Offener Brief zur Perspektive der Migrationssozialarbeit als Fachberatungsdienst in Brandenburg
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Woidke,
sehr geehrte Frau Ministerin Golze,
wir unterstützen nachdrücklich die mit dem Landesaufnahmegesetz beschlossene Ausweitung der Migrationssozialarbeit. Schutzsuchende Menschen sind in vielen Lebenslagen auf eine kompetente Beratung angewiesen, die sie dabei unterstützt, ihre Interessen und Bedürfnisse durchzusetzen. Die überregionalen und auch einzelne regionale Flüchtlingsberatungsstellen in Brandenburg bringen diese Kompetenzen mit und haben in ihrer langjährigen Arbeit eine sehr gute Vernetzung vor Ort aufgebaut. Das Landesaufnahmegesetz übergibt die Bereitstellung der Migrationssozialarbeit als Fachberatungsdienstallerdings in die Hände der Landkreise und kreisfreien Städte, womit aus unserer Sicht einige Probleme verbunden sind.
Die erfolgreiche, in vielen Jahren gewachsene und vor Ort gut verankerte Arbeit der bestehenden unabhängigen und überregional arbeitenden Beratungsstellen wird mit der Kann-Bestimmung in § 12 Abs. 2 LAufnG ganz real aufs Spiel gesetzt, wie erste Erfahrungen bereits jetzt zeigen. Da kein landeseinheitliches Verfahren vorgesehen ist, droht den bestehenden Strukturen in ersten Landkreisen die Entziehung ihrer Existenzgrundlage – etwa in Oberhavel, wo der Landkreis eine Gesellschaft in eigener Trägerschaft gegründet hat, ohne das bestehende Angebot zu beachten. In anderen Landkreisen ist eine Übertragung auf Träger erwartbar, die enge Verbindungen zu Politik und Verwaltung pflegen und kaum praktische Erfahrungen in der Flüchtlingssozialarbeit vorweisen – das bisherige erfolgreiche Konzept wird nicht ausgeweitet, sondern unterhöhlt.
Wir wollen das an zwei ausgewählten Punkten verdeutlichen:
Alles aus einer Hand?
Die Landkreise und kreisfreien Städte sind neben ihrer Zuständigkeit für die Migrationssozialarbeit als Fachberatungsdienst häufig auch für die Unterbringung – oft in Gemeinschaftsunterkünften – und mit den
Ausländerbehörden auch für den Vollzug des Ausländerrechts zuständig. Beratungsarbeit, die immer die individuellen Bedürfnisse von Ratsuchenden in den Mittelpunkt stellt, wird unter den Zweifel gestellt, dass eine – vermeintliche oder tatsächliche – Abhängigkeit der Beratungsstelle vorliege. Es kann zu Interessens- und Loyalitätskonflikten mit dem Arbeitgeber kommen, ggf. unbequeme Beratungsarbeit, etwa wo es um das Sozialamt oder die Ausländerbehörde geht, wird erschwert bzw. unmöglich gemacht. Es ist zu erwarten, dass das Vertrauensverhältnis zu Geflüchteten und vielfach auch zu ehrenamtlichen Begleiter_innen, Dolmetscher_innen und anderen Unterstützer_innen aufgrund der Neustrukturierung maßgeblich und bleibend gestört wird.
Bereits in ihrem offenen Brief vom 14. Dezember 2015, als das LAufnG erst im Entwurf vorlag, hatten die flüchtlingspolitischen und Willkommens-Initiativen im Land Brandenburg dazu geschrieben:
„Unsere Erfahrungen mit Entlassungen engagierter SozialarbeiterInnen und BeraterInnen in den Landkreisen lassen uns um unabhängige Beratung fürchten. Eine vertrauenswürdige Beratungsstelle muss auch gegenüber der Praxis der Ausländerbehörde kritisch sein können. Wenn sie strukturell von der Institution abhängig ist, die sie kritisieren soll, entstehen Interessenkonflikte. Gute Beratung ist unserer Erfahrung nach eines der häufigsten Bedürfnisse von Geflüchteten. Die gleiche Erfahrung machen diejenigen von uns, die an Erstaufnahmeeinrichtungen tätig sind.“
Subsidiarität!
Wir schließen uns der Einschätzung der LIGA der freien Wohlfahrtspflege an, die in der Kann-Regelung eine Abkehr vom Subsidiaritätsprinzip sieht – der Staat soll erst dann tätig werden, wenn in der Vielfalt der Trägerlandschaft niemand gefunden werden kann, der/die das Angebote ermöglicht. Wir betrachten mit Sorge, wie immer neue Verwaltungsstrukturen aus dem Boden sprießen, und zwar längst nicht nur in der Beratung von Asylsuchenden und Geduldeten. Durch die zu befürchtende Umkehr vom Prinzip vielfältiger, freier und vor allem unabhängiger Profile in der Beratungsarbeit wäre ein Qualitätsverlust zu befürchten, der dem Geist des Grundgesetzes widerspricht.
Beratung im Interesse von Asylsuchenden und Geduldeten: unabhängig und parteiisch!
Vor diesem Hintergrund wollen wir Sie eindringlich darum bitten, nicht nur eine zielgruppenspezifische, sondern vor allem eine zielgruppengerechte Migrationssozialarbeit als Fachberatungsdienstin Brandenburg sicherzustellen. Die „aus ihrer Aufnahme- und Aufenthaltssituation begründeten besonderen Lebenslagen“ von Asylsuchenden und Geduldeten machen es geradezu erforderlich, für die in § 12 LAufnG beschriebenen Aufgaben /keine/kommunale Trägerschaft zu ermöglichen, sonst steht nicht nur die langjährige Expertise der
bisherigen Berater_innen auf dem Spiel, sondern der Sinn des ganzen Unterfangens. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Interessen von Schutzsuchenden und kommunalen Verwaltungen nicht zusammenfallen, sich oft sogar widersprechen. Beratungsarbeit muss stets parteiisch im Sinn der Ratsuchenden sein.
Diese Beratung muss auch und gerade das Recht auf Information über den Verlauf des Asylverfahrens sowie behördliche Entscheidungen, die die Person unmittelbar betreffen, umfassen.Dazu gehören aber auch das Recht auf Rechtsbehelfe und unentgeltliche Rechtsberatung und ‑vertretung in Rechtsbehelfsverfahren sowie das Recht auf unentgeltliche Erteilung von rechts- und verfahrenstechnischen Auskünften, das Recht auf Begleitung zu Anhörungen beim BAMF durch eine_n Rechtsanwält_in oder „sonstigen nach nationalem Recht zugelassenen oder zulässigen Rechtsberatern“ [1].
Dies ist Schutzsuchenden in Brandenburg nur dann möglich, wenn sie einen Zugang zu einer Beratung haben, von der sie nicht nur sachkundig, sondern auch unabhängig von Interessen Dritter – d.h. auch///*weisungsungebunden*/– über ihre Pflichten im Asylverfahren, aber auch über andere sie betreffende rechtliche Regelungen informiert und beraten werden. Die Wohlfahrtsverbände in Brandenburgund freie Trägerbieten seit vielen Jahren eine solche Beratung an, weil insbesondere im ländlichen Raum Fachanwält_innen fehlen. Sie berücksichtigen dabei Qualitätsstandards und die Bestimmungen des
Rechtsdienstleistungsgesetzes.
Wir appellieren deswegen an Sie, alles Ihnen Mögliche zu tun, um die bisherigen unabhängigen Beratungsstrukturen in ihrer Existenz zu sichern und für die neu aufzubauenden Strukturen zu gewährleisten, dass konzeptionell, personell und institutionell /Unabhängigkeit/gegeben ist. Die ausstehenden Verordnungen zum LAufnG sollen unter allen Umständen dazu genutzt werden, die Qualität der Beratung sicherzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Flüchtlingsrat Brandenburg
Dieser Brief wird unterstützt von:
Barnimer Kampagne „Light me Amadeu“, Eberswalde
ESTAruppin e.V.
