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Antifaschismus Bildung & Kultur

Dreißig Jahre Widerstand

Im Mai 1989 erschien die erste Aus­gabe der antifaschis­tis­chen Zeitschrift »der rechte rand«.

Manch Name ist neu, die Gedanken aber nicht. Seit 30 Jahren berichtet »der rechte rand« alle zwei Monate über die extreme Rechte, informiert und analysiert. 30 Jahre, in denen die Redak­tion und die AutorIn­nen nie den Rand der Gesellschaft allein, son­dern auch deren »Mitte« kri­tisch skizzierten. Dem sich selb­st ent­las­ten­den Gerede der »Mitte«, keine Ressen­ti­ments zu pfle­gen, wurde früh wider­sprochen. Die aktuelle Debat­te um die Studie »Ver­lorene Mitte – Feind­selige Zustände« offen­bart die anhal­tende Abwehr der sich son­st so reflek­tiert geben­den »Mitte« der Gesellschaft.

In Deutsch­land – für dessen »Mitte« seit jeher nur das »Land der Dichter und Denker« ste­ht – darf nicht sein, was nicht sein soll. Spätestens seit der Fußball­welt­meis­ter­schaft in Deutsch­land 2006 weiß »die Welt« doch, wie läs­sig und offen die Far­ben der Nation geschwenkt wer­den kön­nen. Die vehe­mente Kri­tik an der Studie, nicht nur von den üblichen Verdächti­gen, kann auch als Gradmess­er der poli­tis­chen Atmo­sphäre betra­chtet wer­den. In den ver­gan­genen 30 Jahren hat die extreme Rechte – von parteipoli­tis­chen For­ma­tio­nen über metapoli­tis­che Pro­jek­te bis zu ter­ror­is­tis­chen Net­zw­erken – immer wieder das bun­de­spoli­tis­che Koor­di­naten­sys­tem nach rechts ver­schieben kön­nen – und löste damit auch unter­schiedliche Gegenini­tia­tiv­en aus.

Die Wahler­folge der Partei »Die Repub­likan­er« 1989 führten zur Grün­dung der Zeitschrift »der rechte rand«. Im Jan­u­ar des Jahres hat­te die Partei des früheren CSU- und SS-Mannes Franz Schön­hu­ber bei der Wahl des Abge­ord­neten­haus­es von Berlin 7,5 Prozent erre­icht und im Juni bei der Wahl des Europa­parla­ments 7 Prozent. Die Debat­te, in den dama­li­gen Artikeln der Zeitschrift zu diesem Erfolg, zeigt, dass die heuti­gen Abwehrmech­a­nis­men aus »der Mitte« damals ganz ähn­lich erfol­gten: Die Partei wurde anfänglich begrif­flich nicht klar ein­ge­ord­net, die Wäh­lerIn­nen ent­lastet. Der »Wut­bürg­er« war in den 1990er Jahren noch nicht erfun­den. Der Typ »PEGI­DA-Ver­ste­her«, der nur über alles reden, aber nichts klar benen­nen wolle, war aber schon wirkungsmächtig.

Die ersten Redak­tion­s­mit­glieder richteten das Mag­a­zin als ein nieder­säch­sis­ches Pro­jekt aus, das sie im Laufe der Zeit als nord­deutsches und später bun­desweites Peri­odikum etablierten. Von Anbe­ginn einte die poli­tisch äußerst het­ero­gene Redak­tion das Anliegen, ein Mag­a­zin von und für AntifaschistIn­nen zu sein. Eine Recherche der Zeitschrift, die später in Flugschriften oder Blog­beiträ­gen gegen Rechts aufge­grif­f­en wird, ist bis heute ein Erfolg der Arbeit. Antifaschis­tis­che Strate­giede­bat­ten griff die Redak­tion bewusst nicht auf. Die AutorIn­nen aus Wis­senschaft, Medi­en, Poli­tik und Zivilge­sellschaft sollen nicht durch solche Debat­ten genötigt wer­den, sich posi­tion­ieren zu müssen. Umso deut­lich­er hat sich »der rechte rand« im ana­lytis­chen Kon­text der recht­en Entwick­lun­gen posi­tion­iert. Die Maxime von Max Horkheimer: »Wer aber von Kap­i­tal­is­mus nicht reden will, sollte auch vom Faschis­mus schweigen« wurde in den 30 Jahren beibehal­ten – was bedeutet, die neolib­erale Umgestal­tung der Gesellschaft oder die dynamisierte Glob­al­isierung mit geringer poli­tis­ch­er Steuerung mitzu­denken. Dezi­diert antifaschis­tisch, dezi­diert links – in diesem Land »der Mörder und Henker« wird man da schnell nicht bloß von der extremen Recht­en angegriffen.

In den großen Medi­en war »Recht­sex­trem­is­mus« lange kein Gegen­stand großer Berichter­stat­tung. Einzelne Beiträge etwa in den öffentlich-rechtlichen Sendern waren die Aus­nahme. Die blind­en Flecke über die Net­zw­erke der extremen Recht­en wur­den nach­haltig gepflegt. Eine Über­spitzung? Für ein Eigen­lob? Nein. Die Bilder nach dem zufäl­li­gen Auf­fliegen des «Nation­al­sozial­is­tis­chen Unter­grun­des« (NSU) von Uwe Mund­los, Uwe Böhn­hardt und Beate Zschäpe kamen nicht aus dem Archiv des »DER SPIEGEL« oder der ARD. Sie kamen aus antifaschis­tis­chen Recherch­enet­zw­erken, die auch das Mag­a­zin »der rechte rand« mittragen.

In den 1990er Jahren hielt kaum eine der großen Redak­tio­nen es für nötig, langfristig Entwick­lun­gen der »Alten« und »Neuen Recht­en« zu ver­fol­gen. Heute, wo Online- und Print-Medi­en nicht nur über die Radikalisierung der »Alter­na­tive für Deutsch­land« (AfD) laufend bericht­en, ist dies kaum mehr vorstell­bar. Doch auch der gesellschaftliche Druck gegen das rechte Milieu bewegt heute die Presse. Ein Wider­stand, der den beschle­u­nigten Recht­sruck der ver­gan­genen sechs Jahre kaum brem­sen kon­nte. Wer diese Ver­schiebung des Sag‑, Wähl- und Han­del­baren allein als Nieder­lage »der Linken« oder »des Antifaschis­mus« betra­chtet, mis­sachtet die Machtver­hält­nisse und die Diskursmächtigkeit.

»der rechte rand« hat »den Recht­en« – in mil­i­tan­ten Grup­pen, biederen Lesekreisen, eso­ter­ischen Zirkeln, poli­tis­chen Parteien, dem burschen­schaftlichen Milieu oder recht­en Öko-Ini­tia­tiv­en – in den ver­gan­genen 30 Jahren ihre Arbeit enorm erschw­ert. Wie sähe diese Gesellschaft ohne antifaschis­tis­chen Wider­stand aus? Die zahlre­ichen Home­sto­ries über einen neu-recht­en Ver­leger oder der Waldspazier­gang mit einem völkischen Nation­al­is­ten offen­baren die Notwendigkeit der Recherchen und Analy­sen des »Ran­des«. Die Fest­stel­lung ein­er »neuen« Bedro­hung durch rechte Mis­chszenen, die das »Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz« in diesen Tagen aus­machte, dürfte die LeserIn­nen dieser Zeitschrift nicht über­rascht haben.

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Antifaschismus Bildung & Kultur Parlamentarismus

Die Bürgerwut im Kreistag?

Bei den brandenburgischen Kommunalwahlen am 26. Mai 2019 treten mehrere
Parteien an, die politisch rechts von der Union positioniert sind. Für
insgesamt über 1.000 Mandate bewerben sich Kandidat*innen auf den Listen
von AfD, NPD und den Republikanern. In einer neuen Ausgabe der
"Mitteilungen der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle" werden diese
Wahlantritte statistisch ausgewertet und in Bezug gesetzt zu den
vorangegangenen Kommunalwahlen.
Programmatische Papiere der – quantitativ und in ihrem Lager politisch
dominierenden – AfD werden analysiert und stichprobenartig biografische
Hintergründe und politische Positionen ihrer Kandidat*innen
herausgearbeitet.
Die aktuellen Wahlantritte von rechts werden in Bezug gesetzt zur
jüngeren politwissenschaftlichen Diskussion um Kommunalpolitik und
Beteiligung. Insbesondere interessiert die Frage, ob die Kandidat*innen
der AfD – einer Partei, welche die Forderung nach direkter Demokratie
immer wieder explizit erhebt – zu einer Belebung kommunalpolitischer
Beteiligung beitragen und demokratische Repräsentationslücken schließen
können.

