ob und wieviele weitere Personen neben den schon bekannten fünf an den Anschlägen beteiligt waren, wird von den Ermittlungsbehören geprüft. Neben Schneider sollen auch andere Verdächtige Mitglieder der neonazistischen NPD ein. Gegen die Partei läuft bekanntlich derzeit ein Verbotsverfahren bei Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Laut der Linkspartei-Politikerin Andrea Johlige soll die Gruppe über den Messengerdienst “WhatsApp” kommuniziert haben.
CDU-Mann verharmlost rassistische Gewalt
Für Empörung haben derweil Äußerungen des Havelländer CDU-Kreistagsabgeordneten Mike Krüger gesorgt. Auf Facebook schrieb dieser, dass es sich bei den Vorwürfen gegen die Neonazis um eine “übliche Vorverurteilung“ handeln könnte, dass tatsächlich “Fremdenfeindlichkeit” bei den Taten keine Rolle gespielt hätte. Er mutmaßte in Hinblick auf den Brandanschlag auf das Auto eines polnischen Mannes: “Vielleicht hat der Pole seiner Freundin nur an den Arsch gefasst und unser brauner Freund ist ausgetickt.”
AfD — “Return to Sender”
Eine Gruppe von linken Aktivist_innen hat indes in Berlin Überreste der ausgebrannten Nauener Turnhalle vor der Tür des Berliner Büros der Alternative für Deutschland (AfD) geschüttet. Nicht nur die NPD, sondern auch die AfD sei “Brandstifter in Nadelstreifen und Lautsprecher der Gewalt in einem”, heißt es von den Aktivist_innen. Nauen stehe stellvertretend für die vielen rassistischen Anschläge und Übergriff der letzten Monate. Die Aktion ist Teil der Kampagne “Nationalismus ist keine Alternative”. Ein Video ist auf der Plattform YouTube zu finden.
Am kommenden Samstag, dem 05.03.2016, will das rassistische und nationalistische „Bürgerbündnis Deutschland“ in der havelländischen Kreisstadt Rathenow, 70km westlich von Berlin, aufmarschieren. Der Veranstalter erwartet mehr als 800 Teilnehmer*innen. Es soll eine Kundgebung auf dem Märkischen Platz im Rathenower Zentrum sowie einen Marsch durch die Stadt geben. Antifaschistische und Antirassistische Gruppen wollen dagegen ab 12 Uhr (Treffpunkt: Bahnhof) demonstrieren, die Zivilgesellschaft ab 14 Uhr am August-Bebel-Platz protestieren.
Nico Tews und das „Bürgerbündnis Deutschland“
Drahtzieher des „Bürgerbündnisses Deutschland“ ist Nico Tews aus dem Kotzener Ortsteil Landin (Amt Nennhausen, Landkreis Havelland, Brandenburg). Er wird als administrativer Ansprechpartner für die Webpräsenz dieser Vereinigung genannt. Tews ist von Beruf Immobilienmakler und unterhält Büros in Neuruppin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) und eben in Landin. Darüber hinaus betreibt er in letztgenanntem Ort eine Pension. Tews verfügt also über ausreichend Kapital um seine eigenen politischen Abenteuer zu finanzieren. Diese begannen im Oktober 2015 mit den kontinuierlichen Versammlungen unter dem Label „Bürgerbündnis Havelland“. Vor diesem explizit außerparlamentarischen Engagement war Nico Tews aber politisch bereits lange Zeit in der CDU beheimatet. Mehrfach kandierte er beispielsweise für ein Mandat dieser Partei im havelländischen Kreistag. 