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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Wir weinen, aber niemand hört uns zu”

Geflüchtete aus Bran­den­burg a.d. Hav­el wollen am 30. März unter dem Mot­to „Leben im Lager? Keinen Tag länger!” gegen ihre Lebens­be­din­gun­gen protestieren.

Mitte März im Indus­triege­bi­et von Bran­den­burg a.d. Hav­el: Es sind Minus­grade – und trotz­dem tre­f­fen sich zum wieder­holten Mal Bewohner_innen der Sam­melun­terkun­ft Upstall­straße und Flämingstraße vor ihren Häusern und pla­nen einen Protest vor der Ausländerbehörde.

Worum geht es ihnen? „Ich habe Frau und Kinder. Trotz­dem darf ich nicht mit ihnen zusam­men wohnen”, klagt Bebe­to. Er ist aus Kamerun und wartet seit fünf Jahren auf eine Auszugser­laub­nis aus dem Lager. Auch Eric ist unzufrieden: „Seit Coro­na haben wir absolutes Besuchsver­bot im Lager. Per­ma­nent und unbe­fris­tet. Das ist unmen­schlich, wir brauchen Coro­na-taugliche Regeln”. Auch aus dem Lager raus dür­fen die Bewohner_innen nicht uneingeschränkt: Auf nicht mehr als neun Tage pro Monate haben sie ein Anrecht. „Ist das ein Gefäng­nis?”, fragt ein Bewohn­er kritisch.

Ein­heit der Fam­i­lie und gute Inte­gra­tions­be­din­gungen — nur zwei von ganzen sechzehn Missstän­den, welche die Bewohner_innen ben­nen. Unter ihnen solche, die eigentlich ein Grun­drecht sind: Fam­i­lien­leben und soziale Teil­habe, Bewe­gungs­frei­heit und Mobil­ität, Pri­vat­sphäre und Gesund­heit, Bil­dung und Arbeit.

Die Bewohner_innen richt­en ihre Forderun­gen an konkrete Entscheidungsträger_innen: Mit Jörg Vogler von den Verkehrs­be­trieben Bran­den­burg an der Hav­el GmbH wollen sie über die Wieder-Inbe­trieb­nahme der Buslin­ie C in der Upstall­straße sprechen. Von Doreen Brandt von der Aus­län­der­be­hörde erwarten sie schnellere Entschei­dun­gen beim The­ma Auszug und eigene Woh­nung. Gegenüber den Betreibern der zwei Bran­den­burg­er Heime, das Deutsche Rote Kreuz und die PulsM GmbH, wollen sie gegen die elek­tro­n­is­che Anwe­sen­heit­skon­trolle und die nächtliche Schließung der Küchen ansprechen.

Doch am Ende sehen die jun­gen Leute in den Lagern selb­st Prob­lem und fordern ihre Auflö­sung: „Sie machen das Gegen­teil von Inte­gra­tion – sie isolieren und nehmen uns die Würde”, so Eric. Mit der Kundge­bung wollen sie erre­ichen, dass man ihnen endlich zuhört.
Unter­stützung erhal­ten sie dabei neben See­brücke Brandenburg/Havel, See­brücke Pots­dam und Weltof­fenes Werder auch von eini­gen anderen poli­tisch aktiv­en Geflüchteten aus Bran­den­burg, die ihre Anreise angekündigt haben.

Am 30. März um 15:00 Uhr wollen sie den Protest vor die Aus­län­der­be­hörde am Neustädter Markt tra­gen und laden alle Brandenburger_innen ein, dazu zu kommen.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Wir sind alle Salah!“ 400 Menschen gegen Rassismus

Wir sind alle Salah!“ 400 Menschen gegen Rassismus in Eberswalde

400 Men­schen haben am Son­ntag in Eber­swalde gegen das ungerechte Asyl­sys­tem und den struk­turellen Ras­sis­mus in Deutsch­land demonstriert.

Der 21. März ist der inter­na­tionale Tag gegen Ras­sis­mus – trau­riger Anlass an diesem Tag war der Tod von Salah Tay­yar aus dem Tschad. Nach acht Jahren in Deutsch­land war er ohne sichere Aufen­thaltsper­spek­tive und hat keinen anderen Ausweg mehr gese­hen und sich am 11.03. das Leben genom­men. Ange­hörige und Freund*innen, Aktivist*innen der Gruppe „Barn­im für alle“ und ander­er Geflüchteten-Grup­pen aus Bran­den­burg und Berlin hiel­ten teils kämpferische, teils nach­den­kliche Reden auf dem Bahn­hofsvor­platz. Im Anschluss kamen 200 Men­schen vor das Haus im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel in Eber­swalde, in dem Salah gewohnt hat­ten, um an ihn zu erinnern.

Fotos: https://umbruch-bildarchiv.org/wir-sind-alle-salah/

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Gender & Sexualität

Offener Brief anlässlich des Internationalen Frauentages

Am 8. März 2021 — anlässlich des Inter­na­tionalen Frauen­t­ages — haben geflüchtete Men­schen, mehrheitlich Frauen, in Pots­dam einen offe­nen Brief an den Ober­bürg­er­meis­ter geschrieben und eine Kundge­bung gemacht. Während der Kundge­bung wurde der Protest­brief von der Sozial­beige­ord­neten Frau Meier ent­ge­gengenom­men. Die schutz­suchen­den Men­schen wur­den zu einem Tre­f­fen im Rathaus am 19. März 2021 eingeladen.

Wohl wis­send, dass die Ver­wal­tung in der Ver­gan­gen­heit die Prob­leme der Geflüchteten nicht ernst nimmt, bestanden die Flüchtlinge darauf, den Ober­bürg­er­meis­ter Herr Schu­bert zu tre­f­fen. Dies war nicht möglich. Herr Schu­bert, der unser Schreiben erhielt, delegierte das Tre­f­fen an Frau Meier.