Die Studie ist online verfügbar unter

https://www.mmz-potsdam.de/veroeffentlichungen-der-EJGF/articles/studie-zu-rechten-kommunalkandidaturen.html
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Sonstiges Wohnen & Stadt

Offener Brief an die Partei „Die Linke“ Kreisverband Potsdam

Sehr geehrte Genoss*Innen,
wir wis­sen nicht, ob Ihnen diese Anrede außer­halb der DDR-Geschichte etwas bedeutet und auch nicht, ob Ihnen als „Linke“ die Mei­n­ung ander­er Link­er etwas am Herzen liegt? Wir
ver­suchen es trotzdem…

Zu Uns
Wir sind die Gruppe, die am 21.09.2018, also zwei Tage vor der Bürg­er­meis­ter­wahl in Pots­dam, das Haus in der Guten­bergstraße mit der Num­mer 67 beset­zt hat. Die Besetzung
fand an diesem Tag statt, um kurz vor der Bürg­er­meis­ter­wahl, auch in Verbindung mit der am Tag darauf fol­gen­den „Stadt für Alle“ Demon­stra­tion, eine kleine Kam­pagne gegen die Woh­nungspoli­tik der Stadt Pots­dam zu ini­ti­ieren. Mit ca. 1000 Demonstrant*Innen und durch zeitliche Nähe zur Beset­zung wür­den wir dieses Vorhaben dur­chaus als erfol­gre­ich beze­ich­nen. Die ehe­ma­lige Schule, die wir beset­zten, wird, vielle­icht auch durch unsere Aktion, als feste Schulein­rich­tung geplant und auch die Turn­halle in der Kur­fürsten­straße, die vom Verkauf und Umbau zu Luxus­woh­nun­gen bedro­ht war, bleibt nun in kom­mu­naler Hand und wird als Turn­halle für die Schule in der Guten­bergstraße saniert.

Wir und die „Linkspartei“!
An der Demo nach der Beset­zung, also am 22.09., nahm auch die Bürg­er­meis­terkan­di­datin der „Linken“ Mar­ti­na Trauth mit ein­er Gruppe ander­er Parteim­it­glieder teil. Zu erken­nen waren sie an Fah­nen der „Linkspartei“. Sie wur­den zu beginn der Demon­stra­tion gebeten ihre Fah­nen nicht mitzuführen und kamen der Auf­forderung auch nach. Auch das Mot­to unser­er Demo „Stadt für Alle“ wird von der Linkspartei genutzt und dadurch eine Nähe zu sozialen Bewe­gun­gen in der Stadt sug­geriert, die es unser­er Mei­n­ung nach nicht gibt.
„Die Linke“ als Name beansprucht etwas, das die Real­ität in Pots­dam wider­legt, näm­lich noch ein Gespür für Bewe­gun­gen ausser­halb von Par­la­menten und Gremien zu haben. Die „Linke“, die in Bran­den­burg Polizeige­set­zver­schär­fun­gen mit organ­isiert, die vor zwanzig Jahren undenkbar gewe­sen wären, die den Ver­fas­sungss­chutz mit auf­s­tock­en wird, obwohl
im NSU-Auss­chuß ein Skan­dal nach dem anderen ans Licht kommt, die jedem zwielichti­gen „Investor“ (RAW Gelände, Schwimm­bad, Kramp­nitz) den Roten Tep­pich aus­rollt, diese Linke hat mit unser­er Vorstel­lung von ein­er besseren Welt nichts zu tun. Wir sehen sie, angesichts ihres Han­dels, zuse­hends als Geg­ner­in und immer sel­tener als mögliche Bünd­nis­par­terin. Auch wenn wir uns bei Ver­anstal­tun­gen gegen Nazis, ob Kam­er­ad­schaften oder AFD, meis­tens auf der sel­ben Seite der Block­ade wiederfind­en, hat es sich damit eigentlich schon erledigt. Tak­tier­ereien von Schar­fen­berg um das Schwimm­bad, die Fach­hochschule, Mer­cure und Stau­den­hof wer­den mit großen Worten als his­torisch umschrieben, ändern aber grundle­gend nie etwas an der Ten­denz zu pri­vatisieren, abzureißen oder zu ver­drän­gen. Wir wür­den behaupten, dass die Beset­zung der
Fach­hochschule mehr Ein­fluss auf den Verkauf des Grund­stück­es darunter genom­men hat und die zukün­ftige Sozial­struk­tur mit bee­in­flusst, als irgen­dein­er von den erwäh­n­ten his­torischen Kom­pro­mis­sen. Im Fall Mer­cure wird etwas für sich, also für die Pots­damer Linkspartei, beansprucht, das nur Real­itäten anerken­nt, weil ein Ankauf durch die Stadt wirk­lichkeits­fremd und ein Abriss nicht zu real­isieren gewe­sen wäre. Das Tak­tieren im Zusam­men­hang mit dem Bürg­er­begehren gegen die Gar­nisonkirche kann man dur­chaus als Ver­rat an den Ini­tia­tiv­en inter­pretieren, die das Begehren betrieben haben. Unterm Strich hat die Linkspartei durch ihr Abstim­mungsver­hal­ten eine Bürger*Innenbefragung aktiv ver­hin­dert. Angesichts dieser Fak­ten haben wir wenig Hoff­nung, dass sich an dieser Poli­tik hin­sichtlich der Pläne zum Rechen­zen­trum und Stau­den­hof etwas ändern wird. Die Pots­damer Linkspartei erweckt eher den Ein­druck, als ver­ste­he sie die Äng­ste vor Ver­drän­gung der ärmeren Potsdamer*Innen gar nicht, geschweige denn, dass sie sie über­haupt noch wahrnimmt.

Ihr kön­ntet auch anders!
Es ist kein Geheim­nis, dass die Außer­par­la­men­tarische Linke ihre Sor­gen und Prob­leme mit Macht­struk­turen und Hier­ar­chien in Parteien hat, uns geht es genau­so! Wir sind aber bereit
und dazu in der Lage Bünd­nisse einzuge­hen, zum einen mit bürg­er­licheren Ini­tia­tiv­en, aber auch mit Parteien. Das hal­ten wir angesichts des Recht­srucks in der Poli­tik für geboten. Der kle­in­ste gemein­same Nen­ner darf dabei aber nicht das dif­fuse Gegen­Rechts­Ge­fühl sein. In Berlin ste­ht die „Linke“ offen­sichtlich in direk­terem Aus­tausch mit Grup­pen und Ini­tia­tiv­en in der Stadt. Bürg­er­begehren nehmen dort Ein­fluss auf Stadt­poli­tik, wenn zum Beispiel aktuell vom Sen­at eine Enteig­nung der „Deutsche Wohnen“ in Betra­cht gezo­gen wird und Vorkauf­s­rechte in Anspruch genom­men wer­den um Milieus und Struk­turen vorm Ren­diteausverkauf zu beschützen.
Poli­tik muss sich an Ergeb­nis­sen messen lassen, was natür­lich schwierig ist, wenn unser Kampf gegen Wind­mühlen hier und da nur kleine Erfolge ermöglicht. Wenn mal ein Bürg­er­recht gestärkt oder kom­mu­nales Eigen­tum ver­größert wird, kann der Ein­druck entste­hen, dass alles gut ist oder zumin­d­est bess­er wer­den kön­nte, aber im großen und ganzen wird dabei die Frage nach der Sys­tem­atik sel­ten gestellt. Wir fra­gen uns welche
Utopi­en eine Linkspartei hat, wenn ihr das Wort Sozial­is­mus nicht mehr über die Lip­pen rutscht, außer bei Folk­lorever­anstal­tun­gen wie dem Rosa Lux­em­burg Gedenken. Rosa
Lux­em­burg war Rev­o­lu­tionärin, sie wollte nicht ein Stück der Macht im Kap­i­tal­is­tis­chen Ringel­reien, sie wollte den Kap­i­tal­is­mus zer­stören und als Lehre aus dem Ersten Weltkrieg
etwas anderes erschaf­fen. Dafür wurde sie ermordet! Wenn sie aber als Ikone der Linkspartei her­hal­ten soll, muss sich irgen­det­was von ihren Ideen auch im kle­in­sten Kreisver­band wiederfind­en und das Par­a­dig­ma sein nach der sich linke Poli­tik aus­richtet, auch wenn es nur das Beken­nt­nis ist, Poli­tik für die Opfer dieser Gesellschaft und der
kap­i­tal­is­tis­chen Aus­beu­tung zu machen. Eine Utopie für eine bessere Gesellschaft kommt uns angesichts der realen Ver­hält­nisse zu hochge­grif­f­en vor. Also bleiben wir beim hier und jet­zt: Statt für Speku­lanten lieber mal Poli­tik für Stadt­teilini­tia­tiv­en machen, statt Pri­vatisierung, Rekom­mu­nal­isierung, statt Miete nach oben, Löhne nach oben.
Auf uns bezo­gen heißt das, dass in diesem Jahr Gerichtsver­fahren anste­hen, weil wir uns durch eine Beset­zung in die Stadt­poli­tik eingemis­cht haben. Die Ver­fahren kosten Geld und die öffentliche Wahrnehmung bes­timmt let­z­tendlich den Erfolg von Bewe­gun­gen außer­halb von Parteipoli­tik. Will die Pots­damer Linkspartei in irgen­dein­er Form noch Bezugspunk­te zu dieser Bewe­gung haben, sollte sie Grup­pen wie unsere unter­stützen, Öffentlichkeit schaf­fen und die Stadt Pots­dam auf­fordern, die Anzeigen zurück zu nehmen. Unser
Anliegen endet natür­lich nicht in dem Moment, in dem wir freige­sprochen oder nicht verurteilt wer­den. Wir wer­den weit­er demon­stri­eren, vielle­icht auch wieder beset­zen. Ob es
dabei in irgen­dein­er Weise Sinn macht mit der „Linken“ für eine „Stadt für Alle“ zu demon­stri­eren, hängt auch davon ab, wie sich die Poli­tik der Partei in Zukun­ft gestaltet.
In diesem Sinne

Die Besetzer*Innen der Gubbi67

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Law & Order

Demonstration unter dem Motto “Abschiebehaft abschaffen!