2003 trat Tews im Wahlkreis 3 (Amt Friesack, Stadt Nauen, Gemeinde Schönwalde-Glien) und 2014 im Wahlkreis 2 (Rhinow, Friesack, Nennhausen, Nauen, Ketzin/Havel) für die CDU an. Seit dem 28. Dezember 2012 war er auch Beisitzer im Vorstand des Parteiverbandes Ländchen Rhinow / Nennhausen. Nach einer Informationsveranstaltung zum Bau einer Geflüchtetenunterkunft in Friesack soll er aber, eigenen Angaben zufolge, enttäuscht die Partei verlassen haben. Danach trat er mehrfach als Redner für das „Bürgerbündnis Havelland“ auf, finanzierte auch dessen Propagandamaterial. Ab Dezember 2015 forcierte er dann sein neuestes Projekt, das so genannte „Bürgerbündnis Deutschland“, in dem er das „Bürgerbündnis Havelland“ mit ähnlich gesinnten Initiativen aus Brandenburg und Sachsen-Anhalt vernetzte. Hier ein Überblick über wichtigsten Vereinigungen und ihrer Akteure innerhalb dieses Netzwerkes:
„Bürgerbündnis Havelland“
Das „Bürgerbündnis Havelland“ hat sich im Oktober 2015 im Landkreis Havelland formiert. Als führende Köpfe traten zunächst Christian Kaiser aus Rathenow und Nico Tews auf. Obwohl beide zuvor kaum durch konkrete politische Aktivitäten aufgefallen waren, gelang es ihnen regelmäßig mehrere hundert Menschen zu ihren Versammlungen zu locken. Die als bürgerlich angepriesene „Asyl- und Islamkritik“ entpuppte sich jedoch recht schnell als banale Stammtischphilosophie, welcher der Geruch der NPD anhaftete. Kaiser gab zudem auf seiner persönlichen Seite im Internet, für das er zeitweise die kaiserliche Reichskriegsflagge nutzte, an, gefallen an der nationaldemokratischen Partei zu haben. Darüber hinaus war die NPD auch stets mit Abgeordneten bei den Versammlungen des „Bürgerbündnisses Havelland“ vertreten. Ab Januar 2016 warb der NPD Kreisverband Havel-Nuthe sogar offen für die Teilnahme an diesen Aufzügen. Drahtzieher der lokalen Parteistruktur ist hierbei der Kommunalpolitiker Michel Müller. Ihm wird nachgesagt Christian Kaiser gezielt aufgebaut zu haben. Müllers Wirken als graue Eminenz während der Bürgerbündnis-Versammlungen, aber auch die Bewerbung dieser bei seinen Kontakten, lässt erkennen wer eigentlich Herr des Platzes ist. Trotzdem scheinen die einstigen Marionetten langsam ihr Eigenleben zu entwickeln. Tews ist mit dem Aufbau seines deutschlandweiten „Bürgerbündnisses“ beschäftigt, während Kaiser die Nähe zur „Alternative für Deutschland“ sucht. Anlässlich einer Kundgebung dieser Partei ließ sich Christian Kaiser sogar freudig erregt mit dem ultrarechten AfD Funktionär Björn Höcke ablichten.
