Kategorien
Antifaschismus

Redaktionssitz von Compact geoutet

Im bran­den­bur­gis­chen Falkensee befind­et sich der bis­lang geheim gehal­tene Redak­tion­ssitz des extrem recht­en Mag­a­zins „Com­pact“. Die Abgeschieden­heit des Wohn­vier­tels Wald­heim bot dem hier leben­den Chefredak­teur Jür­gen Elsäss­er seit April 2016 ein ide­ales Versteck.
Das Mag­a­zin Com­pact um seinen Chefredak­teur Jür­gen Elsäss­er ist eine der wichtig­sten Pub­lika­tio­nen der extremen Recht­en in Deutsch­land. Das Heft gibt selb­st an, monatlich 80.000 Exem­plare zu verkaufen. Im Heft und auf den jährlichen Com­pact-Kon­feren­zen, zulet­zt Ende Novem­ber in Leipzig, kom­men der völkische Flügel der AfD, die recht­sex­treme Iden­titäre Bewe­gung und Pegi­da zusam­men. Elsässers Com­pact leis­tet dabei einen zen­tralen Beitrag zur Radikalisierung: Ein Son­der­heft wid­mete sich jüngst der Forderung nach Freilas­sung der NSU-Ter­ror­istin Beate Zschäpe.
Am Son­nta­gnach­mit­tag wur­den die Anwohner­In­nen über ihren recht­sex­tremen Nach­barn informiert. Eine Demon­stra­tion führte durch die Sied­lung zu dem unschein­baren Ein­fam­i­lien­haus, am Hirschsprung 84. Anwohner­In­nen schlossen sich spon­tan an.
Der hier unterge­brachte Redak­tion­ssitz wurde mit einem Riesen-Pin markiert. Papier­flieger aus Seit­en des recht­en Het­z­magazins flo­gen dutzend­fach in den Garten.
Es gibt kein ruhiges Hinterland!
Wir kom­men wieder!
Video der Aktion: https://www.youtube.com/watch?v=ae4YpDhZwIU

Kategorien
Antifaschismus Gender & Sexualität

Vom Pick-Up-Seminar zu den Identitären

Der 20-jährige Robert Timm als Teilnehmer eines "Pick-Up"-Seminars (Still aus "Die Verführungskünstler")
Der 20-jährige Robert Timm als Teil­nehmer eines “Pick-Up”-Seminars (Still aus “Die Verführungskünstler”)

Robert Timm erzählt 2016 von seiner "linken" Vergangenheit (Screenshot Youtube)
Robert Timm erzählt 2016 von sein­er “linken” Ver­gan­gen­heit (Screen­shot Youtube)

INFORIOT Der in Cot­tbus lebende Robert Timm ist Anführer der extrem recht­en “Iden­titären Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg”. Sehr gern berichtet der Architek­turstu­dent darüber, wie er den Weg in die Rei­hen der “Iden­titären Bewe­gung” gefun­den habe. In einem Inter­view mit dem öster­re­ichis­chen “Iden­titären” Mar­tin Sell­ner erk­lärt er 2016 beispiel­sweise, dass er in Berlin in einem linkslib­eralen Eltern­haus aufgewach­sen sei. Er habe an “Mul­ti-Kul­ti” geglaubt, sei in linken Kreisen unter­wegs gewe­sen. Auch an Anti-Nazi-Protesten habe er teilgenom­men und sog­ar zwei Mal an Demon­stra­tio­nen zum “rev­o­lu­tionären ersten Mai in Kreuzberg”. Doch dann, so erzählt es Timm, sei er mit der “Real­ität” kon­fron­tiert wor­den. Als “link­er Aktivist” habe er ein­se­hen müssen, dass “Mul­ti­kul­ti und Links-Sein” Fehler seien.
Linke Illu­sio­nen — dann Aufwachen — dann “iden­titär­er Aktivis­mus”: Robert Timms Biogra­phie ist nicht so ger­adlin­ig, wie er sie darstellt. Tat­säch­lich war Robert Timm zwis­chen­zeitlich in der “Pick-Up-Szene” aktiv — also in Kreisen, die alles andere als “links” sind. Als “Pick-Up”-Szene wer­den Zusam­men­schlüsse von Män­nern beze­ich­net, deren Ziel es ist, über die Anwen­dung psy­chol­o­gis­ch­er Tricks Frauen “ver­führen” zu ler­nen. Dazu gehört unver­mei­d­bar der sex­is­tis­che Anspruch, dass “der” Mann über “die” Frau bes­tim­men solle — in Extrem­fällen wer­den in der “Pick-Up”-Szene sog­ar Verge­wal­ti­gun­gen legitimiert.
2013 erschien ein Doku­men­tarfilm mit dem Titel “Die Ver­führungskün­stler” (Trail­er hier, Face­bookpräsenz), der unter anderem Robert Timm in der Zeit der Drehar­beit­en im Jahr 2011 porträtiert. Schon der damals 20-jährige Timm ist offenkundig kein “link­er Aktivist”, son­dern damit beschäftigt zu ler­nen, wie man “Frauen flachlegt”.
Inszenierung des "Identitären"-Funktionärs Robert Timm 2017
Insze­nierung des “Identitären”-Funktionärs Robert Timm 2017

Der 20-jährige Robert Timm im Gespräch mit seiner Mutter (Still aus "Die Verführungskünstler")
Der 20-jährige Robert Timm im Gespräch mit sein­er Mut­ter (Still aus “Die Verführungskünstler”)

Der 20-jährige Robert Timm (Still aus "Die Verführungskünstler")
Der 20-jährige Robert Timm (Still aus “Die Verführungskünstler”)

Der 20-jährige Robert Timm (Still aus "Die Verführungskünstler")
Der 20-jährige Robert Timm (Still aus “Die Verführungskünstler”)

Der 20-jährige Robert Timm (Still aus "Die Verführungskünstler")
Der 20-jährige Robert Timm (Still aus “Die Verführungskünstler”)

Wie man sich Frauen zur Beute macht, lässt sich Timm bei Sem­i­naren und auf Ver­anstal­tun­gen wie der “Pick Up Con” beib­rin­gen. Im Film stellt er die Ent­deck­ung von “Pick Up” als biografis­chen Ein­schnitt dar — zuvor habe er kein soziales Renomee gehabt und keine sex­uellen Erfahrun­gen gemacht: “Ich habe mich vorher nichts getraut. Vorher hat­te ich null Erfahrun­gen mit Mäd­chen. Nichts nen­nenswertes, kein Kuss, kein gar nichts. Fre­unde auch eher wenig. Und dann kam Pick Up und alles hat sich zum Guten gewendet.”
Selb­stver­ständlich haben viele Men­schen Prob­leme im Umgang mit anderen Men­schen, vor allem Her­anwach­sende, ger­ade auch Bere­ich der Sex­u­al­ität. Bemerkenswert ist nur, dass Timm sich entsch­ied, zu ver­suchen, diese Prob­leme über den Besuch von “Pick-Up”-Seminaren zu lösen. Der Blick auf Frauen in der “Pick Up Szene” ist eben ein­schlägig — sie gel­ten als Objekt, sollen durch eine möglichst masku­line Selb­st­präsen­ta­tion des Mannes über­wältigt wer­den. Der Mann soll Jäger sein und möglichst viel Beute machen. “Pick Up” ist ein Euphemis­mus für psy­chis­che und physis­che Manip­u­la­tion­stech­niken, die männliche Durch­set­zungs­fähigkeit und Dom­i­nanz stärken sollen.
Im Film wird die Radikalisierung von Robert Timm abge­bildet. Anfangs sieht man einen ein­samen jun­gen Mann, der bei seinen Eltern wohnt. Die Mut­ter begrüßt beim Heimkom­men die Hauskatzen deut­lich her­zlich­er als ihren eige­nen Sohn, der im Kinderz­im­mer hockt und nur gefragt wird, ob er die Woh­nung gesaugt habe. Es entste­ht der Ein­druck, dass der schüchterne Timm nach Wegen sucht, selb­st­be­wusster zu werden.
Wenig später hat Timm die Hal­tung und das Vok­ab­u­lar von “Pick Up” über­nom­men. Stolz und fast arro­gant referiert er, dass ein dom­i­nan­ter Mann ein “Alpha” sei und der durch “Pick Up” erre­ichte Sex als “FC” (“Fuck Close”) beze­ich­net wird. Andere Film­pro­tag­o­nis­ten äußern im Ver­lauf der Doku­men­ta­tion in Anbe­tra­cht des frauen­feindlichen Men­schen­bilds im “Pick Up” dur­chaus Skru­pel. Robert Timm hat hinge­gen vor allem Bedenken, wenn die “Pick-Up”-Sprüche zu flach oder die über­teuerten “Pick-Up”-Seminare zu kom­merziell sind.
Der Blick auf die alten Fil­mauf­nah­men zeigt: Die Selb­st­präsen­ta­tion von Robert Timm als geläutertem Linken ist so nicht richtig. Sollte er sich “links” gefühlt haben, dann vor sein­er Zeit in der “Pick-Up”-Szene. Sein biografis­ch­er Bruch läge dann in der Hin­wen­dung zum “Pick Up” (so, wie er es im Film selb­st schildert). In den jün­geren Inter­views hinge­gen erzählt er von ein­er Abwen­dung von der “Multi-Kulti”-Linken hin zur Erken­nt­nis ein­er über­wälti­gend neg­a­tiv­en “Multi-Kulti”-Realität, die ihn schließlich zu den “Iden­titären” brachte. Das Zwis­chen­stück “Pick Up” lässt er aus. Dabei fol­gt der Weg von den sex­is­tis­chen Sem­i­naren zu den “Iden­titären” ein­er inneren Logik: die män­ner­bündis­che, kämpferische Selb­stin­sze­nierung der “Iden­tiären Bewe­gung” und ihre antifem­i­nis­tis­chen Inhalte sind in hohem Maß übere­in­stim­mend mit den in der “Pick-Up”-Szene ver­bre­it­eten Ansichten.
Kontinuität des Sexismus in aktuellen Twitter-Nachrichten von Robert Timm: "Kritik" über Äußeres und Porno-Anspielungen
Kon­ti­nu­ität des Sex­is­mus in aktuellen Twit­ter-Nachricht­en von Robert Timm: “Kri­tik” über Äußeres und Porno-Anspielungen
Kategorien
Antifaschismus