Demonstration unter dem Motto “Abschiebehaft abschaffen! - Für eine (Un)Geordnete
Rückkehr zur Menschenwürde und Solidarität!”

am 12.5. um 14:30 Uhr am Flughafen Schönefeld (S-Bahn).

“Abschiebehaft erklärt Migration per Gesetz zum Verbrechen. Nur weil sie keinen
deutschen Pass haben, können Menschen aufgrund der bloßen Vermutung, dass sie bei
einer zukünftigen unangekündigten Abschiebung nicht zuhause sein könnten, präventiv
bis zu 1 ½ Jahre inhaftiert werden – durch das Geordnete-Rückkehr-Gesetz bald sogar
ohne richterlichen Beschluss in normalen Justizvollzugsanstalten", erklärt Theresa
B. eine Sprecherin des Organisationsteams.

Durch das neue Gesetz sollen zudem die Voraussetzungen für eine Inhaftierung enorm
abgesenkt werden: alleine z.B. die Tatsache, dass eine Person für ihre Reise nach
Deutschland bezahlt hat, soll künftig eine „Fluchtgefahr“ darstellen. Nicht der
Staat soll zu beweisen haben, dass bei einer Person solche Haftgründe vorliegen,
sondern die Inhaftierten werden aus der Haft heraus beweisen müssen, dass kein
Haftgrund vorliegt, um wieder entlassen zu werden. Alles ohne Zugang zu kostenlosem
Rechtsbeistand.

“Beträfe das Gesetz weiße deutsche Staatsbürger*innen gäbe es einen öffentlichen
Aufschrei und es würde umgehend wegen seiner Verfassungswidrigkeit verworfen. Wir
dürfen uns durch die rassistische Stimmungsmache gegen Geflüchtete und Migrant*innen
nicht täuschen lassen: Nicht die Menschen, die sich hier ein Leben in Sicherheit
aufbauen wollen, sondern die aktuelle Gesetzgebung und die Praxis der Abschiebehaft
an sich sind kriminell”, so Bino B., Mitorganisator der Demonstration.

Brandenburgs Innenminister Schröter hat angeküdigt, dass im Juni 2019 ein
ausgebauter Abschiebegewahrsam (bis zu 10 Tage Haft) am Flughafen Schönefeld den
Betrieb aufnehmen soll. Bis 2020 soll zudem das Abschiebegefängnis (bis zu 1 ½ Jahre
Haft) in der Erstaufnahme für Geflüchtete in Eisenhüttenstadt mit 108 Haftplätzen
wiedereröffnet werden. Da die Berliner Regierung schon jetzt die Vereinbarung im
Koalitionsvertrag bricht, keine Abschiebehaft mehr anzuwenden, befürchten wir, dass
Berlin nach Verabschiedung des neuen Abschiebe-Gesetzes vermehrt und auch in
Schönefeld Migrant*innen in Abschiebehaft nehmen wird. Wir rufen die Berliner und
Brandenburger Regierung dazu auf, ihre Pläne für die Errichtung von
Abschiebehaftanstalten umgehend einzustellen.

“Menschen in Abschiebehaft wehren sich gegen das Unrecht, das ihnen durch
Abschiehaft widerfährt, meist erfolgreich mit rechtliche Mitteln als auch durch
Protest und Hungerstreik. Mit unserer Demonstration solidarisieren wir uns mit ihnen
und ihrem Widerstand, fordern ein Ende der nationalistischen Abschiebepolitik und
eine Abschaffung der Abschiebehaft.“

Aktion Abschiebhaft abschaffen Berlin Brandenburg


Kontakt: abschiebehaft_abschaffen_bb@riseup.net /// Theresa B. und Bino B.: +49 163
4861412
FORDERUNGEN AUS DEM AUFRUF:

* Keine Abschiebeknäste in Berlin und Brandenburg!
* Die Abschaffung der Abschiebehaft und sofortige Schließung aller Abschiebeknäste!
* Ein Ende aller Abschiebungen!
* Gegen die rassistischen Asylgesetzverschärfungen!
* Für Bewegungsfreiheit und Bleiberecht für alle!

"Migration ist kein Verbrechen - Solidarität ist unsere Waffe!"

#100jahresindgenug


** 10.-12.05.2019 Bundesweite Aktionstage “Abschiebehaft abschaffen!”
(http://100-jahre-abschiebehaft.de/de/startseite)
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Erding – Mainz/Ingelheim – Dresden – Dessau – Halle (Saale)
Glückstadt – Sternfahrt aus SH, MV, Hamburg, Pforzheim,
Eichstätt – Hannover – Darmstadt – Büren (NRW)- Berlin
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(Anti)militarismus Antifaschismus Antiziganismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

8. Mai – Tag der Befreiung

Im Land Bran­den­burg gibt es eine Vielzahl an Erin­nerungsstät­ten, Gedenkstät­ten und Frieden­höfen, die an die Befreiung von Ortschaften und Konzen­tra­tions- bzw. Außen­lager erin­nern. Mit dem 8. Mai jährt sich der Tag der Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus zum 74. Mal. Ziel ist es, sowohl am 8. Mai selb­st, als auch an den authen­tis­chen Tagen der Befreiung von Orten, die Erin­nerung an began­gene Ver­brechen wachzuhal­ten, die Befreiung der Roten Armee zu würdi­gen sowie an Ver­fol­gte und Opfer zu erin­nern. In vie­len Orten gibt es dazu Gedenkver­anstal­tun­gen und Feierlichkeiten.

Im Osten war die Rote Armee in der Weich­sel-Oder-Oper­a­tion bere­its Mitte Feb­ru­ar 1945 auf ganz­er Länge bis zur Oder vorg­erückt. Die Stoßrich­tung war Berlin und dazu musste auf bran­den­bur­gis­ches Ter­ri­to­ri­um vorg­erückt wer­den. Mit dem Vor­rück­en der Roten Armee und als sich die Nieder­lage der Wehrma­cht abze­ich­nete, begann die SS-Führung mit der Pla­nung der Evakuierung bzw. Ermor­dung der Häftlinge. So trieb sie unter anderem in Lieberose Anfang Feb­ru­ar 1945 die gehfähi­gen Häftlinge in Eilmärschen über Pots­dam nach Sach­sen­hausen, wo die meis­ten ermordet wurden.

Am 16. April eröffnete die Rote Armee ihre Großof­fen­sive ent­lang der Oder­front mit dem Ziel Berlin. Erin­nert sei hier an die Schlacht um die Seelow­er Höhen und die dor­tige Gedenkstätte. In Frankfurt/Oder erhöht­en die sow­jetis­chen Trup­pen den Druck auf die Stadt ab dem 20. April, die dann am 23. April einrückten.

Die Räu­mung des KZ Sach­sen­hausen begann in den Mor­gen­stun­den des 21. April 1945. Mehr als 30.000 Häftlinge trieb die SS nach Nord­west­en. An diese Todesmärsche, auch aus dem Konzen­tra­tionslager Ravens­brück, erin­nern in vie­len Dör­fern und Ortschaften Gedenksteine und Gedenk­tafeln. Tausende star­ben hier­bei, ein beson­ders beein­druck­ender Ort der Erin­nerung ist die Gedenkstätte Below­er Wald. Am 22. April 1945 befre­it­en Ein­heit­en der sow­jetis­chen und pol­nis­chen Armee schließlich etwa 3.000 im Lager zurück­ge­bliebene Häftlinge in Sachsenhausen.

