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Antifaschismus

Hakenkreuz-Schmierereien am Chekov in Cottbus

In der Nacht vom 21. auf den 22. Feb­ru­ar 2019 wurde das Cot­tbuser Chekov ein­mal mehr das Ziel von Schmier­ereien mit offenkundig nation­al­sozial­is­tis­chem Bezug. Dabei wurde das Gebäude des Vere­ins an mehreren Stellen mit Hak­enkreuzen besprüht, darunter etwa an der Ein­gangstür im abges­per­rten Vorhof des Clubs und am Dachaufbau.
Auch ein Graf­fi­ti, das als Mah­n­mal gegen den Holo­caust, Krieg und Faschis­mus fungiert, wurde auf der Seite zum Strom­badgelände hin verun­stal­tet. Die Polizei war vor Ort und es wurde Anzeige gegen Unbekan­nt erstattet.
Die Mit­glieder des Vere­ins zeigen sich entrüstet über diesen böswilli­gen Akt des Van­dal­is­mus und lassen sich nach wie vor von der­ar­ti­gen Attack­en nicht einschüchtern.
„Das Chekov ist und bleibt ein friedlich­er Ort der Zusam­menkun­ft für alle Men­schen, die für Vielfältigkeit und ein wohlwol­len­des Miteinad­er ein­ste­hen. Umso trau­riger stimmt es, dass rechts­gerichtete Anfein­dun­gen dieser Art immer wieder das gemein­nützige Ansin­nen des Clubs angreifen und auch all­ge­mein ein zunehmend gesellschaftlich­es Prob­lem darstellen.“, so der Press­esprech­er des Vere­ins, Sebas­t­ian Fuchs.
Das Chekov war bere­its des Öfteren Ziel rechts-motiviert­er Angriffe, die auch schon gewalt­tätige Aus­maße annah­men. So wurde etwa im Sep­tem­ber 2016 eine pri­vate Abschlusspar­ty von Schülern der medi­zinis­chen Fach­schule durch eine Gruppe von poli­tisch motivierten Schlägern über­fall­en und es kam zu Per­so­n­en­schä­den sowie Sachbeschädigungen.

Über das Chekov:
Direkt am Strom­bad an der Spree gele­gen befind­et sich das Chekov – Mit­ten im Grü­nen, fernab vom Großs­tadt­getüm­mel der Cot­tbuser City. Egal ob als Ver­anstal­tung­sort für coole Konz­erte und Par­tys, inter­es­sante Work­shops und Vorträge oder ein­fach nur als beliebte Begeg­nungsstätte für Jugendliche und
Jungge­bliebene hat der Club im let­zten vier­tel Jahrhun­dert einen wichti­gen Platz in der Cot­tbuser Kul­turszene eingenommen.
Ehre­namtlich und gemein­nützig betrieben vom Vere­in zur Förderung sub­kul­tureller Aktiv­itäten e.V. hat sich das Chekov dabei seit sein­er Grün­dung im Mai 1994 ein möglichst vielfältiges Ange­bot aus Unter­hal­tung, Kun­st und Bil­dung auf die Fahne geschrieben.

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Arbeit & Soziales Flucht & Migration

Menschen brauchen sichere Perspektiven

Das Geset­zge­bungsver­fahren zum Fachkräf­teein­wan­derungs­ge­setz und zur Aus­bil­dungs- und Beschäf­ti­gungs­dul­dung ste­ht kurz vor dem Abschluss. Im März wird im Bun­destag voraus­sichtlich die erste Lesung stat­tfind­en, der Bun­desrat hat Empfehlun­gen aus­ge­sprochen. „Wir stellen bedauer­licher­weise fest, dass sich das herrschende Abwehrdenken der Asylpoli­tik im derzeit­i­gen Entwurf durch­set­zt. Statt klar­er Per­spek­tiv­en für alle Arbeits­mark­t­beteiligten schafft das Gesetz neue Hür­den zum Arbeits­mark­tzu­gang von Geflüchteten“ kom­men­tiert P.V. Sonkeng Tegouf­fo vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

Zwar sieht eine neu einge­führte Dul­dung vor, dass die Abschiebung zum Zweck der Beschäf­ti­gung aus­ge­set­zt wird. Doch greift das neue Instru­ment nur für eine geringe Anzahl von sehr leis­tungs­fähi­gen, jedoch vol­lziehbar aus­reisepflichti­gen Men­schen. Kaum eine Per­son wird es schaf­fen, 18 Monate vor der Erteilung beschäftigt gewe­sen zu sein und ein Jahr den Leben­sun­ter­halt voll­ständig gesichert zu haben. „Aus der Prax­is erfahren wir eine sehr restrik­tive Hal­tung der Aus­län­der­be­hör­den bei der Erteilung ein­er Beschäf­ti­gungser­laub­nis. Anträge von abgelehn­ten Schutz­suchen­den sind in eini­gen Land­kreisen de fac­to aus­sich­st­los“, berichtet Sonkeng Tegouf­fo. „Von daher ist die Forderung ein­er Leben­sun­ter­haltssicherung von min­destens 12 Monat­en vor Erteilung ein­er Beschäf­ti­gungs­dul­dung real­itäts­fern und verken­nt die Tat­sache, dass nicht jede Beschäf­ti­gung leben­sun­ter­haltssich­ernd ist.“

Beschäftigte, für die der Geset­zge­ber eine Aufen­thaltssicherung ver­weigert, dro­hen ihre Arbeit zu ver­lieren, da den Unternehmen die Sit­u­a­tion ohne die verbindliche Zusage ein­er Aufen­thaltsper­spek­tive zu unsich­er ist. Das ist das Gegen­teil von Beschäf­ti­gungssicherung und Poten­tia­lent­fal­tung. In Bran­den­burg lässt Min­is­ter­präsi­dent Woid­ke ver­laut­en: „Auf kein Fall abschieben, wenn jemand eine feste Arbeitsstelle hat“. Doch das Gegen­teil ist der Fall: Immer wieder wird Geflüchteten die Beschäf­ti­gungser­laub­nis auch nach jahre­langer Tätigkeit ent­zo­gen mit dem Hin­weis auf ihre ver­meintliche Aus­reisepflicht. Zunehmend fordern aber auch zivilge­sellschaftliche Kräfte in den Kom­munen Bran­den­burgs Bleiberecht für Geflüchtete in Arbeit und Aus­bil­dung. Dies bleibt bis jet­zt von der Lan­despoli­tik unbeachtet.

Einem unkom­plizierten Arbeits­mark­tzu­gang ste­hen auch die neuen Erteilungsvo­raus­set­zun­gen für die Aus­bil­dungs­dul­dung ent­ge­gen. Unter anderem müssen vol­lziehbar Aus­reisepflichtige bere­its sechs Monate geduldet sein, bevor sie die Aus­bil­dungs­dul­dung beanspruchen kön­nen. „Das heißt im Klar­text käme erst nach ein­er sechsmonati­gen Peri­ode gescheit­ert­er Abschiebev­er­suche eine Aus­bil­dungs­dul­dung in Frage“, so der Flüchtlingsrat Bran­den­burg. „Es ist höch­ste Zeit, Ver­säum­nisse der let­zten Jahrzehnte auszuräu­men und Auszu­bilden­den und Betrieben Pla­nungssicher­heit anzubieten.“

Es ist zudem nicht nachvol­lziehbar, warum der Geset­zge­ber auf ein­er voll­ständi­gen Iden­tität­sklärung behar­ren sollte. Geflüchtete, die ihr Herkun­ft­s­land über­stürzt ver­lassen haben und auf gefahrvollen Wegen nach Deutsch­land geflo­hen sind, haben oft ein großes Prob­lem, wenn es darum geht, einen neuen Pass zu besor­gen. „Es ist völ­lig absurd bei Bemühun­gen zur Iden­tität­sklärung von Men­schen mehr zu ver­lan­gen als das Zumut­bare. Insofern müssen Nach­weise über ergrif­f­ene Maß­nahme aus­re­ichend sein“, fordert der Flüchtlingsrat. Rechtlich frag­würdig ist zudem die geplante Regelung, dass kün­ftig inner­halb von sechs Monat­en nach der Ein­reise die Iden­tität gek­lärt sein muss, um eine Aus­bil­dungs- oder Beschäf­ti­gungs­dul­dung erhal­ten zu kön­nen. Während des Asylver­fahrens darf von den Betrof­fe­nen keine Kon­tak­tauf­nahme mit den Heimat­be­hör­den ver­langt wer­den und nicht wenige Asylver­fahren dauern länger als sechs Monate.