Am 19. März gin­gen vier geflüchtete Frauen zu dem Tre­f­fen und präsen­tierten drei wichtige The­men, die gelöst wer­den sollten:

1. Wir fordern den Rück­tritt vom Aus­län­der­be­hör­denchef Her­rn Meier und ein Par­a­dig­men­wech­sel in der Aus­län­der­be­hörde. Wir wollen das alle Maß­nah­men umge­set­zt wer­den, die das Bünd­nis „Pots­dam beken­nt Farbe“ erar­beit­et hat. Das Papi­er mit den Maß­nah­men find­en Sie hier: https://www.potsdam.de/sites/default/files/documents/anlage_erklaerung_willkommenskultur_etablieren.pdf. Wir sind im Aus­tausch mit zivilge­sellschaftlichen Organ­i­sa­tio­nen wie dem Migranten­beirat und wis­sen, dass nicht nur wir die Pots­damer Aus­län­der­be­hörde als Prob­lem­be­hörde sehen.
Wir wis­sen aus unser­er Real­ität: In den let­zten Jahren hat sich bei der Aus­län­der­be­hörde nichts verbessert, trotz Inte­gra­tionskonzept, Sicher­er Hafen und allen anderen Ver­sprechun­gen. Wenn eine Behörde block­iert, liegt es an dem Chef der Behörde. Wir wis­sen, dass Herr Meier die bish­eri­gen Prozesse nicht unter­stützt, anson­sten hätte sich doch längst etwas geän­dert! Wir benöti­gen Per­so­n­en in der Aus­län­der­be­hörde, die einen Sicheren Hafen und Inte­gra­tion wollen und davon per­sön­lich überzeugt sind. Wir brauchen keine Per­so­n­en wie Her­rn Meier, die die Spiel­räume immer neg­a­tiv ausle­gen und keine Ambi­tio­nen und Ideen haben, etwas zu ändern.Wir wollen, dass sich die Aus­län­der­be­hörde grundle­gend ändert. Wir wollen einen­Par­a­dig­men­wech­sel. Das heißt: Die Haup­tauf­gabe der Aus­län­der­be­hörde soll die Schaf­fung von Bleibe-und Lebensper­spek­tiv­en für die Men­schen sein. Daher erwarten wir von dem Ober­bürg­er­meis­ter genau­so klare Maß­nah­men, wie er sie gegenüber der Bun­desregierung ein­fordert. Er sagte bei einem Besuch im Moria-Camp im Feb­ru­ar 2020 sehr deut­lich: Es darf nicht nur gere­det wer­den, es muss Lösun­gen geben. (https://www.youtube.com/watch?v=fGUOL2cDsvk).
Das sagen wir auch für Pots­dam: Die Lösun­gen ste­hen bere­it, es muss jet­zt gehan­delt wer­den, der Aus­tausch des Behör­denchefs Herr Meier ist ein erster Schritt.

2. Keine weit­ere Block­ade mehr gegen die Erteilung von Aufen­thalt­ser­laub­nis­sen für die Frauen, deren Kinder deutscheS­taat­sange­hörigkeit haben. Seit Jahren belässt die Aus­län­der­be­hörde Pots­dam viele Frauen in Unsicher­heit, obwohl die Frauen ein Recht auf diese Aufen­thalt­ser­laub­nisse haben. DiesePrax­is ist zynisch für eine Stadt, die sich Sicher­er Hafen nennt!

3. Empow­er­ment-Vere­in­barun­gen für alle abgelehn­ten Schutz­suchen­den, ange­fan­gen mit­ge­flüchteten Per­so­n­en aus der Seenotrettung.
Die Aus­län­der­be­hörde soll vom Ober­bürg­er­meis­ter angewiesen wer­den: Statt Men­schen den Abschiebun­gen auszuliefern, sollen für alle –ange­fan­gen bei den Men­schen aus Relo­ca­tion­pro­gram­men aus der Seenotret­tung –Empow­er­ment-Vere­in­barun­gen ges­tartet wer­den! Die Aus­län­der­be­hörde Pots­dam soll eine mehrjährige, sichere Zeit für abgelehnte Asyl­suchende garantieren, in der sie einen Weg zum sicheren Aufen­thalt gezeigt bekom­men und nutzen kön­nen, wie z.B. über Deutschkurse und Aus­bil­dungs-und Jobmöglichkeiten.

Die Frauen wur­den von der Sozial­beige­ord­neten darüber informiert, dass von­der Stadtver­wal­tung momen­tan unter­sucht wird, inwieweit Spiel­räume für pos­i­tive Entschei­dun­gen im Sinne von geflüchteten Men­schen möglich sind. Die Ergeb­nisse sollen erst bis Ende des Jahres vor­liegen! Viel zu spät!!

Am Ende waren wir ent­täuscht. Uns wurde wenig zuge­hört. Auf unsere Forderung, dass der Aus­län­der­be­hör­denchef zurück­treten muss, da er seit Jahren ver­sagt, wurde nicht reagiert. Wir ste­hen wieder mal bürokratis­chen Manip­u­la­tio­nen gegenüber. Sie wollen nicht sofort auf ein drin­gen­des Prob­lem zu reagieren. Aber die Lage der geflüchteten Men­schen ist drin­gend –jeden Tag!
Wir ver­ließen das Gespräch entschlossen, unseren Kampf fortzuset­zen, denn die Prob­leme, mit denen die Flüchtlinge in Pots­dam kon­fron­tiert sind, machen sie kaputt. Pots­dam ist kurz davor, Fälle zu haben, wie das, was ger­ade in Eber­swalde passiert ist ‑Selb­st­mord wegen jahre­langer Dul­dung und ohne Hoffnung.

Wir wer­den unseren Protest in den kom­menden Wochen fortsetzen!

Refugees Eman­ci­pa­tion e.V.

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Antifaschismus Verschwörungsideologie

Querdenken versenken! — Solidarität statt Verschwörung

Sol­i­dar­ität statt Verschwörung

Wie diese Dinge weit­erge­hen und die Ver­ant­wor­tung dafür, […] das ist in let­zter Instanz an uns.“ (Theodor W. Adorno)

Wie stark die extreme Rechte auftreten und mobil­isieren kann hängt davon ab, wie aktiv ihr die Zivilge­sellschaft ent­ge­gen­tritt. Es liegt an uns, ras­sis­tis­chen und faschis­tis­chen Welt­bildern entschlossen den Raum zu nehmen.

