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(Anti)militarismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Befreiung fortsetzen” in Cottbus

Aktionswochen zum Tag der Befreiung in Cot­tbus am 22. April unter dem Mot­to “Befreiung fortsetzen”.
Am 22. April endete für die Stadt Cot­tbus der Zweite Weltkrieg. Die Mehrheit der 11.000 zurück­ge­bliebe­nen Men­schen waren Zwangsarbeiter*innen. Die Eroberung durch die Rote Armee bedeutete für sie und alle anderen Unter­drück­ten, Ver­fol­gten und Gefan­genen die lang ersehnte Befreiung vom Faschis­mus. Wir wollen diesen Tag zum Anlass nehmen, der Opfer des Nation­al­sozial­is­mus zu gedenken und das Ende der NS-Herrschaft zu feiern.
Ras­sis­tis­che und völkische Ide­olo­gien bekom­men wieder Aufwind. Die Welt rückt nach rechts. Autoritäre Bestre­bun­gen, Krisen und Kriege gefährden unser friedlich­es Zusammenleben.
Damit die Geschichte sich nicht wieder­holt, wollen wir sol­i­darische Net­zw­erke schaf­fen und neue Per­spek­tiv­en entwick­eln. Wie es weit­er geht, liegt auch in unseren Händen.
In den zwei Wochen vom 22. April bis 08. Mai 2017 wird es ver­schiedene Ver­anstal­tun­gen geben. Los geht es mit ein­er Gedenkver­anstal­tung und einem Park­fest am 22. April. Alle weit­eren Ver­anstal­tun­gen find­et ihr weit­er unten.
Seid dabei und lasst uns die Befreiung fortsetzen!

