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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Dumpfer Rassismus im Kern – die Montagskundgebung des extrem rechten Bürgerbündnisses

Rathenow — Mit radikalen State­ments und neuen Fah­nen – betont in Schwarz-Weiß-Rot – set­zte sich am Mon­tagabend in Rathenow die Ver­anstal­tungsrei­he der extrem recht­en Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ fort.
Zu der sta­tionären Kundge­bung auf dem Märkischen Platz erschienen unge­fähr 30 Sym­pa­thisierende, 15 davon ver­sam­melten sich unmit­tel­bar vor der Bühne, 15 weit­ere saßen etwas dis­tanziert auf den Bänken nahe City Cen­ter sowie nahe Goethestraße.
Die Ver­samm­lung fand unter dem Ein­druck zweier Todes­fälle im Zusam­men­hang mit gewalt­täti­gen Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen Geflüchteten und deutschen Staats­bürg­ern in Chem­nitz (Sach­sen) und Köthen (Sach­sen-Anhalt) sowie anschließend ini­ti­iert­er „Trauer­märsche“ extrem rechter Organ­i­sa­tio­nen mit mehreren hun­dert bis mehreren tausend Teil­nehmenden statt.
Nach ein­er „Gedenkz­er­e­monie“, bei der zuvor aus­geteilte Grabkerzen entzün­det und Blu­men niedergelegt wur­den, hielt der Vere­insvor­sitzende Chris­t­ian Kaiser einen – ver­gle­ich­sweise – deut­lich radikaleren Rede­beitrag. Darin rief er zunächst sein „Volk“ zur Geschlossen­heit auf und ver­langte, dass das „eigene Ego immer sechs Schritte hin­ter der Sache“ zu ste­hen habe. „Nur gemein­sam“ sei „man stark“, „einzeln“ hinge­gen, so Kaiser, sei „man gar nichts“. Aus­drück­lich betont wurde, das in seinen Rei­hen „jed­er“ willkom­men wäre, egal ob er nur „AfD“, „Repub­likan­er“, „NPD“, ein­er „freien Bürg­er­be­we­gung“ oder gar „nie­man­den Ange­höre“. Anschließend rel­a­tivierte Kaiser die Gewalt in Chem­nitz, sprach von „Pogromen“ gegen Deutsche und bestritt Über­griffe auf „Aus­län­der“. Angst­mache und Zus­pitzung dürfte auch hin­ter sein­er dem State­ment zum Todes­fall in Köthen gesteckt haben. Ent­ge­gen der bere­its am Son­ntagabend ver­bre­it­eten Mel­dung der Staat­san­waltschaft, dass der dort Ver­stor­bene einem akuten Herzver­sagen erlag, behauptete Kaiser, dass der Tote erstochen wor­den sei und es sich bei der Tat um „einen bru­tal­en Mord“ handele.
Höhep­unkt der Het­ze des Bürg­er­bünd­nis-Chefs, der im fol­gen­den Zusam­men­hang offen­bar auch als Mit­glied der „Repub­likan­er“ sprach, war jedoch ein Zitat ein­er Rede seines Thüringer Parteigenossen David Köck­ert, die dieser am Son­ntag während des „Trauer­marsches“ in Köthen hielt. In dieser Rede wird zunächst fest­gestellt, dass es auf dem Plan­eten „8 Mil­liar­den Men­schen“ gäbe und davon nur noch „300–400 Mil­lio­nen weiße Men­schen“ seien, um dann daraus den Schluss zu ziehen, dass es mit der „Massenein­wan­derung“ einen „Rassenkampf“ in Europa gäbe. Kaisers Kom­men­tar dazu: „Ich finde er hat Recht damit!“. Das ist offen­er Rassismus.
Auch bei zwei anderen Red­nern war eine ras­sis­tis­che Moti­va­tion in den Beiträ­gen erkennbar. Ein­er ver­suchte sich mit einem „Gedicht“, in dem „Schwarz“ als neg­a­tiv, ang­ste­in­flößend dargestellt wurde. Ein weit­er­er Mann äußerte sich am „offe­nen Mikro­fon“ abw­er­tend gegenüber Men­schen mit dun­kler Hautfarbe.
Lediglich zwei Red­ner äußerten sich etwas abgeschwächter. Bei­de äußerten sich jedoch neg­a­tiv gegenüber Geflüchtete. Ein­er der Bei­den gab an, sel­ber in die Bun­desre­pub­lik immi­gri­ert zu sein und seit knapp zehn Jahren die deutsche Staats­bürg­er­schaft zu besitzen. Inwiefern der Mann, der seine Wurzeln im ehe­ma­li­gen Jugoslaw­ien verortete und – soweit bekan­nt – erst­mals beim „Bürg­er­bünd­nis“ auf­tauchte, sich jedoch weit­er­hin bei kün­fti­gen Ver­samm­lun­gen der „Bündler“ ein­bringt, bleibt jedoch offen. Während der let­zten Ver­samm­lung, am 27. August 2018, hat­te Bürg­er­bünd­nis-Chef Kaiser näm­lich noch in ein­er Rede getönt, dass es für ihn nur „Deutsche nach Abstam­mung“ gäbe, „Pass­deutsche“ hinge­gen nicht.
Fotos hier: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/albums/72157695374334330

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Dumpfer Rassismus im Kern

Rathenow — Mit radikalen State­ments und neuen Fah­nen – betont in Schwarz-Weiß-Rot – set­zte sich am Mon­tagabend in Rathenow die Ver­anstal­tungsrei­he der extrem recht­en Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ fort.
Zu der sta­tionären Kundge­bung auf dem Märkischen Platz erschienen unge­fähr 30 Sym­pa­thisierende, 15 davon ver­sam­melten sich unmit­tel­bar vor der Bühne, 15 weit­ere saßen etwas dis­tanziert auf den Bänken nahe City Cen­ter sowie nahe Goethestraße.
Die Ver­samm­lung fand unter dem Ein­druck zweier Todes­fälle im Zusam­men­hang mit gewalt­täti­gen Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen Geflüchteten und deutschen Staats­bürg­ern in Chem­nitz (Sach­sen) und Köthen (Sach­sen-Anhalt) sowie anschließend ini­ti­iert­er „Trauer­märsche“ extrem rechter Organ­i­sa­tio­nen mit mehreren hun­dert bis mehreren tausend Teil­nehmenden statt.
Nach ein­er „Gedenkz­er­e­monie“, bei der zuvor aus­geteilte Grabkerzen entzün­det und Blu­men niedergelegt wur­den, hielt der Vere­insvor­sitzende Chris­t­ian Kaiser einen – ver­gle­ich­sweise – deut­lich radikaleren Rede­beitrag. Darin rief er zunächst sein „Volk“ zur Geschlossen­heit auf und ver­langte, dass das „eigene Ego immer sechs Schritte hin­ter der Sache“ zu ste­hen habe. „Nur gemein­sam“ sei „man stark“, „einzeln“ hinge­gen, so Kaiser, sei „man gar nichts“. Aus­drück­lich betont wurde, das in seinen Rei­hen „jed­er“ willkom­men wäre, egal ob er nur „AfD“, „Repub­likan­er“, „NPD“, ein­er „freien Bürg­er­be­we­gung“ oder gar „nie­man­den Ange­höre“. Anschließend rel­a­tivierte Kaiser die Gewalt in Chem­nitz, sprach von „Pogromen“ gegen Deutsche und bestritt Über­griffe auf „Aus­län­der“. Angst­mache und Zus­pitzung dürfte auch hin­ter sein­er dem State­ment zum Todes­fall in Köthen gesteckt haben. Ent­ge­gen der bere­its am Son­ntagabend ver­bre­it­eten Mel­dung der Staat­san­waltschaft, dass der dort Ver­stor­bene einem akuten Herzver­sagen erlag, behauptete Kaiser, dass der Tote erstochen wor­den sei und es sich bei der Tat um „einen bru­tal­en Mord“ handele.
Höhep­unkt der Het­ze des Bürg­er­bünd­nis-Chefs, der im fol­gen­den Zusam­men­hang offen­bar auch als Mit­glied der „Repub­likan­er“ sprach, war jedoch ein Zitat ein­er Rede seines Thüringer Parteigenossen David Köck­ert, die dieser am Son­ntag während des „Trauer­marsches“ in Köthen hielt. In dieser Rede wird zunächst fest­gestellt, dass es auf dem Plan­eten „8 Mil­liar­den Men­schen“ gäbe und davon nur noch „300–400 Mil­lio­nen weiße Men­schen“ seien, um dann daraus den Schluss zu ziehen, dass es mit der „Massenein­wan­derung“ einen „Rassenkampf“ in Europa gäbe. Kaisers Kom­men­tar dazu: „Ich finde er hat Recht damit!“. Das ist offen­er Rassismus.
Auch bei zwei anderen Red­nern war eine ras­sis­tis­che Moti­va­tion in den Beiträ­gen erkennbar. Ein­er ver­suchte sich mit einem „Gedicht“, in dem „Schwarz“ als neg­a­tiv, ang­ste­in­flößend dargestellt wurde. Ein weit­er­er Mann äußerte sich am „offe­nen Mikro­fon“ abw­er­tend gegenüber Men­schen mit dun­kler Hautfarbe.
Lediglich zwei Red­ner äußerten sich etwas abgeschwächter. Bei­de äußerten sich jedoch neg­a­tiv gegenüber Geflüchtete. Ein­er der Bei­den gab an, sel­ber in die Bun­desre­pub­lik immi­gri­ert zu sein und seit knapp zehn Jahren die deutsche Staats­bürg­er­schaft zu besitzen. Inwiefern der Mann, der seine Wurzeln im ehe­ma­li­gen Jugoslaw­ien verortete und – soweit bekan­nt – erst­mals beim „Bürg­er­bünd­nis“ auf­tauchte, sich jedoch weit­er­hin bei kün­fti­gen Ver­samm­lun­gen der „Bündler“ ein­bringt, bleibt jedoch offen. Während der let­zten Ver­samm­lung, am 27. August 2018, hat­te Bürg­er­bünd­nis-Chef Kaiser näm­lich noch in ein­er Rede getönt, dass es für ihn nur „Deutsche nach Abstam­mung“ gäbe, „Pass­deutsche“ hinge­gen nicht.
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Antifaschismus Wohnen & Stadt

