Aram M.: „Nach Armenien zurückzukehren ist für mich keine Option!“
Während seines 17. Lebensjahrs stellte der heute 30-jährige Aram fest, dass er sich von Männern angezogen fühlt. Ein Gefühl, das in seinem Heimatland Armenien unter anderem als Krankheit eingestuft wird. Als er im Jahr 2004 zum Wehrdienst eingezogen werden soll, weigert er sich diesen anzutreten, denn als Homosexueller unter Menschen zu sein, die nicht männlich genug sein können, ist für ihn undenkbar. Des Weiteren fürchtet er Übergriffe, sollten sie von seiner Homosexualität erfahren.
Er wird vom Gericht zu acht Monaten Gefängnis verurteilt. Von August 2004 bis April 2005 muss er ins Gefängnis. Dort ist er nicht nur den verbalen Diskrimnierungen der Mithäftlinge und Wärter_innen sondern auch ihren körperlichen Übergriffen ausgesetzt. Durch die Schläge leidet er bis heute unter einer Tinituserkrankung. Nach seiner Freilassung erhält er noch ein Jahr und vier Monate auf Bewährung, Am meisten trifft Aram jedoch die Reaktion seiner Eltern – sie begegnen ihm mit Abneigung und erklären, er sei eine Schande für die Familie. Der Vater schlägt ihm einen Deal vor: wenn Aram sich bemüht, eine Frau zu heiraten und ein aus seiner Sicht normales Leben zu führen, darf er weiterhin im Elternhaus wohnen. Aram stimmt dem zu. Bis zum Jahr 2010 gibt es keine weiteren Probleme, Aram versteckt seine Homosexualität und macht eine Ausbildungen zum Frisör und eine weitere zum Floristen. Eines Tages kommt jedoch sein Vater unerwartet nach Hause und trifft dort Aram und einen Freund eng umschlungen und küssend an. Der Vater verweist seinen Sohn der Wohnung. Dieser lebt fortan in einer Wohngemeinschaft. Jeden Job, den er annimmt, verliert er nach nur wenigen Wochen, da seine Arbeitgeber_innen über seine Homosexualität informiert werden. Aram sieht für sich keine Perspektive in seinem Heimatland und beschließt im März 2011 dieses zu verlassen und in Belgien Asyl zu beantragen. Nachdem sein Antrag abgelehnt wird, bleibt ihm nur die Möglichkeit, wieder nach Armenien zurückzukehren.
Dort hat sich seine Situation jedoch nicht verändert – die Familie wollte weiterhin nichts mit ihm zu tun haben, die gefundene Arbeit verlor er schnell wieder. Nachdem Aram einige Zeit auf der Straße lebte, entschied der sich zum Jahresende 2013 dafür, nach Russland zu gehen und dort ein neues, ein besseres Leben zu beginnen. Er fand Arbeit und hatte eine Wohnung und fand schnell einen Freund. Beide entschließen sich zusammen ein Zimmer in einer 2‑Raum-Wohnung anzumieten. Die Vermieterin, sie wohnt im zweiten Zimmer, ahnt nicht, dass die beiden jungen Männer ein Paar sind. Doch eines Tages beobachtet sie die beiden, wie sie sich küssen. Daraufhin ruft sie die Polizei. Aram und sein Lebenspartner werden verhaftet und in der Polizeistation diskriminiert, geschlagen. Des weieteren wird ihnen sexualisierte Gewalt angedroht, nachdem sie sich weigerten ein Dokument zu unterzeichnen, in dem sie sich zu ihrer Homosexualität bekennen. Als sie wieder freigelassen wurden, fanden sie Unterschlupf in einem Heim. Dort lebten sie jedoch in getrennten Räumen und verbargen ihre Partnerschaft vor den anderen Bewohner_innen.
Am Abend des 30. Mai 2015 trafen sie sich in einem Park, um Zeit gemeinsam zu verbringen. Eine Gruppe von fünf Männer folgte ihnen, beschimpfte sie homophob und schlug sie anschließend zusammen. Sowohl Aram und als auch sein Lebensgefährte verloren während des Übergriffs das Bewusstsein. Die beiden jungen Männer beschließen, weder die Polizei noch ein Krankenhaus aufzusuchen, da sie Angst vor weiterer Repression haben. Sie zogen sich anschließend in ihre Zimmer zurück und warteten bis die Wunden verheilten. Im Verlauf des Juli buchten sie zwei Flugtickets nach Istanbul mit Zwischenstopp in Berlin. Am 29. Juli landete das Paar in Berlin-Tegel und beantragte Asyl. Im sogenannten kleinen Interview machten sie nicht nur Angaben zu ihrem Reiseweg, sondern auch über ihre Erfahrungen in Russland und Armenien.
Vom Flughafen werden sie in die brandenburgische Erstaufnahmestelle nach Eisenhüttenstadt transferiert. Dort müssen sie in getrennten Zelten schlafen, da die Lagerleitung die Partnerschaft der beiden Männer nicht anerkennt. Nach zwölf Tagen wird Aram nach Frankfurt/Oder und Vlad nach Brandenburg an der Havel transferiert. Vlad gelingt es, Kontakt zu lokalen LGBTI-Aktivist_innen herzustellen. Gemeinsam setzen sie sich mit Erfolg für die Zusammenführung des Paares ein. Aufgrund der sich langsam zuspitzenden Situation im Heim und der Erfahrung mit einer anderen LGBTI-Aktivistin — sie wurde im Heim wegen ihrer sexuellen Orientierung angegriffen — wohnen die beiden mit einem weiteren lesbischen Paar in einer Verbundwohnung. Während Aram ein Praktikum in einem Frisösalon macht, geht Vlad zum Deutschkurs. Ende April bekommt Aram einen Brief mit dem Interviewtermin, Vlad erhält keinen Brief. Erst nachdem Unterstützer_innen wiederholt Druck auf das BAMF ausgeübt hatten, erhalten beide einen gemeinsam Termin am 10. Mai. Während seiner Befragung wird der Versuch Arams, über die Diskriminierung in Armenien zu sprechen, vom BAMF-Mitarbeiter mit der Begründung abgelehnt, dass Aram aus Russland eingereist sei und deswegen nur Russland eine Rolle spielt. In dem am 21. Juni erhaltenen Negativbescheid wird darauf verwiesen, dass Aram in Armenien nicht verfolgt werden würde und auch keine begründete Furcht vor Verfolgung vorgebracht hat. Des Weiteren wird darauf verwiesen, dass er Familie vor Ort hat und diese ihn unterstützen könnte. Das BAMF gab Aram im Interview am 10. Mai weder die Möglichkeit über seine Verfolgung in Armenien zu berichten, noch hat es die Aussagen vom 29. Juli 2015 berücksicht, in denen klar steht, dass Arams Familie ihn verstoßen hat und er in Armenien verfolgt wird. Des Weiteren wird seine Beziehung zu Vlad nicht anerkannt.
