INFORIOT Freital, Meißen, Heidenau und jetzt Nauen (Brb): In der heutigen Nacht wurde ein mutmaßlicher Brandanschlag auf die Turnhalle des Oberstufenzentrums in Nauen verübt. Die Turnhalle befand sich im Umbau zu einer Asylnotunterkunft und sollte noch in dieser Woche bezogen werden. Das Gebäude brannte komplett aus. (Hintergrundinformationen: http://www.maz-online.de/Brandenburg/Nauen-Alles-deutet-auf-Brandanschlag-hin)
Der Brandanschlag ist die traurige Spitze einer Serie von rassistischer Schikane im Internet, Nazidemonstrationen und Anschlägen auf Parteibüros und Geflüchtetenunterstützer_innen in der Stadt. Es gilt: Wenn Rassist_innen angreifen, sorgt dafür, dass sie es nie wieder tun!
Heute: Kundgebung gegen Rassismus 18:00 Uhr – Waldemardamm/Kreuztaler Straße; Nauen
Am gestrigen Abend hatte die Stadt Brandenburg an der Havel zu einer Einwohner_innenversammlung im Ortsteil Kirchmöser geladen. Einziger Tagesordnungspunkt war die geplante Unterbringung von 75 Flüchtlingen in einem neu eingerichteten Übergangsheim im Ortsteilgebiet. Zu der Versammlung waren ungefähr 120 Menschen erschienen, darunter auch Sympathisant_innen des neonazistischen Milieus. Die Veranstaltung lief jedoch ohne nennenswerte Störungen ab. Offenbar vorsorglich war die Polizei jedoch mit mehreren Einsatzkräften vor Ort.
Allgemeine Informationen
Wie auch bei den vorangegangenen Einwohner_innenversammlungen in der Walzwerksiedlung und in Hohenstücken führte auch heute wieder Brandenburgs Beigeordneter Wolfgang Erlebach mit allgemeinen Fakten zum Thema Asyl in die Versammlung ein, bevor er speziell auf die Situation in der Stadt zu sprechen kam. Demnach ist die Stadt Brandenburg an der Havel bis Ende 2015 verpflichtet momentan ungefähr 665 Menschen, die vor allem wegen andauernder Kriege und Verfolgung aus ihren Heimatländern flohen, eine Unterkunft bereitzustellen. Dafür stehen zurzeit nur die Gemeinschaftunterkunft für 288 Personen in Brandenburg-Nord, Wohnungen im Verbund für 81 Personen und eigener Wohnraum für 50 Personen zur Verfügung. Zu wenig angesichts der steigenden Zahl der Flüchtlinge.
Allerdings ist mit geplanten Unterkünften in der Walzwerksiedlung und in Hohenstücken weiterer Raum für die Unterbringung der geflüchteten Menschen längst im Bau.
Die jetzt in Kirchmöser sowie parallel dazu in an einem anderen Punkt in Hohenstücken geplanten Einrichtungen sind explizit als Notunterkünfte konzipiert. Das heißt sie dienen nur der temporären Aufnahme von Flüchtlingen, bevor die im Bau befindlichen Gemeinschaftsunterkünfte fertig sind.
Die Notunterkünfte in Kirchmöser sind deshalb wesentlich spartanischer eingerichtet, als die bestehenden und auch die künftigen Unterkünfte. Acht Menschen sollen hier in 50,00 m² großen Räumen untergebracht werden. Des Weiteren wird es eine Gemeinschaftsversorgung und die Betreuung durch eine_n Sozialarbeiter_in geben. Insgesamt sollen 75 Menschen in Kirchmöser untergebracht werden. Hauptsächlich werden Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Eritrea erwartet. Und die Notunterkunft soll vor allem als Wohnort für allein geflüchtete, erwachsene Männer sein. Familien sollen in einer separaten Unterkunft, in einem anderen Stadtteil untergebracht werden. Fragerunde
Aufgrund der Tatsache, dass nur erwachsene Männer als Flüchtlinge erwartet werden, entfielen zunächst die bei derartigen Einwohner_innenversammlungen üblichen Fragen zu KITA-Plätzen und Schulintegration. Dafür beschäftigte einigen „besorgten“ Bürger_innen insbesondere die Tatsache, das nur männliche Asylsuchende kommen werden. Die Frage der Sicherheit war anschließend das hauptsächliche Thema der Runde.
Immer wieder meldeten sich einige Bürger_innen zu Wort, die ihr Sicherheitsgefühl verletzt sahen. Da diese Einwände aber auch regelmäßiger Bestandteil des Fragenkatalogs von Einwohner_innenversammlungen sind, war die Stadt durchaus vorbereitet, das Gefühl einer vermeintlichen Bedrohung ernst zu nehmen. Zwar hatte es die Versammlungsleitung versäumt eine_n Vertreter_in der Polizei zu laden, konnte dafür aber die langjährigen Erfahrungen des Leiters der Gemeinschaftsunterkunft in Nord weitergeben. Demnach seien ihm keine größeren Konflikte im Heim bekannt geworden. Im Gegenteil, die Menschen benehmen sich respektvoll untereinander. Gefahr drohe meistens eher von außerhalb zum Nachteil der dort Untergebrachten, so der ehemalige Brandenburger Polizeichef Norbert Langerwisch, in einer Wortmeldung dazu. Diesbezüglich bohrte dann noch einmal ein älterer Herr nach und erkundigte sich, ob nun ähnliche Szenarien wie in den beiden sächsischen Städten Freital und Heidenau drohten. Derartige Tendenzen hielt der momentane Heimleiter der Gemeinschaftsunterkunft in Brandenburg Nord jedoch zurzeit für eher unwahrscheinlich, warnte aber gleichzeitig vor neonazistischen Aktivist_innen aus dem Brandenburger Umland. Ohne das Thema aber noch weiter auszudehnen, ergriff er vielmehr die Chance, um für die Unterstützung der künftig im Übergangsheim lebenden Menschen zu werben. Wichtigster Punkt war dabei, die Vermittlung von Deutschkenntnissen durch ehrenamtliche Lehrer_innen. Viele erkundigten sich nun auch nach Möglichkeiten der Abgabe von Sachspenden oder Integration in Vereine.