Keine großen Konfrontationen auf Stadtfest

Rathenow — Auf dem Rathenow­er Stadt­fest ist bish­er zu keinen größeren Kon­fronta­tion zwis­chen Per­so­n­en­grup­pen kom­men. Dies kann nach ein­er ersten Auswer­tung des gestri­gen Abends resümiert wer­den. Auch am Fre­itagabend wurde keine größeren Auseinan­der­set­zun­gen bekan­nt. Zu mehreren kurzen Polizeiein­sätzen, die sich gegen einzelne Per­so­n­en richteten, kam es ledig im Bere­ich der Jugend­bühne. Dort wur­den min­destens zwei – augen­schein­liche – Jugendliche in Polizeige­wahrsam genommen.
Rechte Szene wollte Sig­nal setzen
Im Vor­feld des Rathenow­er Stadt­festes hat­te es mehrere weitläu­fige Hin­weise gegeben, dass die rechte Szene ein Sig­nal set­zen wolle. Als Hin­ter­grund wird eine Auseinan­der­set­zung am Him­melfahrt­stag 2018 ange­se­hen. Dort kam es zu ein­er Schlägerei zwis­chen jugendlichen Geflüchteten auf der einen Seite und deutschen Män­nern, darunter Ange­hörige des neon­azis­tis­chen Milieus, auf der anderen Seite. Des Weit­eren soll die rechte Szene wegen der tödlichen Auseinan­der­set­zung in Chem­nitz zusät­zlich sen­si­bil­isiert sein.
Stadt und Polizei sollen jedoch auf alle eventuellen Sit­u­a­tio­nen vor­bere­it­et gewe­sen sein und zuvor ein Sicher­heit­skonzept ver­fasst haben. Tat­säch­lich war am Woch­enende Bere­itschaft­spolizei vor Ort und zusät­zlich auch noch pri­vate Secu­ri­ty im Einsatz.
Bere­ich Jugend­bühne unter Beobachtung
Da das Rathenow­er Stadt­fest am Fre­itag vor­wiegend auf dem über­wiegend umschlosse­nen und damit gut kon­trol­lier­baren Optik­parkgelände am Schwe­den­damm stat­tfand und dort bere­its im Vor­feld nicht mit größeren Auseinan­der­set­zun­gen zu rech­nen war, richtete sich das Haup­tau­gen­merk vor allem auf Sam­stag. An diesem Tag weit­ete sich die Fes­tiv­ität bis in den Kern der Neustadt aus.
Sen­si­bel­ster Ort des Stadt­festes am Sam­stagabend war dann vor allem die Jugend­bühne auf dem August-Bebel-Platz. Unge­fähr 200–300 Men­schen hiel­ten sich dort zeitweise auf. Auf­grund ihrer weltof­fe­nen Aus­rich­tung war sie vor allem ein Anziehungspunkt für alter­na­tive Jugendliche sowie Geflüchtete und damit auch im Fokus der recht­en Szene.
46 Män­nern und Frauen des neon­azis­tis­chen Milieus fre­quen­tierten u.a. den Bere­ich Jugend­bühne. Diese trat­en allerd­ings nicht als geschlossen­er Block auf, son­dern wur­den als Kle­in­grup­pen von zwei bis zehn Per­so­n­en wahrgenom­men. Zudem waren die Neon­azis und ihre Bezugsper­so­n­en nur sehr vere­inzelt offen erkennbar. Lediglich drei Per­so­n­en tru­gen szene­typ­is­che Klei­dung (T‑Shirts von Recht­srock Bands). Vierzehn Neon­azis waren als gewalt­bere­it bekan­nt oder erkennbar, zwei davon saßen in der Ver­gan­gen­heit mehrfach wegen Gewalt­de­lik­ten im Gefängnis.
Mehrfache Polizeiein­sätze gegen Einzelpersonen
Die Polizei war mit mehreren Ein­satzkräften der Bere­itschaft­spolizei im Ein­satz. Gemäß Beobach­tung des Press­eser­vice Rathenow gab es im Bere­ich der Jugend­bühne drei Einsätze.
Der erste Ein­satz richtete sich gegen mehrere Jugendliche hin­ter einem Wohnge­bäude in der Berlin­er Straße. Die Polizei nahm anschließend von min­destens zwei Per­so­n­en Höhe Volks­bank die Per­son­alien auf. Ein Anlass der Auseinan­der­set­zung war nicht erkennbar, Ver­let­zte gab es offen­bar auch nicht.
Im zweit­en Fall hat­te ein Mitar­beit­er des Bier­standes die Polizei ange­fordert, weil mehrere erkennbare Sym­pa­thisierende der recht­en Szene auf­fäl­lig wur­den. Der Polizeiein­satz endete aber ohne erkennbare Maß­nah­men gegen diese Per­so­n­en. Die Sit­u­a­tion galt dann allerd­ings auch als entschärft.
Der dritte Ein­satz richtete sich gegen einzelne Jugendliche, die laut Auskun­ft eines DJs im Bere­ich der Bühne ran­dalierten. Min­destens zwei Per­so­n­en wur­den in Polizeige­wahrsam genommen.
Weit­ere Fälle wur­den bis Son­ntag 01.30 Uhr nicht bekannt.
Weit­ere Fotos hier: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/albums/72157699547131451

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Law & Order

Vor dem Gesetz sind alle gleich — außer Ausländer

Frank­furt (Oder) — Bestürzt haben wir vom Utopia e.V. die Äußerun­gen des Frank­furter Ober­bürg­er­meis­ters wahrgenom­men, mit denen er auf den gewalt­täti­gen Angriff auf die Gäste des Clubs „Frosch“ reagiert hat. Als „Kehrtwende“ beze­ich­net René Wilke selb­st seine neue Posi­tion zum Umgang mit Geflüchteten, die die Ausweisung bei entsprechen­den Straftat­en vor­sieht. Wir sind über diese Entwick­lung besorgt und empört.
Wie alle Bürger*innen dieser Stadt waren auch wir entset­zt über den gewalt­täti­gen Über­griff im Frosch-Club, mit dem wir bei unseren Ver­anstal­tun­gen gerne zusam­me­nar­beit­en. Bei dem Über­griff waren zudem Freund*innen von uns anwe­send, die zum Glück unver­let­zt blieben.
Für uns war direkt danach klar: Die Strafver­fol­gungs­be­hör­den sind jet­zt am Zug, die Polizei und die Staat­san­waltschaft wer­den sich des Fall­es annehmen, es wird Fes­t­nah­men, einen Gericht­sprozess und Verurteilun­gen geben. Kör­per­ver­let­zung mit Faust und Mess­er ist eine ern­ste Sache. Wenn Staat und Stadt in der Folge ihre Hausauf­gaben machen, dann wer­den Sozialarbeiter*innen der Frage nachge­hen, was die Entste­hungs­be­din­gun­gen der zur Diskus­sion ste­hen­den gewalt­täti­gen Clique sind und ver­suchen, diese zu ändern. Und schließlich wird der Frosch-Club ein wirkungsvolles Sicher­heits-Konzept ausar­beit­en, um seine Gäste in Zukun­ft bess­er zu schützen.
So disku­tierten wir die Entwick­lun­gen, doch davon kein Wort mehr, denn inzwis­chen hat sich die Lage drastisch verän­dert: Der Ober­bürg­er­meis­ter sah sich anscheinend gezwun­gen, vom Lauf der rechtsstaatlichen Dinge abzu­lenken und kramte aus der Mot­tenkiste der kom­mu­nalen Volkssou­veränität ein — wie es im juris­tis­chen Jar­gon heißt — beson­deres “Ausweisungsin­ter­esse” hervor.
Es ist offen­sichtlich, was hin­ter sein­er Entschei­dung ste­ht, sich so zu äußern: jene Frankfurter*innen anzus­prechen, die ras­sis­tisch sind, die Migra­tion nur als Bedro­hung empfind­en und demokratis­che Werte ver­acht­en. Und er ver­sucht jene zu besän­fti­gen, für die rechtsstaatliche Maß­nah­men gegen nicht-deutsche Gewalttäter*innen nicht weit genug gehen kön­nen. Das sind genau jene Men­schen, die mit zweier­lei Maß messen.
Wir verurteilen den Angriff auf den Frosch-Club entsch­ieden. Gle­ichzeit­ig stellen wir uns gegen die Instru­men­tal­isierung der Herkun­ft der Täter*innen für pop­ulis­tis­che Forderun­gen. Damit ver­schärft sich die Debat­te um Geflüchtete weit­er und ver­schiebt sich nach rechts. Wir sind überzeugt, dass dieser Schachzug nicht funk­tion­ieren wird: Nun den recht­en Forderun­gen ent­ge­gen­zukom­men wird nicht helfen, rechte Posi­tio­nen abzuschwächen. Im Gegen­teil, damit wer­den sich diejeni­gen in ihrer Hal­tung bestätigt fühlen, die zu den Men­schen­recht­en ein zwiespältiges, rein tak­tis­ches Ver­hält­nis haben und Geflüchteten ablehnend bis feindlich gegenüber stehen.
Wir sind empört über diesen Recht­sruck unseres Ober­bürg­er­meis­ters. Wir sind aber — und das ist vielle­icht fast noch beschä­mender für Frank­furt (Oder) — empört über eine Gemen­ge­lage aus Betrof­fen­heit, Aktion­is­mus und Angst vor rechter Stim­mungs­mache, die die Poli­tik unter einen völ­lig wider­sin­ni­gen Zugzwang set­zt. Mit Rück­sicht auf die Stim­mung in der Stadt wird aus ein­er Angele­gen­heit für das Strafrecht eine irra­tionale Kaf­feesat­zle­serei rund um das Phänomen “gefühlte Sicher­heit”. Damit Frank­furt (Oder) nicht der­art in die Schlagzeilen ger­ate wie Cot­tbus oder Chem­nitz, nehmen viele Politiker*innen die “Stim­mung in der Stadt” zum Aus­gangspunkt, um den Bürger*innen ihr “Sicher­heits­ge­fühl” wiedergeben zu wollen.
Hal­lo Sahra Wagenknecht: “Wer Gas­trecht miss­braucht, hat Gas­trecht ver­wirkt.” Hal­lo NPD: “Krim­inelle Aus­län­der raus!” Das kann doch nicht ern­sthaft eine ser­iöse Antwort auf soziale Prob­leme und Gewalt sein! Falls doch, kön­nten wir eine lange Liste mit sehr deutschen Namen auf­stellen, für die eben­falls eine Ausweisung geprüft wer­den sollte.
Das Prob­lem ist die Unehrlichkeit: Wir kön­nen die Gewalt und das Böse in dieser Gesellschaft nicht ein­fach “rauss­chmeißen”. Wer den Anschein erweckt, dass dies möglich sei, han­delt ver­ant­wor­tungs­los. Krim­i­nal­ität und Gewalt müssen inner­halb ein­er Gesellschaft gek­lärt und bekämpft wer­den. Abschiebun­gen dür­fen nie ein legit­imes Mit­tel von Poli­tik sein. Wer glaubt, man könne sich so aktiv Prob­leme vom Hals schaf­fen, gibt das unteil­bare Ver­sprechen von Gle­ich­heit auf, für das sich Linke ver­bür­gen — zuallererst vor dem Gesetz. Wir fordern eine Gle­ich­be­hand­lung von deutschen und nicht-deutschen Per­so­n­en – rechtsstaatliche Prinzip­i­en müssen für alle hier leben­den Men­schen gle­icher­maßen gelten!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration jüdisches Leben & Antisemitismus

