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Antifaschismus Gender & Sexualität

FLTI-Räume sind notwendig!

Zur Notwendigkeit von cis-Typen-freien Räu­men zur Selb­stre­flex­ion und als Empowerment
Gegen­wär­tig ver­anstal­ten wir eine Tour unter dem Namen “Skills for Inter­ven­tion”, in deren Rah­men Ver­anstal­tungswoch­enen­den in ver­schiede­nen Städten Bran­den­burgs stat­tfind­en. Es geht primär darum Frauen­Les­ben­TransIn­ter zu empow­ern und ihnen Räume zu eröff­nen, in denen sie sich trauen Dinge auszupro­bieren, die in der weib­lichen Sozial­i­sa­tion klas­sis­cher­weise nicht erlernt wer­den und/oder nicht zu den gesellschaftlichen Vorstel­lun­gen passen, „wie eine Frau zu sein hat“. Hierzu gehören ins­beson­dere tech­nis­che Fähigkeit­en, wie sie bei diversen prax­isori­en­tierten Work­shops erlernt wer­den kön­nen, oder aber selb­st­be­wusstes Auftreten und das Aufzeigen von Gren­zen, wie zum Beispiel im Work­shop zum Ver­anstal­tungs- und Projektschutz.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ohne cis-männliche# Präsenz und Blicke die Hemm­schwelle, zu sich zu ste­hen und sich auszupro­bieren, viel geringer ist. Außer­dem gibt es Work­shops, in denen es um den Aus­tauschen über Erfahrun­gen mit Sex­is­mus und mit sex­u­al­isiert­er Gewalt geht. Hier­für ist es notwendig, sicherere Räume zu schaf­fen. Meis­tens sind cis-Män­ner diejeni­gen, von denen sex­u­al­isierte Gewalt aus­ge­ht, weswe­gen ihr Auss­chluss für die Schaf­fung von Schutzräu­men bei diesen The­men wichtig ist.
Wir find­en es wichtig, sich an eini­gen Punk­ten solche geschützten Räume (auch gegen Wider­stand) anzueignen, um im Anschluss, durch den Aus­tausch und das Empow­er­ment untere­inan­der gestärkt, wieder herauszutreten.
Unter einem Sys­tem, dass alle Men­schen in nur zwei Kat­e­gorien, näm­lich “Mann” und “Frau”, ein­teilt und diesen ganz bes­timmte Eigen­schaften zuschreibt, lei­den natür­lich auch cis-Män­ner. Denn auch ihnen will dieses Sys­tem vorschreiben, wie sie sich ver­hal­ten sollen und wie sie ausse­hen müssen, was sie gut kön­nen und was sie auf gar keinen Fall tun dür­fen. Allerd­ings kön­nen wir dabei nicht vergessen, dass dieses Sys­tem eben im Ungle­ichgewicht zugun­sten von cis-Män­nern beste­ht: alles was mit Vorstel­lun­gen von Männlichkeit verknüpft wird, ist höher bew­ertet oder bess­er bezahlt. Daher haben cis-Män­ner, trotz ihrer eige­nen Betrof­fen­heit von Sex­is­mus, eben auch Priv­i­legien inne. Und auch sich selb­st als fem­i­nis­tisch beze­ich­nende cis-Män­ner kön­nen (unbe­wusst) patri­ar­chale Struk­turen repro­duzieren und dadurch anwe­sende Frauen­Les­ben­TransIn­ter einschränken.
Daher begrüßen wir es sehr, wenn sich cis-Typen inten­siv mit der ihnen zugewiese­nen Geschlechter­rolle sowie den sich daraus ergeben­den Ein­schränkun­gen und Priv­i­legien beschäfti­gen und find­en Work­shops zu z.B. kri­tis­ch­er Männlichkeit eine pri­ma Sache. Aber wir als Frauen*-Gruppe haben keine Lust, solch einen Work­shop für cis-Män­ner zu organ­isieren. Ein­mal, weil ein Teil der weib­lichen Sozial­i­sa­tion die Zuschrei­bung der Pflegerolle ist („Frauen küm­mern sich“) und wir diese nicht ständig repro­duzieren wollen. Ander­er­seits erwarten wir von kri­tis­chen cis-Män­nern, dass sie sich selb­st ihre Räume schaf­fen und sich selb­st um ihre Reflex­ion küm­mern. Wir ver­mit­teln gerne Kon­takt zu Men­schen, die solche Work­shops zu kri­tis­ch­er Männlichkeit anbi­eten, aber wir wer­den das nicht organ­isieren. Weil Sex­is­mus uns alle bet­rifft, soll­ten wir uns auch alle damit auseinan­der­set­zen und diese Auseinan­der­set­zung nicht wieder denen über­lassen, die stärk­er davon betrof­fen sind.
Wir haben den Sex­is­mus in dieser Gesellschaft noch lange nicht über­wun­den und solange das so ist, wollen und brauchen wir unbe­d­ingt cis-Typen-freie Räume und mehr wirk­lich kri­tis­che cis-Män­ner! YEAH!
#cis beze­ich­net das Gegen­teil von trans und meint, dass eine Per­son das Geschlecht haben möchte, das ihr bei der Geburt zugeschrieben wurde.
Mit dem * wollen wir deut­lich machen, dass die jew­eils markierten Beze­ich­nun­gen alle diejeni­gen meinen, die sich selb­st in ihnen verorten.

Unser Workshopreihe "Skills for Intervention" ist derzeit in Brandenburg unterwegs.
Unser Work­shoprei­he “Skills for Inter­ven­tion” ist derzeit in Bran­den­burg unterwegs.

Mehr Infos zur Work­shoprei­he find­et ihr unter www.fabb.antifa.cc/
P.S. Das queer_topia*Workshop-Kollektiv bietet z.B. Work­shops zu Kri­tis­ch­er Männlichkeit an
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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Kontinuität des Terrors