Andererseits gab es aber auch weiterhin Wortmeldungen, welche die geplante Übergangsunterkunft kritisch sahen. Insbesondere im Hinblick der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung, da in Kirchmöser angeblich nicht mehr so viele Ärzte praktizieren. Dem widersprach jedoch eine anwesende Ärztin, die auch im Namen ihrer Kollegen sprach. 75 Menschen zusätzlich zu betreuen wäre für die Ärzte demnach kein Problem. Neonazis im Auditorium
Aus dem lokalen neonazistischen Milieu waren übrigens ungefähr sechs bis sieben Sympathisant_innen erschienen, die sich unscheinbar kleideten und während der Veranstaltung im gesamten Saal verteilten. Zu nennenswerten Aktivitäten kam es aber nicht. Lediglich zwei Personen dieser Gruppe stellten jeweils eine Frage zum Thema Sicherheit, die ihnen auch beantwortet wurde. Ob sie sich damit zufrieden geben werden, wird sich allerdings erst in den nächsten Wochen zeigen. Fotos: hier
Opferperspektive — Die rechte und rassistische Gewalt in Brandenburg steigt in diesem Jahr alarmierend. Mit 88 rechten Angriffen, die der Verein Opferperspektive bis Ende Juli registrierte, ist bereits nach 7 Monaten das Angriffsniveau des Vorjahres erreicht (2014 gesamt: 92 Fälle). Von einer hohen Dunkelziffer und von Nachmeldungen ist auszugehen. Das häufigste Tatmotiv ist Rassismus mit 50 Angriffen, weitere 23 Angriffe richten sich gegen politisch Aktive. Nach Kenntnis der Beratungsstelle sind von den Angriffen mindestens 250 Personen direkt oder indirekt betroffen.
Die Schwelle zur Gewalt ist wahrnehmbar gesunken und der überwiegende Teil der Angriffe sind gefährliche Körperverletzungen (37 Fälle) und einfache Körperverletzung (24 Fälle). Darüber hinaus sind Fälle von Bedrohungen, Sachbeschädigungen und Brandstiftungen an geplanten Flüchtlingsunterkünften von der Opferperspektive registriert worden.
„Dieses Angriffsniveau vor allem gegenüber geflüchteten Menschen und einen so hohen Anteil an Körperverletzungen haben wir seit langem nicht erlebt. Die Lage ist alarmierend. Anders als im Vorjahr lassen sich keine regionalen Schwerpunkte mehr ausmachen, denn die rassistischen Angriffe werden flächendeckend in Brandenburg verübt,“ fasst die Geschäftsführerin des Vereins Opferperspektive Judith Porath die momentane Situation zusammen. Angriffe sind Alltag
Die rassistische Stimmung in Brandenburg ist insgesamt stark gestiegen. Beleidigungen, Beschimpfungen und Angriffe erfolgen überall: im Supermarkt, im Wohnumfeld, auf der Straße, am Bahnhof und in der Umgebung von Gemeinschaftsunterkünften. Teilweise werden die Taten von organisierten Neonazis begangen, auffallend ist aber der steigende Anteil an Täter_innen, die sich selbst nicht diesen Strukturen zuordnen. „Wir erfahren aus Beratungsgesprächen immer wieder, dass Menschen aus Angst vor weiteren Attacken nur noch für die wichtigsten Erledigungen das Haus verlassen. Rassistische Gelegenheitstäter_innen fühlen sich offenkundig durch die allgemeine Mobilisierung gegen Flüchtlinge bestärkt ihre Menschenverachtung und ihren Hass spontan in Gewalt umzusetzen,“ erläutert Judith Porath die bedrohliche Lage für Flüchtlinge.
In Hennigsdorf greift ein Mann Anfang August zwei Asylsuchende mit einer abgeschlagenen Bierflasche an und verletzt sie schwer, einer der Angegriffenen erleidet eine tiefe Schnittwunde nahe der Halsschlagader. Bei den rassistischen Angriffen ist versuchter Totschlag jedoch nur die Spitze des Eisberges:
In Frankfurt/Oder wird eine Gruppe syrischer Flüchtlinge zwei Stunden durch die Stadt gejagt und zusammengeschlagen, Flüchtlinge in Wriezen werden aus einem Auto heraus mit Flaschen beworfen, in Cottbus rammt ein Mann einer schwangeren Frau aus Tschetschenien mehrmals einen Einkaufswagen gegen den Bauch, vor einer Gemeinschaftsunterkunft in Potsdam attackieren Männer aus der benachbarten Autowerkstatt einen somalischen Flüchtling mit Werkzeugen. Neonazis schikanieren in Hennigsdorf den Betreiber eines Imbiss und greifen ihn und sein Personal so häufig an, bis sich keiner mehr für ihn zu arbeiten traut. An einer Bushaltestelle in Cottbus erhält ein Student aus Kamerun mehrere Faustschläge ins Gesicht – das ist nur eine Auswahl der Angriffe der letzten Monaten.
Rassistische Hetze nicht weiter fördern
Der alarmierende Anstieg rassistischer Gewalt in Brandenburg ist nach Einschätzung der Opferperspektive auf die massive Mobilisierung gegen Flüchtlinge in Politik, Medien und in den sozialen Netzwerken zurückzuführen. Lokale Initiativen, oft verwoben mit rechten Organisationen, hetzen gegen Flüchtlinge und organisieren Kundgebungen vor Gemeinschaftsunterkünften. In der Presse bestimmen seit Monaten Szenarien von Notstand die Berichterstattung über Flucht und Asyl und heizen das rassistische Klima an. Politiker_innen und Behörden gießen Öl ins Feuer, indem sie über Flüchtlinge nur als Massenphänomen sprechen und den Eindruck vermitteln, zu viele Menschen suchten in Deutschland Schutz vor Krieg, Verfolgung und Hunger. „Zeigen Politiker_innen auch noch Verständnis für die ‘diffusen Ängste und Sorgen’ von Rassist_innen und fordern mehr Maßnahmen zur Abschreckung von Flüchtlingen, erinnert uns das an die verheerende ‘Das Boot ist voll’-Rhetorik der 1990er Jahre“, bemerkt Judith Porath von der Opferperspektive.