Wir verurteilen die Praxis des BAMF scharf und fordern die Anerkennung der Lebenspartnerschaft von Vlad und Aram. Des Weiteren fordern wir eine Neubewertung seines Antrags unter Berücksichtigung aller von ihm vorgebrachten Fluchtgründe.
Aram und Vlad bleiben hier!
Autor: Finn
Offener Brief zur Perspektive der Migrationssozialarbeit als Fachberatungsdienst in Brandenburg
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Woidke,
sehr geehrte Frau Ministerin Golze,
wir unterstützen nachdrücklich die mit dem Landesaufnahmegesetz beschlossene Ausweitung der Migrationssozialarbeit. Schutzsuchende Menschen sind in vielen Lebenslagen auf eine kompetente Beratung angewiesen, die sie dabei unterstützt, ihre Interessen und Bedürfnisse durchzusetzen. Die überregionalen und auch einzelne regionale Flüchtlingsberatungsstellen in Brandenburg bringen diese Kompetenzen mit und haben in ihrer langjährigen Arbeit eine sehr gute Vernetzung vor Ort aufgebaut. Das Landesaufnahmegesetz übergibt die Bereitstellung der Migrationssozialarbeit als Fachberatungsdienstallerdings in die Hände der Landkreise und kreisfreien Städte, womit aus unserer Sicht einige Probleme verbunden sind.
Die erfolgreiche, in vielen Jahren gewachsene und vor Ort gut verankerte Arbeit der bestehenden unabhängigen und überregional arbeitenden Beratungsstellen wird mit der Kann-Bestimmung in § 12 Abs. 2 LAufnG ganz real aufs Spiel gesetzt, wie erste Erfahrungen bereits jetzt zeigen. Da kein landeseinheitliches Verfahren vorgesehen ist, droht den bestehenden Strukturen in ersten Landkreisen die Entziehung ihrer Existenzgrundlage – etwa in Oberhavel, wo der Landkreis eine Gesellschaft in eigener Trägerschaft gegründet hat, ohne das bestehende Angebot zu beachten. In anderen Landkreisen ist eine Übertragung auf Träger erwartbar, die enge Verbindungen zu Politik und Verwaltung pflegen und kaum praktische Erfahrungen in der Flüchtlingssozialarbeit vorweisen – das bisherige erfolgreiche Konzept wird nicht ausgeweitet, sondern unterhöhlt.
Wir wollen das an zwei ausgewählten Punkten verdeutlichen:
Alles aus einer Hand?
Die Landkreise und kreisfreien Städte sind neben ihrer Zuständigkeit für die Migrationssozialarbeit als Fachberatungsdienst häufig auch für die Unterbringung – oft in Gemeinschaftsunterkünften – und mit den
Ausländerbehörden auch für den Vollzug des Ausländerrechts zuständig. Beratungsarbeit, die immer die individuellen Bedürfnisse von Ratsuchenden in den Mittelpunkt stellt, wird unter den Zweifel gestellt, dass eine – vermeintliche oder tatsächliche – Abhängigkeit der Beratungsstelle vorliege. Es kann zu Interessens- und Loyalitätskonflikten mit dem Arbeitgeber kommen, ggf. unbequeme Beratungsarbeit, etwa wo es um das Sozialamt oder die Ausländerbehörde geht, wird erschwert bzw. unmöglich gemacht. Es ist zu erwarten, dass das Vertrauensverhältnis zu Geflüchteten und vielfach auch zu ehrenamtlichen Begleiter_innen, Dolmetscher_innen und anderen Unterstützer_innen aufgrund der Neustrukturierung maßgeblich und bleibend gestört wird.
Bereits in ihrem offenen Brief vom 14. Dezember 2015, als das LAufnG erst im Entwurf vorlag, hatten die flüchtlingspolitischen und Willkommens-Initiativen im Land Brandenburg dazu geschrieben:
„Unsere Erfahrungen mit Entlassungen engagierter SozialarbeiterInnen und BeraterInnen in den Landkreisen lassen uns um unabhängige Beratung fürchten. Eine vertrauenswürdige Beratungsstelle muss auch gegenüber der Praxis der Ausländerbehörde kritisch sein können. Wenn sie strukturell von der Institution abhängig ist, die sie kritisieren soll, entstehen Interessenkonflikte. Gute Beratung ist unserer Erfahrung nach eines der häufigsten Bedürfnisse von Geflüchteten. Die gleiche Erfahrung machen diejenigen von uns, die an Erstaufnahmeeinrichtungen tätig sind.“
Subsidiarität!
Wir schließen uns der Einschätzung der LIGA der freien Wohlfahrtspflege an, die in der Kann-Regelung eine Abkehr vom Subsidiaritätsprinzip sieht – der Staat soll erst dann tätig werden, wenn in der Vielfalt der Trägerlandschaft niemand gefunden werden kann, der/die das Angebote ermöglicht. Wir betrachten mit Sorge, wie immer neue Verwaltungsstrukturen aus dem Boden sprießen, und zwar längst nicht nur in der Beratung von Asylsuchenden und Geduldeten. Durch die zu befürchtende Umkehr vom Prinzip vielfältiger, freier und vor allem unabhängiger Profile in der Beratungsarbeit wäre ein Qualitätsverlust zu befürchten, der dem Geist des Grundgesetzes widerspricht.
Beratung im Interesse von Asylsuchenden und Geduldeten: unabhängig und parteiisch!
Vor diesem Hintergrund wollen wir Sie eindringlich darum bitten, nicht nur eine zielgruppenspezifische, sondern vor allem eine zielgruppengerechte Migrationssozialarbeit als Fachberatungsdienstin Brandenburg sicherzustellen. Die „aus ihrer Aufnahme- und Aufenthaltssituation begründeten besonderen Lebenslagen“ von Asylsuchenden und Geduldeten machen es geradezu erforderlich, für die in § 12 LAufnG beschriebenen Aufgaben /keine/kommunale Trägerschaft zu ermöglichen, sonst steht nicht nur die langjährige Expertise der
bisherigen Berater_innen auf dem Spiel, sondern der Sinn des ganzen Unterfangens. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Interessen von Schutzsuchenden und kommunalen Verwaltungen nicht zusammenfallen, sich oft sogar widersprechen. Beratungsarbeit muss stets parteiisch im Sinn der Ratsuchenden sein.
Diese Beratung muss auch und gerade das Recht auf Information über den Verlauf des Asylverfahrens sowie behördliche Entscheidungen, die die Person unmittelbar betreffen, umfassen.Dazu gehören aber auch das Recht auf Rechtsbehelfe und unentgeltliche Rechtsberatung und ‑vertretung in Rechtsbehelfsverfahren sowie das Recht auf unentgeltliche Erteilung von rechts- und verfahrenstechnischen Auskünften, das Recht auf Begleitung zu Anhörungen beim BAMF durch eine_n Rechtsanwält_in oder „sonstigen nach nationalem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberatern“ [1].