Bere­its im Novem­ber 2018 veröf­fentlicht­en neun Lan­des­flüchtlingsräte, der Par­itätis­che Wohlfahrtsver­band — Gesamtver­band, PRO ASYL, Teile des Bun­desvor­stands des DGB und weit­ere Ver­bän­den und Vere­inen eine umfassende Stellungnahmen.

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Gender & Sexualität

Gleich, gleich aber unterschiedlich.

Am 8. März, dem Inter­na­tionalen Frauen*kampftag wird glob­al an die his­torischen, kul­turellen und poli­tis­chen Errun­gen­schaften von Frauen* erin­nert. Wir feiern 100 Jahre Frauen*kämpfe, denn wir sind die Müt­ter, wir sind die, die sich um die Fam­i­lie küm­mern, die im Haushalt arbeit­en, Babysitter*innen, Reinigungskräfte.

Wir Flüchtlings­frauen*, wir sind Lehrer*innen, Krankenpfleger*innen, Geschäfts­frauen*, Ingenieur*innen, aber dies und alle anderen Fähigkeit­en wer­den nicht berück­sicht, da wir isoliert sind und diskri­m­iniert werden.

2019 fol­gen wir dem Ruf des glob­alen Frauen*streiks und wir kom­men vere­int, um gemein­sam die Arbeit von Frauen* in allen Bere­ichen des Lebens sicht­bar zu machen, inner­halb und außer­halb des Haus­es, in urba­nen und ländlichen Regio­nen, bezahlt oder unbezahlt, unab­hängig von unseren Haut­far­ben und unseren Herkünften.

Die Zeit ist Jet­zt einen Fem­i­nis­mus aufzubauen, der inklu­siv und inter­sek­tion­al ist, einen Fem­i­nis­mus, der allen Frauen* zuhört und ras­sis­tis­che, sex­is­tis­che und diskri­m­inierende Struk­turen beendet.

Wir kön­nen nicht erfol­gre­ich sein, wenn ein Teil von uns zurück­ge­hal­ten wird. Als geflüchtete Frauen* wer­den wir mehrfach diskri­m­iniert. Wir wer­den weit­er­hin ras­sis­tis­che Geset­ze sowie die Exis­tenz von Lagern und die Abschiebe­poli­tik verurteilen. Wir wer­den nicht aufhören Gren­zen aufzubrechen, indem wir ein Bewusst­sein für Kolo­nial­is­mus schaf­fen und dafür, dass es nicht ignori­ert wer­den darf, dass wir ein Recht auf Frieden, soziale Inklu­sion und geteil­ten Wohl­stand haben.

Unser Ziel ist es Geflüchteten, die sich als Frauen* iden­ti­fizieren zu ermächti­gen für ihre Rechte als Frauen*, die in dieser Gesellschaft leben einzutreten. Und wir erwarten von nicht geflüchteten Frauen* Sol­i­dar­ität um Diskri­m­inierun­gen, Miss­brauch und Gewalt anzuprangern.

Wir, Flüchtlings­frauen* repräsen­tieren die Kräfte der Verän­derung, zusam­men mit der Zivilge­sellschaft wer­den wir den Lauf der Geschichte verän­dern. Wir sind Frauen*, die in dieser Gesellschaft leben und ein Teil des Kampfes für eine gerechte, inklu­sive Gesellschaft.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus Sonstiges

Todesmärsche sind Verbrechen im Sichtfeld der Bevölkerung

Rede­beitrag des VVN-BdA Potsdam

Danke für euer Kom­men und sol­i­darische sowie antifaschis­tis­che Grüße von der VVN-BdA Pots­dam. Wir haben uns hier in Pots­dam-Drewitz ver­sam­melt, um an den Todes­marsch der fast 2000 aus dem Konzen­tra­tionslager-Außen­lager Lieberose nach Nor­den in Rich­tung Sach­sen­hausen getriebe­nen Häftlinge zu erin­nern. In Lieberose fand Zwangsar­beit und Ver­nich­tung durch schwere Tätigkeit­en im Rah­men des dor­ti­gen SS-Trup­penübungsplatzes „Kur­mark“ statt. Bere­its Ende Jan­u­ar 1945 gab es den Befehl zur Auflö­sung und Besei­t­i­gung des Lagers und den Abtrans­port von rund 600 jun­gen und kranken Häftlin­gen mit dem Zug nach Sach­sen­hausen, wo sie in der Sta­tion Z ermordet wurden.

Am 02. Feb­ru­ar 1945 begann der Todes­marsch der knapp 2000 Häftlinge, die zurück­ge­bliebe­nen 1000 Men­schen, also kranke und marschun­fähige, erschossen die SS-Wach­mannschaften und ver­schar­rten sie anschließend in Gruben. Der Todes­marsch aus Lieberose führte über Goy­atz nach Teupitz und Zossen, weit­er nach Lud­wigs­felde und schließlich am 07. Feb­ru­ar nach Drewitz. Hier über­nachteten sie in ein­er Sche­une auf einem Gut­shof. Am 08. Feb­ru­ar zogen die Häftlinge weit­er durch Pots­dam, mit der Über­nach­tung in ein­er Rei­thalle ein­er Kaserne, bis es nach Falkensee und von wo es hier mit LKW oder S‑Bahn zum Zielort nach Sach­sen­hausen weiterging.

Damit zog dieser Todes­marsch nicht ein­fach nur durch die Stadt Pots­dam, son­dern durch einen Großteil des heuti­gen Land Bran­den­burgs und ver­di­ent deswe­gen unsere Erin­nerung und unser Gedenken. Doch er war nur ein­er von vie­len Todesmärschen, die seit Ende 1944 vor allem im Kernge­bi­et Deutsch­lands durchge­führt wur­den. Es waren nicht viele, die die Todesmärsche über­lebten. Groß war die Zahl der­er, die tot auf dem Weg zurück­blieben. Hunger, Entkräf­tung, Kälte und Frost und nicht zulet­zt die Qualen der sie beglei­t­en­den SS-Mannschaften und ander­er Trup­pen, aber auch Gehil­fen oder Zivil­bevölkerung, waren ihre Begleiter.

Auch hier in Drewitz gab es kurz vor dem Weit­er­marsch nach Pots­dam die Aus­sortierung von soge­nan­nten Marschun­fähi­gen. Die Häftlinge mussten auf Befehl in ein großes Grab steigen und darin niederknien. Es ist kaum vorstell­bar, welche Gefüh­le die Häftlinge in diesem Moment erlebten. Wer nicht mit marschieren kon­nte, den erschoss unter anderem der SS-Rot­ten­führer Erich Schemel.

