INFORIOT Am gestrigen Montag erreichten ca. 1.000 Geflüchtete Eisenhüttenstadt um in der Zentralen Aufnahmestelle (ZAST) registriert zu werden. Sie waren mit mehreren Tausend anderen am vergangenen Wochenende aus Ungarn aufgebrochen. Derweil wird zu einer rassistisch-motivierten Kundgebung in der Nähe der ZAST in der Poststraße für den morgigen Mittwoch aufgerufen. Auch Gegenprotest ist angekündigt.
Für Aufsehen sorgten vergangenes Wochenende mehrere selbstorganisierte Märsche von Geflüchteten, die aus Budapest und anderen Orten Ungarns, größtenteils zu Fuß, in Richtung der österreich-ungarischen Grenze liefen. Die ungarischen, österreichischen und deutschen Behörden sahen sich somit gezwungen die Dublin-III Verordnung vorübergehend außer Kraft zu setzen. Über Wien und München gelangten knapp 1.000 Menschen nach Eisenhüttenstadt. Nach einer medizinischen Erstversorgung wurde der Großteil in die ZAST gebracht. Einige konnten nach Berlin weiterfahren.
Auf der Facebook-Seite „Nein zum Heim in Eisenhüttenstadt“ kursiert seit gestern Mittag ein flüchtlingsfeindlicher Aufruf für eine Kundgebung am morgigen Mittwoch. Mutmaßlicher Organisator ist der Neonazi Peer Koß. Koß gilt als mutmaßlicher Administrator der Facebook Seiten „Beeskow wehrt sich“ und „Frankfurt(Oder) wehrt sich“ und Initiator zahlreicher Aufmärsche und Kundgebungen in den beiden Städten. Gegen Koß liegt mittlerweile eine Anzeige wegen Volksverhetzung vor.
Screenshot von der “Nein zum Heim in Eisenhüttenstadt” Facebook-Seite Rassistische Mobilisierung und Gewalt in Eisenhüttenstadt
Eisenhüttenstadt und die Bewohner*innen der ZAST standen in der Vergangenheit schon des Öfteren im Fokus asylfeindlicher Gruppen. Für Aufsehen sorgte der Versuch eine „Bürgerwehr“ in der Oderstadt zu etablieren, der von Neonazis mitinitiiert wurde. Die Partei „der Dritte Weg“ mobilisierte Ende Februar diesen Jahres zu einer Mini-Demo im Eisenhüttenstädter Stadtzentrum. Der NPD Kreisverband Oderland führte 2013 und 2014 mehrere Kundgebungen in direkter Nähe zur ZAST durch. Erst im August 2013 griffen mehrere NPD’ler bei einer Kundgebungsfahrt Gegendemonstrant*innen in Eisenhüttenstadt an.
An den bisherigen Versammlungen beteiligten sich außer stadtbekannten Neonazis nur vereinzelt rassistische Anwohner*innen. Möchte man Aussagen auf Facebook glauben, wollen sich am Mittwoch zahlreiche Eisenhüttenstädter*innen der flüchtlingsfeindlichen Kundgebung anschließen. Die Stimmung in der Stadt scheint sich derweil zuzuspitzen. Erst Sonntag kam es zu einem gewalttätigen Vorfall in einem Bistro in der Fröbelringpassage. Laut einer Polizeimeldung griff ein 38-jähriger einen Mitarbeiter des Bistros an und verletzte ihn so schwer, dass dieser mit einer Kopfwunde ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Später kam der Angreifer zurück und beschimpfte die Gäste mit volksverhetzerischen Sprüchen. Gegenprotest angekündigt
Die rassistische Kundgebung soll laut eigenen Angaben in der Poststraße in direkter Nähe zur ZAST stattfinden. Beginn ist um 19:00 Uhr. Die IG-Metall ruft zu einer Gegenveranstaltung unter dem Motto: “Eisenhüttenstadt für Toleranz und Menschlichkeit” an der Freilfläche Poststraße/Karl Marx Straße auf. Start ist um 18:30 Uhr. Flyer zur Gegenveranstaltung
Björn Brusak bewegt sich in verschiedenen extrem rechten Strömungen: Hier am 1. August 2015 in Damsdorf bei einer Kundgebung des “III. Weg” als Vertreter der Europäischen Aktion. (Quelle: Presseservice Rathenow)
Ein Teil der bundesdeutschen Bevölkerung zeigt dieser Tage wieder das Gesicht des „besorgten“ Deutschen, der sich um Heim, Familie und sein Land sorgt und dabei Hass und Gewalt gegen Geflüchtete und deren Unterstützer*innen richtet. So auch in Frankfurt (Oder), wo die von Neonazis dominierte Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ seit Januar bereits viermal auf Demonstrationen und Kundgebungen gegen deren Unterbringung in der Stadt aufmarschierte. Einer der regelmäßig an diesen Versammlungen teilnimmt und des öfteren dort als Redner auftritt ist der in Brieskow-Finkenheerd wohnende Neonazi Björn Brusak. Der Ton macht die Musik
Björn Brusak ist einigen Frankfurter*innen eher bekannt als Ehrenamtlicher des American Football-Vereins „Red Cocks“, in dem er bis mindestens 2013, u.a. als Jugendtrainer, aktiv war. Das er sich nebenbei politisch extrem recht orientierte zeigen seine Aktivitäten als Liedermacher. Zum ersten Mal als solcher auffällig geworden ist er am 9. August 2013 in der von Neonazis beliebten Frankfurter Eckkneipe „Die Bierbar“ in der Berliner Straße. Dort hatte er bei einem Geburtstagsabend volksverhetzende Lieder, u.a. der als kriminelle Vereinigung verbotenen Band „Landser“ und des Neonazi-Liedermachers Frank Rennicke, gespielt.1 Die daraufhin eintreffende Polizei untersagte das Konzert und leitete ein Strafverfahren wegen Verstoß des § 130 StGB, sowie wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gem. § 86a StGB ein. Am 25. Februar 2015 musste er sich deswegen vor Gericht verantworten. Der Prozess wurde gegen eine Zahlung von 1.800 € eingestellt.2 Doch nicht erst seit diesem Abend war bzw. ist der etwa 30jährige Brusak als extrem rechter Liedermacher aktiv. Unter dem User-Namen „MrBrusi86“ besitzt er seit dem 8. März 2012 einen Youtube-Channel.3 Hier finden sich drei selbsterstellte Videos bzw. Songs von denen zwei auf der von den südafrikanischen Buren verwendeten Sprache Afrikaans. Das vermutlich selbstkomponierte Lied „Afrikaanse taal is pragtig en monumental“ stammt aus dem ebenfalls 2012 in Seine Liebe zum Apartheidsregime Südafrikas drückt er in diesem Video aus. Sein selbsterstelltes Album „Van Frankfurt toe Suid Afrika“ erschien 2012. Im Video ist Brusak vor der alten Fahne Südafrikas zu sehen… (Quelle: youtube.com)
Selbstproduktion erschienenen Album „Van Frankfurt toe Suid Afrika“.4 Das er mit diesem Song bzw. Album Sympathien zum alten Südafrika der Apartheids-Ära hegt zeigt das im Youtube-Video zusehende Bild von Brusak mit Gitarre vor der ehemaligen Flagge des Landes, welche bis zum Ende des rassistischen Regimes 1994 die Nationalfahne darstellte. Afrikaans, welches heute noch einer der Nationalsprachen Südafrikas ist, hatte der selbstständige Versicherungsvertreiber und gelernte Beton- und Stahlbetonbauer vermutlich während seiner Zeit bei der Bundeswehr gelernt, wo er laut eigenen Aussage für die NATO aktiv war. Ein weiterer Blick auf die abonnierten Youtube-Kanäle zeigt seine Vorliebe für verschwörungstheoretische und neonazistische Beiträge.5