Dies ist Schutzsuchenden in Brandenburg nur dann möglich, wenn sie einen Zugang zu einer Beratung haben, von der sie nicht nur sachkundig, sondern auch unabhängig von Interessen Dritter – d.h. auch///*weisungsungebunden*/– über ihre Pflichten im Asylverfahren, aber auch über andere sie betreffende rechtliche Regelungen informiert und beraten werden. Die Wohlfahrtsverbände in Brandenburgund freie Trägerbieten seit vielen Jahren eine solche Beratung an, weil insbesondere im ländlichen Raum Fachanwält_innen fehlen. Sie berücksichtigen dabei Qualitätsstandards und die Bestimmungen des
Rechtsdienstleistungsgesetzes.
Wir appellieren deswegen an Sie, alles Ihnen Mögliche zu tun, um die bisherigen unabhängigen Beratungsstrukturen in ihrer Existenz zu sichern und für die neu aufzubauenden Strukturen zu gewährleisten, dass konzeptionell, personell und institutionell /Unabhängigkeit/gegeben ist. Die ausstehenden Verordnungen zum LAufnG sollen unter allen Umständen dazu genutzt werden, die Qualität der Beratung sicherzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Flüchtlingsrat Brandenburg
Dieser Brief wird unterstützt von:
Barnimer Kampagne „Light me Amadeu“, Eberswalde
ESTAruppin e.V.
Evangelische Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Farfalla, Waßmannsdorf
FluMiCo – Flucht & Migration Cottbus
Flüchtlingshilfe Großbeeren e.V.
Hennigsdorfer Ratschlag
Initiative Barnim für alle
Kontakt- und Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, Bernau
Landesjugendring Brandenburg e.V.
Netzwerk Flucht und Migration Stadt Guben
Perleberg hilft
Vielfalt statt Einfalt – für ein freundliches Frankfurt (Oder)
Willkommen in Fürstenberg
Willkommensinitiative Joachimsthal
Willkommen in Oberhavel
Willkommen in Oberkrämer, Leegebruch und Velten
Willkommen in Oranienburg e.V.
Willkommen in Wandlitz/AG Basdorf
Willkommen in Zehdenick
Pfarrer Andreas Domke, Vorsitzender der Synodalen AG „Flucht und
Migration“ des Kirchenkreises Oberes Havelland
Angela Rößler, Potsdam-Konvoi
Annelies Rackow, Verein zur Förderung der Lebensqualität VFL-Bautzen
e.V., Schlieben
Bärbel Böer, Flüchtlingsnetzwerkkoordination, Brandenburg an der Havel
Franziska Kusserow, Potsdam-Konvoi
Klaus Kohlenberg, Freie Asylsuchenden-Beratungsstelle in Oranienburg-Lehnitz
Marianne Strohmeyer, Multitudeinitiative
Mathias Tretschog, Schluss mit Hass
Rainer E. Klemke, Willkommensteam des Bürgervereins Groß Schönebeck
Andrea Honsberg, Eberswalde
Anke Przybilla, Wandlitz
Dr. Darja Brandenburg, Ludwigsfelde
Gabriele Jaschke
Lynne Hunger, Potsdam
Dr. Margarete Steger
Michael Elte, Oranienburg
[1] Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU, Artikel 19–23, und
Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU, Kapitel V, Artikel 26, beide
veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 29.06.2013.
Heute haben die Grünen auf ihrer Fraktionspressekonferenz erklärt, dass sie ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) im Landtag einbringen werden. Der Verein Opferperspektive fordert ein solches schon länger und begrüßt die Gesetzesinitiative, denn diese würde eine wichtige Lücke im Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen schliessen.
Im Jahr 2013 hat sich das Land Brandenburg die Bekämpfung von Rassismus als Staatsziel in der Landesverfassung verankert. Auch europäisches Recht und das Grundgesetz verpflichten staatliche Stellen, die Bewohner_innen des Landes vor Diskriminierungen zu schützen. Dennoch gibt es in Brandenburg immer noch keinen vollen Rechtsschutz für Betroffene von Diskriminierungen.
Zwar schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) des Bundes Betroffene auf den Gebieten des Arbeits- und Zivilrechts, die z.B. durch Arbeitgeber oder Vermieterinnen diskriminiert werden. Doch gegenüber Diskriminierungen durch staatliche Stellen, z.B. durch Polizisten oder Lehrerinnen, ist das AGG nicht anwendbar. Diesen Bereich zu regeln ist Aufgabe der Bundesländer.
Mit der Einführung eines LADG würde Brandenburg 1.) einen Rechtsschutz für Betroffene von Diskriminierung durch staatliches Handeln einführen, 2.) die öffentliche Hand verpflichten, konkrete Maßnahmen gegen Diskriminierung in ihren Institutionen umzusetzen und 3.) eine mit umfassenden Kompetenzen ausgestattete Landesantidiskriminierungsstelle aufbauen.
Nadja Hitzel-Abdelhamid von der Antidiskriminierungsberatung Brandenburg im Verein Opferperspektive erklärt dazu: “Mit einem LADG hört das Land auf, allein von seinen Bürger_innen Fairness zu fordern, und fängt vorbildhaft bei sich selbst an: Mit einem LADG verbietet es seinen eigenen Institutionen jede Form von Diskriminierung und sorgt damit in den staatlichen Strukturen dafür, dass alle Menschen in Brandenburg gleich behandelt werden!”
Menschen, die durch staatliche Institutionen aus rassistischen Gründen, wegen ihrer Herkunft, Nationalität, Sprache, ihres Geschlechts, ihres Lebensalters, ihrer sexuellen Identität, religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen oder wegen ihres sozialen Status diskriminiert werden, würden in ihrer Position gestärkt, weil ihnen ein Rechtsweg eröffnet würde.
Ein voller Rechtsschutz ist dringend nötig, denn Diskriminierungen nehmen in der Gesellschaft insgesamt massiv zu. Sie fangen an, wenn Witze über Schwule gemacht oder Muslime beleidigt werden und setzen sich fort, wenn Polizist_innen Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe als Täter behandeln oder eine Schülerin mit Kopftuch bei gleicher Leistung schlechtere Noten als ihre Mitschüler_innen erhält. Von Beschwerden wegen Diskriminierung profitiert das Land, denn nur wenn Menschen sich beschweren, werden Muster von Diskriminierung sichtbar und so veränderbar.
Ein LADG sorgt für gleiche Chancen und gleiche Teilhabe für alle, die in Brandenburg leben.