Die Todesmärsche sind Ver­brechen, die direkt im Sicht­feld der Bevölkerung stat­tfan­den. Und wie es in der Ein­ladung zur heuti­gen Gedenkver­anstal­tung ste­ht, waren die zahlre­ichen Todesmärsche der lei­den­den Häftlinge, die sich durch Dör­fer, aber auch durch Städte wie Pots­dam quäl­ten, mal­trätiert von ihren Peinigern, aber auch geduldet von der Bevölkerung, unüberse­hbar und der let­zte Akt des nation­al­sozial­is­tis­chen Ter­ror­regimes und sein­er bru­tal­en, anti­semi­tis­chen und ras­sis­tis­chen Ideologie.

Und auf einen Punkt will ich noch kurz einge­hen. Lieberose war nicht auss­chließlich Stan­dort eines Außen­lagers des Konzen­tra­tionslagers in Sach­sen­hausen, son­dern in den let­zten Jahren der nation­al­sozial­is­tis­chen Herrschaft wurde daraus das größte Konzen­tra­tionslager im Gebi­et des Deutschen Reichs, das in die Ver­nich­tung der europäis­chen Juden einge­bun­den war. Während vom Herb­st 1943 bis zum Som­mer 1944 vor­wiegend poli­tis­che Häftlinge aus Deutsch­land, Frankre­ich, Nor­we­gen, Polen und der Sow­je­tu­nion aus den Konzen­tra­tionslagern Sach­sen­hausen und Groß-Rosen nach Lieberose gebracht wur­den, änderte sich die Sit­u­a­tion mit der Ankun­ft eines Trans­portes von ungarischen Juden im Juni 1944 aus Auschwitz. Der Anteil der jüdis­chen Häftlinge in Lieberose erhöhte sich auf bis zu 90% und damit wurde das Lager zu einem Teil der Shoa auf deutschem Boden, also ein Ver­nich­tungslager hier im Land Brandenburg.

Been­den möchte ich meinen Rede­beitrag mit dem Gedicht ein­er 16-jähri­gen Schü­lerin und ihren Erfahrun­gen nach dem Besuch des Konzen­tra­tionslagers Sach­sen­hausen, in dem sie die schein­bare Ahnungslosigkeit aller Beteiligten und Nicht-Beteiligten, sowie das Unfass­bare der Ver­nich­tung aber auch gle­ichzeit­ig die Wichtigkeit des heuti­gen Erin­nern und Gedenkens zum Aus­druck bringt:

Ein Baum wird gepflanzt

- die Trauerweide -

Kann nichts fühlen

nichts ver­ste­hen

Doch jedes Blatt

und jed­er Zweig

erzählt ihre Geschichte

Ein Baum wird gepflanzt

- die Trauerweide -

Hörte Schreie

sah die Qualen

Und heut

ver­sucht sie

uns zu zeigen

wie hil­f­los

alle waren

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Klima & Umwelt

Raus aus dem Knast, Rein in die Grube!

Die Energiegewin­nung durch Kohle zer­stört unseren Plan­eten und das Leben auf ihm. Die Prof­ite machen dabei Wenige, die Schä­den tra­gen hinge­gen alle. Die kap­i­tal­is­tis­che Wirtschaftsweise, gestützt von staatlichen Repres­sion­sor­ga­nen, macht diese kli­maz­er­störende Energiepro­duk­tion erst möglich.
Wider­stand, der in diesem Fall nichts anderes ist als eine das Leben auf diesem Plan­eten erhal­tene Maß­nahme, wird krim­i­nal­isiert. Im Namen von Prof­it­max­imierung und dem Sta­tus Quo wird wegges­per­rt, wer sich für eine lebenswerte Zukun­ft und seine Umwelt ein­set­zt. Dem Staat liegt nicht das Leben und Über­leben „sein­er Schüt­zlinge“ am Herzen, son­dern die wirtschaftlichen Inter­essen weniger Großkonz­erne. Polizei und Jus­tiz tun den Rest und krim­i­nal­isieren Aktivisti mit­tels Ein­schüchterung, Iso­la­tion und Strafen.

Am 4. Feb­ru­ar block­ierten 23 Aktivisti Braunkohle­bag­ger im Abbauge­bi­et der bran­den­bur­gis­chen Lausitz. Mit­tler­weile sind sie den Repres­sion­sor­ga­nen aus­ge­set­zt, einige immer noch fest­ge­set­zt! Wir sol­i­darisieren uns mit der Aktion und allen von Repres­sio­nen Betroffenen.

Am Abend des 5. Feb­ru­ar nutzten wir deshalb eine von den Berlin­er Wasser­be­trieben zur Wer­bung genutzte Wand, um die Aktion aus dem Bran­den­burg­er Matsch in die Berlin­er Innen­stadt zu tragen.

Frei­heit für alle poli­tis­chen Gefan­genen! Kohleausstieg jetzt!

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Antifaschismus Sonstiges

Wir künden Euch von einem Heiland, ähhh …. Gauland

INFORIOT — Sternsin­gen fällt hierzu­lande unter das Brauch­tum und ist damit keine genehmi­gungspflichtige Ver­samm­lung oder ähn­lich­es. Warum, wo, von wem oder was gesun­gen wird, wurde am 06.01. in Pots­dam kreativ­er aus­gelegt — die Tra­di­tion wurde unter dem Mot­to “Es gibt kein ruhiges Win­ter­land!” kurz­er­hand gekapert. Die Aktion fand par­al­lel zum AfD-Lan­despartei in Rangs­dorf statt. Die Stim­men vere­in­ten sich zu einem Protestchor an AfD-bezo­ge­nen Orten in der Stadt mit ins­ge­samt vier Sta­tio­nen, unter anderem dem Wohn­haus von Alexan­der Gauland oder Lokalitäten, die gerne AfD-Ver­anstal­tun­gen in ihren Läden aus­richt­en. Rede­beiträge klären über den jew­eil­gen Kon­text auf und wie es Sternsinger_innen nun ein­mal tun wurde ein “Segensspruch” mit Krei­de hin­ter­lassen: 20*FCK+AFD*19.

Plakat zur VeranstlungNeben dem Protest, der guten Laune und dem Sicht­bar­ma­chen von AfD-rel­e­van­ten Orten wurde mit den Liedern antifaschis­tis­chem Wider­stand und Partisan_innen gedacht. Mit Hil­fe der aus­geteil­ten Lied­hefte kon­nten die Teil­nehmenden die Arbeit­er_in­nen- und Partisan_innenlieder — begleit­et von Gitarre und Trom­mel — schnell mitsin­gen. Zur Stärkung gab es Glüh­wein und Punsch.

Wohl nicht nur weil einige sich auch verklei­det hat­ten kam die Aktion gut an. Zahlre­iche ange­sproch­ene Passant_innen reagierten pos­i­tiv, einige schlossen sich sog­ar zeitweise an und san­gen mit.

Für die, die nicht dabei sein kon­nten und sich fra­gen, wie die Aktion der “Antifaschis­tis­chen Sternsinger_innen” es geschafft hat, den Bogen zu Span­nen zwis­chen Gedenken, Protest, Spaß und Anschlussfähigkeit: hier der Rede­beitrag der “Antifaschis­tis­chen Sternsinger_innen”, der vor dem Wohn­haus von Alexan­der Gauland gehal­ten wurde:

Liebe Fre­undin­nen und Fre­unde, werte Nachbarschaft,

Wir sind die Antifaschis­tis­chen Sternsinger_innen und kün­den Euch von einem Hei­land, ähhh …. Gauland, der sich in dieser Gegend niederge­lassen haben soll.