Ein weit­er­er markan­ter Ort, allerd­ings im Süden gele­gen, ist das KZ-Außen­lager Schlieben des KZ-Stamm­lagers Buchen­wald. Im April 1945, kurz vor der Eroberung durch Trup­pen der Roten Armee, ver­ließen zwei Häftlingstrans­porte das Lager in Rich­tung There­sien­stadt. Schlieben wurde am 21. April von der Roten Armee befre­it. Nur einen Tag später fol­gte Cot­tbus, dort zum Beispiel mit dem großen Zuchthaus.

Sow­jetis­che Trup­pen rück­ten am 27. April in Brandenburg/Havel ein und befre­it­en die Stadt. Einen Tag später wurde das Zuchthaus geräumt, da es zwis­chen die Fron­ten zu ger­at­en dro­hte. Mehr als 3.000 Inhaftierte macht­en sich auf den schwieri­gen Weg in ihre Heima­torte. Pots­dam fol­gte am sel­ben Tag. Die Rote Armee nahm die Stadt Pots­dam im Zuge der Einkesselung Berlins am 27. April ein. Der Stadt­teil Babels­berg wurde schon einige Tage vorher der Roten Armee fast kampf­los überlassen.

Auch in Luck­en­walde sehn­ten sich Inhaftierte nach der Befreiung. Das riesige Kriegs­ge­fan­genen­lager STALAG III A wurde 1945 als eines der let­zten Lager über­haupt von der Roten Armee befre­it. Im Konzen­tra­tionslager Ravens­brück fand die Rote Armee am 30. April 1945 rund 2.000 zurück­ge­lassene Kranke. Doch mit der Befreiung war das Leid für einen Großteil der Inhaftierten aus allen Lagern noch nicht vor­bei, denn die Bedin­gun­gen und Fol­gen ihrer Haft sorgten in den fol­gen­den Wochen, Monat­en und Jahren weit­er­hin für Todes­fälle und unbeschreib­liche Qualen.

Als ein­er der let­zten Orte wurde Bad Belzig am 3. Mai 1945 von der Roten Armee befre­it. In den let­zten Tagen des Zweit­en Weltkrieges soll­ten aus dem zum KZ Ravens­brück gehören­den Außen­lager Roeder­hof 600 gefan­gene Frauen nach Altengrabow evakuiert wer­den. So wie in Bad Belzig, gab es große KZ-Außen­lager und Zwangsar­beit in vie­len anderen Ortes des Lan­des, so beispiel­sweise in Falkensee, Klein­mach­now oder Schwarzhei­de, wo eben­falls Erin­nerungsini­tia­tiv­en beste­hen. Zum Schluss sei darauf ver­wiesen, dass es in vie­len Orten im Land Bran­den­burg sow­jetis­che Ehren­fried­höfe gibt, die ger­ade zum 8. Mai (nach Moskauer Zeit am 9. Mai), zum Gedenk­tag der Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus, eine Würdi­gung ver­di­ent haben.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus

Rechtes Black Metal-Konzert soll in Lübbenau stattfinden.

Nach Konz­ertab­sagen in Berlin und München. Recht­sof­fenes Black Met­al-Konz­ert find­et in Lübbe­nau statt.

Derzeit befind­et sich die pol­nis­che Black Met­al-Band Mgła, zusam­men mit Deus Mortem und der kanadis­chen Band Revenge auf Deutsch­land-Tour. Diese ver­läuft nicht ganz rei­bungs­los, fie­len doch Mit­glieder der bei­den erst­ge­nan­nten Grup­pen in der Ver­gan­gen­heit immer wieder wegen anti­semi­tis­ch­er und neon­azis­tis­ch­er Äußerun­gen auf. In München und Berlin kam es deshalb bere­its zu Konz­ertab­sagen. Nun ver­suchen die Bands und Veranstalter*innen doch noch in der Region aufzutreten. Im Spree­wald scheinen sie fündig gewor­den zu sein.

Mar­tialis­che Ankündi­gung: Mit ihrer Tour woll­ten Mgła Europa erobern. Das klappt nicht so ganz.

Am kom­menden Dien­stag, den 7. Mai, soll das in Berlin abge­sagte Konz­ert im Kul­turhof Lübbe­nau nachge­holt wer­den. Zumin­d­est die umstrit­tene Band Deus Mortem scheint nicht mehr dabei zu sein.

Wie Asgaar­dian Events auf ihrer face­book-Seite hin­weisen behal­ten die Tick­ets für das abge­sagte Konz­ert in Berlin ihre Gültigkeit. Auch sollen ein Teil der zusät­zlichen Ein­nah­men dem Ver­anstal­ter Triple Six Con­certs zu gute kom­men, die durch die Absage in Berlin einen finanziellen Ver­lust erlit­ten haben, wie es weit­er zur Ankündi­gung des Konz­erts heißt.
Was sich jedoch nicht in der Ankündi­gung find­en lässt, ist die Auseinan­der­set­zung mit der Kri­tik von Antifaschis­tis­chen Grup­pen, die auf die extrem recht­en Äußerun­gen und Kon­tak­te der Bands hingeweisen haben und die schlußendlich zur Absage der Auftritte im Berlin­er Colum­bia The­ater und Back­stage in München führte.

Wie auf der Bühne ver­suchen die Mit­glieder von Mgła sich zu ver­ber­gen. Die Biografie von Mikołaj Żen­tara ist jedoch wohl bekannt.

Zu den Hin­ter­grün­den von Mgła

Die Vor­würfe, die gegen Mgła erhoben wer­den sind nicht unbe­grün­det. Wie die Nürn­berg­er Gruppe „das schweigen durch­brechen“ auf ihrer face­book-Seite schreiben, veröf­fentlicht die Band ihre Ton­träger regelmäßig auf dem finnis­chen Label North­ern Her­itage, auf dem eine Rei­he von bekan­nten NSBM-Bands eben­falls ihre CDs veröf­fentlichen. Auch der Inhab­er des Labels, Mikko Aspa, ist bekan­nt durch seine ras­sis­tis­chen und anti­semi­tis­chen Äußerun­gen.1
Die Mit­glieder der Band scheint dies nicht zu stören, ste­hen sie doch selb­st in Verbindung zu mehreren NSBM-Bands, wie Inter­nal War (früher Inter­nal-SS), denen sie bei der Pro­duk­tion ihrer Veröf­fentlichun­gen halfen und auf deren let­zten Album Axiom (2015) der Mgła-Sänger Mikołaj Żen­tara als Gast­musik­er beteiligt ist.2 Das ist nicht ver­wun­der­lich, spie­len doch bei Deus Mortem, die schein­bar nicht in Lübbe­nau dabei wer­den, mit Marek Lechows­ki und Pawel Pietrzak zwei (ehe­ma­lige) Mit­glieder von Inter­nal War/SS mit.
Belege für weit­ere Co-Pro­duk­tio­nen von Mgła lassen sich zu zahlre­ichen extrem recht­en Black Met­al-Bands find­en. Offe­nen Anti­semitismus äußerte Żen­tara selb­st, der als Sänger die zen­trale Fig­ur von Mgła darstellt, bere­its vor 20 Jahren, als er mit seinem dama­li­gen Band-Pro­jekt „Leichen­halle“ von „Juden­frei“ und „Jerusalem in Flames“ sang.3

Kündi­gung des Konz­erts im Kul­turhof Lübbe­nau als Ersatzver­anstal­tung für Berlin.

Kul­turhof Lübbe­nau. Vom alter­na­tiv­en Ver­anstal­tung­sort zur Heimat von Grauzonenbands?

Der offene Brief des Linkes Bünd­nis gegen Anti­semitismus München hat zur Absage des Auftritts im Club Back­stage geführt,4 die stattdessen ein Soli- und Bene­fizkonz­ert gegen Anti­semitismus am 1. Mai ver­anstal­teten. Auch in Berlin führte die Inter­ven­tion von Antifaschist*innen zur Konz­ertab­sage von Seit­en des Ver­anstal­tung­sortes. In Lübbe­nau scheint dies bis­lang noch nicht der Fall zu sein.
Das der Kul­turhof Lübbe­nau sich für so ein Konz­ert hergibt ver­wun­dert jedoch zunächst. Noch vor 10 Jahren fan­den dort regelmäßig antifaschis­tis­che Konz­erte und Infoabende statt. Im April 2008 berichtete die Lausitzer Rund­schau von ein­er Infover­anstal­tung im Kul­turhof, die über extrem rechte Musik und Sub­kul­tur im Land­kreis Ober­spree­wald-Lausitz aufk­lärte.5
Mit dem Weg­gang von alter­na­tiv­er Sub­kul­tur aus der Region scheint sich auch der Fokus des Kul­turhofs bei der Aus­rich­tung der Konz­erte ver­lagert zu haben. Bere­its in der Ver­gan­gen­heit haben dort Bands gespielt, denen Kon­tak­te zu Grau­zo­nen­bands nachge­sagt wurde. Das der Trägervere­in von den Ereignis­sen um die Band nichts mit­bekom­men haben soll, ist auszuschließen, sind sie doch nicht nur Ver­anstal­tung­sort, son­dern auch Koop­er­a­tionspart­ner von Asgaar­dian Events.

