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Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Ausstellung „Jüdisches Leben im ländlichen Raum 1933–1945“

Zwei Jahre lang hat ein Pro­jek­t­team des Vere­ins Belziger Forum e. V. die Biografien jüdis­ch­er Bürg­er/-innen und Insti­tu­tio­nen in Bad Belzig sowie der Umge­bung recher­chiert. Das über­raschende Ergeb­nis waren teils bish­er unbekan­nte Fotos und Doku­mente sowie nicht gehörte Berichte aus der Zeit der Ver­fol­gung jüdis­ch­er Mit­bürg­er/-innen.

In der ersten kurzen Ausstel­lungsphase im August/September 2018 in Bad Belzig besucht­en fast 1 500 Men­schen die Ausstel­lung. Sie beste­ht aus 18 Stelltafeln und schildert die Schick­sale von jüdis­chen Mit­bürg­er/-innen wie zum Beispiel Dagob­ert Born­heim, dem Recht­san­walt Her­bert Loewy sowie den Fam­i­lien Sachs, Müller und Rip­pert mit dem später berühmten Sänger Iwan Rebroff. Aus Niemegk kommt Dr. Lion hinzu und aus Görzke Fam­i­lie Wolff. Die Ausstel­lung beschreibt aber auch jüdis­che Insti­tu­tio­nen wie die Belziger Lun­gen­heil­stät­te/Samuel-Ble­ichroed­er-Stiftung, heute Rehak­linik, das soge­nan­nte Kauf­mannheim am Weitz­grun­der Weg, in dem jüdis­che Frei­willige auf die Aus­reise nach Palästi­na vor­bere­it­et wur­den, jüdis­che Fried­höfe in Beelitz, Treuen­bri­et­zen und Ziesar oder die jüdis­che Syn­a­gogenge­meinde in Beelitz, die auch für Belzig zuständig war.

Mit der Ausstel­lung soll nicht nur eine Lücke in der his­torischen Region­al­forschung geschlossen, son­dern auch darauf hingewiesen wer­den, dass heute in Europa erneut recht­sna­tionale Strö­mungen auftreten, die die men­schliche Vielfalt ein­schränken und mit ver­balen & Äußerun­gen ein Kli­ma der Feind­seligkeit schaf­fen. Um solche Ten­den­zen zu erken­nen, ist es wichtig, sich daran zu erin­nern, was 1933 bis 1945 auch in den ländlichen Regio­nen Bran­den­burgs geschah, um jedem Auftreten von Anti­semitismus, Gewalt, Verunglimp­fung und Recht­sex­trem­is­mus zu begegnen.

Die Ausstel­lung kann vom 26. Feb­ru­ar bis zum 14. April 2020, mon­tags bis fre­itags von 8 bis 18 Uhr, im Land­tag besucht wer­den. An geset­zlichen Feierta­gen bleibt die Ausstel­lung geschlossen.

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Antifaschismus

Erfolgreiche Gedenkkundgebung für Sven Beuter

Gestern am 20. Feb­ru­ar 2020 nah­men rund 60 Per­so­n­en an der Kundge­bung für den vor 24 Jahren getöteten Punk Sven Beuter teil.

Sven Beuter wurde am 15. Feb­ru­ar 1996 von dem Neon­azi Sascha L. ange­grif­f­en und erlag nach 5 Tagen im Koma an den Ver­let­zun­gen des Angriffs. Der Täter Sascha L. ist nach wie vor beken­nen­der Neon­azi. Dies wird unter anderem an sein­er Klei­dung deut­lich, die Schriftzüge zeigt wie “Fresst keinen Dön­er”, “Hass Made in Ger­many” oder “Aryan”, welche L. Offen im Bran­den­burg­er Stadt­bild zur Schau trägt. Auch nahm L. im März ver­gan­genen Jahres an der Kundge­bung “Tag der poli­tis­chen Gefan­genen” in Brb/Havel teil, wo unter anderem Straf­frei­heit für die Shoaleugner*innen Horst Mahler, der in der Bran­den­burg­er JVA sitzt und Ursu­la Haver­beck gefordert wurde.

Nicht nur dies son­dern auch die grausamen Tat­en in Halle, der Mord an Wal­ter Lübcke und nun auch gestern die schreck­lichen Ereignisse in Hanau zeigen, dass Faschis­mus, Ras­sis­mus und Anti­semitismus nach wie vor ein rel­e­vantes und ern­stzunehmendes Prob­lem in der Gesellschaft darstellen, denen es entschlossen und offen­siv ent­ge­gen­zutreten gilt.