Die Angeklagten im Nauen-Prozess ver­suchen, sich als größ­ten­teils unpoli­tisch darzustellen. Dabei han­delt es sich um organ­isierte Neon­azis, ein­er von ihnen ist sog­ar ein vorbe­strafter Rechtsterrorist.
Nur aus dem Suff her­aus, aus Frust, ohne große Ideen dahin­ter und bes­timmt nicht aus Ras­sis­mus – wortre­ich ver­suchen die Neon­azis aus Nauen und Umge­bung, ihre Tat­en kleinzure­den. Fast alle der sechs Män­ner, die zurzeit vor dem Landgericht Pots­dam unter anderem wegen Bil­dung ein­er krim­inellen Vere­ini­gung angeklagt sind, bemühen sich, ihr Han­deln zu bagatel­lisieren. Haup­tan­klagepunkt neben etlichen kleineren Tat­en ist der Bran­dan­schlag auf eine Turn­halle im August 2015 in Nauen, die als Unterkun­ft für Geflüchtete genutzt wer­den sollte. Die ras­sis­tis­che Dimen­sion dieser Tat spielt jedoch im Prozess bish­er kaum eine Rolle. Staat­san­waltschaft und Richter hak­en nicht nach, arbeit­en Ide­olo­gie und Motive der Ter­ror­tat­en nicht her­aus. So dro­ht unpoli­tisch und als Ver­fehlung zu wirken, was real hoch­poli­tisch ist.
Alle der sechs Angeklagten beteiligten sich vor und par­al­lel zu ihrer Anschlagsserie im Laufe des Jahres 2015 an den Protesten gegen Flüchtlinge. So liegt es nahe, dass sie ihre Tat­en als mil­i­tan­ten Beitrag zu diesen ras­sis­tis­chen Protesten ver­standen. Der NPD-Kad­er und Haup­tangeklagte Maik Schnei­der mag der Anführer der Gruppe gewe­sen sein – aktiv und getrieben vom Ras­sis­mus waren sie alle.
Im Havel­land gibt es eine regel­rechte Kon­ti­nu­ität des Ter­rors. Schon 1992 zün­de­ten zwei Rechte ein Flüchtling­sheim in Ket­zin an, 44 dort unterge­brachte Men­schen befan­den sich in Lebens­ge­fahr. Am Ende des späteren Prozess­es gegen die Täter erschien dieser Bran­dan­schlag vor allem als eine unpoli­tis­che Hand­lung. Der Richter stellte in sein­er Urteils­be­grün­dung nicht etwa den Ras­sis­mus als zen­trales Tat­mo­tiv her­aus, son­dern die „unbe­friedigte Leben­shal­tung“ der Angeklagten.

Thomas E. - Angeklagter im Nauen-Prozess mit T-Shirt zum Gedenkmarsch für deutsche und ungarische Soldaten.
Thomas E. — Angeklagter im Nauen-Prozess mit T‑Shirt zum Gedenkmarsch für deutsche und ungarische Soldaten.

Ein­er der Angeklagten im derzeit­i­gen Nauen-Prozess ist Thomas E., geboren 1986. Bei sein­er Ein­las­sung vor Gericht unter­strich E., dass er kein son­der­lich poli­tisch denk­ender Men­sch sei. An ein­er Mit­glied­schaft in der NPD habe er beispiel­sweise nie Inter­esse gehabt. Vor allem sei er ein langjähriger und loyaler Fre­und des Haup­tangeklagten Maik Schnei­der. Allen­falls habe er mal Fly­er verteilt und nahm an eini­gen Vor­bere­itungstr­e­f­fen für Demon­stra­tio­nen teil. Seinen Farbbeutel­wurf auf ein Büro der Linkspartei erk­lärte er so: Im Anschluss an einen Kneipenbe­such und mit geschätzten acht Hal­blitern Bier und ein paar Schnäpsen im Blut habe er „die Idee mit den Farbbeuteln“ ganz ein­fach „lustig“ gefun­den. In diesem Zus­tand, so E., sei „poli­tis­che Ein­stel­lung nicht rel­e­vant“ gewesen.
Thomas E. ist bei weit­em nicht die Rand­fig­ur, als die er sich darstellt. Er ist ein verurteil­ter Recht­ster­ror­ist, der bei „Freiko­rps Havel­land“ aktiv war. Zwis­chen 2003 und 2004 über­zog die Gruppe die Region mit ein­er Welle ras­sis­tis­ch­er Bran­dan­schläge, um das Havel­land „von Aus­län­dern zu säu­bern“. Ins­ge­samt zehn Anschläge auf Imbisse gin­gen auf ihr Kon­to. Zu den elf ermit­tel­ten Tätern gehörte auch Thomas E. Über min­destens neun Monate war er Mit­glied des „Freiko­rps Havel­land“, an zwei Tat­en war er direkt beteiligt. Wegen Grün­dung und Beteili­gung an ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung wurde er 2005 zu ein­er Jugend­strafe von einem Jahr und vier Monat­en zur Bewährung verurteilt.
Auch damals insze­nierte sich Thomas E. als unpoli­tis­che Rand­fig­ur. Nur wegen sein­er Fre­und­schaft zum „Freikorps“-Anführer Christo­pher H. habe er sich an den Anschlä­gen beteiligt – von der Grün­dung der Gruppe habe er eigentlich nichts mit­bekom­men. Er habe seine „Fre­unde“ nicht ver­lieren wollen, deren „recht­es Gesabbel“ aber nicht geteilt. Vor Gericht schenk­te man ihm wei­thin Glauben. E. sei „kein­er fes­ten recht­sex­tremen oder aus­län­der­feindlichen Gesin­nung ver­haftet“, hieß es in der dama­li­gen Urteilsbegründung.
Seit dem Freiko­rps-Prozess sind über zehn Jahre ver­gan­gen. In der Zwis­chen­zeit hat E. sich auch weit­er­hin in der Neon­aziszene herumgetrieben, die ihn auch zu inter­na­tionalen Zusam­menkün­ften von Neon­azis führte. Unter anderem nahm er 2014 an einem Gedenkmarsch für deutsche und ungarische Sol­dat­en des zweit­en Weltkrieges in Budapest teil, zur Ehrung jen­er, die sich „helden­mütig gegen die bolschewis­tis­che Rote Armee“ einge­set­zt hätten.
Indi­vidu­elle Lebens‑, Alko­hol- und Dro­gen­prob­leme sind keine aus­re­ichen­den Erk­lärun­gen für die Tat­en der Neon­azi-Gruppe – sie alle eint ein ras­sis­tis­ches Welt­bild. Abzuwarten bleibt, ob Richter und Staat­san­waltschaft im laufend­en Nauen-Prozess nach den Beweg­grün­den und poli­tis­chen Werdegän­gen der Angeklagten fra­gen. Die Ide­olo­gie und damit das Motiv der Grup­pen­tat­en gehören offen gelegt.
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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Sonderseite zum Nauen-Prozess

Am 24. Novem­ber begin­nt der Prozess gegen den NPD-Abge­ord­neten Maik Schnei­der sowie fünf weit­ere Neonazis.
In der Nacht zum 25. August 2015 zün­de­ten mut­maßliche Neon­azis um NPD-Kad­er Maik Schnei­der eine als Unterkun­ft für Geflüchtete geplante Turn­halle in Nauen an. Zuvor sollen die Täter*innen unter anderem Sprengstoff- und Bran­dan­schläge sowie Sachbeschädi­gun­gen began­gen haben.
Zusam­men mit dem Antifaschis­tis­chen Pressearchiv Pots­dam (apap) tra­gen wir alle Infor­ma­tio­nen rund um den Prozess und seinen Hin­ter­grün­den auf ein­er Son­der­seite zusam­men. Die Seite wird regelmäßig aktu­al­isiert. Die Son­der­seite find­et ihr unter inforiot.de/nauen-prozess. Außer­dem gibt es einen umfan­gre­ichen Press­espiegel des apap, den ihr hier find­et: inforiot.de/pressespiegel-nauen.

