Auch in diesem Jahr wollen wir am 9.11. an die Novemberrevolution 1918 erinnern und den Opfern der Reichspogromnacht 1938 gedenken. Gerade in Zeiten, in denen Neonazis wieder in den Bundestag einziehen und massive faschistische Gewalt weiterhin Menschen bedroht, dürfen wir nicht vergessen. Wir tragen Verantwortung für das, was hier und jetzt passiert! Kommt mit uns am 9. November 2017 um 19:00 Uhr zum Platz der Einheit an das Mahnmal für die Opfer des Faschismus!
Erinnern heißt kämpfen!
Monat: Oktober 2017
Bald ist es soweit – der Turmbau zu Bab…äh Potsdam soll beginnen. Dies wollen wir nicht unkommentiert geschehen lassen.
Die Garnisonkirche wurde vom Soldatenkönig „Friedrich Wilhelm I.“ in Auftrag gegeben und am 17.August 1732 eingeweiht. Im Laufe der Jahre wurden hier Soldaten für den Krieg geehrt und Trophäen, die während der Kriege erobert wurden, ausgestellt.
Es war ein Symbol preußischer Herrschaft. Während die Menschen damals unter erbärmlichsten Bedinungen leben mussten, oft hungerten und für militärische Abenteuer ihrer despotischen Herrschenden in die Armee geprügelt wurden, ließen sich die Monarchen prunkvolle Paläste und eben auch Kirchen in der Residenzstadt Potsdam erbauen.
Zur Zeit der Weimarer Republik wurde die Kirche aufgrund ihrer militaristischen preußisch-deutschen Ausrichtung häufig von Nationalisten und ihren Wehrverbänden für ihre Aktivitäten genutzt, bis der Tag von Potsdam die rechte Aufladung der Kirche auf die Spitze trieb. Hitler wählte die Garnisonkirche aus, um hier am 21.3.1933 seine Machtübernahme zu inszenieren. Auch die sogenannten Widerstandskämpfer und Hitlerattentäter vom 20. Juli 1944 trafen sich in der Garnisonkirche. Diese heute als Beispiele des Antifaschismus verehrten Christen der Garnisonkirche haben den Überfall auf die Sowjetunion geplant und durchgeführt. Sie beteiligten sich am Massenmord, der Mithilfe der Wehrmacht in ganz Europa organisiert wurde oder duldeten diesen zumindest. Erst als sich eine militärische Niederlage abzeichnete, wollten sie Hitler beseitigen. Eher ein Beispiel für Mitläufertum und moralischer Beliebigkeit, insofern aber ganz passend für die Geschichte dieser Kirche, denn genau das wurde in ihr gepredigt.
Somit wurde die Garnisonkirche für alle progressiven Kräfte zum Symbol für Militarismus, Preußentum und Nationalsozialismus. Wie kaum ein anderer Ort in Potsdam verdeutlichte es die Tradition alles Reaktionären. Es ist ein Skandal, diese wieder aufzubauen, nachdem sie vom Krieg zerstört und die Ruine zu DDR-Zeiten gesprengt wurde. In Deutschland – dem Land der Täter_innen – dieses Symbol wieder zu errichten, welches mit seinem 88 Meter hohem Turm das neue „Wahrzeichen von Potsdam“ werden und als „Versöhnungszentrum“ fungieren soll, ist eine eindeutiges Zeichen städtebaulicher Revision. Die Geschichte – vor allem die der Nazizeit – hat in Potsdam Baulücken hinterlassen. Ein deutliches Ergebnis der deutschen Täterschaft!
Nun soll also versöhnt werden. Mit was eigentlich? Mit der Nazi-Vergangenheit? Mit dem alten Preußen? Mit der Verquickung von Staat und Kirche? Nein, danke! Wie geschichtsvergessen und naiv müssen die Menschen sein, die solch ein Gebäude, dass ja nicht mehr steht, als Symbol von Versöhnung wieder aufzubauen. Da könnte ja auch ein Schlachthaus als Symbol für Tierrechte stehen oder eine königliches Schloss als Symbol der parlamentarischen Demokratie, zumindest letztes hat Potsdam ja bereits.
Auch ein weiteres Narrativ dieser Versöhnung, Nationalsozialismus und DDR in einen Topf zu werfen, lehnen wir strikt ab. Wir finden auch die Geschichte der DDR sehr bedenklich und erinnerungswürdig. Diese aber quasi gleich zu setzen mit der systematischen Ermordung von mehr als 6 Millionen Jüd_innen und anderen erklärten Feind_innen der Barbarei relativiert die Schande der Nazis. Von der Stiftung Garnisonkirche wird die Sprengung der Kirche durch die DDR viel stärker thematisiert als die Machtübernahme Hitlers, was völlig unverhältnismäßig ist und von einem katastrophalen Geschichtsverständnis zeugt. Die Kirche wieder aufzubauen und sie „Friedens- und Versöhnungszentrum“ zu nennen, ist reiner Hohn.
Gerade in Zeiten, in denen sich große Teile der Bevölkerung offen für rechte bis rechtsextreme Hetze zeigen, darf ein Ort wie dieser unter keinen Umständen wieder errichtet werden. Es ist eine Schande für Potsdam!
Das Argument, es sei ja „schön, altes wieder neu aufzubauen“, ist angesichts der historischen Ereignisse mehr als lächerlich und unverantwortungsvoll. Besonders, wenn wenige Reiche behaupten, Potsdam lebe davon, dass es schön sei, zeigt, wie wenig sie die (soziale) Realität dieser Stadt kennen. Die Umgestaltung Potsdams zu einem preußischen Disneyland, in dem bezahlbarer Wohnraum wenn überhaupt am Stadtrand noch möglich ist, hat nichts mit sozialer Stadtpolitik zu tun. Der Abriss der Fachhochschule, die auch ein historisches Gebäude ist und einen öffentlichen Raum für Kunst, Kultur, Sport und Politik in der Innenstadt darstellen könnte, ist ein weiteres Beispiel der verklärten Stadtpolitik, die völlig an den Bedürfnissen der meisten Bewohner_innen vorbei geht.
Der Bund beiteiligt sich mittlerweile am Wiederaufbau, Bundespräsident Steinmeier ist Schirmherr des Projekts. Es ist also anscheinend von nationaler Bedeutung, dieses Schandmal der deutschen Geschichte wieder neu aufzubauen.