„Es ist für uns unerträglich, wenn Rassist_innen und Neonazis vor Flüchtlingsunterkünften aufmarschieren und Bewohner_innen einschüchtern und bedrohen können.Es ist unerträglich, wenn Politiker_innen Flüchtlinge verunglimpfen und ihnen massenhaften Asylmissbrauch unterstellen und damit Sozialneid schüren, denn die rassistischen Täter_innen fühlen sich dadurch in ihren Vorurteilen bestärkt“, so Judith Porath weiter.
Vor dem Hintergrund des dramatischen Anstiegs der rassistischen Gewalttaten in Brandenburg fordert der Verein Opferperspektive die Landesregierung auf, alle Maßnahmen zu ergreifen der rassistischen Stimmung entgegenzuwirken und klare solidarische Signale für die Aufnahme von geflüchteten Menschen in Brandenburg zu setzen. Dazu gehört es unabdingbar, Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen, ihnen das Ankommen durch begleitende Programme zu ermöglichen und vor allem für ihren Schutz vor Gewalt und Bedrohungen zu sorgen.
Hallo Wittstock!
Wir sind heute hier um gegen die rassistischen Mobilisierung gegenüber Geflüchteten und anhaltender Nazischeiße in der Dossestadt Wittstock zu demonstrieren. Wir, das alternative Jugendcamp aus dem mecklenburgischen Lärz, wollen uns mit all denen solidarisieren, die sich in Wittstock und andernorts nicht von Neonazis einschüchtern lassen und für eine offene Gesellschaft kämpfen. Wittstock und die Nazis
Wittstock ist über seine Grenzen hinweg bekannt für seine vielschichtige, bundesweit gut vernetzte Naziszene — insbesondere nach Mecklenburg-Strelitz. Mit ihrer äußerst gewaltbereiten Szene mit offener Gegnerschaft zur NPD, erinnert die Kulisse an Mecklenburg in den 90ern. Ein Zeichen der guten Verbindung stellt der neue Tattooladen eines AfD-lers aus dem Müritzer Raum in Wittstock dar, welcher von dem lokalen Neonazikader Sandy „Lui“ Ludwig geleitet wird.
Seit dem der Landkreis Ostprignitz-Ruppin Ende 2014 in Wittstock mehrere syrische Familien dezentral in Wohnungen untergebracht hat, kocht die Stimmung in der Stadt. In der Vergangenheit kam es oft zu Pöbeleien und versuchten Angriffen auf Geflüchtete und nicht-rechte Jugendliche. Auf der Facebook-Seite „Wittstock sagt nein zur Asylpolitik“ und der Gruppe „Asylpolitik in Wittstock? Nein Danke!“ lassen die Rassist*innen und Nazis offen ihren Hass freien Lauf und schüren vermeintliche „Ängste“ und Ressentiments gegen Geflüchtete und nicht-Deutsche in der Bevölkerung. Seit Dezember des vergangenen Jahres veranstalten die Neonazis nahezu monatlich sogenannte „Fackelaufmärsche“, bei denen regelmäßig bis zu 250 Rassist*innen und Neonazis teilnehmen.
Allem voran eint die landesweiten Kampagne „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ der pseudoelitäre Kleinstpartei der „III. Weg“ die hiesigen Nazistrukturen. Mit dem Zuzug von dem Neonazikader Matthias Fischer seit Ende 2014 versucht die Kleinstpartei, die als Nachfolgeorganisation des verbotenen militanten Netzwerks „Freies Netz Süd“ aus Süddeutschland gilt, in Brandenburg Fuß zu fassen. Mit ihren „25-Punkte-Programm“ ähneln die Forderungen des „III. Weg“ inhaltlich dem Parteiprogramm der NSDAP. No-Go-Area Wittstock? Nicht mit uns!
Wir wollen über die Ländergrenzen hinweg ein deutliches Zeichen setzen für eine alternative Jugendszene in Wittstock und eine offene Willkommenskultur, in der niemand Angst haben muss aufgrund seiner Herkunft, Religion, politischer oder sexueller Orientierung physischen oder psychischen Angriffen ausgesetzt zu sein.
Wittstock steht exemplarisch für viele Kleinstädte, Dörfer und Gemeinden auf dem Land, in denen Nazis die Subkulturen dominieren und es den Jugendlichen an alternativen Räumen fehlt. Viele junge Menschen ziehen oft nach jahrelanger Anfeindungen und Ausgrenzungen durch Nazis nach den Erwerb des Abiturs oder der Ausbildung in die nächsten Großstädte. Was bleibt sind Freiräume für Nazis in den örtlichen Feuerwehren, Fußballvereinen, Jugendclubs und anderen Institutionen. Es gilt diese Freiräume einzudämmen durch die Erschaffung und Verteidigung einer starken antifaschistischen Gegenkultur! Support your local Antifa! flyer wittstock_druck
INFORIOT Spontanen Besuch ereilte Wittstock/Dosse an diesem vergangenem Sonnabend. Eine Gruppe von knapp 100 Antifaschist_innen veranstaltete eine Demonstration unter dem Motto „Antifa! Here we Are“ durch die historische Altstadt. Bei den aus Mecklenburg-Vorpommern angereisten Antifaschist_innen handelte es sich um die Teilnehmer_innen des Alternatives Jugendcamp (AJUCA), welches diese Woche in der Müritzregion campieren.