Bisher durchgeführte eigene Versammlungen:
27.10.2015, Rathenow, Kundgebung, 500 Teilnehmer*innen
03.11.2015, Rathenow, Kundgebung, 450 Teilnehmer*innen
10.11.2015, Rathenow, Kundgebung und Fackelmarsch, 600 Teilnehmer*innen
17.11.2015, Rathenow, Kundgebung und Marsch, 170 Teilnehmer*innen
24.11.2015, Rathenow, Kundgebung und Marsch, 500 Teilnehmer*innen
08.12.2015, Rathenow, Kundgebung und Marsch, 500 Teilnehmer*innen
12.01.2016, Rathenow, Kundgebung und Marsch, 550 Teilnehmer*innen
26.01.2016, Rathenow, Kundgebung und Marsch, 400 Teilnehmer*innen
09.02.2016, Rathenow, Kundgebung und Marsch, 300 Teilnehmer*innen
23.02.2016, Rathenow, Kundgebung und Marsch, 350 Teilnehmer*innen
„Bürgerbewegung Altmark“
Die „Bürgerbewegung Altmark“ besteht im Wesentlichen um einen recht kleinen Organisator*innenkreis um Martin Knaak, der im Tangerhütter Ortsteil Demker (Landkreis Stendal, Sachsen-Anhalt) beheimatet ist. Gemeinsam führten diese Personen mehrere Märsche und Kundgebungen in Stendal, Tangerhütte und Tangermünde durch. Politisch soll Knaak zunächst bei MAGIDA 2.0 in Magdeburg aktiv gewesen sein, bevor er in der Altmark mit eigenen Veranstaltungen auftrat. Seine Beziehungen zur sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt brach er damit aber nicht ab, was der Auftritt des Magdeburger NPD Ortsverbandes bei seinem ersten Aufzug in Stendal bewies. Auch bei seiner zweiten Kundgebung in Tangerhütte erhielt er Unterstützung durch die „Nationaldemokraten“. Der lokale NPD Kreisverband Altmark stellte der „Bürgerbewegung Altmark“ Technik und Personal zur Verfügung. Bei der dritten Veranstaltung, wiederum in Stendal, trat eine bekannte NPD Funktionärin auf. Das Interesse an Aufmärschen der „Bürgerbewegung Altmark“ ist jedoch momentan rückläufig. Knaaks Reichsbürger-Affinität schien viele „besorgte Bürger*innen“ verschreckt zu haben. Dagegen hält sowohl das „Bürgerbündnis Havelland“, als auch das „Bürgerbündnis Deutschland“ der „Bürgerbewegung Altmark“ die Treue. Gemeinsam unterstützen sie sich gegenseitig bei ihren Versammlungen. Darüber hinaus scheint Knaak auch weiterhin den Kontakt ins explizit neonazistische, als auch ins nationalistische Lager zu suchen. Am 16.01.2016 nahm er beispielsweise am jährlich stattfindenden so genannten „Trauermarsch“ in Magdeburg teil, am 25.02.2016 besuchten er und weitere bekannte Gesichter seiner „Bürgerbewegung“ eine Saalveranstaltung der AfD in Tangermünde.
Bisher durchgeführte eigene Versammlungen:
25.10.2015, Stendal, Kundgebung und Marsch, 250 Teilnehmer*innen
08.11.2015, Tangerhütte, Kundgebung und Marsch, 130 Teilnehmer*innen
15.11.2015, Stendal, Kundgebung und Marsch, 180 Teilnehmer*innen
29.11.2015, Stendal, Kundgebung und Marsch, 120 Teilnehmer*innen
13.12.2015, Stendal, Kundgebung und Marsch, 60 Teilnehmer*innen
10.01.2016, Stendal, Kundgebung und Marsch, 80 Teilnehmer*innen
31.01.2016, Stendal, Kundgebung und Marsch, 50 Teilnehmer*innen
14.02.2016, Tangermünde, Kundgebung und Marsch, 80 Teilnehmer*innen
27.02.2016, Tangerhütte, Kundgebung, 30 Teilnehmer*innen
„Abendspaziergang Oranienburg“
Der „Abendspaziergang Oranienburg“ ist im Wesentlichen ein Projekt des NPD Kreisverbandes Oberhavel bzw. dessen vorgelagerte Kampagne „Nein zum Heim in Oranienburg“. Er entstand unmittelbar in Reaktion auf die ersten Aufzüge der PEGIDA in Dresden und kopiert in weiten Teilen deren Auftreten. Sowohl die Organisation, als auch die Logistik hinter dem Marsch werden jedoch maßgeblich von der NPD Oberhavel, insbesondere deren Veltener Stadtverordneten Robert Wolinski, gesteuert. Um trotzdem bürgerlich zu wirken, verzichtete die NPD größtenteils auf ein öffentliches Bekenntnis zu den Märschen. Nur selten wird auf Parteiseiten dafür geworben und Parteibanner auf den Märschen werden explizit ohne Parteisymbol gezeigt. Auch die Anmeldung der Märsche wird in erster Linie einem Strohmann überlassen, um das bürgerliche Image der Versammlung zu waren. Die Verbindung zum „Bürgerbündnis Deutschland“ ist hingegen eher neu. Es ist durchaus denkbar, dass diese durch die den beiden Initiativen nahestehende NPD Funktionäre eingefädelt wurde.