Es gibt noch nicht mal Erinnerungsstätten für alle deutschen Vernichtungslager in Osteuropa. Dem wird offensichtlich nicht die gleiche nationale Bedeutung beigemessen. Während sich diese Garnisonkirche nämlich dank ihrer protzenden Schönheit wunderbar ins kitschige Stadtbild einfügt, sind die Orte der Verbrechen wirkliche Stachel der Erinnerung. Wer Preußens Glanz und Gloria wieder aufbaut, will aber nicht erinnern, sondern umdeuten.
Willkommen in der deutschen Realität!
AfD-Seminar mit Neonazi-Referent
INFORIOT Dank ihrer Wahlerfolge wird die Bundes-AfD bald eine parteinahe Stiftung einrichten und dafür Staatsgelder in Anspruch nehmen können. Etliche AfD-Leute wollen dabei sein, wenn eine solche, auch finanziell lukrative Stiftung etabliert wird. Dementsprechend gibt es Streit: Gleich drei AfD-Vereine liegen miteinander im Clinch und beanspruchen jeweils den Stiftungsstatus für sich.
AfD-Stiftungsverein mit Räumen in Falkensee
Neben der “Desiderius-Erasmus-Stiftung” gilt insbesondere die “Akademische Erasmusstiftung” mit Adresse in Falkensee als aussichtsreiche Kandidatin. Über die Gründung, die im Juni 2017 in Berlin erfolgte, informierte die Stiftung, die als Sitz Potsdam angibt, erst im September. Vorstandsvorsitzende ist Victoria Tuschik, Justiziarin der AfD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt. Als Schatzmeister fungiert der brandenburgische AfD-Landstagsabgeordnete Rainer van Raemdonck. Als brandenburgische Vorstandsbeisitzer werden der AfD-Landtagsabgeordnete Thomas Jung sowie Lena Duggen genannt.
Eine “Erasmus-Stiftung Brandenburg”, offenkundig als Untergliederung konzipiert, gründete sich bereits im Juli 2017. Hier ist van Raemdonck Vorstandsvorsitzender. Als Anschrift dient dieselbe Adresse in Falkensee wie die der bundesweiten “Akademischen Erasmusstiftung” — bei Google wird diese Adresse als Ferienwohnung von van Raemdonck ausgewiesen. Ehrenvorsitzender ist Konrad Adam. Verschiedene brandenburgische AfD-PolitikerInnen haben weitere Funktionen inne: Lena Duggen ist “Generalsekretärin”, stellvertretende Vorsitzende sind Franz Wiese und Detlev Frye.
Extremismusexperten und liberale Geister
Die Stiftung will entsprechend der eigenen Überzeugungen auf die politische Bildung in Brandenburg Einfluss nehmen — man sei “liberal und konservative”. Über den Stiftungs-Namensgeber wird geschrieben: “Erasmus war ein Gegner von Dogmen und ein Anwalt der Freiheit. Er war ein Mann, der in wirren Zeiten einen klaren Kopf behielt; den brauchen wir auch.”
An der Stiftungsadresse in Falkensee soll offenbar Infrastruktur aufgebaut werden. Derzeit wird dort ein “Geschäftsstellenmanager” in Vollzeit gesucht. Auch “Referenten auf Honorarbasis” sollen sich melden. Als mögliche Themenfelder werden beispielsweise vorgeschlagen: “Islam (Gefahr für die Nicht-Islamischen-Länder), Koransuren, Scharia in Deutschland u.a.)” sowie “Extremismus in Brandenburg”.
Einige Veranstaltungen hat die brandenburgische AfD-Stiftung bereits realisiert. Der “Linksextremismus- und Islamexperte Steffen Kotre” — mittlerweile über die Brandenburger Landesliste gewählter Bundestagsabgeordneter — referierte am 20. April über das Thema “Gehört der Islam zu Deutschland”. Bei einer Fachtagung beleuchtete ein James Edward Gay unter dem Motto “Great Again” den “Einfluss von Donald Trump auf die Politik in Brandenburg”. Bei einem “Human Rights Congress” Anfang Oktober sprach dann der emeritierte Staatsrechtler und neurechte Aktivist Karl Albrecht Schachtschneider — ein Intimus der rechtsradikalen Publizisten Götz Kubitschek und Jürgen Elsässer und gewohnheitsmäßiger Einreicher von Verfassungsbeschwerden. Über die Veranstaltung wurde auf der Internetseite der Bundesstiftung berichtet und als Austragungsort das “Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte” in Potsdam benannt.
Seminar mit rechtsextremem Referenten
Besonders eine Veranstaltung vom 21. September illustriert, mit welchen “liberalen und konservativen” Inhalten bei einer AfD-Stiftung zu rechnen ist. In den Räumen der Stiftung in Falkensee hielt der Diplompolitologe Michael Schäfer ein Seminar über “Wahlrecht in Deutschland (Wahlbeobachtung)” ab. Der gleiche Referent redete zum Thema Wahlbeobachtung genau in diesem Zeitraum bei mehreren Veranstaltungen für eine entsprechende Kampagne der rechtsradikalen Organisation “EinProzent”. Grundgedanke war das Hirngespinst, das bei den Bundestagswahlen mit einem massiven, von oben gestreuerten Wahlbetrug zuungunsten der AfD zu rechnen sei.
Zur AfD und ihrer Parteistiftung mag deren Referent Michael Schäfer passen, es darf aber getrost infrage gestellt werden, dass er ein liberaler Geist und ein “Anwalt der Freiheit” ist: Der Mann war bis vor kurzem knallharter Neonazi und ist weiterhin in rechtsextremen Kreisen unterwegs. 2015 teilte er mit, kein Mitglied einer politischen Partei mehr zu sein. Vorher war er langjähriger Funktionär der NPD und unter anderem von 2007 bis 2012 Bundesvorsitzender der besonders militanten NPD-Jugendorganisation “Junge Nationaldemokraten”. Noch im April 2017 besuchte er einen Faschistenkongress in Italien.