Unheil und Katas­tro­phe sind die Antrieb­skraft der extremen Rechte und Pro­pa­gan­da ist für sie ein wichtiges Instru­ment. Es wer­den Unwahrheit­en ver­bre­it­et und das öffentlich Sag­bare gezielt nach rechts ver­schoben. Ins­beson­dere die AfD tut dies, um danach zu behaupten, man sei falsch ver­standen wor­den oder auf der Maus aus­gerutscht. Damit wer­den gezielt rechte Wähler*innen ange­sprochen, während man gle­ichzeit­ig ver­sucht, den bürg­er­lichen Schein zu wahren.

Mit der im let­zten Jahr ent­stande­nen Bewe­gung „Quer­denken“ scheint die AfD eine neue Ziel­gruppe gefun­den zu haben. Während man zu Beginn der Pan­demie noch kri­tisierte, die Regierung würde nicht aus­re­ichend auf die Lage reagieren und die Maß­nah­men seien nicht hart genug, schwenk­te man schließlich auf den Kurs von „Quer­denken“ um und wurde gewis­ser­maßen zum par­la­men­tarischen Arm.

Auch in Bran­den­burg an der Hav­el gibt es einen „Querdenken“-Ableger. Unter dem Namen „Bran­den­burg ste­ht auf“ demon­stri­eren jeden Mon­tag „besorgte Bürger*innen“ Hand in Hand mit Anhänger*innen recht­sna­tion­al­is­tis­ch­er Grup­pe­nund Parteien. Zusät­zlich zu diesen Demon­stra­tio­nen, bei denen Maß­nah­men wie Masken tra­gen und Abstand hal­ten ignori­ert wer­den, find­et nun auch jeden zweit­en Sonnabend Autoko­r­sos statt. An diesen nehmen ca. 450 Per­so­n­en in gut 300 Autos teil. Auch der Direk­tkan­di­dat für den Bun­destag der AfD, Axel Brösicke, befind­et sich unter ihnen und äußert sich immer wieder wohlwol­lend über die Aktivitäten.

Ähn­lich wie die AfD insze­niert man sich auch im Milieu von „Quer­denken“ gerne als Opfer falsch­er Berichter­stat­tung. So sei der ver­suchte Sturm des Reich­stags im let­zten Som­mer drama­tisiert wor­den und die extreme Rechte spiele keine wesentliche Rolle bei den Demon­stra­tio­nen. Dies behauptet auch „Bran­den­burg ste­ht auf“. So wurde im Bezug auf eine in Berlin geplante Ver­anstal­tung in der Telegram-Gruppe disku­tiert, ob dies nicht eine Aktion des Staatss­chutzes sei, um die Bewe­gung zu diskred­i­tieren. Daraufhin wurde durch einen Hauptver­ant­wortlichen erläutert, dass man den Organ­isator aus Berlin kenne, dieser sei „mit Sicher­heit kein Nazi, son­dern Voll­blut­pa­tri­ot“. In der genan­nten Telegram-Gruppe fall­en immer wieder Nutzer*innen mit Reichs­flagge als Pro­fil­bild und ein­schlägi­gen Pseu­do­ny­men auf, in denen bekan­nte Szenecodes wie „88“ (=HH, Heil Hitler) genutzt wer­den. Auch Slo­gans wie „Heimat­treu“ wer­den immer wieder ver­wen­det. Weit­er­hin tauschen im örtlichen und zeitlichen Zusam­men­hang mit den Aktiv­itäten der Gruppe auch immer wieder Stick­er der Anti-Antifa sowie der Iden­titären Bewe­gung in der Stadt auf, nicht sel­ten mit Stick­ern von „Bran­den­burg ste­ht auf“.

Eine Nähe zur recht­en Szene ist also sicht­bar. Zudem kann man im Chat immer wieder klas­sis­che Ver­schwörungserzäh­lun­gen lesen, nach denen geheime Mächte im Hin­ter­grund der Welt­poli­tik steuern wür­den. Diese Erzäh­lun­gen sind tief im Anti­semitismus ver­wurzelt. Auch das immer wieder genutzte Motiv der „Lügen­presse“ hat einen anti­semi­tis­chen Ursprung. Es wurde im Nation­al­sozial­is­mus geprägt, um eine kri­tis­che Presse auch gesellschaftlich zu diskred­i­tieren. So wurde behauptet, dass die Medi­en durch eine jüdis­che Ver­schwörung ges­teuert wür­den, um dem deutschen Volk zu schaden. Hinzu kom­men noch Äußerun­gen, die den Holo­caust rel­a­tivieren und bei denen sich Mit­glieder der Gruppe der­sel­ben Ver­fol­gung aus­ge­set­zt fühlen wie die Jüdin­nen und Juden im NS. Konkret wurde etwa die Möglichkeit der Durch­set­zung der Quar­an­täne für Verweiger*innen mit Konzen­tra­tionslagern gle­ichge­set­zt. Als dies hat nichts mit „Frieden und Frei­heit“ zu tun, wie man es sich gerne auf die Fahne schreibt.

Wer an Ver­anstal­tun­gen dieser Gruppe teil­nimmt und nicht wider­spricht, macht sich wil­lentlich mit Antisemit*innen, Nazis und Verschwörungsideolog*innen gemein. Wer schweigt, akzeptiert.

Am 27.03. plant „Bran­den­burg ste­ht auf“ einen Autoko­r­so. Daher rufen wir zu eine Gegenkundge­bung auf. Kommt am 27. März zum Wiesen­weg und set­zt mit uns ein Zeichen gegen Ver­schwörungserzäh­lun­gen und Anti­semitismus. Bran­den­burg bleibt bunt!

Tre­ff­punkt: Sonnabend, 27.03. um 13.00 Uhr am Wiesenweg

Tragt Masken, hal­tet Abstand, kommt nur, wenn ihr keine Symp­tome habt.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Wir sind alle Salah!” — 400 Menschen gegen Rassismus in EW

400 Men­schen gegen Ras­sis­mus in Eberswalde

400 Men­schen haben heute in Eber­swalde gegen das ungerechte Asyl­sys­tem und den struk­turellen Ras­sis­mus in Deutsch­land demon­stri­ert. Der 21.03. ist der inter­na­tionale Tag gegen Ras­sis­mus – trau­riger Anlass an diesem Tag war der Tod von Salah Tayyar aus dem Tschad. Nach acht Jahren in Deutsch­land war er ohne sichere Aufen­thaltsper­spek­tive und hat keinen anderen Ausweg mehr gese­hen und sich am 11.03. das Leben genommen. 