Confident of Victory – “Pornoskins” aus der Lausitz

Oben “Confident of Victory” bei einem Auftritt 2012. Unten: Thomas Tschech, Rico Hafemann, Christian Sobeck, Tobias Schütze, Mario Rudolf (Fotos: Lukas Beyer)
Oben “Con­fi­dent of Vic­to­ry” bei einem Auftritt 2012. Unten: Thomas Tschech, Rico Hafe­mann, Chris­t­ian Sobeck, Tobias Schütze, Mario Rudolf (Fotos: Lukas Beyer)

Neben den Neon­azi-Bands “Divi­sion Ger­ma­nia”, “Blutzeu­gen” und “Deutsch Stolz Treue” ste­ht zur Stunde die Gruppe “Con­fi­dent of Vic­to­ry” beim Recht­srock-Konz­ert “White Xmas” auf der Bühne. Im Jahr 1998 eigentlich nur als Neben­pro­jekt der Naz­iband “Sturm und Drang” gegrün­det, zählt “Con­fi­dent of Vic­to­ry” aus Sen­ften­berg (Bran­den­burg) heute zu den bedeu­tend­sten Recht­srock-Bands des Landes.
Als Sänger der Bands “Sturm und Drang” und “Con­fi­dent of Vic­to­ry” fungiert der Neon­azi Rico Hafe­mann aus Sen­ften­berg. Haupt­beru­flich ist Hafe­mann Inhab­er der “Hotel-Pen­sion Hafe­mann” im Sen­ften­berg­er Ort­steil Niemtsch. Dem Bran­den­burg­er Lan­desamt für Ver­fas­sungss­chutz gilt Hafe­mann als der­art bedeu­ten­der Neon­azi, dass man ihn im Ver­fas­sungss­chutzbericht 2009 mit vollem Namen nan­nte – als einen von zwei Haup­tak­teuren der neon­azis­tis­chen Musik­szene im Bun­des­land. Zusam­men mit Mit­gliedern der mit­tler­weile aufgelösten säch­sis­chen NSBM-Band “Magog” bildete Hafe­mann zudem die NS-Death-Met­al-Band “Obskur”.
Auch der Bassist von “Con­fi­dent of Vic­to­ry”, Thomas Tschech, gehört seit den Anfangsta­gen zur Gruppe. Er war somit auch von den Haus­durch­suchun­gen betrof­fen, die im Jan­u­ar 2006 bei den Band­mit­gliedern durchge­führt wur­den. Anlass war ein Auftritt in Mannheim im März 2005, bei dem die Band volksver­het­zende Titel gespielt und ihr Pub­likum zum Zeigen des Hit­ler­grußes sowie zu “Sieg Heil”-Rufen ani­miert haben soll. Bei den Durch­suchun­gen wurde auch der Zün­der ein­er Übung­shand­granate beschlagnahmt. Gle­ichzeit­ig wurde das Album “F.N.A.B.” (“Free­dom, Nation and Blood”) und die Demo-CD “Pornoskins” nach Liste A indiziert. Die Demo-CD enthält Zeilen wie “Nig­ger scum, nig­ger nig­ger nig­ger nig­ger scum”. Auf “F.N.A.B.” sind Forderun­gen wie “War, war, war – the final solu­tion!” zu hören.
Auch das auf diesem Album erschienene Lied “Sieg” ist auf Konz­erten ein Klas­sik­er. In der ursprünglichen Ver­sion heißt es: “Kam­er­ad, auf dass der Sieg mit uns sei, ein kräftiges Sieg”. Bei ihrem Auftritt in Unter­wass­er (Schweiz) im Okto­ber 2016 vol­len­dete das Pub­likum die Textzeile mit dem Aus­ruf “Heil!” Besuch­er witzel­ten später, das anwe­sende Pub­likum sei wohl nicht textsich­er gewe­sen, da der Song eigentlich anders laute. Tat­säch­lich brachte die Band eine zweite Ver­sion des Liedes her­aus, in der Hafe­mann “Kam­er­ad, auf dass der Sieg mit uns sei, wir bleiben dabei, stolz und frei” singt. Damit umging man eine strafrechtliche Ver­fol­gung. Auf kon­spir­a­tiv­en Konz­erten bieten “Con­fi­dent of Vic­to­ry” jedoch die Orginal­fas­sung dar.
Im Jahr 2012 erschien das bis­lang let­zte Album “A Nev­erend­ing Fight” und die Sin­gle “Eisen­schmiede”, bei­de bei “OPOS Records”. Ein Jahr später wurde die 2006 erschienene CD “The Unfeel­ing” indiziert. Eine Neuau­flage erschien 2016 beim Nazi-Musik­la­bel “Gjal­larhorn Klangschmiede”, das schon die ursprüngliche Ver­sion pro­duziert hat­te. Daneben steuerten “Con­fi­dent of Vic­to­ry” in den Jahren 2008 und 2013 Lieder zu den “Schul­hof-CDs” der NPD bei.
Die Gitarre bei “CoV” spielt seit eini­gen Jahren Mario Rudolf. Der 31-Jährige kommt ursprünglich aus der Gemeinde Gute­born (Bran­den­burg), wohnt aber mit­tler­weile in Dres­den. Rudolf spielt auch bei anderen Naz­ibands mit und ist als Solo­pro­jekt “Stereo­typ” aktiv.
Schlagzeuger von “Con­fi­dent of Vic­to­ry” war lange Zeit Tobias Schütze, der eben­so wie Mario Rudolf aus Süd­bran­den­burg stammt und mit­tler­weile in der Säch­sis­chen Schweiz wohnt. Schütze spielt weit­er­hin in der NS-Hard­core-Band “Hope for the Weak” sowie in der Nazipunk-Kapelle “Pro Patria”.
Seit 2017 sitzt nun der Zwick­auer Neon­azi Chris­t­ian Sobeck bei “Con­fi­dent of Vic­to­ry” am Schlagzeug. Der 1986 geborene Sobeck wohnt im Raum Zwick­au, kommt aber ursprünglich aus dem Erzge­birge, wo er in den Naz­ibands “Kon­fronta­tion” und “White Resis­tance” aktiv ist. Daneben veröf­fentlichte Chris­t­ian Sobeck mehrere CDs unter den Namen “Pro­jekt X” und “Para­noid”. Sie erschienen über­wiegend bei den Labels “PC Records” und “OPOS Records” und sind u.a. mit Fotos von Hitler­jun­gen bebildert.
Ein unvoll­ständi­ger Abriss des Konz­ert­geschehens, an dem die oben genan­nten Musik­er mitwirkten:
  • 6. Dezem­ber 1996 Auftritt von “Sturm & Drang” in Sach­sen, u.a. mit “Frontalkraft” (Cot­tbus) und “Legion of St. George” (Eng­land)
  • 22. Jan­u­ar 2000 Auftritt von “Sturm & Drang” in Dres­den, u.a. mit “Toten­burg” (Gera) und “Might of Rage” (Chem­nitz)
    7. Sep­tem­ber 2002 Auftritt von “Sturm & Drang” im “Deutsche Stimme”-Verlag der NPD in Riesa, zusam­men mit “Selb­st­steller” (Riesa), “Sleip­nir” (Nor­drhein-West­falen) und “Spreegeschwad­er” (Berlin)
    27. Novem­ber 2004 Auftritt von “Con­fi­dent of Vic­to­ry” in Bay­ern, zusam­men mit “Absurd”
    1./2. Okto­ber 2005 Auftritt von “Con­fi­dent of Vic­to­ry” beim “Ham­mer­fest” des inter­na­tionalen Nazi-Net­zw­erks “Ham­mer­skins” in den USA
    14. Juli 2012 Auftritt von “Con­fi­dent of Vic­to­ry” beim “Vene­to Fronte Skinheads”-Sommerfest in Ital­ien, u.a. mit “Sleip­nir”
    27. Juli 2013 Open-Air mit “Con­fi­dent of Vic­to­ry”, “Frontalkraft”, “Hope for the Weak” und “Time­bomb” auf dem Gelände von Klaus Mann in Finow­furt (Bran­den­burg), ver­anstal­tet von “Märkische Skinheads”
    13. Dezem­ber 2014 Konz­ert “White X‑Mas” in Frankre­ich mit “Blutzeu­gen”, “Con­fi­dent of Vic­to­ry”, “Gestapo”, “Helle und die RACk­er”, “Kraftschlag”, “Sniper” und “Überzeu­gungstäter”, organ­isiert vom “Chap­ter West­wall” der “Ham­mer­skins”
  • Mehr dazu:
    Nazistruk­turen und Aktiv­itäten im Erzge­birge, Autonomen Antifa West­erzge­birge, 2008
    Mel­dung “Ham­mer­skins inter­na­tion­al”, Autonome Antifa Freiburg, 2014