Die Kanzlei von MAIK BUNZEL, einem jungen Rechtsanwalt, befindet sich im brandenburgischen Cottbus. Auf einer Homepage wird für seine Expertise im Straf- und Verkehrsrecht geworben. In einem kurz gefassten Lebenslauf wird unter anderem auf seine einjährige Tätigkeit als Richter am Amtsgericht im oberfränkischen Lichtenfels hingewiesen. Wie konnte es dazu kommen, dass ein Neonazi ein Jahr lang ungestört als Richter in Oberfranken arbeitete?
Ein bayerischer Richter mit Rechtsrock-Vergangenheit und guten Kontakten zur Neonazi-Szene
MAIK BUNZEL verlegte im Oktober 2013 seinen Erstwohnsitz nach Bayern, und zwar ins oberfränkische Mainleus. Von da an arbeitete er als Amtsrichter in Lichtenfels, zuständig vor allem für Zivilstreitigkeiten. Am 26. Februar 2014 teilte der brandenburgische Verfassungsschutz, der den Umzug BUNZELS offensichtlich registriert hatte, dem bayerischen Verfassungsschutz seine Erkenntnisse über die extrem rechte Karriere des Mannes mit. Die bayerische Polizei wurde seitens des Polizeipräsidiums Eberswalde ebenfalls entsprechend informiert. BUNZEL landete somit in den entsprechenden Staatsschutz-Dateien.
In der geheimdienstlichen „Erkenntnismitteilung“ aus Brandenburg wurden BUNZELS Aktivitäten in der extrem rechten Szene beschrieben: Seine Mitgliedschaft in der mittlerweile verbotenen neonazistischen WIDERSTANDSBEWEGUNG SÜDBRANDENBURG, seine „Kontakte in die nationale und internationale rechtsextreme Szene“. Mit seiner Band HASSGESANG war er auf verschiedenen neonazistischen Schulhof-CDs vertreten gewesen. Entsprechende extrem rechte Tonträger seien im Juni 2007 in Wunsiedel sowie in Cham, im September 2009 in Kronach sowie im Februar 2013 in Hösbach verteilt worden.
In Brandenburg war die Nazi-Band HASSGESANG mit ihrem Frontmann MAIK BUNZEL den Behörden wohl bekannt. Entsprechende Einträge finden sich in den dortigen Verfassungsschutz-Berichten von 2006 bis 2013. Gegen „den Urheber“ der Hassgesang-CD „Bis zum letzten Tropfen Blut“ ist im Jahr 2008 ein Urteil des Amtsgerichts Cottbus wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten und Volksverhetzung in Höhe einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen ergangen. Dazu passt: Noch im Jahr 2013 wurde die „Hassgesang“-CD „Generation, die sich wehrt“ in den Teil A der Indizierungs-Liste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien aufgenommen.
Der bayerische Verfassungsschutz fand nichts heraus, obwohl der volle Name seit Oktober 2013 im Internet stand
Von einem Jurastudium und einer entsprechenden Karriere BUNZELS im Justizsektor war in der „Erkenntnismitteilung“ aus Brandenburg angeblich nicht die Rede. Der bayerische Innengeheimdienst habe nun nach neonazistischen Aktivitäten BUNZELS in Bayern recherchiert, habe jedoch nichts gefunden, so der bayerische Innenminister Herrmann.
Im Juni 2014 half dann der Zufall: BUNZEL wurde als Zeuge zu einem Diebstahl in einem Fitnessstudio vernommen. Hierbei habe er seinen Beruf – Richter – genannt. Der polizeiliche Staatsschutz brauchte jedoch trotz einer Trefferanzeige im polizeiinternen Datensystem noch weitere drei Monate, bis die Erkenntnis reifte, dass es sich bei BUNZEL um einen Mann mit neonazistischer Vorgeschichte im Richteramt handelte. Die Folgen – der freiwillige Rücktritt des rechten Richters und die Entlassung im Oktober 2014 – sind bekannt.
Pikant ist, dass der volle Name von MAIK BUNZEL in Kombination mit seiner Tätigkeit als Richter seit dem 30. Oktober 2013 im Internet stand. Laut MdL Ulrike Gote habe BUNZEL während seiner Zeit als Amtsrichter zudem unter seinem Namen eine Facebook-Seite für seine Nazi-Band HASSGESANG betrieben. Eine simple Internet-Recherche hätte also genügt, um Neonazi BUNZEL und Richter BUNZEL zu kombinieren.
Epilog: Die weitere Karriere des Rechts-Anwalts
Auf der Facebook-Seite der Brandenburger Rechtsanwalts-Kanzlei BUNZELS findet man neben Beiträgen zu verschiedenen Rechtsfragen einen lobenden Kommentar von PHILIPP HASSELBACH: „Danke für diese gute Zusammenfassung“. HASSELBACH ist seit langem aktiver Neonazi. Am 7. August 2016 teilte BUNZEL einen Facebook-Beitrag der Rechtsanwaltskanzlei STEFFEN W. HAMMER („Bundesgerichtshof hebt Urteil des Landgerichts Stuttgart im AN Göppingen-Verfahren auf“). Die
AUTONOMEN NATIONALISTEN GÖPPINGEN sind Neonazis. Anwalt STEFFEN HAMMER war Leadsänger der Rechtsrock-Band NOIE WERTE, deren Songs eine frühe Version der Bekenner-CD des NATIONALSOZIALISTISCHEN UNTERGRUNDES untermalten. Er gilt als Szene-Anwalt.
Neben der Niederlassung in seiner Cottbuser Kanzlei bemühte sich BUNZEL auch um einen guten Abschluss seiner akademischen Karriere. Dies gelang schließlich mit der Promotion an der Universität Greifswald. Der dortige Jura-Professor RALPH WEBER hatte offensichtlich trotz öffentlicher Proteste kein Problem mit seinem Zögling, sitzt seit September 2016 für die AFD im mecklenburgvorpommerschen Landesparlament und gilt selbst innerhalb dieser Partei als Rechtsaußen.
Wie wird die berufliche Laufbahn BUNZELS nach seiner vergleichsweise ungestörten Zeit in Bayern weitergehen? Einiges deutet auf eine Karriere als Szene-Anwalt hin: BUNZEL landete erneut in den Schlagzeilen, als er einen der Stammverteidiger des Neonazis RALF WOHLLEBEN im Münchner NSUProzess
vertrat. Zudem war er zeitweise als Vertretung im so genannten Ballstädt-Prozess tätig, in dem gegen vierzehn Männer und eine Frau aus der rechten Szene verhandelt wurde, die im Februar 2014 eine Kirmesgesellschaft u?berfallen und dabei zehn Menschen zum Teil schwer verletzt haben sollen.