Mit lauten Sprechchören, Transparenten und Fahnen zogen die Demonstrant_innen vom Wittstocker Bahnhof eine Runde durch die Altstadt und beendeten ihren Aufzug auf den Marktplatz. Ursprünglich sollte die Demonstration aus dem Plattenbauviertel um die Käthe-Kollwitz-Straße durch die Innenstadt zum Bahnhof führen. Doch die Brandenburger Polizei machte den Campern einen Strich durch die Rechnung. Unter den fadenscheinigen Grund, dass die Polizei an dem Tag unterbesetzt sei, wurde eine deutlich kürzere Route verhandelt.
In einem Redebeitrag und Flyern wurde die anhaltende rassistische Mobilisierung und Bedrohungen gegen Geflüchtete und nicht-rechte Jugendliche thematisiert. Die Demonstrant_innen bekundeten in einem Redebeitrag u.a. ihre Solidarität über die Ländergrenzen hinweg mit den alternativen Jugendlichen in der Stadt und forderten mehr Alternativen gegen die rechten Hegemonialbestrebungen und mehr Willkommenskultur in ländlichen Gebieten. Nachdem die Demonstration auf dem Marktplatz aufgelöst wurde, besuchten die Demonstrant_innen das Sommerfest der Linken am Amtshof.
Im Anschluss fuhren die Demonstrant_innen weiter zur Burg Stargard (Mecklenburg) um ihre Solidarität mit den dort untergebrachten Geflüchteten zu bekunden. Einen Tag zuvor veranstaltete die NPD dort eine flüchtlingsfeindlichen Kundgebung. Die Kundgebung am Sonnabend musste allerdings durch anhaltende Neonaziprovokationen abgebrochen werden. Bei der Abfahrt wurden die Busse von Neonazis, die mit Flaschen, Steinen und Zaunlatten bewaffnet waren, attackiert.
Beim Start des Projektes vor drei Jahren hatten wir uns viel vorgenommen, wir haben nicht alles erreicht und trotzdem eine ganze Menge auf die Beine gestellt. In einer Phase des allgemeinen Rechtstrends wollten wir mit unserem Infoladen eine Gegenbewegung einleiten und auf lokaler Ebene den alten humanistischen Idealen von Freiheit, Gleichheit und Solidarität eine Frischzellenkur verpassen. Den Rechtstrend konnten wir nicht aufhalten und die allgemeine Totenruhe, trotz immer härterer Ämter-Schikanen, Massenüberwachung, Nazi-Gewalt und rassistischer Abschottungspolitik, bleibt bedrückend. In all diesen Bereichen haben wir versucht auf lokaler Ebene gegenzusteuern, aufzuklären und zu mobilisieren. Das schlaucht und trotzdem gab es immer wieder Momente, die uns viel Mut und Kraft gegeben haben.
Schon im Oktober 2012 waren knapp 200 Menschen gegen Nazistrukturen in Forst auf der Straße. Durch die Kampagne „Kein Heimspiel für Nazis“ hat die lokalen Naziszene ihren Treffpunkt „Firma 18“ in der Waldstraße verloren. Die NPD hatte mit ihren Kundgebungen in Forst nie einen leichten Stand. Die Kampagne „Wir sind Bert Neumann“ gegen Totalsanktionierung von HartzIV-EmpfängerInnen bekam 2013 bundesweite Aufmerksamkeit. Ende des gleichen Jahres bis Mitte 2014 wurden verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen zum Thema Flucht und Asyl auf die Beine gestellt. Gerne erinnern wir uns an die tolle Stimmung beim Refugees-Welcome-Hallenfußballturnier. Nach dem brutalen Überfall auf eines der beiden Forster Asylbewerberheim konnte mit einer Kundgebung im August 2014 ein wichtiges Zeichen der Solidarität gesetzt werden.
In der Zeit haben wir viele neue Bekanntschaften gemacht, feste Verbindungen aufgebaut und Freundschaften vertieft. Das Infoladen-Kollektiv als horizontale Struktur hat sich bewährt, als Ort hat der Infoladen uns allerdings nicht das gebracht, was wir uns erhofft hatten. Zur offenen Anlaufstelle für Jugendliche und Menschen aus dem Stadtteil ist er kaum geworden. Durch die versteckte Lage auf dem Park7-Gelände und den schwierigen Zugang hatten wir zu wenig „Laufkundschaft“. Die persönlichen Kontakte sind durch den Aufbau des Infoladens trotzdem gewachsen und letztendlich sind diese wichtiger als der Ort selbst geworden. Wir haben uns deshalb im Infoladen-Plenum darauf geeinigt unsere Energie, Zeit und Geld besser einzusetzen und unsere zukünftige Arbeit neu auszurichten.
In der Analyse der Situation sind wir zu den folgenden Schlüssen gekommen. Der alte Infoladen-Gedanke hat sich im Prinzip überlebt. die Art sich zu informieren hat sich in den vergangen Jahren radikal verändert. Wir glauben, dass es in Zukunft weniger darum gehen kann große Menge Infomaterial in analoger Form an vielen Orten zur Verfügung zu stellen. Fast alle Informationen sind heute über das Internet zu beziehen. Es ist wichtiger in der „realen Welt“ dezentral und durch unterschiedliche Aktionen Aufmerksamkeit zu erzeugen und dadurch für unsere Themen das Interesse zu wecken. Eigene Räume müssen so offen wie möglich sein und sich immer wieder verändern, um Abschottung und Erstarrung zu verhindern. Temporäre Interventionen, Aktionen und Kampagnen an unterschiedlichen Orten scheinen uns deswegen die besseren Mittel zu sein. Um dabei trotzdem den Faden nicht zu verlieren braucht es auf lokaler und regionaler Ebene Bewegungs-Archive, ein Mindestmaß an Infrastruktur und regelmäßige Publikationen mit hohem theoretischen und praktischen Gebrauchswert.
Wenn wir jetzt den Infoladen Neuron schließen, dann ist das kein Grund zur Trauer. Der Mut und die Lust uns gegen unmenschliche Verhältnisse aufzulehnen brennt weiterhin in uns und wir wissen, dass wir dieses Feuer mit vielen anderen Menschen teilen. Wir machen Platz für Neues. Nochmal danke an Alle, die gemeinsam mit uns aktiv waren und uns auf die eine oder andere Art unterstützt haben.