    Kategorien
    Antifaschismus

    Exzess – umtriebige Neonazis aus einem rockerähnlichen Milieu

    “Exzess”: Tobias Vogt, Patrick Alf, Daniel Köhring
    “Exzess”: Tobias Vogt, Patrick Alf, Daniel Köhring

    2010 in Straus­berg bei Berlin ins Leben gerufen, ist “Exzess” aus der Recht­srock-Szene heute nicht mehr wegzu­denken. Dies mag nicht nur an ihren rel­a­tiv pro­fes­sionellen Musikpro­duk­tio­nen liegen, son­dern vor allem an ihrer Verbindung zu Neonazi-“Bruderschaften” wie den Berlin­er “Van­dalen”, der “H8” aus Thürin­gen und Bran­den­burg sowie deren Nach­fol­ger “Turonen/Garde 20”.
    Sänger und Bassist von “Exzess” ist Tobias Vogt, der in Straus­berg das ban­deigene Label “Exzess-Records” und die Autow­erk­statt “Caro­fol” betreibt und in sein­er Freizeit Kampf­s­port macht. Patrick Alf, Schlagzeuger bei “Exzess”, kan­di­dierte bei den Kom­mu­nal­wahlen 2008 für die recht­en Partei “Deutsche Volk­sunion” (DVU).
    An der Gitarre ste­ht Daniel Köhring aus Fred­er­s­dorf-Vogels­dorf. Er ist Mit­glied des Bran­den­burg­er Ablegers der 2006 in Thürin­gen gegrün­de­ten “Brud­er­schaft” “H8”. Ähn­lich wie das in Deutsch­land ver­botene “Blood & Honour”-Netzwerk und die “Ham­mer­skins” tut sich die “H8” durch die Organ­i­sa­tion von Nazikonz­erten und die Ver­mark­tung rechter Bands her­vor. Die elitäre und mar­tialis­che Selb­st­darstel­lung dieser “Brud­er­schaften” übte in den ver­gan­genen Jahren eine hohe Anziehungskraft inner­halb der Neon­azi-Szene aus. Dadurch gewann man auch im Recht­srock-Geschäft an Bedeu­tung – und Musik­er, Pro­duzen­ten und Händler als Mitglieder.
    Die 2015 gegrün­dete “Brud­er­schaft Turonen/Garde 20” gilt als Nach­fol­ger der “H8”. Ihr führen­der Kopf ist der Neon­azi Stef­fen Richter aus Saalfeld (Thürin­gen), der bere­its Mit­glied der “H8” war. Die “Tur­o­nen” waren maßge­blich an der Organ­i­sa­tion des von rund 5000 Neon­azis besucht­en “Rock­to­ber­fest” im Okto­ber 2016 in der Gemeinde Unter­wass­er (Schweiz) beteiligt. Sie ini­ti­ierten auch die Konz­ertrei­he “Rock gegen Über­frem­dung” in Thürin­gen, deren zweite Auflage im Juli 2017 in The­mar (Thürin­gen) rund 6000 Neon­azis aus ganz Europa anzog. Während “Exzess” beim “Rock­to­ber­fest” auf der Bühne standen, war Gitar­rist Daniel Köhring beim “Rock gegen Über­frem­dung 2” an der Ord­ner­struk­tur und dem Auf­bau der Infra­struk­tur beteiligt – neben Mit­gliedern der “Brud­er­schaften” “Barn­imer Fre­und­schaft”, “Ham­mer­skins” und “Van­dalen”.
    Tobias Vogt stand in The­mar während­dessen als Bassist der Berlin­er Neon­azi-Band “Die Lunikoff Ver­schwörung” auf der Bühne. “Die Lunikoff Ver­schwörung” besitzt in der Szene Kult­sta­tus, was vor­rangig an ihrem Sänger Michael “Lunikoff” Regen­er liegen dürfte. Regen­er gilt als Kopf der Berlin­er “Brud­er­schaft” “Van­dalen – Ari­oger­man­is­che Kampfge­mein­schaft”. Seine Band ist das Fol­ge­pro­jekt der als krim­inelle Vere­ini­gung ver­bote­nen Band “Landser”. Regen­ers ange­blich in Haft entwick­elte Klei­dungs­marke “Her­manns­land” ist an den “Her­manns­land-Ver­sand” ange­bun­den, über den CDs und Mer­chan­dise von “Die Lunikoff Ver­schwörung” ver­trieben wer­den. Als Betreiber des Ver­sands fungiert der Leipziger Neon­azi und Hooli­gan Nils Larisch.
    Ein unvoll­ständi­ger Abriss des Konz­ert­geschehens, an dem die oben genan­nten Musik­er mitwirkten:
  • 1. April 2005 Auftritt von “Die Lunikoff Ver­schwörung” in Pöß­neck (Thürin­gen). Er gilt als Abschied­skonz­ert der Band, bevor Sänger Michael Regen­er seine Haft­strafe antritt. Organ­isiert wird das Konz­ert von der NPD Thüringen.
    6. März 2010 Auftritt von “Die Lunikoff Ver­schwörung” in Budapest, u.a. mit “Stahlge­wit­ter”, organ­isiert von “NS Front”
    2. April 2011 Auftritt von “Exzess” in Riesa (Sach­sen), u.a. mit “Wiege des Schick­sals” (Anklam) und “Mar­ci & Kapelle” (alias “Täter­volk”, Berlin). Organ­isiert wurde das Konz­ert vom “Deutsche-Stimme”-Verlag der NPD.
    8. Novem­ber 2014 Auftritt von “Die Lunikoff Ver­schwörung” in Zobes (Sach­sen), u.a. mit “Nahkampf” (Bre­men), organ­isiert von Nils Lar­isch und der Partei “Die Rechte”
    27. Dezem­ber 2014 Auftritt von “Exzess” in Kirch­heim (Thürin­gen), u.a. mit “Täter­volk” (Berlin/Brandeburg) und “Treue­or­den” (Thürin­gen)
    4. Juni 2016 Auftritt von “Exzess” im “Thing­haus” in Greves­mühlen (Meck­len­burg-Vor­pom­mern), u.a. mit “Haus­man­nskost” (Cot­tbus)
    15. Okto­ber 2016 Auftritt von “Exzess” beim Nazikonz­ert “Rock­to­ber­fest” in Unter­wass­er (Schweiz), mit “Amok” (Schweiz), “Con­fi­dent of Vic­to­ry”, “Frontalkraft” (Cot­tbus), “Makss Dam­age” und “Stahlge­wit­ter”
    30. April 2017 Auftritt von “Die Lunikoff Ver­schwörung” in der Ukraine, u.a. mit “Sokyra Peruna” und “Moloth” (bei­de Ukraine)
    2. Dezem­ber 2017 Auftritt von “Exzess” in der Nähe von Hamm (Nor­drhein-West­falen), u.a. mit “Blitzkrieg” (Chem­nitz)
  • Mehr dazu:
    Das «Rock­to­ber­fest» in Unter­wass­er (SG) – 5000 Neon­azis feiern ungestört, antifa.ch, 2016
    150.000 € bei Recht­srock-Konz­ert in der Schweiz – Geld lan­det auf Kon­to der Thüringer Neon­azi-Szene, Thürin­gen Recht­saußen, 2016

    Links Steffen Richter aus Saalfeld bei einem Rudolf-Heß-Marsch (Foto flickr). Rechts: Nils Larisch und Michael Regener fordern “Freiheit” für den Holocaust-Leugner Horst Mahler.
    Links Stef­fen Richter aus Saalfeld bei einem Rudolf-Heß-Marsch (Foto flickr). Rechts: Nils Lar­isch und Michael Regen­er fordern “Frei­heit” für den Holo­caust-Leugn­er Horst Mahler.
    Kategorien
    Antifaschismus

    Isoliert und trotzdem vernetzt – Rechtsrock im Landkreis Barnim (Brandenburg)

    Kai Hesselmann, Steffen Hesselmann, Ronny Eckbert, Christian Droemert
    Kai Hes­sel­mann, Stef­fen Hes­sel­mann, Ron­ny Eck­bert, Chris­t­ian Droemert

    “Sterni”, Jan-Michael Keller, Björn Reddemann, Klaus Mann
    “Sterni”, Jan-Michael Keller, Björn Red­de­mann, Klaus Mann