Ange­hörige und Freund*innen, Aktivist*innen der Gruppe „Barn­im für alle” und ander­er Geflüchteten-Grup­pen aus Bran­den­burg und Berlin hiel­ten teils kämpferische, teils nach­den­kliche Reden auf dem Bahn­hofsvor­platz. Im Anschluss kamen 200 Men­schen vor das Haus im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel in Eber­swalde, in dem Salah gewohnt hat­ten, um an ihn zu erinnern.

Yahia Mohammed, ein Cousin des Ver­stor­be­nen, lebt in Berlin und will die Kundge­bung am Bahn­hof eröff­nen. Aber die Gefüh­le lassen das nicht zu. Nach weni­gen Worten ver­sagt ihm die Stimme – angesichts des Todes von Salah, und der anteil­nehmenden Menge fehlen ihm die Worte, er gibt an den näch­sten Red­ner weiter.

Mustafa Hus­sein ist nicht nur trau­rig, son­dern auch richtig wütend. „Wir erleben hier in Eber­swalde soviel Ras­sis­mus: in der Aus­län­der­be­hörde, beim Sozialamt, bei den Ämtern und auf der Straße – jeden Tag!”. Er ist poli­tis­ch­er Aktivist aus dem Sudan und selb­st wie Salah und viele andere Anwe­sende im Klagev­er­fahren gegen die Ablehnung seines Asy­lantrags. Wie so viele andere ken­nt er nur zu gut den Druck, die Ungewis­sheit und die tägliche Angst wegen der unklaren Per­spek­tive. Für ihn und die anderen geflüchteten Aktivist*innen ist klar, dass dieser Druck, diese Angst Salah in den Suizid getrieben haben. „Wir sind alle Salah!” ist deshalb das Mot­to der Kam­pagne. Auf einem Plakat zer­stört eine Faust eine soge­nan­nte „Dul­dung” – die Art von Ausweis, den viele Geflüchtete bekom­men und mit dem sie kaum Rechte haben. „Stop Dul­dung! Stop mak­ing fear!” ste­ht darauf. 

Noch wüten­der und ent­täuschter ist Ahmed Rahama, eben­falls aus dem Sudan. Er sagt in sein­er Rede:„Fuck Asyl­sys­tem! Die Lage ist für mich ein­fach eskaliert. Ich habe keine Hoff­nung mehr in Deutsch­land zu leben. Fuck Aus­län­der­be­hörde! Fuck struk­tureller Ras­sis­mus in Deutschland!”. 

Fiona Kisoso aus Kenia begin­nt ihre Rede mit ruhi­gen Worten: „Nor­maler­weise habe ich viel Pow­er, wenn ich eine Rede halte. Dies­mal fehlt mir die Energie, es hat mich zu trau­rig gemacht. Ich brauche die Energie von euch!” Sie ani­miert die Menge zu Sprechchören und plöt­zlich scheint doch sehr viel Energie von ihr selb­st zu kom­men. Sie sagt: „Wir wollen nur Chan­cen­gle­ich­heit. Wir wollen eine Chance, uns zu inte­gri­eren, zu arbeit­en, zur Schule zu gehen, ohne von den Behör­den schikaniert und gestresst zu werden.” 

Aziza Al Shar­wi fragt: „Wieviele Salahs brauchen wir, um die ungerecht­en Geset­ze zu ändern?”

Viele schwarze Aktivist*innen haben etwas zu sagen, der Tod von Salah berührt viele, einige sind aus Pots­dam, Berlin oder Brandenburg/Havel angereist. Danach begeben sich immer noch gut 200 Men­schen zum Haus des Ver­stor­be­nen in einem sech­stöck­i­gen Plat­ten­bau im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel, am Stad­trand von Eber­swalde. Auf­grund der Coro­na-Beschränkun­gen hat­te die Polizei keine Demon­stra­tion erlaubt, nur „orts­feste” Kundgebungen.

Vor dem Haus in der Sen­ften­berg­er Str. 4 bit­tet der Cousin des Toten zunächst die anwe­senden mus­lim­is­chen Gläu­bi­gen nach vorn zum Gebet. Nach einem darauf fol­gen­den Moment der Stille geht Salah Bechir, ein Fre­und von Salah Tayyar, ans Mikro­fon, um aus dessen Leben zu erzählen. „Salah hat­te einen Traum, mit dem er nach Deutsch­land kam. Sein Traum war es für seine Fam­i­lie sor­gen zu kön­nen. Er hat­te zwei Kinder und eine Frau im Tschad, die er seit vie­len Jahren nicht sehen kon­nte. Er floh vor dem Mil­itärge­fäng­nis aus dem Tschad nach Libyen. Libyen musste er wegen des Krieges ver­lassen.” Er beschreibt ihn: „Salah war ein stiller, beschei­den­er Men­sch. Dabei war er fre­undlich und immer sehr hilfsbereit.”

Eric von Wel­come Unit­ed, der aus Brandenburg/ Hav­el angereist ist, erk­lärt: „Wir alle kom­men mit Träu­men hier­her. Unser Traum ist es, ein nor­males Leben in diesem Land zu führen. Unser Traum ist in Frei­heit zu leben.”

Die Gruppe „Barn­im für alle” kündigte zum Abschluss eine weit­ere Kundge­bung an einem Dien­stag in den näch­sten Wochen vor der Barn­imer Aus­län­der­be­hörde an.

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Antifaschismus Law & Order

Die Polizei zeigt, auf welcher Seite sie steht

Bere­its in der let­zten Woche zeigte die Polizei in Pots­dam ein­deutig, auf welch­er Seite sie ste­ht, in dem sie einige Corona-Leugner*innen unangemeldet und ohne Ein­hal­tung des Infek­tion­ss­chutzge­set­zes durch die Pots­damer Innen­stadt ziehen ließ. Im Fokus stand dabei eher, die Gegen­demon­stri­eren­den auf Abstand zu hal­ten, zu belehren und abzudrängen.