Am 1. Mai demonstrieren traditionell extrem rechte Parteien, um den Tag die deutschen Arbeiter zu feiern, den die Nationalsozialisten 1933 als nationalen Feiertag eingeführt haben.[1] Zum diesjährigen „Tag der Arbeit“ mobilisierte u.a. die neonazistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ zu einem bundesweiten Aufmarsch ins vogtländische Plauen. Etwa 1.000 Neonazis kamen dann auch aus nahezu dem gesamten Bundesgebiet nach Sachsen, um gegen Kapitalismus und für einen deutschen Sozialismus zu demonstrieren (dass sich hinter diesen Parolen keine emanzipatorischen oder egalitären Ansätze verbergen, sollte klar sein).[2] Obwohl die Partei noch recht jung ist und nur wenige hundert Mitglieder bundesweit besitzt, war der diesjährige Aufmarsch der größte am 1. Mai in 2016. Bereits im vergangenen Jahr konnte „Der III. Weg“ die meisten Neonazis für ihren Aufmarsch in Saalfeld gewinnen.[3] Angemeldet wurde der Aufmarsch von Tony Gentsch, stellvertretender Leiter des Gebietsverband „Mitte“, zu dem, mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns, alle neuen Bundesländern sowie Berlin gehören.[4] Der im uckermärkischen Angermünde wohnende Matthias Fischer, Leiter des selbigen Gebietsverbands, war die zweite zentrale Person an diesem Tag.
Den ebenfalls bundesweiten Aufmarsch der NPD in Schwerin folgten lediglich 400 Menschen.[5] Weitere Versammlungen der Partei mit weit weniger Resonanz fanden in Bochum (180), Wurzen (80) und Berlin (50) statt.[6] Die vor allem in Nordrhein-Westfalen aktive Neonazi-Partei „Die Rechte“ mobilisierte in die thüringische Landeshauptstadt Erfurt; dort kamen 250 Neonazis zusammen.[7]

Frankfurter Neonazis auch in Plauen
Unter den angereisten Neonazis waren auch auffallend viele aus Brandenburg.[8] Neben den beiden Landkreisen Uckermark und Potsdam-Mittelmark, in denen „Der III. Weg“ bereits Stützpunkte aufgebaut hat, waren auch Anhänger aus anderen Regionen erschienen. Darunter waren auch bekannte Neonazis aus Frankfurt (Oder) und dem angrenzenden Landkreis Oder-Spree. Laut Beobachter_innen ist von mindestens elf Neonazis aus der Region Frankfurt (Oder) auszugehen, die nach Plauen anreisten. Neben Peer und Franziska Koss, beide OrganisatorInnen der extrem rechten Gruppen „Frankfurt/Oder wehrt“ und „Beeskow wehrt sich“, waren dies vor allem jüngere Neonazis. Zu ihnen gehörten Dennis Kunert, Romano Gosda, Justin Dominik Kleinert und Patrick Fertig, aber auch der bereits bei den sogenannten „Autonomen Nationalisten Oder-Spree“ (ANOS) aktiv gewesene Martin Schlechte[9] sowie Jessica Kautz. Die Fleischereiverkäuferin aus Frankfurt (Oder) gehörte beim hiesigen Neonaziaufmarsch am 1. November 2015 zu den EinpeitscherInnen und gab für die TeilnehmerInnen die Parolen vor.[10] Gemeinsam liefen sie im mittleren Block zusammen mit weiteren Neonazis aus Brandenburg. Gosda trug zudem eine in neonazistischen Kameradschaften verbreitete schwarzen Fahne mit der kleinen Aufschrift „Frankfurt/O.“, was eine regionale Zuordnung für Außenstehende deutlich machte. Allen gemeinsam ist ihre regelmäßige Teilnahme an den rassistischen Aufmärschen von „Frankfurt/Oder wehrt sich“, die seit Januar 2015 insgesamt sieben Mal in der Oderstadt stattfanden.[11] Dass sie sich nun in größerer Gruppe an der zentralen „III. Weg“-Demonstration beteiligten, ist da nur folgerichtig. So gehörte die Neonazi-Partei, die in Brandenburg bislang vor allem von Maik Eminger geführt wurde, von Anfang an zu den Unterstützern der Frankfurter Aufmärsche. Anfangs noch bedeckt, wurden sie im zunehmenden Maße präsenter. Immer wieder reisten auch AktivistInnen aus dem Stützpunkt Potsdam/Mittelmark an.[12] Zu ihnen gehört auch Pascal Stolle. Das ehemalige NPD-Mitglied, welches Anfang letzten Jahres zum „III. Weg“ wechselte, gehört zu den regelmäßigen RednerInnen auf den extrem rechten Veranstaltungen in Frankfurt und ist inzwischen auch nach Eisenhüttenstadt gezogen. Auch er war in Plauen anwesend, lief aber getrennt von den übrigen BrandenburgerInnen im ersten Block.
Tatkräftige Hilfe beim Aufbau von Strukturen
Die Unterstützung des „III. Weg“ von Anti-Asylprotesten, zu dem sie auch einen Leitfaden verfasst hat,[13] zielte auch auf eine weitere Rekrutierung von ParteianhängerInnen ab. Dies scheint bei den TeilnehmerInnen der Frankfurter und Beeskower Aufmärsche Früchte getragen zu haben. Seit der ersten großen Kundgebung der neonazistischen Partei am 21. Februar 2015 in Eisenhüttenstadt nahm Peer Koss regelmäßig an ihren Veranstaltungen teil.[14] Er gehörte zu den TeilnehmerInnen der Mobilisierungsveranstaltungen in Beelitz und Brück (beide Potsdam-Mittelmark) zum Aufmarsch am 1. Mai;[15] ebenso war er bei der Vorstellung des „III. Weg“ durch Matthias Fischer in Beeskow im März diesen Jahres dabei.[16] Peer und seine Frau Franziska sind inzwischen Mitglieder geworden und trugen ihre Parteizugehörigkeit am 1. Mai in Plauen auch offen zu Schau.

Mit dem „III. Weg“-Kader Pascal Stolle als regelmäßiger Redner und der regelmäßigen Teilnahme des „III. Weg“ an der Neonaziaufmärschen in der Region gelangt es der extrem rechten Partei, neue AnhängerInnen zu finden. Mit der Mitgliedschaft der beiden HauptorganisatorInnen der Versammlungen von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ und „Beeskow wehrt sich“ werden diese in Zukunft noch stärker an der Politik der Partei ausgerichtet sein. Es bleibt nur noch eine Frage der Zeit, bis sich nach den Stützpunkten Potsdam/Mittelmark, Mittelmark (Havel) und Uckermark ein vierten Stützpunkt auch im Oderland gründen wird. Für die immer weiter schwächelnden NPD in Brandenburg wird sie damit zunehmend zur Gefahr. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass bekannte NPD-Kader die Teilnahme an dem parteieigenen Aufmarsch im näheren Schwerin der „III. Weg“-Demonstration im fernen Plauen vorzogen.[17]
Quellen
1 Vgl. Gesetz über die Einführung eines Feiertags der nationalen Arbeit, http://www.verfassungen.de/de/de33-45/feiertag33.htm, abgerufen am 3. Mai 2016.