Seit August 2013 trat er bei zahlreichen neonazistischen Veranstaltungen auf. Ob bei Liederabenden der „Kameradschaft Kommando Werwolf“ oder auf Demonstrationen, u.a. bei einem rassistischen Aufmarsch am 16. April 2015 in Nauen.6 Inzwischen ist Björn Brusak Gast bei zahlreichen Veranstaltungen der extrem Rechten. … hier dazu das Vergleichsbild. (Quelle: facebook.com)
Eine besondere Verbindung hat er dabei auch zur neonazistischen Zeitung „Recht & Wahrheit“. Mit der Braunen Elite per Du
Etwa zweimal jährlich finden die sogenannten „Lesertreffen“ der neonazistischen Zeitschrift „Recht & Wahrheit“ von Meinolf Schönborn statt. Diese Veranstaltung gilt als bundesweiter Treffpunkt für neonazistische Führungspersonen und als Schnittstelle der verschiedenen Generationen.7 Zu den regelmäßigen Referierenden gehört u.a. die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Die Tagung findet dabei jeweils im als bundesweit bekannten Szenetreffpunkt Hufhaus-Harzhöhe in Harztor-Ilfeld statt. Ein weiterer regelmäßiger Teilnehmer ist „Brusi“, der bei den vergangenen „Lesertreffen“, zuletzt vom 17. bis 19. April 2015,8 für die musikalische Unterhaltung sorgte. Dahinter verbirgt sich, nicht unschwer zu erahnen, Björn Brusak. Das er dabei nicht nur als Liedermacher teilnahm, ist anzunehmen. Im Sommer 2014 tauchte die damals aktuelle Ausgabe von „Recht & Wahrheit“ in vereinzelten Frankfurter Briefkästen auf. Es ist auch hier anzunehmen, dass Björn Brusak dahinter steckt. Vom 25. bis zum 27. September 2015 findet das nächste „RuW-Lesertreffen“ im Harz statt. Auch diesmal wird „Brusi“ zugegen sein.9
In den Themen der „Recht & Wahrheit“ finden sich immer wieder verschwörungstheoretische und antisemitische Darstellungen. Diese finden sich auch in anderen Publikationen die Brusak gerne zu lesen scheint. Das in der Truther-Szene beliebte Buch „Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen: erkennen erwachen verändern“ von Heiko Schrang empfiehlt Björn Brusak in einer Rezension auf amazon.de als „geniales Buch“, welches „unbedingt mehrmals zu lesen und auch zu erleben“ ist.10 Auch eine andere, extrem rechte Gruppierung, der Brusak nahe steht verbreitet solche Inhalte. Vom verschwörungstheoretischen CompactTV des Jürgen Elsässers bis zu einem Nordkorea-Kanal. Björn Brusak verfolgt verschiedenste Interessen auf Youtube. (Quelle: youtube.com) Von Europäischer Aktion zum „III. Weg“
Die extrem rechte und antisemitische „Europäische Aktion“ (EA) ist eine kleine, etwa 2009 gegründete Gruppierung des Holocaustleugners Bernhard Schaub.11Auch in Brandenburg gibt es einen kleinen Ableger, der in der Vergangenheit jedoch kaum in Erscheinung trat. Ausnahme bildete die Beteiligung an den sogenannten Montagsmahnwachen von Lars Mährholz im vergangenen Jahr in Berlin durch mehr oder weniger bekannte Neonazis aus Brandenburg. Zu diesen gehörte auch Björn Brusak. Er baute Anfang 2014 einen Stützpunkt der EA in Frankfurt (Oder) auf und versuchte mittels kleiner Veranstaltungen und Gemeinschaftsabenden Mitglieder zu rekrutieren. Auf der Facebook-Seite des Frankfurter Ablegers wurden regelmäßig antiamerikanische und antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet. Seit Anfang diesen Jahres verzeichnete die Seite bislang kaum neue Aktivitäten.
Vielmehr scheint sich die wichtigste Person der Brandenburger EA Björn Brusak an anderen extrem rechten Veranstaltungen zu beteiligen. Oft als Redner und Liedermacher.
Diese Aktivitäten intensivierte er seit Anfang diesen Jahres. Bei den neonazistischen Aufmärschen der Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ war er im Januar, Februar und Juli jeweils als Redner zu Gast.12 Bei Kundgebungen der neonazistischen Partei „Der III. Weg“ am 1. August in Zossen und Damsdorf hetzte er ebenfalls gegen Geflüchtete und verbreitete seine Verschwörungstheorien.13
Sein eigenes asylfeindliches Projekt verfolgt er derzeit in seinem Heimatort. Am 18. Juli rief er unter dem Motto „Finkenheerd sagt Nein“ zu einer offenen Diskussionsrunde. Anlass war die anstehende Unterbringung von drei Flüchtlings-Familien. Hierzu hatte er lokale Politiker*innen eingeladen. Diese folgten dem Angebot jedoch nicht. Dafür sprachen neben Björn Brusak selbst auch der NPD-Landesvorsitzende Klaus Beier und die NPD-Aktivistin Manuela Kokott aus Markgrafpieske (Landkreis Oder-Spree). Beide begrüßte er vor Beginn der Veranstaltung freundschaftlich. Auch zahlreiche Anwohner*innen Finkenheerds nahmen an der Veranstaltung teil.14
Für den kommenden Samstag, den 5. September kündigte der umtriebige Neonazi Björn Brusak erneut eine offene Diskussionsrunde an. So wurden in Brieskow-Finkenheerd und den umliegenden Ortschaften Flyer verteilt die zwar auf den ersten Blick den Eindruck vermitteln sollen das es sich um eine Kundgebung für „besorgte Bürger*innen“ handelt. Jedoch ist aufgrund der Beteiligung Brusak’s der neonazistische Charakter nicht von der Hand zu weisen. Auch diesmal sind Kommunalpolitiker*innen eingeladen und es ist auch diesmal davon auszugehen, dass die NPD ans Mikrofon treten wird. Obwohl Brusak in der Vergangenheit betonte, dass es sich dabei um keine Neonazi-Veranstaltung handelt, ist sie genau das: Eine von einem Neonazi organisierte Kundgebung auf denen Neonazis sprechen. Der auf Dialog setzende Bürgermeister Frank Richter ließ bisher vermissen sich klar von der rassistischen Veranstaltung zu distanzieren. Er sei dabei besser beraten, wenn er keine Almosen von Befürworter*innen und Tonangeber*innen rassistischer Hetze anzunehmen. Zu diesen gehört in der Region Frankfurt (Oder) und dem Landkreis Oder-Spree zweifelsfrei Björn Brusak.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ ruft alle solidarischen Menschen dazu auf, sich an den Protesten der Initiative „Beeskow gegen Rassismus“ gegen eine rechte Kundgebung, auf der gegen Geflüchtete gehetzt werden soll, am Sonntag den 6. September 2015 ab 9.00 Uhr in Beeskow lautstark zu beteiligen.