Auch am gestri­gen Sam­stag zog ein unangemelde­ter Demon­stra­tionszug von Corona-Leugner*innen, Schwurbler*innen und Recht­en durch die Innen­stadt. Gegen­protestierende wur­den bere­its seit dem Mit­tag in der Nähe des Lust­gartens von der Polizei bedrängt und mussten ihre Per­son­alien abgeben. Als sich am späten Nach­mit­tag Gegen­demon­stri­erende dem Demon­stra­tionszug der Corona-Leugner*innen in den Weg stellen woll­ten, ver­suchte die Polizei sofort, dies gewalt­sam zu unterbinden. Es kam zu Über­grif­f­en und Festnahmen.

Während also Corona-Leugner*innen mit ihrem Wan­derzirkus machen kön­nen was sie wollen, die Gesund­heit aller gefährden und ihre ver­schwörungside­ol­o­gis­chen, pop­ulis­tis­chen und anti­semi­tis­chen Inhalte ver­bre­it­en kön­nen, greift die Polizei bei Gegen­protesten sofort und hart durch. Der Polizei ist es wichtiger, ihren Hass auf Linke auszuleben, als den Infek­tion­ss­chutz zu verteidigen.

Meldet euch, wenn ihr von Repres­sion betrof­fen seid.

Rote Hil­fe OG Potsdam

21. März 2021

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Antifaschismus Parlamentarismus

Antifaschistischer Protest laut und sichtbar gegen die AfD

Antifaschistischer Protest laut und sichtbar gegen die Brandenburger AfD in Frankfurt (Oder)

Am ver­gan­genen Sam­stag kam die Bran­den­burg­er AfD in Frank­furt (Oder) zu einem Parteitag zusam­men, um ihre Kandidat_innen für die kom­mende Bun­destagswahl zu bes­tim­men. Die Teil­nehmenden wur­den an der Zufahrt zum Olympiastützpunkt, wo der Parteitag in der Bran­den­burghalle stat­tfand, von einem bre­it­en antifaschis­tis­chen Bünd­nis „begrüßt“.

Ohne Nazis lässt sich ein­fach schön­er leben.

Nach langem Hin und her wegen des zunächst nicht aus­re­ichen­den Hyge­niekonzepts kon­nte der Parteitag des stark vom ange­blich aufgelösten „Flügel“ bee­in­flussten Lan­desver­bands nun doch in Frank­furt (Oder) stat­tfind­en. Ursprünglich wollte der aus­tra­gende AfD-Stadtver­band um den Bun­de­spolizis­ten Wilke Möller eine Genehmi­gung für 700 Delegierte durch­set­zen, scheit­erte aber an der Stadtver­wal­tung, die nur 500 genehmigte, was vom Ver­wal­tungs­gericht später bestätigt wurde. Für die unter hohem Polizeiaufge­bot geschützte Parteiver­samm­lung hät­ten sich die Ver­ant­wortlichen juris­tis­che Auseinan­der­set­zun­gen auch sparen kön­nen. Am Ende waren nicht ein­mal 300 Men­schen in der Halle.

Die antifaschis­tis­chen Kundge­bung war von weit­em gut sicht­bar auf einen Hügel positioniert.

Direkt an der Zufahrt zum Sport­gelände an der Kiel­er Straße kamen rund 250 Antifaschist_innen zusam­men, um gegen den Parteitag der extrem recht­en Partei zu demon­stri­eren. Aufgerufen hat­te das Frank­furter Bünd­nis „Kein Ort für Nazis“, welch­es von zahlre­ichen Ini­tia­tiv­en und Parteien aus ganz Bran­den­burg unter­stützt wurde. Auch das Berlin­er Bünd­nis „Kein Raum der AfD“, die das Woch­enende zuvor gegen den Berlin­er AfD-Parteitag im havel­ländis­chen Paaren am Glien demon­stri­erten, mobil­isierten an die Oder. In mehreren Rede­beiträ­gen wurde auf die Gefährlichkeit der Partei im Land hingewiesen. Mit regelmäßi­gen Anfra­gen zu linken und alter­na­tiv­en Pro­jek­ten im Land­tag ver­sucht die unter dem Recht­sex­tremen Christoph Berndt gelei­t­ende Frak­tion diese unter Druck zu set­zen und ihre Finanzierung in Frage zu stellen. Aber auch auf lokaler Ebene ver­sucht die extrem rechte Partei ihre Strate­gie umzuset­zen. In Frank­furt geri­et so der Vere­in Utopia unter Druck. Ein­er der Stich­wort­führer des Prinzips der Rück­gewin­nung kul­tureller Hege­monie ist der Neon­azi Andreas Kalb­itz. Der ehe­ma­lige Frak­tionsvor­sitzende ist nach wie vor der Teil der Frak­tion im Land­tag und es gibt kaum Anschein, dass sich seine ehe­ma­li­gen Parteikam­er­aden von ihm dis­tanzieren wollen. Das frühere HDJ-Mit­glied Kalb­itz hat­te vor kurzem sog­ar ver­sucht sich als Direk­tkan­di­dat in Süd­bran­den­burg auf­stellen zu lassen.

Der beste Platz für die AfD ist ganz weit unter der Erde.

Gewählt wurde er dieses Woch­enende nicht, dafür aber der Ehren­vor­sitzende Alexan­der Gauland. Eine deut­liche Mehrheit der Anwe­senden wollte ihn auf Lis­ten­platz 1 sehen. Der Höcke-Ver­traute wolle es noch ein­mal wis­sen und auch der näch­sten Bun­destags­frak­tion ange­hören. Ver­hin­dern wolle er damit wahrschein­lich einen zu großen Ein­fluss des nur wenig radikaleren recht­skon­ser­v­a­tiv­en Flügels um Jörg Meuthen, der als Gaulands Wider­sach­er gilt.

Vere­inzelt traut­en sich AfD-Anhänger_in­nen zu Fuß an die Kundge­bung. Lange blieben sie da aber nicht.