2 Vgl. arbeiterkampftag.info, abgerufen am 3. Mai 2016.
3 Vgl. Witzgall, Thomas: 1.Mai in Saalfeld: Unverantwortliche Polizeistrategie im Umgang mit dem größten Neonazi-Aufmarsch des Tages. In: Endstation Rechts. Bayern, https://www.endstation-rechts-bayern.de/2015/05/1‑mai-in-saalfeld-unverantwortliche-polizeistrategie-im-umgang-mit-dem-groessten-neonazi-aufmarsch-des-tages/, abgerufen am 3. Mai 2016.
4 Vgl. „Der III. Weg“: Gebietsverband „Mitte“ der Partei „Der III. Weg“ gegründet!, http://www.der-dritte-weg.info/index.php/menue/1/thema/69/id/6062/akat/1/infotext/Gebietsverband_Mitte_der_Partei_Der_III._Weg_gegruendet/Politik_Gesellschaft_und_Wirtschaft.html, abgerufen am 3. Mai 2016.
5 Vgl. Freiers, Horst: NPD: Bedingungsloser Wahlkampf. In Blick nach Rechts,
http://www.bnr.de/artikel/hintergrund/npd-bedingungsloser-wahlkampf, abgerufen am 3. Mai 2016.
6 Vgl. Presseservice Rathenow: Nachbetrachtung des 1.Mai: ??Brandenburger? ?Neonazis? zog es vor allem ins sächsische ??Plauen?. In: inforiot.de, https://inforiot.de/nachbetrachtung-des-1-mai-%E2%80%AA%E2%80%8Ebrandenburger%E2%80%AC-%E2%80%AAneonazis%E2%80%AC-zog-es-vor-allem-ins-saechsische-%E2%80%AA%E2%80%8Eplauen%E2%80%AC/, abgerufen am 3. Mai 2016.
7 Ebenda.
8 Ebenda.
9 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): Neonazistische Jugendkultur im Wandel am Beispiel der “Autonomen Nationalisten Oder-Spree”, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/05/19/neonazistische-jugendkultur-im-wandel-am-beispiel-der-autonomen-nationalisten-oder-spree/.
10 Vgl. inforiot.de: Braunes Wochenende in Brandenburg, https://inforiot.de/braunes-wochenende-in-brandenburg/, sowie Pressedienst Frankfurt (Oder): Bild 19, https://www.flickr.com/photos/pressedienst_frankfurt-oder/22064405754/in/album-72157660679120421/, beide abgerufen am 3. Mai 2016.
11 17. Januar, 14. Februar, 25. April, 25. Juli, 3. Oktober, 1. November (alle 2015), sowie am 20. Februar 2016. Vgl. hierzu auch die Artikel auf inforiot.de und recherchegruppeffo.noblogs.org.
12 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ mit dem „III. Weg“, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/05/21/frankfurt-oder-wehrt-sich-mit-dem-iii-weg/.
13 Vgl. „Der III. Weg“: KEIN ASYLANTENHEIM IN MEINER NACHBARSCHAFT! Wie be- bzw. verhindere ich die Errichtung eines Asylantenheims in meiner Nachbarschaft. Bad Dürkheim, Stand 08/2015.
14 Vgl. Pressedienst Rathenow: Eisenhüttenstadt: Aufmarsch von III. Weg, NPD und „Freien Kräften“, https://inforiot.de/eisenhuettenstadt-militante-neonazis-hetzten-gegen-asylsuchende/, abgerufen am 3. Mai 2016.
15 Vgl. Pressedienst Rathenow: Beelitz / Brück: Neonazis mobilisierten für Aufmarsch am 1. Mai, https://inforiot.de/beelitz-brueck-neonazis-mobilisierten-fuer-aufmarsch-am-1-mai/, abgerufen am 3. Mai 2016.
16 Vgl. „Der III. Weg“: Parteivorstellung im Raum Beeskow, http://www.der-dritte-weg.info/index.php/menue/1/thema/69/id/6279/akat/1/infotext/Parteivorstellung_im_Raum_Beeskow/Politik_Gesellschaft_und_Wirtschaft.html, abgerufen am 3. Mai 2016.
17 Vgl. Presseservice Rathenow: Nachbetrachtung des 1.Mai: ??Brandenburger? ?Neonazis? zog es vor allem ins sächsische ??Plauen?. In: inforiot.de, https://inforiot.de/nachbetrachtung-des-1-mai-%E2%80%AA%E2%80%8Ebrandenburger%E2%80%AC-%E2%80%AAneonazis%E2%80%AC-zog-es-vor-allem-ins-saechsische-%E2%80%AA%E2%80%8Eplauen%E2%80%AC/, abgerufen am 3. Mai 2016.
Seit Ende Oktober letzten Jahres veranstaltet der rechte Verein „Zukunft Heimat“ (ZH) im Spreewald mehrere Demonstrationen. Im monatlichen Rhythmus demonstrierte „ZH“ in Lübben (Dahme-Spreewald) und Lübbenau (Elbe-Elster). Die Demonstrationen verzeichneten anfangs bis zu 800 Teilnehmende, während die Zahlen in den letzten Monaten rückläufig waren. Zunehmend weichen die Organisator_innen auf weitere Städte im Spreewald aus und bieten damit eine Bühne für nationalistische und rassistische Gruppierungen verschiedenster Spektren. Wir wollen das Treiben nicht hinnehmen und rufen zu einer antifaschistischen Kaffee-Fahrt am 28. Mai in den Spreewald auf!
Who the f*** is „Zukuft Heimat“?
Der Verein „ZH“ hat seinen Urspung in der Bürgerinitiative aus dem Dorf Zützen, einem Ortsteil der Stadt Golßen. Im Sommer 2015 hatte „Pro Zützen“ eine Unterbringung von 100 Geflüchteten in dem 350-Einwohner-Dorf kritisiert, aber nicht grundsätzlich abgelehnt. Am 30. Juni fand eine Demonstration von Zützen nach Golßen unter dem Motto „Demokratie wagen“ statt, an der mehr als 150 Menschen teilnahmen. „Mehr Bürgerbeteiligung“ und eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten wurde gefordert. Aus „Pro Zützen“ hat sich dann im August 2015 der eingetragene Verein „Zukunft Heimat“ entwickelt. Den Vorsitz des Vereins hat Christoph Berndt inne, der als Vorsitzender des Fakultätspersonalrats an der Berliner Charité tätig ist. Am 11.04.2016 beobachtete er die Kundgebung von Bärgida am Berliner Hauptbahnhof.
Sie sind ja keine Nazis, aber…
Nach außen präsentiert sich „ZH“ bürgernah, lehnt formell jegliche Form von sogenannten „Extremismus“ ab. Allerdings offenbaren die Bündnisparter_innen des Vereins, zu denen die Brandenburger AfD, Pegida-Ableger aus der Region und die Gruppierung der Identitären gehören, die deutlich rechtsgerichtete Ausrichtung von „ZH“. Schon frühzeitig konnte „ZH“ eine personelle Verbindung zum verbotenen Spreelichter-Netzwerk nachgewiesen werden, was das Image einer scheinbar harmlosen Protestbewegung schnell bröckeln ließ. Auch Mitglieder der JN Brandenburg konnten die Demonstrationen im Spreewald mobilisieren. Als Redner_innen bei Demonstrationen und Vortragende bei Informationsveranstaltungen über die “Heimat” lud man sich Aktivisten der neurechten Zeitung “Compact” ein.