Daher ist es nach wie vor wichtig an die Opfern solch­er grausamen Tat­en zu erin­nern, ihnen zu gedenken und zu mahnen.

Nie­mand ist vergessen! Nichts ist vergeben!

Sophie Prien für die Antifa Jugend Bran­den­burg, das Alter­na­tive Schul­bünd­nis Bran­den­burg und die linksjugend[solid] Brandenburg/Havel

Bilder der Kundge­bung find­et ihr hier: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/albums/72157713190015762

Mehr zu Sven Beuter und der Tat find­et ihr hier: https://www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/victims-sven-beuter.php

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Antifaschismus Arbeit & Soziales Sonstiges

Initiative „Kein Forum für rechte Kader“ startet

Mehr als 20 Organ­i­sa­tio­nen und Ver­anstal­tung­sorte aus der Bre­ite der Pots­damer und Bran­den­burg­er Zivilge­sellschaft set­zen mit der heute veröf­fentlicht­en Erk­lärung „Kein Forum für rechte Kad­er“ ein kon­se­quentes Zeichen gegen Rechts. Die Erstunterzeichner*innen erk­lären, recht­en Kadern keine Bühne und Räume zu bieten und jegliche Zusam­me­nar­beit mit ihnen zu ver­mei­den. Die Ini­tia­tive „Kein Forum für rechte Kad­er“ will über die Nor­mal­isierung von recht­sradikaler Poli­tik aufk­lären und gle­ichzeit­ig die Zivilge­sellschaft dazu aufrufen, recht­sradikale Politiker*innen nicht salon­fähig zu machen. Auf der Web­seite www.keinforum.eu kön­nen Organ­i­sa­tio­nen wie auch Betreiber*innen von Ver­anstal­tungsräu­men die Erk­lärung unterzeichnen.

Zusät­zlich zur Veröf­fentlichung der Erk­lärung lädt die Ini­tia­tive am Fre­itag, den 24.01.2020 um 18 Uhr zur Diskus­sionsver­anstal­tung „Wo komm‘ wa denn da hin?! Nor­mal­isierung recht­sradikaler Poli­tik“ ins Pots­dam Muse­um ein. Die Ver­anstal­tung wird unter­stützt von der Lan­deshaupt­stadt Pots­dam, dem AStA der Uni­ver­sität Pots­dam und der Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes – Bund der Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten Brandenburg.

Nor­mal­isierung ist auch in Bran­den­burg ein großes The­ma: “Was die AfD aus­macht, ist ihr ras­sis­tis­ches Welt­bild, auch wenn sie sich selb­st als demokratis­che Partei darstellt. Das ste­ht fest. Wo immer wir die AfD auftreten lassen, helfen wir ihr, ihre Posi­tion als nor­mal darzustellen. Das senkt die Hemm­schwelle, gegen Min­der­heit­en zu het­zen. Gewalt ist die let­zte tragis­che Kon­se­quenz von Nor­mal­isierung. Wenn nun der Pots­damer Unipräsi­dent die AfD Frak­tion zum Neu­jahrsemp­fang ein­lädt, ist das ziem­lich naiv und ver­ant­wor­tungs­los”, erk­lärt Mika Gut­mann von der Initiative.

Es gibt, ins­beson­dere nach der let­zten Wahl, viel Unsicher­heit bei den zivilge­sellschaftlichen Akteuren im Umgang mit recht­en Funk­tionären. Wir wollen über die recht­en Strate­gien aufk­lären und Maß­nah­men gegen eine Nor­mal­isierung recht­sradikaler Poli­tik aufzeigen. Unsere Web­seite www.keinforum.eu und zukün­ftige Ver­anstal­tun­gen bieten dazu eine Menge an Infor­ma­tion und Aus­tausch“, führt Mika Gut­mann weit­er aus.

Die unter­schiedlichen Erstunterzeichner*innen der Erk­lärung „Kein Forum für rechte Kad­er“ zeigen die Vielfalt der Zivilge­sellschaft auf und beziehen gle­ichzeit­ig eine klare Hal­tung für Offen­heit und für eine deut­liche Abgren­zung nach Rechts.