Die Bran­den­burg­er AfD tagte nach 2017 nun zum zweit­en Mal in der Bran­den­burghalle. Da die AfD im Stadt­par­la­ment sitzt, ste­hen ihr öffentliche Räume zu. Der Wider­stand dage­gen wird fast auss­chließlich von parteiun­ab­hängi­gen Ini­tia­tiv­en geführt, die in der Ver­gan­gen­heit auch auf ver­fas­sungs­feindliche Äußerun­gen lokaler AfD-Akteur_in­nen hingewiesen haben. Inzwis­chen soll es Über­legun­gen in der Parteizen­trale der Recht­sna­tionalen geben, ihren näch­sten Bun­desparteitag in Frank­furt (Oder) stat­tfind­en zu lassen.
Wenn es dazu kom­men sollte, wird es auch dage­gen zu ver­schiede­nen Protesten kom­men, ist sich ein Sprech­er von „Kein Ort für Nazis“ gegenüber Infori­ot sich­er. Der Aus­tra­gung­sort musste im Übri­gen noch bis kurz vor Ein­tr­e­f­fen der ersten AfD-Mit­glieder gere­inigt wer­den. Der Ein­gangs­bere­ich war zwei Tage zuvor großflächig mit Anti-AfD-Parolen ver­schön­ert worden.

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Arbeit & Soziales Bildung & Kultur Inklusion & Ableism Verschwörungsideologie

Solidarische Zukunft statt Kapitalismus

Seit einem Jahr regiert der Beat des Pan­demie­mange­ments unsere Leben im Zwei­wochen­takt. Und trotz­dem: Infek­tions- und Todesrat­en bleiben hoch, wir gehen brav arbeit­en und müssen uns mit starken Beschränkun­gen von Bewe­gungs­frei­heit und Recht­en arrang­ieren. Unsere Belas­tungs­gren­zen sind erre­icht, soziale Beziehun­gen bröck­eln, Fam­i­lien lei­den unter Mehrbe­las­tun­gen. Exis­ten­z­grund­la­gen gehen ver­loren, nicht nur in der Gas­tro- oder Kul­tur­branche. Dabei ist unter dem Bemühen, sich und andere nicht anzusteck­en, so einiges aus dem Blick ger­at­en. Dass das Ansteck­ungsrisiko in unser­er Freizeit größer sein soll als auf Arbeit, ist nur eine Aspekt davon.

Es läuft schlecht.

Und irgend­wie klappt nichts: Finanzielle Hil­fen kom­men viel zu spät und die Impflo­gis­tik ver­sagt. Die Gesund­heit­sämter kön­nen die Auf­gabe der Pan­demiebekämp­fung nicht erfüllen und in den Kranken­häusern man­gelt es an Per­son­al und Ressourcen. Hard­lin­er ein­er repres­siv­en Sicher­heits- und Überwachungspoli­tik nutzen die „Gun­st der Stunde“, um die Befug­nisse von Polizei und Mil­itär auszudehnen. Die halb­herzige Lock­down­poli­tik hat das Infek­tion­s­geschehen außer Kon­trolle ger­at­en lassen, staatliche Insti­tu­tio­nen ver­sagen und nötige grundle­gende Verän­derun­gen wur­den bish­er nicht ange­gan­gen. Den Preis für dieses Ver­sagen zahlen dabei diejeni­gen, denen es wirtschaftich und sozial ohne­hin nicht gut ging. Ger­ade wer wichtige Sorgear­beit leis­tet, für uns Kinder, Kranke und Alte betreut, aber auch prekär Beschäftigte und kleine Selb­st­ständi­ge tra­gen die größten Risiken und die größten Las­ten. Der Applaus für ihre “Sys­tem­rel­e­vanz” zu Beginn der Pan­demie hat sich für die meis­ten der in diesem Bere­ich Beschäftigten nicht aus­gezahlt. Tat­säch­lich ver­lieren ger­ade viele Beschäftigte auf­grund der Schließung von Fir­men und Geschäften Einkom­men und Erspar­nisse, eine Entwick­lung die sich in den näch­sten Monat­en noch ver­schär­fen wird. Für Erwerb­slose und arme Men­schen gibt es kaum Unter­stützung. Wer wenig hat, hat Mühe das Wenige durch die Pan­demie nicht zu ver­lieren. Und wer schon vor der Pan­demie am Rand der Gesellschaft stand, wird noch nicht mal bei ein­fach­sten Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men bedacht, wie die Sit­u­a­tio­nen von Geflüchteten oder Obdachlosen zeigen.

Nicht für alle.

Großun­ternehmen prof­i­tieren hinge­gen von staatlichen Hil­fen, die Gewinne großer Tech-Unternehmen steigen kon­tinuier­lich und je nach Stand der Ver­hand­lun­gen um die Impf­stoffe schießen auch die Börsenkurse in die Höhe. Auch auf dem Immo­bilien­markt sorgt die Pan­demie für sat­te Gewinne. In beein­druck­ender Schnel­ligkeit wur­den Mil­liar­den­hil­fen für die Lufthansa bewil­ligt. Die Ver­mö­gen der Millionär*innen und Milliardär*innen sind 2020 schneller gewach­sen als in den Jahren zuvor. Tat­säch­lich ist es die Umverteilung von Ver­mö­gen von unten nach oben, die durch die Coro­n­apoli­tik einen Boost erfährt.

Und die Zer­störung schre­it­et voran.

Gle­ichzeit­ig stößt uns Coro­na auf ein weit­eres ungelöstes Prob­lem: Die durch die immer weit­er inten­sivierte Aus­beu­tung natür­lich­er Ressourcen zum Zwecke der Prof­it­max­imierung vor­angetriebene Umweltzer­störung trägt dazu bei, dass ver­mehrt neue Viren auf den Men­schen überge­hen. Coro­na ist nicht die erste, und wird nicht die let­zte Pan­demie sein. Die gle­iche Ursache, die unge­hemmte Ver­w­er­tung der Natur zu wirtschaftlichen Zweck­en, treibt den Kli­mawan­del voran, der die Lebensver­hält­nisse auf diesem Plan­eten drastisch zu ver­schlechtern dro­ht. Und wie im Falle der Pan­demie beste­hen die staatlichen Gegen­maß­nah­men aus ein­er Mis­chung aus leeren Ver­sprechun­gen und der Hoff­nung, es würde sich auf wun­der­same Weise eine tech­nis­che Lösung ergeben. Statt inter­na­tionaler Zusam­me­nar­beit und gegen­seit­iger Hil­fe wird der Großteil der Men­schheit vom Zugang zu Impf­stof­fen und Medika­menten aus­geschlossen bzw. mit den Fol­gen des Kli­mawan­dels alleingelassen.

