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Antifaschismus

Niemand ist vergessen! Nichts ist vergeben!

Am 20. Feb­ru­ar jährt sich der Todestag des alter­na­tiv­en Jugendlichen Sven Beuter zum 21. Mal. Er wurde in der Nacht des 15. Feb­ru­ar von einem bis heute beken­nen­den Neon­azi der­art schw­er zusam­mengeschla­gen, dass er fünf Tage später seinen Ver­let­zun­gen erlag. Im ver­gan­genen Jahr organ­isierten wir eine über­re­gionale antifaschis­tis­che Gedenkdemon­stra­tion mit cir­ca 250 Teilnehmer_innen. Wir zogen laut­stark durch Bran­den­burg an der Hav­el und macht­en deut­lich, dass wir wed­er Sven Beuter vergessen noch den verurteil­ten Totschläger Sacha L. vergeben wer­den. L. nimmt bis heute regelmäßig an neon­azis­tis­chen Demon­stra­tio­nen und Kundge­bung in der ganzen Bun­desre­pub­lik teil und provozierte gemein­sam mit anderen Neon­azis wieder­holt Teilnehmer_innen der Gedenkveranstaltungen*.

20.02.1996. Niemand ist vergessen! Nichts ist vergeben!
Gedenken an den von einem Nazi getöteten Sven Beuter in Bran­den­burg an der Havel.

In diesem Jahr haben wir uns nach rei­flich­er Diskus­sion dafür entsch­ieden keine Demon­stra­tion oder eine von Rede­beiträ­gen durch­zo­gene Kundge­bung abzuhal­ten, denn diese wür­den sich inhaltlich wieder­holen, denn wir alle wis­sen, warum Sven Beuter ster­ben musste: Er passte nicht in das neon­azis­tis­che Welt­bild des Täters. Er entsch­ied sich für einen eige­nen Lebensweg, färbte sich seine Haare bunt, liebte Punk- sowie Met­all­musik und war regelmäßiger Gast in dem ehe­mals beset­zen Haus in der Klosterstraße.
 
Wir haben uns daher entschlossen uns am 20. Feb­ru­ar um 19 Uhr an der Gedenkplat­te zu tre­f­fen und an ihn zu erin­nern. Ziel ist es gemein­sam ins Gespräch zu kom­men, mit alten Weggefährt_innen, mit jun­gen Antifaschist_innen, mit Passant_innen, um sich auszu­tauschen und eben jenen Men­schen die Möglichkeit zu geben sich zu äußern, die sich nicht trauen einen Rede­beitrag zu hal­ten. Des Weit­eren kann so jede_r Teilnehmer_in auf seine_ihre Weise Sven Beuter gedenken. Dies ist auch für uns ein Ver­such, das Gedenken weit­er zu entwick­eln. Während wir im ver­gan­genen Jahr Par­al­le­len zu den 1990er Jahren zogen, in denen der Totschlag einen Wen­depunkt markierte, gilt es nun in die Zukun­ft zu schauen und neue Konzept zu entwick­eln, wie wir uns mit den erstark­enden bürg­er­lichen Rassist_innen und Neon­azis auseinan­der­set­zen, wir Über­grif­f­en auf antifaschis­tis­che Struk­turen und geflüchtete Men­schen begegnen.
 
Wir wer­den Sven Beuter niemals vergessen, denn sein Leben erin­nert uns daran, wohin die neon­azis­tis­che Ide­olo­gie führt – zum Mord an Menschen!
Wir wer­den Sascha L. niemals vergeben, denn wer nicht bereut und stattdessen sein Opfer ver­höh­nt ver­di­ent keine Vergebung!
 
+++ Tre­ff­punkt: 20. Feb­ru­ar 2017 – 19 Uhr – Havel­straße 15 +++
 
* Da auch in diesem Jahr mit Pro­voka­tio­nen durch die örtliche Neon­aziszene zu rech­nen ist, soll­tet ihr die Augen offen hal­ten und entste­hende Hand­lungsspiel­räume effek­tiv nutzen.
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(Anti-)Rassismus

Rathenow: Bürgerbündnis Chef solidarisierte sich mit Höcke

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Am Dien­stagabend beteiligten sich an ein­er Ver­samm­lung der recht­en Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ unge­fähr 25 Per­so­n­en. Diese stammten aus dem Umfeld des Vere­ins, dem Berlin­er BÄRGIDA e.V. sowie der Grup­pierung „N.S Havelland“.
Die Ver­anstal­tung wurde nach dem üblichen Modus abge­hal­ten. Es wur­den vier Rede­beiträge zu den PEGI­DA-The­men gehal­ten und dazwis­chen einzelne Pro­pa­gan­davideos gezeigt.
Der Vere­insvor­sitzende des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ sol­i­darisierte sich in seinem State­ment jedoch auch mit dem umstrit­te­nen Thüringer AfD Frak­tionsvor­sitzen­den Björn Höcke und dessen Dres­den­er Rede, in dem das Berlin­er Denkmal für ermorde­ten Juden Europas als „Denkmal der Schande“ im Herzen der Haupt­stadt beze­ich­net wurde.
Zu einem kurzen Tumult kam es dann gegen Ende der Ver­anstal­tung. Ein ange­blich betrunk­en­er Mann wollte ein Ange­bot des „Bürg­er­bünd­niss­es“ zum Dia­log wahrnehmen. Da er aber anscheinend alko­holisiert war, wurde ihm das zunächst zugesicherte Red­erecht ver­wehrt. Es kam zu  Hand­grei­flichkeit­en, welche die kurzzeit­ige, polizeiliche Fest­set­zung des Mannes zur Folge hatte.
Offen­bar eben­falls alko­holisiert trat­en drei bekan­nte Sym­pa­thisan­ten der Grup­pierung „N.S Havel­land“ auf. Sie zeigten sich mit ein­er schwarzen Fahne und skandierten Neon­azi­parolen. Nach der Beendi­gung der Ver­anstal­tung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ ver­sam­melten sich  die Drei und eine weit­ere Per­son an der Rathenow­er Haup­tkreuzung, betranken sich und gröl­ten wiederum Parolen des neon­azis­tis­chen Milieus.
Fotos: hier

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration

Diskriminierung erkennen und bekämpfen. Eine Handreichung für Vermieter*innen, Beratungsstellen und Betroffene