Die Internetseite werden wir zur Dokumentation weiter online lassen. Rückmeldungen und Anfragen können uns gerne noch eine Weile an die alte Mailadresse neuron[ät]riseup.net geschickt werden.
Notfalls mit Gewalt: Aufruf auf der Facebook-Seite von “Frankfurt/Oder wehrt sich” fünf Tage vor der Kundgebung.
Am Samstag, den 25. Juli, veranstaltete die neonazistische Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ den bereits vierten Aufmarsch in der Oderstadt. Insgesamt 80 Neonazis und Rassist*innen versammelten sich diesmal am Karl-Ritter-Platz. Hier soll in diesem Jahr eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete eingerichtet werden. Unweit der rassistischen Kundgebung demonstrierten etwa 250 Antifaschist*innen gegen den Aufmarsch, welche von einem Großaufgebot der Brandenburger Polizei abgeschirmt wurde. (1) Ankündigung von Übergriffen
Wurde bei der letzten Demonstration am 25. April wegen möglicher Blockadeversuche die Ankündigung auf ihrer Facebook-Seite noch sehr kurzfristig bekanntgegeben, mobilisierten die Frankfurter Rassist*innen um Peer Koss schon mehrere Wochen vorher zum nördlichen Rand der Innenstadt. Treffpunkt sollte zunächst um 12 Uhr am Frankfurter Hauptbahnhof sein, um dann gemeinsam mit anreisenden Neonazis, vermutlich als spontane Demonstration, durch das Zentrum laufen zu können. Dennoch schien auch diesmal das Risiko von Blockaden durch das lokale antifaschistische Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ zu groß. Obwohl laut eigener Aussage noch Flyer mit dem alten Treffpunkt verteilt wurden, rief man fünf Tage vorher dazu auf, direkt zum Kundgebungsort zu gehen. Auffallend bei Kurz nach dem Aufmarsch bedrohten die Neonazis auf Facebook eine*n Antifaschist*in sowie Pressevertreter. Der Eintrag verschwand wenig später wieder von der Seite.
diesem Posting war, dass ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, sich das Versammlungsrecht zu erkämpfen und sich notfalls zur Wehr zu setzen.2 Neben einigen ablehnenden Kommentaren fanden andere die Nachricht begrüßenswert. Der Facebook — Nutzer Christopher Lehnert kündigte an, mit seinen Leuten am Bahnhof einzutreffen und ergänzte mit dem Slogan „Sport frei“. Auch der Nutzer Dean Mason dankte für den Hinweis und kommentierte den unter Hooligans beliebten Spruch. Dabei war die Zielsetzung dieses Ausrufes eindeutig: Die Neonazis wollten sich gewalttätige Auseinandersetzungen mit Gegendemonstrant*innen suchen. Ganz klar wurde die Aufforderung zur Gewalt hinter Sätzen, wie „zur Wehr setzen“ verklausuliert. Bestärkt wurde dies durch ein Posting am 22. Juli, in dem der § 32 des Strafgesetzbuchs wiedergegeben, um mögliche Übergriffe als Notwehrhandlungen darzustellen.3 Immer wieder die selben!
Zu bekannt gewordenen Übergriffen im Vorfeld der Kundgebung kam es nicht. Auch der Treffpunkt am Hauptbahnhof wurde nahezu nicht genutzt. Nur einzelne Neonazis, die mit der Bahn angereist waren, fanden sich auf dem Bahnhofsvorplatz ein, um dann wenig später von PKWs abgeholt zu werden. Der Gubener Alexander Bode (NPD) diente dafür als Kontaktperson und wies den wenigen ankommenden Teilnehmer*innen den Weg. “Ich bin Herr B(rusak)”. Selbstdarstellerisch präsentierte sich Björn Brusak auf der Neonazi-Kundgebung. Inzwischen gehört der auch als Liedermacher bekannte Neonazi zu den regelmäßigen Rednern in Frankfurt (Oder). (Photo: Presseservice Rathenow)
Am Kundgebungsort bot sich ein Bild, welches sich bei allen Veranstaltungen von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ seit Januar zu wiederholen scheint. Neben Deutschlandfahnen und Transparenten, die von inhaltsleeren „Wir sagen Nein!“ bis hin zum zynischen „Freundlichen Frankfurt gegen Asylantenheime und Asylwahn“ die übliche Außendarstellung bot, gaben sich die Redner Björn Brusak (Europäische Aktion), Maik Eminger und Pascal Stolle (beide III. Weg) mit den immer gleichen Tiraden ihrem Hass gegenüber Geflüchteten, Antifaschist*innen, der BRD und „dem System“ hin.
Während Björn Brusak von „Verschwörungsfakten“ über das von der US-Ostküste gesteuerte Finanzsystem sprach, das die nicht souveräne Bundesrepublik kontrollieren würde, hetzten die beiden Kader der rechten Splitterpartei „Der III. Weg“ gegen Asylbewerber*innen und sprachen von „artfremden Rassen“, die niemals zu Deutschland gehören könnten. Wie bei den letzten Aufmärschen war die unter dem Parteienprivileg auftretende extrem rechte Gruppierung im Hintergrund in die Organisation des Tages eingebunden.