Das Prob­lem heißt Kapitalismus.

Die Prob­leme, deren Auswirkun­gen ger­ade unseren All­t­ag bes­tim­men, existierten auch schon vor Coro­na. In der Pan­demie zeigen sich aber deut­lich die Charak­ter­is­ti­ka dieser Gesellschaft­sor­d­nung, des Kap­i­tal­is­mus. Die Bekämp­fung der Pan­demie scheit­ert so vor sich hin, weil dieses Wirtschaftssys­tem, das auf Prof­it­max­imierung um jeden Preis beruht und die dazuge­hörige poli­tis­che Ord­nung nicht in der Lage sind, dieser etwas effek­tiv ent­ge­gen­zuset­zen. Denn zur Bekämp­fung der Pan­demie wäre Koop­er­a­tion notwendig sowie die Organ­i­sa­tion der Güter­pro­duk­tion und ‑verteilung ent­lang men­schlich­er Bedürfnisse und nicht von Gewin­ner­wartun­gen. Das ist aber nicht vere­in­bar mit den grundle­gen­den Struk­turen unser­er Gesellschaft.

Das Prob­lem heißt Kap­i­tal­is­mus und darüber müssen wir reden. Dass die Coro­n­apoli­tik vor allem Wohlhaben­den und Reichen zugute kommt und für alle anderen nur Trostpflaster vorhält, macht viele wütend. Das ist aber auch ohne Coro­na der kap­i­tal­is­tis­che Nor­malzu­s­tand. Dass Krankenpfleger*innen als “sys­tem­rel­e­vant” beklatscht, aber nicht bess­er bezahlt wer­den, während Milliardär*Innen reich­er wer­den, dass Men­schen um ihre Gesund­heit und ihr Leben fürcht­en, während sich Konz­erne im Tech­nolo­gie,- Medi­zin,- und Finanzsek­tor über das Virus als Wach­s­tums­beschle­u­niger freuen, ist nach den Maßstäben dieser Gesellschaft: nor­mal. Eben­so, dass Deutsch­land durch seinen ökonomis­che und poli­tis­che Macht dazu beiträgt, weltweit Men­schen vom Zugang zu Medi­zin und Impf­stoff auszuschließen. Deshalb ist das kein Nor­malzu­s­tand, zu dem wir zurück­wollen. Allein schon nicht, weil dieser Nor­malzu­s­tand der Pan­demie den Weg ebnete: — schließlich wurde Coro­na erst in Verbindung mit dem kaputtges­parten und pri­vatisierten Gesund­heitssys­tem zur Katas­tro­phe. Die Pan­demie hat so die grundle­gen­den Struk­turen dieser Gesellschaft offen gelegt.

Das gilt es zu ändern. Ein erster Schritt dazu wäre, sich gemein­sam gegen die gegen­wär­ti­gen und kom­menden Zumu­tun­gen zu wehren.

Deswe­gen:
Raus auf die Straße am 24. April 2021, 14 Uhr, Pots­dam Babels­berg Rathauskreuzung.
Kämpferisch und mit Abstand gegen das kap­i­tal­isi­tis­che Pandemiemangement!

 

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Antifaschismus

Kundgebung gegen den Landesparteitag der AfD

Aufruf zur Kundge­bung gegen den Lan­desparteitag der AfD in Frank­furt (Oder) am 20./21.03.
Sam­stag, 20. März, 9:00 Uhr, Bran­den­burghalle der Sports­chule FFO

Am 20. und 21. März trifft sich die AfD zu einem Lan­desparteitag mit mehreren hun­dert Teilnehmer*innen in Frank­furt (Oder).
Das will das Bünd­nis Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder) nicht kom­men­tar­los hinnehmen!
Wir hal­ten zusam­men gegen den recht­en Rand. Wir sind anti­ras­sis­tisch, queer und antifaschis­tisch. Wir sind Jung und Alt, bunt und viele. Zeigen wir der AfD, dass ihre Partei und ihre unsol­i­darische und men­schen­ver­ach­t­ende Hal­tung auch in Frank­furt (Oder) nicht willkom­men ist. 

Kein Lan­desparteitag für die AfD!

Deshalb rufen wir am Sam­stag, dem 20. März, 9:00 Uhr, zur Kundge­bung vor der Bran­den­burghalle auf.
Es wer­den Rede­beiträge gehal­ten und Musik gegen die Faschist*innen gespielt. Beteiligt euch in eur­er gewählten Weise, z.B. mit eige­nen Ban­nern oder Transparenten.
Bei der Kundge­bung gilt eine Pflicht zum Tra­gen ein­er medi­zinis­chen Maske (bitte eigene Masken mit­brin­gen). Bitte achtet außer­dem auf die gel­tende Abstands­ge­bot von 1,50 Meter.

Warum es uns wichtig ist, den Lan­desparteitag der AfD nicht unwider­sprochen zu lassen:
Die AfD ist eine recht­sradikale und men­schen­ver­ach­t­ende Partei, die alle Lebens­for­men bekämpft, die nicht ihrer weißen, männlichen und het­ero­sex­uellen Norm entsprechen. Das ist schlicht faschis­toid. Zudem nutzt die AfD ihre Ressourcen gezielt, um andere rechte und faschis­tis­che Bewe­gun­gen zu unter­stützen. Sie ist der par­la­men­tarische Arm ein­er erstark­enden recht­sradikalen Bewe­gung. Egal ob man von der AfD in Par­la­mentsre­den und Pressemit­teilun­gen verunglimpft wird oder von lokalen Neon­azis durch die Straßen gejagt wird: gemeint sind wir alle!

Wie in vie­len Orten in Bran­den­burg beteiligten sich auch hier in Frank­furt (Oder), zulet­zt im Novem­ber, AfD-Mit­glieder und Abge­ord­nete an Coro­na leug­nen­den Ver­anstal­tun­gen. Sie wählten mit Christoph Bernd einen seit Jahren offen recht­sex­tremen Poli­tik­er zu ihrem Fraktionsvorsitzenden.
Und nun hält die AfD Bran­den­burg in der inter­na­tionalen Woche gegen Ras­sis­mus ihren Lan­desparteitag hier in FfO ab.