Keine Bühne für recht­sof­fene Bands
Eine Dis­tanzierung von extrem recht­en Kon­tak­ten und früheren Band­pro­jek­ten find­et von Seit­en der Bands Mgła und Deus Mortem bis­lang nicht statt. Stattdessen Schuldzurück­weisun­gen und Selb­st­stil­isierung als Opfer ein­er ver­meintlichen Rufmord-Kampgane.
Auch in anderen Städte, wo für die näch­sten Tage Konz­erte der Bands angekündigt sind, wie etwa in Nürn­berg, gibt es derzeit Protest von antifaschis­tis­chen Grup­pen mit der Forderung die Konz­erte abzusagen. Für anti­semi­tis­che und extrem rechte Bands darf es nir­gends eine Bühne geben. Auch nicht in Brandenburg.

1https://www.facebook.com/schweigendurchbrechen/posts/2557451424284204?__xts__%5B0%5D=68.ARDKhxE5aVf0RDsdUw770UrXV0_zi0H7Me5eZn4hnGCOKl8zRNGVbrvB7Nr4ZE8heHItyP8Ja2Zpz_cAM-zfEw1mt6udfqXt25xMZk_9d8zxbT8hmrSNVwr752UYc22aAit-DqhTwHK1Diq9rUXuydqHuH5X9YKFvP9kRGRUvxvwIWMw_UFKoittl4YHRobUgVYucFd2Dq4oAlSt1lHE7MH_wBvxvDQnS3Jl7kW_Iz8etm0dMdSOinpmy0OJmtWH9Gq6_4NuS6LlsDh3BIiFz92bV_j_JHeCzjzuiaE26OkgO6U8re1to-hYa7tlYQ0URBoWnVX0gdE5E1wamAtATR07YdaKlcvSGg&__tn__=K‑R

2Vgl. hier­für das Pro­fil von Żen­tara auf Met­al Archives unter „Guest/Sessions“, https://www.metal-archives.com/artists/M./10223.

3https://ascoven.blogspot.com/2013/07/leichenhalle-judenfrei-2000.html

4https://lbga-muenchen.org/2019/04/25/pm‑3–25‑4–19-linkes-buendnis-gegen-antisemitismus-muenchen-kritisiert-konzert-von-zwei-rechtsradikalen-bands-im-backstage-muenchen/

5https://www.lr-online.de/lausitz/luebben/klein-blond-und-voller-hass_aid-2920560

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Unteilbare Solidarität in Cottbus

Infori­ot — Am 1. Mai zogen unter dem Mot­to „Sol­i­dar­ität ist unteil­bar“ bis zu 500 Men­schen durch Cot­tbus um gegen den anhal­tenden Recht­sruck und die unhalt­baren Zustände in der Lausitz-Stadt zu demon­stri­eren, aber auch den­jeni­gen sol­i­darisch zur Seite zu ste­hen, die von Ver­drän­gung, Ras­sis­mus und extrem recht­en Umtrieben in Cot­tbus bedro­ht sind.

Los ging es am Stadt­brun­nen direkt in der Innen­stadt, wo kurz vorher das tra­di­tionelle DGB-Fest zum 1. Mai stat­tfand. Bere­its am Auf­tak­tort wurde auf den wenig beach­t­en­den Aspekt von Gen­tri­fizierung und Ver­drän­gung in Rede­beiträ­gen hingewiesen, der Mieter*innen und Haus­pro­jek­te auch in der ost­deutschen Prov­inz zunehmend aus­ge­set­zt sind. Kurz nach 13 Uhr set­zte sich die Demon­stra­tion bei bestem Wet­ter zunächst zur Stadthalle in Bewe­gung um dann weit­er auf der Bahn­hof­s­trasse in Rich­tung Süden zum alter­na­tiv­en Ver­anstal­tung­sort Glad­house zu ziehen, wo es eine

Gut besuchtes "Fest der Solidarität" im Strombad Cottbus.
Gut besucht­es “Fest der Sol­i­dar­ität” im Strom­bad Cottbus.

Abschlusskundge­bung gab. Mit laut­en Sprechchören, die sich u.a. gegen Ras­sis­mus, Sozial­ab­bau und für den Fem­i­nis­mus aufriefen zogen die annähend 500 Men­schen durch die Innen­stadt. Vom Schlußpunkt zogen zahlre­iche Teil­nehmenden zum Strom­bad, südlich der Innen­stadt. Dort warte das 1.Mai Fest der Sol­i­dar­ität, dass mit Musik, Infos­tän­den, Essen und Diskus­sio­nen zum Bleiben einlud.

AfD und „Zukun­ft Heimat“ ver­sucht­en sich „Sozial“
Zeit­gle­ich demon­stri­erte auch die AfD, zusam­men mit dem extrem recht­en Vere­in „Zukun­ft Heimat“ in der Cot­tbusser Innen­stadt. Direkt vor dem Einkauf­szen­trum „Blechen Car­ré“ befand sich die Auf­tak­tkundge­bung der recht­sna­tionalen Partei, die ab 13 Uhr zur Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Sozial ohne Rot zu wer­den“ geladen hat­te. Mit zahlre­ichen promi­nen­ten Redner*innen, wie den Lan­desvor­sitzen­den Andreas Kalb­itz, Land­tagsab­ge­ord­nete Bir­git Bessin und den Direk­tkan­di­dat­en für die bevorste­hende Land­tagswahl im Sep­tem­ber und „Zukun­ft Heimat“-Vorsitzenden Christoph Berndt ver­suchte die AfD sich als sozial engagierte Partei zu insze­nieren. Damit kon­nten sie min­destens 500 Men­schen erre­ichen, die sich am Kundge­bung­sort ver­sam­melten. Darunter waren neben so genan­nten „besorgten Bürger*innen“, auch zahlre­iche Neon­azis und rechts­gerichtete Hooli­gans des örtlichen Fuss­bal­lvere­ins FC Energie.

Rechts im Bild: Jean-Pascal Hohm mit Kamera in der Hand.
Rechts im Bild: Jean-Pas­cal Hohm mit Kam­era in der Hand.

Obwohl bei­de Demon­stra­tio­nen räum­lich von der Polizei weit abgeschirmt waren, ver­suchte u.a. Jean-Pas­cal Hohm die antifaschis­tis­che Demo zu provozieren und fotografierte Teil­nehmende ab. Bis Anfang des Jahres war der junge Stu­dent noch im Vor­stand des Kreisver­ban­des Cot­tbus aktiv, zog sich dort aber nach dem Aufdeck­en sein­er Kon­tak­te zur Iden­titären Bewe­gung und ital­ienis­chen Neon­azis aus der aktiv­en Parteiar­beit zurück. Kurz nach seinem Rück­tritt aus dem AfD-Kreisver­band Cot­tbus, zeigte sich Hohm in einem Werbe-Video­clip der AfD Meck­len­burg-Vor­pom­mern, die für den Ein­tritt in die Recht­saußen-Partei warb. 

Weit­ere Bilder gibt es hier.

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Gelungene Demonstration für Solidarität

Gelun­gene Demon­stra­tion für Sol­i­dar­ität — 300 Teil­nehmenden in Cottbus

+ Demon­stra­tion bildet Brücke des Zusam­men­halts von der DGB Kundge­bung zum Strombadfest
+ ver­schiedene Grup­pierun­gen verbinden sich im Kampf für soziale Gerechtigkeit 

Am heuti­gen 1. Mai 2019, dem inter­na­tionalen Arbeiter*innenkampftag, schlossen sich 300 Per­so­n­en zu ein­er Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Sol­i­dar­ität ist unteil­bar“ zusam­men. Sie knüpften mit ihrer Ver­anstal­tung an die Kundge­bung der Gew­erkschaften an. Die Demon­stri­eren­den kri­tisierten unter anderem den zunehmenden Man­gel bezahlbaren Wohn­raums und prekäre Arbeitsver­hält­nisse. Nach dem Protest schlossen sich die Teil­nehmenden dem Fest „Sol­i­dar­ität statt Spal­tung“ im Strom­bad an.

Die Demonstration erreicht die Stadthalle.

Beim 1. Mai geht es heute nicht mehr nur um Arbeiter*innenkämpfe, son­dern um viele kom­plexe Fra­gen, wie Mieten­wahnsinn, ver­schärfte Polizeige­set­ze, fehlende Kita­plätze und öffentlichen Per­so­nen­nahverkehr. All das kön­nen wir nur gemein­sam bear­beit­en und lösen. Dafür müssen wir uns ver­net­zten und sol­i­darisch zusam­men ste­hen.“ Sagt Press­esprecherin Miri­am Kirsch von der Ini­tia­tive „Sol­i­dar­ität ist unteilbar“.