    Im Bran­den­burg­er Land­kreis Barn­im existiert seit über zehn Jahren eine kleine, aber aktive rechte Musik­szene. Das bekan­nteste Pro­jekt aus der Region ist die Band “Preußen­front” aus Bernau. Ihr Sänger Kai Hes­sel­mann gehörte bis Mitte der Zweitausender Jahre der “Deutschen Volk­sunion” (DVU) an und spielte mit sein­er Band auch auf Kun­dege­bun­gen und Som­mer­festen der Partei.
    Die Verbindung zwis­chen Recht­srock­szene und DVU ist in Bran­den­burg nichts Ungewöhn­lich­es. Auch Klaus Mann, der bis heute sein Gelände in Schorfhei­de bei Finow­furt für Konz­erte der recht­en Szene bere­it­stellt, war ein wichtiger Ansprech­part­ner der Partei, bis er vor knapp fünf Jahren den Lan­desvor­sitz der recht­en Kle­in­st­partei “Die Rechte” in Bran­den­burg übernahm.
    Am Bass stand bei “Preußen­front” Kai Hes­sel­manns Brud­er Stef­fen Hes­sel­mann, der lokalen Kam­er­ad­schaftsstruk­turen entstammt. “Preußen­front” galt als Lokalmata­dor, schaffte es – ver­mut­lich auf­grund ihrer öden, beliebig wirk­enden Recht­srock-Musik – jedoch nicht, auf den “großen Büh­nen” der Szene aufzutreten. Aus “Preußen­front” wurde später “Klänge des Blutes”, bis auch diese Band sich im Jahr 2015 auflöste. Höhep­unkt ihrer musikalis­chen “Kar­riere” war ein Beitrag auf ein­er Sol­i­dar­itäts-CD für den jährlich stat­tfind­en­den Nazi­auf­marsch “Tag der deutschen Zukun­ft” sowie ein Auftritt auf Siegfried Bor­chardts Geburt­stags­feier im Jahr 2013.
    Hes­sel­mann ver­suchte danach erneut sein Glück mit dem kurzweili­gen Pro­jekt “Rar­itäten”. Aktuell ist er bei der Naz­iband “Feuer Frei” mit von der Par­tie. Weit­ere Mit­glieder von “Feuer Frei” sind die langjährig aktiv­en Neon­azis Chris­t­ian “Hotte” Droe­mert, Ron­ny “Ecki” Eck­bert und “Sterni”. Der in Beeskow wohn­hafte Eck­bert war schon Mit­glied der NS-Black-Met­al-Band “Mogon” um Sänger Sil­vio Kautz. “Sterni” ist vor allem als Mit­glied der Neon­azi-Brud­er­schaft “Midgards Wächter” und als Gitar­rist der Berlin­er Naz­iband “Kahlschlag” bekan­nt. Bei dieser spielte bis zur Auflö­sung 2010 auch der im NPD-Kreisver­band Berlin-Licht­en­berg aktive Jan-Michael Keller, heute Bassist beim Recht­srock-Trio “Sacha Korn” aus Tel­tow bei Potsdam.
    Der Berlin­er Neon­azi Björn Red­de­mann aktivierte “Kahlschlag” im Jahr 2016 erneut. Wie in den Anfangs­jahren der Band ste­ht er an der Gitarre und übern­immt den Gesang. In Anbe­tra­cht ein­er sich immer weit­er pro­fes­sion­al­isieren­den Recht­srock­szene kann man jedoch guter Dinge sein, dass “Kahlschlag” abge­se­hen von qual­i­ta­tiv min­der­w­er­ti­gen Prober­aumvideos in den näch­sten Jahren kaum in Erschei­n­ung treten wird. Auch “Feuer Frei” trat bish­er nur im kleineren Kreis auf, oft im Umfeld von Neon­azi-Brud­er­schaften wie der “AO Straus­berg” oder der “Brigade 8”.
    Ein unvoll­ständi­ger Abriss des Konz­ert­geschehens, an dem die oben genan­nten Musik­er mitwirkten:
  • — 18. Sep­tem­ber 2010 Auftritt von “Kahlschlag” in Berlin-Schönewei­de auf ein­er Kundge­bung der NPD, zusam­men u.a. mit “Exzess” (Straus­berg)
  • - 2. Okto­ber 2010 Auftritt von “Preußen­front” auf dem “Preußen­tag” der NPD in Bran­den­burg, zusam­men u.a. mit “Preußen­stolz” (Pots­dam) – mehr “Preußen” geht nun wirk­lich nicht
  • - 3. Sep­tem­ber 2011 Auftritt von “Mogon” in Rothen­burg-Geheege, u.a. mit den NSBM-Bands “Nordglanz” (Frank­furt am Main) und “Per­mafrost” (Sach­sen-Anhalt)
  • - 16. Novem­ber 2013 Auftritt von “Klänge des Blutes” im “Rössle” in Rhein­mün­ster-Söllin­gen (Baden-Würtem­berg) anlässlich des 60. Geburt­stags des Dort­munder Neon­azis Siegfried Borchert alias “SS-Sig­gi”, zusam­men mit den Naz­ibands “Die Lunikoff Ver­schwörung” (Berlin), “Sach­so­nia” (Raum Dres­den) und anderen
  • - 17. Juni 2017 Auftritt von “Feuer Frei” in den Räum­lichkeit­en der Neon­azi-Brud­er­schaft “Brigade 8” in Weißwass­er (Sach­sen)
  • Kategorien
    Antifaschismus

    Identitärer an der Viadrina

    In diesem Artikel wollen wir uns mit Jan­nik Brämer, Stu­dent an der Europa-Uni­ver­sität Viad­ri­na, der als Kopf der Iden­titären Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg (IBBB) gilt, beschäfti­gen. Durch ein Porträt von ihm und seinen Aktiv­itäten wollen wir einen Ein­druck von der erstark­enden „Neuen Rechte“ geben, zu deren Vertreter*innen er gehört.
    Brämer studiert min­destens seit dem Win­terse­mes­ter 2016/2017 an der Europa-Uni­ver­sität Viad­ri­na in Frank­furt (Oder) im Stu­di­en­gang Rechtswis­senschaften. Neben seinem Studi­um betätigte er sich als Schatzmeis­ter der „Jun­gen Alter­na­tive“ (JA), der Jugen­dor­gan­i­sa­tion der AfD. In diesem Zusam­men­hang ist er im Novem­ber 2016 in den Vor­stand des Lan­desver­bands Berlin als Schatzmeis­ter gewählt wor­den.(1) Darüber hin­aus trat er erfol­g­los bei der Bezirksverord­neten­ver­samm­lungswahl 2016 in Berlin für die AfD für ein Man­dat in der Bezirksverord­neten­ver­samm­lung in Berlin-Char­lot­ten­burg-Wilmers­dorf an.(2)

    Brämer (links) zusammen mit JA-Berlin Landesvorstand Thorsten Weiß (mitte) und weiteren Landesvorstandsmitgliedern. Quelle: antifa-berlin.info
    Brämer (links) zusam­men mit JA-Berlin Lan­desvor­stand Thorsten Weiß (mitte) und weit­eren Lan­desvor­standsmit­gliedern. Quelle: antifa-berlin.info

    Neben sein­er Tätigkeit für die recht­skon­ser­v­a­tive AfD ist er in ein­er weit­eren Grup­pierung aktiv, die im Habi­tus und Auftreten der „Jun­gen Alter­na­tive“ nicht so fremd ist und auch zu anderen (recht­en) Grup­pen Par­al­le­len aufweist: Die „Iden­titären Bewe­gung“ (IB). Obwohl es offiziell eine Unvere­in­barkeit­serk­lärung zwis­chen der AfD bzw. ihrer Jugen­dor­gan­i­sa­tion mit der IB gibt und immer wieder entsprechende State­ments von der Parteiführung veröf­fentlicht werden,[3] zeigt der Fall Jan­nik Brämer, dass diese lediglich Lip­pen­beken­nt­nisse sind.
    Jannik Brämer als Ordner auf der Demonstration der „Identitären Bewegung“ am 17. Juni 2016 in Berlin. Quelle: Theo Schneider
    Jan­nik Brämer als Ord­ner auf der Demon­stra­tion der „Iden­titären Bewe­gung“ am 17. Juni 2016 in Berlin. Quelle: Theo Schneider