Die Antidiskri­m­inierungs­ber­atung Bran­den­burg der Opfer­per­spek­tive e.V. veröf­fentlicht eine Han­dre­ichung zu diskri­m­inieren­den Prax­en auf dem Woh­nungs­markt, mit der sie Vermieter*innen, Beratungsstellen und Betrof­fene über Rechts­grund­la­gen und Hand­lungsmöglichkeit­en informieren und bestärken will, gegen diese Diskri­m­inierun­gen vorzugehen.
Für die Broschüre „Ras­sis­mus auf dem Woh­nungs­markt. Diskri­m­inierung erken­nen und bekämpfen. Eine Han­dre­ichung für Vermieter*innen, Beratungsstellen und Betrof­fene“ legte die ADB Bran­den­burg gängige
Diskri­m­inierungsmuster dem Berlin­er Büro für Recht und Wis­senschaft zur juris­tis­chen Prü­fung und Bew­er­tung vor. Neben ein­er genauen juris­tis­chen Einord­nung einzel­ner Diskri­m­inierungstatbestände bietet die Broschüre weit­erge­hende Infor­ma­tio­nen zum Umgang mit Ras­sis­mus auf dem Woh­nungs­markt und soll bei allen Beteiligten Rechtssicher­heit und damit Hand­lungssicher­heit fördern.
„Ras­sis­mus und Diskri­m­inierun­gen sind auch auf dem Woh­nungs­markt all­ge­gen­wär­tig. Wohnen ist ein grundle­gen­der und sehr sen­si­bler Lebens­bere­ich. Wenn Men­schen Wohn­raum ver­weigert wird oder sie in ihrem Wohnum­feld belei­digt oder bedro­ht wer­den, wird Ras­sis­mus zur per­ma­nen­tem All­t­ags­be­las­tung oder gar zur Exis­tenzbedro­hung,“ betont Ing­mar Pech von der ADB Bran­den­burg die Notwendigkeit, ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung auf dem Woh­nungs­markt kon­se­quent zu begegnen.
Sowohl in Bran­den­burg wie bun­desweit sind Geflüchtete, Men­schen mit Migra­tions­geschichte, Schwarze Deutsche und Sin­ti und Roma von ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung auf dem Woh­nungs­markt betrof­fen. Ihnen wird oft keine Woh­nung ver­mi­etet, sie zahlen höhere Mieten oder Betrieb­skosten oder wer­den von ein­er feindlich eingestell­ten Nach­barschaft schikaniert und aus dem Haus verdrängt.
Woh­nungs­bauge­sellschaften, Genossen­schaften, Ver­mi­etungs­büros und Vermieter*innen haben eine große gesellschaftliche Ver­ant­wor­tung, aktiv für ein diskri­m­inierungssen­si­bles Kli­ma einzutreten
und diskri­m­inieren­des Ver­hal­ten zu beseitigen.
„Unter den Bedin­gun­gen der gegen­wär­tig ver­schärften ras­sis­tis­chen Diskurse in der Öffentlichkeit und ein­er drama­tis­chen Verteilung­sprob­lematik angesichts knap­pen Wohn­raumes an manchen Orten
ist es notwendig, einen gemein­samen Prozess in Gang zu set­zen, um Diskri­m­inierung aller Art auf dem Woh­nungs­markt zu bekämpfen. Mit unser­er Han­dre­ichung wollen wir hier­für Infor­ma­tio­nen und Anre­gun­gen liefern und an Vermieter*innen appel­lieren, die Gle­ich­be­hand­lung aller Mieter*innen und Wohnungsbewerber*innen zu garantieren,“ skizziert Ing­mar Pech die gegen­wär­tige Her­aus­forderung auf dem Wohnungsmarkt.
Hier nun der Link zur Broschüre:Ras­sis­mus auf dem Wohnungsmarkt

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Antifaschismus

Pure NS-Ideologie

INFORIOT Der Cot­tbusser Recht­san­walt Olaf Klemke vertei­digt im Münch­en­er NSU-Prozess bekan­ntlich den Angeklagten Ralf Wohlleben. Zum Wohlleben-Vertei­di­gung­steam gehören dazu das ehe­ma­lige NPD-Mit­glied Nicole Schnei­ders, der ehe­ma­lige “Wiking-Jugend”-Anführer Wol­fram Nahrath und aushil­f­sweise auch der (eben­falls in Cot­tbus ansäßige) Neon­azi Maik Bunzel.
Klemke, Schnei­ders und Nahrath haben am Mittwoch (25. Jan­u­ar) im Prozess einen Beweisantrag gestellt, der vor neon­azis­tis­ch­er Ide­olo­gie trieft. Ein Sachver­ständi­ger möge bestellt wer­den, so der Antrag, um festzustellen, dass das deutsche Volk dabei sei, auszuster­ben. Schuld seien Zuwan­derung und Geburten­rate. Bei Wohlleben wurde einst ein Feuerzeug gefun­den, auf dem die Parole “Volk­stod stop­pen” gedruckt war. Laut Beweisantrag sei diese Parole nicht als “aus­län­der­feindlich” zu werten, son­dern nichts als die Wahrheit:
Sich für den Erhalt seines Volkes […] einzuset­zen ist nicht nur ver­fas­sungsrechtlich garantiert son­dern erlaubt es auch, sich gegen das allmäh­liche Ver­schwinden seines Volkes und sich dabei auch gegen einen massen­haften Zuzug von Nicht­deutschen zu wen­den. Dies ist wed­er „ras­sis­tisch”, auch nicht „insti­tu­tionell ras­sis­tisch”, was immer diese poli­tis­chen Totschlag­be­griffe auch bein­hal­ten mögen, son­dern fol­gt zwan­g­los jen­er ver­fas­sungs­gemäßen Pflicht zur Iden­titätswahrung. […] Aus der Parole „Volk­stod stop­pen” kann nach alle­dem nicht auf eine aus­län­der­feindliche Ein­stel­lung des Her­rn Wohlleben geschlossen wer­den, schon gar nicht auf einen auf Tötung von Aus­län­dern gerichteten Hass.
Die Rede vom “Volk­stod” ist eines der zen­tralen Schlag­wörter im derzeit­i­gen mil­i­tan­ten Neon­azis­mus. Die entsprechende “Volkstod”-Kampagne wurde von den bran­den­bur­gis­chen “Spreelichtern” ges­tartet. Der 2012 ver­bote­nen Grup­pierung stand aus­gerech­net der Cot­tbusser Anwalt und Wohlleben-Aushil­fsvertei­di­ger Maik Bun­zel nahe — unter anderem als Musik­er für das Neon­azipro­jekt “Has­s­ge­sang”.
So deut­lich wie mit dem aktuellen Beweisantrag hat die Vertei­d­i­ung im NSU-Prozess bish­er sel­ten erken­nen lassen, dass sie selb­st neon­azis­tis­chem Gedankengut nach­hängt. Der Beweisantrag wurde im Gerichtssaal von Olaf Klemke vor­ge­tra­gen. Aus Protest gegen diese Pro­pa­gan­da ver­ließen etliche Nebenklage-Vertreter*innen den Ver­hand­lungssaal.
Neben­klägervertreterin Seda Basay-Yildiz kom­men­tierte: „Logis­che Kon­se­quenz dessen, was in diesem Antrag vertreten wird, ist die mil­lio­nen­fache Vertrei­bung von Men­schen aus Deutsch­land – oder ihre Ermor­dung, wie es der NSU getan hat.“