Ver­anstal­tungsüber­sicht — Aktionswochen vom 22.04.–08.05.2017
Sam­stag 22.04., Gedenken und Parkfest
13–17 Uhr, Puschk­in­park Cottbus
Am 22. April 1945 endete für Cot­tbus der Zweite Weltkrieg. Die Mehrheit der 11.000 zurück­ge­bliebe­nen Men­schen waren Zwangsarbeiter*innen. Die Eroberung von Cot­tbus durch die Rote Armee bedeutete für sie und alle anderen Unter­drück­ten, Ver­fol­gten und Gefan­genen die lang ersehnte Befreiung. Um den Opfern zu gedenken, find­et um 13 Uhr eine Kundge­bung am Denkmal für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus statt. Den­noch war dieser Tag auch ein Tag zum feiern. Deshalb wird es im Anschluss ein kleines Fest am Fam­i­lien­haus geben. Dort wird der Nach­mit­tag mit Musik — und Rede­beiträ­gen sowie Stän­den und Ange­boten ver­schieden­er Vere­ine und Ini­tia­tiv­en gestal­tet. Für Essen und Getränke ist gesorgt.
Sam­stag 22.04.,Film: „Der Kuaför aus der Keupstraße“
19 Uhr, OBENKINO (Straße der Jugend 16, 03046 Cottbus) 
BRD 2015, 92 Min., Sprache: Deutsch/Türkisch
Der Film erzählt die Geschichte des Nagel­bombe­nan­schlags vor einem türkischen Frisör­sa­lon in der Köl­ner Keup­straße am 9. Juni 2004. Er konzen­tri­ert sich dabei auf die Fol­gen für die Opfer und ihre Ange­höri­gen, gegen die als Hauptverdächtige jahre­lang ermit­telt wurde. Der Film rekon­stru­iert die Ermit­tlun­gen der Polizei anhand der Ver­hör­pro­tokolle und es wird deut­lich, dass als Täter für die Polizei vor allem die Opfer in Frage kamen. Ein aus­län­der­feindlich­es Motiv wurde weitest­ge­hend ausgeblendet.
Erst Jahre später wurde der Anschlag dem soge­nan­nten Nation­al­sozial­is­tis­chen Unter­grund (NSU) zugeordnet.
Auf ein­drück­liche Weise zeigt DER KUAFÖR AUS DER KEUPSTRASSE wie tief­greifend der Bombe­nan­schlag, aber auch die Verdäch­ti­gun­gen danach, das Leben im Köl­ner Stadt­teil Mül­heim erschüt­tert haben. So wie in Köln wur­den auch in den anderen Städten, in denen der NSU gemordet hat, zumeist die Ange­höri­gen und ihr Umfeld verdächtigt. Der Film eröffnet die Diskus­sion über die Frage ein­er struk­turellen Frem­den­feindlichkeit in
Deutsch­land auf eine neue Art, näm­lich aus der Per­spek­tive der Betroffenen.
Mon­tag 24.04., KüfA (Küche für Alle) und Diskussionsrunde
17 Uhr, Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­str. 79, 03046 Cottbus) 
Viele von euch ken­nen das The­ma: vor deinen Augen wird ver­bal gehet­zt und du wirst in eine
Diskus­sion ver­strickt. Du kannst gar nicht fassen, was da gelabert wird, aber dir fall­en ein­fach keine Argu­mente mehr ein. Lasst uns gemein­sam dazu aus­tauschen und Fra­gen klären, wie: Was waren unsere Erfahrun­gen in Diskus­sio­nen mit Men­schen mit rechter Ein­stel­lung? Wie kom­men wir in so ein­er Diskus­sion weiter?
Natür­lich gibt es wie jeden Mon­tag ab 19 Uhr ein warmes veg­anes Aben­dessen. Für Getränke wird eben­falls gesorgt sein.
Dien­stag 25.04., Lesung: „Stolper­steine — vom Leben und Ster­ben Cot­tbuser Juden“
18.30 Uhr, Pic­co­lo The­ater (Erich Käst­ner Platz, 03046 Cottbus)
Gelbe Mess­ing­plat­ten unter­brechen das Pflaster Cot­tbuser Straßen und stop­pen unsere Schritte. Es sind Stolper­steine, kleine Mah­n­male für jüdis­che Bürg­er unser­er Stadt, die dem nation­al­sozial­is­tis­chen Rassen­wahn zwis­chen 1933 und 1945 zum Opfer gefall­en sind. Män­ner und Frauen, Kinder und Alte – ihren Mördern kon­nten sie nicht entkom­men. Ihrer Würde beraubt, um ihr Ver­mö­gen gebracht, aus ihren Häusern und Woh­nun­gen ver­trieben, endete ihr sozialer Abstieg schließlich in der Vernichtung.
Eri­ka Pchalek ist den Lebens­geschicht­en nachge­gan­gen. Sie liest aus ihrem Buch kleine Biografien, die von der Unge­heuer­lichkeit des Massen­mordes zeu­gen. Ver­hungert im Ghet­to, gestor­ben im Gefäng­nis, ins Gas getrieben – Mil­lio­nen haben diese Schick­sale erlei­den müssen. Unter ihnen waren Cot­tbuser Bürg­er, häu­fig hoch ange­se­hen, bis der Rassen­wahn regierte.
Die Autorin möchte auch mit ihrem Pub­likum ins Gespräch kom­men. Die Ver­anstal­tung find­et im Rah­men der Aktionswoche „Befreiung fort­set­zen!“ in Koop­er­a­tion zwis­chen Regia-Ver­lag und Rosa-Lux­em­burg-Stiftung Bran­den­burg, Region­al­büro Cot­tbus statt.
Mittwoch, 26.04., Vor­trag: „NSU – Wie klärt Bran­den­burg auf?#2“
19 Uhr, Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­straße 79, 03046 Cottbus) 
Für uns haben (mil­i­tante) Nazis und ras­sis­tis­che Behör­den wenig mit Befreiung zu tun. Deshalb haben wir uns schon 2016 mit der Ter­ror­gruppe Nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unter­grund (NSU) beschäftigt. Die Lesung zum Buch „Gen­er­a­tion Hoy­er­swer­da“ und das The­ater­stück „A wie Aufk­lärung“ haben viele Ungereimtheit­en im NSU-Kom­plex offen­bart. Auch das Land Bran­den­burg ist Teil dieser Ungereimtheit­en, will aber gle­ichzeit­ig mit einem 2016
einge­set­zten NSU-Unter­suchungsauss­chuss zur Erhel­lung des Kom­plex­es beitragen.Deshalb wollen wir den Blick schär­fen und schauen: Wie ist es um die Aufk­lärung der NSU- Morde im Land Bran­den­burg bestellt? Gemein­sam mit der Organ­i­sa­tion NSU-Watch Bran­den­burg und einem Mitar­beit­er des Moses Mendelssohn Zen­trums in Potsdam,
möcht­en wir her­aus­find­en, auf welchem Ermit­tlungs­stand der im ver­gan­genen Jahr einge­set­zte NSU-Unter­suchungsauss­chuss des Bran­den­burg­er Land­tag ist. Wie bew­ertet NSU-Watch das Geschehen und welche Fra­gen gilt es evtl. noch zu klären? Die in Pots­dam von 2001 bis 2002 aktive Nationale Bewe­gung, deren Aufdeck­ung mut­maßlich durch den Ver­fas­sungss­chutz behin­dert wurde, wird in diesem Zusam­men­hang ein The­ma des Vor­trages sein.
Don­ner­stag 27.04., Vor­trag „Kap­i­tal­is­mus auf der Ziel­ger­aden? Postkap­i­tal­is­tis­che Per­spek­tiv­en“ mit Raul Zelik
19 Uhr, Muggefug (Papitzer Straße 4, 03046 Cottbus)
Zum ersten Mal in der Geschichte der Men­schheit leben wir in einem echt­en Welt­sys­tem: dem Kap­i­tal­is­mus. Er ist dabei, sich zu Tode zu siegen. Der Ausstieg aus der heißlaufend­en Mas­chine Kap­i­tal­is­mus stellt eine gewaltige Her­aus­forderung dar. Auf der Suche nach gesellschaftlichen Alter­na­tiv­en kom­men wir um die Frage nach dem Gemeineigen­tum nicht herum, meint der Autor Raul Zelik. Das beson­dere an seinen Analy­sen ist, dass er dabei nicht nur beste­hende Ver­hält­nisse kri­tisiert, son­dern auch darauf ver­weist, wo es bere­its keime ein­er zukün­fti­gen – besseren – Gesellschaft geben kann: in Genossen­schaften, selb­st organ­isierten Läden, in den sozialen Bewe­gun­gen, in bei Bewe­gun­gen wie Podemos oder Syriza in Spanien und Griechenland.
Eine Sys­temwende wird nicht ein­fach, doch Zelik macht auch Mut: Schwierig „war der Weg von Aufk­lärung und Emanzi­pa­tion schon immer. In der Ver­gan­gen­heit war er geprägt von Irrtümern, schreck­lichen eige­nen Ver­brechen und bluti­gen Nieder­la­gen. Wie viele Men­schen, die aufrichtig und, ohne einen eige­nen Vorteil zu ver­fol­gen, für bessere gesellschaftliche Ver­hält­nisse ein­trat­en, mussten dafür mit ihrem Leben bezahlen? Ihnen ver­danken wir das, was es heute an — ungenü­gen­den — sozialen und demokratis­chen Recht­en gibt. An sie soll­ten wir denken, wenn wir begreifen, dass der Kap­i­tal­is­mus nicht für die Ewigkeit geschaf­fen ist und in viel­er Hin­sicht heute seine Gren­zen erre­icht. Die Geschichte der Sol­i­dar­ität, der sozialen Befreiung, der Sorge umeinan­der und der Demokratisierung aller Lebens­bere­iche begin­nt nicht erst heute. Sie reicht Jahrhun­derte zurück und war, trotz allen Scheit­erns, nicht folgenlos.“
Die Ver­anstal­tung der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung Bran­den­burg, Region­al­büro Cot­tbus, beste­ht aus einem ein­lei­t­en­den Vor­trag und danach ist der Aus­tausch von Ideen erwünscht.
Fre­itag 28.04., Crit­i­cal Mass — Fahrraddemo
16 Uhr, Start: Stadthal­len­vor­platz Cottbus
Auch im April wird es wie gewohnt, am let­zten Fre­itag im Monat, eine Crit­i­cal Mass geben.
Zusam­men mit net­ten Men­schen und Musik wird sich gemein­sam mit dem Fahrrad für den
Umweltschutz einge­set­zt. End­punkt der Fahrrad­de­mo ist das Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­str. 79, Cot­tbus). Hier wartet veg­ane Lasagne auf euch.
Mon­tag 01.05., Inter­na­tionaler Kampf­tag der Arbeiter*innen
An diesem Tag gib es genug Ange­bote, nicht nur in Cot­tbus. Informiert euch und find­et für euch die passende Veranstaltung.
Don­ner­stag 04.05., Vor­trag und Gespräch: „Aktu­al­ität“ bei Wal­ter Ben­jamin und das Zurechtfind­en in der „Katas­tro­phe als Nor­malzu­s­tand“ mit Dr. Gerd-Rüdi­ger Hoff­mann (Philosoph)
19 Uhr, qua­si­Mono (Erich-Wein­ert-Str. 2, 03046 Cottbus)
Es find­en sich im umfan­gre­ichen Werk von Wal­ter Ben­jamin (1892 — 1940) Zitate, die sofort einen aktuellen Bezug zur Beschrei­bung und Kri­tik heutiger rechter Bewe­gun­gen her­stellen. In einem von der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung in Cot­tbus ver­anstal­teten Vor­trag mit anschließen­der Diskus­sion wird nachge­fragt, ob die Aktu­al­ität Ben­jamins wirk­lich so direkt herzustellen ist.
Erstens ist es ganz im Sinne Ben­jamins, eben nicht bloß mit passenden Zitat­en oder das ein­fache Rückbesin­nen auf ver­gan­gene gute Gedanken auf heute „auf­blitzende Gefahren“ zu reagieren – und lediglich das Ver­mit­tlungs­man­age­ment oder auch das Erschei­n­ungs­bild auf Web­seit­en, Plakat­en sowie im Wahlkampf zu erneuern.
Zweit­ens schließlich geht es dann auch um die Frage, inwiefern die Antworten Ben­jamins noch heute aktuell sind. Ein Ver­di­enst des kri­tis­chen Denkens bei Ben­jamin dürfte sein, dass er angesichts der faschis­tis­chen Gefahr einen Per­spek­tiven­wech­sel auf den „Aus­nah­mezu­s­tand“ oder eine immer mal aufgerufene „Katas­tro­phe“ der Gesellschaft ermöglicht und diese als Nor­malzu­s­tand der kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft beschreibt.
Alter­na­tiv­en im Denken und Han­deln müssen das bedenken, um eine genaue Zus­tands­beschrei­bung zu ermöglichen und die Logik von Fortschritt genau dieser beste­hen­den Gesellschaft zu verlassen.
Fre­itag 05.05., Film: „Das Schick­sal der Kinder von Aleppo“ 
18 Uhr, Kreis­geschäftsstelle „Die Linke“ (Straße der Jugend 114, 03046 Cottbus) 
Zum Film: Sara wurde in Alep­po geboren und ver­brachte die ersten fünf Jahre ihres Lebens dort. Ein Reporter begleit­ete sie und ihre Fam­i­lie im Kriegsall­t­ag in der syrischen Stadt Alep­po, ihre Flucht nach und Ankun­ft in Deutsch­land. Nach dem Film find­et eine Diskus­sion mit syrischen Geflüchteten statt.
Sam­stag 06.05., Fahrt zur Gedenkstätte Sachsenhausen 
8:30 Uhr, Cot­tbuser Hauptbahnhof
Sowie die Stadt Cot­tbus wurde auch das Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen am 22. April 1945 durch sow­jetis­che und pol­nis­che Sol­dat­en befreit.
Bei Oranien­burg wurde 1936 das KZ errichtet. Zwis­chen 1936 und 1945 waren in Sach­sen­hausen mehr als 200 000 Men­schen inhaftiert. Vor Kriegs­be­ginn wur­den v.a. Juden und poli­tis­che Geg­n­er aus Berlin und dem Berlin­er Umland dort gefan­gen gehal­ten und mis­shan­delt. Die Gefan­genen arbeit­eten für die Fir­men Heinkel, Siemens und AEG. Auch für die Reichshaupt­stadt Ger­ma­nia wurde dort Mate­r­i­al durch Zwangsar­beit gewon­nen. Es fan­den Exper­i­mente an den Inhaftierten statt. Der Stan­dort nimmt eine Son­der­rolle ein, da er als Mod­ell- und Schu­lungslager für die SS diente. 1938 wurde diese Rolle unter­strichen, als die Zen­tralver­wal­tung der KZ nach Oranien­burg ver­legt wurde.
Es wird eine Führung durch die Gedenkstätte geben.
Diese Exkur­sion soll uns allen verdeut­lichen, wozu Faschis­mus führen kann. .
Son­ntag 07.05., Brunch „Wer nicht bruncht hat verloren“
10 Uhr, Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­str. 79, 03046 Cottbus)
Zum Abschluss der Ver­anstal­tungswochen wollen wir alle bei einem entspan­nten Früh­lings­brunch zusam­men sitzen. Lasst uns über unsere Erleb­nisse und Gedanken der let­zten Wochen reden oder ein­fach nur leck­er in „befre­it­er“ Gesellschaft essen. Gerne kön­nt ihr etwas veg­anes zu Essen mit­brin­gen. Bei Son­nen­schein und Vogelge­sang find­et der Brunch draußen statt.
Mon­tag 08.05., BefreiungsKü­fA (Küche für Alle) und Film
19 Uhr, Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­str. 79, 03046 Cottbus)
Hey Hey, heute gibt es veg­a­nen Dön­er –> Vöner!
Auch cool: Jede_r kann sich seine_n Vön­er sel­ber zusammenstellen.
Im Anschluss zeigen wir den Film “ID with­out col­ors”. Es ist ein Doku­men­tarfilm über Racial Pro­fil­ing sowie diskri­m­inieren­des und ras­sis­tis­ches Vorge­hen der Polizei in Deutsch­land. Der Film wurde pro­duziert von der Koop­er­a­tive für Opfer von Polizeigewalt.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration

Protest gegen AfD-Landesparteitag

Bünd­nis “Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder) protestierte gegen den AfD-Landesparteitag
Etwa 80 Men­schen waren am heuti­gen Sam­stag dem Aufruf des zivilge­sellschaftlichen Bünd­niss­es gefol­gt und protestierten ab 10 Uhr gegen den Lan­desparteitag der Bran­den­burg­er AfD, der an diesem Woch­enende in der Bran­den­burghalle stattfindet.
“Wofür ste­ht die AfD?”, fragte Janek Las­sau, Sprech­er des Bünd­niss­es, in sein­er Rede. “Die AfD ste­ht für eine Gesellschaft der sozialen Kälte und der Aus­gren­zung, sie befördert eine ras­sis­tis­che Poli­tik gegen Geflüchtete, ver­tritt ein antiquiertes Geschlechter­bild und Geschicht­sre­vi­sion­is­mus. “Wir aber wollen in ein­er Gesellschaft leben, in der Men­schen unter­schiedlich­er Herkun­ft, Reli­gion oder sex­ueller Ori­en­tierung zusam­men­leben kön­nen. Wir set­zen uns ein gegen ein kap­i­tal­is­tis­ches Sys­tem, das soziale Ungle­ich­heit­en schafft.”
Auch wenn die Frank­furter Stadt­frak­tion ger­ade zer­brochen sei und sich der Ver­band nicht kom­mu­nalpoli­tisch pro­fil­ieren könne, werde das wahrschein­lich keine Auswirkun­gen auf das Wahlergeb­nis haben, so Las­sau weit­er. “Es sind die recht­spop­ulis­tis­chen Parolen, die ankommen.”
An der Kundge­bung beteiligten sich auch der DGB Ost­bran­den­burg, die Gründe Jugend und ihr Lan­desver­band, Die Partei, DIE LINKE, sowie das Aktions­bünd­nis Bran­den­burg gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Fremdenfeindlichkeit.