Alle Infos rund um den Prozess gegen Maik Schneider und fünf weitere Angeklagte.
Alle Infos rund um den Prozess gegen Maik Schnei­der und fünf weit­ere Angeklagte.
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Antifaschismus Gender & Sexualität

Regionale Zustände aufmischen: Skills for Intervention f * antifa_action!

stickerLinke und linksalter­na­tive Aktivist_innen ste­hen derzeit vor der großen Auf­gabe den ras­sis­tis­chen Vor­marsch zurück­zu­drän­gen. Viele neue und junge Men­schen haben sich entschlossen die Zustände nicht länger hinzunehmen und sich anti­ras­sis­tis­chen und antifaschis­tis­chen Kämpfen anzuschließen. In Zeit­en der ras­sis­tis­chen Mobil­isierung ist es beson­ders wichtig gezielt linke und linksalter­na­tive Aktivist_innen zu unter­stützen und zu ver­net­zen, um sich gemein­sam gegen die stets stärk­er wer­dende Rechte zu engagieren. Doch manch­mal fehlt das nötige Know-How, um die hiesi­gen Zustände effek­tiv aufzu­mis­chen. Dies soll mit der f_antifaschistischen Herb­stof­fen­sive ändern! Mit der “Skills for Intervention”-Tour kom­men wir in eure Stadt und unter­stützen euch mit einem prak­tis­chen Bil­dungsange­bot. Ziel ist es auf Bedürfnisse von lokalen Grup­pen und Akteur_innen einzuge­hen und mit vorhan­den­em Know-How erwün­schte Impulse zu setzen.
Antifa & Fem­i­nis­mus zusammenführen!
Wir wollen nicht nur ein prak­tis­ches Bil­dungsange­bot für Inter­ven­tio­nen in Bran­den­burg bieten. Wir stellen und ver­mit­teln einen Pool an Referent_innen für viel­seit­ige Work­shops, die nur von Frauen* und Trans* durchge­führt wer­den. Denn es ist in der antifaschis­tis­chen Szene lei­der keine Selb­stver­ständlichkeit, dass Work­shops von nicht cis-männlichen Men­schen durchge­führt wer­den. Mit den Work­shops wollen wir eine stärkere Sicht­bar­ma­chung dieser Men­schen als Macher_innen gewährleis­ten. In dem Pro­jekt sind die Work­shops for all* gen­der offen, es sei denn, es gibt in der Absprache explizite Wün­sche, bes­timmte Work­shops an fltiq* vor Ort zu richt­en. Zudem bieten wir nach Wun­sch im Rah­men der Work­shops fltiq*-Räume an, um sich über Sex­is­men in den eige­nen poli­tis­chen Struk­turen auszu­tauschen und Frauen und Trans* vor Ort zu empow­ern, zu unter­stützen und untere­inan­der zu ver­net­zen. Dies kann z.B. durch einen zusät­zlichen Work­shop, durch einen Kneipen­abend oder eine Par­ty real­isiert werden.
Die Woch­enen­den wer­den gemein­sam mit den Aktivist_innen vor Ort organ­isiert – ob eine Par­ty noch stat­tfind­et, sich Men­schen nur Work­shops oder nur ein fltiq* Cafe wün­schen – entschei­den vor allem die Per­so­n­en vor Ort, da sie die Expert_innen ihrer regionalen Zustände sind. Wir freuen uns auf jeden Fall auf einen heißen Herbst!
Wir kom­men in fol­gende Städte: 
29.10. — 30.10. Frank­furt Oder
12.11. — 13.11. Bernau
26.11. — 27.11. Cottbus
Weit­ere Städte fol­gen! Checkt fabb.antifa.cc

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Antifaschismus

Kein NPD Fest in Finowfurt

INFORIOT — Ein für ver­gan­genen Sam­stag (24. Sep­tem­ber) angekündigtes NPD-Fam­i­lien­fest auf dem Grund­stück des Neon­azis Klaus Mann in Finow­furt (Gemeinde Schorfhei­de) wurde durch die Bauauf­sicht des Land­kreis­es Barn­im unter­bun­den. Das verkün­dete der Lan­desver­band der Bran­den­burg NPD auf Face­book. Ein Ersat­zort sei nicht gesucht wor­den. Die Partei wolle juris­tisch gegen die Entschei­dung vorgehen.

Abgesagt: NPD jammert auf Facebook (Screenshot: inforiot)
Abge­sagt: NPD jam­mert auf Face­book (Screen­shot: inforiot)

Erst im Juni hat­te der Land­kreis Barn­im in ein­er Eilentschei­dung das „Son­nen­tanz-Fes­ti­val“, bei dem diverse neon­azis­tis­che Bands und Red­ner geladen waren, ver­boten. Damit set­zt die Ver­wal­tung ihre klare Lin­ie gegen den extrem recht­en Ver­anstal­tung­sort weit­er fort (Infori­ot und gegenrede.info berichteten). Zulet­zt kon­nte 2013 ein größeres Konz­ert auf dem Gelände stat­tfind­en. Das Bünd­nis Finow­furt Naz­ifrei hat­te mit 1.000 Men­schen die Zufahrtswege block­iert und damit die Anreise der Neon­azis erschw­ert. Bis dahin galt das Grund­stück als zen­traler Ver­anstal­tun­gort für neon­azis­tis­che Großver­anstal­tun­gen in Bran­den­burg, u.a. organ­sierten dort die DVU, später die Rechte sowie die NPD regelmäßig Feste und Konzerte.
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Antifaschismus Law & Order