Nach nicht einmal einer Stunde beendeten die Neonazis bereits ihre Kundgebung. Die Teilnehmer*innenzahl war auch diesmal recht überschaubar und zeigte die seit Januar ersichtliche Metamorphose von einer rassistischen Demonstration mit 250 Wutbürger*innen4 hin zu einem Kern aus gefestigten Neonazis mit unter 100 Personen. Konnten beim letzten Aufmarsch am 25. April mit Unterstützung durch NPD und dem „III. Weg“ gerade einmal 55 Rassist*innen mobilisiert werden5, gelang es diesmal gerade, die Zahl der Teilnehmer*innen auf 80 zu steigern. Auffallend war am 25.7. das Fehlen von Aktivist*innen der „Kameradschaft Kommando Werwolf“ um den mehrfach verurteilten Sven Lemke – waren diese doch bislang auf allen Aufmärschen anwesend und sogar organisatorisch eingebunden. Die Mehrheit der anwesenden KundgebungsteilnehmerInnen waren dennoch auch Frankfurter*innen. Die hohe Zahl an einheimischen Neonazis mag verwundern, schaffte es die NPD in den vergangenen Jahren kaum mehr als ein Dutzend aus der Stadt zu ihren Versammlungen zu mobilisieren. Ihr fehlt seit Jahren eine lokale Verankerung. Der letzte Versuch scheiterte 2007.6 Die Nationaldemokrat*innen verzichteten daher komplett ihre Außenwahrnehmung und waren selbst personell kaum vertreten. Vielmehr erhärtet sich der Eindruck, dass die NPD auf dem Rückzug ist. „Der III. Weg“ als radikalere nationalistische Partei ist durch ihre Rhetorik deutlich erfolgreicher. „Der III. Weg“ als Akteur im Hintergrund Für den “III. Weg” in ganz Brandenburg unterwegs: Peer Koss(rechts) hilft inzwischen der rechten Splitterpartei um Maik Eminger bei ihren Kundgebungen auch an anderen Orten. Hier am 1. August 2015 in Zossen (TF). (Photo: Presseservice Rathenow)
Die neonazistische Kleinstpartei mit lediglich 200 Mitgliedern bundesweit scheint bei den Frankfurter Veranstaltungen immer mehr als entscheidende Organisation eine Rolle zu spielen. So gehören die beiden wichtigsten Kader des „III. Weg“ in Brandenburg, Maik Eminger und Pascal Stolle, zu den regelmäßigen Rednern auf den Demonstrationen der Frankfurter extremen Rechten. Spätestens seit dem letzten Aufmarsch im April tragen angereiste wie auch einheimische Neonazis immer häufiger Transparente und Fahnen der Partei. Neben dem ehemaligen NPD-Abgeordneten im Bad Belziger Stadtparlament, Pascal Stolle7, gehören dazu mittlerweile auch andere Aktivist*nnen der NPD, wie etwa vom Kreisverband Oderland. Die Gründe liegen zum einen bei der Selbstdarstellung als sogenannte extrem rechte Elite und zum anderen an der deutlich radikaleren Position zur Flüchtlingspolitik. So bezeichnen sie Brandanschläge auf geplante Unterkünfte für Geflüchtete u.a. als „vorzeitiges Weihnachtsgeschenk“ oder als „legitime Protestform“.8 Auch in ihrem Parteiprogramm spiegeln sich ihre völkisch-nationalistischen Ideen wider. Unter Punkt 10 fordern sie beispielsweise die Wiederherstellung eines großdeutschen Reiches.9
Nur selten tritt der „III. Weg“ öffentlich durch eigene Kundgebungen, wie zuletzt in Zossen und Damsdorf am 1. August, auf.10 Vielmehr verfolgt diese eine Strategie, die von nahezu allen Landesverbänden angewandt wird. Eher unauffällig agieren sie im Hintergrund bei vermeintlichen Bürger*innenprotesten gegen die Unterbringung von Geflüchteten. Hinter vielen „Nein zum Heim“-Seiten, die auf Facebook auftauchen, steckt zumeist selbst die Partei dahinter. So ist es wenig verwunderlich, dass nach Erscheinen einer neuen Anti-Asylseite mit einheitlichen Layout, oft bald eine ankündigte Kundgebung folgt, bei der dann „III. Weg“-Redner auftreten. Durch Einbindung örtlicher Neonazis wird das Bild einer ablehnenden örtlichen Bevölkerung nach außen getragen. Gleichzeitig binden sie diese in ihre Parteistrukturen ein. So unterstützen Frankfurter Neonazis, wie Peer und Franziska Koss, inzwischen regelmäßig Versammlungen in anderen Regionen, wie kürzlich in Zossen und Damsdorf. Weiterhin selbstbewusst: Trotz der Ingewahrsamnahme kurz nach einem versuchten Angriff provozierte Peer Kross unter den Augen der Polizei weiterhin Gegendemonstrant*innen (Photo: Presseservice Rathenow) Erlebnisfaktor Demonstration
Bei genauerer Beobachtung der Teilnehmenden fällt auf, dass auch viele junge Leute sich den Aufmärschen von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ anschließen. Doch auch altbekannte Rechtsradikale, wie Mario Schreiber oder Stefan Heine, beteiligen sich an den Protesten. Dies scheint vor allem an den relativ regelmäßig stattfindenden Demonstrationen zu liegen. Damit haben Frankfurter Neonazis nach langer Zeit wieder regelmäßige Events in der Stadt, bei denen sie ihre menschenverachtende Ideologie auf die Straße tragen können. Das dadurch gestärkte Selbstvertrauen macht die Neonazis nicht nur mehr sichtbarer im Stadtbild, sondern erhöht damit ebenso die Wahrscheinlichkeit einer zunehmenden Gewaltbereitschaft gegenüber Geflüchteten und politisch Missliebigen. Dass dieses Gewaltpotenzial sich nicht nur virtuell bemerkbar macht, zeigen die Angriffe auf die geplante Flüchtlingsunterkunft am Karl-Ritter-Platz,11 wie auch der Übergriff auf neun syrische Flüchtlinge im März diesen Jahres12 oder auch drei rechte Übergriffe, welche an einem Wochenende in der Stadt verübt wurden. Hierbei wurde eine Person mit Migrationshintergrund so schwer verletzt, dass sie notärztlich behandelt werden musste. 13Ebenso zeigte der führende Kopf von „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Peer Koss, im Anschluss der Kundgebung, dass er es mit seinen Drohungen ernst meint: Auf dem von der Polizei begleitenden Rückweg versuchte er, Gegendemonstrant*innen anzugreifen. Auf der Facebook-Seite kündigte er wenig später bereits den fünften Aufmarsch in näherer Zukunft an und setzte zugleich seine Attacken gegen Antifaschist*innen fort, indem er mit der Veröffentlichung von Bildern und Adressen von linken Aktivist*innen drohte.14
Es ist also festzustellen, dass die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ zu einer zunehmenden Bedrohung für Geflüchtete und deren Unterstützer*innen wird. Dabei werden sie in ihrer Rhetorik immer aggressiver. Durch die Unterstützung von „Der III. Weg“ professionalisieren sie ihr Auftreten. Vereinzelt kommt es im Gegenzug zur Unterstützung von anderen als Bürgerprotesten getarnten neonazistischen Aufmärschen, hinter denen die neonazistische Partei steckt. Es ist dabei nicht auszuschließen, dass aus der losen Gruppierung in naher Zukunft ein Stadtverband des „III. Wegs“ wird. Denn inzwischen haben sie in der Stadt ihr Gesicht als Bürgerprotest komplett verloren und können nur noch als bekennende Neonazis agieren. Eine derart eskalierende Situation, wie zur Zeit im sächsischen Freital,15 scheint in Frankfurt (Oder) derzeit unwahrscheinlich zu sein. Dies ist auch ein Verdienst von Antifaschist*innen, die sich mit ihrem Protest sich den Rassist*innen in den Weg stellen. Doch ebenso müssen die Akteure der Frankfurter Neonaziszene benannt werden. Bereits bei früheren Aktionen gelang es durch die Offenlegung der rechten Strukturen, diese zu schwächen und Polizei und Behörden zum Handeln zu zwingen. Das führte mitunter zur Auflösung von Neonazi-Gruppierungen.16 Dieses Ziel sollte sich auch für „Frankfurt/Oder wehrt sich“ gesetzt werden.