Das Pres­by­teri­um (Gemein­deleitung) der Franzö­sisch-Reformierten Gemeinde Pots­dam erk­lärt dazu: “Unsere Gemeinde wurde vor 300 Jahren von Flüchtlin­gen gegrün­det. Darum möcht­en wir uns selb­st und andere sen­si­bel und offen hal­ten für Flüchtling­sprob­lematiken und gelun­gene Inte­gra­tion, denn vor Gott sind alle Men­schen gle­ich. Für den All­t­ag heißt das: Respekt vor allen Men­schen, Kom­mu­nika­tion mit Einzel­nen, aber keine Bühne für recht­spop­ulis­tis­che The­sen und Verantwortungsträger.”

Julia Schultheiss vom Stadtju­gen­dring Pots­dam macht auf die Gefahren aufmerk­sam, wenn Kinder und Jugendliche auf rechte Funk­tionäre tre­f­fen: „Wir ver­mit­teln Jugendlichen die gegen­seit­ige Achtung aller Men­schen, egal wo sie herkom­men, welch­es Geschlecht, welche sex­uelle Ori­en­tierung sie haben oder welche religiöse oder poli­tis­che Anschau­ung. Rechtspopulist*innen und Recht­sex­treme ver­mit­teln das nicht, oft ist das Gegen­teil der Fall. Sie in unsere Räume oder auf unsere Ver­anstal­tung einzu­laden, entspräche nicht unser­er Grundhaltung.“

Für Tho­ralf Höntze von BLAUWEISSBUNT Babels­berg 03 ist die Beteili­gung an „Kein Forum für rechte Kad­er“ selb­stver­ständlich: „Unseren Sport ver­fol­gen wir mit Hal­tung: Mit der Kam­pagne ‚Nazis raus aus den Sta­di­en‘ haben wir bere­its eine klare Ansage gegen Diskri­m­inierung und rechte Het­ze in den Sta­di­en for­muliert. Denn wir im Sport erleben tagtäglich die Nor­mal­isierung und Ver­harm­lo­sung von Recht­sradikalen beson­ders dort, wo es keinen Wider­spruch gibt.“

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Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus

Am 27.01.1945 wurde das Massen­ver­nich­tungslager Auschwitz-Birke­nau von der Roten Armee befreit.

75 Jahre nach der Befreiung wollen wir mit euch gemein­sam an die Geschehnisse erin­nern und den Opfern des Nation­al­sozial­is­mus gedenken. Zeit­en, in denen die deutsche Geschichte ver­harm­lost, rel­a­tiviert oder geleugnet wird und es immer wieder zu anti­semi­tis­chen Angrif­f­en kommt, kön­nen wir nicht kom­men­tar­los hinnehmen.Nur durch eine niemals endende Auseinan­der­set­zung mit der Entste­hung und Wirkungsweise des Nation­al­sozial­is­mus wird es möglich sein, die gegen­wär­ti­gen Entwick­lun­gen zu bew­erten. Anti­semitismus, Nation­al­is­mus und Faschis­mus sind nicht ver­schwun­den – wir müssen die Erschei­n­ungs­for­men und deren Aus­prä­gun­gen erken­nen und bekämpfen.

Darum kommt am 27.01.2019 um 19.00 Uhr zum Denkmal für die Opfer des Faschis­mus auf dem Platz der Ein­heit in Potsdam.

Erin­nern – Gedenken – Handeln!

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Sonstiges

Von Brandenburg auf die griechischen Inseln

Zusam­men mit anderen Aktivist*innen aus dem Umfeld der Seenotret­tung­sor­gan­i­sa­tio­nen haben wir die Ini­tia­tive “Wir packen’s an!” gegrün­det. Wir wollen Trucks mit war­men Klam­ot­ten von Berlin-Bran­den­burg in die Flüchtlingscamps auf den griechis­chen Inseln schicken.

Ange­fan­gen hat alles mit ein­er Idee, danach kam ein Face­book Post…und jet­zt schick­en wir am Don­ner­stag die ersten zwei Trucks los! Halb Bran­den­burg sam­melt für uns und unter­stützt uns. Wir sind über­wältigt und hät­ten das so nie gedacht und für möglich gehalten.

Ihr kön­nt uns auf Face­book fol­gen: https://www.facebook.com/nothilfebb/ und auch die Medi­en wer­den auf uns aufmerk­sam: https://www.rbb-online.de/brandenburgaktuell/archiv/20200111_1930/2.html?fbclid=IwAR3rds4EOoLrCnYx52WPLj4XBp-N3NdFNw3SXvOqW_bi6_48nsY0N4pBu44

Das Ver­pack­en und Sortieren find­et jeden Tag von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr in Bad Freien­walde, Carls­burg­er Dekosche­une in der Frank­furter Straße Aus­bau 24 statt. Wir brauchen drin­gend Hil­fe um alles ver­packt zu bekommen.