Der Artikel erschien 2017 in der Broschüre “Braune Soße aus Nordbayern”. Bestellungen können an argument e.V. gerichtet werden.
Am Dienstag, den 10.10.2017, gegen 10 Uhr wurden zwei somalische Männer mit dunkler Hautfarbe am Bahnhof Eberswalde auf dem Bahnsteig von zwei Polizist*innen ohne ersichtlichen Anlass kontrolliert, neben ihnen laufende Menschen mit “weißer” Hautfarbe wurden nicht kontrolliert.
Die beiden Betroffenen wurden von den Polizist*innen unfreundlich, herablassend und aggressiv behandelt. Sie mussten sich ausweisen, wurden abgetastet, ihre Taschen und Rucksäcke wurden durchsucht und sie wurden mit einer Videokamera gefilmt. Obwohl die Betroffenen nach dem Grund für die Kontrollen fragten, gaben die Polizist*innen darauf keine Antwort.
Mit „Racial Profiling“ wird die Methode bezeichnet, das Erscheinungsbild – also etwa Hautfarbe oder Gesichtszüge – einer Person als Entscheidungsgrundlage für polizeiliche Maßnahmen wie Personenkontrollen, Ermittlungen und Überwachungen heranzuziehen. Rechtlich dürfen Verdachtsmomente nur auf das Verhalten von Personen und auf objektive Beweise, nicht aber auf ihr Erscheinungsbild gestützt
werden. Im Jahr 2012 stufte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz “Racial Profiling” als illegal ein, weil es gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes verstoße.
Die „Initiative Barnim für alle“ fordert die Polizei auf, die diskriminierende Methode des „Racial Profiling“ in Zukunft nicht mehr anzuwenden. Außerdem sollte sich die Polizeileitung bei den Betroffenen für die erniedrigende Behandlung entschuldigen.
Sven Sch., Jahrgang 1978, ist ein brandenburgischer Neonazi und war Funktionär des militanten Blood-&-Honour-Netzwerkes. Er gab Informationen unter anderem an das brandenburgische Landeskriminalamt weiter und unterhielt ein enges Verhältnis zur Polizei. In der Neonaziszene wurde er in der Folge als Verräter gemieden. Er war vernetzt mit Neonazis aus Potsdam und Umgebung, die im Verdacht standen, an den Anschlägen der Nationalen Bewegung beteiligt gewesen zu sein.
Sven Sch. galt bis zum Verbot von Blood & Honour im Jahr 2000 als ein Anführer der Sektion Brandenburg und zudem als „Kassenwart“ der Dachorganisation Blood & Honour Deutschland. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung in Borkwalde (Potsdam-Mittelmark) wurde ein Sparbuch mit 73.000 D‑Mark sichergestellt – die „Kriegskasse“ von Blood & Honour Deutschland.
Sch. war im Jahr 2000 an der Verbreitung der illegal produzierten und konspirativ vertriebenen CD „Ran an den Feind“ der Neonazi-Band Landser beteiligt. Er hatte 500 CDs zum Weitervertrieb bestellt. Den Druck des Booklets dieser CD hatte der Verfassungsschutz-V-Mann Toni Stadler organisiert. Im gleichen Jahr war Sch. an der Arbeit für den „Brandenburg-Sampler“ von Blood & Honour mit Brandenburger und Berliner Neonazi-Bands beteiligt. Anfang 2000 war Sven Sch. zusammen mit Stefan Rietz und Dirk H., zwei weiteren Brandenburger Blood-&-Honour-Aktivisten auf dem Weg zu einem Neonazi-Konzert in Schweden festgenommen worden.
Sch. unterhielt ein enges Verhältnis zu Christian Kö., einem Neonazi und V‑Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes. Zeitweise war Sch. Mitbewohner von Kö.. Seit Anfang 2000, berichtete Kö. später, habe er zudem „verbotenes Zeug“, das Sch. gehörte, in seinem Keller „gebunkert“.
Im Rahmen des Verbotes von Blood & Honour wurde auch die Wohnung von Sch. durchsucht. Nach dem Verbot von Blood & Honour betrieb Sch. einen Versand für Neonazi-Kleidung und Musik, der den Namen Hatesounds (alternative Schreibweise: Hate Sounds) trug und in Werder (Havel) ein Postfach nutzte.
Unmittelbar nach dem Blood-&-Honour-Verbot fand in Annaburg (Landkreis Wittenberg) am 25. November 2000 ein Konzert statt, gegen das die Polizei vorging. Die Neonazis hinterließen in altdeutscher Schrift gesprühte Schriftzüge: „BH“ und darunter der Schriftzug „Hallo Otto [gemeint ist Innenminister Otto Schily], trotz Verbot sind wir nicht tot“. Die Organisation dieses Konzertes war über Werder (Havel) gelaufen.
Bei Hatesounds wurden unter anderem Alben der militanten US-Band Blue Eyed Devils und der Rostocker Gruppe Nordmacht veröffentlicht. An den Produktionen war teilweise Sch.s Partnerin Karolina W., eine polnische Neonazistin, beteiligt. Weil Sch. andere Neonazis mit Aussagen bei der Polizei belastet haben soll, wurden zwischenzeitlich Boykottaufrufe gegen Hatesounds verbreitet. Sch. setzte sich mit Stellungnahmen gegen diese „Lügen“ zur Wehr.
Im Februar 2001 wurde Sch. vom V‑Mann Christian Kö. telefonisch vor einer Razzia gewarnt, die sich gegen die brandenburgische Neonaziszene richtete und die maßgeblich auch Neonazis betraf, die wegen der Anschläge der Nationalen Bewegung verdächtigt wurden.