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Sonstiges

Rathenow: Anführer der “Patrioten Cottbus“ nach Randale kurzzeitig in Klinik eingewiesen

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Lutz M. während ein­er extrem recht­en Ver­samm­lung am 4. März 2017 in Berlin

Bei dem Mann der am gestri­gen Vor­mit­tag nach ein­er Ran­dale im Rathenow­er Möwen­steig zunächst von der Polizei in Gewahrsam und anschließend kurzzeit­ig in eine Klinik eingewiesen wurde, soll es sich um den mut­maßlichen Anführer der „Patri­oten Cot­tbus“, Lutz M, han­deln. Dies berichtet zumin­d­est die Social­me­dia-Seite „Fra­gen an besorgte Bürg­er“ unter Beru­fung auf ver­trauliche Hin­weise. M, der anscheinend wieder auf freiem Fuß ist, soll dies über ein Zweit­pro­fil in einem sozialen Net­zw­erk inzwis­chen indi­rekt eben­falls bestätigt haben.
Ran­dale im elter­lichen Wohnhaus 
Das Rathenow­er News­portal „Rathenow24“ hat­te zuvor berichtet, das ein 28 Jähriger im Wohn­haus sein­er Eltern ran­daliert und Inven­tar beschädigt haben soll. Schließlich war die Polizei gerufen wor­den. Diese nahm den Mann in Gewahrsam. Dabei soll dieser sich so zu Wehr geset­zt, um sich getreten und geschla­gen haben, dass die Beamten leichte Ver­let­zun­gen erlit­ten. Erst nach dem Ein­satz von Pfef­fer­spray sei es den Polizis­ten offen­bar gelun­gen, dem offen­bar aggres­siv­en Mann Hand­fes­seln anzule­gen. Er soll dann in die Ret­tungsstelle gebracht und anschließend in eine Fachk­linik eingewiesen wor­den sein.
Poli­tis­ch­er Wirrkopf am recht­en Rand
Lutz M war zuvor, ins­beson­dere in den Jahren 2015 und 2016, immer wieder bei PEGI­DA-ähn­lichen, recht­en Ver­anstal­tun­gen, beispiel­sweise beim „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ in Rathenow, bei der „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ in Sten­dal, „POGIDA“ in Pots­dam und bei „BÄRGIDA“ sowie bei „Wir für Deutsch­land“ in Berlin durch sein auf­fäl­liges, aggres­sives Ver­hal­ten hervorgetreten.
Am 15. Okto­ber 2016 organ­isierte der beken­nende Energie-Cot­tbus-Fan unter dem Label „Patri­oten Cot­tbus“ dann eine erste eigene Ver­samm­lung in Cot­tbus. Diese war allerd­ings mit nur 34 Teil­nehmenden ein Flop. Weit­ere Ver­anstal­tun­gen fol­gten bis­lang auch nicht.
Allerd­ings sollen M und eine Sym­pa­thisierende Anfang Feb­ru­ar 2017 in Rathenow (nach Angaben der „Patri­oten Cot­tbus“ in Cot­tbus-Sandow) wieder ein „Zeichen“ geset­zt haben. In einem unfrei­willig komis­chen Video, dass aus der Täter­per­spek­tive gedreht wurde und auf der Social­me­dia-Seite der „Patri­oten Cot­tbus“ nach wie vor ein­se­hbar ist, soll M zu sehen sein, als er ger­ade eine Parole an eine Mauer neben dem Rathaus sprühte. In dem Kurz­film unter­hal­ten sich die Tat­beteiligten u.a. über die richtige Schreib­weise des Buch­staben „G“.
Darüber hin­aus fiel M in let­zter Zeit auch immer wieder durch beden­kliche Aktiv­itäten im Social­me­dia auf. Mal präsen­tierte er sich bedrohlich mit Schuss­waffe, ein anderes mal legte er in skur­rilen Live-Schal­tun­gen sein äußerst bizarres Welt­bild offen. In einem vor kurzem erschienen Video soll M außer­dem eine ver­botene NS-Parole skandiert haben.
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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

In Frankfurt (O.) ist die Kacke am Dampfen

In Frank­furt (Oder) ist die Kacke am Dampfen: Und zwar nicht erst am 08. April, dem Tag, an dem der Lan­desver­band der soge­nan­nten Alter­na­tive für Deutsch­land ihren Lan­desparteitag in der Oder­stadt abhal­ten will. Nein, denn Braun statt Blau war auch das Mot­to der heuti­gen Nacht: Mit der passenden Farbe ver­passten wir dem Werbeschild des Wahlkreis­büros der recht­spop­ulis­tis­chen Partei einen neuen Anstrich.
So ist nun gle­ich von vorn­here­in klar, für welche Alter­na­tive sich hier aus­ge­sprochen wird. Alles andere ist schließlich Augen­wis­cherei. Auch das Frank­furter Rathaus erhielt in der let­zten Nacht einen neuen Anstrich: Zwar zer­set­zte sich die AfD-Frak­tion in der hiesi­gen Stadtverord­neten­ver­samm­lung auf­grund akuter Unfähigkeit und offen­sichtlich­er Inkom­pe­tenz inner­halb kürzester Zeit selb­st. Der Kopf des AfD-Stadtver­ban­des, Wilko Möller, ist jedoch nach wie vor Teil der SVV und hält das blaue Fäh­nchen hoch. Darauf weist nun ein in wun­der­schönem hell­braun gehal­tener Schriftzug unmissver­ständlich hin.
Ihre Alter­na­tive zu Deutschland