Evangelische Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz
Farfalla, Waßmannsdorf
FluMiCo – Flucht & Migration Cottbus
Flüchtlingshilfe Großbeeren e.V.
Hennigsdorfer Ratschlag
Initiative Barnim für alle
Kontakt- und Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, Bernau
Landesjugendring Brandenburg e.V.
Netzwerk Flucht und Migration Stadt Guben
Perleberg hilft
Vielfalt statt Einfalt – für ein freundliches Frankfurt (Oder)
Willkommen in Fürstenberg
Willkommensinitiative Joachimsthal
Willkommen in Oberhavel
Willkommen in Oberkrämer, Leegebruch und Velten
Willkommen in Oranienburg e.V.
Willkommen in Wandlitz/AG Basdorf
Willkommen in Zehdenick
Pfarrer Andreas Domke, Vorsitzender der Synodalen AG „Flucht und
Migration“ des Kirchenkreises Oberes Havelland
Angela Rößler, Potsdam-Konvoi
Annelies Rackow, Verein zur Förderung der Lebensqualität VFL-Bautzen
e.V., Schlieben
Bärbel Böer, Flüchtlingsnetzwerkkoordination, Brandenburg an der Havel
Franziska Kusserow, Potsdam-Konvoi
Klaus Kohlenberg, Freie Asylsuchenden-Beratungsstelle in Oranienburg-Lehnitz
Marianne Strohmeyer, Multitudeinitiative
Mathias Tretschog, Schluss mit Hass
Rainer E. Klemke, Willkommensteam des Bürgervereins Groß Schönebeck
Andrea Honsberg, Eberswalde
Anke Przybilla, Wandlitz
Dr. Darja Brandenburg, Ludwigsfelde
Gabriele Jaschke
Lynne Hunger, Potsdam
Dr. Margarete Steger
Michael Elte, Oranienburg
[1] Verfahrensrichtlinie 2013/32/EU, Artikel 19–23, und
Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU, Kapitel V, Artikel 26, beide
veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 29.06.2013.
Monat: Juni 2016
Heute haben die Grünen auf ihrer Fraktionspressekonferenz erklärt, dass sie ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) im Landtag einbringen werden. Der Verein Opferperspektive fordert ein solches schon länger und begrüßt die Gesetzesinitiative, denn diese würde eine wichtige Lücke im Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen schliessen.
Im Jahr 2013 hat sich das Land Brandenburg die Bekämpfung von Rassismus als Staatsziel in der Landesverfassung verankert. Auch europäisches Recht und das Grundgesetz verpflichten staatliche Stellen, die Bewohner_innen des Landes vor Diskriminierungen zu schützen. Dennoch gibt es in Brandenburg immer noch keinen vollen Rechtsschutz für Betroffene von Diskriminierungen.
Zwar schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) des Bundes Betroffene auf den Gebieten des Arbeits- und Zivilrechts, die z.B. durch Arbeitgeber oder Vermieterinnen diskriminiert werden. Doch gegenüber Diskriminierungen durch staatliche Stellen, z.B. durch Polizisten oder Lehrerinnen, ist das AGG nicht anwendbar. Diesen Bereich zu regeln ist Aufgabe der Bundesländer.
Mit der Einführung eines LADG würde Brandenburg 1.) einen Rechtsschutz für Betroffene von Diskriminierung durch staatliches Handeln einführen, 2.) die öffentliche Hand verpflichten, konkrete Maßnahmen gegen Diskriminierung in ihren Institutionen umzusetzen und 3.) eine mit umfassenden Kompetenzen ausgestattete Landesantidiskriminierungsstelle aufbauen.
Nadja Hitzel-Abdelhamid von der Antidiskriminierungsberatung Brandenburg im Verein Opferperspektive erklärt dazu: “Mit einem LADG hört das Land auf, allein von seinen Bürger_innen Fairness zu fordern, und fängt vorbildhaft bei sich selbst an: Mit einem LADG verbietet es seinen eigenen Institutionen jede Form von Diskriminierung und sorgt damit in den staatlichen Strukturen dafür, dass alle Menschen in Brandenburg gleich behandelt werden!”
Menschen, die durch staatliche Institutionen aus rassistischen Gründen, wegen ihrer Herkunft, Nationalität, Sprache, ihres Geschlechts, ihres Lebensalters, ihrer sexuellen Identität, religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen oder wegen ihres sozialen Status diskriminiert werden, würden in ihrer Position gestärkt, weil ihnen ein Rechtsweg eröffnet würde.
Ein voller Rechtsschutz ist dringend nötig, denn Diskriminierungen nehmen in der Gesellschaft insgesamt massiv zu. Sie fangen an, wenn Witze über Schwule gemacht oder Muslime beleidigt werden und setzen sich fort, wenn Polizist_innen Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe als Täter behandeln oder eine Schülerin mit Kopftuch bei gleicher Leistung schlechtere Noten als ihre Mitschüler_innen erhält. Von Beschwerden wegen Diskriminierung profitiert das Land, denn nur wenn Menschen sich beschweren, werden Muster von Diskriminierung sichtbar und so veränderbar.
Ein LADG sorgt für gleiche Chancen und gleiche Teilhabe für alle, die in Brandenburg leben.
Stellen Sie sich vor, Sie sind verliebt. Stellen Sie sich vor, der geliebte Mensch erwidert Ihre Gefühle. Sie führen eine Beziehung. Richtig ernsthaft und es fühlt sich gut an. So eine Sache, die mit Respekt und Austausch zu tun hat, mit Spaß und geteilten Interessen, so eine Sache mit langen Gesprächen und allem, was für Sie dazu gehört,
allem, was Sie glücklich macht.
Stellen Sie sich vor, Sie ziehen mit dem liebsten Menschen in eine Wohnung und der Vermieter kündigt ihnen nach kurzer Zeit den Mietvertrag, weil er Ihre Liebe für Sodomie hält. Stellen Sie sich vor, auf einem Ihrer gemeinsamen Spaziergänge werden sie beide zusammengeschlagen, weil andere es als ekelerregend empfinden, wenn Sie beide Hand in Hand gehen. Stellen Sie sich vor, bei der Polizei werden Sie nicht ernst genommen, ausgelacht, Ihnen wird sogar die Schuld an den Schlägen zugeschrieben. Schließlich sind Sie ja nur zwei Männer, die sich lieben.
Das war für Aram M. und seinen Partner Vlad B. lange die Realität. Aram flieht aus Armenien nach Russland, nachdem er in seinem Geburtsland ausgegrenzt und diskriminiert, von seiner Familie verstoßen wurde, weder Arbeit noch Wohnung fand. Alles wegen seiner Homosexualität. Alles, weil er nicht verstecken wollte, dass er Männer liebt. In Moskau lernt er Vlad kennen, die beiden verlieben sich, werden ein Paar. Nachdem sie im Park zusammengeschlagen wurden entschließen sich die beiden, nach Deutschland zu gehen, in ein Land, in dem sie sich Freiheit und Akzeptanz für ihr Leben wünschen.
Sie kaufen sich Flugtickets, verlassen ihr altes Leben und wollen ein neues beginnen, von dem sie sich Besseres erhoffen, Freiheit zum Beispiel, die Freiheit, zu lieben, wen sie wollen, die Freiheit, ihre Liebe zu zeigen, zu feiern, die Freiheit, sich nicht zu verstecken, ohne Angst zu leben.