Bisher durchgeführte Versammlungen:
17.12.2014, Oranienburg, Marsch, 250 Teilnehmer*innen
21.01.2015, Oranienburg, Marsch, 250 Teilnehmer*innen
11.02.2015, Oranienburg, Marsch, 180 Teilnehmer*innen
03.03.2015, Oranienburg, Marsch, 200 Teilnehmer*innen
18.03.2015, Zehdenick, Marsch, 70 Teilnehmer*innen
25.03.2015, Oranienburg, Marsch, 100 Teilnehmer*innen
29.04.2015, Zehdenick (keine Teilnehmer*innenzahlen bekannt)
02.10.2015, Zehdenick (keine Teilnehmer*innenzahlen bekannt)
04.11.2015, Oranienburg, Marsch, 350 Teilnehmer*innen
05.11.2015, Velten, Marsch, 200 Teilnehmer*innen
07.11.2015, Rheinsberg, Marsch, 130 Teilnehmer*innen
25.11.2015, Oranienburg, Marsch, 250 Teilnehmer*innen
11.12.2015, Zehdenick (keine Teilnehmer*innenzahlen bekannt)
16.12.2015, Oranienburg, Marsch, 170 Teilnehmer*innen
18.12.2015, Fürstenberg (keine Teilnehmer*innenzahlen bekannt)
07.01.2016, Velten, Marsch, 200 Teilnehmer*innen
08.01.2016, Oranienburg, Marsch, 300 Teilnehmer*innen
22.01.2016, Zehdenick (keine Teilnehmer*innenzahlen bekannt)
19.02.2016, Leegebruch, Marsch, 230 Teilnehmer*innen
26.02.2016, Oranienburg, Kundgebung, 700 Teilnehmer*innen
„PEGIDA Havelland“
Die PEGIDA Havelland ist eine seit 2015 im Raum Schönwalde-Glien (Landkreis Havelland) aktive Gruppe um Gerald Hübner und Detlef Rewald. Sie hat sich infolge der Planung einer Flüchtlingsunterkunft im Ort gebildet und kopiert in ihrem Auftreten vor allem das Dresdener Vorbild. Der Charakter der Gruppe ist eher bürgerlich, Gerald Hübner hat jedoch eine politische Vergangenheit in der havelländischen AfD. Auch sind auf den Versammlungen der PEGIDA Havelland in Schönwalde-Glien bekannte Funktionäre der NPD sowie einschlägig vorbestrafte Neonazis, die auch mit entsprechender Symbolik auftreten, erwünscht. Neonazistische Einflussversuche werden jedoch vehement bestritten bzw. als Teil der bürgerlichen Bewegung für sich vereinnahmt.
Auswärts fiel „PEGIDA Havelland“ bisher u.a. bei Märschen der Mutterorganisation in Dresden oder beim „Bürgerbündnis Havelland“, erkennbar am entsprechenden Banner der Gruppe, auf.