So präsenitert sich Olaf Klemke auf seiner Homepage. Screenshot: olaf-klemke.de
So präsen­tiert sich Olaf Klemke auf sein­er Home­page. Screen­shot: olaf-klemke.de

Dass aus­gerech­net der Cot­tbusser Klemke den Antrag im Gericht vorstellte und mit­trug, ist insofern inter­es­sant, als das dieser sich im Gegen­satz zu den anderen Wohlleben-Verteidiger*innen bish­er nicht als Neon­azi ver­standen wis­sen wollte. Im Inter­view mit der “Lausitzer Rund­schau” betonte Klemke 2013, dass er jedes Man­dat annehme, und darum eben auch Rechte vertei­di­ge. Ein Sze­nean­walt sei er deshalb nicht: “Ich lehne diese Zuschrei­bung ab.” Auch mit dem Begriff “Neon­azi” habe er Prob­leme: “Weil alles, was sich rechts von CDU/CSU bewegt, gle­ich als Neon­azi beze­ich­net wird. Ich habe in meinem Leben aber sel­ten echte Neon­azis getrof­fen.” Sich selb­st ver­ste­he Klemke als “Patri­oten”.
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Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Potsdam

Am 27.1.2017 ver­sam­melten sich ca. 120 Antifaschist_innen am Mah­n­mal für die Opfer des Faschis­mus am Platz der Ein­heit in Pots­dam und gedacht­en gemein­sam an die Befreiung von Auschwitz vor 72 Jahren und die Ver­brechen Nazideutschlands.
Der Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes, Bund der Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten Pots­dam hielt dabei einen Rede­beitrag, der an die Entste­hung des KZ’s aber auch die Entwick­lung und Zus­pitzung des Anti­semitismus im dama­li­gen Deutsch­land erin­nerte und die Zuhörer_innen auf­forderte solche Zustände niemals wieder zuzulassen.
Darauf­fol­gend ver­lass ein Mit­glied des Rollerder­by-Teams Pots­dam einen sehr per­sön­lichen Rede­beitrag, der vor allem Frauen in den Konzen­tra­tionslagern und ganz beson­ders zwei Widerstandkämpfer_innen aus Auschwitz gewid­met war, die mit ihrer Arbeit bei einem Auf­s­tand dazu beitru­gen ein Kre­ma­to­ri­um zu spren­gen und damit zumin­d­est das Mor­den zu verlangsamen.
Nach einem kurzen Gedicht und ein­er Schweigeminute zogen die Teil­nehmende dann zum Sow­jet­fried­hof am Bass­in­platz um nach einem kurzen Musik­stück, den dort begrabenen Soldat_innen der Roten Armee zu gedenken und an ihren his­torischen Sieg über Nazideutsch­land zu erin­nern. Auch wurde in ein­er Rede der Emanzi­pa­torischen Antifa Pots­dam deut­lich gemacht, dass Erin­nern und Gedenken ger­ade in Zeit­en eines wach­senden Neo­faschis­mus und Recht­spop­ulis­mus immer auch den alltäglichen Kampf und die Auseinan­der­set­zung beinhaltet.
Im Anschluss daran fand im KuZe noch einen Infor­ma­tionsver­anstal­tung des Rollerder­by-Teams Pots­dam mit der His­torik­erin Susanne Willems statt, die für die Anwe­senden die Geschichte des Konzen­tra­tionslagers Auschwitz beein­druck­end und detail­re­ich nachzeichnete.
Judith Block von der EAP sagte vor allem im Hin­blick auf die große Beteiligung:
“Antifaschis­tis­che Gedenkkul­tur ist in Pots­dam ein wichtiger Teil für unser Selb­stver­ständ­nis und das Gedenken an die Ver­brechen des NS bleiben uns Mah­nung und Verpflich­tung. Wir wer­den dafür ein­treten und kämpfen, dass sich dies niemals wieder­holen kann. Egal ob Nazi­parteien wie NPD, der dritte Weg, freie Kam­er­ad­schaften oder die Faschis­ten von der AfD. Wir wer­den auch 2017 entschlosse­nen Wider­stand leisten!