NSU-Untersuchungsausschuss: Zusammenfassung der 2. Sitzung

Bei sein­er zweit­en Sitzung am Fre­itag, dem 9. Sep­tem­ber 2016, tagte der NSU-Unter­suchungsauss­chuss im bran­den­bur­gis­chen Land­tag zum ersten Mal öffentlich. Gehört wur­den zwei Sachver­ständi­ge. Die Pro­fes­soren referierten über die Sicher­heit­sar­chitek­tur und die Rechte und Pflicht­en von Sicher­heits­be­hör­den in Bran­den­burg. Im Land gibt es erhe­blichen Nach­holbe­darf, was die demokratis­che Kon­trolle der Geheim­di­en­ste und die klare Gestal­tung ihrer Befug­nisse ange­ht. Zur Prax­is der Ver­fas­sungss­chutzarbeit kon­nten die Sachver­ständi­gen keine Auskun­ft geben. Die Sitzung fand am Jahrestag des ersten tödlichen NSU-Anschlags gegen Enver ?im?ek vom 9. Sep­tem­ber 2000 in Nürn­berg statt.
Vor­trag von Prof. Alleweldt
Zuerst wurde Prof. Dr. Ralf Alleweldt gehört. Der 55-jährige lehrt Ver­fas­sungs- und Euro­parecht an der Fach­hochschule der Polizei in Oranien­burg. Alle seine bezo­gen sich auf die rechtlichen Grund­la­gen, nicht die tat­säch­lich umge­set­zte Praxis.
Auf­gabe des Ver­fas­sungss­chutzes sei es, Infor­ma­tio­nen über sicher­heits­ge­fährdende poli­tis­che Bestre­bun­gen zu sam­meln – dies bein­hal­tet, geht aber auch über strafrechtliche Aktiv­itäten hin­aus. Die Polizei sei für die Strafver­fol­gung und für die Ver­hin­derung von Straftat­en zuständig. Der Ver­fas­sungss­chutz sei also „Samm­ler, kein Jäger“. Zur Frage, ob der Ver­fas­sungss­chutz Infor­ma­tio­nen über bevorste­hende oder began­gene Straftat­en an die Polizei weit­er­leit­en darf oder muss, stün­den im ver­fas­sungsrechtlichen Rah­men zwei Prinzip­i­en in Konkur­renz. Das infor­ma­tionelle Tren­nung­sprinzip hält fest, dass Polizei und Ver­fas­sungss­chutz unter­schiedliche Auf­gaben haben und deshalb getren­nt zu agieren haben. Der Ver­fas­sungss­chutz samm­le frei und mit niedriger Schwelle sen­si­ble Dat­en – die zur Grun­drechtssicherung nicht ohne weit­eres bei der Polizei lan­den dürften. Dage­gen ste­ht das Prinzip der grun­drechtlichen Schutzpflicht­en: Der Staat sei verpflichtet, die kör­per­liche Unversehrtheit und das Leben sein­er Bürg­er zu schützen. „Quel­len­schutz“ für V‑Leute sei ein legit­imes Anliegen, er dürfe aber kein absolutes Gewicht haben. Spätestens wenn es um Leben­sret­tung gehe, habe der Quel­len­schutz zurück zustehen.
Alleweldt schlägt vor, dass die Weit­er­gabe von Infor­ma­tio­nen durch den Ver­fas­sungss­chutz nicht mehr im Ermessen der Behör­den liegen solle – das Ermessen kön­nte „auf Null“ reduziert werden.
Vor­trag von Prof. Wolff
Nach einem kurzen nicht-öffentlichen Teil der Sitzung fol­gte der Vor­trag von Prof. Dr. Hein­rich Amadeus Wolff. Der 51-jährige lehrt öffentlich­es Recht an der Uni­ver­sität Bayreuth. Er war schon in drei anderen NSU-Unter­suchungsauss­chüssen als Sachver­ständi­ger geladen und ver­tritt den BND und den Ver­fas­sungss­chutz, wenn diese von TKÜ-Betrof­fe­nen verk­lagt wer­den. Auch Wolff betonte die Tren­nung der Auf­gaben­bere­iche von Polizei und Ver­fas­sungss­chutz. Bran­den­burg würde in Bezug auf die par­la­men­tarische Kon­trolle des Ver­fas­sungss­chutzes nicht im Bun­de­strend liegen: „Sie hän­gen hier ein biss­chen hin­ter­her“. Der Ver­fas­sungss­chutz in Bran­den­burg sei – in der The­o­rie – so kon­stru­iert, dass er vor allem Infor­ma­tio­nen beschaf­fen solle und weniger oper­a­tive Befug­nisse habe.
Empfehlun­gen Wolffs bein­hal­ten eine Aktu­al­isierung des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzge­set­zes. Ins­beson­dere stark ein­greifende oper­a­tive Mit­tel – z.B. langfristige Obser­va­tio­nen oder der langfristige Ein­satz von V‑Leuten – müssen klar geregelt wer­den. Laut Wolff müssen die Befug­nisse des par­la­men­tarischen Kon­troll­gremi­ums drin­gend aus­geweit­et werden.
Fragerun­den
Nach ein­er Mit­tagspause stell­ten die Unter­suchungsauss­chuss­mit­glieder, in drei Fragerun­den, Fra­gen an die Sachver­ständi­gen. Vor allem Grü­nen-Abge­ord­nete Ursu­la Non­nemach­er fiel mit vie­len Fra­gen auf ver­suchte dabei offen­bar auszu­loten, wie die rechtlichen Möglichkeit­en für eine Über­tra­gung der Ver­fas­sungss­chutza­uf­gaben an die Polizei wären.
Volk­mar Schöneb­urg (Linke) fragte zu §138 des Strafge­set­zbuch­es und dessen Ver­hält­nis zum Quel­len­schutz. Auf die Frage, ob Anzeigepflicht auch bei Straftat­en, z.B. schw­er­er Raub, gilt antwortete Alleweldt , dass bei einem schw­eren Raub die Grun­drechte von Per­so­n­en stark ange­grif­f­en wären, die Schutzpflicht des Staates also greifen würde und somit eine Anzeigenpflicht bestünde. Wolff wider­sprach – als Behör­den­mi­tar­beit­er sei man verpflichtet, Infor­ma­tio­nen den inter­nen Regelun­gen gemäß weit­erzu­ver­ar­beit­en und weit­erzugeben. Wenn dadurch zum Beispiel ein schw­er­er Raub nicht ver­hin­dert werde, seien die Infor­ma­tion­sweit­er­gabe-Regeln grun­drechtswidrig, nicht aber das Ver­hal­ten des fraglichen Mitarbeiters.
Ursu­la Non­nemach­er (Grüne) fragte nach dem sehr weit­ge­hen­den Polizeige­setz in Bran­den­burg, dass den Ein­satz von V‑Leuten, verdeck­te Ermit­tlun­gen und vieles mehr erlaube. Sie fragt, ob der Ver­fas­sungss­chutz über andere Instru­mente ver­füge. Alleweldt antwortet, dass der Haup­tun­ter­schied in der Auf­gabenkon­tur liege: Die Ein­satzschwelle für den Ver­fas­sungss­chutz sei niedriger als bei der Polizei – die Mit­tel jedoch fast iden­tisch. Non­nemach­er fragte weit­er, ob die Instru­mente des Ver­fas­sungss­chutzes auf den polizeilichen Staatss­chutz über­tra­gen wer­den kön­nten, was der Staatss­chutz bräuchte, um den Ver­fas­sungss­chutz erset­zen zu kön­nen. Alleweldt antwortet, dass der Staatss­chutz die meis­ten dieser Befug­nisse schon habe – aber eben ein anderes Aufgabenprofil.
Non­nemach­er fragte nach §16 des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzge­set­zes, der bei der Über­mit­tlung von Infor­ma­tio­nen dem Ver­fas­sungss­chutz einen Ermessensspiel­raum zubil­ligt und wie dieser bess­er kon­trol­liert wer­den könne. Laut Alleweldt habe der Geset­zge­ber diesen Ermessensspiel­raum selb­st zuge­bil­ligt. Das Gesetz könne geän­dert wer­den, wenn seit­ens des Geset­zge­bers Änderungs­be­darf beste­ht. Alleweldt geht davon aus, dass der Ver­fas­sungss­chutz ein internes Regel­w­erk zur Ermessen­sausle­gung habe.
Non­nemach­er fragte, ob bei Erken­nt­nis­sen eines V‑Mannes – konkret Piat­to – über Waf­fen und Über­fälle nicht ein öffentlich­es Inter­esse vorgele­gen haben müsste. Für Alleweldt ist das Kri­teri­um der Erhe­blichkeit dabei erfüllt, ein Ermessensspiel­raum den­noch gegeben. Bei Waf­fen könne man unter­stellen, das Leben gefährdet sein kön­nten, was eine Infor­ma­tion­sweit­er­gabe begrün­den könne. Ob solch eine Entschei­dung zwin­gend gewe­sen wäre, könne er nicht beurteilen. Wolff wird konkreter „wenn es so war, wie sie bericht­en, dann hätte eine Über­mit­tlungspflicht bestanden.“
Zu den Sitzungs­the­men ist jüngst auch ein Gutacht­en des par­la­men­tarischen Beratungs­di­en­stes erschienen. Darin wird kri­tisiert, dass Bran­den­burg in Hin­blick auf eine „Mod­ernisierung der geset­zlichen Grund­la­gen des Ver­fas­sungss­chutzes“ und sein­er „par­la­men­tarischen Kon­trolle“ im bun­desweit­en Ver­gle­ich schlecht abschnei­det. https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/gu/22.pdf
Die näch­ste Sitzung find­et am 14. Okto­ber 2016 statt.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Kein Pogida-Comeback