Die Rede ist von ihrem Nach­barn Alexan­der Gauland, seinesze­ichens Frak­tionsvor­sitzen­der der AfD im Bun­destag. Bekan­nt durch Hun­dekrawat­te, in Aus­nah­me­fälle auch lediglich in Bade­hose anzutreffen.

Er bläst gerne zum Jagen, doch am lieb­sten het­zt er in guter, alter deutsch­er Tradition.

Denn er ist ein „Kon­ser­v­a­tiv­er“ — wie er nicht müde wird, zu beto­nen. Viele sein­er Ansicht­en sind dabei so gut kon­serviert, dass sie glatt aus den 30er Jahren stam­men kön­nten: So dürften ihmzu­folge die Deutschen dur­chaus Stolz empfind­en für die großar­ti­gen Leis­tun­gen der deutschen Sol­dat­en im ersten und zweit­en Weltkrieg. Eine Zeit, die der ältere Herr von Nebe­nan bekan­nter­maßen als „Vogelschiss“ in ver­meintlichen 1000 Jahren deutsch­er Geschichte bezeichnete.

Über­all im achso christlichen Abend­land touren ger­ade als Könige verklei­dete Kinder und Erwach­sene durch die Gegend. In Beru­fung auf kirch­liche Mythen ziehen sie von Haus zu Haus und sam­meln Geld für milde Zwecke. Nach Sternsinger­sitte müssten wir jet­zt eigentlich klin­geln und das Haus seg­nen, doch das ist mit­nicht­en unsere Absicht. Unsere Botschaft lautet vielmehr: Es gibt kein ruhiges Win­ter­land! Nicht beim Baden, nicht in den eige­nen vier Wän­den, nicht beim Ital­iener um die Ecke!

Es mag irri­tieren wie wir uns hier ver­sam­meln, ein paar Lieder trällern und dann doch alles so weit­er­läuft wie bish­er. Unsere Lieder han­deln vom antifaschis­tis­chen Wider­stand früher und heute. Wir gedenken unseren Genossin­nen und Genossen, die in diesen Kämpfen ihr Leben gaben. Sie wur­den für Ihren Ein­satz ver­fol­gt, gefoltert, deportiert, ermordet. Es ste­ht für uns außer Frage, dass wir ihr Gedenken bewahren wollen und nicht das ihrer Mörderin­nen und Mörder.

Die Geschichte hat uns gelehrt, dass es keines bar­barischen Antlitz braucht, um die Bar­barei voranzutreiben. Gauland, von Storch und Co. beto­nen ihre Bürg­er­lichkeit in Auftreten und Stil. Doch dahin­ter steckt die ewig gestrige Botschaft: manche Men­schen seien mehr „wert“ als andere. Sie wollen alles aus­merzen, das ihr Welt­bild ins Wanken bringt. Als geistige Brand­s­tifter für aus­führende Mobs im ganzen Land haben sie sich jet­zt schon schuldig gemacht an feigen Anschlä­gen, Het­z­jag­den und Morden.

Gauland ist wohl grad nicht hier. An diesem Woch­enende find­et im nahen Rangs­dorf der AfD- Lan­desparteitag statt. Dort prügeln sich alte und neue AfDler um die begehrten Lis­ten­plätze zur anste­hen­den Land­tagswahl. Im Nach­barort Mahlow prügel­ten von 22 Jahren ihre Gesin­nungsgenossen Noel Mar­tin fast zu Tode. Im sel­ben Land­kreis gab es erst vor zwei ein­halb Jahren einen Bran­dan­schlag auf eine Geflüchtetenunterkunft.

Die bei­den Fälle illus­tri­eren: ras­sis­tis­che Gewalt ist kein neues Phänomen und wurde auch nicht durch die AfD her­vorge­bracht. Doch sie sichert die Kon­ti­nu­ität des Ras­sis­mus in Deutschland.

Mit Ihr gibt es nun einen par­la­men­tarischen Arm des Bie­der­meier­tums und des bornierten Hasses.

Lasst uns gemein­sam dafür sor­gen, dass die Men­schen­has­s­er — mit und ohne Parteibuch — nicht weit­er Land gewin­nen. Lasst uns gegen sie ansin­gen und ankämpfen. Damit sie eines Tages sang- und klan­g­los unter gehen!