    Das Auftreten der IB passt zum Konzept der soge­nan­nten „Neuen Recht­en“, die sich betont intellek­tuell gibt und ver­sucht, Nation­al­is­mus und Ras­sis­mus salon­fähig zu machen. Die IB zieht mit ihren aktion­sori­en­tierten Auftreten vor allem jün­gere Anhänger*innen an(4)
    Ent­standen ist die europaweit agierende IB in Frankre­ich unter dem Namen „Le Bloc iden­ti­taire – Le mou­ve­ment social européen“.(5) Als Vorgänger des „Bloc iden­ti­taire“ gilt „Unité rad­i­cale“(6) (UR). Diese ist seit 2002 auf­grund eines Mord­ver­suchs auf den damals amtieren­den Präsi­den­ten Jacques Chirac ver­boten.(7) Die Ide­olo­gie des „Bloc Iden­ti­taire“ ste­ht für ein ethno­plu­ral­is­tis­ches Europa,(8) welch­es sie kul­tur­al­is­tisch begrün­den. Die Idee eines „Europa der Vater­län­der“(9) und ein­er „europäis­chen Kul­tur“, die gegen ein ver­meintlich bedrohlich­es Außen vertei­digt wer­den muss, sind die Kern­stücke der Ide­olo­gie. Sie streben eine soge­nan­nte „Rück­gewin­nung“ nationaler Iden­titäten in Europa an.
    Die IB in Berlin-Brandenburg
    In Deutsch­land tauchte die IB zum ersten Mal im Jahr 2012 via Face­book auf. Inner­halb kurz­er Zeit kon­nten sie den Rah­men des Inter­nets als Aktion­sraum ver­lassen und ist ins­beson­dere seit 2015/2016 mit medi­en­aufmerk­samen Aktio­nen in die Schlagzeilen gekom­men. Als die vier Säulen ihrer poli­tis­chen Arbeit beze­ich­nen sie „Metapolitik“[10], d.h. für die IB jene poli­tis­che Arbeit, die „mei­n­ungs­bildend im öffentlichen Raum“[11] wirkt, und ver­ste­hen sich selb­st als „demokratis­ch­er Akteur“. Die weit­eren drei Säulen sind „Aktivis­mus – Gemein­schaft – Ausbildung“[12]. Ganz neu ist das Konzept der IB in Deutsch­land jedoch nicht. Bere­its 2007 ini­ti­ierte Götz Kubitschek, ein­er der Vor­denker der „Neuen Recht­en“ die „Kon­ser­v­a­tiv-Sub­ver­sive Aktion“ (KSA), welche eben­falls durch spek­takuläre Aktio­nen aufge­fall­en war.[13] Inspiri­ert hat­te sich Kubitschek bei linken Bewegungen.[14]
    Als ein­er der aktivsten Grup­pen der IB Deutsch­land gilt der Ableger in Berlin-Bran­den­burg.(15) Öffentlich vertreten wird sie durch den 25-jähri­gen Robert Timm, der an der TU Cot­tbus Architek­tur studiert. Neben ihm ist Jan­nik Brämer Kopf der Region­al­gruppe. Er war an mehreren öffentlichkeitswirk­samen Aktio­nen der „Iden­titären Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg“ (IBBB) beteiligt In der Bun­des­or­gan­i­sa­tion der IB Deutsch­land war er zulet­zt auch für deren Home­page verantwortlich.
    Die IBBB trat das erste Mal in der Öffentlichkeit mit dem „Besuch“ ein­er Sitzung der Bezirksverod­neten­ver­samm­lung im März 2013 in Berlin-Reinick­endorf auf. Hier störten sie den Diskurs über ein im Bezirk neu zu entste­hende Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende.(16) 2015 klet­terten sie auf den Balkon des Willy-Brandt-Haus und hängten ein Trans­par­ent mit der Auf­schrift „Stoppt den großen Aus­tausch!“; an dieser Aktion war Jan­nik Brämer bere­its beteiligt.(17) Die Kam­pagne „Stoppt den Großen Aus­tausch“ ist eine Idee der öster­re­ichis­chen Iden­titären, die 2015 von den deutsche Iden­titären über­nom­men wurde.[18] „Der große Aus­tausch“ beschreibt die Vorstel­lung, dass sog. Völk­er gegen neue aus­ge­tauscht wür­den. Dies sei, so die Vertreter*innen der Idee, ein Plan der jew­eili­gen Regierun­gen, um unlieb­same Bevölkerung­steile los zu werden.
    2016 wurde von der IB der „Som­mer des Wider­stands“(19) aus­gerufen, der eine Rei­he Aktio­nen fol­gen ließ, bei der wenig Per­so­n­en einen große Öffentlichkeit erre­ichen. Das Mobile Beratung­steam Berlin resümiert die Aktions­form der Iden­titären wie fol­gt: „Eine über­schaubare Zahl von Iden­titären taucht über­raschend auf und ver­schwindet in der Regel eben­so schnell wieder. Sie wählen dafür sym­bol­isch aufge­ladene Orte, an denen kein nen­nenswert­er Wider­stand zu erwarten ist. Ihre Aktio­nen bedi­enen eine pop­kul­turelle Ästhetik und wer­den mit pro­fes­sionellen Videobeiträ­gen in den sozialen Net­zw­erken auf- und nach­bere­it­et“(20). Als Teil des „Som­mer des Wider­stands“ rief die Iden­titäre Bewe­gung auf ihrer Face­book­seite für Spenden auf, so dass sich die Gruppe Leit­ern zum Besteigen von Gebäu­den leis­ten kann.[21] Die Aktio­nen nehmen meis­tens in Kauf, dass die Aktivist*innen juris­tis­che Kon­se­quen­zen tra­gen müssen, zumal die IB ihre eige­nen Aktio­nen, wie die soge­nan­nten Beset­zun­gen öffentlich­er Gebäude, oft selb­st filmt und dokumentiert.
    Jan­nik Brämer war bei ein­er solchen Aktion, der soge­nan­nten Beset­zung der CDU-Zen­trale am 21. Dezem­ber let­zten Jahres in Berlin beteiligt. Die Iden­titären woll­ten mit der Block­ade der CDU-Zen­trale das Gespräch mit einem Ver­ant­wortlichen der CDU erzwingen.
    Außer­dem war Brämer an ein­er Aktion gegen einen RBB-Stand beteiligt[22], die eben­falls als Teil der Kam­pagne „Stoppt den großen Aus­tausch“ war. Hier störten eine Hand­voll Iden­titäre einen RBB-Stand, welchen sie als Teil der soge­nan­nten Lügen­presse zu iden­ti­fizieren glauben.
    Brämer war auch Teil­nehmer mehrerer Bärgi­da-Demon­stra­tio­nen.(23) Er ist auf Demon­stra­tio­nen stets in ver­ant­wortlich­er Posi­tion aktiv, wie als Ord­ner und Megaphon­sprech­er. Bei dem gescheit­ertem Ver­such der Beset­zung des Bun­desjus­tizmin­is­teri­um durch die IB am 19.05.2017 in Berlin fuhr er einen Trans­porter und war somit in die logis­tis­che Vor­bere­itung der Aktion einge­bun­den. Während die Polizei dies ver­hin­derte, floh Brämer in einem Auto und über­fuhr beina­he einen Zivilpolizis­ten.(24) Der daraufhin per Haft­be­fehl gesuchte Brämer wurde im Anschluss seine Mit­glied­schaft in der AfD und deren Jugen­dor­gan­i­sa­tion „Junge Alter­na­tive“ ent­zo­gen.(25) Laut eige­nen Aus­sagen vom 30. August 2017 läuft das Auss­chlussver­fahren noch. Brämer, der sich auf sein­er Seite als Opfer ein­er Hex­en­jagd insze­niert, hat Beru­fung gegen das Auss­chlussver­fahren eingereicht.[26] Auf sein­er Face­book­seite mit dem passenden Titel­bild „Akte Brämer“ find­en sich etliche Beiträge, in denen er beispiel­sweise die Berichter­stat­tung über seine Flucht mit der über den Anschlag von Anis Amri auf den Wei­h­nachts­markt am Bre­itschei­d­platz vergleicht.[27]
    Zwis­chen AfD, IB und Burschenschaft
    An Jan­nik Brämer wird exem­plar­isch deut­lich, wie sehr Iden­titäre und AfD, trotz offizieller Demen­tierun­gen, miteinan­der ver­bun­den sind. Engagiert sowohl bei der AfD sowie bei der extrem recht­en IBBB gilt er als Bindeglied zwis­chen bei­den in Berlin. Er war zugle­ich für bei­de Grup­pen aktiv und schaffte es, in ver­schiedene Rollen zu schlüpfen. Ein­er­seits als aktion­sori­en­tiert­er Iden­titär­er, im sportlichen schwarzen Out­fit, ander­er­seits als Anzugträger auf AfD-Ver­anstal­tun­gen. Jan­nik Brämer schafft es als All­rounder in den beson­ders aktiv­en recht­en Bewe­gun­gen der recht­spop­ulis­tis­chen AfD und den Iden­titären in hohen Posi­tion Poli­tik zu betreiben. Neben­bei bemerkt: Es existiert in Berlin auch eine inhaltlich-organ­isatorische Über­schnei­dung: Die „Bib­lio­thek des Kon­ser­vatismus“(28) in Char­lot­ten­burg, die ein wichtiger Think Tank für bei­de Grup­pierun­gen ist. Sie soll eine „kaum existente[n] Recht­saußen-Intel­li­genz“(29) fördern, so Dieter Stein, Redak­teur der neurecht­en Wochen­zeitung „Junge Freiheit“.
    Auch wenn Brämer nach der gescheit­erten Aktion am Bun­desjus­tizmin­is­teri­um kein Schatzmeis­ter mehr ist(30), sind seine Kon­tak­te trotz­dem noch vorhan­den und er wird sie für seine weit­ere poli­tis­che Arbeit nutzen.
    Über seine Aktiv­itäten bei den bei­den Organ­i­sa­tio­nen hin­aus ist Brämer Mit­glied der pflichtschla­gen­den Burschen­schaft „Berlin­er Burschen­schaft Gothia“[31], die im recht­skon­ser­v­a­tiv­en Milieu anzusiedeln ist.(32)
    Selbstporträt Brämers mit Schärpe der Burschenschaft Gothia Berlin. Quelle: pictagram-account von J.Brämer
    Selb­st­porträt Brämers mit Schärpe der Burschen­schaft Goth­ia Berlin.
    Quelle: pic­ta­gram-account von J.Brämer