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Sonstiges

Neuruppin/Wittstock: Freispruch für Neonazis nach Wohnungsüberfall

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Nach mehrtägi­gen Ver­hand­lun­gen endete gestern vor dem Neu­rup­pin­er Amts­gericht ein Prozess gegen drei Neon­azis aus Wittstock/Dosse(Landkreis Ost­prig­nitz-Rup­pin, Bran­den­burg) mit Freis­prüchen. Den Angeklagten war gefährliche Kör­per­ver­let­zung und Sachbeschädi­gung vorge­wor­fen wor­den. Sie sollen im Feb­ru­ar 2015 in die Woh­nung eines Linksalter­na­tiv­en in Wittstock/Dosse einge­drun­gen sein und den 22 Jähri­gen physisch mis­shan­delt haben. Die angeklagten Neon­azis gel­ten als gewalt­bere­ite „Autonome Nation­al­is­ten“ und fie­len in der Ver­gan­gen­heit immer wieder bei Neon­azi­aufmärschen auf, ein­er von ihnen war zusät­zlich von ein­er Polizeirazz­ia im Zuges des Ver­botes der „Weisse Wölfe Ter­ror­crew“ (WWT) im Früh­jahr 2016 betroffen.
Nächtlich­er bru­taler Überfall
Die vor dem Amts­gericht Neu­rup­pin ver­han­delte Tat ereignete sich bere­its vor zwei Jahren, in der Nacht vom 20. Auf den 21. Feb­ru­ar 2015. Damals hat­ten sich der Haupt­be­trof­fene Chris L sowie mit ihm Befre­un­dete in der Woh­nung des 22 Jähri­gen aufge­hal­ten. Gegen 02.00 Uhr seien dann die ver­mummten Täter aufge­taucht und hat­ten nach Ein­lass ver­langt. Als ihnen nicht geöffnet wurde, sollen sie zunächst die Haustür des Mehrfam­i­lien­haus­es und dann die Woh­nungstür des Geschädigten einge­treten haben. Anschließend waren die Täter in den Wohn­raum einge­drun­gen. Dann soll alles sehr schnell gegan­gen sein. Zunächst drängten die Täter L.s Gäste in das Schlafz­im­mer und sollen dann den 22 Jähri­gen getreten und mit einem gefährlichen Gegen­stand auf den Betrof­fe­nen eingewirkt haben. Während des Über­falls sollen auch die Worte: „Scheiß Zecke“ und „Antifaschis­ten­rat­te“ gefall­en sein. Ein Teil des Woh­nungsin­ven­tars soll eben­falls zer­stört wor­den sein. Chris L sollen die Täter blu­tend, auf dem Boden liegend, zurück­ge­lassen haben.
Mut­maßliche Täter aus dem Neonazimilieu
Obwohl die Täter während der Tat unerkan­nt blieben, kon­nte die Polizei in ein­er Nah­bere­ichs­fah­n­dung zumin­d­est drei dunkel­gek­lei­dete Per­so­n­en aus Wittstock/Dosse, Daniel S, Pierre S und Patrick D, fest­stellen. Die drei waren keine Unbekan­nten. Sie hat­ten im Vor­feld der Tat immer wieder an Neon­azi­aufmärschen in Wittstock/Dosse und anderen Städten teilgenom­men. Auch nach dem Woh­nungsüber­fall beteiligten sich die Tatverdächti­gen in den Jahren 2015 und 2016 an Aktio­nen des neon­azis­tis­chen Milieus in ihrer Heimat­stadt, in Neu­rup­pin, Glöwen, Nauen, in Waren/Müritz (Meck­len­burg-Vor­pom­mern) sowie am 1. Mai in Saalfeld (Thürin­gen). Daniel S und Pierre S fie­len zudem bere­its seit 2011 als Sym­pa­thisan­ten der auch über­re­gion­al aktiv­en „Freien Kräfte Ost“ sowie deren Nach­fol­ge­grup­pen „Autonome Nation­al­is­ten Nord-Ost“ „Aktion­s­gruppe Nord-Ost“ und „NS Müritz“ auf. Pierre S. war weit­er­hin von der Voll­streck­ung des bun­desweit­en Vere­insver­botes gegen die „Weisse Wölfe Ter­ror­crew“ am 16. März 2016 betrof­fen. Er soll zur dreiköp­fi­gen Bran­den­burg­er Sek­tion der neon­azis­tis­chen Vere­ini­gung gehört haben.
„Im Zweifel für die Angeklagten“ 
Pierre S sitzt zurzeit außer­dem wegen ander­er Straftat­en in Haft und wurde zur Ver­hand­lung in Hand­schellen vorge­führt. Im Fall des Woh­nungsüber­falls reicht­en die Indizien gegen ihn und die bei­den Mitangeklagten allerd­ings nicht aus. Das Gericht sprach deshalb Pierre S, Daniel S und Patrick D von den Tatvor­wür­fen frei.
Das Urteil ist allerd­ings noch nicht recht­skräftig. Die Staat­san­waltschaft, die von der Schuldigkeit der Angeklagten überzeugt war, kön­nte die richter­liche Entschei­dung immer noch anfechten.
Weit­ere Ver­fahren gegen Witt­stock­er Neonazis
Indes sind vor Gericht­en in Neu­rup­pin noch weit­ere Ver­fahren gegen Neon­azis aus Wittstock/Dosse anhängig.
Vor dem Landgericht wird beispiel­sweise gegen einen 36 Jähri­gen, einen 28 Jähri­gen und einen 24 Jähri­gen wegen ver­sucht­en Tod­schlag und gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung prozessiert. Die Angeklagten sollen, laut Presserolle des Gericht­es, am 3. Okto­ber 2016 in Wittstock/Dosse einen Mann erhe­blich ver­let­zt und dessen Tod bil­li­gend in Kauf genom­men haben. Zuvor hat­ten die vier Män­ner zusam­men getrunk­en, waren dann aber in Stre­it ger­at­en. In dieser Ver­hand­lung geht es übri­gens auch noch um weit­ere Straftat­en. Den bei­den 36 und 28 Jahre alten Angeklagten wird beispiel­sweise noch eine Kör­per­ver­let­zung am 19. August 2016 in Wittstock/Dosse zur Last gelegt. Außer­dem muss sich der 28 Jährige für eine Gewalt­tat am 7. Dezem­ber 2015, eben­falls in Wittstock/Dosse, sowie wegen der Ver­wen­dung von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tion ver­ant­worten. Er soll ein­tä­towierte ver­botene Sym­bole, darunter das Hak­enkreuz und den Schriftzug „Blood &Honour Divi­sion Deutsch­land“ öffentlich gezeigt haben.
Vor dem Jugend­schöf­fen­gericht am Amts­gericht Neu­rup­pin begin­nt in der näch­sten Woche außer­dem noch der Prozess gegen einen 22 Jähri­gen, dem gemein­schaftliche gefährliche Kör­per­ver­let­zung vorge­wor­fen wird. Er soll, laut Presserolle, gemein­sam mit zwei geson­dert Ver­fol­gten, einem 36 Jähri­gen und einem 35 Jähri­gen, am Tattag gegen 21:50 Uhr im Einkauf­szen­trum REIZ in Neu­rup­pin gezielt auf zwei Betrof­fene zuge­gan­gen sein, sie gestoßen und mehrfach mit beschuht­en Fuß gegen den Kopf- und dem Oberkör­per­bere­ich getreten haben. Die Geschädigten sollen Schmerzen, Prel­lun­gen und Schwellun­gen im Gesicht, Rück­en- und Brust­bere­ich erlit­ten und nach der Tat unter mas­siv­en Angstzustän­den gelit­ten haben. Die Betrof­fe­nen sollen den Angeklagten, laut Gericht,zuvor wegen ihrer blau und grün gefärbten Haare und eines T‑Shirts mit dem Auf­druck „Good night white pride“ aufge­fall­en sein.
Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin ist Schw­er­punkt rechter Gewalt
Laut ein­er Chronolo­gie des Vere­ines Opfer­per­spek­tive eV für das Jahr 2016 zählt die Stadt Wittstock/Dosse neben Neu­rup­pin und Rheins­berg zu den Schw­er­punk­ten rechter Gewalt im Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin. Mehr als 75 Prozent aller Gewalt­de­lik­te mit extrem recht­en Hin­ter­grund wur­den in diesen drei Orten begangen.
Darüber hin­aus bildete 2016 der Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin, laut ein­er Studie der Opfer­per­spek­tive eV, mit 21 Straftat­en auch einen Schw­er­punkt rechter Gewalt im Land Bran­den­burg. Nur in der kre­is­freien Stadt Cot­tbus und im Land­kreis Spree-Neiße war die Anzahl der Gewalt­de­lik­temit extrem recht­en Hin­ter­grund, nach Angaben des Vere­ins, noch höher.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Law & Order