Bei der folgenden Durchsuchung bei Sch. wurden zum Teil in Cornflakes-Schachteln versteckte Entwürfe von CDs gefunden, die sich in der Produktion befanden. Nach der Durchsuchung wurde seitens des Landeskriminalamts ein „guter Draht“ zu dem Neonazi aufgebaut. Insbesondere der Polizist Michael K. traf sich regelmäßig mit Sch.. Die beiden duzten einander und Sch. gab Informationen aus der Neonaziszene weiter. Diese Tipps gingen unter anderem in ein Verfahren gegen den Neonazi Bernd Peruch in Bayern und in ein Verfahren in Sachsen-Anhalt ein. Im Gegenzug beriet K. den Neonazi, wie dieser seinen Hatesounds-Katalog und seine CDs strafrechtlich „sauber“ halten könne. Bei einem Treffen an einer Tankstelle nannte Sch. dem Polizisten K. einen Neonazi, der nach seinen Informationen für die Taten der „Nationalen Bewegung“ verantwortlich gewesen sein soll. Auch mit dem Potsdamer Staatsschutz stand Sch. in Kontakt – mit einem Mitarbeiter traf er sich mindestens 16 Mal. Trotz dieser Zusammenarbeit wird von Seiten der Brandenburger Behörden betont, dass Sch. kein „offizieller“ V‑Mann der Polizei gewesen sei.
In einem Vermerk des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt hieß es dagegen, dass sich Sch. „aus der Konzert- Organisation und sonstigen strafrechtlich relevanten Aktivitäten zurückgezogen hat, seit er als Informant für das LKA Brandenburg geführt wird“. Im Jahr 2002 kursierte im Internet und in der Neonaziszene genau dieser Aktenteil.
In der Zeitschrift Der weiße Wolf wurde 2002 die folgende Notiz veröffentlicht: „Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen“. In der gleichen Ausgabe wurde Sch. unter der Überschrift „V‑Männer fliegen nach und nach auf!“ als Verräter geoutet. Kurz darauf zog sich Sch. zurück.
Vor nunmehr drei Jahrzehnten gründeten sich die ersten unabhängigen Antifa-Gruppen in der DDR. Nach dem Angriff von Neonazis auf ein Punk-Konzert in der Berliner Zionskirche und angesichts eines zunehmenden Rassismus war ihr erklärtes Ziel, die Gesellschaft wachzurütteln und Selbstverteidigung zu organisieren. Somit entstand in der ausgehenden DDR eine eigenständige antifaschistische Bewegung, deren spezifisches Profil allerdings nach 1989/90 schrittweise verblasste. Die persönlichen Erfahrungen sowie politischen Denk- und Handlungsweisen der damaligen Aktivist*innen gerieten angesichts von Generationsbrüchen und wechselnden Strömungen innerhalb der Bewegung in Vergessenheit. Damit verbunden war und ist einerseits eine stetige Entwicklungsschleife der Herausbildung und Auflösung antifaschistischer Zusammenhänge in Ostdeutschland.
Andererseits war die Deutung darüber was unabhängige Antifa meint oftmals aus westdeutschen Blickwinkeln geprägt. Im Ergebnis ist Wissen verloren gegangen und sind Lernprozesse zwischen den Generationen abgebrochen. Aus diesem Anlass geht es auf der Tagung darum, Brücken zwischen den Generationen zu schlagen und voneinander zu lernen. In Anschluss an den im Mai 2017 erschienen Sammelband „30 Jahre Antifa in Ostdeutschland – Perspektiven auf eine eigenständige Bewegung“ wollen wir uns über persönliche und politische Erfahrungen, Entwicklungen und Probleme austauschen, sowie verblasstes Wissen erinnern, weitergeben und in die heutige Zeit übertragen. Und zwar mit dem Ziel, sowohl die eigene Bewegungsgeschichte zu diskutieren als auch das Wissen aus den vergangenen drei Jahrzehnten für heutige Aktivist*innen nutzbar zu machen.
Programm
Auf dem Programm stehen unter anderem folgende Themen: Neonazis und Rassismus in der DDR und Gegenwart, das Spannungsfeld von militanter Selbstverteidigung und staatlicher Repression sowie die Bedeutung besetzter Häuser als antifaschistische Orte damals und heute. Außerdem ein Rückblick auf die Pogrome von Hoyerswerda 1991 bis Heidenau 2015, der Antifa- und Antira-Widerstand dagegen und das Gedenken danach. Weiterhin fragen wir danach, was Antifa eigentlich heißt, welche Anlässe Aktivist*innen hatten, sich politisch zu engagieren und umgekehrt aufzuhören? Dabei geht es auch darum, wie die Gruppen ihre Aktionen organisierten, sich vernetzten und um das Verhältnis von Antifa in Ost-West und Stadt-Land. Zudem steht die Rolle von Frauen in der Bewegung und der Umgang mit Sexismus im Fokus. Nicht zuletzt wird der Umgang mit der eigenen linken und antifaschistischen Geschichte und Erinnerungspolitik beleuchtet.
Du und ihr seid daher herzlich eingeladen am 1. und 2. Dezember nach Potsdam zu kommen, um euch mit uns und andern Zeitzeug*innen, politischen Aktivist*innen und gesellschafskritischen Wissenschaftler*innen auszutauschen. Wir freuen uns auf dein und euer Kommen und Mittun.
» Direkt zum Programm: Hier klicken
Auftaktpodium zur Tagung
1. Dezember // 18.00 Uhr
Rechenzentrum // Dortustr. 46 Ecke Breite Str.
Arbeits- & Diskussionskreise
2. Dezember // 10.00 Uhr (ab 9 Uhr Frühstück)
Freiland-Gelände // Friedrich-Engels-Straße 22
Anmeldung und Kontakt
Wir bitten um Anmeldung zur Tagung.
Du kannst/Ihr könnte auch ohne Anmeldung kommen. Doch wir haben nicht unendlich Platz: Mit einer vorherige Anmeldung sicherst Du Dir/Ihr Euch zum einen verbindlich die Teilnahme, Essenversorgung und mögliche Schlafplätze. Zum anderen erleichterst Du/Ihr uns die Planung und Kalkulation.
Teilnahmebeitrag
Der Eintritt für die Freitagsveranstaltung ist frei.