Wie in vielen Städten Brandenburgs kommt es auch in Beeskow zu rechten Provokationen und Angriffen. Nun will die rechte und flüchtlingsfeindliche Gruppierung „Beeskow wehrt sich“ am kommenden Sonntag ihre rassistischen Parolen auf die Straße tragen. Rassistische Vorurteile bilden den Nährboden für rechte Gewalt gegen Geflüchtete. Bundesweit nehmen die Angriffe auf Geflüchtetenunterkünfte und auch körperliche Übergriffe auf Geflüchtete zu. Erst jüngst wurde in Nauen eine Geflüchtetenunterkunft in Brand gesetzt und in Massow Reizgas innerhalb einer
Geflüchtetenunterkunft versprüht. Geflüchtete sollen nicht in Angst leben, nicht in Beeskow oder andernorts.
Diesen Rassismus wollen wir auch in Beeskow nicht widerspruchslos hinnehmen, denn wir solidarisieren uns mit den Betroffenen rassistischer Gewalt und mit den Geflüchteten. Zeigen wir gemeinsam, dass es auch in Beeskow keinen Platz für Nazis und rassistische Hetze gibt!
Etwa 20 Zuschauer_innen waren auf den Platz der Einheit gekommen, um der Veranstaltung der Potsdamer Montags-Mahnwache — ausnahmsweise mal an einem Dienstag, denn es ist ja deutscher Weltfriedenstag – beizuwohnen. Mit Blick auf die Potsdamer Nikolaikirche konnte man gleich zu Beginn in einem Nebengespräch, Friedensbewegte darüber fachsimpeln hören, dass diese Kirche doch Ähnlichkeit mit dem US-Amerikanischen Pentagon habe. Als ein besonderes Highlight trat die Duisburger „Polit-Pop-Band“ die Bandbreite auf. Seit Wochen wurde die Veranstaltung heute beworben. Es war für viele von uns anstrengend die Bewerbungsplakate von den Laternen zur reißen. Doch warum der Aufriss, was nervt uns an der Bandbreite und an den Montagsdemos? Die deutsche Friedensbewegung war seit den 90er Jahren quasi in Auflösung begriffen. Viele von uns, die sich heute hier gegen diese Veranstaltung aussprechen waren damals ein Teil von ihr. Es war uns wichtig gegen Kriege aufzustehen. Seitdem hat sich vieles geändert, anderes nicht, wir sind älter geworden, die Bewegung auch. Vor allem die Art und Weise und die Inhalte der Friedensbewegung stoßen immer breiter auf Ablehnung und Unverständnis. Doch zuerst zur Band „Die Bandbreite“. Sie setzen sich ein gegen Krieg und für den Frieden, sind sogar solidarisch mit Flüchtlingen.
Warum also die Ablehnung?
Das Problem sind die Inhalte der Lieder. So singt die Band beispielsweise in ihrem Lied „selbst gemacht“ darüber wie die USA politische Ereignisse manipuliert hätten. Vor allem die Anschläge vom 11. September seien fingiert, dazu werden alle möglichen scheinbaren Fakten aufgezählt. Was soll damit bewirkt werden? Den Zuhörer_innen kommt der Verdacht auf, dass sie/_er in einer Scheinwelt lebt, die durch die „Männer im Hinterzimmer“ gesteuert wird. Guter Versuch, doch leider voll daneben. Welche simple Vorstellung der Verhältnisse. Denn dann müssten wir doch diese Hintermänner lediglich abwählen, einsperren oder auf eine einsame Insel verbannen. So einfach ist es aber leider nicht. Es gibt nicht einfach böse Menschen, die gemeine Dinge tun um anderen zu Schaden. Leider haben wohl die älteren der Friedensfreunde beim Parteilehrjahr nicht aufgepasst. Deshalb erinnern wir noch einmal daran:
Der Kapitalismus ist keine Erfindung der Bilderberger, der Rothschilds oder irgendwelcher Echsenmenschen.