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Antifaschismus

Märkische Skinheads” wollen Konzert in „Mitteldeutschland“ veranstalten

20170325_brdINFORIOT Unter dem Mot­to „furor teu­ton­i­cus“ wird zurzeit ein Neon­azikonz­ert mit vier Bands in “Mit­teldeutsch­land” bewor­ben. Hin­ter dem Event, das am 25. März stat­tfind­en soll, ste­ht ver­mut­lich eine Bran­den­burg­er Struk­tur. Ein­er der angekündigten Bands wer­den Kon­tak­te zum NSU-Kern­trio nachge­sagt. Die Bewer­bung des Konz­ertes erfol­gt auf inter­nen Kanälen — auf einem entsprechen­den Fly­er prangt der Warn­hin­weis: “Keine Veröffentlichung!”
Band mit NSU-Kontakt
Für die Ver­anstal­tung sind drei Recht­srock-Bands “und eine weit­ere” angekündigt: “Blutzeu­gen” aus Sach­sen, die den Ham­mer­skins nah­este­hen­den “D.S.T.” („Deutsch, Stolz, Treue“) aus Berlin und “White Resis­tance” (über­set­zt: “weißer Wider­stand”) aus dem Kreis Zwickau.
Nach Infor­ma­tio­nen des Infokollek­tivs G3 gehört “White Resis­tance” zum Spek­trum der ver­bote­nen „Blood & Hon­our Divi­sion Deutsch­land“, einem Net­zw­erk, welch­es das NSU-Trio unter­stützt haben soll. Der Bands wird sog­ar nachge­sagt, Kon­tak­te zu den 1998 unter­ge­taucht­en Uwe Böhn­hardt, Uwe Mund­los und Beate Zschäpe besessen zu haben.
Als Haupt­band dürfte beim geplanten Konz­ert hinge­gen die Band “Blutzeu­gen” die meis­ten Inter­essierten anlock­en. Die Met­al­core­band gilt seit ihrem 2014 erschiene­nen Album “Völkisch Ortho­dox” als eine der pop­ulärsten jün­geren Bands in der mil­i­tan­ten Neon­aziszene. Die Berlin­er “D.S.T.” hinge­gen sind Vet­er­a­nen. 1995 erschien der erste Ton­träger der Band um Sänger Peter B. Mehrere “D.S.T.”-CDs sind strafrechtlich rel­e­vant, sie enthal­ten volksver­het­zende, den Nation­al­sozial­is­mus glo­ri­fizierende und anti­semi­tis­che Liedtexte.
Die Recht­srock-Con­nec­tion um die “Märkischen Skin­heads 88”
Auf dem Fly­er zur geplanten Ver­anstal­tung prangt das Logo der bran­den­bur­gis­chen Neon­azi-Gruppe „MS88“ („Märkische Skin­heads 88“). Die “MS88” dürften also hin­ter der Organ­i­sa­tion des Konz­erts ste­hen. Als wichtige Fig­ur in diesem Zusam­men­hang gilt der Vel­tener NPD-Stadtverord­nete Robert Wolin­s­ki, der in der Ver­gan­gen­heit für die “MS88” als Konz­er­tan­melder fungierte. Nach eige­nen Angaben ver­ste­hen sich die „MS88“ als „Label und Ver­anstal­tungs­di­enst“, der neben einzel­ner Konz­erte auch Touren mit deutschen und inter­na­tionalen Bands aus­richtet, sowie entsprechen­des Mer­chan­dis­ing vertreibt. Neuerd­ings führt “MS88” auf Face­book auch Fanzine-artige Inter­views mit Bands und Kün­stlern der Recht­srock-Szene. Jüngst inter­viewten “MS88” beispiel­sweise den Pots­damer Uwe „Uwocaust“ Men­zel, eine zen­trale Fig­ur der Recht­srock-Szene in Brandenburg.
Zumin­d­est, was den Ver­trieb von neon­azis­tis­chen Liedgut ange­ht, geri­et Robert Wolin­s­ki bere­its in der Ver­gan­gen­heit ins Visi­er von Ermit­tlungs­be­hör­den. Im Zuge der Ermit­tlun­gen wegen indiziert­er Ton­träger gegen „D.S.T“ wurde ein CD-Depot in ein­er Garage von Robert Wolin­s­ki in Vel­ten aus­ge­hoben. Dort wur­den ver­sand­fer­tige CDs von D.S.T. beschlagnahmt. Weit­ere Ton­träger verkaufte er über das neon­azis­tis­che „Thiazi“-Forum.

Härtester Neonazismus: Cover von Veröffentlichungen von "Blutzeugen", "D.S.T." und "White Resistance" - diese Bands sollen am 25. März auftreten
Härtester Neon­azis­mus: Cov­er von Veröf­fentlichun­gen von “Blutzeu­gen”, “D.S.T.” und “White Resis­tance” — diese Bands sollen am 25. März auftreten

Ver­anstal­tung­sort wird geheimgehalten
Wo das aktuelle Konz­ert am 25. März genau stat­tfind­en soll, ist bish­er nicht bekan­nt. Erst nur eine unge­fähre Ort­sangabe zu nen­nen (“Mit­teldeutsch­land”), ist eine gängige Vorge­hensweise im kon­spir­a­tiv agieren­den Neon­azi-Musik­busi­ness. Wer im Vorverkauf eine Karte erste­ht, wird unmit­tel­bar vor dem Konz­ert an einen Schleusungspunkt gelotst und erst dort über den tat­säch­lichen Aus­rich­tung­sort informiert. Auf diese Art und Weise kam auch das Schweiz­er Konz­ert vor allem Bran­den­burg­er Bands im ver­gan­genen Okto­ber zus­tande, bei dem 5.000 Neon­azis zu Gast waren. Zulet­zt ver­suchte Wolin­s­ki im ver­gan­genen Juni, ein Konz­ert auf dem Neon­azigelände in Finow­furt auszurichten.
Inter­na­tionale Kontakte
Szenekenner_innen gehen davon aus, dass Robert Wolin­s­ki inter­na­tionale Recht­srock-Szene-Kon­tak­te pflegt, unter anderem zu den mil­i­tan­ten Net­zw­erken „Blood & Hon­our“ und „Ham­mer­skins“. Zusam­men mit dem NPD-Funk­tionär Maik Schnei­der, der sich derzeit für den Brand der Nauen­er Turn­halle in Pots­dam vor Gericht ver­ant­worten muss, nahm Wolin­s­ki im Feb­ru­ar 2014 an dem „Day of Hon­our“ in Budapest teil. Die Ver­anstal­tung find­et jährlich statt in Gedenken an die „Kesselschlacht“ von Budapest 1945, bei der SS-Sol­dat­en gemein­sam mit faschis­tis­chen ungarischen Ein­heit­en erfol­g­los ver­sucht­en, dem Kessel der Roten Armee zu ent­fliehen. Der Auf­marsch wurde in der Ver­gan­gen­heit von „Blood & Hon­our“ organisiert.
Jüngst bewar­ben die “MS88” auch eine “Hammerskins”-Veranstaltung in Schwe­den. Inter­na­tionale Recht­sRock-Bands trat­en wiederum bei Ver­anstal­tun­gen der “MS88” auf. Im Dezem­ber des ver­gan­genen Jahres ver­anstal­teten sie eine „Lit­tle-Pussy-Tour“ für die schwedis­che Recht­srock-Band „Pit­tbull­farm“ durch die Bun­desre­pub­lik. Auch Uwe Men­zel begleit­ete die Tour mit seinen musikalis­chen Projekten.
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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Solidarität statt Angst!