Beitrag für Samstag (inkl. Vollverpflegung):
Ermäßigt: 8€
Normal: 15€
Förderbeitrag: 20€ +
» Direkt zur Anmeldung: Hier klicken
Internetseite: www.afa-ost.de
Twitter: twitter.com/antifa_ost
Facebook: facebook.com/events/529717947378335/
Material: Flyer vorn/ hinten, Plakat
Uwe Menzel ist ein 1974 geborener Potsdamer Neonazi, der seit den 1990er Jahren als Musiker in diversen Rechtsrockbands (u.a. Proissenheads, Uwocaust) tätig ist und eine Schlüsselfigur in der brandenburgischen Rechtsrockszene einnimmt. Seit Anfang der 1990er Jahre bewegt er sich in der neonazistischen Szene.
1993 gründete er die Band Proissenheads, in der er als Sänger fungierte und die eine der ersten brandenburgischen Rechtsrockbands war, die im Rahmen der „akzeptierenden Sozialarbeit“ einen Proberaum in einem städtischen Jugendclub nutzen konnte. Innerhalb weniger Jahre erspielte sich die Band einen hohen Bekanntheitsgrad in der Bundesrepublik, was auch die Vernetzung in andere Städte förderte. Gute, teils freundschaftliche Kontakte bestanden seit spätestens 1997 zu den sächsischen Blood-&-Honour-Führungsfiguren Jan Werner und Thomas Starke, also wichtigen Unterstützern des NSU-Trios. Menzel soll ein häufiger Gast bei Blood-&- Honour-Konzerten in Chemnitz und Umland gewesen sein. So war er über diese Verbindung auch in das finanziell ertragreiche transnationale Beziehungsgeflecht neonazistischer Musiknetzwerke eingebunden. Im April 1997 sollte in Buffalo (USA) ein Konzert mit verschiedenen Neonazi-Bands, unter anderem mit der US-Gruppe Blue Eyed Devils stattfinden. Dazu reiste eine Gruppe deutscher Neonazis an, zu der neben Andreas Graupner, Jens Schaarschmidt, Thomas Starke und auch Uwe Menzel gehörten. Diesem Besuch folgte ein Gegenbesuch. Im Sommer 1997 spielten die Proissenheads und die Blue Eyed Devils gemeinsam in Anklam. Ein Mitglied der Blue Eyed Devils, Wade Michael Page, erschoss 2012 in einem Sikh-Tempel sechs Menschen aus rassistischen Motiven.
Um die Band Proissenheads, die sich zeitweise einen Proberaum mit der Berliner Nazirockband Landser teilte, bildete sich ab Mitte der 1990er Jahre eine brandenburgische Sektion von Blood & Honour. Dass sie sich nicht nur auf die Vertonung rassistischer Rockmusik beschränkten, zeigte ihr sonstiger Aktionismus, der auf weite Vernetzung in das militante Lager und auf eine Mobilisierungsfähigkeit verweist und einmal mehr das Wechselverhältnis von neonazistischen Musiknetzwerken und gewalttätigen politischen Aktionen verdeutlicht. Im August 1998 mobilisierten Potsdamer Neonazis dazu, die wöchentlich abgehaltene Wachparade der preußischen Traditionsgruppe Lange Kerls in Potsdam gegen linke antimilitaristische Proteste zu schützen, die unter anderem von der Potsdamer Kampagne gegen Wehrpflicht organisiert wurden. Am 5. September 1998 gab es zum wiederholten Male eine telefonische Morddrohung gegen ein Mitglied der Kampagne gegen Wehrpflicht. Eine Fangschaltung führte zu der Wohnung einer Frau in Babelsberg, in der sich das Proissenheads-Mitglied Ilja Sch. regelmäßig aufhielt. Drohbriefe einer Potsdamer „Anti-Antifa“ gegen die Kampagne gegen Wehrpflicht, die im Dezember 1998 auftauchten, sind vermutlich aus dem gleichen Umfeld, da sich die Schreiben inhaltlich auf eine vorangegangene Schmähung Uwe Menzels beziehen. Bei einer folgenden Durchsuchung der Wohnung von Ilja Sch. wurde u.a. die Gründungserklärung einer Anti-Antifa Aktion Potsdam gefunden. Am 26. September 1998 tauchten erneut mehrere Neonazis aus Potsdam und Brandenburg bei der Lange-Kerls-Wachparade auf. Sie verübten Übergriffe auf linke Demonstrant*innen. Unter den anwesenden Neonazis war auch Carsten Szczepanski alias V‑Mann „Piatto“, der sich im Combat-18-T-Shirt präsentierte. Dieser hatte noch am Vorabend in Brandenburg an einem Treffen mit einem Musiker der Band Landser (vermutlich Christian Wenndorf) und britischen Neonazis teilgenommen. Bei den Briten handelte es sich Steve Sargent und Tony Williams, die zur National Socialist Movement (NSM) gehörten, aus deren Reihen sich David Copeland rekrutierte, der 1999 mehrere Nagelbombenanschläge verübte. Szczepanski und ein Teil der Potsdamer Neonazis, die am 26. September 1998 in Potsdam auftraten, besuchten am gleichen Abend ein von der sächsischen Sektion von Blood & Honour organisiertes Konzert im sächsischen Munzig, an dem „Piatto“ und Jan Werner sich darüber austauschten, dass Werners Waffensuche für das untergetauchte Neonazi-Trio noch nicht erfolgreich war.
Zwischen „Piatto“ und Menzel bestand offenbar eine Vertrauensbeziehung. Im Sommer 2000 wurde ein Repetiergewehr, das Carsten Szczepanski für Menzel besorgte, bei einer Hausdurchsuchung in Menzels Wohnung sichergestellt. Den Anlass für die Hausdurchsuchung gab ein von der Polizei mitgehörtes Telefonat, in dem es um eine Demonstration von Hausbesetzer*innen im Juli 2000 in Potsdam ging und Aussagen wie „alle Mann unter Waffen“ und „Horrorfestival“ austauschten. Bei der Durchsuchung fand das LKA auch ein Foto, auf dem Menzel mit einer Maschinenpistole posierte, die Waffe selbst war nicht in der Wohnung. Menzel übergab die Waffe der Polizei und gab an, diese in einem Depot im Wald gefunden zu haben, von dem er aber nicht wisse, wer dies angelegt habe. Ob und wie und mit welchen Ergebnissen die Polizei damals bezüglich dieses Waffendepots noch nachermittelt hat oder ob sich die „Sache“ mit Menzels bekundeten Unwissenheit tatsächlich erledigt hatte, ist bisher noch nicht öffentlich aufgeklärt.