Am Flughafen Berlin-Tegel nimmt man ihnen die Pässe ab und anschließend werden die beiden in die Erstaufnahmeinrichtung nach Eisenhüttenstadt gebracht. Kaum dort angekommen beginnt die Ernüchterung — aufgrund der im Sommer 2015 zunehmenden Anzahl von Menschen, die vor Krieg und Verfolgung Schutz suchen, werden sie in Mannschaftszelten untergebracht. Ihre Partnerschaft wird auch in Eisenhüttenstadt nicht ernst genommen, es scheint für die Sozialarbeiter_innen vor Ort unmöglich, dass zwei Männer ein Paar, eine Familie bilden, die Konsequenz daraus: Sie werden unterschiedlichen Zelten zugewiesen. Die zwei, die so lange als Paar gekämpft haben, ein Paar sein zu dürfen, die als Paar ihre Heimat verlassen haben, werden gleich als erstes in dem vermeintlich freiheitlichen Land getrennt. Und es geht genauso weiter: nach 12 Tagen erfolgt die Unterbringung in Notunterkünften, Aram kommt nach Frankfurt/Oder, Vlad nach Kirchmöser, einem Stadtteil von Brandenburg an der Havel. Dort lernt er Alissa kennen. Sie ist selbst aus Russland geflohen, nachdem in ihrer Nachbarschaft Flugblätter aushingen, die sie als Pädophile diffamierten. Alissa ist lesbisch und LGBTI-Aktivistin und stellt den Kontakt zu Emma Silverstein her. Die kümmert sich, nimmt Kontakt zu Harald Petzold, Bundestagsabgeordneter der LINKEN und deren queerpolitischer Sprecher, auf. Der macht Druck beim BAMF: wie es sein könne, ein Paar nach solchen traumatischen Erlebnissen zu trennen. Wenige Tage später zieht Aram zu Vlad ins Heim. Aber der Ärger hat kein Ende: die Sozialarbeiter_innen der Notunterkunft raten den beiden, ihre Homosexualität zu verbergen, sonst drohe Ärger mit anderen muslimischen Heimbewohner_innen.
Sechs Monate leben sie in dem Heim, sechs Monate geht das Versteckspiel weiter. So hatten sie sich das Leben in Deutschland nicht vorgestellt. Die beiden wollen in eine eigene Wohnung. Sie haben nach wie vor Angst. Es gibt viel Austausch mit dem Sozialamt, viele Diskussionen, es kostet viel Kraft, viel Energie. Endlich beziehen sie mit einem anderen lesbischen Paar eine Verbundwohnung in Brandenburg an der Havel, drei Zimmer für vier Personen. Endlich etwas Privatsphäre. Aram spricht Englisch und etwas Deutsch, Vlad beginnt mit dem Deutschunterricht. Aram bemüht sich um Arbeit, findet eine Praktikumsstelle in einem Friseursalon. Er mag es, wieder zu arbeiten, lernt immer besser Deutsch zu sprechen. Auch die Kund_innen nehmen Anteil an seiner Geschichte, sie fragen, wo er herkommt, warum er gegangen ist. Die meisten wissen gar nicht, wie schlimm die Situation queerer Menschen an vielen Orten dieser Erde ist.
Mittlerweile sind sie Teil der LGBTI-Community in der Havelstadt, sie gehen gemeinsam zu Partys und beginnen sich ein neues Leben aufzubauen. Gemeinsam mit Vlad und Aram sowie anderen LGBTI-Aktivist_innen vor Ort haben wir, eine Gruppe von Unterstützer_innen, eine Refugee-LGBTI-Conference vom 15. bis 17. April organisiert und durchgeführt, mit dem Ziel, Menschen zusammenzubringen und zu unterstützen. Nun brauchen Aram und Vlad Unterstützung, denn nach fast einem Jahr bekommt das Paar die Einladungen zum Interview beim BAMF. Beide erhalten unterschiedliche Termine. Wieder werden sie als Paar nicht ernst genommen. Ihr Anwalt ruft mehrmals beim BAMF an und verweist darauf, dass die beiden zusammen als Lebenspartner nach Deutschland gekommen sind und deshalb auch einen gemeinsamen Termin erhalten müssen — mit Erfolg.
Während des Interviews wurde Aram nicht zu seiner Situation in Armenien befragt. Immer wieder, wenn er versucht, darauf zu sprechen zu kommen, wird er abgewürgt. Schließlich habe er mehrere Jahre in Russland verbracht und sei von dort in die Bundesrepublik eingereist, so die Argumentation der BAMF-Mitarbeiterin. Und warum die beiden ihre Homosexualität nicht dezenter gelebt hätten. Das hätten sie doch nach dem vermeintlichen Überfall im Park auch getan und da hätten sie dann ja auch keine Probleme gehabt. Ansonsten ist auch hier die Partnerschaft kein Thema. Es gehe um Aram persönlich, sein russischer Partner tue da nichts zur Sache. Nach einem Monat und 12 Tagen kommt der Negativbescheid, das Asylverfahren ist abgeschlossen — vorerst.
Begründung: Da Aram über Russland eingereist sei, gelte §3AsylG nicht, da er nicht aus dem Land käme, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Eine begründete Furcht vor Verfolgung als Homosexueller in Armenien habe er nicht vorgetragen. Außerdem sei die Verfolgung als Homosexueller in Armenien nicht wahrscheinlich. Sein Lebenspartner Vlad hat bisher keine Antwort vom BAMF.
Halten wir fest: Aram wurde beim Interview daran gehindert, über die Gründe der Ausreise von Armenien nach Russland zu sprechen. Das BAMF erkennt die Partnerschaft der beiden Menschen nach wie vor nicht an, denn in ihrem Weltbild scheinen nur Mann und Frau ein Paar bilden zu können. Sollten Menschen sich nicht diesem Muster unterordnen, wollen sie Dokumente sehen, eine Heiratsurkunde zum Beispiel. Nur ist die Heirat gleichgeschlechtlicher Menschen sowohl in Armenien, in Russland und auch in Deutschland nicht möglich.
Wir lassen unsere Freunde nicht alleine und kämpfen für die Anerkennung der beiden als Lebenspartner und dafür, dass weder Aram nach Armenien, noch Vlad nach Russland abgeschoben wird. Wir haben uns entschlossen, unseren Kampf öffentlich zu führen, zum einen, um nicht nur Aram und Vlad, sondern auch anderen LGBTI-Geflüchteten zu zeigen, dass sie nicht alleine sind, und zum anderen, um auf die diskriminierende Praxis des BAMF aufmerksam zu machen.
Wir werden am Mittwoch den 29. Juni um 19:00 Uhr in der Geschäftstelle der Partei DIE LINKE, Kirchhofstraße 1–2, 14776 Brandenburg an der Havel, ein erstes offenes Treffen veranstalten. Ziel ist es, Öffentlichkeit zu schaffen und gemeinsam zu beraten, wie wir die beiden in Zukunft unterstützen können.
Orgateam der Refugee-LGBTI-Conference
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Woidke,
sehr geehrter Herr stellvertretender Ministerpräsident Görke,
voraussichtlich am 17. Juni 2016 steht im Bundesrat die Zustimmung zum Gesetz über die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als «sichere Herkunftsstaaten» (Bundestagsdrucksache 18/8039) im Sinne des § 29a AsylG auf der Tagesordnung. Wir richten den dringenden Appell an Sie, mit den vier Stimmen des Landes Brandenburg der erneuten Ausweitung der Liste der «sicheren Herkunftsstaaten» die Zustimmung zu verweigern. Diese Einstufung eines Staates hat für Asylsuchende aus diesen Ländern gravierende Konsequenzen.
Ursprünglich sah das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten» lediglich vor, dass von vornherein angenommen wurde, dass Asylanträge von Personen aus diesen Staaten prinzipiell unbegründet seien und dass dies im Einzelfall von den Betroffenen widerlegt werden müsse. Diese Grundannahme führte in vielen Fällen dazu, dass Asylverfahren oft nach nur oberflächlicher Prüfung sehr schnell als «offensichtlich unbegründet» abgelehnt wurden.