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Anreise
— Berlin Ostkreuz, 7:39 Uhr: Regional­ex­press 1 Rich­tung Frank­furt (Oder)
— Bahn­hof Frank­furt (Oder), 8:46 Uhr: Bus 980 (Rich­tung Kopernikusstraße) bis Hal­testelle Kiel­er Straße
oder früher/später: Bus 981 Rich­tung Booßen bis Ham­burg­er Straße
— 2 Minuten Fußweg bis Kundge­bung­sort an der Bran­den­burghalle (Sten­daler Straße 26, 15234 Frank­furt (Oder))

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Selbstmord in Eberswalde aus Angst vor Abschiebung

Kunge­bun­gen „Wir sind alle Salah!”
So, 21.3.21, 13 Uhr
Eber­swalde Hbf /
15 Uhr Sen­ften­berg­er Str. (Bran­den­bur­gis­ches Viertel)

Salah Tay­yar, ein Geflüchteter aus dem Tschad, nahm sich am ver­gan­genen Don­ner­stag das Leben in seinem Haus in der Sen­ften­berg­er Str. 4 im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel in Eber­swalde. Er hat­te im Tschad jahre­lange Folter im Gefäng­nis erlebt, trotz­dem bekam er in seinen 8 Jahren in Deutsch­land keine Aufen­thaltsper­spek­tive. Im April hätte er vor Gericht die let­zte Chance gehabt, noch Asyl zu bekom­men. Wie klein diese Chance für Men­schen aus dem Tschad ist, wusste er sehr genau.

Die Gruppe „Barn­im für alle!” ruft unter dem Mot­to „Wir sind alle Salah!” auf zu zwei Kundge­bun­gen am Inter­na­tionalen Tag gegen Ras­sis­mus, Son­ntag, 21.3.21, um 13 Uhr Eber­swalde Hbf und um 15 Uhr in der Sen­ften­berg­er Str. im Bran­den­bur­gis­chen Viertel.

Stop the racist system!

Salah Tay­yar kam als junger Mann im Tschad wegen Unge­hor­sam in ein Mil­itärge­fäng­nis. In den zweiein­halb Jahren dort, so schilderte er es in seinem Asylver­fahren, wur­den er und andere Gefan­gene regelmäßig gefoltert. Nach jahre­langer Flucht durch Libyen und übers Mit­telmeer erre­ichte er Deutsch­land. Da nach Ein­schätzung des Bun­de­samtes für Migra­tion und Flüchtlinge (BAMF) der Tschad ein weit­ge­hend sicheres Land ist, wurde sein Asy­lantrag abgelehnt. Acht Jahre lang kämpfte er mit Hil­fe ein­er Anwältin um ein Recht zu bleiben. Im April hätte er einen let­zten Ter­min vor dem Ver­wal­tungs­gericht Frankfurt/Oder gehabt. „Salah Tay­yar wusste sehr genau, dass er trotz sein­er Geschichte fast keine Chance hat­te, vom Gericht Asyl zuerkan­nt zu bekom­men.”, erk­lärt Philipp Grun­wald, der ihn im Rah­men der Asylver­fahrens­ber­atung kan­nte und den Gericht­ster­min im April mit ihm vor­bere­it­et hat­te. Fre­unde und Ange­hörige bestäti­gen, dass die unklare Aufen­thaltsper­spek­tive das Prob­lem war, das ihn in Depres­sion stürzte und eine Behand­lung sein­er Trau­ma­tisierun­gen unmöglich machte.

Als Geflüchtete haben wir eine klare Mei­n­ung über den Selb­st­mord dieses jun­gen Mannes, der (…) in Deutsch­land fast 8 Jahre lang (…) an der Ungewis­sheit gelit­ten hat.”, schreibt die Gruppe „Barn­im für alle”, in der sich Geflüchtete gegen Ras­sis­mus organ­isieren, in ein­er Erk­lärung von Mon­tag Abend. „Dieser Druck führte zu seinem Selb­st­mord. Diesem Druck ist eine große Gruppe von Geflüchteten im Barn­im und ganz Deutsch­land aus­ge­set­zt.” Die Gruppe macht das deutsche Asyl­sys­tem und die Lan­des- und Land­kreis­be­hör­den direkt für den Tod des Mannes ver­ant­wortlich: Er sei „Opfer eines ras­sis­tis­chen Regimes, das Geflüchtete so lange ver­fol­gt und unter Druck set­zt, bis sie den Selb­st­mord als let­zten Ausweg sehen.” „Was kommt als näch­stes?”, fragt der Aufruf, und kündigt an: „Wir lassen das nicht ste­hen — wir vergeben nicht, wir vergessen nicht.” Weil viele Geflüchtete in der­sel­ben per­ma­nen­ten Unsicher­heit über ihren Aufen­thalt in Deutsch­land leben müssen, ent­stand das Mot­to: „Wir sind alle Salah!”

Am Inter­na­tionalen Tag gegen Ras­sis­mus, Son­ntag, 21.3.21, sollen deshalb zwei Kundge­bun­gen stat­tfind­en: 13 Uhr Eber­swald Hbf., 15 Uhr Sen­ften­berg­er Str. im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel, vor dem Haus, in dem Salah Tay­yar wohnte. Außer­dem ruft die Gruppe zu Spenden für die Fam­i­lie des Mannes auf. Noch offen sei es, ob er in Deutsch­land beerdigt oder sein Leich­nam in den Tschad über­führt wird.

Heute, am Dien­stag 16.3.21, um 17 Uhr wer­den Ange­hörige und Freund*innen vor dem Haus Sen­ften­berg­er Str. 4 in Eber­swalde Kerzen anzün­den. Mit­trauernde und Presse-Vertreter*innen sind willkommen.

Kon­tak­te zu einem Ange­höri­gen und einem Fre­und für Inter­views ver­mit­teln wir gern.

refugees-wel­come @ so36 . net

Tel. 0163 – 85 10 186

Web­sites: http://refugeeswelcomebarnim.blogsport.de/

b‑asyl-barnim.de

Spendenkon­to:

Barn­im für alle
IBAN: DE 78 1705 2000 1110 0262 22
Sparkasse Barnim

Ver­wen­dungszweck: Wir sind alle Salah!

Inforiot