Opferberatungsstellen befürchten weitere rassistische und rechte Angriffe

Wir brauchen jet­zt endlich dauer­hafte gesellschaftliche und poli­tis­che Sol­i­dar­ität mit Opfern ras­sis­tis­ch­er, rechter und anti­semi­tis­ch­er Gewalt. Leug­nen, Ver­harm­losen und Kleinre­den stärkt hinge­gen die Täter*innen.“
Die unab­hängi­gen Beratungsstellen für Opfer rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt verze­ich­nen derzeit ein besorgnis­er­re­gen­des Aus­maß poli­tisch rechts, ras­sis­tisch und anti­semi­tisch motiviert­er Gewalt. Dies gilt nicht nur für Chem­nitz und Sach­sen, son­dern auch bun­desweit. „Seit Beginn der ras­sis­tis­chen Mobil­isierun­gen durch Pro Chem­nitz, PEGIDA, AfD und organ­isierte Neon­azis, die den gewalt­samen Tod des 35-jähri­gen Daniel H. in Chem­nitz instru­men­tal­isieren, fühlen sich organ­isierte Rassist*innen und Neon­azis über­all in Deutsch­land ermutigt“, warnt Robert Kusche vom Vor­stand des Ver­bands der Opfer­ber­atungsstellen (VBRG). „Für die Ange­grif­f­e­nen – ins­beson­dere Migrant*innen, Geflüchtete, Schwarze Deutsche und Men­schen, die sich gegen Neon­azis­mus und für Geflüchtete engagieren – ist es ein weit­er­er Schlag ins Gesicht, wenn rechte Gewalt und ras­sis­tis­che Het­z­jag­den durch poli­tisch Ver­ant­wortliche geleugnet wer­den. „Damit wer­den die Täter*innen gestärkt und den Opfern wird sig­nal­isiert, dass ihre Erfahrun­gen, ihre Angst und ihre Ver­let­zun­gen nicht rel­e­vant sind,“ kri­tisiert Robert Kusche. „Wir brauchen drin­gend klare Sig­nale poli­tis­ch­er Sol­i­dar­ität für die Opfer rechter und ras­sis­tis­ch­er Gewalt. Leug­nen, Ver­harm­losen und Kleinre­den stärkt hinge­gen die Täter und ihre Sympathisant*innen“, betont Robert Kusche.
Die RAA Opfer­ber­atung Sach­sen hat alleine seit dem 26. August 2018 ins­ge­samt 24 Kör­per­ver­let­zun­gen und 11 Fälle von Nötigung/Bedrohung in Chem­nitz reg­istri­ert, die sich gegen Migrant*innen, Journalist*innen und Gegendemonstrant*innen richteten.[1] „Wir erfahren täglich von weit­eren recht­en Gewalt­tat­en in Chem­nitz. Bestürzt hat uns, dass ver­mummte Angreifer am Mon­tag, den 3.9. auch den Inhab­er des jüdis­chen Restau­rants „Shalom“ in Chem­nitz ver­let­zt und dabei „Juden­schwein, ver­schwinde aus Deutsch­land“ gerufen haben“, sagt Andrea Hübler von der RAA Sach­sen. „Wir befürcht­en, dass dem für den morgi­gen Fre­itag, den 7.9.2018 angekündigten Auf­marsch von Pro Chemnitz[2] weit­ere Angriffe fol­gen werden.“
Organ­isierte Rassist*innen und Neon­azis begreifen die Parole „holen wir uns unser Land zurück“, mit der am Son­ntag, den 26. August 2018 für die ras­sis­tis­che Het­z­jagd in Chem­nitz mobil­isiert wurde, die unzure­ichende Strafver­fol­gung und die nach­fol­gen­den Mobil­isierun­gen in Chem­nitz als Auf­forderung, in Sach­sen und bun­desweit zuzuschlagen.
Bun­desweite Nachahmungstaten
Beispiel­haft zeigt sich dies anhand der nach­fol­gen­den Fälle: In München (BY) ver­sam­melte sich spätabends am 25./26. August 2018 im Stadt­bezirk Bogen­hausen eine 30-köp­fige Gruppe bun­desweit aktiv­er IB-Kad­er, um „Heil Hitler“ und andere NS-Parolen brül­lend Pas­san­ten anzupö­beln und an Tre­ff­punk­ten poli­tis­ch­er Geg­n­er NS-Parolen zu hinterlassen.[3] Schon am 23. August 2018 hat­ten in Berg am Laim zwei Män­ner an ein­er roten Ampel unver­mit­telt die Tür eines Autos mit drei jun­gen Migranten aufgeris­sen, den Fahrer getreten und geschla­gen und dabei ras­sis­tis­che Parolen gerufen.[4] In Alte­na (NRW) wurde am 29. August 2018 ein 17-jähriger Syr­er kurz vor Mit­ter­nacht auf der Straße ras­sis­tisch belei­digt und von drei Män­nern ange­grif­f­en, die ihn u.a. im Gesicht verletzten.[5] In Wis­mar (MV) wurde am späten Abend des 29. August ein 20-jähriger Flüchtling aus Syrien durch drei extrem rechte Angreifer in einem Park gezielt mit Schla­grin­gen ins Gesicht und auf den Oberkör­p­er geschla­gen und ras­sis­tisch beschimpft.[6] In Son­der­shausen (TH) wurde am 29. August 2018 ein 33-jähriger Eritreer von vier Män­nern, die der recht­en Szene ange­hören, schw­er verletzt.[7] Am Abend des 30. August 2018 hat­te ein Asyl­suchen­der aus Eritrea drei Ein­schus­s­löch­er in den Fen­stern sein­er Woh­nung in ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Dres­den-Gor­b­itz festgestellt.[8] Am Abend des 1. Sep­tem­ber wurde in Essen-Bor­beck (NRW) ein Mit­glied des Essen­er Inte­gra­tions­beirats vor ein­er Pizze­ria ange­grif­f­en, auch ein afghanis­ch­er Flüchtling, der dem Betrof­fe­nen zu Hil­fe, wurde von den Angreifern geschlagen.[9] In Brandenburg/Havel (BB) belei­digte am 29. August ein 36-Jähriger seinen 19-jähri­gen Nach­barn eritreis­ch­er Herkun­ft mit den Worten „Du bist ein Aus­län­der, du hast hier nichts zu suchen“, bedro­hte ihn mit einem Mess­er und ver­fol­gte ihn anschließend auf offen­er Straße.[10] Am Abend des 2. Sep­tem­ber 2018 ver­sucht­en sich in ein­er Kle­in­stadt bei Leipzig zwei mask­ierte Män­ner ras­sis­tis­che Parolen grölend gewalt­sam Zutritt zu der Woh­nung eines pak­istanis­chen Men­schen­recht­sak­tivis­ten zu ver­schaf­fen. Weil sie damit scheit­erten, zogen die Angreifer zum Klein­garten der pak­istanis­chen Fam­i­lie weit­er und schlu­gen dort auf deren Pkw ein. Im Juli 2018 hat­ten Neon­azis dem Men­schen­recht­sak­tivis­ten bei einem ras­sis­tis­chen Angriff bei­de Hände gebrochen.[11] Am Abend des 3. Sep­tem­ber griff an der S‑Bahnstation in Ros­tock-Mariene­he (MV) ein ca. 45-jähriger Mann drei Studierende aus Aser­baid­schan mit einem Knüp­pel an, brüllte ras­sis­tis­che Parolen und ver­let­zte einen der Studenten.[12]
In Wis­mar hat­te Bürg­er­meis­ter Thomas Bey­er (SPD) den Angriff auf den 20-jähri­gen Syr­er als Aus­druck ein­er „Pogrom­stim­mung“ beze­ich­net und eine zivilge­sellschaftliche Mah­nwache für friedlich­es Zusam­men­leben aus­drück­lich begrüßt. „Die klaren Worte von Angela Merkel und Regierungssprech­er Stef­fen Seib­ert und das Beispiel von Wis­mar zeigen, dass poli­tisch Ver­ant­wortliche Hand­lungsspiel­räume haben: Sie kön­nen sich auf die Seite der Ange­grif­f­en stellen und rechte Gewalt verurteilen und damit wichtige Sig­nale set­zen“, sagt Robert Kusche. „Deshalb begrüßen wir auch aus­drück­lich, dass sich Bun­des­fam­i­lien­min­is­terin Franziska Gif­fey für ein Demokratieförderungs­ge­setz auf Bun­de­sebene ein­set­zt“. Der Ver­band hoffe, dass dann auch die Angriffe auf wichtige Träger von Opfer­ber­atungsstellen wie beispiel­sweise in Sach­sen-Anhalt durch die dor­tige AfD-Land­tags­frak­tion und Teile der CDU ins Leere laufen.
 
 
1 Details zu den Angrif­f­en in: Pressemit­teilung der RAA Sach­sen vom 3.9.2018 Chem­nitz eine erste Bilanz: Mehr als 30 Angriffe in ein­er Woche im Zuge rechter Demon­stra­tio­nen, www.raa-sachsen.de/newsbeitrag/hemnitz-eine-erste-bilanz.html
2 https://www.facebook.com/144635458901463/posts/2031998376831819/
3 vgl. München-Chronik von a.i.d.a, BEFORE und firm: https://muenchen-chronik.de/25–26-august-2018-ib-ns-parolen-und-neonazistische-poebeleien/
4 vgl. München-Chronik von a.i.d.a, BEFORE und firm: https://muenchen-chronik.de/23-august-2018-rassistischer-angriff/
5 www.presseportal.de/blaulicht/pm/30835/4048938
6 Fes­t­nahme nach Angriff auf Syr­er, www.taz.de/!5532435/ 7 www.presseportal.de/blaulicht/pm/126723/4049280
8 www.dnn.de/Dresden/Polizeiticker/Einschussloecher-in-Fenstern-einer-Fluechtlingsunterkunft-Staatsschutz-ermittelt
9 www.focus.de/regional/essen/essen-aufgelauert-ueberfall-auf-essener-linken-politiker-staatsschutz-ermittelt-war-das-motiv-rassismus_id_9538126.html
10 https://polizei.brandenburg.de/pressemeldung/bedrohung-mit-messer/1149971
11 vgl. amnesty inter­na­tion­al: Erneut ras­sis­tisch motiviert­er Angriff auf Men­schen­rechtler bei Leipzig, www.amnesty.de/informieren/aktuell/erneut-rassistisch-motivierter-angriff-auf-menschenrechtler-bei-leipzig
12 vgl. Mann ver­prügelt aus­ländis­chen Stu­den­ten, www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Rostock/Mann-schlaegt-auslaendischen-Studenten-mit-Knueppel

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order Sonstiges

Gauland im „Kunsthaus Premnitz“ – über Konservatismus und die Flüchtlingsdebatte

PREMNITZ — Das „Kun­sthaus Prem­nitz“ will die kul­turelle Land­schaft im west­lichen Havel­land bere­ich­ern. Regelmäßig find­en dort Ver­anstal­tun­gen mit klas­sis­ch­er Musik, Ausstel­lun­gen und Lesun­gen statt. Darüber hin­aus suchen die Kun­stschaf­fend­en, allen voran Ste­fan Behrens, aber auch das Gespräch und bieten Son­derver­anstal­tun­gen mit Gästen aus der hohen Politik.
Ex-Bun­des­fi­nanzmin­is­ter Peer Stein­brück (SPD) war im Mai da. Ex-Bun­de­saußen­min­is­ter Josch­ka Fis­ch­er (GRÜNE) wird Mitte Okto­ber erwartet.
Gestern hieß der Gast Alexan­der Gauland, seines Zeichens Bun­desvor­sitzen­der der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD). Ein nicht unum­strit­ten­er Gast, der wegen sein­er rel­a­tivieren­den Äußerun­gen zur NS-Zeit kaum noch zu TV-Talk­shows ein­ge­laden wird und dessen Partei immer offen­er zu Sym­pa­thien für die extreme Rechte, wie zulet­zt in Chem­nitz, zur Schau trägt. Die grundle­gende Frage lautete deshalb vor­ab: Darf diesem Men­schen den­noch ein öffentlich­es Podi­um geboten werden?
Boykott oder Gespräch?