Doch neben diesen gravierenden Einschränkungen im Asylrecht wurde auch das Aufenthaltsrecht in den letzten Monaten um viele weitere Vorschriften ergänzt, die dazu führen, dass Personen aus als «sicher» bezeichneten Staaten hier einer ganzen Reihe von zusätzlichen Sanktionen und Ausgrenzungen ausgesetzt sind:
Asylsuchende aus «sicheren Herkunftsstaaten» müssen für die gesamte Dauer des Asylverfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben und nach einer Ablehnung auch bis zur Ausreise – das heißt, eine Verteilung in die Landkreise und die kreisfreien Städte findet nicht mehr statt. Dadurch soll verhindert werden, dass sie sich hier integrieren können, denn dies wird als Hindernis für eine reibungslose Abschiebung angesehen. Als Nebeneffekt bedeutet dies auch, dass sie für den gesamten Zeitraum des Aufenthalts in der Bundesrepublik einer Sachleistungsverpflegung unterliegen, da in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Großteil der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf diese Weise geleistet wird.
Auch bleibt die Residenzpflicht, die in den letzten Jahren stark an Bedeutung verloren hatte und für andere Asylsuchende nur noch in den ersten drei Monaten besteht, für diese Gruppe weiterhin zeitlich unbegrenzt in Kraft. Zusätzlich zu der allgemeinen Strafbewehrung von bis zu einem Jahr Gefängnis oder Geldstrafe sieht das Gesetz seit dem Asylpaket II vor, dass auch ein simpler Residenzpflichtverstoß dazu führen kann, das das Asylverfahren ganz ohne inhaltliche Prüfung eingestellt wird, wenn Betroffene in einer «besonderen Aufnahmeeinrichtung» untergebracht sind. Die Möglichkeit, solche «besonderen Aufnahmeeinrichtungen» zu schaffen, wurde den Ländern ebenfalls durch das Asylpaket II eingeräumt.
Schlussendlich kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schon direkt bei der Ablehnung eines Asylantrags ein Wiedereinreiseverbot aussprechen, eine Sanktion, die ansonsten nur im Fall einer Abschiebung oder Ausweisung erfolgt, nicht jedoch durch die simple Tatsache, dass jemand im Asylverfahren abgelehnt wurde. Sämtliche hier angesprochenen Sanktionen und Ausgrenzungsmechanismen sind seit dem Sommer 2015 oder später in das Gesetz aufgenommen worden, also seit es die Diskussion über die Einstufung der Staaten des West-Balkans als «sichere Herkunftsstaaten» gab. Damals wurde die Büchse der Pandora geöffnet, jetzt gilt es, zumindest den menschenrechtlichen und integrationspolitischen Schaden nicht noch größer werden zu lassen.
Doch auch abgesehen von prinzipiellen Erwägungen in Bezug auf das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten» steht die Menschenrechtslage in allen drei Staaten einer Einstufung als «sichere Herkunftsstaaten» diametral entgegen. Amnesty International führt in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Algerien, Marokko und Tunesien aus, warum Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Misshandlungen, aber auch der fehlende Schutz vor sexualisierter Gewalt und das Verbot gleichgeschlechtlicher Sexualkontakte eklatant gegen die Einstufung als «sicherer Herkunftsstaat» sprechen (vgl. http://www.amnesty.de/files/Amnesty-Stellungsnahme-Innenausschuss-April2016.pdf).
Aber auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung selbst weist auf erhebliche Defizite im Justizsystem hin:
In Bezug auf Algerien heißt es dort etwa: «Die Rechte der Beschuldigten im Prozess werden nicht immer beachtet. Die Gerichte üben in der Regel keine wirksame Kontrolle staatlichen Handelns aus. Die in der Verfassung garantierte Unabhängigkeit von Gerichten und Richtern ist in der Praxis nicht immer gewährleistet. Geltende Gesetze und Vorschriften werden nicht immer einheitlich und flächendeckend angewandt. (…) Den Bürgerinnen und Bürgern fehlt nach wie vor das Vertrauen in die Justiz, sie sehen vor allem in politisch relevanten Strafverfahren Handlungsbedarf. Nach belastbarer Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen und Journalisten nimmt die Exekutive in solchen Fällen unmittelbar Einfluss auf die Entscheidungen des Gerichts» (BT-DS 18/8039 , S. 10). Zu Tunesien spricht der Gesetzentwurf selbst von extralegalen Tötungen in Haft und Fällen von Folter: «Tunesische und internationale Medien sowie spezialisierte Nichtregierungsorganisationen, wie die Organisation Mondiale contre la Torture (OMCT) oder die Organisation contra la Torture en Tunisie (OCTT), berichten kontinuierlich über Einzelfälle von Folter, insbesondere in der Polizeihaft, unmenschliche Behandlung in den Haftanstalten, die nicht europäischen Standards entsprechen, sowie Bestrebungen, rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einzuleiten. Bislang sei es jedoch in keinem einzigen Fall gelungen, eine Verurteilung von Amtspersonen oder ehemaligen Amtspersonen wegen Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung zu erreichen» (BT-DS 18/8039, S. 15).
Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates für das Land Brandenburg, schon aus dem Gesetzentwurf selbst geht also hervor, dass sich die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als «sichere Herkunftsstaaten» nicht rechtfertigen lässt. Das Bundesverfassungsgericht hat für eine solche Einstufung gemäß § 29 a AsylG hohe Hürden errichtet: «Für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat muss Sicherheit vor politischer Verfolgung landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen bestehen» (BVerfGE 94, 115). Das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten» darf nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht angewandt werden, «wenn ein Staat bei genereller Betrachtung überhaupt zu politischer Verfolgung greift, sei diese auch (zur Zeit) auf eine oder einige Personen- oder Bevölkerungsgruppen begrenzt. Tut er dies, erscheint auch für die übrige Bevölkerung nicht mehr generell gewährleistet, dass sie nicht auch Opfer asylrechtlich erheblicher Maßnahmen wird» (BverfGE 94, 115, Rn. 71). Werden die Kriterien des BVerfG auf die Menschenrechtssituation in Algerien, Marokko und Tunesien angewandt, so führt insbesondere die Verfolgung Homosexueller in allen drei Staaten dazu, dass die Staaten nicht in die Liste der «sicheren Herkunftsstaaten» gem. § 29a AsylG aufgenommen werden dürfen.
Wir appellieren daher – auch im Namen der vielen Haupt- und Ehrenamtlichen, der Flüchtlingsinitiativen und Beratungsstellen – an Sie, den Flüchtlingsschutz nicht weiter auszuhöhlen und der Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als «sichere Herkunftsstaaten» aus verfassungsrechtlichen Gründen Ihre Zustimmung zu verweigern.
Mit freundlichen Grüßen
Flüchtlingsrat Brandenburg
Frankfurt (Oder) — Am Samstag findet in Frankfurt (Oder) der “Zukunftsdialog” statt. Dieses Veranstaltungsformat macht in verschiedenen Brandenburger Städten und Gemeinden Station und soll den Dialog zwischen landespolitischen Expert_innen, Bürger_innen und Multiplikator_innen zu den Themen Flüchtlinge, Integration und rechter Gewalt stärken.
Eingeladen ist unter anderem stets — und so auch am Samstag in Frankfurt — der Brandenburgische Verfassungsschutz (VS). Er sprich, in Gestalt des Referenten Sebastian Haase, als Experte zum Thema “Rechtsextremismus in Brandenburg / Frankfurt (Oder)”.