Die Radikalität des Umfeldes von „ZH“ wurde erst vor einigen Wochen im Nachbarort Vetschau deutlich. Unbekannte verübten in der Nacht zum 30. April einem Brandanschlag auf eine symbolische Protestaktion des „Netzwerks für ein tolerantes Vetschau“. Das Netzwerk hatte in Zusammenarbeit mit Geflüchteten im Vorfeld der ersten Demonstration von „ZH“ in Vetschau bunte Luftballons und Transparente am Eingang zur Stadt befestigt, um zu zeigen, dass rassistische Hetze im Ort nicht erwünscht ist. Unbekannte verwüsteten die Protestaktion und setzten den Maibaum und einen Heuschober in Brand. Zudem wurden „Nein zum Heim“ Plakate an Orteingangsschildern angebracht.
Es gibt kein ruhiges Hinterland!
In Lübben, Lübbenau und Vetschau blieben Gegenproteste zu den Demonstrationen von „ZH“ fast gänzlich aus. Doch so langsam regt sich Widerstand. Erst im März diesen Jahres gründete sich in Lübbenau die Initiative „Laut für den Spreewald“ und veranstaltete am 9. April eine erste eigene Demonstration. Am 28. Mai soll eine weitere Demonstration der Initiative folgen. Wir rufen auf sich der Demonstration anzuschließen und die lokalen Akteuer_innen vor Ort zu unterstützen!
Auch wenn es sich um eine eher bürgerliche Demonstration handelt, sehen wir darin die Chance den rechten Strukturen im Spreewald etwas entgegen zu setzen. Über den eigenen Tellerrand zu schauen und verschiedene Menschen in ihren Kämpfen zu unterstützen. Lasst uns gemeinsam eine antifaschistische Kaffee-Fahrt in den Spreewald unternehmen und den antirassistischen Widerstand auf die Straße tragen!
28.05 | 14:00 | Marktplatz Lübben | „Laut für den Spreewald“-Demonstration
FB: facebook.com/events/1685565481712188/
Gemeinsame Anreise:
12:30 | Bhf. Ostkreuz | Gleis 13 | Abfahrt 12:53
Infoveranstaltung:
12.05. | 20:00 | Schreina47 (Schreinerstraße 47, Berlin)
Web: http://agbrb.blogsport.eu/brandenburg-abend/
FB: facebook.com/events/646489095508614/
Mai 2016,
Antifa goes Brandenburg [AGB]
An die Befreiung vom Nationalsozialismus und das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa gedachten etwa 200 Menschen am Sonntagabend in Bernau. Der 8. Mai ist fester Bestandteil antifaschistischer Gedenkkultur und wurde, wie auch in den Vorjahren durch das Bernauer Netzwerk für Weltoffenheit organisiert.
Wir als Bernauer Antifaschist_innen erinnern am 8. Mai an die Opfer der schrecklichen Taten der Nationalsozialisten. Der Tag ist ebenso ein Anlass den Frauen und Männern der Roten Armee und der alliierten Streitmacht für die Zerschlagung Nazi-Deutschlands zu danken und die Befreiung vom deutschen Faschismus zu feiern.
Das Gedenken teilete sich in drei Station: Die erste Kundgebung begann am Denkmal für die Gefallen der Roten Armee mit Redebeiträgen des Bürgermeisters André Stahl (Die Linke) sowie einem Vertreter der russischen Botschaft. In der Eröffnung von Thomas Sohn (Die Linke) wurde deutlich, dass es nicht an diesem Tag nicht nur um das Erinnern an die Vergangenheit geht, sondern auch um die heutige politische Situation. Hass und Gewalt gegen Geflüchtete sind dieser Tage mehr denn je präsent. Die Bundesrepublik Deutschland, als eine der größten Waffenexporte der Welt, sei mitverantwortlich für die vielen Millionen Menschen, die auf der Flucht vor Hunger, Gewalt und Terror sind.
An der zweiten Station, dem Deserteurdenkmal auf der gegenüberliegenden Straßenseite, erinnerten Mitglieder der evangelischen Gemeinde an jene Kriegsdienstverweigerer, die gefoltert und ermordet wurden. Sie forderten „Nie wieder Faschismus, Nie wieder Krieg!“. Auch an dieser Station war die aktuelle Politk ein Thema: Am Rande wurden Unterschriften gegen Waffenhandel gesammelt.
Zum Abschluss feierten die Anwesenden, bei strahlendem Sonnenschein, auf dem Marktplatz. Der Jugendtreff DOSTO lud zum Festessen ein — denn der 8.Mai ist nicht nur ein Tag des Gedenkens, sondern auch des Feierns.
Seit mehreren Wochen finden in Potsdam nun in unregelmäßigen Abständen Demonstrationen der Neonazis und Rassist_innen um den Potsdamer Pegida-Ableger “Pogida” statt. Doch nicht nur damit haben Potsdamer Antifaschist_innen zu kämpfen. Bei jedem Aufmarsch hinterlassen auch ca. 1000 Polizist_innen ein Spure der Gewalt und Willkür. So kam es seit den ersten Aufmärschen immer wieder zu massiven Übergriffen seitens der Polizei gegen antifaschistische Gegendemonstrant_innen. Hier eine, bei weitem nicht vollständige,
Auflistung der letzten Monate:
Am 13.1. wurden Sitzblockaden durch Pfeffersprayeinsatz und Schläge mit Fäusten und Tonfas aufgelöst. Es fanden keinerlei Durchsagen oder Erklärungen seitens der Polizei vor der Räumung statt. Die Gewaltanwendung war unmittelbar. Mehreren Demonstrant_innen wurde dabei von Polizisten an den Po gegrabscht.
Am 20.1. wurde ein Jugendlicher im Potsdamer Hauptbahnhof von Polizist_innen in einem nicht einsehbaren Seitengang zusammengeschlagen. Er erhielt im Anschluss eine Anzeige wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Ein Gegendemonstrant wird in Zentrum Ost ohne Anlass brutal zu Boden gerissen, dabei sein Knie und Rücken derart verletzt, dass er stationär behandelt werden musste.
Am 22.1. prügelt die Polizei bei einer AfD-Veranstaltung 150 Gegendemonstrant_innen ca. 15m (!) weiter von einem Veranstaltungsort, der der Polizei nicht genehm war (nachdem die Polizei sie vorher durchgelassen hatte). 5min (!) nachdem die Leute weggeprügelt wurden, wird die Versammlung der AfD beendet. Polizist_innen die massiv zuschlugen drehten sich danach unter dem Schutz ihrer Kolleg_innen weg um nicht durch ihre Kennzeichnung identifiziert werden zu können.