2018.09.04 Premnitz - Gespraech mit Alexander Gauland AfD Kunsthaus (1)
Protes­tak­tion im Vorfeld

Unbekan­nte gaben darauf offen­bar bere­its am Mor­gen ihre Antwort. Im Ein­gangs­bere­ich zum Grund­stück des Kun­sthaus­es lagen, so zeigen es Fotos eines Anwohnen­den, dutzende bunte Zettel, die mit anti­ras­sis­tis­chen Losun­gen bedruckt waren. Ein Stromkas­ten am „Kun­sthaus“ war zudem mit einem „Fuck AfD“-Graffiti verziert worden.
Doch so ein­fach wollte es sich Ste­fan Behrens anscheinend nicht machen. Er wollte dem „Phänomen Gauland“ auf den Grund gehen, ihm zuhören, seine Grund­hal­tung erforschen und schließlich die Kon­se­quen­zen daraus in Bezug auf seine gesellschafts- und staat­spoli­tis­che Debat­ten­führung analysieren. Hat der AfD-Chef „mit­tler­weile die Posi­tion eines Kon­ser­v­a­tiv­en ver­lassen“? Und nähert er sich „reak­tionären, frem­den­feindlich, men­schen­ver­ach­t­en­den, nation­al­sozial­is­tis­chen Posi­tio­nen“ an? Das schienen die entschei­den­den Grund­fra­gen, welche den Gast­ge­ber bewegten, dass „Phänomen Gauland“ in sein Haus zu lassen.
Der Ein­stieg

2018.09.04 Premnitz - Gespraech mit Alexander Gauland AfD Kunsthaus (10)
Ste­fan Behrens ist Chef des Kun­sthaus­es. Er lud zum Gespräch ein.

Das Kun­sthaus am Prem­nitzer See ist ein recht ansehn­lich­es Anwe­sen, eine in den Jahren 1917/18 errichtete Direk­torenvil­la mit großen Grund­stück und viel Platz für Werke der mod­er­nen Kun­st. Etwas rustikal und aris­tokratisch wirkt hinge­gen der Ort, in dem sich Behrens mit Gauland trifft. Es ist das holzvertäfelte Kam­inz­im­mer, welch­es mit seinen vie­len Gemälden, auch wenn diese ein­deutig der Mod­erne zuzuord­nen sind, den Charak­ter eines kon­ser­v­a­tiv­en Fürsten­sitzes ver­mit­telt und somit dur­chaus geeignet scheint, um den AfD Chef auf „Augen­höhe“ zu begegnen.
Die eine Hälfte des Saales applaudiert dem Gast aus Pots­dam, als dieser das Kam­inz­im­mer betritt. Zwei bekan­nte Funk­tionäre der AfD, darunter auch der Prem­nitzer Stadtverord­nete der Partei, sitzen im Raum, eben­so wie vier Aktive der extrem recht­en Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ und offen­bar weit­ere Sym­pa­thisierende Gaulands. Die andere Hälfte des Saales, darunter der Bürg­er­meis­ter von Prem­nitz, Ralf Tebling (SPD), weit­ere Stadtverord­nete, u.a. von den Linken, sowie zivilge­sellschaftlich Engagierte wirken eher pas­siv, abwartend.
Dann eröffnet Ste­fan Behrens, nach ein­er kurzen Begrüßung, das Gespräch, begin­nt mit der Betra­ch­tung der Biografie von Alexan­der Gauland.
Der junge Gauland – Studi­um statt Tagebau

2018.09.04 Premnitz - Gespraech mit Alexander Gauland AfD Kunsthaus (13)
Alexan­der Gauland (AfD) im Gespräch

Der heutige AfD Chef wurde 1941, mit­ten im Zweit­en Weltkrieg, in der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus, den er später einen „Vogelschiss“ in der lan­gen Geschichte Deutsch­lands nen­nen wird, geboren. Der Vater von Alexan­der Gauland war säch­sis­ch­er Offizier, soll seinen Sohn nach einem rus­sis­chen Zaren benan­nt haben. Das Wohnum­feld ist großbürg­er­lich. Seine Schule im nun­mehr in „Karl-Marx-Stadt“ umbe­nan­nten Chem­nitz trägt den Namen „Friedrich Engels“. Trotz aller späteren Dif­feren­zen zur DDR lobte Gauland gestern deren Erziehungssys­tem. Er durfte dort sog­ar 1959 Abitur machen – ein außergewöhn­lich­es Priv­i­leg in diesem Land. Ein Studi­um zu begin­nen, soll ihm aber ver­sagt gewe­sen sein. Dies war aber anscheinend nicht der allein auss­chlaggebende Grund für seine nun fol­gende Flucht in die Bun­desre­pub­lik, so Gauland gestern in Prem­nitz. Vielmehr sollte sich der heutige Vor­sitzende der selb­ster­nan­nten „neuen Arbeit­er­partei“ AfD in der Pro­duk­tion bewähren und in einem Tage­bau in Lauch­ham­mer arbeit­en. Davon hielt Gauland jedoch aber nichts und floh daraufhin nach West-Berlin, wo er in der Notauf­nah­meein­rich­tung Marien­felde aufgenom­men wurde. Einen poli­tis­chen Hin­ter­grund für seine Flucht demen­tierte der AfD Chef gestern noch ein­mal deut­lich. Später siedelte er in die Bun­desre­pub­lik über und kon­nte dort in Mar­burg und Gießen Jura studieren
Der kon­ser­v­a­tive Gauland
In den 1970er Jahren machte Gauland schnell Kar­riere in der CDU, war u.a. in deren Bun­destags­frak­tion in Bonn tätig und traf dort auf promi­nente Vertreter des „nation­alkon­ser­v­a­tiv­en Flügels“ der CDU. Ins­beson­dere Alfred Dreg­ger deutete er gestern als per­sön­lich­es Vor­bild an.
Tat­säch­lich blieb der Kon­ser­vatismus ein Leben­s­the­ma für Gauland. Auch gestern war sein Buch: „Anleitung zum Kon­ser­v­a­tiv­sein“ eine Stunde lang Haupt­ge­sprächsstoff zwis­chen ihm und Mod­er­a­tor Ste­fan Behrens. Aus­führlich wurde über die darin haupt­säch­lich vork­om­menden his­torische Fig­uren, Edmund Burke und Friedrich der Große, sowie über ihre staat­spoli­tis­chen Ansicht­en debat­tiert. Nicht allerd­ings zur Freude des Pub­likums, welch­es augen­schein­lich dem Zwiege­spräch zwis­chen Behrens und Gauland nicht immer fol­gen konnte.
Erst als die Aus­sagen des AfD-Chefs kerniger wur­den, seine Abnei­gung gegenüber den 68ern – die er qua­si als „Urkatas­tro­phe“ der heutige Ver­hält­nisse bzw. als Haupt­geg­n­er des Kon­ser­vatismus sieht – deut­lich zur Sprache kamen und hin­sichtlich der Flüchtlingssi­t­u­a­tion die Töne nation­al­is­tis­ch­er wur­den, wurde der Saal wieder munter­er. Die Diskus­sion hat­te nun Gaulands Lieblings­the­ma erreicht.
Ohne Alter­na­tiv­en für Deutschland

2018.09.04 Premnitz - Gespraech mit Alexander Gauland AfD Kunsthaus (9)
Diskus­sion im Kaminzimmer

Aus­giebig äußerte sich der AfD Chef nun über ver­meintliche Äng­ste in der Bevölkerung und zu Über­grif­f­en von Geflüchteten. Zu anderen The­men, wie Jugend oder Rente, wollte er sich hinge­gen nur sehr kurz positionieren.
Eine jün­gere Frau, die fragte ob die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ auch für Jugendliche aktiv ist, erhielt die knappe Antwort: Ja, wir haben einen Jugendverband.
Eine ältere Frau, die nach­fragte was zur Rente im Bun­de­spro­gramm der AfD ste­ht, wurde sin­ngemäß mit den Worten abge­fer­tigt: Geben sie mir ihre Emailadresse, dann schicke ich es ihnen.
Selb­st auf die Frus­tra­tion manch­er „besorgter Bürg­er“ hat­te Gauland, zumin­d­est wenn es um prekäre Beschäf­ti­gungsver­hält­nisse, Alter­sar­mut oder Mit­tel­losigkeit ging, keine tragfähige Lösun­gen oder auch nur den Ansatz eines Konzeptes parat.
Resümee
Die AfD bedi­ene sich lediglich Pro­jek­tio­nen, um Poli­tik zu machen, so eine ehe­ma­lige Psy­cholo­gin am Ende des Prem­nitzer Gesprächs in einem State­ment an Gauland. Es wer­den keine poli­tis­chen Lösun­gen gesucht, son­dern der Frust auf die Schwäch­sten in der Gesellschaft abgewälzt und so vor allem in Geflüchteten „Schuldige“ an der ver­meintlichen „Mis­ere“ im Land gefunden.
Doch, und das wurde gestern in Prem­nitz eben­falls klar, es geht der AfD eben nicht nur, um die Auss­chaf­fung von Geflüchteten, egal ob straf­fäl­lig oder nicht.
Gauland will die ide­ol­o­gis­che Wende, die Revi­sion der bun­desre­pub­likanis­chen Werte seit Ende der 1960er Jahre. Seine „Alter­na­tive für Deutsch­land“ ste­ht für einen neuen Kon­ser­vatismus, der nicht nur die demokratis­chen Errun­gen­schaften der let­zten Jahrzehnte über­winden will, son­dern auf dem besten Wege ist, den his­torischen Fehler der „alten“ Kon­ser­v­a­tiv­en zu wieder­holen: mit den Völkischen gemein­sam „Staat­spoli­tik“ betreiben zu wollen.