    Patri­o­tis­che Geschäfte
    Sein Know How aus dem Studi­um der Rechtswis­senschaften scheint der Iden­titäre Brämer in dem jüngst gegrün­de­ten recht­en Mode-Label „Cuneus Cul­ture“, mit dem Sitz in der Helmholzs­traße 40 in Berlin-Char­lot­ten­burg, anzuwen­den. „Cuneus“ ist eine erfol­gre­iche Mil­itär­fo­ma­tion aus dem spätrömis­chen Reich. Sich­er kein Zufall, dass das Label nach dieser For­ma­tion, die ins­beson­dere unter Ger­ma­nen beliebt gewe­sen ist, benan­nt ist. Seit 2016 ste­hen Stick­er und Ober­bek­lei­dung unter dem Label „patri­o­tisch – stil­voll“ im Ange­bot. Jüngst taucht­en auch in der Nähe der Viad­ri­na Stick­er seines Labels auf, einem Post auf sein­er Face­book­seite ist zu ent­nehmen, dass er diese selb­st verklebt hat.[33]
    Brämers Insze­nierung in den sozialen Medi­en strotzt von Narziss­mus und der Annahme, dass sich die gesamte Bun­desre­pub­lik mit ihm beschäftigt. Neben etlichen Inter­views, Fotos und Bericht­en möchte er der „Lügen­presse“ seine Wahrheit ent­ge­gen­hal­ten. In diesem Zusam­men­hang veröf­fentlicht er auch Briefe der Staat­san­waltschaft oder andere Details aus dem Ver­fahren. Diese Insze­nierung ist deck­ungs­gle­ich mit der Selb­st­darstel­lung der IB im all­ge­meinen, die auf eine Stil­isierung als Opfer in ein­er holzschnit­tar­ti­gen Analyse der Gesellschaft in Gut und Böse zielt. Umso mehr ist es alarmierend, dass Brämer einen rechtswis­senschaftlichen Abschluss anstrebt. Derzeit besucht er an der Europa-Uni­ver­sität Viad­ri­na im drit­ten Semes­ter Vor­lesun­gen der juris­tis­chen Fakultät, u.a. erneut den Kurs „Zivil­recht I“, den er bere­its im 1. Semes­ter besuchte.
    Brämer zusammen mit Geschäftspartner Karsten Vielhaber. Quelle: picbear-account von J.Brämer
    Brämer zusam­men mit Geschäftspart­ner Karsten Viel­haber. Quelle: picbear-account von J.Brämer

    Über Aktiv­itäten Brämers und der Iden­titären Bewe­gung in Frankfurt(Oder) ist bish­er nichts bekan­nt. Wer etwas über die Aktiv­itäten Brämers als Stu­dent an der Viad­ri­na-Uni­ver­sität weiß, kann sich ver­traulich an die recherchegruppe wenden.
    Weit­ere Infos zur „Iden­titären Bewe­gung“ kön­nen dem Antifaschis­tis­chen Infoblatt(34) und der Gruppe „vonnnichts­gewusst“(35) ent­nom­men werden.
    Kategorien
    Antifaschismus

    Pappenklau in „Mitteldeutschland“

    Hier­mit geben wir einen Überblick über die aktuellen Entwick­lun­gen und Ten­den­zen des Frank­furter Stadtver­bands der AfD. Trotz des hohen Wahlergeb­niss­es kon­nte Alexan­der Gauland den Einzug als Direk­tkan­di­dat in den Bun­destag nicht ver­wirk­lichen. Auf kom­mu­nalpoli­tis­ch­er Ebene glänzte die Frak­tion durch Unfähigkeit, kon­nte aber vere­inzelt auch auf die Nähe & Unter­stützung der lokalen SPD, FDP und CDU Ver­bände bauen. Wilko Möller sorgte mal wieder für einen Skan­dal und muss um seine Stelle als Bun­de­spolizis­ten fürcht­en. Auch son­st übte sich der Frank­furter Stadtver­band in sein­er Außen­darstel­lung in gewohn­tem Geschichtsrevisionismus.
    Gegen­wind für Gauland
    Bei den Wahlen zum Deutschen Bun­destag erhielt die Partei im Wahlkreis Frank­furt Oder/Oder-Spree 21,9 Prozent der Erst­stim­men und 22,1 Prozent der Zweit­stim­men. Alexan­der Gauland, seines Zeichens Frak­tionsvor­sitzen­der des bran­den­bur­gis­chen Land­tages und Direk­tkan­di­dat für den hiesi­gen Wahlkreis, kon­nte damit sein Man­dat nicht gegen Mar­tin Patzelt (CDU) gewin­nen. Er zog stattdessen über die Lan­desliste in das Bun­despar­la­ment ein. Zu ein­er größeren Ver­anstal­tung in der Stadt lud der AfD-Ver­band am 11. Sep­tem­ber in das Bol­frashaus ein; dort sprach u.a. ihr Direk­tkan­di­dat Gauland.
    Anlässlich des Ver­lusts ihrer Wahlplakate in der Stadt während des Wahlkampfes phan­tasierte der Frank­furter AfD-Stadtver­band von ein­er „grün-linkster­ror­is­tis­chen Ver­nich­tung­sorgie“, hin­ter der sie den Grü­nen Stadtver­band ver­muteten. (1) Sie set­zte sog­ar eine Beloh­nung von 100 Euro für Hin­weise aus, die der Aufk­lärung des Pap­pen­klaus dienen wür­den. (2)
    Anstoß nahm die Partei an der Kam­pagne „Schön­er leben ohne Nazis“, die sich für ein vielfältiges Zusam­men­leben und gegen die AfD ausspricht. Die Kam­pagne im Vor­feld der Bun­destagswahl wird unter­stützt von allen Bran­den­burg­er Jugend­ver­bän­den der CDU, SPD, FDP, Grü­nen und LINKEN. Die AfD ver­höh­nte diese parteiüber­greifende Posi­tion­ierung gegen neo­faschis­tis­che Posi­tio­nen. Damit, so die AfD, sei klar, dass ihre Inhalte bere­its kaum noch voneinan­der zu unter­schei­den seien, „Einzige Ziele bleiben nur noch die Plün­derung des Staates bei fortschre­i­t­en­der Ver­nich­tung des deutschen Volkes und die Unter­drück­ung jed­we­den Wider­standes.“ (3)
    kon­se­quentes Abstimmungsverhalten
    Die AfD brachte sich kür­zlich in das Stadt­geschehen mit dem Vorschlag ein, zu Ehren des CDU-Poli­tik­ers Hel­muth Kohl den Platz vor dem Kleist-Forum entsprechend umzube­nen­nen. Die Kom­mis­sion zur Straßen­be­nen­nung hat sich let­ztlich dage­gen aus­ge­sprochen; selb­st der AfD-Vertreter Mein­hard Gutows­ki enthielt sich bei der Abstim­mung der Stimme – auf­grund der überzeu­gen­den Argu­mente der Gegner_innen der Umbe­nen­nung (4).
    Für die Kre­is­frei­heit ver­anstal­teten die CDU, FDP und die SPD im August einen Info­s­tand in der Stadt gemein­sam mit Vertreter_innen der AfD. OB Wilke war eben­falls anwe­send. Die bei­den Parteien haben offen­bar punk­tuell keine Berührungspunk­te mit der recht­en Partei. Auch SPD’ler Tilo Win­kler, bis vor kurzem noch Frak­tionsvor­sitzen­der im Stadt­par­la­ment, nähert sich weit­er­hin der AfD an. Dass er poli­tisch kein Prob­lem mit ihnen hat, zeigte sich schon mehrmals, indem er ihnen seine Räum­lichkeit­en zur Ver­fü­gung stellte (Recherchegruppe berichtete, (5). Dazu von der MOZ befragt, äußerte er: „“Das war keine Wahlkampfver­anstal­tung und die AfD ist auch nicht ver­boten. Trotz­dem bin ich da naiv herange­gan­gen“, sagt Tilo Win­kler selb­st. Noch ein­mal passiere ihm dies nicht.“ (6) Eine glat­te Lüge – denn inzwis­chen tritt er auch öffentlich mit der AfD auf, etwa bei einem gemein­samen Werks­be­such von BMW in Slu­bice. (7)