Die Demon­stra­tion führte vom Stadt­brun­nen über den Stadthal­len­vor­platz, durch die Bahn­hof­sstraße zum Glad­house. Begleit­et wurde der Umzug von Musik und Rede­beiträ­gen. Mit der kraftvollen und bun­ten Demon­stra­tion kon­nte ein deut­lich­es Zeichen für Sol­i­dar­ität in Cot­tbus geset­zt wer­den. Diese Ver­anstal­tung war nur Teil eines Tages für mehr Zusam­men­halt und gemein­schaftlich­es Engage­ment. Das wurde durch das Fest „Sol­i­dar­ität statt Spal­tung“ im Strom­bad noch ein­mal unterstrichen.

Kon­takt Pressesprecher*innen
Tel: 01521 4733021
Mail: solidaritaetistunteilbar@riseup.net

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Bürgerlicher Deckmantel und Schmusekurs mit Rechts.

Mit den anste­hen­den Kom­mu­nal- und Europawahlen am 26. Mai diesen Jahres und den darauf fol­gen­den Land­tagswahlen am 1. Sep­tem­ber in Bran­den­burg ist ein weit­er­er par­la­men­tarisch­er Recht­sruck im Land zu erwarten.1 Bere­its bei der ver­gan­genen Kom­mu­nal­wahl 2014 erhielt die AfD 39 Man­date in den vierzehn Kreista­gen und Stadtverord­neten­ver­samm­lun­gen der kre­is­freien Städte Pots­dam, Bran­den­burg, Cot­tbus und Frank­furt (Oder).2
Für die AfD ist die Auf­stel­lung der Kandidat*innen ein Kraftakt, sind doch cir­ca die Hälfte der Mit­glieder neu auf dem poli­tis­chen Par­kett.3 So hieß es, dass die AfD Crashkurse für Kandidat*innen anbi­ete, um diese auf die gewonnenen Sitze in den Kom­mu­nal­par­la­menten, im Europar­la­ment und auch im Land­tag vorzu­bere­it­en.4
Für die Bran­den­burg­er AfD ist der Umstand, dass sich so viele par­la­men­tarische Neulinge um die Man­date bewer­ben, Fluch und Segen zugle­ich: Ein­er­seits kön­nen sie ihren par­la­men­tarischen Ein­fluss enorm ver­stärken, ander­er­seits zeigt sich hier erneut, dass die AfD nicht in der Lage ist, Sach­poli­tik abseits ein­fach­er pop­ulis­tis­ch­er Antworten abzuliefern.5
Die Parteipro­gramme auf Kom­mu­nal- und Europaebene haben lange auf sich warten lassen, das Pro­gramm für die Land­tagswahlen ist zum Zeit­punkt dieser Veröf­fentlichung noch nicht erschienen.
Andreas Kalb­itz, Vor­sitzen­der der AfD Bran­den­burg, rühmt die recht­spop­ulis­tis­che Partei in einem „Bürg­er­dia­log“ in Forst am 17. April für die Auf­stel­lung von 700 Kandidat*innen6, die es ermöglichen sollen, Sach­poli­tik fernab von Ide­olo­gie zu betreiben.7 Die Zahl ist angesichts ein­er Gesamt­mit­gliederzahl der Partei in Bran­den­burg von 1.560 bemerkenswert.8 Kalb­itz und andere AfD-Politiker*innen wieder­holen dabei immer wieder die vielfälti­gen sozialen und beru­flichen Hin­ter­gründe ihrer Kandidat*innen. So scheut sich die AfD Bran­den­burg auch nicht, in pop­ulis­tis­ch­er Manier zu behaupten, dass nur die Men­schen gerechte Poli­tik machen kön­nten, die selb­st gear­beit­et hät­ten.9
Kalb­itz stellt die Koali­tion­swilligkeit auf Kom­mu­nalebene in den Vorder­grund sein­er Pro­gram­matik, denn dort könne man „prak­tisch zusam­me­nar­beit­en“.10 Das Ziel ist dabei klar: Die AfD will in Regierungsver­ant­wor­tung. Waren die Stim­men vor fünf Jahren noch klar für die Oppo­si­tion, strebt die AfD neben Sach­sen auch in Bran­den­burg nach Macht und Stärke in den Kommunalparlamenten.
Die Töne sind zum Teil weniger skan­dal­trächtig, will die AfD doch ihren europäis­chen Vor­bildern nacheifern und ihrem „Schmud­del-Image“ entkom­men.11 So berichtet Kalb­itz von irri­tieren Journalist*innen, die nach sein­er Aus­sage nach Skan­dalen im vor­ab für die Presse vorgestell­ten Land­tagswahl­pro­gramm sucht­en und nicht fündig wur­den.12

Nicht jede_r darf mitbes­tim­men. Ohne Arbeit ist man im Deutsch­land der AfD nicht vollwertig

Die Kom­mu­nal­wahl im Mai soll laut Andreas Kalb­itz eine kon­ser­v­a­tive Graswurzel­rev­o­lu­tion sein, die die Basis für Regierungsver­ant­wor­tung auf Lan­desebene bilden soll.13 Dafür unter­stützt die Lan­des-AfD auf kom­mu­naler Ebene beim Wahlkampf, bei den soge­nan­nten Bürg­er­dialo­gen treten im April fünf­mal ins­beson­dere die Spitzenkan­di­dat­en der Lan­desliste, Andreas Kalb­itz, Bir­git Bessin oder auch Thomas Jung, auf. Let­zter­er zeich­net sich auch ver­ant­wortlich für den Wahlkreis Frank­furt (Oder). Den­noch find­et in Ost­bran­den­burg und dem angren­zen­den Land­kreis Oder-Spree kein­er der Bürg­er­dialoge statt.
Berührungsäng­ste zu weit­er rechts ste­hen­den außer­par­la­men­tarischen Kräften scheut die Parteiführung trotz ihres weniger skan­dal­trächti­gen Auftretens keineswegs. Andreas Kalb­itz und andere führende AfD-Politiker*innen – aus Frank­furt (Oder) beispiel­sweise Wilko Möller14 – beteili­gen sich regelmäßig an den Aufmärschen des extrem recht­en Vere­ins „Zukun­ft Heimat e. V.“. Wie wichtig die Nähe zu diesem ist, zeigt die Rolle des Vere­ins-Vor­sitzen­den Christoph Bernd. Er tritt auf Lis­ten­platz 2 der AfD bei der Land­tagswahl an, ohne selb­st Mit­glied der Partei zu sein.
Kalb­itz betont welch wichtige Rolle „Zukun­ft Heimat“ auf dem Weg zu ein­er Gesellschaft, die ihrer gemein­samen poli­tis­chen Vision entspricht, ein­nimmt. Er wird nicht müde, ihren zen­tralen Auf­marschort Cot­tbus zum Sym­bol der Helden­stadt zu stil­isieren und ver­gle­icht diese mit Leipzig im Wen­de­jahr 1989.15 Bei seinen Kamarad*innen aus der extrem Recht­en schlägt er radikalere Töne als bei den Bürg­er­dialo­gen an und ver­weist auf die Zusam­me­nar­beit mit dem „Zukun­ft Heimat e.V.“ und „Pegi­da Dres­den“ als Part­ner. Man lasse sich nicht auseinan­der­di­vi­dieren, so Kalb­itz.16
Die AfD schafft es, zwei­gleisig zu fahren und ein­er­seits die Verbindung mit extrem recht­en Struk­turen aufrechtzuer­hal­ten, ander­er­seits im bürg­er­lichen Gewand den Ver­such zu unternehmen, par­la­men­tarische Macht zu gewin­nen. Die Botschaft aber ist klar: „Wir wer­den die Wende vol­len­den“17. Gemeint ist damit ein Wan­del, der auf Aus­gren­zung, Aus­beu­tung und sozialer Kälte fußt.