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Neuenhagen: Kein Jagdplatz für die AfD!

INFORIOT — Die AfD-Märkisch-Oder­land hat­te am 01.September nach Neuen­hagen zur Kon­ferenz mit dem Titel „Der soziale Frieden Deutsch­lands in Gefahr“ geladen. Als Red­ner waren u.a. Andreas Kalb­itz, André Poggen­burg und Jür­gen Elsäss­er angekündigt, die Anmel­dung lief über Lars Gün­ther aus Bad Freien­walde. (Mehr Infos zu den angekündigten Red­ner­In­nen und Lars Gün­ther siehe hier). Dage­gen hat­te ein bre­ites Bünd­nis zum Protest aufgerufen, dem ins­ge­samt etwa 300 Men­schen folgten.

Antifaschis­tis­che Demon­stra­tion durch Neuen­hagen. Bild: Ney Sommerfeld.

Nach ein­er Auf­tak­tkundge­bung am Bahn­hof, lief die Gegen­demon­stra­tion mit etwa 200 Teilnehmer*innen durch die Stadt zum Bürg­er­haus, dem Ver­anstal­tung­sort der AfD-Kon­ferenz. Am Rathaus fand eine Zwis­chenkundge­bung mit Rede­beiträ­gen statt. Das Fes­thal­ten von zwei Teilnehmer*innen durch die Polizei, verzögerte das Weit­er­laufen, sodass die Demon­stra­tion etwas ver­spätet zu den 50 Bürger*innen stieß, die bere­its vor dem Bürg­er­haus laut­stark protestierten. So waren bere­its die meis­ten Teil­nehmerIn­nen der AfD-Kon­ferenz im Bürg­er­haus ver­schwun­den. Am Rande der Demon­stra­tion kam es mehrfach zu Beschimp­fun­gen und Pöbeleien durch Anwohner*innen.
Andreas Kalb­itz bei der Abfahrt. Bild: Ney Sommerfeld.

Auf der Kon­ferenz der AfD fan­den sich, statt der angekündigten 500 Teil­nehmerIn­nen, nur 150 ein. Grund hier­für dürfte die am sel­ben Tag stat­tfind­ende Demon­stra­tion von Pegi­da und AfD in Chem­nitz gewe­sen sein. So fuhr auch Andreas Kalb­itz nach sein­er Rede weit­er nach Chem­nitz, wo er an der Demon­stra­tion teilnahm.
Bilder gibt es hier und hier.
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Resumee: “Kein Raum für rechte Hetze”-Demo

Am Sam­stag, dem 1. Sep­tem­ber, fol­gten dem Aufruf eines Bünd­niss­es, beste­hend aus zivilge­sellschaftlichen Akteur_innen und Vere­inen, mehrere hun­dert Men­schen zur Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Kein Raum für rechte Het­ze“ nach Neuenhagen.
Bunt, laut und engagiert sam­melten sich junge Men­schen, aber auch Fam­i­lien und vor allem viele Anwohner_innen. Alle einigte ihre Empörung und Wut über die im „Bürg­er­haus Neuen­hagen“ stat­tfind­ende Tageskon­ferenz der „Alter­na­tive für Deutsch­land“. Wir möcht­en an dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Teil­nehmenden senden. Mit großem Engage­ment, den Sprechchören, Trans­par­enten und Schildern haben wir deut­lich gezeigt, dass wir es nicht zulassen, dass sich die AfD ohne Protest ver­sam­meln und het­zen kann.
Es ist immer wichtig eine Gegenöf­fentlichkeit zu schaf­fen, die AfD-Mei­n­ung kri­tisch zu begleit­en und eine kon­träre Posi­tion, in der wir klar machen, dass es um ein gutes Leben für alle geht, zu artikulieren. Um über die Demon­stra­tion und deren Inhalte zu informieren, wur­den, sowohl neben­her als auch im Vor­feld, Fly­er an Anwohner_innen der Gemeinde Neuen­hagen verteilt. Dabei zeigte sich, dass ein Großteil gar nicht wusste, was die AfD im „Bürg­er­haus Neuen­hagen“ ver­anstal­tet. Gle­ichzeit­ig empörten sich viele, dass ein kom­mu­nales Gebäude für Neo-Nazis, Faschis­ten und rechte Het­ze bere­it gestellt wird. Pro­voka­tio­nen und Pöbeleien am Rande der Demon­stra­tion gab es nur vere­inzelt. Während der Demon­stra­tion informierten Rede­beiträge die rund 400 Teil­nehmenden und die Anwohner_innen über die Kon­ferenz und ihre Protagonist_innen – über Jür­gen Elsäss­er und sein ver­schwörungs­the­o­retis­ches „Com­pact-Mag­a­zin“, legten die men­schen­ver­ach­t­en­den Inhalte der recht­en Partei offen und set­zten die Kon­ferenz in einen größeren gesellschaftlichen Rahmen.
Die AfD, und ihre Kon­ferenz, trägt ihren Teil zur poli­tis­chen Stim­mungs­mache bei und ist somit auch untrennbar von den Geschehnis­sen in Chem­nitz zu betra­cht­en. Beson­ders deut­lich zeigt sich dies u.a. bei Andreas Kalb­itz (MdL Brandenburg/ Lan­des- und Frak­tionsvoritzen­der), der zuerst bei der Tageskon­ferenz sprach und danach weit­er nach Chem­nitz (Sach­sen) fuhr, um u.a. neben Bernd Höcke, „PEGIDA“ und dem völkisch-nation­al­is­tis­chem Net­zw­erk „Pro Chem­nitz“ an der Großdemon­stra­tion teilzunehmen. Die Kon­ferenz selb­st war für die AfD ein Flop – von den im Vor­feld angekündigten knap­pen 500 Plätzen, war nur ein Bruchteil belegt – nicht ein­mal 150 Anwe­sende zählte die Ver­anstal­tung und der Haupt­teil der Teil­nehmenden war alt und männlich. Vor allem die organ­isierende Kreis­struk­tur trat vor dem „Bürg­er­haus“ auf, um die vor­bei kom­mende Demon­stra­tion und die von einem Parteien­bünd­nis organ­isierte Kundge­bung abzu­fil­men. Im Vorder­grund dessen stand der Haup­tini­tia­tor Lars Günther.
Abschließend bleibt noch die Krim­i­nal­isierung der friedlichen Demon­stra­tion durch die einge­set­zte Polizei zu the­ma­tisieren. Bere­its im Vor­feld fan­den Obser­va­tio­nen der drei im Land­kreis stat­tfind­en­den Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen durch Zivil­beamte des Staatss­chutzes statt. Auch das geplante „Demokratiefest“ vom Parteien­bünd­nis musste abge­sagt wer­den, da die Polizei im Vor­feld den Besitzer der geplanten Fläche drängte, diese nicht zur Ver­fü­gung zu stellen. Grund für bei­de Maß­nah­men war die Ein­schätzung der Polizei, dass„links-autonome“ Aktiv­itäten erwartet wer­den. Diese völ­lig irra­tionale Ein­schätzung äußerte sich dann in einem Großaufge­bot der Bran­den­burg­er Polizei, welche die Demo begleit­ete, das „Bürg­er­haus“ voll­ständig abriegelte, sog­ar den immer Sam­stag stat­tfind­en­den Wochen­markt absagen ließ und alle ort­san­säs­si­gen Vere­ine für den Tag aus dem „Bürg­er­haus“ ver­wies. Das Aufge­bot der Polizei bestand deut­lich aus jun­gen, uner­fahre­nen, teils ver­mut­lich noch in der Aus­bil­dung steck­enden Beamt_innen – diese trat­en an mehreren Stellen völ­lig grund­los eskalierend auf. Die vie­len sich um und auf der Demo bewe­gen­den Zivilpolizist_innen, eine Fes­t­nahme, sowie die Fest­stel­lung mehrerer Per­son­alien bilde­ten den Höhep­unkt der Pro­voka­tio­nen und Eskala­tion der Polizei. Dabei ist zusät­zlich ver­w­er­flich, dass schein­bar nicht voll aus­ge­bildete Polizist_innen in Sit­u­a­tio­nen gebracht wur­den, um „Erfahrun­gen“ zu sam­meln und dort über eigene Gewal­tan­wen­dung zu ver­ro­hen. Trotz der steti­gen Pro­voka­tio­nen und der im Vor­feld prog­nos­tizierten Szenar­ien blieb die Demo friedlich, aber trotz­dem wütend, entschlossen, bunt und laut­stark über die Frech­heit, dass der AfD ein kom­mu­nales Gebäude für ihre Het­ze zur Ver­fü­gung gestellt wurde.
Lei­der wurde die kraftvolle Demo bish­er kaum in den Medi­en widergespiegelt.
Wir kom­men wieder, immer wenn die AfD oder andere Faschis­ten het­zen und stellen uns gegen die Krim­i­nal­isierung von Protest!
Danke an alle Unterstützer_innen.
Venceremos!

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Eberswalde: Rechter Aufmarsch von breitem Protest begleitet

INFORIOT – Mehr als 300 Men­schen protestierten am ver­gan­genen Son­ntag, den 26. August, gegen eine Demon­stra­tion der AfD-nahen Face­book-Grup­pierung „Heimatliebe Bran­den­burg“ in Eber­swalde. Zur Protestkundge­bung hat­te das zivilge­sellschaftliche Bünd­nis „Für ein tol­er­antes Eber­swalde“ (F.E.T.E.) unter dem Slo­gan „Sol­i­dar­ität ist unsere Alter­na­tive“ aufgerufen. An den Protesten am Bahn­hof hat­ten sich zahlre­iche Student*innen, Antifas, Punks, Vertreter*innen ver­schieden­er Parteien bis hin zu Mit­gliedern der Gew­erkschaft der Polizei beteiligt.