Meldet Euch gerne bei uns

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Bildung & Kultur jüdisches Leben & Antisemitismus Sonstiges

…wie wir uns Antidiskriminierungsarbeit im Land wünschen”

Liebe Freund*innen, liebe Unterstützer*innen, liebe Aktive,

in diesem Jahr hät­ten wir wieder ein Jubiläum zu feiern. Unsere 2009 ein­gerichtete Antidiskri­m­inierungs­ber­atung Bran­den­burg beste­ht nun 10 Jahre. Doch, wie auch zum 20-jähri­gen Beste­hen der Opfer­per­spek­tive im let­zten Jahr, fällt es schw­er, die Notwendigkeit unser­er Arbeit als freudi­gen Anlass zu sehen.

Die Ereignisse in diesem Jahr – der Mord an Wal­ter Lübcke, die zahlre­ichen Ver­strick­un­gen von Neon­azis in die Sicher­heits­be­hör­den und die Morde an Jana L. und Kevin S. nach dem gescheit­erten Angriff auf die Syn­a­goge in Halle, sind erschreck­end. Angesichts der recht­en Gewalt, der alltäglichen Diskri­m­inierung und Het­ze, von denen uns Rat­suchende und Kooperationspartner*innen immer wieder bericht­en und die wir selb­st erleben, ist diese Eskala­tion jedoch wenig überraschend.

Auch wenn es nichts zu feiern gibt, nutzen wir das 10-jährige Beste­hen als Gele­gen­heit zurück­zuschauen, auf die Pro­jek­te, Ver­anstal­tun­gen und Kam­pag­nen, die wir alleine oder mit anderen ini­ti­iert haben, um dieser Alltäglichkeit ent­ge­gen­zuwirken. Aber auch, um nach vorne zu schauen, wie wir uns eine Antidiskri­m­inierungsar­beit im Land Bran­den­burg in Zukun­ft wünschen.

Eine freudi­ge Nachricht gibt es zum Schluss dann aber doch noch: Nach­dem wir im Okto­ber erfuhren, dass wir im kom­menden Jahr keine Finanzierung für ein Antidiskri­m­inierung­spro­jekt durch das Bun­de­spro­gramm Demokratie Leben! erhal­ten wer­den, riefen wir zu Spenden für unsere Arbeit auf, um ab 2020 zumin­d­est das lan­desweite Antidiskri­m­inierung­spro­jekt im gle­ichen Umfang umset­zen zu kön­nen. Dafür beka­men wir viel Zus­pruch und Unter­stützung. Nun erhiel­ten wir, uner­wartet und zeit­gle­ich zum Druck dieses Rund­briefes, die Auf­forderung, einen Antrag bei Demokratie Leben! zu stellen und gehen nun davon aus, eine Förderung im kom­menden Jahr zu erhalten.

Wir möcht­en uns bei allen bedanken, die sich auf unter­schiedlichen Wegen dafür stark gemacht haben, dass wir nachträglich als Mod­ell­pro­jekt aus­gewählt wur­den. Das ist ein großer Erfolg für uns, denn so kön­nen wir unsere Arbeit im Fach­bere­ich Antidiskri­m­inierungsar­beit mit gle­ich­er per­son­eller Stärke fort­set­zen und weit­er aus­bauen. Die gesam­melten Spenden wer­den als Eigenan­teil in die lan­desweite Beratung fließen.

Mit unserem aktuellen Rund­brief möcht­en wir euch Ein­blicke in unsere Arbeit geben und uns her­zlich für eure Unter­stützung bedanken!

Ihr kön­nt die gesamte Aus­gabe und ältere Aus­gaben hier abrufen: https://www.opferperspektive.de/schattenberichte

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Flucht & Migration Parlamentarismus

Appell: Geflüchtete Minderjährige aus Griechenland aufnehmen

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg wen­det sich gemein­sam mit einem bre­it­en Bünd­nis ver­schieden­er Organ­i­sa­tio­nen in einem Appell an die Lan­des- und Bun­de­spoli­tik mit der Forderung, noch bis Dezem­ber min­destens 1.000 unbe­gleit­ete Kinder und Jugendliche aus Griechen­land in Deutsch­land aufzunehmen.