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Law & Order

Wer Grundrechte einschränken will, muss mit Protest rechnen

Am ver­gan­genen Sam­stag protestierten über 2.300 Men­schen gegen das neue Polizeige­setz in Bran­den­burg, darunter Datenschützer*innen, Gew­erkschaften, Vere­ine, Politiker*innen und Fußball­fans. Laut­stark und vielfältig zeigten wir der Lan­desregierung: Wer das Polizeige­setz ver­schär­fen und Grun­drechte ein­schränken will, muss mit Protest aus allen gesellschaftlichen Schicht­en rech­nen. An der Demon­stra­tion beteiligten sich Men­schen aus ganz Bran­den­burg. Sie war ein­er der größten, die das Land Bran­den­burg in den let­zten Jahren gese­hen hat. Wir fordern die rot-rote Lan­desregierung auf, den Plan der Ver­schär­fun­gen auf Eis zu legen.
In der kom­menden Woche, in der das Gesetz in den Land­tag einge­bracht wird, ruft das Bünd­nis zu dezen­tralen Aktio­nen gegen das Polizeige­setz auf. In Cot­tbus wird am Mittwoch, den 14. Novem­ber, um 17 Uhr eine Protestkundge­bung am Heron­platz ver­anstal­tet. Die Online-Peti­tion „Neues Polizeige­setz in Bran­den­burg stop­pen – Grun­drechte schützen!“ hat mit­tler­weile deut­lich über 5.000 Unterzeichner*innen.
Bei der Demon­stra­tion kamen in Rede­beiträ­gen ver­schiedene Organ­i­sa­tio­nen zu Wort, unter anderem:
„Wenn das neue Gesetz kommt, wer­den Geflüchtete nicht mehr nur ständig kon­trol­liert, sie ger­at­en auch noch schneller in Präven­tivge­wahrsam, weil die Polizei sich immer weniger dafür recht­fer­ti­gen muss“, kri­tisierte Jibran Khalil von Jugend ohne Grenzen.
„Im Umgang mit Fuss­ball­fans kön­nen wir schon seit Jahren beobacht­en, wie die Polizei sich mil­i­tarisiert und immer öfter auch ganze Fan­grup­pen überwacht. Mit dem neuen Gesetz darf die Polizei nicht nur mehr, sie darf auch tem­porär früher agieren und soll dabei weniger kon­trol­liert wer­den. Umso wichtiger ist es, dass wir auch auf die Polizei schauen“, mah­nte Chris­t­ian R., ein aktiv­er Fußball­fan aus der Nord­kurve Babelsberg.
„Die im neuen Gesetz erwäh­n­ten Meldeau­fla­gen im Bere­ich des Ver­samm­lungs­ge­set­zes sind ein Angriff auf unser Demon­stra­tionsrecht. Warum Politiker*innen der SPD und der Linken solch schw­er­wiegende Grun­drecht­sein­schränkun­gen ver­ant­worten wollen, ist mir schleier­haft“, so Demon­stra­tionsan­melder Kon­stan­tin Gräfe.
Die Polizei ver­hielt sich während der ganzen Demon­stra­tion zurück­hal­tend. Im Gegen­satz dazu kam es im Vor­feld und im Nach­gang der Demon­stra­tion zu inakzept­ablen Über­grif­f­en seit­ens der Polizei auf friedliche Demonstrationsteilnehmer*innen sowie Men­schen, die sich in der Nähe zur Demon­stra­tion aufhiel­ten. Ins­beson­dere waren Pots­damer Haus­pro­jek­te und deren Umfeld in der Zep­pelin­straße 25, 26 und 29 betrof­fen. Vor und nach der Demon­stra­tion filmte die Polizei ohne einen erkennbaren Anlass in die Häuser und in die Innen­höfe hinein. Im Nach­gang der Demon­stra­tion wur­den ins­ge­samt acht Men­schen im Umfeld der Haus­pro­jek­te fest­ge­set­zt, ihre Per­son­alien kon­trol­liert, durch­sucht und trotz geäußertem Wider­spruch erken­nungs­di­en­stlich behan­delt. In zwei Fällen kam es uner­wartet zu bru­tal­en Fes­t­nah­men, bei den Men­schen zu Boden gewor­fen wur­den. Gegen alle kon­trol­lierten Per­so­n­en stellte die Polizei Strafanzeigen. Kurz nach der Demon­stra­tion ver­sucht­en einige Polizist*innen in die Zep­pelin­straße 25 einzu­drin­gen. Noch drei Stun­den nach Ende der Demon­stra­tion wur­den die Haus­pro­jek­te überwacht.
Als Grund für die Maß­nah­men galt wohl die völ­lig gewalt­freie Per­for­mance der drei Haus­pro­jek­te während der Demon­stra­tion, die aus 2 min auf­steigen­den bun­ten und unge­fährlichem Rauch, Her­aushän­gens von Trans­par­enten und einem Rede­beitrag gegen das Polizeige­setz bestand. Die Maß­nah­men sind beze­ich­nend für die Krim­i­nal­isierungsstrate­gie der Polizei. Es bestand zu kein­er Zeit eine gefährliche Sit­u­a­tion, wed­er für die Demo-Teilnehmer*innen noch für die Polizei. Die Häuser samt den Baugerüsten sind im Eigen­tum der Haus­pro­jek­te. Dage­gen waren die Maß­nah­men der Polizei selb­st mut­maßlich grun­drechtsver­let­zend: Das Abfil­men von Pri­vat­woh­nun­gen ist ein unzuläs­siger Ein­griff in die Pri­vat­sphäre, das Ein­drin­gen in Häuser ist eben­so ein schw­er­wiegen­der Ein­griff, der nicht mit Lap­palien wie ein­er kurzweili­gen und kon­trol­lierten Rauch­per­for­mance zu begrün­den ist. Dass die einzel­nen Polizis­ten einge­forderte Grun­drechte ignori­eren, zeigte das Ver­hal­ten des fil­menden Beamten, der mit den iro­nis­chen Worten „Ich kann euch nicht hören“ auf die Bitte reagiert hat, das Fil­men des Hin­ter­hofs der Zep­pelin­straße 25 auf­grund der man­gel­nden Rechts­grund­lage zu unter­lassen. Sel­biger Polizist war an der stun­den­lan­gen Überwachung des Haus­pro­jek­tes beteiligt. Dass ihm das sichtlich Spaß machte, zeigte er mit einem auf­fäl­li­gen Schwin­gen seines Schlag­stocks gegenüber Passant*innen und Bewohner*innen der Hausprojekte.
Die polizeilichen Maß­nah­men am Rand der Demon­stra­tion haben gezeigt, dass die Ermit­tlungs­be­hör­den schnell jeglich­es Maß ver­lieren kön­nen. Umso wichtiger ist es, die geplante Ausweitung der polizeilichen Befug­nisse zu stoppen!

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Antifaschismus Bildung & Kultur Law & Order

Versagt die Justiz im Kampf gegen rechten Terror?”

Auch nach der Urteilsverkün­dung im NSU-Prozess im Juli dieses Jahres gibt es mehr Fra­gen als Antworten zum NSU-Kom­plex. Das Net­zw­erk des NSU, die Rolle und das Wis­sen staatlich­er Behör­den und die Auswirkun­gen der Tat­en und der ras­sis­tisch geführten Ermit­tlun­gen für die Geschädigten und Ange­höri­gen der Ermorde­ten waren kaum Gegen­stand. Dass dem so ist, liegt zu großen Teilen in der Ver­ant­wor­tung der Bun­de­san­waltschaft. Als ober­ste Strafver­fol­gungs­be­hörde hat­te sie im NSU-Prozess eine äußerst wichtige Rolle inne. Sie ver­trat zum einen die Bun­desre­pub­lik Deutsch­land als Geschädigte des NSU, zum anderen die Anklage und leit­ete die Ermittlungen.
Die Autorin­nen Isabel­la Greif und Fiona Schmidt disku­tieren am Beispiel der Ermit­tlun­gen zum NSU-Kom­plex und dem Okto­ber­fes­tat­ten­tat, welche struk­turellen Defizite den staat­san­waltschaftlichen Umgang mit rechter und ras­sis­tis­ch­er Gewalt prä­gen und welche Kon­ti­nu­itäten sich daraus ergeben.
Die Ver­anstal­tung find­et am 18.10 ab 19:00 im Bürg­er­bil­dungszen­trum Amadeu Anto­nio, Beratungsz­im­mer statt.

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Wohnen & Stadt

Freiräume erkämpfen, Utopien diskutieren

Wir haben am 21.09.18 das Haus in der Guten­bergstr. Ecke, Hebbel­str. besetzt!

Wir protestieren damit gegen die Umstruk­turierungspoli­tik der Stadt Pots­dam der let­zten fast 30 Jahre, die in ihrer Folge die
Reichen immer reich­er, und die Sit­u­a­tion der Ärmeren in der Stadt immer schwieriger gemacht hat. Während die
Stadtregierung mit dem FH-Abriss sämtliche Ideen für einen unkom­merziellen Kul­tur- und Begeg­nung­sort zer­stört hat,
eröffnet die Beset­zung einen Freiraum in der Innen­stadt, der sich gegen den rabi­at­en Kahlschlag und Ausverkauf stellt. Das
beset­zte Haus kann ein Ort der Möglichkeit­en sein, der fern von Prof­it­gi­er und Barock­fan­tasien die rel­e­van­ten Bedürfnisse der
Men­schen in den Mit­telpunkt stellt. Es braucht keine detail­lierte Umfrage, um zu wis­sen, was in dieser (Innen)-stadt fehlt
(Wohnen, selb­stver­wal­tete Kul­tur, Begeg­nung­sorte, Band­proberäume usw.). Das beset­zte Gebäude kann zeigen, dass die
kom­merzielle Ver­w­er­tung und die Entwick­lung zur toten Pup­pen­stadt nicht alter­na­tiv­los ist! Auch wenn’s der Stadtregierung
nicht passt: Wir reden nicht nur von einem bun­ten und tol­er­an­ten Pots­dam – wir fordern es ein und leben es! Und wenn es sein
muss, kämpfen wir um jeden Zen­time­ter Freiraum!
Der Wohlfühlfak­tor der Reichen