Quellen:
1 Vgl. Presseservice Rathenow: Auseinandersetzungen nach rassistischer Kundgebung, https://inforiot.de/frankfurt-oder-auseinandersetzungen-nach-rassisti…, eingesehen am
05.08. 2015.
2 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag vom 20.07.2015, https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, eingesehen am 20.07.2015. (inzwischen gelöscht)
3 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag vom 22.07.2015, https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, eingesehen am 23.07.2015. (inzwischen gelöscht)
4 Vgl. antifaschistische recherchegruppe: Aufstand der Ekelhaften, https://inforiot.de/der-aufstand-der-ekelhaften/, eingesehen am 05.08.2015.
5 Vgl. antifaschistische recherchegruppe: „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ mit dem „III. Weg“, https://inforiot.de/der-aufstand-der-ekelhaften/, eingesehen am 05.08.2015.
6 Vgl. antifaschistische recherchegruppe: NPD bleibt hinter Erwartungen zurück, https://recherchegruppe.wordpress.com/2007/10/01/npd-bleibt-hinter-erwartungen-zuruck/, 01.10.2007, eingesehen am 05.08.2015.
7 Vgl. Presseservice Rathenow: NPD Stadtrat wechselt zum „Dritten Weg“ / Neonazistische Kleinpartei will nach Brandenburg expandieren, https://presseservicern.wordpress.com/2015/03/04/bad-belzig-npd-stadtrat-wechselt-zum-dritten-weg-neonazistische-kleinpartei-will-nach-brandenburg-expandieren/, 04.03.2015, eingesehen am 05.08.2015.
8 Vgl. tagesschau.de: Einschätzung zu “Der III.Weg”. Radikal, gefährlich, geistige Brandstifter, https://www.tagesschau.de/inland/dritter-weg-101.html, 04.08.2015, eingesehen am 05.08.2015.
9 Vgl. „Der III. Weg“: Zehn-Punkte-Programm, http://www.der-dritte-weg.info/index.php/menue/63/Zehn_Punkte_Programm.html, eingesehen am 05.08.2015.
10 Vgl. Presseservice Rathenow: Proteste gegen Kundgebungstour des III. Weges, https://inforiot.de/zossendamsdorf-proteste-gegen-kundgebungstour-des-iii-weges/, 01.08.2015, eingesehen am 05.08.2015.
11 Vgl. Berliner Morgenpost: Tür an Asylbewerberheim beschädigt, http://www.morgenpost.de/berlin/polizeibericht/article142468137/Tuer-an-Asylbewerberheim-beschaedigt.html, 14.06.2015, eingesehen am 05.08.2015.
12 Vgl. Der Tagesspiegel: Neonazis greifen syrische Flüchtlinge an, http://www.tagesspiegel.de/berlin/attacke-in-frankfurt-oder-neonazis-greifen-syrische-fluechtlinge-an/11546836.html, 24.03.2015, eingesehen am 05.08.2015.
13 Vgl. Märkische Oderzeitung: Fremdenfeindliche Übergriffe in Frankfurt, http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1412417, 09.08.2015, eingesehen am 09.08.2015
14 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag vom 27.07.2015, https://www.facebook.com/pages/Frankfurtoder-wehrt-sich/693079740809110, eingesehen am 27.07.2015. (inzwischen gelöscht)
15 Vgl. Zeit online: Rassismus als Happening, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015–06/freital-fluechtlingsheim-proteste-stellungskrieg, 25.06.2015, eingesehen am 05.08.2015.
16 Vgl. antifaschistische recherchegruppe: ANOS am Ende, https://recherchegruppe.wordpress.com/2012/11/05/anos-am-ende/, 05.11.2012, eingesehen am 05.08.2015.
Am vergangenen Wochenende kam es in Frankfurt (Oder) zu drei rassistisch motivierten Vorfällen. Am Freitag Abend beleidigten zwei Männer einen jungen Mann und zeigten den Hitler-Gruß. Als dieser sie zur Rede stellte, verletzten sie ihn, sodass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Einige Stunden später attackierten drei Männer die Gäste eines interkulturellen Kulturfestes auf dem Brückenplatz, nachdem sie sie rassistisch und antisemitisch beleidigt und bedroht hatten. Am Samstag Abend skandierte eine Gruppe junger Menschen in der Heilbronner Straße “Sieg-Heil”-Rufe.