Der Kapitalismus beruht auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Wer diese Verhältnisse ändern will, sollte keine Volks- und Friedensgemeinschaften mit Menschen schließen, die an den Weihnachtsmann oder Wladimir Putin glauben, sondern sich mit Menschen zusammenschließen, die die Eigentums- und Produktionsverhältnisse verändern wollen. Davon hat die Bandbreite bzw. ihr Sänger leider keine Ahnung. So äußert er sich in einem Video von 28.8.2015 zur „Flüchtlingsproblematik“ wie folgt: „dass die Menschen aus ihren Ländern flüchten müssen, dass wir korrupte Regime unterstützen, die dazu führen, dass die Wirtschaft in den entsprechenden Ländern nicht funktioniert“. Was ist das für eine Analyse der Gesellschaft? Natürlich flüchten auch Menschen wegen Kriegen aus Ländern, zum Beispiel aus Syrien. Doch das ist nicht allein der Grund. Die Wirtschaft, die laut dem Sänger von „ Die Bandbreite“ ja gut funktionieren würde, wenn dort kein Krieg wäre, ist eben das Problem! Gerade weil die kapitalistische Wirtschaft gut funktioniert verhungern Menschen, leben in unermesslicher Armut und sterben unnötig an Krankheit, weil eben die Geldschranke Menschen von Gütern ihres Bedarfs trennt. Weil die Wirtschaft ihren Fokus auf die Produktion von Tauschwerten legt und weil es keine geplante Ökonomie gibt, die die Bedürfnisbefriedigung der Menschen zum Ziel hat. Noch tiefer auf dem Niveau-Limbo geht es in dem Lied „Anti-Deutscher“. Nach schlechter Tradition werden hier Antideutsche Antifas als Faschist_innen tituliert. Nicht nur, dass dieser Begriff durch den NS in Deutschland klar definiert ist und im falschen Gebrauch schlicht verharmlosend wirkt, geht er auch an einer, durchaus berechtigten, Kritik an teilen der Linken schlichtweg vorbei. Nahezu lächerlich erscheint auch der Vorwurf der Islamfeindlichkeit vor dem Hintergrund, dass die Bandbreite auch auf Montagsdemos in Berlin auftritt, bei denen sich neben neuen Rechten wie Jürgen Elsässer, Verschwörungstheoretikern vom Kopp-Verlag, Chemtrailgläubigen und auch der Vorsitzende der Berliner-NPD Sebastian Schmidtke tummeln. Wer im Glashaus sitzt… Auch äußert sich der Sänger der Band in vermeintlicher aufklärerischer Tradition gegenüber Gegendemonstrant_innen. So wird dann über die Politik der israelischen Regierung „informiert“ oder über die Faschist_innen in der ukrainischen Regierung. Klingt ja auf den ersten Blick alles richtig. Das Problem an Realpolitik ist leider, dass es zu den oben genannten „Wahrheiten“ nun mal auch eine Kehrseite gibt. Im Ukraine-Rußland-Konflikt kämpfen nämlich auf beiden Seiten der Front Faschist_innen. Und Rußland ist nicht das gelobte Land und Bollwerk gegen den amerikanischen Imperialismus, sondern wird von einem auf Bären reitenden Autokraten regiert, der sich gerade selber daran macht seinen Einflussbereich notfalls auch mit Waffengewalt zu vergrößern. Während er im inneren homophobe Gesetze erlässt, gegen Minderheiten hetzt und Linke und Antirassist_innen diffamiert und kriminalisiert, die auf offener Straße in Rußland ermordet werden. Leider verfällt auch die Friedensbewegung immer wieder in ähnliche Denkmuster. Nur weil irgendeine Gruppe gegen die USA oder andere aufbegehren führt dieser Kampf nicht in einen „Verein freier Menschen“ (Marx).
Oftmals hat sich auch in der Friedensbewegung unhinterfragter Etatismus breitgemacht.
So steht zum Beispiel auch im Aufruf zur heutigen Veranstaltung „wir Potsdamer_innen appellieren an unsere Politiker_innen“ oder auch „wir fordern deshalb von unserer Regierung…“. Das ist ungefähr so sinnvoll wie die Forderung an einen Metzger keine Tiere mehr zu schlachten. Die Regierung einer kapitalistischen Gesellschaft steht für die Gewinnmaximierung ihrer nationalen Konzerne und eine funktionierende Reproduktion der kapitalistischen Gesellschaft und dies um jeden Preis. Auch der Appell für „eine gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur unter dem Dach der OSZE und Uno“ erscheint gerade vor der Geschichte der Interventionen in der UNO in Kambodscha, Ruanda oder Jugoslawien sinnlos. Was genau soll eigentlich eine Sicherheitsarchitektur sein, die ich mir von europäischen Staaten wünschen würde? Wie Sicherheit in Europa funktioniert können wir Tag für Tag am Mittelmeer sehen, wo Tausende im Wasser ertrinken. Dafür hat Europa den Friedensnobelpreis bekommen. Auch der Verweis auf Menschenrechte oder das Völkerrecht wirken angesichts gerade der Rechtsauslegung in Deutschland müßig an. Das Recht ist das Blatt Papier nicht wert auf dem es geschrieben steht. Gerade für Menschen die sich politisch engagieren ist dies alltägliche Realität. Repression und Verletzung der Menschenrechte sind deutsche Tradition. Recht und Moral werden nicht abgelehnt, sondern sind Teil der herrschenden Prinzipien, nur eben kapitalistischer.
Eine Welt in Frieden wird es in einer kapitalistischen Welt nicht geben. Also hören wir auf darum zu betteln.
Auch wenn die gesellschaftliche Linke hier schwach ist und wir hier kaum Gehör finden, dürfen wir uns mit den Zuständen nicht zufrieden geben. Völlig zu Recht wird heute am 1. September weltweit daran erinnert, dass Krieg und vor allem der zweite Weltkrieg nicht wieder passieren dürfen. Aber auch hier muss differenziert werden. Auf deutsche Städte sind Bomben gefallen, weil von deutschem Boden ein Vernichtungskrieg von nie dagewesenem Ausmaß ausgegangen ist. Deutsche Täter_innen sind keine Opfer! Wenn wir erinnern wollen, so dann an die Millionen Opfer der deutschen Wehrmacht und anderer NS-Todesschwadronen, an die Millionen Toten in den Lagern der SS, an die vielen Widerstandskämpfer_innen auf der ganzen Welt, die Nazideutschland besiegten und Gefangene und Zwangsarbeiter_innen befreiten. Eine Friedensbewegung, die diesen Namen verdient, kann sich nicht als Querfront-Projekt gegen „die da oben“ oder als Sammelbecken aller Systemgegner verstehen. Eine echte Friedensbewegung muss sich von Antisemit_innen und Geschichtsrevisionist_innen abgrenzen, die die Verbrechen derjenigen relativieren, die den 2. Weltkrieg begonnen und die industrielle Vernichtung von Jüdinnen und Juden in ganz Europa angestrebt haben.
Wer Elsässer reden lässt, soll vom Frieden schweigen.
Doch so lange die Voraussetzungen von Kriegen durch kapitalistische Konkurrenz und religiösen Wahn weiter gegeben sind, bleiben diese Appelle in den Wind gesprochen! Wie Karl Liebknecht schon 1915 sagte: Der Hauptfeind steht im eigenen Land! Deshalb lasst uns hier die Verhältnisse in Frage stellen, lasst uns gemeinsam lernen und kämpfen! Schluss mit oberflächlicher Kapitalismuskritik! Schluss mit dem Vertrauen auf Staat und Parteien! Nur eine starke außerparlamentarische Linke in den Schulen, in den Betrieben und der Druck auf den Straßen macht den Verhältnissen Dampf. Für eine Gesellschaft jenseits der Logik von Staat und Kapital. Deutschland bleibt ein mieses Stück Scheiße!