Der Flüchtlingsrat ruft die Bran­den­burg­er Lan­desregierung an, ihrem Ver­sprechen aus dem Koali­tionsver­trag, sich für die Auf­nahme von beson­ders schutzbedürfti­gen Flüchtlin­gen einzuset­zen, mit der Auf­nahme von geflüchteten Min­der­jähri­gen aus Griechen­land jet­zt Tat­en fol­gen zu lassen!

Zum Hin­ter­grund: Bun­desin­nen­min­is­ter See­hofer hat den Vorstoß vom Nieder­säch­sis­chen Innen­min­is­ter Boris Pis­to­rius, unbe­gleit­ete min­der­jährige Geflüchtete aus griechis­chen „Hotspots“ in Deutsch­land aufzunehmen, am ver­gan­genen Dien­stag zurück­gewiesen. Aus sein­er Sicht unter­stütze Deutsch­land Griechen­land  bere­its mit tech­nis­chen und finanziellen Mit­teln wie auch der Ver­mit­tlung von Know-How. Der von See­hofer vorgeschla­gene „Kom­pro­miss“ zur Frage ein­er Auf­nahme von 1000 unbe­gleit­eten min­der­jähri­gen Flüchtlin­gen aus Griechen­land ist aus Sicht des Flüchtlingsrates empörend. Für 50 unbe­gleit­ete min­der­jährige Flüchtlinge sollen die Ver­fahren nun beschle­u­nigt und bei 94 weit­eren die Zusam­men­führung mit Fam­i­lien­ange­höri­gen in Deutsch­land in die Wege geleit­et werden.

Das Ange­bot des Bun­desin­nen­min­is­ters, 144 Kindern einen Nachzug zu ihren Fam­i­lien zu ermöglichen, auf den sie ohne­hin einen rechtlichen Anspruch hät­ten, ist nicht mehr als ein Feigen­blatt“, erk­lärt dazu Lot­ta Schwedler vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg. „Die betrof­fe­nen Kinder brauchen Hil­fe, keine Placebos.“

Derzeit befind­en sich ca. 4.100 unbe­gleit­ete min­der­jährige Flüchtlinge auf den griechis­chen Inseln, davon nur ca. 1000 in kinder- und jugendgerecht­en Unter­bringungsplätzen. Alle Min­der­jähri­gen, die nicht hier unterge­bracht sind – also über 3.000 Kinder und Jugendliche –, leben unter katas­trophalen Bedin­gun­gen auf der Straße, in Flüchtlingslagern für Erwach­sene, sie befind­en sich in „Schutzhaft“ oder leben in Zel­ten oder unter Pla­nen in den Hotspots auf den griechis­chen Inseln. Hier sind sie ungeschützt vor Gewalt und Aus­beu­tung, lei­den an man­gel­hafter Ver­sorgung und erhal­ten kaum ander­weit­ige päd­a­gogis­che oder rechtliche Unterstützung.

Die Beschle­u­ni­gung bere­its laufend­er Ver­fahren von 50 Min­der­jähri­gen ist wichtig und drin­gend notwendig für die betrof­fe­nen Kinder und Jugendlichen, doch angesichts der ausufer­n­den kindesrechtsver­let­zen­den Dimen­sio­nen in Griechen­land und des nahen­den Win­ters eine lächer­liche Zahl und als Affront zu werten — zumal es sich über­wiegend um Ver­fahren han­delt, die bere­its über Monate ver­schleppt wur­den und bei denen die Min­der­jähri­gen schon längst einen Recht­sanspruch auf Fam­i­lien­zusam­men­führung haben.

Es scheint grotesk, dass in Deutsch­land Ein­rich­tun­gen trotz vorhan­den­er Kapaz­itäten und Fach­per­son­al schließen müssen, weil nicht genü­gend umF unterge­bracht wer­den, während über 3.000 Kinder und Jugendliche in Griechen­land unter absoluter Mis­sach­tung des Kindeswohls unter schlimm­sten Umstän­den ver­har­ren müssen.

Mit einem zusät­zlichen Muster­schreiben im Rah­men der Kam­pagne #WirHaben­Platz kön­nen sich Organ­i­sa­tio­nen, Ver­bände, Jugend­hil­feträger und Einzelper­so­n­en an Lan­des- und Bundespolitiker_innen wen­den und den Appell mit unterstützen.