INFORIOT Am Sam­stag sollte auf dem Pots­damer Luisen­platz die extrem rechte “Pogida”-Bewegung ein Come­back erleben – dies­mal als „Freie Patri­oten Pots­dam“. Dazu kam es nicht. Den nur rund 75 Neon­azis standen hun­derte Antifas und Pots­damer Bürger_innen gegenüber. Die ras­sis­tis­chen Reden bei der Ver­samm­lung der “Pots­damer Patri­oten” gin­gen im Lärm der Gegen­proteste kom­plett unter.

Graziani als Redner auf dem Luisenplatz
Graziani als Red­ner auf dem Luisenplatz

Großspurig kündigte der Mitor­gan­isator der recht­en Kundge­bung Eric Graziani Grün­wald im Vor­feld 700 Teil­nehmerIn­nen an. Zum Auf­takt gegen 14 Uhr waren nur rund 40 Per­so­n­en vor Ort und die Zahl wuchs erst allmäh­lich auf die let­ztlich 75 Per­so­n­en an. Graziani selb­st kam mit ordentlich Ver­spä­tung und brachte den Pogi­da-Grün­der Chris­t­ian Müller mit. Als Mod­er­a­tor fungierte der Alien-Anwalt und Pegi­da-Aktivist Jens Lorek. Aus Pots­dam selb­st waren kaum Teil­nehmerIn­nen gekom­men — die große Mehrheit kam aus anderen Bran­den­burg­er Orten, aus Sach­sen, Berlin und aus Sach­sen-Anhalt. Außer Graziani und Lorek sprachen u.a. Stephan Böh­lke von Bärgi­da sowie ein Red­ner aus Tschechien. Zu Beginn der Kundge­bung war der Bran­den­burg­er NPD-Aktivist Robert Weg­n­er mit weit­eren Neon­azis anwesend.
Pegida-Anwalt Jens Lorek war Moderator und Ordner zugleich.
Pegi­da-Anwalt Jens Lorek war Mod­er­a­tor und Ord­ner zugleich.

Viel Hupen und viel Buhen
Der Luisen­platz war von der Polizei kom­plett mit Git­tern abges­per­rt wor­den — mit­ten­drin die “Pots­damer Patri­oten”, von Außen umzin­gelt von mehreren hun­dert Gegendemonstrant_innen. Während das Bünd­nis „Pots­dam beken­nt Farbe“ mit Luft­bal­lons und Musik mit deut­lichem Abstand zur recht­en Demo, das Image der Stadt pflegte, übertön­ten die über hun­dert Antifas die Rede­beiträge der „Patri­oten“. Neben den üblichen Anti-Merkel-Tiraden und Sprüchen gegen die „Lügen­presse“, schwadronierte Graziani in sein­er Rede vom „Tag des Wider­standes und des Kampfes“. “Wir Deutschen kön­nen nicht zulassen“, dass der „Islam und die Roth­schild-Insti­tu­tio­nen die Welt dominieren“, meint Graziani, der sich selb­st am Ende sein­er Rede als einen „römis­chen, ital­ienis­chen Katho­liken“ beze­ich­nete. Ob Deutsch­er oder Ital­iener, seine Devise scheint zu sein: Haupt­sache gegen die „BRD-Dik­tatur“ und die „US-Amy-Dik­tatur“. Die Kundge­bung sollte nicht nur ein Zeichen des Wider­standes sein, son­dern auch ein gemütlich­es Beisam­men­sein wer­den mit Musik, Getränken und Würstchen­grill. Dank der vie­len Buh-Rufe, Pfiffe und hupen­den Autos drangen die Jam­mer- und Het­zre­den jedoch nicht nach Außen und die Gemütlichkeit wurde gestört.
HandInHandGrazianoAutogramm
Keine Erfolge in Potsdam
Kurz vor 17 Uhr, also geschla­gene drei Stun­den nach Auf­takt, liefen die Neon­azis eine kleine, 20-minütige Runde über die Bre­ite Straße durch die Innen­stadt zurück zum Luisen­platz. Die Polizei hielt mit teil­weise rabi­at­en Mit­teln die Gegendemonstrant_innen auf Abstand. Dann, gegen 18 Uhr war endlich Feier­abend. Eine Hälfte der “Pots­damer Patri­oten” wurde per Bus zum Haupt­bahn­hof gefahren, der Rest musste mit Polizeibegleitung zu Fuß oder mit dem PKW abreisen.
In Pots­dam bekom­men die „Patri­oten“ weit­er keinen Fuß auf den Boden. Beim let­zten Pogi­da-Auf­marsch im Mai hat­ten nur rund 20 bis 30 Per­so­n­en teilgenom­men — die ger­ing­ste Zahl, seit­dem die Demon­stra­tionsserie im Jan­u­ar begonnen hatte.
Kurze Demonstrationsroute: Einmal um die Ecke und zurück zum Luisenplatz.
Kurze Demon­stra­tionsroute: Ein­mal um die Ecke und zurück zum Luisenplatz.

Früh­stück­en gegen Nazis, Fußball und die Schlössernacht
Bere­its am Vor­mit­tag hat­ten linke Aktivist_innen ein Früh­stück auf dem Luisen­platz organ­isiert. Einige ver­sucht­en den Platz am Brun­nen zu block­ieren. Die Polizei erteilte den Gegendemonstrant_innen jedoch Platzver­weise als die ersten recht­en Demoteil­nehmerIn­nen ein­trafen. Die Brun­nen-Block­ieren­den wur­den in Gewahrsam genom­men. Im Laufen des Nach­mit­tages kam es zu weit­eren Fes­t­nah­men. Alle Betrof­fe­nen wur­den jedoch nach Ende der recht­en Demon­stra­tion wieder freige­lassen, meldete Tick­er Potsdam.
Zeit­gle­ich zur Kundge­bung spielte (und ver­lor) der SV Babels­berg 03 im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg in Pots­dam. Rund 100 Babels­bergfans kamen nach Spie­lende noch zum Luisen­platz und ver­stärk­ten die Gegenkundge­bung. Pots­dam war an diesem Sam­stag voll mit Auswär­ti­gen — den Besucher_innen der eben­falls stat­tfind­en­den “Schlösser­nacht”, Fußball­fans, einem Polizei-Großaufge­bot und schließlich den stun­den­lang auf dem Luisen­platz aushar­ren­den Neonazis.
DoppeltHaeltBesser
Dop­pelt hält besser…