Bisher durchgeführte eigene Versammlungen:
23.01.2016, Schönwalde-Glien, Kundgebung, 200 Teilnehmer*innen
27.02.2016, Schönwalde-Glien, Kundgebung, 150 Teilnehmer*innen
„Asylhütte in Ketzin? Kannste knicken 2.0“
Die Initiative „Asylhütte in Ketzin? Kannste knicken“ ist seit Frühling des vergangenen Jahres aktiv. Es handelt sich um 5–10 Personen, die in einer Beziehung zu dem Ort Ketzin/Havel im Landkreis Havelland stehen. Die führenden Köpfe, u.a. Nick Zschirnt, gehören zu den „Freien Kräften Neuruppin, Osthavelland“, eine Neonaziorganisation im Nordwesten Brandenburgs. Zschirnt fungiert quasi als Statthalter dieser Gruppe in Ketzin/Havel, hat mehrere Sympathisant*innen um sich geschart, die unter der Bezeichnung „Asylhütte in Ketzin? Kannste knicken“ agieren. Bis auf wenige Spontanaktionen fiel die Gruppe jedoch noch nicht durch eigene Versammlungen auf. Ihr Wirken findet hauptsächlich im Kontext von Fremdveranstaltungen, wie beim „Bürgerbündnis Havelland“ oder bei „POGIDA“ in Potsdam, sowie bei Aufmärschen der „Freien Kräften Neuruppin, Osthavelland“, wie beispielsweise in Plattenburg-Glöwen, statt.
Bisher eigenständig durchgeführte Aktionen:
21.06.2015, Ketzin/Havel, Störung Familienfest, 10 Personen
27.09.2015, Ketzin/Havel, Propagandaaktion, 20 Personen
„Genthin wach auf“ („Bürgerbewegung Genthin“)
Der „Bürgerbewegung Genthin“, die auch unter dem Namen „Genthin wach auf“ firmiert, besteht im wesentlich um den nach Genthin (Landkreis Jerichower Land, Sachsen-Anhalt) zugezogenen „Tilo Koertge“, dessen Lebensgefährtin sowie einzelnen Sympathisant*innen. Die Gruppe fällt im Wesentlichen seit November 2015 durch explizit neonazistische Propaganda auf. Sie ist auch sehr eng an die Neonazi-Kleinpartei „der III. Weg“ gekoppelt, die auch die erste Kundgebung durchführte, an der sich die Genthiner Bürgerbewegung in ihrer Stadt beteiligt. Die Funktionäre des III. Weges kamen dabei hauptsächlich aus dem Land Brandenburg, Insbesondere aus dem Raum Werder (Havel) und Potsdam. Bei der zweiten Kundgebung der „Bürgerbewegung Genthin“ mit anschließenden Marsch, war wieder eine größere Abordnung des III. Weges dabei. Führende Funktionäre dieser Partei, u.a. Matthias Fischer und Pascal Stolle, sprachen u.a. bei Zwischenkundgebungen. Auswärts beteiligte sich „Koertge“ und seine Crew vor allem an Aufmärschen von „Burg gegen Asylmissbrauch“ und vom „Bürgerbündnis Havelland“ in Rathenow. Dabei wurden auch einschlägige nationalistische Kennzeichen, als auch Parteisymbolik des III. Weges gezeigt.
Bisher durchgeführte eigene Versammlungen:
28.11.2015, Genthin, Kundgebung (gemeinsam mit dem III. Weg), 30 Teilnehmer*innen
17.01.2016, Genthin, Kundgebung und Marsch, 200 Teilnehmer*innen
“Werder wach auf”
Zu der Initiative „Werder wach auf“ finden sich bisher kaum Erkenntnisse außerhalb des Internets. Die Gruppe positionierte sich bisher nicht auf öffentlichen Versammlungen. Auffällig ist jedoch die Namensähnlichkeit zur ähnlich klingenden Genthiner Initiative. Da „Werder wach auf“ vor der Gruppe aus Genthin existierte, spricht vieles für eine direkte Beeinflussung der Sachsen-Anhaltiner durch die Werderaner. Wird zusätzlich berücksichtigt, dass hinter der „Bürgerbewegung Genthin“ der III. Weg steckt und bei deren ersten Kundgebung auch Parteimitglieder aus Werder (Havel) federführend anwesend waren, lässt sich durchaus erahnen, wessen Kind „Werder wach auf“ tatsächlich ist.