Etwa 120 schwarz gek­lei­dete und ver­mummte Neon­azis zogen am ver­gan­genen Fre­itag den 13.01.2017 unangemeldet durch die Cot­tbuser Innen­stadt. Sie zün­de­ten Pyrotech­nik und hin­ter­ließen auf der Route frem­den­feindliche Fly­er. Dieses mar­tialis­che Auftreten sollte eigene Stärke ver­mit­teln und die Cot­tbuser Zivilge­sellschaft, vor allem Migrant*innen und Antifaschist*innen, einschüchtern.
Recht­sruck in Cottbus
Die NPD hat in Cot­tbus an Bedeu­tung ver­loren. Das wird jedes Jahr an der abnehmenden Zahl der Teil­nehmenden bei ihrer Aktion anlässlich des 15. Feb­ru­ar deut­lich. Trotz gescheit­ertem NPD-Ver­botsver­fahren sehen wir uns mit einem viel größeren Prob­lem kon­fron­tiert – ein Recht­sruck, der auch in Cot­tbus deut­lich zu spüren ist. Die Strate­gie der NPD zum Erlan­gen der poli­tis­chen Macht in Deutschland(1), scheint derzeit eine Umset­zung zu erfahren – allerd­ings nicht mit ihrer Partei in führen­der Posi­tion. Im „Kampf um die Par­la­mente“ ist die AfD erfol­gre­ich­er als die NPD jemals zuvor. Den „Kampf um die Köpfe“ führen die soge­nan­nten „Identitären“.(2) Dem „Kampf um die Straße“ haben sich die mask­ierten Nazis am 13.01. in Cot­tbus ver­schrieben. Ähn­lichkeit­en zur 2012 ver­bote­nen „Wider­stands­be­we­gung Süd­bran­den­burg“ („Spreelichter“) wur­den sichtbar.
Defend Diver­si­ty – Vielfalt verteidigen!
Der spon­tane Auf­marsch von Neon­azis darf nicht als Einzelphänomen betra­chtet wer­den. Er ist Aus­druck ein­er recht­en Eskala­tion­sstrate­gie, die sich aus einem in der Gesellschaft weit ver­bre­it­eten Frem­den­hass und Autori­taris­mus speist. Das Zusam­men­wirken rechter Kräfte auf ver­schiede­nen Ebe­nen bedeutet eine große Gefahr. Sie wollen eine Monokul­tur, die keine Entwick­lung mehr zulässt. Deswe­gen rufen wir alle dazu auf: lasst uns die Vielfalt vertei­di­gen – Defend Diver­si­ty! Antifaschis­mus ist heute so notwendig wie schon lange nicht mehr. Engagiert euch! Redet mit euren Fre­un­den und Nach­barn! Bildet eigene Grup­pen und Struk­turen. Dem Recht­sruck kön­nen wir nur mit ein­er bre­it­en Bewe­gung der gegen­seit­i­gen Sol­i­dar­ität entgegentreten.
Wir vom Bünd­nis „Cot­tbus Naz­ifrei“ und „Cot­tbus beken­nt Farbe“ wollen auch in diesem Jahr am 15. Feb­ru­ar wieder ein Zeichen set­zen. Kommt zu unser­er Demon­stra­tion und set­zt euch gemein­sam mit uns für ein vielfältiges und lebenswertes Cot­tbus ein!
Infos: Cot­tbus Naz­ifrei | Face­book: Cot­tbus stellt sich quer 
(1)Vier-Säulen-Konzept: Konzept zum Erwirken der poli­tis­chen Macht, wobei es ver­schiedene „Kämpfe“ gle­ichzeit­ig zu führen gilt: 1. Kampf um die Par­la­mente, 2. Kampf um die Straße, 3. Kampf um die Köpfe, 4. Kampf um den organ­isierten Willen. Mehr dazu 
(2)„Identitäre Bewe­gung“: neu-rechte Jugend­be­we­gung, die ver­sucht, den Recht­sex­trem­is­mus zu mod­ernisieren; Erken­nungsmerk­mal: Slo­gan „Defend Europe“, für Cot­tbus abge­wan­delt zu „Defend Cot­tbus“. Mehr dazu 

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Antifaschismus

Rathenow: Rechtes „Bürgerbündnis“ veranstaltete „Reichsgründungsfeier“

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Mit ein­er Ver­samm­lung am Bis­mar­ck­turm in Rathenow hat die rechte Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ am Sam­sta­gnach­mit­tag an die Grün­dung des zweit­en Deutschen Reich­es vor 146 Jahren erin­nert. An der Ver­anstal­tung nah­men acht Per­so­n­en teil. Sym­bol­isch wurde ein Kranz niedergelegt und ein Rede­beitrag durch den Vere­insvor­sitzen­den gehal­ten. Während der Zer­e­monie wur­den u.a. eine des Kön­i­gre­ichs Preußen (1701–1918) und eine schwarz-weiß-rote Fahne, die sowohl im Kaiser­re­ich von 1871–1918, als auch zum Beginn der NS Dik­tatur in Deutsch­land (1933–1935) Staats­flagge war, gezeigt.
AfD auf Dis­tanz zum „Bürg­er­bünd­nis“?
Zu der Ver­samm­lung am Bis­mar­ck­turm in Rathenow hat­te ursprünglich die recht­spop­ulis­tis­che „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD) während ein­er Kundge­bung am Mon­tag, dem 16. Jan­u­ar 2017, in Pots­dam aufgerufen. Par­al­lel dazu wurde auf der Inter­net­seite der „Jun­gen Alter­na­tive Bran­den­burg“ (JA) zu ein­er Ver­anstal­tung zum The­ma: „146 Jahre Deutsch­land“ ein­ge­laden. Den genauen Ort und die Zeit wollte die Organ­i­sa­tion jedoch nur auf Anfrage mit­teilen. Ein bekan­nter Geschicht­sre­vi­sion­ist war als Ref­er­ent angekündigt.
Einen Tag nach der Kundge­bung der AfD in Pots­dam kündigte der Vor­sitzende des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land eV“ während ein­er Ver­samm­lung sein­er Organ­i­sa­tion in Rathenow eben­falls eine Ver­anstal­tung zum 146. Jahrestag der Grün­dung des zweit­en deutschen Reich­es, als „Reichs­grün­dungs­feier“, an.
Einen Tag vor der geplanten Kundge­bung am Sam­sta­gnach­mit­tag verkün­dete die JA dann — über­raschen­der weise — an, Zeit und Ort der Ver­samm­lung ver­legt zu haben. Die Ver­anstal­tung soll stattdessen, auch unter Beteili­gung eines Rathenow­er AfD Funk­tionärs, der bish­er dem Bürg­er­bünd­nis nahe stand, auf einem Fried­hof in Berlin-Span­dau zele­bri­ert wor­den sein.
Das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ blieb in Rathenow hinge­gen unter sich und zog nur Teilnehmer_innen an, die bish­er haupt­säch­lich auf den regelmäßi­gen Ver­anstal­tun­gen dieser Vere­ini­gung anzutr­e­f­fen waren.
Tra­di­tion „Reichs­grün­dungs­feier“
Der Reichs­grün­dungstag erin­nert an die Kaiser­prokla­ma­tion am 18. Jan­u­ar 1871 im Spiegel­saal von Ver­sailles und der damit assozi­ierten Errich­tung des zweit­en deutschen Reich­es. Obwohl das Reich bere­its am 1. Jan­u­ar 1871 ver­fas­sungsrechtlich gegrün­det wurde, wurde for­t­an jedoch die Aus­ru­fung Wil­helm I. zum deutschen Kaiser als offizieller Grün­dungstag des neuen deutschen Staates zelebriert.
Diese Tra­di­tion set­zte sich auch während der Weimar­er Repub­lik und bis in die Anfangszeit des Nation­al­sozial­is­mus, des „drit­ten Reich­es“, fort.
Nach 1945 spielte der „Reichs­grün­dungstag“ dann nur noch in poli­tisch recht­en Zirkeln und in Burschen­schaften eine Rolle.
Die neon­azis­tis­che NPD und ihre Unteror­gan­i­sa­tio­nen ver­anstal­teten in den ver­gan­genen Jahren immer wieder so genan­nte „Reichs­grün­dungs­feiern“.
Am 18. Jan­u­ar 2002 sollen beispiel­sweise ca. 100 Neon­azis an ein­er solchen Feier in Hei­desee OT Frieder­s­dorf (Land­kreis Dahme-Spree­wald) teilgenom­men haben. Die Ver­samm­lung soll, laut Angaben des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes, der zu diesem Zeit­punkt gemein­same NPD Lan­desver­band Berlin-Bran­den­burg aus­gerichtet haben. Der Geheim­di­enst sah in der dama­li­gen Feier den Ver­such eines Ersatzge­denkens für strafrechtlich rel­e­vante Ver­samm­lun­gen zur die Grün­dung des „drit­ten Reich­es“ (30. Jan­u­ar 1933).
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Das Doppelspiel des Spreelichter-Netzwerks in Südbrandenburg