Am vergangenen Wochenende wurden im Westen Brandenburgs in mehreren Städten Aktionen und Übergriffe gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte registriert. Damit setzt sich die Eskalation rassistischer Aktivitäten, die in der letzten Woche mit dem Brandanschlag auf die als Flüchtlingsnotunterkunft vorgesehene Sporthalle in Nauen einen vorläufigen Höhepunkt erreichten, weiter fort. Falkensee (Havelland): Flaschenwürfe auf Gemeinschaftsunterkunft
In Falkensee sollen, laut Informationen der MAZ, am frühen Freitagabend zunächst Flüchtlinge beleidigt worden sein. In der Nacht zu Samstag sei es dann zusätzlich zu Flaschenwürfen auf die Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende und Flüchtlinge gekommen sein. Dabei wurden auch Parolen skandiert. Die Polizei ermittelt. Brandenburg an der Havel: Pöbeleien an der Notunterkunft in Kirchmöser
Ebenfalls in der Nacht von Freitag zu Samstag sollen, gemäß Angaben von Flüchtlingsunterstützer_innen, mehrere Unbekannte vor der erst in der letzten Woche eingerichteten Flüchtlingsnotunterkunft im Brandenburger Ortsteil Kirchmöser Heimbewohner_innen angepöbelt haben. Es soll bei verbalen Attacken geblieben sein. Bad Belzig (Potsdam-Mittelmark): Beleidigungen und Übergriffe auf Flüchtlinge
In Bad Belzig sollen, laut Angaben des Infocafés „Der Winkel“, am Freitagabend Flüchtlinge und Mitglieder des Belziger Forum e.V. während des Belziger Altstadtsommer von Neonazis bedroht worden sein. Am Samstag sei es darüber hinaus auch zu Beleidigungen und tätlichen Angriffen auf eine Gruppe Syrer gekommen sein. Bei den Täter_innen soll es sich ebenfalls um Neonazis handeln. Premnitz (Havelland): Propagandaaktionen und Hitlergruß
Im Stadtgebiet von Premnitz, in dem bereits im September 2013 ein Brandanschlag für die damals erst in Planung befindliche Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylsuchende verübt wurde, hatten Unbekannte am Wochenende zahlreiche Sticker mit der Aufschrift „Refugees not welcome“ angebracht. Das Material ist bei einschlägigen neonazistischen Versandhändlern erhältlich. Am frühen Sonntagmorgen soll zudem ein 21 Jähriger im Rahmen polizeilicher Maßnahmen den Hitlergruß gezeigt haben. Zumindest gegen den zur Tatzeit sturzbetrunkenen wird nun wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Potsdam: Serbische Familie angepöbelt und bedroht
Bereits am vergangenen Donnerstagnachmittag war eine serbische Familie, laut Polizeiangaben, im Potsdamer Stadtteil Waldstadt von mehreren betrunkenen Männern angepöbelt und bedroht worden. Als die Männer begannen Steine aus dem Gleisbett aufzunehmen, floh die Familie und verständigte die Polizei.
Neonazis haben gestern in mehreren Städten im Norden Brandenburgs erneut Stimmung gegen die Unterbringung von Flüchtlingen gemacht. In Wusterhausen/Dosse fand deren Versammlung sogar in der Nähe der dortigen Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende statt. Auch in Wittstock/Dosse und Rheinsberg, den weiteren Anlaufpunkten der Neonazis, werden zurzeit Flüchtlinge untergebracht. Gegen die Versammlungen der NPD fanden aber auch in allen Städten, trotz kurzfristiger Mobilisierung, Gegenproteste statt. In Rheinsberg beteiligten sich sogar bis zu 200 Menschen, darunter ein 80 köpfiges Jazzorchester, an den Protesten. In Wusterhausen/Dosse protestierte „Neuruppin bleibt bunt“ mit ungefähr 20 Menschen, in Wittstock/Dosse „Wittstock bekennt Farbe“ mit ca. 10. Organisierte Hetze
Trotz des Brandanschlages auf die Sporthalle im havelländischen Nauen, welcher der vorläufige Höhepunkt einer regional bisher beispiellosen, durch Neonazis und ihren Sympathisant_innen ausgelösten, Eskalation war, setzte die NPD Prignitz-Ruppin gestern ihre Kampagne gegen Flüchtlinge und deren Unterbringung im Norden Brandenburgs weiter fort.
Der Neururuppiner NPD Stadtverordnete Dave Trick drückte während seines Redebeitrages bei der Kundgebung in Wittstock/Dosse zwar seine Bedauerung über die Brandstiftung an der Nauener Turnhalle aus sowie seine Hoffnung auf baldige Verhaftung der Täter_innen, wirklich glaubhaft wirkte er dabei jedoch nicht. Im Februar 2015 war Trick selber an den Tumulten bei der Nauener Stadtverordnetenversammlung beteiligt, die als Initialzündung der momentanen Eskalation gilt. Des Weiteren nahm er immer wieder an Kundgebungen und Aufmärschen gegen das geplante Flüchtlingsheim in Nauen teil, hielt dort auch Redebeiträge, die sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen richtete. Und auch heute ging die Hetze von ihm und seinen Freunden von den „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“ fröhlich weiter. Marvin Koch sprach bei seinen Redebeiträgen in Wusterhausen/Dosse und Wittstock/Dosse erneut von „Rassenkrieg“ und bezeichnete Asylsuchende einmal mehr als „Pack“ und „Hundesöhne“. Eine ähnliche Rede hatte er bereits am 10. Juli 2015 während einer Kundgebung der „Freien Kräften Neuruppin / Osthavelland“, also ungefähr einen Monat vor dem Brandanschlag, in Nauen gehalten. Darüber hinaus unterstrich er, während den Kundgebungen gestern, seine menschenverachtende Gesinnung durch die T‑Shirt Aufschrift „HKNKRZ“, ein Kurzwort für „Hakenkreuz“. Auch die anderen beiden Redner_innen der „Freien Kräfte“, Pierre Boddin und Beatrice Koch, die während Kundgebungstour sprachen, echauffierten sich über die Aufnahme von Flüchtlingen in der Bundesrepublik.
Die Versammlungen zogen vor allem Neonazis aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Havelland und Oberhavel. Eine schwarze Fahne zeigte explizit auch den Ortsnamen „Nauen“.