Bre­it­er Protest gegen Ras­sistIn­nen-Auflauf in Eber­swalde. (Quelle: Inforiot)

Unter dem Mot­to „Heimat erhal­ten & Zukun­ft gestal­ten“ demon­stri­erte ein Bünd­nis aus AfD-Anhän­gerIn­nen, Neon­azis und Reichs­bürg­ern in Eber­swalde. Etwa 200 Ras­sistIn­nen nah­men an dem Aufzug teil.
Reichs­bürg­er auf der Demon­stra­tion in Eber­swalde. (Quelle: Inforiot)

Völkisch-nation­al­is­tis­ches Bünd­nis marschierte in Eberswalde
Die Ver­anstal­tung begann mit ein­er Auf­tak­tkundge­bung am Eber­swalder Bahn­hof. Bere­its dort wurde ersichtlich, wer hin­ter „Heimatliebe Bran­den­burg“ steckt: Angemeldet wurde die Demon­stra­tion von Lars Gün­ther. Gün­ther ist Beisitzer des AfD-Kreisver­ban­des Märkisch-Oder­land und trat in der Ver­gan­gen­heit als Anmelder und Organ­isator divers­er ras­sis­tis­ch­er und ver­schwörungside­ol­o­gis­ch­er Ver­anstal­tun­gen in Berlin und dem nord-östlichen Bran­den­burg auf. Darüber hin­aus ist er Autor und Organ­isator vor Kon­feren­zen und Ver­anstal­tun­gen des recht­en Quer­front-Mag­a­zin „Com­pact“. Auch ein Kam­era-Mann von „Com­pact“ doku­men­tierte das Demonstrationsgeschehen.
Am Trans­par­ent (v.l.n.r.): Grit Berndt, Stef­fen John, Lars Gün­ther, Doreen Hauswald, Bir­git Bessin, Christoph Berndt. (Quelle: Inforiot)

Weit­ere AfD-Poli­tik­erIn­nen wie Stef­fen John aus Pan­ke­tal sowie die stel­lvertre­tende Lan­desvor­sitzende Bir­git Bessin trat­en als Red­ner­In­nen auf der Ver­anstal­tung auf. Bessin ver­trat spon­tan Siegfried “Sig­gi” Daebritz, den führen­den Kopf von PEGI­DA-Dres­den. Daebritz, der als Red­ner angekündigt war, sei wegen eines Motorschadens in Bernau ver­hin­dert gewesen.
AfD-Hard­lin­er und Identitäre
Für die Bühne und Tech­nik war der Berlin­er AfD-Poli­tik­er Andreas Wild ver­ant­wortlich. Er wurde 2017 nach anhal­tenden men­schen­ver­ach­t­en­den Äußerun­gen aus der Frak­tion sein­er Partei im Berlin­er Abge­ord­neten­haus aus­geschlossen. Ihm zur Seite stand ein­er der führen­den Köpfe der Iden­titären Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg, Jan­nik Brämer. Im Mai des ver­gan­genen Jahres hat­te er bei ein­er Aktion der Iden­titären beinah einen Zivilpolizis­ten umge­fahren. Auf­grund der Ermit­tlun­gen wegen ver­suchter schw­er­er Kör­per­ver­let­zung gegen Brämer sowie seinen Aktiv­itäten bei den Iden­titären, wurde er im Som­mer des ver­gan­genen Jahres aus der AfD aus­geschlossen. Bis dahin war er Schatzmeis­ter der Berlin­er Jun­gen Alter­na­tiv­en (JA), der Jugen­dor­gan­i­sa­tion der Partei.
Jan­nik Brämer beim Auf­bau (Quelle: Inforiot)

Unter­stützung aus dem Spreewald
Unter­stützt wurde die Demon­stra­tion von dem neu-recht­en Vere­in „Zukun­ft Heimat“ aus dem süd­bran­den­bur­gis­chen Golßen, die neuerd­ings vom Ver­fas­sungss­chutz unter Beobach­tung ste­ht. Dessen Vor­sitzen­der Christoph Berndt trat auf der Ver­samm­lung als Red­ner auf und lief mit sein­er Frau Grit an vorder­ster Front mit. Mit dabei hat­ten sie ein Trans­par­ent, welch­es bei den von Berndt organ­isierten Demon­stra­tionskam­pagne in Cot­tbus ver­wen­det wird.
Christoph Berndt auf der Auf­tak­tkundge­bung. (Quelle: Inforiot)

Teil­nehmende mit direk­ten NS-Bezug
Auf­fäl­lig wenige bekan­nte Gesichter aus Eber­swalde beteiligten sich an dem Aufzug. Wed­er die NPD Barn­im, noch Anhänger der aufgelösten Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder-Barn­im, oder Mit­glieder des „III. Wegs“ hat­ten sich auf der Ver­anstal­tung blick­en lassen. Nur das ehe­ma­lige Mit­glied der NPD sowie der Split­ter­partei „Die Rechte“, René Her­rmann, ließ sich auf der Demon­stra­tion blick­en. Zudem fiel eine Gruppe Neon­azis auf, die ein­heitlich ein T‑Shirt mit dem Rück­e­nauf­druck „Rand­gruppe Deutsch Eber­swalde“ in Frak­turschrift tru­gen. Bei „Rand­gruppe Deutsch“ han­delt es sich um eine Recht­sRock Band, die sich in der recht­en Szene reger Beliebtheit erfreut. Auf der Vorder­seite des T‑Shirts tru­gen die Per­so­n­en einen Erlenkranz um den Zahlen­code „88“ auf der Brust. Bei dem Zahlen­code han­delt es sich um ein beliebtes Chiffre der recht­en Szene für den acht­en Buch­staben des Alpha­bets, was in der Dopplung für die Abkürzung für „Heil Hitler“ steht.
Schwarzes Cap­py: René Her­rmann (Quelle: Inforiot)

Teil­nehmer mit der Auf­schrift “Rand­gruppe Deutsch Eber­swalde”. (Quelle: Inforiot)

Auf­takt ein­er Veranstaltungsreihe
Nach ein­er Eröff­nungskundge­bung lief der Demon­stra­tionszug von „Heimatliebe Bran­den­burg“ ein kurze Strecke in der Nähe des Bahn­hofs und schloss die Ver­anstal­tung mit weit­eren Reden. Laut eige­nen Bekun­dun­gen sollte die Ver­anstal­tung in Eber­swalde der Auf­takt ein­er Rei­he ähn­lich­er Ver­samm­lun­gen in der Region sein. Am 1. Sep­tem­ber ste­ht eine Tageskon­ferenz der AfD im märkisch-oder­ländis­chen Neuen­hagen an, die eben­falls von Lars Gün­ther organ­isiert wird. Diverse ultra-rechte Red­ner­In­nen der Partei wollen über die „Soziale Frage“ disku­tieren. Eine weit­ere Demon­stra­tion will „Heimatliebe Bran­den­burg“ am 3. Novem­ber in Eber­swalde abhal­ten. In der Zwis­chen­zeit plant der AfD Kreisver­band Barn­im eine Kundge­bung am 7. Sep­tem­ber in Bernau.
Weit­ere Bilder gibt es: hier.
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Afd in MOL

Hin­ter­gründe zur AfD in Märkisch-Oder­land und der von ihnen organ­isierten Konferenz

Am kom­menden Sam­stag, den 1. Sep­tem­ber 2018, organ­isiert die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ eine Tageskon­ferenz im östlich von Berlin gele­ge­nen Neuen­hagen. Zeit für uns den Organ­i­sa­tion­skreis und die Reden­den mal genauer zu beleuchten.

Unter dem Titel „Der soziale Frieden Deutsch­lands in Gefahr“ will die AfD die The­menkom­plexe Sozial­staat und Arbeits­markt an dem Tag disku­tieren. Selb­stver­ständlich wer­den diese The­men in AfD-Manier – ras­sis­tisch aufge­laden – ver­han­delt. Grun­dan­nahme der AfD sind dabei die Bedro­hung des Sozial­staates durch Ein­wan­derung. Um dem ent­ge­gen zu wirken, soll es Arbeit für Deutsch­land geben. Die Nazi-Kol­le­gen der NPD haben dies ihrer Zeit plumper aus­ge­drückt: Arbeit zuerst für Deutsche. Im fol­gen­den wollen wir ein paar the­o­retis­che Gedanken los wer­den und damit ver­suchen, die Inhalte der AfD-Kon­ferenz in einen gesamt-gesellschaftlichen Rah­men zu set­zen. Uns ist klar, dass dies hier keine umfassende Kri­tik sein kann. Allerd­ings sind einige Gedanken dabei, die wir gerne teilen möcht­en. Im zweit­en Teil geht es um die Reden­den auf der Kon­ferenz. Anschließend soll es um den organ­isieren­den Kreis und die Struk­tur in Märkisch-Oder­land gehen.

Sozialer Frieden?

Die AfD ver­sucht hier klar sich ein neues Poli­tik­feld zu erschließen. Sie will die „soziale Frage“ neu disku­tieren und von rechts beant­worten. Der sug­gerierten Grun­dan­nahme, dass der soziale Frieden in Deutsch­land in Gefahr sei, kommt die AfD im Erk­lärung­s­text zur Kon­ferenz mit der Forderung nach Sicher­heit ent­ge­gen. Unter dem Begriff des sozialen Friedens wer­den die staatlichen Ver­hält­nisse beze­ich­net, die einen Auf­s­tand – maßge­blich der Mar­gin­al­isierten und der „Unter­schicht“ — ver­hin­dern sollen. Geprägt wurde der Begriff in den 50er und 60er Jahren, als der Sozial­staat Hochkon­junk­tur hat­te, west­liche Län­der von Vollbeschäf­ti­gung schwärmten, Gew­erkschaften die Arbeitnehmer_innenposition gestärkt und somit den Klassenkampf in Koop­er­a­tion mit dem Staat beruhigt hat­ten. Mit der Öl-Krise in den 70er Jahren wurde diese Zeit been­det und langsam aber sich­er der uns heute so ver­traute Neolib­er­al­is­mus ein­geleit­et. Damit ging und geht auch heute noch ein mas­siv­er Rück­gang des Sozial­staates ein­her und eine zunehmende Verun­sicherung der Lebensver­hält­nisse durch alle Schicht­en durch. In Frankre­ich und Griechen­land gehen regelmäßig tausende Men­schen auf die Straße und zeigen ihren Protest – sie kämpfen gegen die kap­i­tal­is­tis­chen Angriffe auf soziale Errun­gen­schaften. Das bei uns solche Proteste eher die Aus­nahme – wie bei den Harz-IV Protesten – sind, liegt an der wirtschaftlichen Stärke und der deutschen Hege­monie in Europa. Trotz­dem ist es in Zeit­en, wo Nazis Jagd auf Migrant_innen machen, wie am Woch­enende in Chem­nitz, ein­fach nur eine Farce und hat men­schen­ver­ach­t­ende Züge, wenn von einem sozialen Frieden gere­det wird, der nicht mehr vorhan­den ist. Die Kon­flik­tlin­ie hat sich jedoch von (linken) klassenkämpferischen Auseinan­der­set­zun­gen zunehmend in (rechte) ras­sis­tis­che und chau­vin­is­tis­che Kämpfe gewan­delt, und das auch nicht erst seit gestern.

Das Beson­dere an der Thematik

Der glob­al­isierte Kap­i­tal­is­mus geht mit der Schwächung von nation­al­staatlich­er Sou­veränität ein­her. Die Ursachen für wirtschaftliche Verän­derun­gen und die daraus fol­gen­den Hand­lungsan­forderun­gen an Unternehmen liegen außer­halb des staatlichen Ein­flusses. Sprich der Staat kann nicht mehr im Rah­men sein­er Zugriff­s­möglichkeit­en die wirtschaftlichen Ver­hält­nisse im Land voll und ganz bee­in­flussen. Die ökonomis­che Sou­veränität geht also ver­loren. Dies ist nicht abzuwen­den, ohne sich von der Weltwirtschaft abzuwen­den und so stark bei der eige­nen Wirtschaft­sleis­tung einzubüßen – siehe USA. Weltweit antworten rechte, autoritäre Strö­mungen mit der Forderung nach Stärkung der Nation­al­staat­en als Gegen­strate­gie. Vor allem durch Beto­nung und Bekräf­ti­gung der kul­turellen Sou­veränität. Es entste­ht ein Kul­tur­na­tion­al­is­mus, der „typ­is­che“ Werte und Heimat in den Mit­telpunkt rückt und gegen Bedro­hun­gen aller Art vertei­di­gen will. So befeuern Parteien wie die AfD auch rechte Het­z­jag­den auf den Straßen.