„Burg gegen Asylmissbrauch“
Die Initiative „Burg gegen Asylmissbrauch“ fällt in Burg (Landkreis Jerichower Land, Sachsen-Anhalt) seit November 2015 durch Internetaktivitäten, Sticker-Aktionen und Versammlungen auf. Sie ist jedoch nicht ohne die Unterstützung durch Strukturen der Partei DIE.RECHTE lebensfähig. Deren lokaler Kopf Ingo Zimmerman zieht im Hintergrund die Fäden bzw. tritt gelegentlich auch als Co-Anmelder der Märsche auf. Die eigentlichen Anmelder sind meist ganz offensichtliche Strohmänner, die nicht in der Lage sind eigenständig eine Versammlung zu führen. Aufgrund des dominierenden Charakters der Partei DIE.RECHTE und ihrer Sympathisant*innen war bei den bisherigen Aufzügen der Initiative „Burg gegen Asylmissbrauch“ ein Unterschied zu gewöhnlichen Neonaziaufmärschen nicht erkennbar.
Bisher durchgeführte Versammlungen:
08.11.2015, Burg bei Magdeburg, Marsch, 100 Teilnehmer*innen
19.12.2015, Burg bei Magdeburg, Marsch, 130 Teilnehmer*innen
31.01.2015, Burg bei Magdeburg, Marsch, 170 Teilnehmer*innen
„Zukunft Heimat“
Die Vereinigung „Zukunft Heimat“ fällt seit Herbst vergangenen Jahres durch eigene Versammlungen in den brandenburgischen Landkreisen Dahme-Spreewald und Oberspreewald-Lausitz auf. Sie hat sich aus der Bürgerinitiative „Pro Zützen“ entwickelt und präsentierte sich zunächst betont bürgerlich. Mit der Gründung des Vereins „Zukunft Heimat“ hat sich jedoch auch der Ausdruck radikalisiert und orientiert sich an die Propaganda der „Identitären Bewegung“ sowie der „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“. Letztere Gruppierung, die auch als „Spreelichter“ bekannt war, wurde inzwischen durch das Land Brandenburg verboten. Bekannte Gesichter dieser verbotenen Vereinigung sind jedoch immer wieder auf den Versammlungen von „Zukunft Heimat“ anzutreffen. Das Design des Web-Auftritts sowie andere Propagandamittel von „Zukunft Heimat“ tragen zu dem die Handschrift von Marcel Forstmeier, dem ehemaligen Chef der „Spreelichter“. Er selber wurde auch schon am Rande eines Aufmarsch von „Zukunft Heimat“ gesehen.
Bisher durchgeführte Versammlungen:
31.10.2015, Lübbenau, Marsch, 700 Teilnehmer*innen
05.12.2015, Lübben, Marsch, 500 Teilnehmer*innen
23.01.2016, Lübbenau, Marsch, 900 Teilnehmer*innen (Veranstalterangaben)
20.02.2016, Lübben, Marsch, 400 Teilnehmer*innen
Der Verein Opferperspektive e.V. zählt für das Jahr 2015 in Brandenburg 203 rechte Angriffe und muss damit das höchste Angriffsniveau seit 15 Jahren vermelden. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die rechten Gewalttaten damit um 120 % an.
Vor allem rassistisch motivierte Angriffe – insbesondere gegen Geflüchtete –nahmen weiter besorgniserregend zu und machten 67 % aller Taten aus. Vor diesem Hintergrund fordert die Opferperspektive klare Positionen gegen Rassismus und wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz von Geflüchteten.
„Die Anzahl und Intensität rechter und rassistischer Taten haben ein Ausmaß angenommen, das uns an die 1990er erinnert. Die Situation für Geflüchtete und Migrant_innen muss in Brandenburg als gefährlich bezeichnet werden. Für viele ist es Alltag, bedroht, beleidigt und angegriffen zu werden. Wir befürchten im Angesicht der sich weiterhin verschärfenden rassistischen Hetze, dass diese bedrohliche Welle rechter Gewalt auch in absehbarer Zeit nicht abebben wird“, fasst Ingmar Pech von der Gewaltopferberatung die Brisanz der Lage zusammen.