In Wusterhausen/Dosse und Wittstock/Dosse beteilgten sich jeweils ungefähr 20 Personen an den NPD Veranstaltungen, in Rheinsberg sogar ca. 30. Bunter Protest, zuletzt mit viel Musik
Allerdings war dort, in der nördlichsten Stadt der Kundgebungstour durch den Landkreis Ostprignitz-Ruppin, auch der Protest am stärksten. Zunächst hatten sich ungefähr 100 Menschen auf dem Kirchplatz versammelt. Dann spielte eine Partyband auf und animierte die Leute zu einem fröhlichen Beisammensein. Es wurde sich eingehakt und später sogar eine Polonäse getanzt, mit Landrat Ralf Reinhardt vorne weg. Wenig später stieß dann noch eine 80 köpfige Jazz-Combo dazu, die zu den Klängen von „the saints go marching in“, ähnlich der berühmten Umzüge in New Orleans, einmal um den Triangelplatz, dem Versammlungsort der Neonazis, tanzten und deren düstere, schwermetallische Nazimusik übertönten. Mit dieser waren übrigens um 9.00 Uhr morgens auch die Bürger_innen von Wusterhausen/Dosse aus dem Bett geworfen worden. Eine Anwohner_in rief den Neonazis dort deshalb aus ihrem Fenster zu, dass sie endlich ihre „Scheiß Mucke“ ausmachen sollten. Der Auftritt in der Dossestadt war ohnehin skandalös, fand er doch in 200m Entfernung der dortigen Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende statt. Das Bündnis „Neuruppin bleibt bunt“ war deshalb zur Gegenkundgebung auch mit Gießkannen und Wasserschläuchen erschienen, um der geistigen Brandstiftung so etwas symbolisch entgegenzusetzen. In Wittstock/Dosse erschien die örtliche Zivilgesellschaft ebenfalls mit Gießkannen. Darüberhinaus wurden aber auch Plakate gezeigt, auf denen sich mit Flüchtlingen solidarisiert wurde. Fotos: hier
Am 29.08. lädt die Initiative Corasol zu einer Demonstration in Hennigsdorf ein um ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und für Solidarität mit Geflüchteten zu setzen! Los geht’s um 15 Uhr am Kreisverkehr in der Nähe der Flüchtlingsunterkunft Stolpe Süd.
In der Nacht vom 8. auf den 9. August überlebten zwei Geflüchtete aus Hennigsdorf, ein Kameruner und ein Somalier, knapp einen rassistischen Angriff. Ein Hennigsdorfer attackierte sie mit einer abgebrochenen Flasche und beschimpfte sie rassistisch. Sie hatten tiefe Schnittwunden in Gesicht und Hals. Die Halsschlagader des Somaliers wurde nur knapp verfehlt. Auch die Märkische Allgemeine Zeitung berichtete über den Vorfall.
Das allein wäre schon Anlass genug. Doch seit Monaten ist der Alltag der Geflüchteten durch tägliche Polizeieinsätze im Morgengrauen geprägt. Die Bewohner*innen werden aus dem Schlaf gerissen und ohne
Vorankündigung abgeschoben. Die zunehmend repressive Abschiebungspolitik der Bundesregierung ist auch in Hennigsdorf zu spüren. Neben diesem strukturellen Rassismus, kommt nun noch der brutale physische Rassismus der Nazis und anderer unorganisierter Rassist_innen hinzu. Freital und Heidenau sind die deutlichsten Beispiele dieser Stimmung, aber sie ist überall in Deutschland präsent.
Zachari aus dem Tschad sagt diesbezüglich: „Aufgrund dieser ganzen rassistischen Vorfälle leben wir Geflüchteten in permanenter Angst; der Angst unser Leben zu verlieren, nur weil wir Ausländer*innen sind.“
Und Henry aus Kamerun ergänzt: „Zu der Angst, dass das eigene Asylgesuch abgelehnt und man in den Ort abgeschoben wird, aus dem man vor Krieg oder politischer Verfolgung geflohen ist, gesellt sich nach der Attacke des 08. Augusts 2015 die
Angst bei der Rückkehr vom Supermarkt oder einem Spaziergang in der Stadt einfach so das Leben zu verlieren. Von diesem Gefühl der permanenten Angst ist unser Alltag geprägt.“
Neben diesen rassistischen Entwicklungen beobachten wir auch Zeichen der Solidarität gegenüber Geflüchteten. In vielen Orten gründen sich Willkommensinitiativen, die ihre neuen geflüchteten Nachbar*innen kennenlernen wollen und sie unterstützen.
Wir rufen dazu auf diese Solidarität auch öffentlich zu zeigen. Kommt am Samstag zu unserer Demonstration und sagt öffentlich Nein zu Abschiebungen, Diskriminierung und Rassismus.
Henry aus Kamerun:
„Wir rufen auf zu mehr Toleranz und Akzeptanz. Nur auf diesem Weg können wir eine vielfältige und gleichberechigte Gesellschaft aufbauen.“
Tagtäglich sehen sich Menschen gezwungen vor Bürgerkriegen, Unterdrückungsregimen oder Hungerkatastrophen in sichere Länder zu fliehen. Sie wollen so systematischer Diskriminierung, wirtschaftlichem Ruin, Gewalt oder Tod in ihren Herkunftsländern entkommen. Diese Menschen brauchen unsere Solidarität!
Wir als Demokrat_innen müssen Geflüchtete willkommen heißen und einer Einteilung unserer Gesellschaft in ”Deutsche” und ”Nicht-Deutsche” entgegentreten. Dabei ist es wichtig, den Kontakt zu Geflüchteten zu suchen – sei es in der Schule, im Sportverein oder anderswo – und sich für deren gesellschaftliche Teilhabe einzusetzen.
Doch gerade in den vergangenen Monaten mehren sich Aufmärsche Tausender, die gegen Geflüchtete hetzen und eine rigidere Abschiebungspraxis fordern. Tief sitzende rassistische Vorurteile werden immer vehementer geäußert und bilden den Nährboden für verbale Anfeindungen und körperliche Gewalt gegen Flüchtlinge sowie zuletzt einen enormen Anstieg von Anschlägen auf Geflüchtetenunterkünfte. Der Ruf nach einer Verschärfung des Asylrechts wurde in letzter Zeit immer lauter. Auf parlamentarischem Weg wird solchen Forderungen von Pegida und Co. entgegengekommen. Flucht ist aber kein Verbrechen! Der Zugang zu Schutz und Sicherheit ist ein zentrales Menschenrecht! Asylfeindliche Stimmung in Beeskow
Nun versucht für Sonntag, den 6. September, die Gruppierung ‘Beeskow wehrt sich’ in der Kreisstadt Beeskow gegen vermeintlichen ‘Asylmissbrauch’ zu mobilisieren. Die Facebook-Gemeinschaft will als Ableger von ‘Frankfurt (Oder) wehrt sich’ Fuß in Beeskow fassen. Als wäre nicht schon der Name Hinweis genug auf die Verknüpfung zur Oderstadt, so handelt es sich beim Anmelder der Kundgebung um Peer Koss, der eine der Führungsfiguren der neonazistischen Frankfurter Gruppierung ist. Dort stießen die Flüchtlingsgegner_innen zum vierten Mal in diesem Jahr auf den entschlossenen Gegenprotest des breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses ‘Kein Ort für Nazis in Frankfurt Oder’. Nun soll anscheinend das ländliche Beeskow für deren Propaganda als Standort in der Region gewonnen werden. Wehret den Anfängen! Wir solidarisieren uns mit Geflüchteten und anderen Betroffenen von rassistischer Hetze und Gewalt
In Beeskow kam es bereits zu verschiedenen Provokationen gegenüber Flüchtlingen. Erinnert sei an den Bombenalarm Anfang 2015, als ein Monitor als Bombenattrappe im Innenhof des Rathauses Beeskow mit der Aufschrift ‘Allah lebt’ die Beeskower_innen vermutlich in Angst vor islamistischen Terror versetzen sollte. Des Weiteren drang am Jahresanfang ein Mann mit einer Softair-Waffe in ein Mehrfamilienhaus ein und fragte nach der Wohnung von Geflüchteten. Auch von Belästigungen, Beschimpfungen und explodierenden Böllern in Balkonen von Flüchtlingsfamilien wurde berichtet. Lautstarker Protest anstatt stummes Wegschauen!