Schaut man sich die Expertise des Verfassungsschutzes an, fallen allerdings mehrere Aspekte auf, die an der Kompetenz des staatlichen Geheimdienstes zweifeln lässt:
— Der VS verfolgt einen extremismustheoretischen Ansatz bei seiner Analyse gesellschaftsgefährdender Aktivitäten. Das bedeutet, dass für ihn eine demokratische “Mitte” der Gesellschaft existiert, an dessen linken und rechten (und islamistischen) Rändern sich die demokratiefeindlichen “Extreme” befinden sollen. Diese Ränder werden beobachtet, und Informationen ggf. an Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Das Problem ist nur: Was macht der VS eigentlich mit den ganzen Rassist_innen, die seit einiger Zeit wie Pilze aus dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung schießen? Die “Mitte” radikalisiert sich mehr und mehr hinsichtlich menschenverachtender Einstellungen, während der VS verzweifelt versucht, sie als Vorzeigedemokrat_innen zu charakterisieren. Derweilen werden linke Akteure weiterhin diffamiert, weil sie als Bedrohung für die Gesellschaft gelten.
— Die jährlichen Publikationen des VS sind in der Regel Zusammenstellungen bereits veröffentlichter Analysen zum Thema “Rechtsextremismus”. Der VS greift also auf Schriften zurück, die von lokalen Akteuren, oft in ehrenamtlicher Arbeit, erstellt wurden. Soweit, so einfach gemacht. Quellen werden meist nicht angegeben. Es stellt sich die Frage, worin denn dann die Expertise des VS im Bereich “Rechtsextremismus” besteht, wenn er sowieso überwiegend auf bereits vorhandenes Material zurückgreift. (Anscheinend gibt es gerade sehr viel abzuschreiben, denn für 2015 ist immer noch kein VS-Bericht erschienen.)
— Der Brandenburger VS steht momentan in massiver Kritik aufgrund seiner zweifelhaften Rolle im Umgang mit der Neonazi-Organisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Im momentan in München stattfindenden Gerichtsverfahren äußern Nebenkläger_innen die Vermutung, dass es eine Mitverantwortung des brandenburgischen VS für die Nichtergreifung der drei Haupttäter_innen des NSU gibt.
Das klingt nicht besonders kompetent, geschweige denn vertrauenserweckend.
Obwohl Menschenwürde und Gleichberechtigung zentrale Werte der Verfassung sind, hat der Verfassungsschutz immer wieder gezeigt, dass er in Angriffen auf diese Werte zunächst keine Angriffe auf die Demokratie erblickt. So kann man als AfD-Mitglied mit der Idee vom Schusswaffengebrauch an der Grenze gegen Flüchtlinge auf Stimmenfang gehen oder bei PEGIDA Flüchtlinge mit herabwürdigender Rhetorik entmenschlichen – die Verfassungsschutzämter interessieren sich erst dann für Rassismus, sobald sie den Verdacht auf ein zusätzliches, ominöses „extremistisches“ (d.h. die sog. freiheitlich-demokratische Grundordnung im Ganzen überwinden wollendes) Element haben. In der Gesellschaft grassierende menschenverachtende Ungleichheitsideologien und die daraus resultierenden sehr realen Gefahren für Leib und Leben ganz besonders der Flüchtlinge werden auf diese Weise systematisch verharmlost.
Utopia e.V.
Frankfurt (Oder), den 09.06.2016
INFORIOT – Der Sommer steht vor der Tür. Höchste Zeit den Kalender zu zücken und zu gucken, wo am besten entspannt werden kann. Denn Sommerzeit ist Festivalzeit! Ob an den See, in den Wald, dem Acker oder ähnliches. Jenseits der Lohnarbeit, Schule oder Uni finden sich in Brandenburg eine Fülle von subkulturellen Events zum gepflegten entspannen und faulenzen. Wie auch im letzten Jahr informiert Inforiot euch, wo welche Festivals mit linkem und alternativen Anspruch in der Mark stattfinden im Sommer 2016.
In einem groben Überblick wollen wir euch einige Oasen jenseits des kommerziellen Terrors und durch kapitalisierten Großevent-Mainstreams in Brandenburg vorstellen. Wir wollen euch vor allem auf kleinere und größere Events hinweisen, die einerseits ein alternatives Selbstverständnis besitzen und andererseits einen D.I.Y.-Charakter pflegen.*
07.07.–11.07. Feel Festival
Das Feel Festival ist eine musikalische und kulturelle Parallelwelt jenseits des täglichen Trubels und der Sorgen. Wer dem wilden Treiben auf dem Gelände folgt, kann sich zwischen tanzenden Füßen nicht nur in bunte Nischen und Ecken voller visueller sowie künstlerischer Verzauberung treiben lassen, sondern auch verschiedenste Orte für Interaktion und Diskurs entdecken. Worshops, Lesungen, Kunst&Kultur und mehr erwartet euch vom 7.–11. Juli am Bergheider See bei Lichterfeld. Leider ist das Feel Festival ausverkauft! ABER: es gibt noch eine Chance an Karten ranzukommen. Schöner Leben ohne Nazis verlost 2x2 Freikarten! Einfach bis zum 19. Juni eine Nachricht an ihre Facebookseite schicken und Daumen drücken. Zur Festivalseite: http://feel-festival.de/
08.07.–09.07. Ultrash Festival
Das Ultrash ist ein Festival der besonderen Art und geht dieses Jahr in die 10. Runde. Ein politisches Festival auf dem FreiLand Potsdam für Skins, Punks, Ultras und andere antifaschistische Gegenkulturen. Die Wortschöpfung lässt schon darauf schliessen, dass sich hinter dem zweitägigen Festival eine Kooperation von Ultrá (Babelsberg) und RASH (Red and Anarchist Skinheads Berlin/Brandenburg) verbirgt. Laut den Veranstalter_innen will das Festival auf die Aktivitäten der Gruppen „hinweisen und aufzeigen, dass “Ultras” und “Skinheads” eben nicht nur rechtsradikale Schlägerbanden oder alkoholisierte Pöbelmobs sind.“ Zur Festivalseite: http://ultrash.blogsport.eu/
15.07.–18.07. Antaris Projekt
Das Antaris findet zum 22. Mal auf den Flugplatz Otto-Lilienthal bei Rathenow statt und versteht sich selbst als ein Projekt und steht gegen Krieg, für Freundschaft, Frieden und Freiheit. Das Antaris bietet eine musikalische Reise in eine psychodelische Welt auf zwei Floors mit einer unverwechselbaren Deko und Lichtschow. Das Motto dieses Jahr: Wasser ist Leben. Erfreut euch an Highlight Tribe, fluffigen Proggy und Dark Prog. Außerdem heißt bei der Techno-Electro-Night der berühmt berüchtigte DR. MOTTE die Meute ein. Außerdem Chill Out, Yoga und vieles mehr. Zur Festivalseite: http://www.antaris-project.de/
15.07.–18.07. Stuss am Fluss
Auf ihrer Seite schreibt sich das Stuss am Fluss folgendermaßen: “Das Stuss am Fluss- Open Air fand erstmals 2014 unter dem Namen Mucheze (Abkürzung für die drei Cottbuser Vereine Muggefug, Chekov, Zelle) statt. Damals ging es uns darum, den zwanzigsten Geburtstag dieser Vereine zusammen auf dem Gelände des Strombads in Cottbus zu feiern. Die Gäste waren damals ebenso begeistert, wie auch alle Vereine und Beteiligten dieser Veranstaltung. Also ging es im September 2015 weiter. Dieses Mal unter dem Namen „Stuss am Fluss“ Warum? Weil wir es können… Das Strombad in Cottbus liegt direkt an der Spree und ist einfach prädestiniert für ein Festival wie dieses.-Daher der Name. Hier soll alles aufeinander treffen, wir wollen und werden wieder einmal eine einzigartige Atmosphäre schaffen, zumindest was Kunst und Kultur betrifft. Das Festival ist für seine Besucher_innen kostenlos. Daher sind die Organisator_innen an Spnenden angewiesen. Unterstützt auch ihr das Vorhaben mit einer kleinen Spende beim Crowdfunding , damit dieses wichtige kulturelle Projekt in der Lausitz dieses Jahr stattfinden kann. Zur Webseite: https://stussamfluss2016.wordpress.com/