Im Ver­gle­ich zu anderen ost­deutschen Städten ist es der recht­en Szene in Cot­tbus in den let­zten zwei Jahren nicht gelun­gen, einen Pegi­da-Ableger zu etablieren. Umso mehr sind jet­zt viele von dem mar­tialis­chen recht­en Auf­marsch am Fre­itag den 13. Jan­u­ar 2017 über­rascht und fordern Aufk­lärung. Dazu soll im Fol­gen­den beige­tra­gen werden.
Aufmarsch am 13. Januar in CottbusWas ist passiert?
Am Fre­itag ver­sam­meln sich kurz vor 22 Uhr etwa 120 Per­so­n­en vor dem Landgericht Cot­tbus. Sie sind ein­heitlich schwarz gek­lei­det, tra­gen Stur­m­masken und führen ein Ban­ner mit der Auf­schrift „Cot­tbus vertei­di­gen!“ mit sich. Die Ver­mummten ziehen von der Gerichtsstraße über die Sandow­er Straße und den Alt­markt in die Einkauf­s­meile Sprem­berg­er Straße. Der Marsch führt direkt an der Syn­a­goge am Schloßkirch­platz vor­bei. An der Spitze des Zugs sind während des Auf­marsches rote Ben­gal­fack­eln entzündet.
Gerufen wer­den die Parolen „Hier marschiert die deutsche Jugend“, „Wider­stand“ und „Nafris raus“, Fly­er mit der Über­schrift „Cot­tbus Nafrifrei“ auf den Boden gewor­fen. Es gibt eine Ord­ner­struk­tur und mehrere Per­so­n­en, die fil­men. Am Sprem­berg­er Turm teilt sich der Zug auf und die Neon­azis ver­schwinden in Autos. Die Polizei wird von Anwohner­In­nen alarmiert und kann im Umfeld nur drei Per­so­n­en im Alter von 39 bis 41 Jahren fest­stellen, die sie der recht­sex­tremen Szene zuordnet.
Wer steckt hin­ter dem Aufmarsch?
Durch die Ver­mum­mung, die fehlende Anmel­dung und den Verzicht auf Fah­nen ist nicht offen­sichtlich, wer hin­ter dem Auf­marsch steckt. Das inter­na­tionale Recht­saußen­por­tal „Bre­it­bart News“ schreibt schlicht von „masked Ger­mans“, aber etwas genauer darf es schon sein. Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Schröter (SPD), die Polizei und diverse Lokalme­di­en haben sich hier bere­its ver­sucht. Die Inter­pre­ta­tio­nen gehen — richtiger­weise — in Rich­tung Iden­titäre, Spreelichter und die rechte Fußball­fan­szene von Energie Cot­tbus. In der Lausitzer Rund­schau leg­en sich „Szeneken­ner“ allerd­ings ander­weit­ig fest:
„Mit­glieder der vor Jahren ver­bote­nen Neon­azi­gruppe ‚Spreelichter‘ als Urhe­ber der jüng­sten Aktion in Cot­tbus hal­ten Szeneken­ner für unwahrschein­lich, eben­so eine Verbindung zur neurecht­en ‚Iden­titären Bewe­gung‘, die oft mit dem Begriff ‚vertei­di­gen‘ operiert. Diese zahlen­mäßig sehr kleine, eher intellek­tuelle Gruppe hat­te bish­er ihre Aktio­nen immer mit einem klaren öffentlichen Beken­nt­nis ver­bun­den. Ende August 2016 hissten sie Ban­ner am Bran­den­burg­er Tor. Ver­mummte, anonyme Ver­samm­lun­gen passen, so die Ein­schätzung aus Sicher­heit­skreisen, nicht zum Selb­stver­ständ­nis der Gruppe.“
Der Marsch in der SpremEin Ein­druck ergibt sich bei der Betra­ch­tung der Veröf­fentlichun­gen zu dem Auf­marsch. Die ersten Bilder wer­den von dem Nutzer „cb_nafrifrei“ um 23:30 bei reddit.de online gestellt. Um 23:49 wird auf der Face­book­seite von „Ost­thürin­gen unzen­siert“ exk­lu­siv ein Video veröf­fentlicht, das auf Höhe der ADAC-Geschäftsstelle in der Sprem­berg­er Straße aufgenom­men wurde. Um 00:24 veröf­fentlicht der User „down_my_couch“ ein Video auf Twit­ter, mit einem Blick­winkel aus Rich­tung der Syn­a­goge am Schloßkirch­platz. Der Kom­men­tar „Weiß wer, wie viele das waren?“ soll den Ein­druck erweck­en, dass der User ein Unbeteiligter ist. Dieses Mate­r­i­al wird am näch­sten Mor­gen über rechte Twit­ter- und Face­book-Accounts weit­er­ver­bre­it­et, etwa „Asyl­hütte in Pots­dam — Kannste knick­en!“, „Hei­de­nau zeigt wie’s geht“ und „Asyl­hütte in Ket­zin — Kannste knicken!“.