Redetalent
Bärgi­da-Aktivist Stephan Böh­lke am “Offe­nen Mikrofon”

Wurstparty
Wurst und Getränke für die Wohlfühlstimmung

KC-SWR
Etwas Auswahl: schwarz-weiß-rote, schwarz-rot-gelbe, wahlweise auch gelb-rot-schwarze Fahnen
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Antifaschismus

Der unscheinbare Anti-Antifa-Aktivist

Jörg Schröders Vorteil ist sein Ausse­hen: schlichte Jeans, dun­kles T‑Shirt, keine poli­tis­chen Sym­bole oder Szenek­lei­dung und auch seine Glatze ist mehr ein Zeichen der Alterung als der poli­tis­chen Hal­tung. Nichts lässt ihn aus der Masse her­vorstechen und daraufhin deuten, wer er ist: Neurechter, -Aktivist und Betreiber des extrem recht­en Nachricht­en­por­tals „Spreeruf“.

Schröder (links, mit Sonnenbrille) mit NPD-Aktivisten Rokohl und Odoy beim TddZ in Neuruppin 2015 (Foto (c) apabiz).
Schröder (links, mit Son­nen­brille) mit NPD-Aktivis­ten Rokohl und Odoy beim TddZ in Neu­rup­pin 2015 (Foto © apabiz).

Sein unschein­bares Auftreten hat es ihm in der Ver­gan­gen­heit mehrfach ermöglicht, unbe­hel­ligt Fotos von linken Demonstrant_innen zu machen und diese im Inter­net zu veröf­fentlichen, so zulet­zt am Son­ntag, den 14. August bei ein­er Sol­i­dar­ität­skundge­bung in -Buch anlässlich des Bran­dan­schlags auf eine Unterkun­ft für Geflüchtete. Schröder, der allein am Rande der Ver­samm­lung auf­tauchte, fotografierte Teil­nehmende und postete anschließend einen Artikel unter der Über­schrift „Anti­deutsche ‚Bahn­hof­sklatsch­er’ demon­stri­eren für noch mehr ‚Flüchtlinge’ in -Buch“ auf seinem Blog „Spreeruf“
Der Blog „Spreeruf“, für den Schröder ver­ant­wortlich zeich­net und aus dessen Fed­er ein Großteil der veröf­fentlicht­en Artikel stammt, ver­ste­ht sich als „parteiüber­greifend­es Por­tal“ für Berlin und , mit Adresse in der Prinzessin­nen­straße in Berlin-Kreuzberg. Neben ein­er Rei­he von Artikeln, die gegen Asylpoli­tik, Migra­tion und Geflüchtete wet­tern, arbeit­en sich die Beiträge an zivilge­sellschaftlichem und antifaschis­tis­chem Engage­ment ab. Zen­tral bewor­ben wird außer­dem das neurechte Pro­jekt „Ein­Prozent“ von Götz Kubitschek, Mit­be­grün­der des „Insti­tut für Staat­spoli­tik“ (IfS). Im Kreis des IfS soll er bere­its in Erschei­n­ung getreten sein. Im Jahr 2006 schrieb Schröder außer­dem für die Junge Freiheit. 

 

 

Blog Spreeruf: Jörg Schröders Plattform gegen Links
Blog Spreeruf: Jörg Schröders Plat­tform gegen Links (Screen­shot © apabiz)

Bis 2015 betrieb Schröder den Blog „Barn­imer Per­spek­tiv­en“, eben­falls ein Pro­jekt, das sich als „über­parteilich“ ver­stand. Der Blog, mit Adresse in Eber­swalde, hat­te neben neurecht­en, pseu­do-intellek­tuellen Tex­ten eine eigene Rubrik „Blick nach Links“, unter der Fotos von antifaschis­tis­chen und anti­ras­sis­tis­chen Ver­anstal­tun­gen sowie poli­tis­chen Gegner_innen veröf­fentlicht wur­den. Diese waren allerd­ings nach kurz­er Zeit nur noch mit Pass­wort zu erre­ichen. Nach anfänglich­er Abgren­zung von der NPD tritt Schröder spätestens seit 2013 als Aktivist für die Partei auf. 2014 trat er als NPD-Kan­di­dat für den Kreistag Barn­im an. Obwohl Schröder bis heute bestre­it­et Mit­glied der NPD zu sein, wird in NPD-Veröf­fentlichun­gen vielfach sein Engage­ment für die Partei benannt.
Schröder ist 1969 geboren, studierte Forstwirtschaft und arbeit­et als wis­senschaftlich­er Mitar­beit­er am Thü­nen-Insti­tut im Arbeits­bere­ich Herkun­fts- und Züchtungsforschung.
Ob Mitglied oder nicht: NPD-Veröffentlichungen zeigen sein Engagement für die Partei.

Ob Mit­glied oder nicht: NPD-Veröf­fentlichun­gen zeigen sein Engage­ment für die Partei. (Sreen­shot © apabiz)

Bei der Wahl zum Kreistag 2014 konnte Schröder für die NPD keinen Sitz gewinnen.
Bei der Wahl zum Kreistag 2014 kon­nte Schröder für die NPD keinen Sitz gewinnen.
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Antifaschismus Law & Order