Menzel verfügte auch über Kontakte zu Nick Greger, der an der rechtsterroristischen Gruppe National-Revolutionären Zellen (NRZ) beteiligt war, die im Jahr 2000 Rohrbombenanschläge plante. Wie sich die Kontakte zu Greger wirklich gestalteten ist allerdings unklar.
In der NSU-Untersuchungsausschusssitzung im brandenburgischen Landtag im Juni 2017 kamen erste Hinweise zur Beziehung zutage, die Menzel zur Nationalen Bewegung gehabt haben könnte: Der Potsdamer Neonazi Marcus Sch. äußerte am 1. Februar 2001 in einem vom Berliner LKA überwachten Telefonat gegenüber Uwe Menzel: „Gut ich wollt nur sagen, ich habe die Bombe gelegt. Und Nationale Bewegung hehehe“. Vermutlicher Hintergrund: Am 30. Januar 2001 las der Kabarettist Serdar Somuncu aus Hitlers Buch „Mein Kampf“. Am 30. und 31. Januar 2001 gingen im Namen der Nationalen Bewegung diesbezüglich an verschieden Stellen Schreiben mit folgendem Wortlaut ein:
„Am 30. Januar 2001, wird im Theaterhaus Am Alten Markt das Blut derer fließen, welche meinen, sich mit der Teilnahme an der Veranstaltung gegen den größten deutschen Kanzler schmücken zu können.“
Auffällig ist, dass im Zuge der Ermittlungen zur Nationalen Bewegung nicht gegen Menzel als Beschuldigter ermittelt wurde. Dieser Umstand wurde in der NSU-Untersuchungsausschusssitzung am 2. Juni 2017 an die geladenen Zeugen herangetragen, die jedoch keine Erklärung liefern konnten oder wollten. Ebenso wenig wurde geklärt, warum Menzel, trotzdem er sich auf der Liste der Verdächtigen und zu Durchsuchenden ganz oben befand, nicht zu jenen gehörte, die im Zeitraum Ermittlungen mit Hausdurchsuchungen bedacht wurden.
Menzel ist bis heute als Texter und Sänger in verschiedenen Neonazi-Bands aktiv, die die Idee von „White Power“ propagieren. Menzel, der sich heute auch „Uwocaust“ nennt, ist seit Jahren eine Szene-Größe. 2012 beteiligte er sich mit einem Song am Solidaritätssampler „Solidarität IV“ für den NSU-Angeklagten Ralf Wohlleben. Beim Neonazi-Konzert im Sommer 2017 in Themar trat „Uwocaust“ vor tausenden Neonazis auf.
Dass Menzel immer noch eine Ideologie artikuliert, die auch für den NSU richtungsweisend war, ist offensichtlich. Ebenso offensichtlich ist seine Nähe zu den maßgeblichen Unterstützern des NSU und dem neonazistischen Milieu in Chemnitz und Königs Wusterhausen. Was seine Rolle im Fall der Nationalen Bewegung angeht, nähren diverse Hinweise den Verdacht, das Menzel und sein damaliges Umfeld mit den Taten der Nationalen Bewegung mehr zu tun gehabt haben könnte, als bisher polizeilich aufgeklärt wurde.
In der Republik wird dieses Jahr “500 Jahre Luther” gefeiert. Allerdings finden sich Luthers Fundamentalismus und die Brutalität der Lutherschen Äußerungen, sein Juden- und Frauenhass und seine wahnhafte Apokalyptik nicht so recht im Marketingkonzept von Weltoffenheit, Toleranz und Friedfertigkeit wieder, welches zu diesem historischen Ereignis ermittelt werden soll.
Aus diesem Grund haben wir zum 31. Oktober, der dieses Jahr zum bundesweiten Feiertag zu Ehren Luthers gemacht wurde, mit Denis Moschito, Ruth Marie Kröger, Michael Kelle und Jörg Pohl ein ein hochkarätiges Schauspielerensemble nach Potsdam in den Spartacus eingeladen. Sie zeigen die szenische Lesung “Q”, die uns die Zeit des Renaissance-Humanismus und der Reformation aus einer – besonders im „Lutherjahr“ – ungewöhnlichen Perspektive erleben lässt.
Inszeniert wurde das Stück von Thomas Ebermann und Berthold Brunner. Wer die letzten Stücke von Thomas Ebermann im Spartacus erleben durfte, “Der Firmenhymnenhandel” und “Der Eindimensionale Mensch”, wird wissen, dass er es vortrefflich versteht einen Stoff zu inszenieren, welcher die Finger in die Wunder der Gegenwart legt.
1517 – 1555: Fast vierzig Jahre ist er, der so oft seinen Namen zu wechseln gezwungen ist, dabei. Keine fromme oder unfromme Ketzerei lässt er aus. Keinen Aufstand gegen die klerikale und fürstliche Macht verpasst er. Als Vertrauter Thomas Müntzers wird dessen Credo — «alles gehört allen» — auch zu seinem. Die Niederlage im Bauernkrieg (1525) lässt ihn als einen der wenigen Überlebenden zurück. Bei den Wiedertäufern trägt er die Verantwortung zur Verteidigung der Stadt Münster, aus der das neue Jerusalem werden soll. Er feiert mit, bei den ausgelassenen Festen der Siege; er wird Zeuge der Verwandlung revolutionärer Ambitionen in religiösen Wahn, beim Umschlag von Befreiung in Terror. Er wandert durch das «Europa der gescheiterten Aufstände», durch verlorene Schlachten und Niederlagen, die Verzweiflung erzeugen und Resignation nahelegen.
Wo immer er involviert ist, ist auch ein Zweiter zugegen. Unerkannt und zunächst nur als eine vage Ahnung. Der Spion der Kurie und Agent der Inquisition, der seine Briefe mit «Q» unterzeichnet, der dem Kardinal (und späterem Papst) Gianpetro Carafa nicht nur über die papstfeindlichen Machenschaften berichtet, sondern auch einwirkt, vielleicht sogar anwesend ist, vielleicht sogar alle Rebellion ins Unglück lenkt? Diesem Phantom zu begegnen, von Angesicht zu Angesicht, um die Opfer zu rächen, wird zur fixen Idee des Aufrührers …
Krimi und High Noon am Ende des Mittelalters!