Brandenburg beteiligt sich erstmals an Sammelabschiebung nach Afghanistan

Unter den am Mon­tag abgeschobe­nen Per­so­n­en kam ein­er der 15 Afgha­nen aus Bran­den­burg. Das Bun­des­land beteiligt sich zum ersten Mal an ein­er Sam­me­lab­schiebung nach Afghanistan – die nun­mehr vierte seit Dezem­ber 2016. Damit ist Bran­den­burg das erste Bun­des­land mit Regierungs­beteili­gung der LINKEN, das nach Afghanistan abschiebt.
Im Vor­feld der Abschiebung aus München wurde der afghanis­che Mann in Bran­den­burg an der Hav­el von sein­er Arbeit abge­holt. Der Flüchtlingsrat kri­tisiert die Abschiebung in das Kriegs­ge­bi­et aufs Schärf­ste und appel­liert an die Lan­desregierung, Abschiebun­gen nach Afghanistan sofort zu stop­pen und alle Schritte in die Wege zu leit­en, dass die betrof­fene Per­son wieder zurück­kehren kann.
Einzelfall­prü­fung erset­zt keinen Abschiebestopp
Die Abschiebung fand wenige Tage statt, nach­dem im Land­tag der Beschluss über die „Aus­set­zung von Abschiebun­gen nach Afghanistan“ gefasst wurde. Darin sind eine sorgfältige Einzelfall­prü­fung und das Auss­chöpfen von Ermessensspiel­räu­men fest­geschrieben. Den Land­tagsab­ge­ord­neten war sehr wohl bewusst, dass Schutz­suchende aus Afghanistan in ein Kriegs­ge­bi­et abgeschoben wür­den. Mit der Ermessens- und Einzelfall­prü­fung entsch­ied der Land­tag sich gegen einen Lan­des-Abschiebestopp nach Afghanistan.
Die Abschiebung des afghanis­chen Mannes macht deut­lich, dass der Land­tags­beschluss keinen Abschiebestopp erset­zen kann. Beamt_innen sind in jedem Fall – nicht nur bei Flüchtlin­gen aus Afghanistan – verpflichtet, im Einzelfall zu prüfen, ob Abschiebe­hin­dernisse vor­liegen bzw. die Abschiebung einen Ein­griff in Grun­drechte darstellen würde. Fol­gt man dem aktuellen Bericht des Hohen Flüchtlingskom­mis­sari­ats der Vere­in­ten Natio­nen (UNHCR), gefährdet jede Abschiebung nach Afghanistan die kör­per­liche Unversehrtheit von Men­schen und stellt damiteinen Grun­drecht­se­in­griff dar. Der Land­tags­beschluss bietet angesichts dessen keinen wirk­samen Schutz für von Abschiebung bedro­hte Afghan_innen. Das Innen­min­is­teri­um soll­tes­tattdessen den Aus­län­der­be­hör­den ein klares Sig­nal geben, von Abschiebun­gen nach Afghanistan abzuse­hen. Eine Möglichkeit wäre, dem Bre­mer Beispiel zu fol­gen und die Aus­län­der­be­hör­den anzuweisen, Afghan_innen Aufen­thalt­ser­laub­nisse nach § 25 Abs. 5 Aufen­thG wegen beste­hen­der Unzu­mut­barkeit (und damit Unmöglichkeit) ein­er Rück­kehr auszustellen. Zudem muss Bran­den­bur­gendlich Zugang zu Sprachkursen für Afghan_innen
gewähren, denn nur so kann der Weg zu ein­er langfristi­gen Bleibeper­spek­tive geeb­net werden.
Laut ein­er aktuellen Studie der Uni­ver­sität Kon­stanz hat­ten die in der Außen­stelle des BAMF in Bran­den­bur­gentsch­iede­ne­nA­sylge­suche mit 10% bun­desweit die niedrig­ste Anerken­nungsquote afghanis­ch­er Flüchtlinge in den Jahren 2010–2015 (im Ver­gle­ich Nordrhein-Westfalen:34%). Das bedeutet, dass in Bran­den­burg über­durch­schnit­tlich viele Afghan_innen dauer­haft gefährdet sind, abgeschoben zu werden.
Bran­den­burg hält an har­ter Lin­ie gegen Geflüchtete fest
Auf­grund der zahlre­ichen Berichte zur ver­heeren­den Sicher­heit­slage lehnen Bun­deslän­der wie Schleswig-Hol­stein Abschiebun­gen­nach Afghanistan grund­sät­zlich ab. In der Presse hat­te sich der Bran­den­burg­er Innen­min­is­ter Karl-Heinz Schröter zuvor wieder­holt als Ver­fechter der rigi­den Abschiebe­poli­tik de Maiz­ières geoutet und die human­itäre Poli­tik seinesKol­le­ge­naus Schleswig-Hol­stein, der­als ersterund bish­er einzigere­inen Abschiebestopp ver­hängt hat­te, scharf kritisiert.
Mit der Entschei­dung gegen einen Abschiebestopp und der erst­ma­li­gen Beteili­gung an ein­er Sam­me­lab­schiebung nach Afghanistan zeigt die Lan­desregierung, dass sie an der harten Lin­ie von Bun­desin­nen­min­is­ter Thomas de Maiz­ière fes­thält. Damit überge­ht sie den Willen und das Engage­ment viel­er Men­schen in Bran­den­burg, die die aktuelle Lan­des- und Bun­de­spoli­tik kri­tisieren und mit lan­desweit­en Aktio­nen ihre Sol­i­dar­ität bekun­den. Mit ein­er Peti­tion,
die bere­its fast 70.000 Unterstützer_innen gefun­den hat, set­zen sich beispiel­sweise Schüler_innen ein­er Cot­tbuser Schule für ihre von Abschiebung bedro­ht­en afghanis­chen Mitschüler ein. Bei Kundge­bun­gen in Neu­rup­pin und Pots­dam forderten in diesem Monat Demonstrant_innen, darunter viele Afghan_innen,Flüchtlingsschutz und Abschiebestopp.
Zusam­men mit Ini­tia­tiv­en und Ehre­namtlichen fordert deshalb der Flüchtlingsrat Bran­den­burg weit­er­hin: Keine Abschiebun­gen nach Afghanistan! Bran­den­burg muss das Lot­ter­iespiel mit dem Leben afghanis­ch­er Flüchtlinge been­den und den hier leben­den Afghan_innen endlich Sicher­heit und Schutz gewähren!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration

Keine Willkommenskultur für die AfD

Das Bünd­nis „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“ ruft zum Protest gegen den Lan­desparteitag der Bran­den­bur­gis­chen AfD am Sam­stag, den 8. April in der Oder­stadt auf. Mit ein­er Kundge­bung ab 10 Uhr an der Bran­den­burghalle (Sten­daler Str. / Kiel­er Str.), dem Tagung­sort der AfD, will das Bünd­nis ein deut­lich­es Zeichen gegen Recht­spop­ulis­mus setzen.
„Die Het­ze von AfD, Pegi­da und Co hat den Boden bere­it­et für die gestiegene Zahl an recht­en Gewalt­tat­en in Bran­den­burg. Allein in Frank­furt (Oder) hat sich deren Zahl 2016 im Ver­gle­ich zum Vor­jahr ver­dop­pelt.“, so Janek Las­sau, Sprech­er des Bünd­niss­es. Das Bünd­nis lädt aller Bürger*innen ein, am 8. April gemein­sam für eine
antifaschis­tis­che, demokratis­che Kul­tur zu demon­stri­eren. „Wir wollen eine sol­i­darische Gesellschaft, die Men­schen unter­schiedlich­er Herkun­ft, sex­ueller Ori­en­tierung, Reli­gion­szuge­hörigkeit oder unter­schiedlichem sozialem Hin­ter­grund in ihrer Mitte willkom­men heißt. Für die AfD hinge­gen darf es keine Willkom­men­skul­tur geben, ihr und ihren men­schen­ver­ach­t­en­den Posi­tio­nen wollen wir eine Absage erteilen.“, so Las­sau weiter.