Brandenburg unter Beobachtung

Unter­suchungsauss­chuss zum NSU startet unter kri­tis­ch­er Begleitung von NSU Watch Brandenburg
INFORIOT – Es ist so weit. In Bran­den­burg startet ein par­la­men­tarisch­er Auss­chuss, der die Ver­strick­un­gen von Neon­azis und V‑Leuten aus Bran­den­burg in die Aktiv­itäten und Struk­turen des Nation­al­sozial­is­tis­chen Unter­grun­des (NSU) aufk­lären will. Am Dien­stag fand die erste kon­sti­tu­ierende Sitzung des Unter­suchungsauss­chuss­es im Bran­den­burg­er Land­tag statt – allerd­ings unter Auss­chluss der Öffentlichkeit. Erst im April war die Ein­set­zung des Auss­chuss­es beschlossen worden.
Foto zeigt einen Flyer von NSU Watch Brandenburg im Vordergrund und Personen im Hintergrund
Wenn im Sep­tem­ber nun die zehn Auss­chuss­mit­glieder von SPD, CDU, Linke, Grüne und AfD zur eigentlichen inhaltlichen Arbeit übergeben, geht es an die Sub­stanz: Die zen­trale Frage, ob das Land Bran­den­burg die Tat­en des NSU hätte ver­hin­dern kön­nen, muss im Auss­chuss beant­wortet wer­den. Carsten Szczepan­s­ki alias „Piat­to“, die „Top-Quelle“ des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes hat­te Infor­ma­tio­nen zu Plä­nen des NSU-Kern­trios und gab diese an den Ver­fas­sungss­chutz weit­er. Der Ver­fas­sungss­chutz, so der Vor­wurf, habe die Infor­ma­tio­nen nicht an zuständi­ge Ermit­tlungs­be­hör­den weit­ergeben. Zu ein­er Fes­t­nahme des Trios kam es bekan­ntlich nicht. Zehn Morde, diverse Anschläge und Über­fälle folgten.
Es ist nicht das einzige Fehlver­hal­ten des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes, das es aufzuar­beit­en gilt. Auch der V‑Mann-Skan­dal um den Guben­er Neon­azi Toni Stadler, die unaufgek­lärte Anschlagsserie der Nationalen Bewe­gung — auch hier war der Ver­fas­sungss­chutz involviert – oder die Nation­al­rev­o­lu­tionären Zellen, ein ter­ror­is­tis­ch­er Zusam­men­schluss von Neon­azis aus Berlin und Bran­den­burg, der auch „Piat­to“ ange­hörte, gehören zu den vie­len The­men, die nach Ein­schätzung der Ini­tia­tive NSU Watch Bran­den­burg zu klären sind.
NSU Watch Bran­den­burg gegründet
Zeit­gle­ich zur kon­sti­tu­ieren­den Sitzung des Unter­suchungsauss­chuss­es, stellte sich NSU Watch Bran­den­burg vor. NSU Watch Bran­den­burg als Teil des bun­desweit­en Net­zw­erkes NSU Watch, hat sich die Auf­gabe gestellt, den Unter­suchungsauss­chuss kri­tisch zu begleit­en. „Der NSU stellt eine Zäsur in der bun­des­deutschen Nachkriegs­geschichte dar“, so Felix Hansen als Vertreter des bun­desweit­en Zusam­men­hanges am Dien­stag bei ein­er Pressekon­ferenz. NSU Watch, ein Zusam­men­schluss aus antifaschis­tis­chen Grup­pen und Einzelper­so­n­en, beobachtet seit 2013 den Straf­prozess gegen Beate Zschäpe und vier weit­ere Angeklagte. Im Prozess in München ist auch Bran­den­burg immer wieder ein The­ma, aktuell geht es um die Zeitschrift „Weißer Wolf“, ein Heft in dem bere­its 2002 ein Hin­weis auf den NSU auf­tauchte. Der „Weiße Wolf“ war in den 90er Jahren in der Bran­den­burg­er JVA hergestellt wor­den – maßge­blich beteiligt war damals Carsten Szczepanski.
Fehlende Aufk­lärungs­bere­itschaft
Aus Sicht der Antifaschist_innen ist es kein Ruhmes­blatt für die Bran­den­burg­er Poli­tik, dass der Unter­suchungss­chuss erst jet­zt, über vier Jahre nach der Selb­stent­tar­nung des NSU, ein­gerichtet wurde. Neben­klagean­wälte im Prozess vor dem Ober­lan­des­gericht in München kri­tisieren schon länger die fehlende Aufk­lärungs­bere­itschaft der Bran­den­burg­er Behör­den, unter anderem, weil sich das Innen­min­is­teri­um weigerte Akten an das Gericht her­auszugeben, und Ver­fas­sungss­chutzmi­tar­beit­er während der Zeu­ge­nan­hörun­gen ver­meintlichen Gedächt­nis­lück­en vorschoben. Für NSU Watch Bran­den­burg ist klar: „Die V‑Mann-Skan­dale im Land Bran­den­burg haben gezeigt, dass das V‑Leute-Sys­tem mehr Schaden als Nutzen gebracht hat“. Durch die Arbeit des Ver­fas­sungss­chutzes wird der Auf­bau mil­i­tan­ter Neon­azistruk­turen gestärkt, denn „hier wer­den Gelder in die Neon­aziszene gepumpt“, sagte ein Sprech­er. Außer­dem hät­ten antifaschis­tis­che und zivilge­sellschaftliche Recherchen mehr zur Aufk­lärung beige­tra­gen, als der Verfassungsschutz.
Logo NSU Watch Brandenburg. Dokumentation und kritische Begleitung des Untersuchungsausschusses
NSU Watch unterstützen

Die Beobach­tung durch NSU Watch Bran­den­burg heißt konkret: Pro­tokolle der Sitzun­gen des Unter­suchungss­chuss­es erstellen, um diese ein­er bre­it­en Öffentlichkeit zugängig zu machen sowie Dossiers und Recherchen zu erstellen, die nach und nach auf der Home­page brandenburg.nsu-watch.info veröf­fentlicht wer­den. Als unab­hängige Ini­tia­tive ist NSU Watch auf Spenden angewiesen.

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Antifaschismus Arbeit & Soziales

Emil Wendland

Das Bild zeigt die Gedenktafel für Emil Wendland in Neuruppin.
Foto: pri­vat

Emil Wend­land wurde am 11.02.1942 in Gas­tau geboren und am 1. Juli 1992 von seinen Tätern im Schlaf völ­lig wehr­los über­rascht und getötet. Sein erster Beruf war Lehrer, später arbeit­ete er als Verkauf­sstel­len­leit­er in der Molk­erei-Verkauf­sstelle. Emil Wend­land wurde alko­holkrank. Mitte der 1980er Jahre besiegte er die Krankheit – lei­der nur für kurze Zeit. Als Nach­barn ihn am 9. Novem­ber 1990 auf ein Glas Sekt ein­lu­den, um die neu gewonnene Frei­heit zu feiern, wurde er rück­fäl­lig und schaffte es nicht mehr, absti­nent zu wer­den. Nach der „Wende“ über­nachtete er immer öfter auf Bänken im Freien, da er nicht mehr in der Lage war, nach Hause zu kom­men.1
Der Ort

Neu­rup­pin war in den 1990er Jahren ein Zen­trum des mil­i­tan­ten Neon­azis­mus in Bran­den­burg. Oft kam es zu Gewal­taus­brüchen. Bere­its im Som­mer 1990 schlu­gen die Recht­en los: 15 Neon­azi-Skin­heads über­fie­len mit Base­ballschlägern und dem Ruf „Recht­sradikale wer­den siegen“ ein Zelt­dorf, auf dem gegen den sow­jetis­chen Mil­itär­flug­platz am Stad­trand protestiert wurde. Am Fol­ge­tag greifen die Recht­en erneut an. Ein weit­eres Beispiel: Wenige Monate nach dem Mord an Emil Wend­land ziehen im Novem­ber 1992 acht Rechte zu einem Wohn­heim für Wol­gadeutsche im Ort­steil Gilden­hall und wer­fen ins­ge­samt zwölf Molo­tow-Cock­tails auf das Gebäude. Den Bewohner_innen gelingt es nur knapp, das Feuer zu löschen. Neben Migrant_innen und sozial Rand­ständi­gen ist vor allem die alter­na­tive Jugend­szene Angriff­sziel der Recht­en. Das linksori­en­tierte Jugendzen­trum „Mit­ten­drin“ wird mehrmals über­fall­en. Für über­re­gionale Aufmerk­samkeit sorgt das Treiben des aus West­deutsch­land zuge­zo­ge­nen Alt-Nazis Wil­helm Lange, der jahre­lang pri­vat „Jugen­dar­beit“ mit jun­gen Recht­en betreibt. Die Stadt reagiert auf die rechte Szene mit „akzep­tieren­der Jugen­dar­beit“ im Jugendzen­trum „Bunker“. Ab 1998 fungiert der Klub als Neon­az­itr­e­ff­punkt in Selb­stver­wal­tung – erst im Jahr 2000 wird der „Bunker“ geschlossen.2