Am 27.1. werden Gegendemonstrant_innen nicht zu genehmigten Versammlungen durchgelassen. Ein Umstand der in Potsdam aufgrund weiträumigen Absperrungen zu einem weiteren traurigem Merkmal der “Pogida”-Aufmärsche wird.
Am 10.2. wird eine Gegendemonstration nicht bis zum genehmigten Endpunkt gelassen. Einem Gegendemonstranten wird bei einem Polizeieinsatz die Hand gebrochen, dabei schlägt ein Beamter auf die Hand eines Jugendlichen. Die Folge ist ein offener Knochenbruch.
Am 17.2. wird eine friedliche Sitzblockade in der Großbeerenstr. nach Beendigung des “Pogida”-Aufzuges eingekesselt. Es gelingt jedoch dem Polizeikessel durch Hausaufgänge zu entfliehen. Auf dem Rückweg von den gelungenen Blockaden in der Großbeerenstr. werden willkürlich Menschen kontrolliert. Diese werden abgeschirmt, ED-behandelt, teilweise abgefilmt und ihre Personalien festgestellt. Im Anschluss stürmten Polizist_innen das Nowawes, eine Kneipe in Babelsberg, angeblich auf der Suche nach einem Straftäter. Nachdem die Polizist_innen durch erfolgreiche Gegenwehr der Kneipenbesucher_innen nicht in die Kneipe gelangten, verprügelten sie, wie auf einem Video gut dokumentiert ist, mehrere Menschen und nehmen offensichtlich wahllos die nächst greifbare Person mit. Obwohl diese seit Beginn der versuchten Stürmung ganz vorne steht, machen diese Person Beamt_innen anfangs keine Ansätze sie festzunehmen. Offenbar war das eine willkürliche Festnahme für die Statistik.
Die Ausmaße der Polizeigewalt sind sicherlich viel umfangreicher, nur von einem kleinen Teil haben wir mitbekommen. Doch was können wir tun? Auch wenn es jede_r selbst entscheiden sollte wie damit umzugehen ist, raten wir davon ab Anzeigen zu stellen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Gegenanzeigen wegen Widerstandes das Mittel der Wahl der handgreiflichen Beamt_innen ist. Außerdem ermitteln Cops gegen Cops, kein Umstand der großes Vertrauen in eine wie immer geartete Strafverfolgung aufkommen lässt. Hier Gerechtigkeit zu erwarten ist sinnlos.
Daher passt gut aufeinander auf, bildet Bezugsgruppen, schaut nicht weg bei Polizeigewalt, seid für einander da. Meldet dem EA Festnahmen und auch wenn die Person wieder draußen ist. Wendet euch an die Rote Hilfe, wenn ihr Post von Polizei, Staatsanwaltschaft oder Amtsgericht bekommt. Besprecht die Vorfälle gemeinsam und lasst Raum für Ängste und Wut holt euch ggf. professionelle Hilfe. Gemeinsam gegen Rassismus und Polizeigewalt!
Schon am frühen Nachmittag gab es in Potsdam ein überdimensioniertes Polizeiaufgebot, um am Abend die inzwischen schon bekannten Pogida-Dauerschleife, vom Hauptbahnhof, über die Lange Brücke bis zum Filmmuseum, durchzusetzen. Von den geplanten vier geplanten Gegenveranstaltungen wurden aufgrund von Polizeiauflagen und Schikanen nur drei als sinnvoll erachtet und durchgeführt. Insgesamt nahmen an den Protestaktionen etwa 600 Menschen teil, die die 45 Pogida-Anhänger_innen lächerlich wirken ließen.
Auf der Neonaziseite lief im Prinzip alles wie immer, nur mit angeblich neuem Chef. Der nennt sich Holger Schmidt und ist hauptsächlich dadurch aufgefallen, dass er wenig aufgefallen ist. Wie immer stand Christian Müller im Mittelpunkt der Veranstaltung und verteilte die Aufgaben und machte die Ansagen. Christian Müller bekundete dann auch, dem neuen Veranstalter gerne unter die Arme gegriffen zu haben und das auch in Zukunft tun zu wollen. Laut eigener Aussage wird er der Pressesprecher von Pogida bleiben. Der bisherige Pressesprecher Herbert Heider wurde kurzfristig abgesetzt und nicht nur das, er wurde vom neuen Veranstalter des Aufmarsches verwiesen. Herbert Heider hatte in der Vergangenheit versucht, Pogida aus der ganz rechten Schmuddelecke zu holen. Angesichts der dauerhaft und offen zu Tage getragenen Neonazipropaganda eine sisyphusartige Aufgabe. Und nun erfolgte der Ausschluss durch Pogida. Apropos Pogida, mit diesem durch die Antifa vergebenen Namen, einem „Ehrentitel“, sind die Neonazis nun auch unzufrieden. Mensch fragt sich wo all das Gemeckere enden soll, demnächst fordern sie noch, dass Merkel abdanken solle.
Der heutige Aufmarsch war wie gewohnt eingebettet in Deutschland-Fahnen, sowie einer Fahne der neonazistischen und völkischen „Identitären Bewegung“ getragen vom umtriebigem NeonaziTouri Dietmar Gröper und einer Wirmer-Flagge, das wohl beknackteste Symbol der Pegida-Bewegung. Neben Jens Lorek (der ja schon von Pegida-Dresden als Mathekünstler bekannt ist und heute den Knaller verlautbaren ließ, dass Pogida mehr Leute auf die Straße bekäme als Nopogida) ergriffen auch andere Knallchargen das Wort. Ein wütender Hertha-Hool empörte sich brüllend darüber, dass es „Gesetze braucht was ordentlich funktioniert“(sic). Danach kam ein „Max“ aus Potsdam. Der beleuchtete den Hintergrund von Pogida mehr als ihm lieb gewesen sein dürfte. Er verkündet, er würde niemandem hinterherlaufen und dass ihm, also ihm persönlich ein Asylbewerberbescheid aus Bad Doberan zugespielt sein soll, laut diesem Bescheid bekäme ein „Mohammed“ 1004€ im Monat vom Staat. Darüber empörte er sich dann minutenlang. Dumm nur: Das ist uralte Neonazipropaganda aus Mecklenburg-Vorpommern, MV-Gida ist darüber gestolpert. Außerdem meint der gute Max, fortan nur noch RassistenMax genannt, er könne Asylbwerber an ihrem Aussehen erkennen, Deutsche sind für ihn wahrscheinlich allesamt so käseweiß wie seine Füße. Relativ zügig, da diese keine 500 Meter lange Schleife ja mittlerweile eingespielt ist, ging es dann wieder zurück zum Hauptbahnhof. Hier dankte Müller dem neuen Veranstalter und schwadronierte das übliche selbstverherrlichende Zeug. Am Ende wurde dann wie immer „Das Lied der Deutschen“ angestimmt. Putzigerweise wurden dafür Textzettel verteilt, zum Mitsingen.