Bearbeitet von Thomas Ebermann und Berthold Brunner.
Ensemble: u.a. Denis Moschito, Ruth Marie Kröger, Michael Kelle,Jörg Pohl
Das Werk des linken Kollektivs Luther Blissett, das sich heute Wu Ming nennt, war in Italien «die literarische Sensation der Saison» (Süddeutsche Zeitung). Es vermittle «eine Ahnung vom epochalen Drama jener Zeit» (FAZ). Das Anliegen der Autoren ist, «eine Art von Gegengeschichte zu erzählen, eine subversive Praxis des Geschichtenerzählens zu vollziehen.» (Literaturkritik.de)
Der in achtzehn Sprachen übersetzte Roman ist von Assoziation A wieder aufgelegt worden.
Ein Beitrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu 500 Jahre Reformation. Die Aufführung im Spartacus wird zusätzlich unterstützt vom AStA der Uni Potsdam.
Einen kurzen Einblick und einige Hintergrundinfos zu dem Stück direkt durch Schauspieler und Regisseur bekommen Sie hier: https://youtu.be/VLHW9Idb8hI
Fotos der Aufführung die gerne benutzt werden dürfen:
https://www.flickr.com/photos/rosalux/34849100712/in/album-72157681590596592
Ort: Spartacus Potsdam / freiLand Potsdam / Friedrich-Engels-Straße 22,
14473 Potsdam
Termin: 31.10.2017 || 19:30 Türen / 20:30 Uhr Beginn
Eintritt: VVK 7,70 € (ermäßigt) / 11,- € || Abendkasse: 8,-€ (ermäßigt) /
13,- €
VVK unter: https://www.tixforgigs.com/site/Pages/Shop/ShowEvent.aspx?ID=22243
Der Prozess um die Blockade eines Urantransportes gegen eine Kletteraktivistin vor dem Amtsgericht Potsdam wird am am 16. Oktober um 12:30 Uhr in Saal 21 fortgesetzt. Es wird mit dem Urteil an diesem Tag gerechnet, solidarische Unterstützung ist Willkommen!
Der 3. Prozesstag lief am 26.9. bis ca. 16 Uhr. Es wurden durch die Verteidigung zahlreiche Beweisanträge gestellt, die sowohl den Ablauf der Aktion als auch ihre Umstände und Hintergründe (Gefahren von Atomtransporten, Erkrankung von Arbeitern in der Anlage Narbonne Malvési, , etc.) betrafen. Die Richterin ordnete nach den ersten Anträgen das „Selbstleseverfahren“ an. Die Begründung der Anträge wurde nicht mehr verlesen. Damit die Verhandlung schneller voran kommt. Sie verkündete eine Pause von 30 Minuten um… die über 70 Seiten Anträge zu lesen und zu bescheiden. Über 2000 Worte pro Minute hätte sie lesen müssen. Nach einer Stunde verkündete sie dann einen Teil der Beschlüsse. Ein weiterer wird am 16. Oktober verkündet. Der überwiegende Teil der Beweisanträge wurde pauschal abgelehnt, als zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich. Ob die Richterin die Anträge wirklich gelesen hat, darf bezweifelt werden… sie hat ca. 15 Anträge innerhalb einer Stunde gelesen (?) und beschieden.
Richterin Ahle war zu Beginn der Verhandlung – für ihre Verhältnisse – einigermaßen entspannt, aber gegen Ende nicht mehr.
Sie wirkte unkonzentriert und genervt. Insbesondere als sie merkte, dass sie wegen diesem Prozess mal wieder erst spät Feierabend machen kann, wenn alle Kollegen längst fertig sind und die Putzkolonne anrückt. Sie ließ mal wieder ihre Frust auf die Betroffene ab. Obwohl ausgerechnet die Betroffene den größeren Aufwand mit 4‑stündiger Anreise (und 4 ‑stündiger Abreise) nach Potsdam hat – und es sich um ein Ordnungswidrigkeitsverfahren handelt. Richterin Ahle darf und kann jederzeit einstellen (Opportunitätsprinzip). Das will sie partout nicht machen, ihr Urteil steht schon fest.
Mit Bemerkungen à la „Wer hat die Anträge gestellt?“ und „Dann werden wir das nächste mal auch fertig“ setzte sie die Betroffene unter Druck.
Das Gericht muss der mittellosen Betroffenen eine Fahrkarte zur Verfügung stellen. Die ausgestellte Fahrkarte für die Rückfahrt am Dienstag war jedoch für eine Verbindung gültig, die eine Abfahrt vor 16 Uhr erforderlich gemacht hätte. Darauf angesprochen, schob Richterin Ahle die „Schuld“ auf die Betroffene, die mit ihren Anträgen den Prozess in die Länge ziehen würde: „Wer hat die ganzen Anträge gestellt?“ sagte sie. Für Richterin Ahle sind Angeklagten oder Betroffenen, die zur Verteidigung ihrer Rechtsposition die Mittel der Strafprozessordnung anwenden, wie das Recht Beweisanträge zu stellen, lästig. Das verhindert ein schnelles aburteilen. Abhilfe schaffte Richterin Ahle nicht, das sei nicht möglich, die Zahlstelle des Gerichtes habe schon zu. Sie forderte somit die Betroffene dazu auf, mit einer ungültigen Fahrkarte die Rückreise anzutreten!
Als sie den Fortsetzungstermin festlegte, zeigte sie sich sehr gereizt und erklärte, beim nächsten Termin fertig werden zu wollen. Worauf die Betroffene erklärte, das es möglicherweise auch so sein werde, sie aber nicht auf ihre prozessualen Rechte verzichten werde, sie werde sich das Unter-druck-setzen durch Richterin Ahle auch nicht gefallen lassen.
Fortsetzung am 16. Oktober!
Weitere Informationen:
- Prozessberichte: Ankündigung ; Tag 1 ; Tag 2
- Bildergalerie
- Video von Graswurzel.tv zur Aktion
- Aktionsbericht und Pressemitteilung von ROBIN WOOD
- Dossier von Cécile Lecomte über die Uranfabrik in Narbonne Malvési
- Hamburger Kampagne gegen Atomtransporte mit Hintergrundinformationen
- Bundesweite Vernetzung gegen Urantransporte mit Hintergrundinformationen
- Antirep-Seite