AfD-Wahlkampf auf kom­mu­naler Ebene

Die AfD wirbt neben dem klas­sis­chen Wahlkampf auch mit dem Mit­tel von Social-Media-For­mat­en, ins­beson­dere auf Face­book und Twit­ter. Auf­fäl­lig ist nach wie vor, dass vielfach keine eige­nen Inhalte geschaf­fen wer­den, son­dern immer wieder auf Beiträge ander­er Benutzer*innen zurück­ge­grif­f­en wird, die geteilt wer­den. Wilko Möller nutzt die Seit­en ins­beson­dere auch mit seinem Pri­vat­ac­count, um beispiel­sweise zu ehre­namtlichen Engage­ment aufzu­rufen, das er neu für sich ent­deckt hat.18

10 von 14 Kandidat_innen für die Kom­mu­nal­wahl. Die AfD in Frank­furt (Oder) ist männlich, weiß und in ihren besten Jahren”

Daniel Hoff­mann: Ras­sist mit Schlips und Kragen

Die AfD Frank­furt (Oder) geht mit ins­ge­samt 16 Kandidat*innen in den Wahlkampf:
Wilko Möller (geb. 1966, Bun­de­spolizist) ist das Gesicht der Frank­furter AfD und saß schon in der let­zten Stadtverord­neten­ver­samm­lung für die AfD. Von der nach den Kom­mu­nal­wahlen 2014 ursprünglich fünf Abge­ord­nete umfassenden Frak­tion blieb zum Schluss außer Möller nur Ute Spallek, sodass die AfD ihren Frak­tion­ssta­tus ver­lor. Der Rest ver­ließ nach diversen Kon­tro­ver­sen die Frak­tion.19 Mit Ute Spal­leck hat­te sich Möller nach einem Stre­it zwar wieder ver­tra­gen, für die Kom­mu­nal­wahl 2019 tritt sie aber nicht mehr an.20
Der Fahrlehrer Mein­hard Gutows­ki (geb. 1955) stand in der Ver­gan­gen­heit den recht­en Split­ter­parteien „Pro Deutsch­land“ und der „Schill-Partei“ nahe, von 2010 bis 2014 war er Abge­ord­neter und Mit­glied der CDU-Frak­tion in der Frank­furter Stadtverord­neten­ver­samm­lung. Hans-Peter Hart­mann (Rent­ner, geb. 1943) war von 1995 bis 1998 Mit­glied der PDS-Frak­tion im Deutschen Bundestag.
Daniel Hof­mann (geb. 1974, Geschäfts­führer Oder­landwer­bung, zeitweilig sachkundi­ger Ein­wohn­er im Kul­tur­auss­chuss), Mar­cus Mit­tel­städt (geb. 1981, Polizeivol­lzugsangestell­ter bei der Berlin­er Polizei) und Michael Lau­risch (geb. 1963, Zoll­beamter, bei­de sachkundi­ge Ein­wohn­er im Auss­chuss für Bil­dung, Sport, Gle­ich­stel­lung, Gesund­heit und Soziales) sowie Ingolf Schnei­der (geb. 1970, Instand­hal­tungsmechaniker), und Mein­hard Gutows­ki (bei­de sachkundi­ge Ein­wohn­er im Auss­chuss für Stad­ten­twick­lung, Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Umwelt) haben als sachkundi­ge Ein­wohn­er in diversen Auss­chüssen Erfahrun­gen gesammelt.
Roland War­stat-Lehmann (geb. 1962, KFZ-Ersatzteil­händler), Jür­gen Fritsch (geb. 1957, Buch­druck­er), Hen­drik Gunkel (geb. 1969, Geschäfts­führer Auto­haus & Werk­statt Ser­vice Cen­ter Daske sowie Prokurist bei “Daske Bau e.K.”), Andreas Suchanow (geb. 1971, Polizeibeamter bei der Bun­de­spolizei, 1. stel­lvertre­tender Vor­sitzen­der des Stadtver­bands), Bernd Sales­chke (geb. 1951, Rent­ner), Uwe Roß­mann (geb. 1951, Rent­ner), Den­ny Lehmann ( geb. 1982, Ver­trieb­smi­tar­beit­er), Elke Hof­mann (geb. 1955, Han­delsvertreterin) und Hans Peter Sax (geb. 1941, Rent­ner) kön­nen auf keine par­la­men­tarische Ver­gan­gen­heit zurückblicken.

1Die AfD ist laut Infrat­est dimap drittstärk­ste Partei knapp hin­ter CDU und SPD, vgl.: https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/brandenburg.htm

2Vgl. https://www.tagesspiegel.de/politik/afd-in-brandenburg-ziemlich-normale-leute-und-zwei-scharfmacher/23852372.html (zulet­zt einge­se­hen am 19.04.2019)

3Vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/studie-viele-afd-fraktionen-scheuen-sacharbeit-15057846.html

4Vgl. http://www.maz-online.de/Brandenburg/Warum-die-AfD-zur-Kommunalwahl-ein-Personalproblem-bekommen-koennte (zulet­zt einge­se­hen am 19.04.2019)

5Vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/studie-viele-afd-fraktionen-scheuen-sacharbeit-15057846.html

6Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=FmQ-Dl8AgFA&feature=youtu.be (ab Minute 2:10) (zulet­zt einge­se­hen am 19.04.2019)

7Ebd.

8Vgl. https://www.tagesspiegel.de/politik/afd-in-brandenburg-ziemlich-normale-leute-und-zwei-scharfmacher/23852372.html (zulet­zt einge­se­hen am 19.04.2019)

9Vgl. www.afd-fraktion-brandenburg.de

10Vgl. hierzu Fußnote 4

11Vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-afd-beobachtung-durch-verfassungsschutz-entgehen-will-15921315-p2.html (zulet­zt 19.04.2019)

12Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=FmQ-Dl8AgFA&feature=youtu.be (ab Minute 9:00) (zulet­zt einge­se­hen am 19.04.2019)

13Rede von Andreas Kalb­itz auf der Zukun­ft Heimat Demon­tra­tion in Cot­tbus: https://www.youtube.com/watch?v=y14WtyuCsZM (ab Minute 18:00) (zulet­zt einge­se­hen am 19.04.2019)

14Vgl. https://twitter.com/OfficeRolando/status/1107003030115889156

15Rede von Andreas Kalb­itz auf der Zukun­ft Heimat Demon­tra­tion in Cot­tbus: https://www.youtube.com/watch?v=y14WtyuCsZM (ab Minute 18:00) (zulet­zt einge­se­hen am 19.04.2019)

16Ebd.

17Ebd.

18Retweet vom 03.04.2019: https://twitter.com/afd_ffo

19Vgl. https://www.moz.de/landkreise/oder-spree/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1559857/

20Vgl. https://www.moz.de/landkreise/oder-spree/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1569926/

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Neues aus der Anstalt. Das Pamphlet der AfD zur Kommunalwahl 2019 in Frankfurt (Oder)

Ein­leitung: AfD — Alt­bekan­ntes für Deutschland

Das AfD-Wahl­pro­gramm für die Kom­mu­nal­wahl 2019 in Frank­furt (Oder) ist erschienen.1 Auf den ersten Blick wirkt es recht harm­los. Zumin­d­est wenn man die neo­faschis­tis­chen oder recht­sna­tionalen Töne erwartet, die die Partei son­st anschlägt. Statt rein­er faschis­tis­ch­er Ide­olo­gie ist hier die Rede von ein­er sauberen und ordentlichen Stadt, von Blu­men im Park, vie­len Kita- und Hort­plätzen und ein­er flo­ri­eren­den Wirtschaft.
Doch lohnt sich genaues Hin­se­hen. Denn hin­ter den ver­meintlich harm­losen Wun­schträu­men und Forderun­gen ver­birgt sich ein neolib­erales und sozialchau­vin­is­tis­ches Weltbild.

Tat­säch­lich ist das Pro­gramm die Samm­lung eines deutschen Ungeistes, der in der Per­son des Wilko Möller in Law und Order-Men­tal­ität seinen Voll­streck­er für Ord­nung und Sauberkeit in der Oder­stadt gefun­den hat.

Weite Teile des Pro­gramms sind dem Wahl­pro­gramm von 2014 entlehnt oder Absatz für Absatz über­nom­men. Das zeigt ein­er­seits die Faul­heit der lokalen AfD-Kad­er, ander­er­seits wird so die Kon­ti­nu­ität deut­lich, mit der die AfD länger­fristig The­men zu beset­zen ver­sucht, um sich als Akteur im Bere­ich Sicher­heit, Ord­nung und Wirtschaft zu etablieren.

Auf 36 Seit­en fol­gt man dem kru­den Gedanken­strom Wilko Möllers und Kon­sorten, die Frank­furt (Oder) zurück in einen preußisch-prä­faschis­tis­chen Hort der Glück­seligkeit zurück­ver­wan­deln wollen — in eine Zeit, in der noch keine DDR-Plat­ten die schö­nen Kaser­nen erset­zten, die man mit dem Geld des besiegten Frankre­ichs erbaut hat­te. Die Men­schen­feindlichkeit gegenüber Migrant*innen und Geflüchteten ste­ht im neuen Wahl­pro­gramm nicht mehr im Vorder­grund. Stattdessen the­ma­tisiert die AfD andere, weniger auf­se­hen­erre­gende Fragestellungen.

Aus alt mach neu: Das Kom­mu­nal­wahl­pro­gramm der AfD 2019.


Wo sind all die Flüchtlinge hin?