23.07. Laut und Bunt Festival Rathenow
Bereits zum 8. Mai findet am 23. Juli im Optikpark Rathenow das „Laut und Bunt Festival“ für Toleranz und Weltoffenheit statt. Freut euch auf eine rockiges Event, einen bunten Funken, der in der Stadt in Hinblick auf rassistische Mobilisierung der letzten Monate bitter nötig ist. U.a. spielen auf dem Laut und Bunt Festival die Band RADIO HAVANNA. Zur Eventseite: https://www.facebook.com/events/503938983147848/
05.–07.08. Resist to Exist Festival
In Oberhavel ist der Punk los. Denn das größte deutsche D.I.Y.-Festival Resist to Exist zieht von Berlin-Marzahn erstmals nach Brandenburg, genauer gesagt auf den Acker in Kremmen. Drei Tage, 40 Bands, Punk, Ska, Hardcore, Workshops, Stände, Kino, Karaoke und ganz viel Bier. Was will mensch mehr? Das Resist to Exist ist ein 100%-iges non-profit Festival und war ein subkulturelles Highlight im Berliner Randbezirk. Nun kommt es nach Brandenburg. Wir finden, das Resist passt hier wunderbar rein! Zur Festivalseite: http://www.resisttoexist.de/
22.07.–24.07. Streetopia Festival
Das Streetopia Festival Streetart will im weitesten Sinne mit Musik verknüpfen, feiert, freie Räume zum socializen schaffen, Ausstellungen zum über den Tellerrand gucken bieten und einen bewussten und kritischen Umgang mit Lebensrealitäten pflegen und vermitteln. Subkulturen, die alle die Straße als einen Ort der Kunst und des Zusammenseins nutzen, möchten die Organisator_innen eine Bühne und die Möglichkeit einer freien Entfaltung bieten; dies unter dem “Dach” des freiLand Potsdam und unter dessen antisexistischen, antihomophoben und antirassistischen Bedingungen, die sie vollstens unterstützen. Graffiti, Music, Beats, Rap, Bass, Dance, Drinks, Food, Chill, Love – freier Eintritt vom 22. bis 24. Juni. Zudem ein Highligh des Wochenendes: die Premiere des Dokumentationsfilms „Girl Power“ über die Untergrundszene der internationalen weiblichen Sprayer_innen. Link zur Veranstaltung: https://www.facebook.com/events/833309336801428/?fref=ts
23.07.–24.07. Nation of Gondwana
Die Nation of Gondwana bei einem See bei Grünfeld begrüßt jährlich seine Besucher_innen zum semifiktiven Parallelwelttourismus. Seit 1995 findet das alternative Freiluftfestival für elektronische Musik im Berliner Umland statt. Ursprünglich als Alternative zur Loveparade gedacht ist die Nation of Gondwana eine familiäre Veranstaltung, an der jährlich bis zu 8.000 leibestolle Menschen teilnehmen. Ein großer Sympathiepunkt: Das Festival duldet keinen Rassismus, Sexismus, Homophobie und jede andere Form von Diskriminierung. So steht es zumindest ganz groß auf ihrer Seite: http://www.pyonen.de/info.html
05.–06.08. Jenseits von Millionen
Das Jenseits von Millionen Benefizfestival ist ein alljährliches Wiedersehen am ersten Augustwochenende auf der Burg in Friedland in der Niederlausitz. Eine Wahlverwandtschaft im zwölften Jahr, die die Organisator_innen liebend gerne pflegen, und ein Fest aus guten Gründen. Auch in diesem Jahr begleitet das Jenseits von Millionen das Muzanga Education Project der Kinderhilfsorganisation Raise a Smile e.V. im ländlichen Osten Sambias mit 2€ jedes verkauften Festivaltickets und allem Geld, das nach Abzug der Festivalkosten auf der Haben-Seite steht. Ein weiteres Plus: „Rassistische, fremdenfeindliche, sexistische, homophobe oder antisemitische sowie andere mit der rechtsradikalen oder deutschnationalistischen Szene in Verbindung stehende Äußerungen und Zeichen werden in keiner Weise auf Zeltplatz und Festivalgelände geduldet.“, so steht es in der Hausordnung. Zur Festivalseite: http://jenseitsvonmillionen.de/
12.08.–13.08. Frierock Festival
Im Havelland gibt es keine alternative Musikszene? Von wegen! Die kleine Fliegerstadt Friesack im nordwestlichen Brandenburg zeigt einmal jährlich, was das Havelland so zu bieten hat. Wenn das Frierock-Festival wieder vom 7. bis 8. August 2015 hunderte Rockwillige in die Region treibt, ist es vorbei mit der Romantikkulisse an den steilen Hängen der urigen Freilichtbühne.Das alternative und unkommerzielle Festival stellt seit nun schon 17 Jahren eine grandiose Mischung regionaler und überregionaler Bands aus verschiedensten Musikstilen zusammen Mit viel Liebe zum Detail und einem traditionellem Gespür für echte Geheimtipps schafft es das Frierock-Festival die alternative Flamme des Havellandes am lodern zu halten. Faire Preise und eine einzigartig familiäre Atmosphäre runden das Frierock-Festival ab und sorgen für dessen Beliebtheit. Zur Festivalseite: http://www.frierock-festival.de/festival.html
12.08.–13.03. OBOA Festival
Mitte August 1998 fand zum ersten Mal das OBOA – Oderbruch-Open Air statt. Seitdem veranstaltet der Verein Break Tribe Music e.V. dieses kleine, unkommerziele, Umsonst & Draussen Festival regelmäßig. In jedem Jahr treffen sich Besucher_innen von beiden Seiten der Oder ein Wochenende lang zu kulturellem Austausch und musikalischem Erlebnis im Fort Gorgast, östlich von Berlin. Das Festival wird ausschließlich im ehrenamtlichen Engagement durchgeführt. Für den Besuch des Festivals wird kein Eintritt erhoben. Nach einer kreativen Schaffenspause meldete sich das OBOA wieder zu Wort, denn dieses Jahr soll es ein Revival des beliebten Festivals geben. Zur Festivalseite: http://www.oboa.de/wordpress/
12.08.–15.08. Die Wilde Möhre Festival
„Hören, Sehen, Fühlen“ — Lasst eure Sinne auf dem Wilde Möhre Festival bei Drebkau erblühen. Das Wilden Möhre Festivals, ein Traum einer kleinen Gruppe von Menschen, „die gerne etwas bewegen wollen“. Elektronische Musik, Kunst und Workshops werden unter der Wilden Möhre zu einem bunten Programm vereint. Workshops, Lesungen, Vorträge und Performances werden eure Gedanken und Singer-Songwriter, Bands und DJs eure Füße zum Tanzen bringen, so sagen es die Veranstalter_innen auf ihrer Webseite: https://wildemoehrefestival.de/Die Wilde Möhre steht für ein friedliches Miteinander, Rücksichtnahme und Toleranz. Insofern hat für die Organisator_innen Gewalt, Waffen, Nazis, Homophobie und Rassismus auf dem Festival nichts zu suchen und Gäste, die in dieser Hinsicht auffällig werden, des Geländes verweisen werden. Für Nazis ist auch Ende Gelände, denn sie erhalten keinen Einlass.