    Werben zusammen für den Erhalt der Kreisfreiheit: Wilko Möller – AfD (2.v.l.), Martin Wilke – Oberbürgermeister (3.v.l.), sowie Vertreter der CDU-, SPD-, FDP- und LKBF-Stadtverbände. Quelle: facebook
    Wer­ben zusam­men für den Erhalt der Kre­is­frei­heit: Wilko Möller – AfD (2.v.l.), Mar­tin Wilke – Ober­bürg­er­meis­ter (3.v.l.), sowie Vertreter der CDU‑, SPD‑, FDP- und LKBF-Stadtver­bände. Quelle: facebook

    Revi­sion­is­mus bleibt zen­trales Thema
    Im Mai sorgte Frak­tionsvor­sitzen­der Wilko Möller für einen kleinen Skan­dal: Auf seinem Face­book-Account veröf­fentlichte ein Bild, das ihn als jun­gen Bun­de­spolizis­ten mit Helm und Waffe zeigt. Neben dem Bild ist der in neon­azis­tis­chen Kreisen beliebter Spruch ver­merkt: „Klagt nicht, kämpft“. Neben dem Auf­schrei von den Vertreter_innen ander­er Parteien kam es zu einem Diszi­pli­narver­fahren seines Arbeit­ge­bers, der Bun­de­spolizei, gegen Möller. (8)
    Ein neues Steck­enpferd der AfD ist die „Auseinan­der­set­zung“ um die deutschen Ver­brechen im Zweit­en Weltkrieg. Zum Volk­strauertag fan­den sich Mit­glieder der AfD auch wieder bei der Gedenkver­anstal­tung auf dem Haupt­fried­hof zusam­men. Ihnen sei es „Herzenssache“, die deutschen Toten ver­gan­gener Kriege zu ehren. In dem entsprechen­den Artikel auf der Home­page bedauerten sie die weni­gen Möglichkeit­en, sie zu ehren. „Bess­er kön­nen die Regieren­den ihre Ver­ach­tung für das eigene Volk nicht darstellen!“ (9) Am 21.10.2017 fand durch den Volks­bund Deutsche Kriegs­gräber­für­sorge e.V. auf dem Zubet­tungs­fried­hof Liet­zen die Beiset­zung von 50 deutschen Wehrma­chtssol­dat­en statt. Die AfD nahm eben­falls daran teil. (10) In einem Face­book-Kom­men­tar hieß es: „Wir als AfD glauben nicht, dass die reg­ulären Sol­dat­en Faschis­ten waren. Sie sind miss­braucht wor­den.“ (Screen­shot) Der AfD-Stadtver­band hält es mit den deutschen Wehrma­chtssol­dat­en offen­bar ähn­lich wie Alexan­der Gauland, der kür­zlich ein­forderte, auf ihre Leis­tun­gen stolz zu sein. (11)
     Geschichtsunterricht mit der AfD: alle Wehrmachtssoldaten haben nur in die Luft geschossen. Quelle: facebook
    Geschicht­sun­ter­richt mit der AfD: alle Wehrma­chtssol­dat­en haben nur in die Luft geschossen. Quelle: facebook

    Die Rede des Frank­furter Stadtverord­neten­vorste­hers Wolf­gang Neu­mann am 9. Novem­ber auf der Gedenkver­anstal­tung anlässlich der anti­semi­tis­chen Pogrome von 1938 miss­fiel der Partei sehr. Ihrer Mei­n­ung nach sollte es allein bei der Ehrung der jüdis­chen Opfer bleiben; kri­tis­che Bezüge zur Gegen­wart – zu dem auch der durch die AfD flankierte Anstieg ras­sis­tis­ch­er und nation­al­is­tis­ch­er Gedanken und Gewalt­tat­en gehört – sind ihrer Mei­n­ung nach dort fehl am Platz. „Wie tief muss der Schock [über die Wahler­folge der AfD] der etablierten Block­flöten­parteien in dieser ver­sifften Alt-68er Gut­men­schen­re­pub­lik sein, dass sie jeden Anlass zur Bekämp­fung freien Gedankengutes scham­los aus­nutzen.“ (12)
    In einem anderen Artikel zur Wende und dem Ende des Ost­blocks wird die DDR als „Mit­teldeutsch­land“ beze­ich­net – ein Begriff, der von jenen ver­wen­det wird, die immer noch einen Anspruch auf die Gebi­ete erheben, die bis 1937 zum Deutschen Reich gehörten. (13)
    alte Prob­leme – neue Akzeptanz
    Der Stadtver­band der AfD pflegt weit­er­hin ein typ­is­ches recht­spop­ulis­tisch-völkisches Pro­fil und ist damit der dom­i­nan­ten Strö­mung der Bun­des-AfD inhaltlich sehr nahe. Wie der Rest der Partei stil­isiert sich die Frank­furter AfD gern als Opfer ein­er ver­meintlichen Kam­pagne gegen sich selb­st und gibt sich als Anti-Estab­lish­ment-Partei. Ihr Feind­bilder sind die Linkspartei und die Grü­nen; deren Poli­tik hält sie in jed­er Hin­sicht für falsch. Sie hängt einem revi­sion­is­tis­chen Opfer­kult, ins­beson­dere bezo­gen auf den Zweit­en Weltkrieg, an. Revi­sion­is­mus und Opferin­sze­nierung täuschen nicht über die kom­mu­nalpoli­tis­che Unfähigkeit des Frank­furter AfD Stadtver­bands hin­weg. In der kom­mu­nalpoli­tis­chen Prax­is kon­nte sie bish­er wed­er stadt­poli­tis­che Erfolge verze­ich­nen, noch sich durch inhaltlich überzeu­gende Beiträge pro­fil­ieren. Trotz­dem nimmt die teil­weise Annäherung von CDU, FDP & SPD an die Frank­furter AfD eine gefährliche Entwicklung.
    Kategorien
    Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

    AfD-Ortsverbände im Barnim relativieren Verbrechen der Wehrmacht

    Infori­ot Am heuti­gen Son­ntag wird bun­desweit der Toten und Opfer von Krieg und Gewaltver­brechen gedacht. Der Volk­strauertag wird dabei auch immer wieder von extrem recht­en Grup­pen und Parteien miss­braucht, um an die gefal­l­enen Sol­dat­en des Drit­ten Reich­es zu erin­nern. Waren dies in der Ver­gan­gen­heit vor allem die NPD und „Der III. Weg“, die mit Trauerkundge­bun­gen und Grabpflege von Wehrma­chts- und SS-Fried­höfen aufge­fall­en sind, wollen dieses Jahr zumin­d­est auch die AfD-Ortsver­bände Pan­ke­tal und Bernau diesen Gedenken. Dabei ste­hen sie inner­halb ihrer Partei aber nicht alleine da.
    AfD Barnim Volkstrauertag
    Während die SS bere­its 1945 zu ein­er ver­brecherischen Organ­i­sa­tion erk­lärt wurde, galt die Wehrma­cht lange Zeit als „sauber“ kämpfende Armee. Dass dieser Mythos mehrfach wider­legt ist, haben Ausstel­lun­gen über die Ver­brechen der Wehrma­cht und zahlre­iche Unter­suchun­gen gezeigt. So waren Ver­bände der Wehrma­cht an Erschießun­gen von Juden im Osten Europas beteiligt oder haben diese auf den Weg zu den Erschießun­gen esko­rtiert. An diese Fak­ten scheinen nach wie vor nicht alle zu glauben oder ignori­eren sie gewissentlich, wie zwei AfD-Ver­bände im Barn­im. Die Ver­bände in Bernau und im Pan­ke­tal rufen dazu auf, sich am 19. Novem­ber um 9:00 Uhr am Gedenkstein an der Dor­fkirche in Schwanebeck zu tre­f­fen. In ihrem Fly­er, der mit zwei Bildern geschmückt ist die aus NS-Pub­lika­tio­nen stam­men, machen sie unmissver­ständlich klar, dass sie weit­er­hin an eine „sauber“ kämpfende Wehrma­cht glauben, deren Andenken von anderen in den Schmutz gezo­gen würde. So heißt es: „Schein­bar ist es bei vie­len unseres Volkes, um den Charak­ter schlecht bestellt, ger­ade auch bei vie­len in der Poli­tik, welche unsere Großväter und Väter pauschal als Ver­brech­er entstellen.“
    Für die AfD bleiben es weit­er­hin tapfere Sol­dat­en, „die im besten Glauben für ihr Vater­land kämpften.“ Kri­tis­che Worte zum Kriegs­grund oder zum Nation­al­sozial­is­mus sucht man verge­blich im Aufruf der AfD.
    Ganz allein ste­hen die bei­den Ortsver­bände in Bran­den­burg damit nicht. Der ehe­ma­lige AfD-Frak­tions­führer im Bran­den­burg­er Land­tag und jet­ziger Frak­tionsvor­sitzen­der der Bun­destags­frak­tion, Alexan­der Gauland, sagte bere­its im Sep­tem­ber beim extrem recht­en Kyffhäuser-Tre­f­fen der AfD, man müsse unter die NS-Ver­gan­gen­heit endlich einen Schlussstrich set­zen. Weit­er betonte er: die Deutschen “haben das Recht, stolz zu sein auf Leis­tun­gen deutsch­er Sol­dat­en in zwei Weltkriegen.”
    Bere­its im Mai diesen Jahres hat Wilko Möller, Vor­sitzen­der der AfD in Frank­furt (Oder) mit einem Face­book-Post für Furore gesorgt. Dort hat­te er ein Foto von sich selb­st während sein­er Aus­bil­dung beim BGS (heute Bun­de­spolizei) in den frühen 1990er Jahren gepostet, dass mit dem Spruch: „Klagt nicht, Kämpft!“ verse­hen wurde. Dieser Spruch stammt von der Wehrma­cht und wird heute vor allem von Neon­azis gern benutzt.