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Klima & Umwelt

Wiesenhof Schlachtfabrik in Niederlehme blockiert

Bei­de Werk­tore sind mit Beton­fässern ver­stellt, an denen sich ins­ge­samt vier Men­schen fest­geket­tet haben. Eine weit­ere Per­son befind­et sich in ca. fünf Metern Höhe auf einem Met­all­dreibein über einem der Fäss­er. Einige Aktivist*innen sind auf LKWs gek­let­tert. Zur gle­ichen Zeit haben sich an die 10 Per­so­n­en zu ein­er Kundge­bung versammelt.
Der Protest ist keine vere­inzelte Aktion gegen die gewalt­same Schlacht­maschiner­ie, die Tiere fab­rik­mäßig in Fleis­chteile zerteilt. Die Schlacht­fab­rik, die wir als konkretes Ziel unser­er Aktion gewählt haben, vere­int in sich all die Ver­hält­nisse, die es anzu­greifen und zu über­winden gilt. Sie ste­ht für die Degradierung alles Lebens und deren Ressourcen zu verkauf­baren Waren, welche mit unserem Angriff heute gestört wer­den soll.
Die Aktion ist Teil der Antworten link­er Kämpfe auf die gesamt­ge­sellschaftliche Katas­tro­phe des glob­al herrschen­den Kap­i­tal­is­mus, nach dessen Logik unter­drückt, aus­ge­beutet und aus­ge­gren­zt wird, was rechte Ide­olo­gie, Konkur­ren­zkampf und Entsol­i­darisierung zur Folge hat. Sie ist gegen die kap­i­tal­is­tis­che Pro­duk­tion gerichtet, die Arbeiter*innen, Tiere und Natur ver­w­ertet und in deren Sinne Gren­zen und Mauern gegen jene errichtet wer­den, die in dieser Ver­w­er­tungssys­tem­atik derzeit als über­schüs­sige und unnütze Arbeit­skräfte gelten.
Die Aktion ist eine Sol­i­darisierung mit den geknechteten Arbeiter*innen, den verd­inglicht­en Tieren und den durch eine extrem repres­sive, ras­sis­tis­che Poli­tik ins Elend getriebe­nen Geflüchteten. Sie ist eine Bemäch­ti­gung gegen die aufer­legte Ohn­macht, ein Zuwort­melden emanzi­pa­tiv­er Poli­tik gegen rechte und kon­ser­v­a­tive Parolen.
In Zeit­en von Pegi­da und Afd, in denen sich Men­schen allzuoft in den Straßen zusam­men­rot­ten, um selb­st gegen entste­hende Geflüchtete­nun­terkün­fte oder Geflüchtete vorzuge­hen, empfind­en wir es als sehr unter­stützenswert, dass es wie hier in Königswuster­hausen auch Men­schen gibt, die sich als Bürger*inneninitiative formieren, um gegen einen Schlacht­fab­rik aktiv zu werden.
In den Schlacht­fab­riken wird der Zwang und die Gewalt des Kap­i­tal­is­mus gut sicht­bar: Im Antrans­port der lebendi­gen Ware, den Tieren, und ihrer gewalt­täti­gen Zurich­tung am Schlacht­band. In den prekären Arbeits­be­din­gun­gen der Schlachthofmitarbeiter*innen. In der zer­störten und emis­sions­be­lasteten Natur, die den Schlachthof umgibt.
Aber auch in den Pro­duk­tion­sprozessen, die denen in der Schlacht­fab­rik vor- bzw nachgeschal­tet sind: Beispiel­sweise dem Fut­ter­mit­te­lan­bau, der mit Land Grab­bing, Vertrei­bung und Naturz­er­störung ver­bun­den ist. Oder dem Export der Fleis­chwaren in den glob­alen Süden, der die Pro­duk­tion in diesen Län­dern und deren Unab­hängigkeit und Selb­st­bes­tim­mung zerstört.
Dieser Export dient auch in der Tier­aus­beu­tungsin­dus­trie der Gewin­n­max­imierung, die inner­halb der kap­i­tal­is­tis­chen Wirtschaft­sor­d­nung unumgänglich ist. Damit ein­her gehen Wach­s­tum­spläne der führen­den Unternehmen, die bere­its an ihren Stan­dorten Anträge auf Erweiterun­gen oder für Neubaut­en von Schlach­tan­la­gen gestellt haben.
So plant auch die PHW Gruppe Marke Wiesen­hof bei der hier ort­san­säs­si­gen Fir­ma „Märkische Geflügel­hof-Spezial­itäten“, die Schlachtleis­tung von 190 auf 352 Ton­nen Lebendgewicht pro Tag nahezu zu ver­dop­peln. Umgerech­net entspricht dies der Tötung von ca. 160.000 tier­lichen Indi­viduen tagtäglich.Diese Schlacht­pläne sollen durchkreuzt, das Schlacht­en been­det wer­den und mit diesem alle For­men von Aus­beu­tung, Unter­drück­ung, Gewalt und Zerstörung.
Wir ver­ste­hen diese Aktion als eine Auf­forderung, Wege zu ein­er befre­it­en Gesellschaft zu suchen, gegen die behauptete Alter­na­tivlosigkeit der Unfrei­heit und des Zwangs des Kap­i­tal­is­mus. Die Aktion wird von Aktivist*innen von Tier­far­briken Wider­stand, Kam­pagne gegen Tier­far­briken, Mas­tan­la­gen Wider­stand, BI KW stinkt’s, BI Saustall Wadels­dorf, Berlin­er Tier­be­freiungsak­tion, Ani­mal Cli­mate Action und Einzelper­so­n­en unterstützt.
 