Auch heute kam es vereinzelt zu Festnahmen und willkürlicher Polizeigewalt. Mit über 700 Polizeibeamt_innen, Hubschraubereinsatz, Hundestaffeln, Wasserwerfen und einem Räumpanzer demonstrierte die Polizei ihre Macht und ermöglichte den Marsch der Menschenfeinde, Rassist_innen und Neonazis.
Der nächste Pogida-Abendspaziergang soll nun am 11.5.2016 stattfinden. Mal schauen was die Zersetzungserscheinungen bis dahin von dem Häufchen Elend, welches sich nicht mehr Pogida nennen möchte, übrig lassen. Wir werden weiter zeigen, was wir von ihrem völkischen und rassistischen Mist halten und entschlossen auf die Straße gehen — gegen diese Neonazis ohne Namen.
Keinen Fussbreit den Rassist_innen!
Alerta!
Danke Antifa!
Bernau — Die Mitglieder des Bernauer Netzwerks für Weltoffenheit verurteilen das Versenden von Hasspostkarten in Bernau und in anderen Orten. Der auf Spaltung und Gewalt zielende rechtsextreme Hintergrund der Absendenden zeugt von ihrem armseligen rassistischen Weltbild. Er macht deutlich, wie wichtig es ist und bleibt, geflüchtete Menschen willkommen zu heißen und zu unterstützen — durch ein Lächeln, einen freundlichen Gruß, ein Gespräch, durch Hilfestellung und gerade auch durch Widerspruch gegen dumpfe Parolen, gegen Gerüchte und Ablehnung, gegen Hass und Gewalt.
Lassen Sie uns mit bürgerschaftlichem Engagement gemeinsam aktiv werden und entschlossen gegen neonazistisches Gedankengut und Handeln eintreten. Wehren wir den Anfängen – auch in Bernau!
Wir solidarisieren uns mit den persönlich angefeindeten Menschen und möchten alle Bürgerinnen und Bürger motivieren, sich für Mitmenschlichkeit und Demokratie einzusetzen.
Das Bernauer Netzwerk für Weltoffenheit engagiert sich seit über 15 Jahren ehrenamtlich über Partei- und Glaubensgrenzen hinweg für ein lebenswertes Klima ohne Gewalt in Bernau und Umgebung. Das Netzwerk trifft sich wieder am 14. April um 19 Uhr. Wer im Netzwerk oder bei “Willkommen in Bernau” aktiv werden möchte, melde sich bitte per Mail unter netzwerk.toleranz@web.de
Bernau am 7. April 2016
Aufgrund der andauernden Bedrohungssituation für Geflüchtete, unter anderem am Schlaatz, ist es uns ein Anliegen die aktuelle Situation nicht unwidersprochen hinzunehmen. Ein Ausgangspunkt für rassistisch motivierte Aggressionen und Attacken ist die Kfz Selbsthilfewerkstatt an der Alten Zauche, direkt neben der Geflüchtetenunterkunft am Schlaatz. In diesem Zusammenhang haben wir uns vor zwei Wochen an Henry Koch, den verantwortlichen Leiter der Werkstatt, gewandt, um auf strukturelle Veränderungen in und im Umfeld der Werkstatt hinzuwirken. Diesen Brief möchten wir hier dokumentieren:
Umgang der Kfz Selbsthilfewerkstatt mit rassistischen Vorfa?llen
Sehr geehrter Herr Koch,
Sie sind Leiter der Selbsthilfewerkstatt am Schlaatz. Wie Sie vielleicht schon mitbekommen haben, ist Ihre Werkstatt in der Vergangenheit in den Fokus von Antifaschist_innen gelangt. Dieser Fokus wird sich so schnell nicht verschieben.
Ausgangspunkt ist die sich vera?ndernde, zunehmend bedrohlicher werdende Stimmung am Schlaatz. Betroffen davon sind hauptsa?chlich Geflu?chtete oder andere Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe. Ihre Werkstatt wurde dabei zu einem Angstort fu?r eben diese Menschen. Vom Grundstu?ck Ihrer Werkstatt aus kam es zu mindestens einem rassistischen Angriff, bei dem Werkzeuge aus Ihrer Werkstatt Tatwaffen waren. Auch wurde uns schon mehrfach von verbalen Attacken auf Geflu?chtete berichtet.
Ihre Werkstatt ist nicht nur ein Ort, von dem rassistische Angriffe ausgehen, sondern auch ein Ort, an den sich bekennende Neonazis zuru?ckziehen ko?nnen. Sie mu?ssen sich in Ihrer Werkstatt noch nicht einmal die Mu?he machen, ihre Ideologie zu verbergen, denn sowohl von Ihnen als auch von den anderen in der Werkstatt Mitarbeitenden werden die neonazistischen Symbole auf Kleidungsstu?cken toleriert. Dabei legen Neonazis in ihrer Freizeit ihre Ideologie nicht einfach ab. Sie ist weiter vorhanden in ihren Ko?pfen und ihren A?ußerungen. Entweder nutzen Neonazis Ihre Werkstatt als willkommene Nebenbu?hne fu?r politische Aktivita?ten oder sie nutzen sie um neue Kra?fte zu tanken (und nebenbei die Autos zusammen zu halten, die sie zu neonazistischen Demonstrationen bringen).
Obwohl die benannten Vorfa?lle bereits seit einiger Zeit bekannt sind, haben Sie daraus keine wahrnehmbaren Konsequenzen gezogen. Das werden wir so nicht akzeptieren. Wir fordern Sie auf, erkennbaren Neonazis, wie zum Beispiel dem stadtbekannten Tim Borowski, sofort Hausverbote zu erteilen, rassistische U?bergriffe und Po?beleien zu unterbinden und nicht la?nger einen Ru?ckzugsort fu?r Rassist_innen zu bieten. Wir sagen Angstra?umen den Kampf an. Wir dulden weder Angstra?ume fu?r Geflu?chtete, noch fu?r andere nicht in das Weltbild von Neonazis passende Menschen.
Sie werden Hilfe im Umgang und bei der Umsetzung dieser Standards brauchen. Es gibt Organisationen, die darauf spezialisiert sind, in solchen Fa?llen zu helfen. Wenden Sie sich an das „Mobile Beratungsteam Potsdam“ oder die „Servicestelle Tolerantes und Sicheres Potsdam“. Diese ko?nnen Sie bei der Verbesserung der Situation fu?r alle Beteiligten vor Ort unterstu?tzen. Vielleicht wa?re auch ein Integrationsprojekt fu?r Geflu?chtete nach dem Umsetzen der Standards im Rahmen der Selbsthilfewerkstatt denkbar.
Wir werden diesen Brief, zwei Wochen nachdem Sie ihn erhalten haben, vero?ffentlichen. Damit mo?chten wir Ihnen Zeit zum selbststa?ndigen Handeln geben.
Mit freundlichen Gru?ßen,
Einige Antirassist_innen Potsdam