Chronologie der Berichte über den Marsch
Chronolo­gie der Berichte über den Marsch

Die zeitliche Nähe und die exk­lu­sive Veröf­fentlichung der Bilder und Videos von Grup­pen aus anderen Städten und Regio­nen leg­en den Schluss nahe, dass dahin­ter eine über­re­gion­al ver­net­zte Struk­tur steckt. Im extrem recht­en Spek­trum von Cot­tbus kom­men dafür die NPD und das ver­botene Spreelichter-Net­zw­erk in Frage. Weil die NPD Cot­tbus sich erst rel­a­tiv spät auf ihrer Face­book­seite äußerte, und sich außer­dem von der Aktion wenig begeis­tert zeigte, kann sie wohl aus­geschlossen werden.
Bericht von Black Legion
Bericht von Black Legion

Inter­es­sant ist, dass auf der Face­book­seite des neon­azis­tis­chen Mod­e­la­bels „Black Legion“ am Sam­stag eben­falls Bilder vom Auf­marsch an der Oberkirche und am Sprem­berg­er Turm veröf­fentlicht wur­den, die bis dahin nicht im Umlauf waren. Die Mode­marke wird von einem Neon­azi ver­trieben, der sich bei Face­book „Tom Rausch“ nen­nt. In Cot­tbus läuft der Verkauf über den neon­azis­tis­chen „Dev­ils Right Hand Store“ von Mar­tin Sei­del. Auf sein­er Face­book­seite beken­nt sich Rausch zum Spreelichter-Net­zw­erk und zeigt seine Ablehnung gegenüber dem „Staatskon­strukt“ NPD. Der Post zum Auf­marsch auf der Face­book­seite von „Black Legion“ wird gelöscht, kurz nach­dem er bei „Laut gegen Nazis“ the­ma­tisiert wird. Auf der pri­vat­en Face­book­seite von Rausch ist er weit­er­hin sichtbar.
Tom Rausch posiert mit Defend Cottbus
Tom Rausch posiert mit Defend Cottbus

„Defend Cot­tbus“ – Das Mot­to für den Ausnahmezustand
Der Spruch auf dem Front­trans­par­ent „Vertei­digt Cot­tbus!“ ist die deutsche Über­set­zung von „Defend Cot­tbus“. Aufk­le­ber mit diesem Slo­gan wer­den mas­siv seit Juli 2016 in Cot­tbus und Umge­bung verklebt. Auch im Zusam­men­hang mit dem Über­fall auf den Club Chekov am 23. Sep­tem­ber 2016 taucht­en die Aufk­le­ber auf. Ent­wor­fen und ver­bre­it­et wer­den diese maßge­blich über eine Struk­tur, die sich auf Insta­gram mit dem Pro­fil „Unser_Ursprung“ präsen­tiert. Die dort oft erst­mals veröf­fentlicht­en Grafiken wer­den sowohl von Anhän­gerIn­nen der Iden­titären als auch von zahlre­ichen Neon­azis für ihre Social-Media-Pro­file ver­wen­det. Auch „Tom Rausch“ posiert auf sein­er Face­book­seite mit einem „Defend Cot­tbus“ Aufkleber.
 Marcel Forstmeier vor dem Kanzleramt
Mar­cel Forstmeier vor dem Kanzleramt

Fotos auf Unser_Ursprung
Fotos auf Unser_Ursprung

Posting von Unser_Ursprung
Post­ing von Unser_Ursprung

Die Art der Ver­net­zung, der grafis­che Stil und die ver­wen­dete Sprache des Pro­fils „Unser_Ursprung“ lassen auf den Grafikde­sign­er Mar­cel Forstmeier schließen. Der Lübbe­nauer war bis zum Ver­bot 2012 ein Organ­isator und Kopf des Spreelichter-Net­zw­erks. Forstmeier hat am 21. Dezem­ber 2016 vor dem Kan­zler­amt in Berlin die neurechte Kundge­bung von „Ein Prozent“ (unter den Teil­nehmern Alexan­der Gauland, Björn Höcke und Götz Kubitschek) abfo­tografiert. Ein Bild aus sein­er Posi­tion wurde später auch auf der Insta­gram-Seite von „Unser_Ursprung“ veröf­fentlicht. Auf einem Bild sind beim genauen Blick seine Hände wiederzuerkennen.
Der Cot­tbusser Masken-Auf­marsch ist Teil ein­er Kam­pagne, um Cot­tbuser Neon­azis in eine Art Kampf­modus zu ver­set­zen – die Marke „Defend Cot­tbus“ beziehungsweise „Vertei­di­ge Cot­tbus“ soll als Kürzel dieser Kam­pagne etabliert wer­den. Ein Resul­tat: in den let­zten Monat­en wur­den immer wieder Per­so­n­en, die nicht ins rechte Welt­bild passen, ange­grif­f­en. Gle­ichzeit­ig wer­den Straftat­en durch ver­meintliche Aus­län­der oder Flüchtlinge beson­ders stark aus­geschlachtet, um der ras­sis­tis­chen Para­noia Nahrung zu geben. Para­dox­er­weise freut sich der Twit­ter-User „down_my_couch“ über die erhöhte Polizeipräsenz, obwohl sich diese vor allem gegen ihn und seine Kam­er­aden richtet.
Bürg­er­lichkeit und Straßenterror
Die Neon­azis fahren nicht nur eine Strate­gie des Straßen­ter­rors zur Ein­schüchterung poli­tis­ch­er Geg­ner­In­nen in Cot­tbus, son­dern zudem eine Art Kuschelkurs mit „Zukun­ft Heimat e.V.“ im Spree­wald. Dieser Vere­in hat seit Ende 2015 gegen die Unter­bringung von Flüchtlin­gen mobil gemacht. Mit 500 Teil­nehmern am 31. Okto­ber 2015 in Lübbe­nau richtete der Vere­in eine der größten recht­en Demon­stra­tio­nen  in Bran­den­burg der let­zten Jahre aus.
Anne Haberstroh bei der Identitären-Blockade-Aktion in Berlin
Anne Haber­stroh bei der Iden­titären-Block­ade-Aktion in Berlin