26.08.–27.08. alínæ lumr Festival
Das alínæ lumr findet vom 26. bis 28. August 2016 statt und wartet mit einem sorgfältig kuratierten Musikprogramm, kulturellen Workshops, Ausstellungen sowie einem Spazierpfad durch die charmante Altstadt Storkow auf euch. Bespielt werden nicht nur die Bühnen: Auf der Burg, am Marktplatz, den Hinterhöfen, leer stehenden Läden und der Altstadtkirche werden temporäre Konzertlocations, Bars und Tanzlokale installiert. Das alínæ lumr will die Stadt Storkow öffnen und Orte des Zusammenkommens schaffen, auch um ein klares Zeichen für positiven Austausch und die Willkommenskultur der Region zu setzen. Zur Festivalseite: http://alinaelumr.de/
*Die Auflistung wird sicherlich nicht vollständig sein. Über Ergänzungen freuen wir uns allemal.
Der Verein Opferperspektive bemängelt vor der anstehenden Landtagsdebatte zu den Geschehnissen rund um die Proteste gegen
Vattenfall am Pfingstwochenende, dass massive rechte Angriffe bisher völlig ausgeblendet werden. Die Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt befürchtet, dass ein solches Vorgehen dazu führt, die bereits etablierte rechte Szene in der Region Spree-Neiße weiter in ihrer Militanz zu bestärken. Daher fordert die Opferperspektive die im Landtag vertretenen Fraktionen dazu auf, die bisher fehlende Auseinandersetzung mit rechten Gewalttaten, die sich gegen Klimacampteilnehmer_innen
richteten, zu führen.
Dazu erklärt Joschka Fröschner, Mitarbeiter der Opferperspektive: „Trotz der aktuellen Welle rechter Gewalttaten wird zu körperlichen Angriffen durch Neonazis während der „Ende Gelände“-Proteste geschwiegen. Stattdessen ist ausschließlich von linken Krawallmachern die Rede. Dies lässt daran zweifeln, dass das Ausmaß des Problems rechter Gewalt von allen Politiker_innen erkannt wird. Gerade deshalb darf eine klare Positionierung gegen rechte Gewalt auch während der Landtagsdebatte am kommenden Freitag nicht fehlen.“
Die Opferperspektive e.V. hat Kenntnis von einer Vielzahl rechter Angriffe, die sich rund um die Protestaktionen in der Lausitz ereigneten. Dazu kommen weitere Übergriffe, bei denen ein rechter Tathintergrund anzunehmen ist. Noch bis heute melden sich Betroffene und Zeug_innen solcher Vorkommnisse bei der Beratungsstelle. Über das gesamte Wochenende hinweg waren Menschen, die sich an den Anti-Kohle-Protesten beteiligten, Übergriffen ausgesetzt. Teilweise handelte es sich dabei um geplante, überfallsartige Aktionen. In anderen Fällen bildete sich in größeren Menschenmengen eine brisante Mischung aus rechten Gewalttätern und „Pro-Kohle“-Demonstrierenden, aus der heraus Angriffe verübt wurden. Zu mehreren Zeitpunkten versuchten Gruppen von etwa 50 Angreifern, die überwiegend der lokalen Neonazi- und Hooliganszene zugeordnet werden können, Protestteilnehmer_innen unter Zuhilfenahme von Waffen und Sprengkörpern anzugreifen.
So wurde eine Mahnwache von „Ende Gelände“ im Spremberger Ortsteil Tscherpe durch mehrere Vermummte mit Baseballschlägern angegriffen. Wiederholt versuchten Unbekannte, Teilnehmende der Proteste mit Autos von der Straße abzudrängen, darunter auch einen Journalisten der „Taz“. Auch auf dem Lausitz-Camp selbst wurde mindestens eine Person durch maskierte Angreifer niedergeschlagen und am Boden liegend getreten. Verschärfend kam hinzu, dass sich eingesetzte Polizeibeamt_innen in
mehreren Fällen weigerten, Anzeigen durch Betroffene aufzunehmen oder diese zu schützen. Die Ereignisse vom Pfingstwochenende gilt es vorbehaltlos aufzuklären. Dabei muss der Frage nachgegangen werden, inwieweit es rechten Strukturen gelungen ist, die „Pro-Kohle“-Demonstrationen für sich zu nutzen.
Joschka Fröschner: „Wenn solche Angriffe für die Landespolitik keine Rolle mehr spielen, dann führt eben dies zu einer Normalisierung rechter Übergriffe. Hier wird die Gelegenheit verpasst, die längst überfällige Debatte zur Problematik neonazistischer Gewalt im Landkreis Spree-Neiße zu führen. Stattdessen bietet die Darstellung einiger Politiker, die
Klima-Aktivist_innen seien Nestbeschmutzer, erhebliche Anknüpfungspunkte an rechte Argumentationsmuster.“
Der Landkreis Spree-Neiße führt seit längerem die Statistik der Opferperspektive zu rechten Gewalttaten an. Im Jahr 2015 verzeichnete der Verein hier 29, und für die kreisfreie Cottbus 28 Übergriffe. Dieser Trend setzt sich auch in diesem Jahr nahtlos fort. Exklusive der Vorfälle vom Pfingstwochenende zählt der Verein für das Jahr 2016 vorläufig bereits 32 rechte Angriffe in Spree-Neiße und Cottbus. Die Gegend verfügt seit Jahren über eine gefestigte, gut organisierte und durch hohe Gewaltbereitschaft gekennzeichnete rechte Szene. Insofern kam die Gewalteskalation vom Pfingstwochenende für die Beratungsstelle nicht überraschend.
Eine Übersicht der rechten Angriffe auf die “Ende Gelände”-Proteste findet sich, soweit die Vorfälle öffentlich sind oder die Betroffenen einer Veröffentlichung zugestimmt haben, auf unserer Internetseite in der Chronologie:
http://www.opferperspektive.de/category/rechte-angriffe/chronologie-rechter-angriffe
Als Hauptredner traten der stellvertretende Bundesvorsitzende Dr. Alexander Gauland, der Landesvorsitzende der AfD Thüringen Björn Höcke, sowie der stellvertretende Landesvorsitzender der AfD Brandenburg Andreas Kalbitz auf. Einleitende Worte sprachen der Vorsitzende des Kreisverbandes Volker Nothing und der Stadtverordnete Andreas Franke.
Der 2013 gegründete AfD-Kreisverband Elbe-Elster hatte bereits am 3. März zu einer Demonstration unter dem Motto „Asylchaos stoppen, Familien stärken, Demokratie verteidigen“ in Elsterwerda aufgerufen, an der ca. 400 Menschen teilnahmen. Im Gegensatz zur letzten Veranstaltung, wurde keine Gegenveranstaltung angemeldet. Trotz AfD-Prominenz erschienen nur 300 Teilnehmende – z. T. angereist aus Sachsen – um den Hauptredner Höcke zu hören.
„Für den Asylorkan bluten wir” behauptete dieser im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, die er als „Kanzler-Diktatorin” diffamierte. Laut Höcke würde „unser Volk ausgenommen […] wie eine Weihnachtsgans”. Er forderte eine „neue vaterlandsliebende Elite” und ein „Heimatrecht in der Mitte Europas”.
Offensiver trat an diesem Tag Gauland auf. Dieser rechtfertigte erneut seine Äußerungen im Zusammenhang mit dem Fußballspieler Jérôme Boateng und verwies dabei auf „die vornehmen Viertel” in Hamburg („Die wollen alle keine Flüchtlinge”). Im April dieses Jahres hatten Anwohnende des Björnsonweges in Hamburg Blankenese versucht den geplanten Bau einer Unterkunft für Geflüchtete zu verhindern.