Der Utopia e.V. verurteilt die Vorfälle aufs Schärfste und spricht den Betroffenen seine Solidarität aus. Wir dürfen nicht hinnehmen, dass Menschen aufgrund ihres Aussehens als “anders” und “minderwertig” markiert und deswegen beleidigt oder angegriffen werden. Ebenso schockiert es uns, dass Menschen, die Courage zeigen, rassistischer Hetze widersprechen oder sich für Geflüchtete engagieren, Angriffen ausgesetzt sind.
Diese Vorfälle zeigen, dass Menschen mit rassistischen Einstellungen nicht zögern, diesen verbal und in Form von Übergriffen Ausdruck zu verleihen. In anderen Städten sind rassistisch motivierte Übergriffe an der Tagesordnung. Und auch in Frankfurt waren die Ereignisse am Wochenende nicht die ersten dieser Art: Ende März wurde eine Gruppe syrischer Geflüchteter von Neonazis durch die Stadt verfolgt und schließlich angegriffen und verletzt, und erst kürzlich gab es Flaschenwürfe gegen die noch nicht bewohnte Geflüchtetenunterkunft am Karl-Ritter-Platz. Dies sind nur zwei Beispiele — die Chronik ließe sich jedoch fortführen. Zudem gab es in diesem Jahr in Frankfurt bereits vier Demonstrationen bzw. Kundgebungen der neonazistischen Szene, die der Verankerung rassistischer Einstellungen im Stadtbild dienen und ein Klima der Ausgrenzung erzeugen (wollen).
Rassismus erfährt in der Gesellschaft wieder massiven Auftrieb und Akzeptanz. Eine hetzerische Stimmungsmache auf der Straße und die politisch forcierte Kriminalisierung von Geflüchteten verstärken sich gegenseitig. Dies mündet sowohl in rassistisch motivierten Übergriffen als auch in einer Gesetzgebung, die Asylsuchende systematisch diskriminiert und vielen von ihnen die Chance auf ein Leben in Sicherheit in Deutschland verwehrt.
Wir warnen vor einer weiteren Eskalation der momentanen Situation. Wir rufen zum verstärkten Engagement gegen Rassismus und für Geflüchtete auf. Rassismus darf nicht unwidersprochen bleiben! Er fängt lange vor rassistisch motivierten Morden an; wenn wir menschenverachtende Stimmung nicht als solche identifizieren, kann sie sich entfalten und radikalisieren. Antirassistische und interkulturelle Initiativen bedürfen der Unterstützung; Geflüchtete müssen verstärkte Solidarität erfahren — denn oft sind sie es, die nach der Fluchterfahrung hier unter Ausgrenzung, Hass und Angst um ihre körperliche Unversehrtheit leiden müssen. Ebenso tut der Protest gegen die rassistischen Zustände Not — sei es bei der anstehenden antirassistischen Demonstration am Weltfriedenstag am 1. September oder entschlossen im Alltag bei rassistischen Äußerungen oder Diskussionen. Ebenso müssen die Hintergründe von Flucht und Migration immer wieder beleuchtet werden: Die Krisen- und Wirtschaftspolitik des globalen Nordens verursacht zwangsläufig Unterdrückung, Krieg und Hunger in der Welt.
Auf der gestrigen Veranstaltung “Res Publica” auf der “Brückenplatz” genannten Freifläche neben der Slubicer Straße kam es zu einem sehr unangenehmen Zwischenfall. Drei Männer überquerten den Platz und schlugen und traten gegen die dort stehenden Litfasssäulen. Daraufhin angesprochen bedrohten sie uns, insbesondere unsere polnischen, syrischen und afrikanischen Freunde, die mit uns auf dem Platz waren. Neben Sätzen, wie ihr “schwulen Multikulti-Juden” drohten sie einem syrischen Arzt, ihn zu finden und ihm dann den Kopf abzuschneiden.
Ich wählte daraufhin die Nummer “110” und es dauerte 5 Minuten, bis dort jemand den Hörer abnahm. Als ich zu sprechen begann, schlug mir einer der Neonazis das Handy aus der Hand und der Akkumulator fiel heraus, so dass das Gespräch unterbrochen wurde. Mit einem weiteren Schlag stieß er mich zu Boden. Auch auf den Anruf eines weiteren Freundes hin kam keine Polizei.
Glücklicherweise hatten die Anrufe immerhin erreicht, dass sich die drei verzogen, nicht ohne uns und den “Schmarotzern aus dem Süden” noch einmal mit dem Tod zu drohen und dass “dieser Platz nicht mehr lange stehe”.
Die fehlende Reaktion der Polizei gibt zu denken. Der “Brückenplatz” ist ein Ort der Integration und soll es auch bleiben. Das geht aber nur, wenn wir die Polizei auf unserer Seite wissen!
Michael Kurzwelly, Slubfurt e.V.
Mit einem vielseitigen alternativen Musikprogramm ist gestern Abend das 17. Frierock Festival angelaufen. Laut Angaben der Veranstalter_innen wurden ungefähr 500 Besucher_innen gezählt, darunter auch viele Asylsuchende und Flüchtlinge aus der Gemeinschaftsunterkunft im Ort. Gemeinsam wurde getanzt, gefeiert, gelacht.
Neben dem musikalischen Programm, dass an diesem Abend aus den Bands „Plattencrash“, „What“, „Blue Moon Struck“, „51 Grad“, „We are Crooks“ und „WHSKS“ bestand, gab es auch die Möglichkeiten Volleyball und Flunkyball zu spielen oder sich einfach in der improvisierten Wasserrutsche abzukühlen. Dazu gab es noch zahlreiche Imbiss‑, Getränke- und Merchandisestände. Zeltplätze sind ebenfalls noch vorhanden.
Das Frierock-Festival wird heute Abend mit den Headlinern „The Angelcry“, „Reizgas“, „B6BBO“ und „Distemper“ fortgesetzt. Beginn ist 16.00 Uhr Fotos: hier