Wir werden am 06.09. in der Kreisstadt unsere Solidarität mit Geflüchteten klar Ausdruck verleihen. Beeskow muss eine weltoffene Stadt bleiben und darf Rassismus keinen Platz geben. Der Aufwind, welchen rassistische Bewegungen bekommen, resultiert auch aus fehlenden sichtbaren Gegenprotesten. Wegschauen und Schweigen ist daher keine Strategie im Umgang mit rassistischer Mobilisierung!
Unsere zivilgesellschaftliche Initiative ‘Beeskow gegen Rassismus’ ist ein Zusammenschluss verschiedener Einzelpersonen aus dem Raum Beeskow. Wir stellen uns gegen Menschenverachtung und jegliche Art von Diskriminierung vom Menschen aufgrund ihrer Herkunft. Etliche positive Beispiele zivilgesellschaftlichen Protestes zeigen, wie Menschen erfolgreich ein Zeichen gegen Rassismus setzen können. Mit demokratischen und humanistischen Werten wollen wir menschenverachtenden Positionen und Hass gegenüber Geflüchteten eine klare Absage erteilen und für eine lebhafte antirassistische Kultur in Beeskow werben.
Mit diesem Aufruf möchten wir alle demokratischen Kräfte in Beeskow dazu einladen, sich auf vielfältige, entschlossene und friedliche Art und Weise am lautstarken Protest gegen die Veranstaltung der Rassist_innen und Nazis zu beteiligen. Dabei sind wir solidarisch mit allen, die unser Ziel teilen, sich den rassistischen Aktionen entgegenzustellen. Kein Raum für Rassismus! Beeskow bleibt bunt!
Beeskow, den 23.08.2015
Nach dem in der Nacht zu Dienstag eine als Notunterkunft für Flüchtlinge geplante Sporthalle abbrannte, hatten am frühen Abend ungefähr 350 Menschen im havelländischen Nauen Flagge gegen Rassismus gezeigt. Ab 18.00 Uhr fand dazu zunächst eine Kundgebung an der Baustelle zum geplanten Flüchtlingsheim am Waldemardamm statt. An dieser nahmen zahlreiche antirassistische und antifaschistische Initiativen, Politiker aus dem Bund, Land, Kreis und der Kommune sowie Bürger_innen teil. In mehreren Redebeiträgen wurde sich über die offensichtliche Brandstiftung entrüstet und zu mehr Toleranz und Weltoffenheit aufgerufen. Auch Nauens Bürgermeister Detlef Fleischmann war unter den Rednern. Er hatte bereits am Vormittag einer Erklärung veröffentlicht, in dem sich die Stadtverwaltung den mutmaßlichen Brandanschlag scharf verurteilt. „Sollte das Feuer tatsächlich auf einen mutwilligen Brandanschlag zurückzuführen sein, sprechen wir hier von einer feigen und sinnlosen Tat, die an Niederträchtigkeit kaum zu überbieten ist“, so Bürgermeister Fleischmann.
Anschließend formierte sich die Kundgebung zu einer spontanen Demonstration und zog dann zunächst durch ein Neubaugebiet, das von Neonazis und Rassist_innen in der jüngsten Vergangenheit immer wieder als Aufmarschgebiet genutzt wurde. Danach ging es Richtung Bahnhof bis zum Kreisverkehr in der Dammstraße und von dort durch die Altstadt.
Vereinzelt ließen sich kurzzeitig auch Neonazis am Rande der Demonstration sehen. Diese zogen es dann aber vor, schnell wieder zu verschwinden.
Zur abgebrannten Sporthalle führte die Demonstration allerdings nicht. Die Straße zur Halle war wegen den anhaltenden Löscharbeiten vollständig gesperrt.
Die Polizei ermittelt zurzeit zu den genauen Umständen des Brandes. Ein technischer Defekt wird aber weitgehend ausgeschlossen. Brandstiftung erscheint als die wahrscheinlichste Ursache. Hetzkampagne von Neonazis und Rassist_innen
Der mutmaßliche Brandanschlag auf die geplante Notunterkunft in Nauen ist der traurige Höhepunkt einer beispiellosen Eskalation rassistischer Stimmungsmache im Havelland. Ausgehend von massiven Hetzkampagnen lokalen neonazistischer Organisationen und rassistisch motivierter Bürger_innenvereinigungen im Internet, kam es hier bereits im Februar 2015 zu Tumulten bei einer Stadtverordnetenversammlung, als über den Verkauf eines Grundstückes der Stadt Nauen an den Landkreis abgestimmt werden sollte. Neonazis und Rassist_innen provozierten den Abbruch der Veranstaltung und konnten nur durch den Einsatz der eiligst heranbeorderten Bereitschaftspolizei vom Gelände entfernt und zerstreut werden.
Die Planung der Errichtung einer Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylsuchende konnten die Störer_innen zwar nicht aufhalten, führte jedoch in den folgenden Wochen eigene Hetzversammlungen durch. Von März bis Juli 2015 fanden allein sechs derartige Veranstaltungen statt, die wahlweise von Aktivisten der NPD, „Freien Kräften“ oder Vereinigungen mit ähnlicher Intension angemeldet wurden. Eine besondere Rolle spielte u.a. dabei auch der derzeitige NPD Stadtrat Maik Schneider. Gegen ihn wird zurzeit u.a. wegen der Tumulte bei der Nauener Stadtverordnetenversammlung ermittelt. Er soll dort als Rädelsführer aufgetreten sein. Heute war er ebenfalls kurzzeitig am Rande der Kundgebung zu sehen. Unrühmliche Anschlagsserien
Bereits in den 1990er Jahren gab es in und um Nauen eine aktive, gewaltbereite Neonaziszene. Am 3. September 1992, wenigen Tage nach dem Pogrom in Rostock-Lichtenhagen,brannte beispielsweise ein bewohntes Asylbewerberheim in Ketzin/Havel, südlich von Nauen,nach einem neonazistischen Angriff mit Molotow-Cocktails vollständig aus. Wie durch ein Wunder kam dabei niemand ums Leben.