Während seiner Rede wiederholte er mehrfach die Parole „Heute sind wir tolerant und morgen fremd im eigenen Land”. Dieser Slogan ist im gleichen Wortlaut von der NPD bekannt und wird vom Verfassungsschutz Bayern als „typisches Redemuster der rechtsextremistischen Szene” bezeichnet.
Laut Gauland gebe es Menschen, die nicht integrierbar seien, da diese „nicht in diese Gesellschaft und in diese Kultur passen”. Er habe „Zweifel bei Menschen”, „die nun mal die Kaaba umrunden”.
Man müsse anerkennen, dass „die deutsche Leitkultur, die entscheidende in diesem Lande ist und alles andere sich unterzuordnen hat”.
Er sehe darüber hinaus einen „Versuch das deutsche Volk allmählich zu ersetzen durch eine aus allen Teilen dieser Erde herbeigekommenen Bevölkerung”.
Als letzter Redner griff auch Kalbitz eine rechte Parole auf: „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen”. Mit diesem Slogan sorgte die rechtsextreme Kleinpartei „Der III. Weg” zuletzt für Schlagzeilen, da diese Droh-Postkarten an Flüchtlingsinitiativen und Politiker versandte. Kalbitz war nach Informationen des rbb ebenfalls Mitglied in dem von Altnazis gegründeten Verein „Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit“ e. V., dessen erklärtes Ziel die „Sicherung eines wahren deutschen Geschichtsbildes“ sei, „insbesondere [bezüglich der] Zeit vor 1945“. Der Verein steht außerdem in Verbindung mit der ebenfalls von ehemaligen NSDAP- und SS-Mitgliedern gegründeten „Gesellschaft für freie Publizistik“, der nach Angaben des Verfassungsschutzes größten rechtsextremen „Kulturvereinigung“ der Bundesrepublik.
Christoph Berndt, Vorsitzender des Vereins „Zukunft Heimat“, griff am Rande der Kundgebung das Flüchtlingsthema mit dem Schild mit der Aufschrift „Massenzuwanderung ist auch Völkermord” auf. Der Verein führt seit Oktober 2015 Demonstrationen in Südbrandenburg gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung durch, an der u. a. Kalbitz als Redner auftrat und ehemalige Mitglieder der verbotenen extrem rechten Gruppierung „Spreelichter” teilnahmen. Der Verfassungsschutz vermutet eine „Beteiligung von ehemaligen Mitgliedern“ eben dieser Gruppe an der „Produktion oder Verbreitung von Mobilisierungsvideos” des Vereins.
Am 4. Juni werden Gauland, Höcke und Kalbitz neben Jörg Meuthen, André Poggenburg und Thomas Tillschneider auf dem rechtsaußen Treffen der AfD-internen Gruppe „Der Flügel” am Kyffhäuser-Denkmal in Thüringen als Redner erwartet.
Dazu erklärt der Pressesprecher des Bündnisses, Janek Lassau: „In den letzten Wochen ist es immer wieder zu rassistisch motivierten Übergriffen in der Stadt gekommen. Vorfälle, wie der am Montag vergangener Woche, haben es sogar in die überregionale Berichterstattung geschafft. Doch diese Aufmerksamkeit hat in Frankfurt (Oder) bisher nicht dazu beitragen, dass seitens der Stadt eine Antwort auf die Frage gefunden wurde, wie diesem rassistischen Klima eine Kultur der Menschlichkeit und des Antirassismus‘ entgegengesetzt werden kann.“
Solche Übergriffe wie in der vergangenen Woche fallen nicht einfach vom Himmel, sondern sind Ausdruck von Alltagsrassismus. Die aktuelle Politik in Bezug auf Geflüchtete schafft einen geeigneten Hintergrund, vor dem rassistische Gewalt entsteht.
So erschreckend dieser Angriff auch ist, spiegelt er doch den traurigen Alltag Frankfurts und Brandenburgs wieder, in dem sich Geflüchtete oftmals wiederfinden. Ebenso schockiert es uns, dass Menschen, welche Courage zeigen, rassistischer Hetze widersprechen oder sich für Geflüchtete engagieren, Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt sind.
„Was Frankfurt jetzt braucht, ist eine konsequente antirassistische und solidarische Gegenkultur. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen aufgrund ihres Aussehens als „anders“ und „minderwertig“ markiert und deswegen beleidigt oder angegriffen werden.“, so Lassau weiter.
Wir, das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“, fordern eine ausdrückliche und nachhaltige Unterstützung jener, die sich für Geflüchtete und Betroffene rechter Gewalt einsetzen! Wenn wir menschenverachtende Stimmung nicht als solche identifizieren, kann sie sich entfalten und weiter verschärfen. Antirassistische und interkulturelle Initiativen bedürfen Unterstützung; Geflüchtete müssen verstärkte Solidarität erfahren – denn oft sind sie es, die nach der Fluchterfahrung hier unter Ausgrenzung, Hass und Angst um ihre körperliche Unversehrtheit fürchten müssen.
Eine demokratische Zivilgesellschaft muss für ihre Werte einstehen und diese auf die Straße tragen. Wir laden daher alle Demokrat*innen ein, an der Kundgebung am 03. Juni teilzunehmen, um Solidarität mit Geflüchteten und Betroffener rechter Gewalt zu zeigen.
Seit Jahren gibt es wieder eine steigende Anzahl von Menschen, die aufgrund von Kriegen, Klimawandel oder durch politische und religiöse Verfolgung ihre Wohnorte überall auf der Welt verlassen müssen. Viele von ihnen sehen ihre Zukunft oder zumindest einen Zufluchtsort, in Europa – und einige auch hier in Deutschland. Tausende sterben jedes Jahr auf der Flucht, vor allem im Mittelmeer und an anderen Außengrenzen Europas. Gerade Deutschland hat sich durch die sogenannte Dritt-Staaten-Regelung und die faktische Abschaffung des Asylrechts nach den Pogromen in den 90er Jahren stark abgeschottet. Deutschland als einer der größten Waffenexporteure der Welt trägt entscheidend Verantwortung für bewaffnete Konflikte in der Welt.
Die menschenfeindliche Politik der Regierungen der großen Industriestaaten, aber auch die ungerechten Produktionsbedingungen, Eigentumsverhältnisse und die ungleiche Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, zerstören somit die Zukunft von Millionen von Menschen. Flucht und Vertreibung sind nur ein Ausdruck davon. Auch wenn der oder die Einzelne daran vielleicht erst einmal nicht viel ändern kann, können wir alle dieser Ungerechtigkeit unsere Solidarität entgegenstellen. Menschenunwürdige Massenunterbringungen in Turn‑, Fabrik- und Lagerhallen sind traurige Realität der deutschen Flüchtlingspolitik. Stigmatisierung geflüchteter Menschen durch Medien, Politik und Rechtspopulismus tragen ihren Teil dazu bei, dass Rassist*innen Hetzjagden auf vermeintlich oder tatsächlich geflüchtete Menschen organisieren.
Die jüngsten Ereignisse in Frankfurt (O.) zeigen, wie sehr Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der deutschen Gesellschaft verankert sind. Eine Gesellschaft, in der Hetzjagden auf geflüchtete Menschen durch vermeintliche Passanten bejubelt und beklatscht werden, ist nicht zu tolerieren. Lasst uns dieses Umfeld der Ablehnung und der Missgunst bekämpfen. Haltet eure Augen und Ohren offen! Bei rassistischen Sprüchen, Anmachen oder Angriffen ist es zwingend notwendig einzugreifen und den Mund aufzumachen.
Zeigt euch solidarisch und heißt Geflüchtete willkommen! Setzt euch ein gegen Vorurteile und Rassismus! Kommt zur Kundgebung des Bündnis Kein Ort für Nazis in Frankfurt Oder am Freitag den 03.06. um 16:30 am alten Kino/Haltestelle Zentrum in der Heilbronner Straße.