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Antifaschismus Klima & Umwelt

Lausitz: Opferperspektive warnt vor rechten Angriffen

Für das kom­mende Novem­ber­woch­enende ruft das Aktions­bünd­nis Ende Gelände zu Protesten im Lausitzer Braunkohlere­vi­er auf. Angesichts der derzeit kur­sieren­den Gewal­taufrufe in den sozialen Medi­en befürchtet die Beratungsstelle Opfer­per­spek­tive kör­per­liche Angriffe auf Teil­nehmende. Diese Aufrufe sind nicht zu unter­schätzen, so wird etwa damit gedro­ht eine „Bombe in das Dreckspack“ zu wer­fen. Auch wird die Polizei darin aufge­fordert, auf die Aktivist*innen von Ende Gelände zu schießen. Teile der Fan­szene des FC Energie Cot­tbus zeigten zudem am 23.11.2019 im Sta­dion der Fre­und­schaft ein Trans­par­ent mit der Auf­schrift „Wann Ende im Gelände ist, bes­timmt nicht ihr! Unsere Heimat – unsere Zukun­ft! Ende Gelände zer­schla­gen!“. Auf­grund des Gewalt­poten­zials rechter Fan­grup­pierun­gen des FC Energie Cot­tbus ist dies als deut­lich­es Sig­nal an poten­zielle Angreifer*innen zu werten.

Bere­its bei den let­zten Ende Gelände-Aktio­nen im Jahr 2016 kam es zu hefti­gen recht­en Angrif­f­en auf Teil­nehmende der Proteste. Unter anderem wurde damals eine Mah­nwache im Sprem­berg­er Ort­steil Tscherpe von Ver­mummten mit Base­ballschlägern ange­grif­f­en. Auf dem dama­li­gen Camp der Protestieren­den wurde min­destens eine Per­son zu Boden geschla­gen und anschließend auf sie einge­treten. Zudem wurde ein taz-Jour­nal­ist, der über die Lage vor Ort berichtete, von einem Auto ver­sucht von der Straße zu drän­gen. An den dama­li­gen Angrif­f­en waren lokale rechte Gewalt­täter aus der Neon­azi-und Hooli­gan­szene beteiligt, die teil­weise gemein­sam mit Pro-Kohle-Demonstrant*innen auf­trat­en und aus größeren Grup­pen her­aus agierten. Von Seit­en der bürg­er­lichen Pro-Kohle-Bewe­gung gab es hierzu keine Dis­tanzierung. Ein größer­er Über­fall durch bewaffnete Neon­azis auf das Camp der Protestieren­den kon­nte damals nur in let­zter Sekunde von der Polizei unter­bun­den werden.

Lei­der tut sich die Lokalpoli­tik schw­er damit sich ein­deutig von den recht­en Gewal­taufrufen zu dis­tanzieren. Es beste­ht die Gefahr durch Bürg­erkriegsrhetorik und der pauschalen Dämon­isierung der Ende-Gelände-Teil­nehmenden als Gewalttäter*innen rechte Angriffe zu legit­imieren und diesen Vorschub zu leis­ten. Eine kri­tis­che Aufar­beitung der recht­en Gewalt gegen Protestierende aus 2016 hat vor Ort eben­falls nicht stattge­fun­den. Im Gegen­teil. Während ein­er rbb-Livesendung zum The­ma „Kohleausstieg“ am 12.09.2019 auf dem Cot­tbuser Alt­markt wurde eine Aktivistin, die sich öffentlich für einen zeit­na­hen Ausstieg aus der Kohle­förderung aussprach, durch Pro-Kohle-Befür­worter mit recht­en Sprüchen belei­digt und auf den Kopf geschla­gen. Nur durch das Ein­schre­it­en ander­er Teil­nehmender kon­nte weit­ere Gewalt unter­bun­den werden.

Wir als Opfer­per­spek­tive befürcht­en daher eine Kon­ti­nu­ität rechter Gewalt in der Lausitz und bieten allen Betrof­fe­nen an, sich bei uns zu melden und im Umgang mit recht­en Angrif­f­en berat­en und unter­stützen zu lassen.