    Kategorien
    (Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

    Die nächsten Termine in Eberswalde

    Gedenken und Widerstand
    anti­ras­sis­tis­che Ver­anstal­tungsrei­he in Eberswalde
    25.11.2017 Ras­sis­tis­che Angriffe damals und heute — Ausstel­lung und
    Podiumsdiskussion
    06.12.2017 Gedenken zum Todestag von Amadeu Anto­nio — Gedenkveranstaltung
    12.12.2017 Recht­spop­ulis­mus im Bun­destag — Vor­trag und Podiumsdiskussion
    Wer war Amadeu Anto­nio? Der am 12. August 1962 in Ango­la (damals noch
    der Kolo­nial­macht Por­tu­gals unter­ste­hend) geborene Amadeu Anto­nio, wurde
    am 25. Novem­ber 1990 in Eber­swalde bei einem Angriff von ein­er Gruppe
    Neon­azis niedergeschla­gen. Bevor er als Ver­tragsar­beit­er in die DDR kam,
    hat­te er in Brasilien, Por­tu­gal und der Sow­je­tu­nion Ausbildungen
    absolviert. Er hoffte auf ein Studi­um der Flugzeugtech­nik, wurde aber in
    Eber­swalde, wie die meis­ten sein­er Land­sleute, als Fleischer
    aus­ge­bildet. Nach Ablauf des Arbeitsver­trages ver­längerte sich sein
    Aufen­thalt, weil seine deutsche Fre­undin ein Kind erwartete. Noch vor
    der Geburt des Kindes starb Amadeu Anto­nio am 6. Dezem­ber 1990, nach
    zwei­wöchigem Koma, an den Fol­gen des ras­sis­tis­chen Überfalls.
    *Ras­sis­tis­che Angriffe damals und heute
    Ausstel­lung & Podiumsdiskussion *
    Am 25.11.17 jährt sich der ras­sis­tis­che Angriff auf Amadeu Anto­nio zum
    27. Mal. In der Nacht vom 24. auf den 25. Novem­ber 1990 ziehen rund 50
    Neon­azis und Ras­sis­ten, bewaffnet mit Base­ballschlägern und Zaunlatten,
    durch Eber­swalde und machen Jagd auf Schwarze Men­schen. Unter
    „Deutsch­land den Deutschen“ Gegröle bewegt sich die Gruppe in Richtung
    „Hüt­ten­gasthof“, zu dieser Zeit die einzige Gast­stätte im Ort, in der
    Nicht­deutsche noch willkommene Gäste sind. Nach­dem der Wirt
    benachrichtigt wird, dass eine Gruppe unter­wegs ist, die auf Stress aus
    ist, schließt er die Gast­stätte. Als Amadeu Anto­nio mit Fre­un­den das
    Lokal ver­lässt, laufen sie den bewaffneten Ras­sis­ten genau in die Arme.
    Viele kon­nten in dieser Nacht entkom­men, Amadeu Anto­nio wurde von 10
    Leuten umringt und niedergeschla­gen, ein Angreifer springt mit beiden
    Füßen auf den Kopf.
    Die Afie und die Barn­imer Kam­pagne „Light me Amadeu“ laden zu einer
    Gedenkver­anstal­tung in die Räume der HNEE in Eber­swalde ein. Die
    Ausstel­lung zur Geschichte der angolanis­chen Ver­tragsar­beit­er in
    Eber­swalde, öffnet ab 15 Uhr. Im Anschluss an die Ausstellungseröffnung
    wird es eine kurze Lesung über die Vorkomm­nisse in der Nacht des
    Angriffs und ein Podi­ums­ge­spräch geben. Wir wollen uns über die
    ras­sis­tis­chen Angriffe und die Stim­mung in den 1990er Jahren austauschen
    und dabei Kon­ti­nu­itäten bzw. Unter­schiede zur heuti­gen Zeit
    her­ausar­beit­en. Gäste sind unter anderem ein Zeitzeuge, der die
    ras­sis­tis­chen Angriffe in Eber­swalde Anfang der 90er miter­lebt hat, und
    ein Mitar­beit­er des Vere­ins Opfer­per­spek­tive e.V. aus Potsdam.
    *Sam­stag, 25.11.17 15:00 Uhr Ausstellungseröffnung **
    **18:00 Uhr Podi­ums­diskus­sion* Aula der HNEE (Schick­ler­str. 5 — Haus 6)
    *Gedenken zum Todestag *
    Am 6. Dezem­ber 1990 starb Amadeu Anto­nio Kiowa mit 28 Jahren in Folge
    des Angriffs. Zum Todestag von Amadeu Anto­nio rufen wir dazu auf, zur
    Gedenk­tafel am Ort des Angriffs in der Eber­swalder Straße 26 zu kommen.
    Kerzen und/oder Blu­men kön­nen gerne mit­ge­bracht werden.
    *Mittwoch, 06.12.17 16:00 Uhr Eber­swalder Straße 26*
    *Recht­spop­ulis­mus im Bundestag **
    **Vor­trag & Podiumsdiskussion *
    Was angesichts weit ver­bre­it­eter rechter Ein­stel­lun­gen in großen Teilen
    der deutschen Bevölkerung zu erwarten war, ist nun eingetrof­fen. Nachdem
    die AfD schon im Europa­parla­ment und in 14 Land­ta­gen sitzt, ist sie am
    24. Sep­tem­ber 2017 auch in den deutschen Bun­destag eingezogen.
    Recht­spop­ulis­mus wird damit endgültig nicht nur auf der Straße, sondern
    auch auf der par­la­men­tarischen Ebene salon­fähig. Auch dort wer­den jetzt
    die Gren­zen des Sag­baren nach rechts ver­schoben und völkische Themen,
    Ras­sis­mus und Sex­is­mus auf der Tage­sor­d­nung ste­hen. Nach einem Vortrag
    zu recht­spop­ulis­tis­chen Akteur*innen in Berlin und Bran­den­burg wollen
    wir mit unseren Gästen ins Gespräch kom­men. Der Fokus soll dabei auf den
    antifem­i­nis­tis­chen Bestre­bun­gen und den ras­sis­tis­chen sowie
    nation­al­is­tis­chen Ansicht­en im Recht­spop­ulis­mus liegen. Des Weiteren
    wollen wir auch über mögliche Strate­gien gegen das Erstarken solcher
    Struk­turen sprechen.
    *Dien­stag, 12.12.17 18:00 Uhr* Aula der HNEE (Schick­ler­str. 5 — Haus 6)
    Diese Ver­anstal­tungsrei­he wird von der afie organ­isiert. Die
    Antifaschis­tis­che Ini­tia­tive Eber­swalde (afie) ist seit 2013 aktiv gegen
    Ras­sis­mus, Sex­is­mus und andere Unter­drück­ungs- und
    Diskri­m­inierungs­for­men. Dies schließt das Vorge­hen gegen Neon­azis und
    rechte Struk­turen ein. Wir organ­isieren Demon­stra­tio­nen und arbeit­en mit
    ver­schiede­nen Akteur*innen in regionalen Bünd­nis­sen zusam­men. Außerdem
    organ­isierten wir in der Ver­gan­gen­heit Bil­dungsver­anstal­tun­gen, u.a. zu
    Eso­terik-Kri­tik, Kap­i­tal­is­muskri­tik von rechts, Abschiebe­poli­tik in
    Deutsch­land und jüdis­ch­er Geschichte in Eber­swalde. Mit dieser
    Ver­anstal­tungsrei­he möcht­en wir neben ein­er aktiv­en Gedenkpoli­tik auch
    ras­sis­tis­che Kon­ti­nu­itäten the­ma­tisieren und Hand­lungs- perspektiven
    aufzeigen. Damals und heute versper­ren unter anderem Rass- ismus,
    Antifem­i­nis­mus und rechte Het­ze den Weg, der zu ein­er Gesellschaft
    führen kön­nte, in der das bessere Leben für alle wartet.
    www.afie.blogsport.de
    afie@riseup.net
    Ver­anstal­tungsrei­he gefördert durch: RosaLux

    Kategorien
    Antifaschismus

    Veranstaltungs-Tipp: Film: 6 Jahre, 7 Monate 16 Tage — Die Morde des NSU

    Am 14.12.2017 ab 20.00 Uhr zeigen wir den Film „6 Jahre, 7 Monate und 16
    Tage, die Morde des NSU“ im Pro­jek­thaus Pots­dam. Im Anschluss an den Film gibt
    es ein Gespräch mit den Regis­seur Sobo Swo­bod­nik und dem Kom­pon­is­ten der
    Film­musik Elias Gottstein.”

    Inforiot