Das Auf­greifen der „sozialen Frage“ kann als Ver­such gese­hen wer­den, den Nation­al­staat auf ein­er neuen Ebene zu stärken. Dafür braucht die AfD einen Ein­fluss auf die ökonomis­che Basis – sprich einen Ein­fluss auf die Arbeitnehmenden.

Gew­erkschaft­sar­beit von rechts

In den ver­gan­genen Jahren haben sich ver­schiedene Arbeitnehmer_innenvertretungen mit AfD-Nähe gebildet. „Arbeit­nehmer in der AfD“ (AidA), „Alter­na­tive öffentlich­er Dienst“, „Alter­na­tive Vere­ini­gung der Arbeit­nehmer“ (AVA) und „Alter­na­tive Arbeit­nehmerver­band Mit­teldeutsch­land“ (Alarm) sind einige, bei den die Nähe sich klar im Namen wieder find­et. Anders ist es bei „Zen­trum Auto­mo­bil“. Die Liste ist – wie im Name deut­lich wird – in ver­schiede­nen Auto­mo­bil­be­trieben vertreten. Grün­der und derzeit­iger Vor­sitzen­der der Liste „Zen­trum Auto­mo­bil“ ist Oliv­er Hilburg­er, der auch als Red­ner bei der Kon­ferenz geladen ist. Bevor er sich mit Gew­erkschaft­sar­beit beschäftigte, spielte er 20 Jahre in der Blood&Honour-Band „Noie Werte“, betrieb das Blood&Honour-Label „Ger­man British Friend­ship“ und hat­te eine gute Fre­und­schaft zum NSU-Unter­stützer Jan Wern­er. Seine Ver­net­zung in die Nazis-Szene nutzt er auch heute noch, um die Liste „Zen­trum Auto­mo­bil“ mit NPD-Funk­tionären, Nazi-Kadern, Konz­er­tor­gan­isatoren und anderen Nazis zu füllen. (aus­führlich­er Artikel dazu im aktuellen Antifa-Infoblatt: AIB 119)

Als rechter Gew­erkschafter wird er über Strate­gien in den Betrieben reden. Dass dies wichtig für die AfD und ihre Gew­erkschaft­sar­beit ist, zeigt ein Zitat von Jür­gen Elsäss­er auf der 7. „Compact“-Konferenz: „Alle Räder ste­hen still, wenn der blaue Arm es will“. Elsäss­er als weit­er­er Red­ner wird über die von Sahra Wagenknecht gegrün­dete Sam­mel­be­we­gung „Auf­ste­hen“ referieren. Er ist Chefredak­teur des recht­en und ver­schwörungs­the­o­retis­chen „Com­pact-Mag­a­zins“, welch­es mit­tler­weile auch als Partei-Organ der AfD gehan­delt wird. Elsäss­er und Hilburg­er sind die einzi­gen Red­ner, die keine AfD-Abge­ord­neten sind.

Weit­ere Redende

Mit Oliv­er Hilbuger wird einem offen beken­nen­dem Neon­azi in einem kom­mu­nalen Gebäude eine Bühne geboten. Doch er ist nicht der einzige mit ein­er stram­men recht­en Ver­gan­gen­heit. Erst in diesem Jahr wurde bekan­nt, dass der geladene Red­ner Andreas Kalb­itz – Land­tagsab­ge­ord­neter aus Bran­den­burg und Lan­desvor­sitzen­der – 2007 an einem Camp der „Heimat­treuen Deutschen Jugend“ teil­nahm. Nicht nur der Name erin­nert an die NS – Hitler­ju­gend. In den Camps wer­den Kinder und Jugendliche mit mil­itärischem Drill und ide­ol­o­gis­ch­er Schule zu poli­tis­chen Sol­dat­en erzo­gen: Hilter-Verehrung, Rassenkunde ste­hen wie NS-Brauch­tum auf dem Lehrplan. Darüber hin­aus beschäftigte Kalb­itz lange Zeit wissentlich den Cot­tbuser Neon­azi Alexan­der Salomon zur Bewäl­ti­gung sein­er Mandatsaufgaben.

Auch Mar­tin Reichardt – MdB aus Sach­sen-Anhalt – beschäftigt min­destens eine Per­son aus dem recht­en Spek­trum. Außer­dem hat seine Mitar­bei­t­erin Christi­na A. bere­its für das „Com­pact-Mag­a­zin geschrieben“. Eben­falls aus dem stramm recht­en Flügel der Partei ist André Poggen­burg geladen, der über seine „nation­alkon­ser­v­a­tive“ Hal­tung in Funk­tion als Vor­sitzen­der der AfD Sach­sen-Anhalt maßge­blich die Poli­tik des Lan­desver­ban­des in diese Rich­tung trieb. Im März diesen Jahres kündigte er auf Druck sein­er eige­nen Frak­tion seinen Rück­tritt von seinen Parteiämtern an. Voraus­ge­gan­gen war seine Het­ze gegen ver­meintliche Türken auf dem poli­tis­chen Ascher­mittwoch der AfD, als er von „Küm­mel­händlern“ und „Kameltreibern“ sprach.

Die einzi­gen bei­den Red­ner­in­nen sind Corin­na Miaz­ga, MdB aus Bay­ern und Jes­si­ca Bießmann, MdA aus Berlin. Miaz­ga warb im Bun­destagswahlkampf für sich mit ihrem Engage­ment gegen geplante Unterkün­fte für Geflüchtete. Zusät­zlich war sie am Entwurf für das geplante Grund­satzpro­gramm der AfD beteiligt, in dem ein generelles Moschee­ver­bot gefordert wurde. Über Bieß­mann ist bish­er wenig bekan­nt. Seit 2016 sitzt sie im Berlin­er Abge­ord­neten­haus, für den Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf.

Die Liste der Red­ner und Red­ner­in­nen zeigt, dass es sich hier um den ultra recht­en Flügel der AfD han­delt. Der Schul­ter­schluss von Neon­azis und AfD wird hier sehr deut­lich, wobei die Gren­ze zwis­chen bei­den schwierig zu ziehen ist.

Der Orga-Kreis und die AfD in MOL

Dass dieser Schul­ter­schluss nicht zufäl­lig ist, lässt sich leicht bei Betra­ch­tung des Kreisver­ban­des Märkisch-Oder­land und damit dem Organ­i­sa­tion­skreis zeigen.

Die AfD-MOL hat nach der Land­tagswahl 2014 zwei Abge­ord­nete nach Pots­dam geschickt. Christi­na Schade und Franz Josef Wiese. Christi­na Schade betreibt in Hoppe­garten in der Mahls­dor­fer Straße 61 ihr Wahlkreis­büro. Sie wird bei der Kon­ferenz die Mod­er­a­tion übernehmen. In Pots­dam scheint sie sich die Zeit mit aller­lei klein­er Anfra­gen quer durch alle The­men­bere­iche zu vertreiben. Franz Josef Wiese betreibt sein Büro in Seelow in der Berlin­er Straße 4. Dem Büro ist noch ein Medi­en­büro angeschlossen, das sich um Image­filme küm­mert. Hier liegt eine maßge­bliche Infra­struk­turein­rich­tung der AfD im Kreis. Herr Wiese ist außer­dem Haup­tini­tia­tor und ‑organ­isator der „Merkel-muss-weg-Mittwochs-Mah­nwachen“ vor dem Kan­zler­amt in Berlin. „Promi­nente“ Gäste waren hier­bei schon Gauland und Höcke. Hil­fe bekam er dabei von anderen AfD-Mit­gliedern im Kreis.

Mit den Kreistagswahlen 2014 hat die AfD drei Sitze im Kreistag bekom­men. Detlev Frye, Rain­er-Ralf Schulz und Win­fried Dreger sind damals für die AfD einge­zo­gen. Dreger ist 2016 aus der Partei aus­ge­treten und hat ver­sucht zur FDP zu wech­seln und sitzt seit­dem frak­tion­s­los im Kreistag. Win­fried ste­ht exem­plar­isch für die Entwick­lung im Kreis: Mit Grün­dung der AfD haben sich auch hier schnell Aktive und Mit­glieder gefun­den. Einen Großteil waren aber eher dem lib­er­al-kon­ser­v­a­tiv­en Flügel um den ehe­ma­li­gen Parte­ichef Bernd Lucke zu zurech­nen. Nach der Parteis­pal­tung um Lucke ist es um viele AfDler der ersten Stunde im Kreis ruhig gewor­den — abge­se­hen von Wiese und Schade, die bis heute dabei sind. Erst in den let­zten 2–3 Jahren ist eine deut­liche Zunahme von Aktiv­itäten und eine mehr rechte und ras­sis­tis­che Agi­ta­tion im Kreis entstanden.

Maßge­blich mit ver­ant­wortlich dafür ist Lars Gün­ther, dem wir auf­grund sein­er Rel­e­vanz noch einen eige­nen Abschnitt widmen.

Detlev Frye war übri­gens eine gewisse Zeit Lan­despress­esprech­er und beteiligte sich in der Ver­gan­gen­heit an recht­en Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen im Kreis (siehe auch Artikel „Braunes Woch­enende in Bran­den­burg“ auf Infori­ot). Zudem kan­di­dierte er als Bürg­er­meis­ter in Lebus, wo er 11% der Stim­men bekam. Zuvor war er jedoch zwei Monate Bürg­er­meis­ter, da der alte Bürg­er­meis­ter sein Amt nicht mehr beziehen kon­nte. Unter Zus­tim­mung von Linke und CDU bestritt er das Amt bis zur Wahl.

Eine weit­ere rel­e­vante Per­son im Kreis ist Andreas Schuf­fen­hauer aus Buck­ow. Der gel­ernte Zim­mer­mann war Bun­destagskan­di­dat bei der Wahl und maßge­bliche Per­son im Wahlkampf. Seine Hal­tung und Ein­stel­lung gibt am besten ein Zitat aus seinem Wahlkampf­tage­buch wieder: „Zuerst und grundle­gend muss die geset­zeswidrige Poli­tik der unkon­trol­lierten Flu­tung durch kul­turfremde und kul­turz­er­störende Massen gestoppt wer­den“. Der Hauch von NS-Sprech im Zitat ist sich­er kein Zufall. Migra­tion war eines der zen­tralen The­men in seinem Wahlkampf.