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Sonstiges

9. Potsdamer Improtheater Festival eröffnet

Gle­ich zu Beginn des Fes­ti­vals am Fre­itag, (08.11., 20:15 Uhr, KuZe) begrüßte Show­mas­ter Thomas Jäkel in der Show „Impro­pe­dia“ den renom­mierten Wis­senschaftler Prof. Dr. Dr. Ortwin Renn vom Insti­tut für trans­for­ma­tive Nach­haltigkeits­forschung (IASS Pots­dam), um gemein­sam mit Improspieler*innen einen Weg in die men­schliche Zukun­ft zu skizzieren. Zur großen „Sam­stagAbend­Show – Improv 4 Future“ (09.11., 20:15, T‑Werk) kamen dann gle­ich sechs Expert*innen aus Gesellschaft und Wis­senschaft mit kurzen Inputs zu Wort und präsen­tierten jew­eils unter­schiedliche Per­spek­tiv­en auf Nach­haltigkeit­saspek­te der Kli­made­bat­te: Fabi­an Sten­zel (PIK, neg­a­tive Emis­sio­nen), Ste­fanie Wun­der (ECOLOGIC, Ernährung), Lisa Mei­necke (ECOLOGIC / Kli­mak­lage Peru), Sarah Bhan­dari (School of Life/ trans­for­ma­tive Mind­sets), Timo Kaphengst (Region­al­w­ert AG) und Jona Blum (Konzeptwerk Neue Ökonomie / Degrowth) inspiri­erten an diesem Abend das erstk­las­sige Fes­ti­valensem­ble beste­hend aus Jakob Wurster (The­ater­sport Berlin), Georg Weis­feld (Improthe­ater Pater­nos­ter), There­sa Mertens (Scratch The­atre) und Kevin Mon­tag an der Musik, zu ein­er mit dem Pub­likum abges­timmten Zukunftsvision.

Am zweit­en Fes­ti­val­woch­enende führt Dr. Joachim Borner (KMGNE) bei „Shorts“ (Fr, 15.11., 20:15, KuZe) durch aus­gewählte Kurz­filme zum The­ma „Nach­haltige Entwick­lung“, welche dann durch impro­visierte Szenen ergänzt wer­den. Das Fes­ti­val bietet vom 08.–16.11.19 ein täglich wech­sel­ndes Pro­gramm, aber immer wird ein The­me­naspek­te der Kli­made­bat­te mit impro­visiertem The­ater unter­hal­tend ver­mis­cht. Das Pots­damer Improthe­ater Fes­ti­val wird durchge­führt vom Stu­den­tis­chen Kul­turzen­trum in Koop­er­a­tion mit dem Improthe­ater Pots­dam und mit Unter­stützung durch die Studieren­den­schaft der Uni­ver­sität Pots­dam, des Stu­den­ten­werk Pots­dam, des ekze e.V., und des AStA der FH Potsdam.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Polizeigewalt in Ausländerbehörde in Märkisch-Oderland

Heute berichtete die TAZ über einen Fall von Polizeige­walt im Sozialamt im Land­kreis Märkisch-Oder­land, der am ver­gan­genen Mon­tag stattge­fun­den haben soll. Ein Video zeigt, wie mehrere Beamte einen Geflüchteten mit Gewalt zum Ver­lassen der Behörde zwin­gen wollen. Auf dem Video ist zu sehen, wie min­destens drei Beamte ver­suchen, den Mann gewalt­sam zu Boden zu drück­en, an seinen Armen und seinem Kopf zer­ren, im Ver­lauf sieht man Schläge, die offen­bar Rück­en und Kopf tre­f­fen. Während des Über­griffes schir­men andere Beamte die Sit­u­a­tion ab, Zeug_innen wer­den in den Flur gedrängt.

Laut Bericht der TAZ sei der Mann von den Beamten bewusst­los geschla­gen und später ein Kranken­wa­gen gerufen wor­den. “Der Flüchtlingsrat ist bestürzt angesichts der mas­siv­en Gewalt, die hier durch Polizeibeamte gegen einen Men­schen angewen­det wurde”, sagte Lot­ta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

Sel­ten Kon­se­quen­zen für die Polizei 

Men­schen, die in das ras­sis­tis­che Raster der Polizei durch ver­meintliche Herkun­ft oder Merk­male wie Haut­farbe und Sprache fall­en, erleben immer wieder ähn­liche Szenar­ien. Aggres­sio­nen der Beamt_innen, diskri­m­inierende Beschimp­fun­gen und Belei­di­gun­gen, gewalt­same Fes­t­nah­men, Mis­shand­lun­gen und Über­griffe bleiben jedoch in der Regel ohne Kon­se­quen­zen. Eineak­tuelle Studie zeigt, dass Polizeige­walt in 80 Prozent der Fälle nicht zur Anzeige gebracht wird. Betrof­fene haben Angst vor solchen Anzeigen, in den aller­meis­ten Fällen wer­den die Ermit­tlun­gen eingestellt. Das liegt vor allem daran, dass es keine unab­hängige Ermit­tlungsin­stanz gibt, son­dern Polizist_innen gegen die eige­nen Kolleg_innen ermit­teln und aus­sagen müssen. Außer­dem müssen die Betrof­fe­nen mit Gege­nanzeigen rech­nen. So offen­sichtlich auch im Fall des Geflüchteten aus Märkisch-Oder­land: Direkt nach dem Über­griff soll laut TAZ gegen den Mann Anzeige wegen Haus­friedens­bruch, Wider­stand und Kör­per­ver­let­zung erstat­tet wor­den sein.