Im Gegen­satz zum ver­meintlichen Wohlfühlfak­tor (siehe PNN..), gibt es keine Erhe­bun­gen darüber, wie viele PotsdamerInnen
in den let­zten Jahren die Stadt ver­lassen haben, weil sie sich die Miete nicht mehr leis­ten kon­nten. Dage­gen ist der Zuzug z. B.
aus Berlin unbe­strit­ten. Oft sind es die Reichen, denen Berlin zu unüber­sichtlich gewor­den ist, um sich einen Platz am See zu
sich­ern– Vor dem Hin­ter­grund des maßlosen Luxus‘ wer­den aus 10–15 Euro Kalt­mi­ete schnell mal eine absurde Idee für
bezahlbare Mieten. Weit­ere absurde Ideen, wie ein ver­meintlich schönes Pots­dam auszuse­hen hat, kön­nen wir uns aktuell an
ver­schiede­nen Stellen zu Gemüte führen; Neo­barock, wenn wir es wohlwol­lend so nen­nen wollen, Beton­klötze mit
vorge­bauter his­torisieren­der Fas­sade trifft aber eher den Kern der Sache. Die Reichen bauen sich ihre Stadt ohne Rück­sicht auf
Ver­luste. Kahlschlag und das His­torisieren ein­er Innen­stadt gehören zu der vorherrschen­den Leitidee, die für andere Ideen
keinen Platz mehr lassen.
Als hätte es den 2. Weltkrieg nicht gegeben…

Diese Umstruk­turierung ist in zweier­lei Beziehung sehr frag­würdig, bzw. geschicht­s­los. Es tilgt nicht nur eine Baue­poche aus
der Innen­stadt, die fra­g­los einen Bruch mit dem preußisch Barock­en Stil vorgenom­men hat, sie tut auch so, als habe es den
Krieg und Hitler nicht gegeben. Bei der Gar­nisonkirche ist der Spa­gat mit dem eine Kriegs- und Nazikirche zum Tem­pel des
Friedens umgewid­met wer­den soll offen­sichtlich­er. Die neuen Innen­stadtquartiere stellen qua­si einen Vorkriegszu­s­tand wieder
her, als habe es die geschichtlichen Brüche, vom deutschen Größen­wahn, über Bombe­nan­griff, bis zur sozial­is­tis­chen Moderne
nicht gegeben. Argu­men­tiert wird dabei von der Wieder­auf­baufrak­tion mit gewach­se­nen Stadt­struk­turen, gold­en­em Schnitt und
Wun­den, die geheilt wer­den müssten. Dass dafür andere Wun­den geris­sen wer­den, und vor allem an anderen Stellen, wenn
Sem­mel­haak und Co neu bauen, gold­en­er Schnitt und der Rest keine Rolle spie­len, macht nur offen­sichtlich worum es
eigentlich geht – einen Traum Wirk­lichkeit wer­den zu lassen, der öffentlichen Raum pri­vatisiert und den Reichen „Inve­storen“
ihre gold­e­nen Ärsche noch gold­en­er wer­den lässt. Das Vier­tel, das ger­ade rund um den Bahn­hof entste­ht zeigt das ziemlich
deut­lich, dort wächst nichts außer der Ren­dite, gold­en­er Schnitt ist für die Pla­nung ein Fremd­wort und zum Schluss wird es ein
leblos­es Wohn­quarti­er, ohne Kul­tur, Kneipe oder Infra­struk­tur, an dem sich die Inve­storen­fre­unde des Bürg­er­meis­ters fett
gemacht haben wer­den, neben­bei an Hässlichkeit nicht mehr zu übertr­e­f­fen. Diese Par­al­le­len­twick­lung ent­larvt jedes
Argu­ment, das für die his­torisierende Innen­stadt vorge­bracht wurde als Lüge und kommt neben­bei in
geschicht­sre­vi­sion­is­tis­ch­er Manier daher, dass einem schlecht wer­den mag.
Alles ganz demokratisch

Demokratie erhält ihre Legit­im­ität aus Mehrheit­en, was also, wenn eine Mehrheit sich entschei­det, gar nicht mehr an dem
Rit­u­al der Wahl teilzunehmen? Wie legit­im sind dann eigentlich noch Entschei­dun­gen, die von Mehrheit­en gefällt wer­den, die
im End­ef­fekt aber nur von ein­er Min­der­heit zu soge­nan­nten VolksvertreterIn­nen ernan­nt wur­den? Kurz vor dem Ende der DDR
am 6. Mai 1990 war die Wahlbeteili­gung bei Kom­mu­nal­wahlen in Pots­dam mit 74,4 Prozent unge­fähr auf dem Niveau von
Bun­destagswahlen. Demokratie wurde hoff­nungsvoll aufgenom­men. Nach der „Selb­st­be­freiung“ von der Dik­tatur war es eine
Frage der Ehre wählen zu gehen. Die Werte der Wahlbeteili­gung zu Kom­mu­nal- und Bürg­er­meis­ter­wahlen sanken seitdem
kon­tinuier­lich (1993: 62,8%, 2008:51,7%) auf aktuell etwas unter 50%. Wir inter­pretieren das als eine Reak­tion auf Poli­tik, à
la „die da oben machen doch eh , was sie wollen…“. Und na klar, wer sich in Pots­dam in den let­zten fast dreißig Jahren um
Beteili­gung am poli­tis­chen Prozess bemüht hat ist entwed­er desil­lu­sion­iert, in ein­er der Parteien gelandet, die den Ausverkauf
mit organ­isiert hat, oder bei­des auf ein­mal. Außer­halb dieser Struk­turen, also bei Protesten gegen Gar­nisonkirche, Abris­sen und
Auf­bau, Ausverkauf und teure Mieten ste­ht man schnell im kalten Wind der Macht. Krim­i­nal­isierung, Polizeige­walt und
Bespitzelung sind die Mit­tel, mit denen gegen Kri­tik­erIn­nen vorge­gan­gen wird, schöne Grüße aus dem let­zten Jahr, von der
FH-Beset­zung. Eine Woche nach dem G20 Gipfel stand die Beset­zung ganz im Zeichen des Polizeis­taates. Fast ausschließlich
ver­mummte PolizistIn­nen haben die Lösung des Prob­lems der Stadt­poli­tik über­nom­men, Gewalt war keine Randerscheinung,
son­dern omnipräsent. Schläge mit Quarzhand­schuhen, Schika­nen gegen eine angemeldete Ver­anstal­tung und Bedrohung
einzel­ner Teil­nehmerIn­nen bleiben den betrof­fe­nen in Erin­nerung. Als Reak­tion auf den Ver­such, einen kleinen Teil des,
inzwis­chen abgeris­se­nen, FH-Gebäudes mit orig­i­nal Farbton zu stre­ichen, hagelte es Schläge und Anzeigen. Willkom­men in
der Stadt der Bürgerbeteiligung.…
Demokratie nicht verstanden