Nach Kenntnis der Beratungsstelle richtete sich die rechte Gewalt gegen mindestens 706 Personen (415 direkt und 291 indirekt Betroffene). 138 Gewalttaten waren rassistisch motiviert, 36 Taten wurden aus Hass gegen politische Gegner_innen verübt, 9 richteten sich gegen nicht-rechte Personen, je 4 waren sozialdarwinistisch bzw. antisemitisch motiviert. Zwei Mal wurden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung angriffen und einmal ein Menschen mit Behinderung. Körperverletzungen machten zwei Drittel aller Taten aus, davon 61 einfache und 76 gefährliche, und es wurden 30 Bedrohungen, 19 Sachbeschädigungen und 10 Brandstiftungen verübt. Weiterhin geht die Opferperspektive von einem hohen Dunkelfeld aus, vor allem bei Angriffen gegen Geflüchtete.
Die meisten rechten Angriffe fanden in Cottbus (28) und im Landkreis Spree-Neiße (29) statt, gefolgt von den Landkreisen Oberhavel (17), Uckermark (16) und Ostprignitz-Ruppin (16). Insbesondere in Cottbus korrespondierte der Anstieg rechter Gewalt im letzten Quartal des Jahres eindeutig mit der zeitgleichen Zunahme von rassistischen Protesten – so wurden allein am 23. Oktober im Anschluss an einen rassistischen Aufmarsch sieben Angriffe verübt.
Die Hemmschwelle zur Gewalt ist deutlich gesunken und Täter_innen greifen oft spontan und bei Gelegenheit an. Besorgniserregend ist nach Sicht der Opferperspektive die gestiegene Brutalität der Angriffe wie zum Beispiel in Finsterwalde, wo Geflüchtete in der Nähe der GU aus einem Auto heraus beschossen wurden, sowie die Zunahme von Brand- und Sprengstoffanschlägen und von planvolleren Anschlägen wie der Brandanschlag auf eine zukünftige Unterkunft für Geflüchtete in Nauen oder die massive Pefferspray-Attacke auf Geflüchtete in der GU in Massow. Außerdem rückten verstärkt Menschen, die Geflüchtete unterstützen, sowie Journalist_innen und Politiker_innen in den Fokus der Täter_innen.
Diegesellschaftliche Resonanz für rassistische Positionen und für die Mobilisierung gegen Geflüchtete hat sich spürbar vergrößert und stellt nach Einschätzung der Opferperspektive den Nährboden für die eskalierende rechte Gewalt dar. Doch auch Politiker_innen der demokratischen Parteien tragen zu der Verschärfung des rassistischen Klimas bei, wenn sie Geflüchtete und ihre Fluchtgründe delegitimieren und den Zuzug von Schutzsuchenden als Krise inszenieren. Rassistisch eingestellte Durchschnittsbürger_innen fühlen sich dadurch in ihrer Menschenverachtung bestärkt und setzen so ihren Rassismus auch in Gewalt um.
„Die rassistische Hetze hat in den sozialen Medien und bei den Kundgebungen ein beängstigendes Aggressionspotenzial angenommen. Die massive Zunahme der Angriffe verweist auf eine gefährliche Normalisierung rechter Gewalt. Dringend braucht es konkrete und vor allem wirkungsvolle Interventionen auf allen Ebenen, um diese Entwicklung zu stoppen. Wir erwarten daher von den politisch Verantwortlichen in Brandenburg, dass sie der rassistischen Stimmung mit allen Mitteln entgegenwirken und klare solidarische Signale für die Aufnahme, den Schutz und die Integration von geflüchteten Menschen setzen“, streicht Ingmar Pech von der Opferperspektive die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen hervor.