Geflüchtete befind­en sich gegenüber Behör­den in ein­er beson­ders vul­ner­a­blen Sit­u­a­tion. Ihr Aufen­thaltssta­tus und ihre Zukun­ft sind von den Entschei­dun­gen von Behördenmitarbeiter_innen abhängig. Das macht es für sie umso schwieriger, sich gegen Über­griffe und Gewalt zu wehren. Die Dunkelz­if­fer im Fall von Polizeige­walt ist groß”, erk­lärt Lot­ta Schwedler weiter.

Der Flüchtlingsrat fordert eine Unter­suchung und die Aufk­lärung des polizeilichen Über­griffes. Das bekan­nt gewor­dene Video weist darauf hin, dass es sich um Kör­per­ver­let­zung im Amt han­deln kön­nte. Dafür müssen die Ver­ant­wortlichen zur Rechen­schaft gezo­gen wer­den. “Wir begrüßen, dass der Vor­fall auf die Tage­sor­d­nung der näch­sten Sitzung des Innenauss­chuss­es im Land­tag geset­zt wer­den soll. Auch die im Koali­tionsver­trag vorge­se­hene Beschw­erdestelle kön­nte zu der Aufk­lärung solch­er Fälle beitra­gen“, so Lot­ta Schwedler. Dem Betrof­fe­nen muss eine Entschädi­gung zukom­men. Die vorgenomme­nen Leis­tungskürzun­gen müssen rechtlich über­prüft werden.

Der Hin­ter­grund: Leis­tungskürzun­gen häu­fig rechtswidrig und existenzbedrohend 

Der Geflüchtete war nach Medi­en­bericht­en am ver­gan­genen Mon­tag in die Behörde gekom­men, um seine Sozialleis­tun­gen abzu­holen. Diese seien ihm gekürzt wor­den, worüber er sich beschw­ert habe. Der­Flüchtlingsrat beobachtet seit eini­gen Monat­en, dass Leis­tungskürzun­gen zunehmend genutzt wer­den, um Men­schen unter Druck zu set­zen und sie zur Aus­reise zu zwin­gen. Diese zum Teil willkür­lich scheinende und aufen­thalt­srechtlich motivierte Prax­is der kom­mu­nalen Aus­län­der­be­hör­den sowie der Zen­tralen Aus­län­der­be­hörde wird flankiert durch Geset­zesver­schär­fun­gen, die auf Bun­de­sebene in diesem Som­mer ver­ab­schiedet wor­den sind. Häu­fig wer­den Betrof­fene unzure­ichend darüber aufgek­lärt, aus welchen Grün­den ihnen Leis­tun­gen gekürzt wer­den. Leis­tungskürzun­gen erweisen sich regelmäßig als rechtswidrig und wirken exis­tenzbedro­hend für die Betrof­fe­nen. Der Land­kreis Märkisch-Oder­land fiel in der Ver­gan­gen­heit immer wieder durch seine restrik­tive Hand­habung auf: Der Flüchtlingsrat, Ehre­namtsini­tia­tiv­en und andere Akteure im Land­kreis kri­tisieren seit Jahren die regelmäßig rechtswidri­gen Leis­tungskürzun­gen und das Nicht­gewähren von Leis­tun­gen durch das Sozialamt. Auch dass die Empfänger_innen ihre Leis­tun­gen bei der Behörde per­sön­lich abholen müssen und diese ihnen nicht auf ihr Kon­to über­wiesen wer­den, beze­ich­nen Ini­tia­tiv­en als „umständlich und demütigend“.

Leis­tungskürzun­gen sind grund­sät­zlich abzulehnen, da hier die erforder­liche Ver­sorgung zugun­sten aufen­thalt­srechtlich­er Über­legun­gen zurück­gestellt wird. Die Ver­weigerung sozialer Rechte ist rechtlich frag­würdig und ver­stößt bei beson­ders schutzbedürfti­gen Per­so­n­en gegen die EU-Aufnahmerichtlinie.

Inforiot