Von Hüneke bis Jakobs geiferte es, wir hät­ten die Demokratie nicht ver­standen, schließlich hätte man ja schon vor zwanzig
Jahren Beschlüsse gefasst. Ein PNN-Jour­nal­ist ver­stieg sich in der The­o­rie, die Beset­zerIn­nen seien nicht bess­er, als Nazis, die
in ein­er KZ-Gedenkstätte für deren Abriss demon­stri­eren. Als dann bei ein­er Mitteschön­freuden­ver­anstal­tung zwei Wochen­später auf dem Alten Markt zwanzig geis­ter­hafte Gestal­ten gegen den Abriss der FH schweigend demon­stri­erten, war der Mob
von der Leine. Man solle sie ver­gasen, war die schlimm­ste Reak­tion, ange­dro­hte Schläge und Beschimp­fun­gen nor­maler Ton.
Von CDU, über GRÜNE und SPD, bis hin zu einzel­nen AFD Leuten war die ver­meintliche demokratis­che Stadtgesellschaft
dort vertreten, sie kan­nten keine Parteien mehr, son­dern nur noch eine Idee, den bedin­gungslosen Wiederaufbau.
Nest­beschmutzerIn­nen müssen dementsprechend ihre Art von Demokratie nicht ver­standen haben. Soll heißen,
Bürg­er­begehren zuzu­lassen, um sie dann zu ver­bi­eten, sie mit Tricks aus zu hebeln oder wie bei der Befra­gung zum
Schwimm­bad ein­fach zu ignori­eren. Der SPD- Bürg­er­meis­terkan­di­dat Mike Schu­bert hat sich in drei Wahlgän­gen zum
Sozialdez­er­nent wählen lassen und auch die Abstim­mung zum Bebau­ungs­plan des Stadtschloss­es brauchte drei Anläufe. Die
Liste ließe sich ver­längern.… Ja, wir haben Demokratie nicht verstanden!!
Wie eine piefige West­deutsche Kleinstadt

Jan Jakobs begann seine Kar­riere in Pots­dam als Sozialdez­er­nent u.A. im August 1997 mit der Räu­mung des Archivs. Es
wurde später zurück­gegeben, vielle­icht auch weil sein Büro als Reak­tion darauf ver­wüstet und Teile davon aus dem Fenster
gewor­fen wur­den. Haus­be­set­zun­gen begleit­eten seinen Weg, unvergessen­er Moment, als er zum Beispiel 2008 die Besetzung
der Stadtverord­neten­ver­samm­lung als Reak­tion auf eine sehr gewalt­tätige Räu­mung der dama­li­gen Skater­halle nutzte, um die
Jun­gen Leute mit SA-Hor­den gleichzusetzen.
Beset­zte Häuser und Pro­jek­te, die daraus ent­standen sind, beka­men immer den beson­deren Druck der Stadtver­wal­tung ab.
Scheiß Pacht- oder Mietverträge, Aufla­gen vom Bauamt, der Feuer­wehr usw. usf. Ohne die Haus­be­set­zun­gen der letzten
dreißig Jahre, wäre Pots­dam eine so piefige Kle­in­stadt, wie das Nest aus dem Jakobs hier­hergekom­men ist. Ohne
Haus­be­set­zun­gen gäbe es keine Tanz­fab­rik, kein Waschhaus, wahrschein­lich nicht die Schiff­bauer­gasse in ihrer jet­zi­gen Form,
kein Archiv, keine alter­na­tiv­en Lebens­for­men, wie Haus­pro­jek­te oder Wagen­bur­gen; und ohne Jugend­be­we­gung 2008 und der
schon erwäh­n­ten Beset­zung der Skater­halle, aber auch der seit zehn Jahren beset­zten „La Datscha“, wahrschein­lich kein
Freilandgelände.
— Sem­mel­haak kaufte unge­fähr im sel­ben Zeitraum 100 Häuser zum Vorteil­pauschal­preis, die er nach Ablauf der 10 Jahres
Speku­la­tion­sklausel zum Teil zum dop­pel­ten Preis weit­er­verkaufte, während die linke Szene und viele Kul­turein­rich­tun­gen um
jeden Cent und jeden Zen­time­ter kämpfen musste.
— Kirsch machte es gle­ich. Sein „Imperi­um“ fußt offen­sichtlich auss­chließlich auf seinem dama­li­gen Parteibuch, denn als er
sich im Ufer­wegstre­it gegen die Ver­wal­tung stellte und seine eigene Mini­partei grün­dete, war es vor­bei mit exk­lu­siv­en Käufen.
— Der neue Besitzer des alten Land­tages, des „Kreml“, ver­mi­etete das Gebäude nach Ver­tragsab­schluss für anderthalb
Mil­lio­nen im Jahr auf vier Jahre an die Stadt als Flüchtling­sun­terkun­ft und hat­te den Kauf­preis schnell wieder drin. Das der
neue Besitzer als Auch-Eigen­tümer der KÖPI, ein ehe­mals beset­ztes Haus in Berlin, in den Fokus ger­at­en ist, weil er mit
zwielichti­gen Mit­teln ver­sucht hat gel­tende Geset­ze auszuhe­beln, egal. Er soll wegen Betrugs und Urkundenfälschung
vorbe­straft sein.
Auch diese Liste ließe sich verlängern…
Häuser besetzen—immer wieder…
Na klar, wir tun es wieder, was soll schon sein? Irgend­wie gibt uns die Geschichte Recht, wenn es z.B. in Berlin als
All­ge­mein­wis­sen gilt, dass die Haus­be­set­zerIn­nen in den 80er Jahren Alt­stadtvier­tel vor dem Abriss und Kiezstruk­turen vor der
Vertrei­bung bewahrt haben. Wir ste­hen in der Tra­di­tion der Beset­zer­be­we­gung in Pots­dam, die deut­liche Spuren hinterlassen
hat, wir müssen uns für nix schämen.
Das uns trotz­dem nie­mand Richtig gut find­et, liegt wohl an einem Prinzip, das wir in Frage stellen und die eigentliche
Grund­lage unser­er Gesellschaft darstellt, der Besitz. Den gilt es zu schützen, denn wenn er nichts mehr gilt, ist ein Preis nichts
mehr wert und das kap­i­tal­is­tis­che Kaufen-Verkaufen-Prinzip funk­tion­iert nicht mehr. Dass die Arm-Reich-Schere auseinander
geht, dass die 60 Reich­sten soviel haben, wie das ärm­ste drit­tel der Welt­bevölkerung, das zer­stört und aus­ge­beutet wird, um die
Reichen noch Reich­er zu machen, ist bekan­nt. Das daraus aber fol­gert, dass an dieser Gesellschaft etwas nicht stimmt, ist
mit­nicht­en die logis­che Schlussfol­gerung. Kap­i­tal­is­mus gilt als das Ende der Geschichte, jed­er der ihn in Frage stellt, gilt
schnell als Anti­demokrat. Aus dieser Per­spek­tive ist es nicht „unmoralisch“, MieterIn­nen aus Woh­nun­gen rauszu­mobben, oder
ganz aus Städten zu vertreiben, um Mieten zu ver­lan­gen, die vor zehn Jahren noch als Frech­heit gegolten hätten
Unsere Prob­leme wer­den klein, wenn wir ver­suchen, die glob­alen Zusam­men­hänge zu betra­cht­en. Das selbe kapitalistische
Prinzip – nicht diesel­ben Kap­i­tal­is­ten – vertreibt Men­schen durch seine Gier sog­ar aus Län­dern. Nicht wir zetteln Kriege an,
um noch mehr Kohle zu schef­feln, nicht wir zer­stören das Kli­ma, weil sich damit Geld ver­di­enen lässt. Es ist ein Prinzip, das
so verin­ner­licht wurde, dass Alter­na­tiv­en zu disku­tieren schon als Angriff auf unsere Gesellschaft begrif­f­en wer­den. Was aber
soll schlechter an ein­er Gesellschafts­form sein, die die Ver­sorgung aller Men­schen und nicht den Gewinn einiger Weniger in
den Mit­telpunkt stellt. Darum geht es uns aber, anhand von Inter­ven­tio­nen wie dieser Beset­zung Utopi­en ins Spiel zu bringen
und zu disku­tieren, die das basis­demokratis­che Miteinan­der und eine sol­i­darische Gesellschaft zum Ziel hat und nicht das
Aus­beuten und Unter­drück­en von Men­schen durch andere Menschen.
Macht mal nen Punkt – Freiraum in der Innenstadt!
Wieder run­tergeschraubt auf Pots­dam heißt das, Investor ist für uns ein Schimpf­wort, Neue Wohn­quartiere ein Angst­fak­tor und
der Gewinn der Immo­bilien­mafia ist uns scheiße­gal… Wer so brachial alles ver­zockt und unsere Umwelt zur Ware werden
lässt, soll uns nicht damit kom­men, dass Haus Beset­zen ille­gal sei. Demokratie wurde mit Bar­rikaden erkämpft, Despoten
dadurch ver­trieben und Macht in Frage gestellt. Demokratis­che Struk­turen wer­den nicht vertei­digt oder zurücker­obert, indem
man sich an die Regeln der­er hält, die sich mit Hil­fe dieser Regeln an der Macht fes­thal­ten. Schon Berthold Brecht fragte, wer
der größere Ver­brech­er sei, der­jenige der die Bank grün­det, oder diejenige Per­son, die sie überfällt.… ?
FREIRÄUME ERKÄMPFEN! UTOPIEN DISKUTIEREN! SOLIDARISCHE GESELLSCHAFT SCHAFFEN!