Mar­cel Forstmeier und das Spreelichter-Net­zw­erk ver­suchte sich bei diesen asylfeindlichen Demon­stra­tio­nen zwar im Hin­ter­grund zu hal­ten. Eine Nähe gibt es den­noch. Seit­dem dieser Zusam­men­hang öffentlich gemacht wurde, führt der Vere­in Aktions­for­men wie Fahrrad­ko­r­sos für Rad­wege und ähn­liche The­men durch. Auf diese Weise wollen die Vere­insvor­sitzen­den Christoph Berndt, Anne Haber­stroh und der AfD-Bürg­er­meis­terkan­di­dat Mar­i­an von Stürmer ver­mut­lich das Brandze­ichen ein­er für das neon­azis­tis­che Spek­trum offe­nen Organ­i­sa­tion loswer­den. Dass die Verbindung zu Mar­cel Forstmeier und dem Spreelichter-Net­zw­erk anhält, zeigt das gemein­same Auftreten von Neon­azi Forstmeier und Zukun­ft-Heimat-Vor­sitzen­der Haber­stroh im Umfeld der Block­ade der CDU-Zen­trale in Berlin durch Mit­glieder der Iden­titären am 21. Dezem­ber 2016.
Robert Timm auf Twitter zum Marsch in Cottbus
Robert Timm auf Twit­ter zum Marsch in Cottbus

Während Mar­cel Forstmeier den Polizeiein­satz abfilmte, stand Anne Haber­stroh am Rand und beobachtete die Szener­ie. Bere­its im Sep­tem­ber 2016 besucht­en die bei­den eine Ver­anstal­tung des recht­en Com­pact-Mag­a­zins in Berlin. Auf dem Podi­um saß neben Jür­gen Elsäss­er, Götz Kubitschek und Mar­tin Sell­ner auch der Iden­titären-Aktivist Robert Timm. Dieser studiert und wohnt in Cot­tbus und hat sich über seinen Twit­ter­ac­count „Schinkel_IB“ pos­i­tiv zum Cot­tbusser Masken-Auf­marsch geäußert. Dass er und andere iden­titäre Struk­turen an der Organ­i­sa­tion und Durch­führung direkt beteiligt waren, lässt sich bish­er nicht feststellen.
Faz­it
Die Frage, ob der Nazi­auf­marsch am 13. Jan­u­ar 2017 auf das Kon­to rechter Fußball­fans, der Spreelichter oder der Iden­titären geht, führt in die Irre. Zwis­chen diesen Struk­turen der recht­en Szene gibt es zu große ide­ol­o­gis­che und per­son­elle Über­schnei­dun­gen. Sie arbeit­en zusam­men, weil das aktuelle poli­tis­che Kli­ma ihnen Erfolge ver­spricht. Vor allem die „Spreelichter“ und die Anführer der Gruppe „Infer­no Cot­tbus“ sind schon seit Beginn ihres Beste­hens sehr stark ver­bun­den. Trotz Sta­dion­ver­botes bes­timmt „Infer­no“ immer noch maßge­blich die Stim­mung in der Fan­szene des FC Energie. Der Rück­griff von Forstmeier und dem Spreelichter-Net­zw­erk auf Sym­bole und The­men der Iden­titären bietet ihnen die Möglichkeit, in anderem Gewand die bis zu ihrem Ver­bot ver­fol­gte Strate­gie eines pop­kul­turell ver­mark­teten Faschis­mus fortzuset­zen. Um ein möglichst bre­ites Spek­trum zu erre­ichen und eine möglichst große Wirkung zu erzie­len, chang­ieren sie dabei zwis­chen sehr unter­schiedlichen Aktionsformen.
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Antifaschismus Sonstiges

Potsdamer Beratungsbüro für Betroffene von rassistischer Diskriminierung eröffnet

Pots­dam — Die beim Vere­in Opfer­per­spek­tive e.V. angesiedelte
Antidiskri­m­inierungs­ber­atung eröffnete heute ein Beratungs­büro für
Betrof­fene von ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung. In einem Pressegespräch
stellte der Vere­in die Arbeit des Beratungs­büros vor und Ursu­la Löbel,
Lei­t­erin der Ser­vices­telle „Tol­er­antes und Sicheres Pots­dam“ überreichte
den Förderbescheid.
„Mit dem Beratungs­büro bieten wir Betrof­fe­nen von rassistischer
Diskri­m­inierung aus Pots­dam einen leichteren Zugang zu Beratungs- und
Unter­stützungsmöglichkeit­en an. Außer­dem kön­nen wir uns inten­siv­er an
den örtlichen Aktiv­itäten gegen Ras­sis­mus beteili­gen. Als vor allem
lan­desweit tätige Organ­i­sa­tion beschre­it­en wird damit einen neuen Weg“,
so Judith Porath, Geschäfts­führerin der Opferperspektive.
Während des Gespräch­es betonte Ursu­la Löbel, dass die Unterstützung
eines lokalen Beratungs­büros dazu beiträgt, die Selb­stverpflich­tung der
Lan­deshaupt­stadt Pots­dam im Rah­men der Europäis­chen Städtekoalition
gegen Ras­sis­mus umzuset­zen, Opfer von Ras­sis­mus bess­er zu unterstützen.
Das Büro befind­et sich in den Räu­men des Vere­ins Opfer­per­spek­tive in der
Rudolf-Bre­itscheid-Str. 164 in Potsdam-Babelsberg.

v.l.n.r. Judith Porath (Geschäftsführerin Opferperspektive e.V.), Hai Blum (Mitarbeiterin BleibNet ProQuali), Ursula Löbel (Leiterin der Servicestelle Tolerantes und Sicheres Potsdam), Marcus Reinert (Berater Antidiskriminierungsberatung)
v.l.n.r. Judith Porath (Geschäfts­führerin Opfer­per­spek­tive e.V.), Hai
Blum (Mitar­bei­t­erin Bleib­Net Pro­Quali), Ursu­la Löbel (Lei­t­erin der
Ser­vices­telle Tol­er­antes und Sicheres Pots­dam), Mar­cus Rein­ert (Berater
Antidiskri­m­inierungs­ber­atung)

Beratung­ster­mine kön­nen tele­fonisch unter 0331 – 58 10 76 76 oder per
E‑Mail unter antidiskriminierung@opferperspektive.de vere­in­bart werden.
Kon­takt: Mar­cus Rein­ert, 0175 – 211 58 28
Inforiot