In den 2000er Jahren setzte die neonazistische Terrorvereinigung „Freikorps Havelland“ die Spur des Feuers weiter fort. Die Täter_innen setzten dabei mehrere Lokale und Imbissstände von Migrant_innen im Osthavelland in Brand. Der damals gefasste Haupttäter aus einer Gemeinde in der Nähe von Nauen war nach Verbüßung seiner Haftstrafe weiterhin im Neonazimilieu aktiv und nahm an diversen Versammlungen von NPD und „Freien Kräften“ teil. Zudem verkehrte er regelmäßig in einem inzwischen geschlossenen Szenetreffpunkt in Nauen.
Auch die aktuelle Anschlagsserie auf Parteibürosin Nauen trägt eindeutig neonazistische Züge. Dabei wurden mehrfach Einrichtungen der Partei DIE.LINKE und der SPD mit neonazistischer Propaganda beklebt, mit Farbbomben angegriffen oder die Fensterscheiben eingeschlagen. weitere Fotos: hier
INFORIOT Am Abend des 25. August haben knapp 350 Menschen gegen Rassismus und Neonazis in Nauen demonstriert. Anlass war der Brand einer Turnhalle, die als Notunterkunft für Geflüchtete genutzt werden sollte, in der Nacht von Montag zu Dienstag. Die Unterkunft sollte in wenigen Tagen vorübergehend bezogen werden, da ein Gebäude zur weiteren Unterbringung noch errichtet werden soll.
350 bei der Mahnwache in Nauen. Rassistische Gewalt: Kein Ende in Sicht
Gegen zwei Uhr Nachts brannte die Turnhalle bereits so stark, dass die Feuerwehr keine Chance hatte das Gebäude zu retten, berichtet die MAZ. Es brannte komplett aus. Zu sehen sind nur noch verrußte Wände und durchgebrannte Überreste von Kabeln und Verkleidung. Auch wenn bisher keine Tatverdächtigen ermittelt wurden, ist mit ziemlicher Sicherheit klar, dass es sich hier um einen rassistischen Anschlag handelte. Denn der Angriff auf die geplante Notunterkunft in der Kleinstadt Nauen kam nicht über Nacht. Er kam quasi mit Ankündigung. Immer wieder waren in Nauen rassistische Vorfälle bekannt geworden. Angefangen bei einer Bürger_innenversammlung zum Thema Unterbringung im Februar, die von Neonazis so massiv gestört wurde, dass die Veranstaltung abgebrochen werden musste. Es folgten Kundgebungen gegen Asylpolitik u.a. im Mai von der rassistischen Facebookinitiative „Zukunft Nauen“ und durch die NPD im Juli. Im Juni und Juli kam es zu einer Serie von Anschlägen auf Parteibüros der Linken und der SPD. Die Turnhalle brannte völlig aus.
In den letzten Tagen und Wochen waren es vor allem die sächsischen Städte Freital und Heidenau die durch rassistische Proteste in die Schlagzeilen geraten waren. Doch auch in Brandenburg ist die Zahl rassistischer Proteste und Gewalttaten alarmierend. Allein in diesem Jahr gab es nach Angaben der Opferperspektive 88 rechte Angriffe. Der Großteil davon mit rassistischem Hintergrund. Die Zahl ist umso erschreckender, wenn die Vorjahreszahl von 92 Angriffen in Relation dazu gesetzt wird: Die 88 Angriffe beziehen sich nur auf die erste Jahreshälfte 2015. 92 wurden im ganzen Jahr 2014 verübt. Der Anschlag in Nauen ist Angriff Nummer 89. Politiker_innen im Redeschwall
Nur wenige Stunden nach dem Anschlag, hatte die lokale Initiative „Nauen für Menschlichkeit“ zu einer Kundgebung am Ort der geplanten Unterkunft, einige hundert Meter von der Turnhalle entfernt, aufgerufen. Gefolgt waren dem Aufruf nicht nur engagierte Anwohner_innen, Antifaschist_innen aus Berlin und Brandenburg, sondern auch eine Reihe von Landes- und Kommunalpolitiker_innen, die sich in ihren Reden zu übertreffen versuchten. So forderte beispielsweise Klaus Ness, Fraktionsvorsitzender der SPD im Brandenburger Landtag, einen „Aufstand der Anständigen“ und „den Anstand der Zuständigen“. Ursula Nonnenmacher, Grünenpolitikerin im Landtag, sah in der AfD die geistigen Brandstifter. Der Falkensee Bürgermeister war der Ansicht, die Parallelen zu 1933 seien deutlich: Bei den Neonazis und rassistischen Angreifern handle es sich ähnlich wie bei der SA um Kampftruppen auf der Straße. Als er im Weiteren davon sprach, dass es sich bei dem Angriff auf die Turnhalle nicht nur um einen Angriff auf Asylbewerber_innen handle, sondern auch auf Deutschland, hagelte es Buhrufe. Für Nationalstaat und deutsche Identität fand er wenig Sympathie unter den antifaschistischen Teilnehmer_innen. Ebenso wenig Begeisterung erntete einer der nachfolgenden Redner, der sich statt über die rassistische Tat, über den Schaden für die Turnhalle als Gebäude ausließ. Deutlichere Worte fand dagegen ein Antifaschist, der auf den Rassismus in der Mitte der Gesellschaft hinwies und auch die CDU als Teil des rassistischen Mainstreams ausmachte. Bürgermeister Detlef Fleischmann (SPD) sprach bei der Auftaktrede, dass die Geflüchteten “jetzt erst recht” in Nauen aufgenommen werden. Spontandemonstration durch die Innenstadt
Nach Abschluss der Kundgebung zogen die Teilnehmer_innen mit einer spontanen Demonstration durch die Nauener Innenstadt. Lautstark wurden antirassistische Sprechchöre wie „Say it loud, say it clear: Refugees are welcome here“ und „No Borders, no nations, stop deportation“ geäußert. Als Aufruf an alle Anwohner_innen am Rande der Demonstration wurde „Vorurteile hinterfragen, Ja zu neuen Nachbarn sagen!” gerufen. Spontandemonstration durch die Innenstadt. Versuchter Naziangriff auf Versammlung
Während der Versammlung kam es zu zwei Zwischenfällen: Drei Neonazis versuchten sich der Kundgebung zu nähern, wurden jedoch frühzeitig ferngehalten. Einige Zeit später, tauchten wiederum acht Neonazis mit Eisenstangen auf und wollten den Spontanaufzug angreifen. Dazu kam es dank antifaschistischer Intervention jedoch nicht. Auch der Neonazikader und NPD-Stadtverordnete in Nauen Maik Schneider soll sich in der Nähe der Demonstration aufgehalten haben. Mehr Bilder: hier.