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Law & Order

Vor dem Gesetz sind alle gleich — außer Ausländer

Frank­furt (Oder) — Bestürzt haben wir vom Utopia e.V. die Äußerun­gen des Frank­furter Ober­bürg­er­meis­ters wahrgenom­men, mit denen er auf den gewalt­täti­gen Angriff auf die Gäste des Clubs „Frosch“ reagiert hat. Als „Kehrtwende“ beze­ich­net René Wilke selb­st seine neue Posi­tion zum Umgang mit Geflüchteten, die die Ausweisung bei entsprechen­den Straftat­en vor­sieht. Wir sind über diese Entwick­lung besorgt und empört.
Wie alle Bürger*innen dieser Stadt waren auch wir entset­zt über den gewalt­täti­gen Über­griff im Frosch-Club, mit dem wir bei unseren Ver­anstal­tun­gen gerne zusam­me­nar­beit­en. Bei dem Über­griff waren zudem Freund*innen von uns anwe­send, die zum Glück unver­let­zt blieben.
Für uns war direkt danach klar: Die Strafver­fol­gungs­be­hör­den sind jet­zt am Zug, die Polizei und die Staat­san­waltschaft wer­den sich des Fall­es annehmen, es wird Fes­t­nah­men, einen Gericht­sprozess und Verurteilun­gen geben. Kör­per­ver­let­zung mit Faust und Mess­er ist eine ern­ste Sache. Wenn Staat und Stadt in der Folge ihre Hausauf­gaben machen, dann wer­den Sozialarbeiter*innen der Frage nachge­hen, was die Entste­hungs­be­din­gun­gen der zur Diskus­sion ste­hen­den gewalt­täti­gen Clique sind und ver­suchen, diese zu ändern. Und schließlich wird der Frosch-Club ein wirkungsvolles Sicher­heits-Konzept ausar­beit­en, um seine Gäste in Zukun­ft bess­er zu schützen.
So disku­tierten wir die Entwick­lun­gen, doch davon kein Wort mehr, denn inzwis­chen hat sich die Lage drastisch verän­dert: Der Ober­bürg­er­meis­ter sah sich anscheinend gezwun­gen, vom Lauf der rechtsstaatlichen Dinge abzu­lenken und kramte aus der Mot­tenkiste der kom­mu­nalen Volkssou­veränität ein — wie es im juris­tis­chen Jar­gon heißt — beson­deres “Ausweisungsin­ter­esse” hervor.
Es ist offen­sichtlich, was hin­ter sein­er Entschei­dung ste­ht, sich so zu äußern: jene Frankfurter*innen anzus­prechen, die ras­sis­tisch sind, die Migra­tion nur als Bedro­hung empfind­en und demokratis­che Werte ver­acht­en. Und er ver­sucht jene zu besän­fti­gen, für die rechtsstaatliche Maß­nah­men gegen nicht-deutsche Gewalttäter*innen nicht weit genug gehen kön­nen. Das sind genau jene Men­schen, die mit zweier­lei Maß messen.
Wir verurteilen den Angriff auf den Frosch-Club entsch­ieden. Gle­ichzeit­ig stellen wir uns gegen die Instru­men­tal­isierung der Herkun­ft der Täter*innen für pop­ulis­tis­che Forderun­gen. Damit ver­schärft sich die Debat­te um Geflüchtete weit­er und ver­schiebt sich nach rechts. Wir sind überzeugt, dass dieser Schachzug nicht funk­tion­ieren wird: Nun den recht­en Forderun­gen ent­ge­gen­zukom­men wird nicht helfen, rechte Posi­tio­nen abzuschwächen. Im Gegen­teil, damit wer­den sich diejeni­gen in ihrer Hal­tung bestätigt fühlen, die zu den Men­schen­recht­en ein zwiespältiges, rein tak­tis­ches Ver­hält­nis haben und Geflüchteten ablehnend bis feindlich gegenüber stehen.
Wir sind empört über diesen Recht­sruck unseres Ober­bürg­er­meis­ters. Wir sind aber — und das ist vielle­icht fast noch beschä­mender für Frank­furt (Oder) — empört über eine Gemen­ge­lage aus Betrof­fen­heit, Aktion­is­mus und Angst vor rechter Stim­mungs­mache, die die Poli­tik unter einen völ­lig wider­sin­ni­gen Zugzwang set­zt. Mit Rück­sicht auf die Stim­mung in der Stadt wird aus ein­er Angele­gen­heit für das Strafrecht eine irra­tionale Kaf­feesat­zle­serei rund um das Phänomen “gefühlte Sicher­heit”. Damit Frank­furt (Oder) nicht der­art in die Schlagzeilen ger­ate wie Cot­tbus oder Chem­nitz, nehmen viele Politiker*innen die “Stim­mung in der Stadt” zum Aus­gangspunkt, um den Bürger*innen ihr “Sicher­heits­ge­fühl” wiedergeben zu wollen.
Hal­lo Sahra Wagenknecht: “Wer Gas­trecht miss­braucht, hat Gas­trecht ver­wirkt.” Hal­lo NPD: “Krim­inelle Aus­län­der raus!” Das kann doch nicht ern­sthaft eine ser­iöse Antwort auf soziale Prob­leme und Gewalt sein! Falls doch, kön­nten wir eine lange Liste mit sehr deutschen Namen auf­stellen, für die eben­falls eine Ausweisung geprüft wer­den sollte.
Das Prob­lem ist die Unehrlichkeit: Wir kön­nen die Gewalt und das Böse in dieser Gesellschaft nicht ein­fach “rauss­chmeißen”. Wer den Anschein erweckt, dass dies möglich sei, han­delt ver­ant­wor­tungs­los. Krim­i­nal­ität und Gewalt müssen inner­halb ein­er Gesellschaft gek­lärt und bekämpft wer­den. Abschiebun­gen dür­fen nie ein legit­imes Mit­tel von Poli­tik sein. Wer glaubt, man könne sich so aktiv Prob­leme vom Hals schaf­fen, gibt das unteil­bare Ver­sprechen von Gle­ich­heit auf, für das sich Linke ver­bür­gen — zuallererst vor dem Gesetz. Wir fordern eine Gle­ich­be­hand­lung von deutschen und nicht-deutschen Per­so­n­en – rechtsstaatliche Prinzip­i­en müssen für alle hier leben­den Men­schen gle­icher­maßen gelten!

Inforiot