Ist nicht ger­ade Wahlkampf, wo die AfD massen­haft Infos­tände, Touren und Plakatierun­gen durch­führte, wid­met sich die Kreis­struk­tur der Durch­führung von soge­nan­nten „Stammtis­chen“. Bei diesen öffentlichen Tre­f­fen find­en „Bürg­erge­spräche“ und Vorträge statt. The­ma­tisch geht es vor­rangig um AfD-Poli­tik auf anderen Ebe­nen, wofür auch Abge­ord­nete ein­ge­laden wer­den, um all­ge­meine The­menkom­plexe der AfD wie bspw. Sicher­heit oder um aktuelle und rel­e­vante, lokale Prob­leme aufzu­greifen. Als Orte fungieren in der Regel Gast­stät­ten. Die Stammtis­che dienen dem Sug­gerieren von Bürg­ernähe und der Selb­stin­sze­nierung der AfD als Helfer und Küm­mer­er. Die Stammtis­che find­en mit­tler­weile im ganzen Kreis statt. Noch vor eini­gen Jahren bildete der Berlin­er Speck­gür­tel das Haupt­feld z.b.: Neuen­hagen, Fred­er­s­dorf (im „Hotel Flo­ra“) oder Alt­lands­berg („Samos Restau­rant“). Mit­tler­weile hat sich das Aktion­s­ge­bi­et mehr in den Osten des Kreis­es ver­lagert. Diese Entwick­lung geht mit der oben genan­nten Entwick­lung um die Abspal­tung des lib­er­al-kon­ser­v­a­tiv­en Flügel und der Etablierung des recht­en Flügels auf allen Ebe­nen ein­her. Die Ver­lagerung in den Osten des Kreis­es speist sich auch über die größeren Wahler­folge in der pol­nis­chen Gren­zre­gion zur Bun­destagswahl. Im Kreis­durch­schnitt lag die Partei in MOL bei etwas über 20%. In den Wahlkreisen im Osten erhielt die AfD 3–5% mehr Stim­men als in der Nähe von Berlin — Hochburg war Wriezen mit 27,1%. Heute find­en regelmäßig Stammtis­che, d.h. monatlich in Straus­berg (früher im Restau­rant „Zur Fähre“ mit­tler­weile im „Zum alten Steuer­haus“), in Müncheberg („Weinkeller“) und in Hönow („Hotel Land­haus Hönow“) statt. Zusät­zlich gibt es in Bad Freien­walde und Wriezen unregelmäßig Stammtis­che. Für Straus­berg ist Rain­er Thiel für die Organ­i­sa­tion und Kon­ti­nu­ität ver­ant­wortlich. Dem auch mal mit Reich­skriegs­flagge posieren­den Thiel ist auch die Grün­dung des Ortsver­ban­des Straus­berg in diesem Jahr zu zuschreiben. Auch in Wriezen hat sich erst dieses Jahr im April ein Ortsver­band gegrün­det. Ein Großevent, welche die AfD in der Ver­gan­gen­heit organ­isierte, war ein Vor­trag von Frauke Petry im Okto­ber 2015 auch im Bürg­er­haus Neuenhagen.

Zu Lars Günther

Der schon genan­nte Gün­ther kommt ursprünglich aus dem Oder­bruch, ist nach eige­nen Angaben dort aus­gewach­sen und zur Schule gegan­gen. Er hat lange Zeit in Berlin gelebt, wo er sich stramm rechts poli­tisierte. Er über­nahm 2014 die Organ­i­sa­tion und Anmel­dung der „Friedens­mah­nwachen“ in Berlin. Die zur Zeit der „Ukraine-Krise“ regelmäßig stat­tfind­en­den Mah­nwachen waren ein Sam­mel­beck­en für Verschwörungstheoretiker_innen und Nazis. Vere­inigt hat sich ihr Anti­amerikanis­mus sowie ihr anti­semi­tisch kon­notiertes Denken. Immer wieder gab es Reden über fremde Mächte, die die Welt steuern, der ver­meintlich unsou­verä­nen „BRD-GmbH“ oder „Chem­trails“. Neben Sebas­t­ian Schmidtke (NPD Berlin) haben auch Jür­gen Elsäss­er und Xavier Naidoo immer wieder Reden gehal­ten. Zu bei­den hat Gün­ther spätestens dort Kon­tak­te und Fre­und­schaften aufge­baut. Gün­ther und Elsäss­er sind immer wieder gemein­sam auf Fotos zu sehen, stets in fre­und­schaftlich­er Pose. Darüber hin­aus dient Gün­thers Face­book-Seite als Repro­duk­tion­s­medi­um für alle möglichen Inhalte des recht­en „Com­pact-Mag­a­zins“. Auch sind sämtliche von Gün­ther organ­isierten Ver­anstal­tun­gen mit „Compact“-Postern bestückt. Eine Zusam­me­nar­beit find­et aber auch auf ander­er Ebene statt: Gün­ther schreibt min­destens Online-Artikel für das „Com­pact-Mag­a­zin“, z.B. über die richtige Anmel­dung und Organ­i­sa­tion von Demon­stra­tio­nen (Artikel: Eine kleine Nach­lese zum Frauen­marsch in Berlin“ — „Com­pact Online“).
2016 war er zudem Gast bei der „Compact“-Konferenz und der ver­schwörungs­the­o­retis­chen „Bilder­berg­er-Kon­ferenz“ in Dres­den. Auch ist er seit 2016 Mitun­ter­stützer der von Wiese organ­isierten Mittwochs-Mah­nwachen vor dem Kan­zler­amt (siehe oben).

Mit der Organ­i­sa­tion von Kundge­bun­gen ist er bestens ver­traut: immer wieder trat er in dieser Funk­tion in Berlin auf, zulet­zt bei der recht­en Frauen­de­mo im Feb­ru­ar diesen Jahres. Seit 2015 hat er sein Haup­tag­i­ta­tions­feld jedoch wieder nach Ost­bran­den­burg ver­lagert. Im Herb­st 2015 organ­isierte er zusam­men mit Robert Geb­hardt (Kreisver­band die Rechte, Kreistagsab­ge­ord­neter, Kad­er der „Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder-Barn­im“ — KMOB, zur Zeit gibt er mit sein­er Beteili­gung in Chem­nitz) drei Kundge­bun­gen in Bad Freien­walde und Wriezen. Unter dem Mot­to „Ost­bran­den­burg erwacht“ kamen am 31. Okto­ber 270 Men­schen in Bad Freien­walde zusam­men. Diese Kundge­bun­gen bildet einen Anlauf­punkt für rechte aller couleur aus der Region: Nazis aus der Kam­er­ad­schaftsszene und dem Recht­srock, Iden­titäre und „besorgte Bürg­er“. Charak­ter­is­tisch ist das Über­parteiliche: Gün­ther (AfD) hielt neben Manuela Kokott, Klaus Beier und Andrew Stel­ter (alle NPD) eine Rede. Die Ord­ner­struk­tur über­nah­men Nazis auf dem Umfeld der ver­bote­nen Berlin­er Kam­er­ad­schaft „Front­bann 24“ um Ron­ny und Gesine Schrader.

Auch am 12. Dezem­ber 2015 organ­isierte Gün­ther – ver­mut­lich auch wieder in Zusam­me­nar­beit mit Geb­hardt – eine Demo in Straus­berg unter dem Mot­to „Berlin und Bran­den­burg erwacht“. Anlass war eine geplante Erstauf­nah­meein­rich­tung in Straus­berg Vorstadt. Im gle­ichen Zeitraum lief übri­gens der Bran­den­burg­er PEGI­DA-Ableger alle zwei Wochen durch die Straus­berg­er Alt­stadt. Auch am 12. Dezem­ber wurde wieder über­parteilich und über alle Spek­tren der Recht­en hin­weg mobil­isiert. Berlin­er „Autonome Nation­al­is­ten“ um Tim Wendt und Oliv­er Oeltze waren genau­so vertreten, wie die alte Straus­berg­er Kam­er­ad­schaf­sszene. Dieser kam eine beson­dere Auf­gabe zu: sie stellte mit Björn Zan­der den Fahrer für den Laut­sprecher­wa­gen und über­nahm die erste Rei­he der Demo am Front­trans­par­ent. Der seit den 90er aktive, wegen Mord verurteile Neon­azis Rene Berg­er lief neben anderen Mit­gliedern der ANSDAPO (2005 ver­botene Straus­berg­er Neon­azikam­er­ad­schaft) in der ersten Rei­he. Dies zeigt zum einen, dass die ANS­DAPO-Nazis weit­er aktiv sind – zum Teil als Brud­er­schaft „AO Straus­berg“. Zum anderen macht es den Schul­ter­schluss deut­lich, den Gün­ther immer wieder mit Nazis, sei es von der NPD, die Rechte oder Kam­er­ad­schaften, sucht. Als Organ­isator bietet er allen, die allein keine Organ­i­sa­tion von öffentlichen Ver­anstal­tun­gen übernehmen kön­nen oder wollen, eine Plat­tform. Der Schul­ter­schluss dient der Macht­demon­stra­tion. Die Insze­nierung als Viele, die alle das selbe wollen, und die Bün­delung der Kräfte sind Gün­thers Ziel. Zulet­zt ver­suchte er dies übri­gens am let­zten Son­ntag, dem 26. August in Eber­swalde mit ein­er Kundge­bung. Auch hier sam­melten sich sämtliche Rechte. Mitor­gan­isator war hier ein­er der führen­den Köpfe der Iden­titären-Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg Jan­nik Brämer.

Der 1. September

Lars Gün­thers Erfahrung in der Organ­i­sa­tion solch­er Events lässt auf ihn als Haup­tor­gan­isator und ‑ini­tia­tor schließen. Zudem ist davon auszuge­hen, dass er die nöti­gen Kon­tak­te unter­hält. Der Rest der Kreis­struk­tur wird entsprechend ihrer Fähigkeit­en oder Nicht-Fähigkeit­en zuar­beit­en. Die Kon­ferenz ist auch in den Kon­text der im näch­sten Jahr anste­hen­den Europa‑, Land­tags- und Kreistagswahlen zu set­zen. Wir rufen alle auf sich an der Demo am 1. Sep­tem­ber gegen die AfD-Kon­ferenz zu beteili­gen. Start ist 9.30 Uhr am S‑Bahnhof Neuen­hagen. Set­zt ein Zeichen gegen den Ver­such der AfD, Gew­erkschaft­sar­beit von rechts zu etablieren. Kämpft für eine gutes Leben für alle Men­schen, für eine Per­spek­tive jen­seits von Kap­i­tal­is­mus und nicht für eine beschränk­te nation­al­staatliche Stärke. Gegen die Nazis, die im Bürg­er­haus eine Bühne bekom­men und gegen die Nazis die sich nun AfD nennen.

Wir unter­stützen den Aufruf der „Kein Raum für rechte Het­ze“ Demo!

Kommt alle!

Inforiot