Trotz der vie­len abgeschriebe­nen Pas­sagen stellt sich die Frage: Warum kämpft die AfD nun mehr für deutsche Bäume am Stad­trand als gegen ver­meintliche Nicht-Deutsche im Zentrum?

Die Antwort: Sie will sich noch attrak­tiv­er machen für die “Mitte der Gesellschaft”. Ihr Ras­sis­mus wirkt dabei umso ver­heeren­der, denn angesichts der beiläu­fig geäußerten Ver­ach­tung scheut man schon fast die Mühe zu wider­sprechen. Der Hass ste­ht aber immer am Ende eines Gedankens, den Wilko Möller und Co. in die Tas­tatur häm­mern. Das war schon 2014 so und hat sich im Jahre 2019 nicht geän­dert: Auf jeden ver­mei­dlichen „Verbesserungsvorschlag“ fol­gen Ein­schnitte und Rückschritte – so wirbt man für mehr Zuzug, schließt aber Nicht-Deutsche davon aus, fördert die Kul­tur und will gle­ichzeit­ig die Frei­heit für soge­nan­nte „aggres­sive resp. provozierende Kun­st“ einschränken.

Das neue AfD-Pro­gramm bietet jedoch die Chance, über das Reizthe­ma “Flüchtlinge” hin­aus die Ver­ach­tung zu erken­nen, die die AfD allen Men­schen ent­ge­gen­bringt, die nicht nach ihrer Pfeife tanzen. Es wird deut­lich: Die AfD lässt die Men­schen nicht in Ruhe und will sich auch nicht darum küm­mern, dass alle genü­gend Raum und Geld zum (Über-)Leben in dieser teil­weise erbar­mungslosen Welt haben — sie will stattdessen die Men­schen in ein straff organ­isiertes Sys­tem eingliedern, dessen Stützen Ord­nungsamt, Polizei und Knast auf der einen Seite, der sub­ven­tion­ierte kap­i­tal­is­tis­che Aus­beuter­be­trieb und das paramil­itärische Ehre­namt auf der anderen Seite sind.

Wahrer Staats­di­enst für wahre Män­ner: how to be Wilko Möller

Deutsch, deutsch­er, deutscheste Wirtschaft

Dass Wilko Möller mal bei der FDP war, zeigt nur, wie eng ver­bun­den Kap­i­tal­is­mus und Faschis­mus sind. Ein Beispiel: Um den Wirtschafts­stan­dort Frank­furt (Oder) attrak­tiv zu machen, soll es ein Begrüßungs­geld für Neuge­borene geben, allerd­ings sollen davon auss­chließlich Fam­i­lien “mit min­destens einem deutschen Eltern­teil (Deutsche gemäß Art. 116 Abs. 1 GG)” prof­i­tieren. Was auf gut deutsch nichts anderes heißt als die Sub­ven­tion­ierung von Ari­ern und — immer­hin ein Fortschritt im direk­ten Ver­gle­ich mit dem “Drit­ten Reich” — Halb-Ariern.

Die von der AfD geforderte “starke Ver­wal­tung” hat den alleini­gen Zweck, Reichen den Tep­pich auszurollen. Wenn die AfD “Wirtschafts­förderung” betreiben will, dann denkt sie nicht zuerst an die neuen Angestell­ten, son­dern an die neuen Bosse, die in Zukun­ft auch in Frank­furt (Oder) kräftig Geld schef­feln kön­nen sollen. Den Aus­bau von Kita- und Hort­plätzen fordert die AfD mit dem Ziel, dass die Eltern dann auch schön viel Zeit haben sich aus­beuten zu lassen.

Słu­bice — nos­tal­gisch-revi­sion­is­tisch als “Dammvorstadt” beze­ich­net — ist auf ökonomis­chem Gebi­et fol­gerichtig auch eher ein Konkur­rent denn ein Part­ner. Part­ner­in soll die pol­nis­che Stadt nur bei der Krim­i­nal­itäts­bekämp­fung sein, anson­sten habe die Erfahrung der let­zten Jahre gezeigt, dass von der Eurore­gion lediglich die Stadt jen­seits der Oder prof­i­tiert. Die angestrebte Abschaf­fung des gren­züber­schre­i­t­ende Busses fügt sich in die Klageschrift ein.

Sub­ven­tion­ierte Sicherheitsindustrie

Keineswegs neu, aber in seinem Aus­maß erschreck­end: Die AfD will die Sicher­heitsin­dus­trie über alle Maßen aus­bauen, und das Stadt­bild soll beherrscht wer­den von Kon­trolle: Öffentliche Mit­tel wer­den ein­seit­ig aus­gegeben für mehr Ord­nungsamt-Per­son­al in Polizei­mon­tur, Überwachungs­maß­nah­men im Stadt­ge­bi­et (die AfD nen­nt das “krim­i­nal­itätsab­wehrende Architek­tur”, was soviel heißt wie die Möglichkeit zur Überwachung rund um die Uhr), Sub­ven­tion­ierung ein­er mil­i­taris­tis­chen Aus­bil­dungsstätte der Polizei auf dem Messegelände sowie den Rück­kauf der ehe­ma­li­gen JVA. Dort möchte die AfD abgelehnte Asylbewerber*innen einsper­ren und von dort aus abschieben. An diesem Beispiel wird beson­ders deut­lich, wie die AfD auf zynis­che Art und Weise die durch ihren Druck immer weit­er ver­schärften Asylge­set­ze dafür nutzen will, um mit dem Frei­heit­sentzug und der Abschiebung von Men­schen Geld zu ver­di­enen und die lokale Wirtschaft zu stärken, indem man teil hat an der größer wer­den­den Abschiebeindustrie.

Sauberkeit, Heimat, Tradition

Sauberkeit ist ein weit­er­er wichtiger Punkt im Wahl­pro­gramm und wird immer wieder betont. Ein Heimat­ge­fühl und Iden­tität stiften auch weit­ere Äußer­lichkeit­en des Stadt­bildes, näm­lich die his­torische Architek­tur und die Straßen­bahn. Soweit so langeweilig. Doch im Grunde genom­men soll alles wieder sein wie zu Urgroß­vaters Zeit­en, dafür muss dann auch die DDR-Architek­tur ver­schwinden, die preußis­chen Fas­saden wieder erstrahlen und die Elek­trische aufgew­ertet wer­den. Moder­nität kommt dann ins Spiel, wenn die AfD ver­spricht, den KFZ-Verkehr zu hofieren (z.B. mit dreistündi­gem, kosten­losen Parken in der Innen­stadt) statt umfassend die Rad­wege auszubauen.

Dem Feind­bild “Słub­furt” ist gle­ich ein ganz­er Absatz gewid­met. Auf den Vere­in und seinen Kopf Michael Kurzwelly hat sich die AfD schon seit einiger Zeit beson­ders eingeschossen, verkör­pert der “Słub­furter” doch alles, woge­gen die AfD ihren Hass hegt: Kos­mopolitismus und deutsch-pol­nis­che Part­ner­schaft und ein kün­st­lerisch-linkslib­erales Auftreten. Für die Leute von der AfD geht es denn auch nur ums Gegen­teil: sich einigeln im sauberen, schö­nen deutschen Reich, bis zum Umfall­en ein­er “vernün­fti­gen” Arbeit nachge­hen und am Woch­enende vielle­icht noch ein­mal in den Genuss tra­di­tion­al­is­tis­ch­er Kul­tur kommen.

Schluss: Die Idylle des Hasses

Reißen wir der AfD ihre Maske herunter! Die AfD in Frank­furt (Oder) zeigt sich in ihrem Wahl­pro­gramm als das, was sie ist: eine Partei für die Bosse, Abteilungsleiter*innen und Polizist*innen — als eine Partei für Leute, die andere gerne im Befehlston ansprechen. Migrant*innen und Geflüchtete sind nur ihr erstes Opfer — das gibt sie offen zu: Die AfD “stellt sich gegen die Auf­nahme weit­er­er Trans­fer­leis­tungsempfänger resp. Asy­lanten durch das Land Bran­den­burg.” Alle, die irgend­wann ein­mal arbeit­s­los gewor­den sind oder in Zukun­ft davon bedro­ht wer­den, wer­den von der AfD gehas­st. Respek­t­los redet die AfD von ein­er “Sozial­hil­fein­dus­trie” — als ob das Leben mit Hartz IV ein beson­ders lux­u­riös­es sei.

Die von Blüm­chen umrank­ten Bänke, die sich die AfD für Frank­furts Plätze wün­scht, sind an son­ni­gen Tagen bere­its reserviert: Für all die, die es dor­thin geschafft haben, wo man andere herumkom­mandieren kann.

1Der fol­gende Text bezieht sich auf das Kom­mu­nal­wahl­pro­gramm, erschienen am 14.04.2019
http://s233189129.online.de/afd/afd_kommunalwahlprogramm_ffo_2019.pdf

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