Die Tat

Nach einem Saufge­lage mit rechter Musik fassen in der Nacht zum 1. Juli 1992 drei Neon­aziskin­heads aus der örtlichen recht­en Szene den Entschluss, „Assis aufzuk­latschen“ (laut Gericht waren es drei, nach Angaben von damals aktiv­en Antifas aber min­destens fünf).3 Sie waren der Auf­fas­sung „die Obdachlosen verun­stal­ten das Stadt­bild und seien in Neu­rup­pin uner­wün­scht“4. Weil sie wis­sen, dass im Neu­rup­pin­er Rosen­garten öfter obdachlose Men­schen über­nacht­en, gehen sie gegen 1.00 Uhr gezielt zur kleinen Parkan­lage in Zen­trum der Fontanes­tadt. Dort find­en sie den auf ein­er Park­bank schlafend­en, voll­trunk­e­nen Emil Wend­land. Die Gruppe baut sich vor dem Mann auf; Math­ias Pl. sichert anfänglich das Gelände ab. Remo B. schre­it den schafend­en Mann an „Wach auf!“ und tritt ihm mit seinen Stahlkap­pen­schuhen in den Bauch und anschließend mit voller Wucht immer wieder gegen den Kopf. Mirko H. zer­schlägt seine mit­ge­brachte Bier­flasche auf dem Kopf des Mannes. Nach den bru­tal­en Mis­shand­lun­gen lassen sie den bewusst­losen Emil Wend­land mit lebens­ge­fährlichen Ver­let­zun­gen liegen und gehen weg. An der an dem Platz angren­zen­den Friedenss­chule sagt Mirko H. zu seinen bei­den Kumpels: „Ich geh noch ein­mal zurück, den bring ich um“.5 Er dreht um, ren­nt zu dem ver­mut­lich bewusst­losen Wend­land zurück und sticht immer wieder mit einem 18cm lan­gen Jagdmess­er auf den Oberkör­p­er seines Opfers ein. Ein Stich durchtren­nt die Herz­schla­gad­er, sodass Wend­land inner­lich verblutet. Kurze Zeit später kom­men die drei gemein­sam zum Tatort zurück und sam­meln die Scher­ben der Bier­flasche ein, auf der ihre Fin­ger­ab­drücke sein kön­nten. Anschließend gehen sie nach Hause. Zwei Tage später wer­den die Täter festgenommen.

Das Verfahren

Das Landgericht Pots­dam verurteilt im Okto­ber 1993 den 20-jähri­gen Haupt­täter Mirko H. wegen Totschlags zu sieben Jahren Jugend­strafe. Obwohl das Gericht fest­stellt, dass die Täter ihr Opfer für „einen Men­schen zweit­er Klasse gehal­ten“ hat­ten und die Gruppe sich zum „Pen­ner klatschen“ verabre­det hat­te, wird das sozial­dar­win­is­tis­che Motiv in der Urteils­be­grün­dung nicht gewürdigt. Remo B., der ‘Pen­ner’ „so eklig find­et wie Aus­län­der“6. wird im Feb­ru­ar 1994 im Beru­fungsver­fahren vor dem Landgericht Pots­dam wegen gemein­schaftlich­er gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung verurteilt. Unter Ein­beziehung weit­er­er Straftat­en erhält er eine Jugend­strafe von zwei Jahren und acht Monat­en. Auch in diesem Ver­fahren wird der sozial­dar­win­is­tis­che Hin­ter­grund der Tat vom Gericht erkan­nt. In der Urteils­be­grün­dung heißt es: „… faßte man spätestens zu diesem Zeit­punkt den Entschluß, in der Nacht ‚Assis aufzuk­latschen’; gemeint war damit das Zusam­men­schla­gen von Obdachlosen oder anderen Per­so­n­en, die man als mißliebig ver­acht­enswert ansah.“7 Über die Gerichtsver­fahren gegen Matthias Pl., der in sein­er polizeilichen Vernehmung u.a. sagte: „Ich finde es richtig, Assis einen Denkzettel zu ver­passen. Die leben nur von unseren Steuergeldern, außer­dem ver­schan­deln sie das Stadt­bild. […] Wenn wir rechts ori­en­tierten uns nicht um so was küm­mern, tut es kein­er.“8, ist nichts bekannt.

Das Gedenken

Anlässlich des 20. Todestag fand erst­mals ein öffentlich­es Gedenken für Emil Wend­land statt. Am Tatort, dem Neu­rup­pin­er Rosen­garten, wurde eine Gedenk­tafel für den Getöteten enthüllt.
Zur Gedenk­seite
 

Die Quellen

1 JWP-Mit­ten­Drin: Emil “Bruno” Wend­land ging den Weg des Todes – Ein MAZ-Leser­brief vom 24.07.1992, auf: jwp-mittendrin.de 14.03.2002, zulet­zt abgerufen: 13.01.2016
2 Opfer­per­spek­tive: „Nationale Jugen­dar­beit“: das Beispiel Neu­rup­pin, auf Opferperspektive.de 13.10.2006 sowie: Artikel Neu­rup­pin, in: Antifaschis­tis­ches AutorIn­nenkollek­tiv (Hg.) Hin­ter den Kulis­sen … Faschis­tis­che Aktiv­itäten in Bran­den­burg – Update 1999, Berlin 1994, S. 56–63
3 JWP-Mit­ten­drin. Info­s­eite zur Emil Wend­land-Kam­pagne, jwp-mittendrin.de, zulet­zt abgerufen: 13.01.2016
4 Moses Mendelssohn Zen­trum, Abschluss­bericht des Forschung­spro­jek­tes „Über­prü­fung umstrit­ten­er Alt­fälle Todes­opfer recht­sex­tremer und ras­sis­tis­ch­er Gewalt im Land Bran­den­burg seit 1990“, 2015, S. 58
5 Gericht­surteil, Amts­gericht Neuruppin
6 Moses Mendelssohn Zen­trum, Abschluss­bericht des Forschung­spro­jek­tes „Über­prü­fung umstrit­ten­er Alt­fälle Todes­opfer recht­sex­tremer und ras­sis­tis­ch­er Gewalt im Land Bran­den­burg seit 1990“, 2015, S. 62
7 Gericht­surteil, Amts­gericht Neuruppin
8 Moses Mendelssohn Zen­trum, Abschluss­bericht des Forschung­spro­jek­tes „Über­prü­fung umstrit­ten­er Alt­fälle Todes­opfer recht­sex­tremer und ras­sis­tis­ch­er Gewalt im Land Bran­den­burg seit 1990“, 2015, S. 62

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