Aktuelle Infos unter:
https://tierfabriken-widerstand.org/newsticker-schlachthofblockade-niede…
facebook.com/tierfabrikenwiderstand

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Sonstiges

Rathenow: Rechtes „Bürgerbündnis“ nutzt „Lebensrune“ als neues Erkennungszeichen

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Die zunehmende Annäherung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land e.V.“ an extrem recht­en Aus­druck und extrem rechter Sym­bo­l­ik schre­it­et offen­bar von Ver­samm­lung zu Ver­samm­lung fort. Nach der „Reichs­grün­dungs­feier“ am 21. Jan­u­ar 2017 und dem Gedenken an den ver­meintlichen „deutschen Völk­er­mord“ am 14. Feb­ru­ar 2017 stellt die im Rah­men der heuti­gen Abend­ver­anstal­tung der Vere­ini­gung erst­mals öffentlich als neues Erken­nungsze­ichen gezeigte so genan­nte „Leben­srune“ einen weit­eren Meilen­stein auf dem Weg nach ganz Recht­saußen dar.
„Leben­srune“ als neues Identifikationssymbol
Bere­its seit dem 23. Feb­ru­ar 2017 nutzt die rechte Vere­ini­gung Bürg­er­bünd­nis Havel­land e.V. auf seinem Social­me­dia-Pro­fil im Inter­net statt des bish­er ver­wen­de­ten sech­sza­ck­i­gen schwarzen Sternes die Rune in ihrem Logo. Im Zuge ein­er darauf im Netz ent­bran­nten Diskus­sion, ver­fasste der Vere­insvor­sitzende Chris­t­ian Kaiser ein kurzes State­ment, dem­nach es sich bei dem neueinge­fügten Sym­bol um die so genan­nte „Leben­srune“ („Man“-Rune) han­dele. Diese sei offen­bar bewusst gewählt wor­den, weil sie ange­blich „ein Zeichen des Deutschen Volkes seit über 2.000 Jahre(n)“ darstelle. Eine Begrün­dung die allerd­ings höchst zweifel­haft erscheint, da sich tat­säch­lich wed­er im „Heili­gen Römis­chen Reich (Deutsch­er Nation)“, welch­es als erstes deutsches Staatenge­bilde vom 10. Jahrhun­dert bis 1806 existierte, noch im „Deutschen Kaiser­re­ich“ (1871 bis 1918) Belege für die Nutzung dieser Rune find­en. Erst im nation­al­sozial­is­tis­chen „Drit­ten Reich“ (1933 bis 1945) ist eine bre­ite Ver­wen­dung der „Leben­srune“ beleg­bar. Dort wurde sie beispiel­weise in der „NS Frauen­schaft“ und in der Hitler­ju­gend (HJ) sowie (gemein­sam mit der „Todesrune“) als geneal­o­gis­ches Sym­bol in Tode­sanzeigen oder auf Gra­ban­la­gen ver­wen­det. Der auf­fäl­lig bre­it­en Ver­wen­dung der Rune im Nation­al­sozial­is­mus dürften dabei vor allem ide­ol­o­gis­che Motive zu Grunde liegen. Es sollte eine his­torische Kon­ti­nu­ität zwis­chen der (nation­al­sozial­is­tis­chen) deutschen „Volks­ge­mein­schaft“ und sein­er ver­meintlichen ger­man­is­chen Wurzeln kon­stru­iert werden.
Das vielfach kaum his­torische Quellen zum Runen-Alpha­bet sowie zu den Ger­ma­nen im All­ge­meinen vor­la­gen, störte dabei offen­bar wenig. Es wurde ein­fach auf das Wis­sen ide­ol­o­gisch beque­mer Schar­la­tane zurück­ge­grif­f­en. Ein Beispiel hier­für ist der Öster­re­ich­er Gui­do von List (1848–1919). Er gilt als „Erfind­er“ der „Leben­srune“. List, der auch als Vorkämpfer der völkischen Bewe­gung und Begrün­der der ras­sis­tisch-okkul­tistis­chen Arioso­phie ange­se­hen wird, ori­en­tierte sich dabei weniger am wis­senschaftlichen Stand der Sprach­forschung zu den his­torisch ver­bürgten Rune­nal­pha­beten, son­dern erfand mit seinem „Arma­nen-Futhark“ ein­fach sein eigenes Runen-ABC. Diesem lieferte List auch gle­ich seine aus­gedacht­en esotherischen Deu­tun­gen mit. In der „Leben­srune“ bzw. „Man-Rune“, sah er beispiel­weise das „geheiligte Zeichen der Fortpflanzung des Men­schengeschlecht­es“. Sein Arma­nen-Futhark sowie seine Runen­deu­tung wur­den später von der so genan­nten „Thulege­sellschaft“, von denen einzelne Mit­glieder wiederum einen großen Ein­fluss auf die Gestal­tung der Parteisym­bo­l­ik der NSDAP hat­ten, übernommen.
Die heutige Ver­wen­dung des Begriffs „Leben­srune“ hat somit nicht nur eine ein­deutige Ten­denz, son­dern kann auch als ein Indiz für die Öff­nung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land e.V.“ gegenüber völkischen Ide­olo­gien, min­destens aber Ide­olo­giefrag­menten ange­se­hen werden.
Stag­na­tion am extrem recht­en Rand
Ein neues Pub­likum hat sich die Vere­ini­gung damit jedoch bish­er noch nicht erschlossen. Zu den Ver­samm­lun­gen des recht­en „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land e.V.“ kom­men kon­stant – so auch heute wieder – ca. 25 Per­so­n­en. Neben Mit­gliedern und Sym­pa­thisan­ten der ver­anstal­tenden Vere­ini­gung sind dies auch Einzelper­so­n­en der Unter­gruppe „NS Havel­land“ sowie aus Berlin angereiste Akteure der extremen Recht­en. Let­zt genan­nte kön­nen dem Spek­trum des „BÄRGIDA e.V.“ sowie der „Bürg­er­be­we­gung Pro Deutsch­land“ zuge­ord­net wer­den. Bei­de Vere­ini­gun­gen wer­den vom Ver­fas­sungss­chutz des Lan­des Berlin beobachtet. Im aktuellen Berlin­er Ver­fas­sungss­chutzbericht aus dem  Jahr 2015 wer­den sowohl „BÄRGIDA e.V.“ als auch die „Bürg­er­be­we­gung Pro Deutsch­land“ als islam­feindliche Mis­chszenen im Bere­ich des Recht­sex­trem­is­mus erwähnt.
Fotos: hier

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Arbeit & Soziales Flucht & Migration

Asylrecht und Flüchtlingsschutz jetzt und hier!

Bun­des- und europaweit­er Aktion­stag gegen Ras­sis­mus, Faschis­mus und Austerität
Sam­stag, 18.03.2017 in Potsdam:
Demo: 15 Uhr ab Nauen­er Tor
Kundge­bung: 16 Uhr Landtag/Steubenplatz
Am 18.03.2017 find­et ein bun­des- und europaweit­er Aktion­stag gegen Ras­sis­mus, Faschis­mus und Aus­ter­ität statt. An diesem Tag jährt sich die Unterze­ich­nung des EU-Türkei Deals, der die „Reg­ulierung der Flüchtlingsströme“ zum Ziel hat und so zur Bru­tal­isierung des europäis­chen Gren­zregimes beiträgt. Bun­desweit set­zen sich Ini­tia­tiv­en an diesem Tag mit Aktio­nen, Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen für „das Recht zu kom­men, zu gehen und zu bleiben“ ein. Wir schließen uns dieser Forderung an. Für eine europaweite Sol­i­dar­ität mit Men­schen auf der Flucht!
Bund, Län­der und Kom­munen haben eine neue Gan­gart ein­gelegt: Sink­ende Anerken­nungs- und steigende Abschiebezahlen bes­tim­men die aktuelle Poli­tik. Auch Bran­den­burgs Lan­deshaupt­stadt Pots­dam kurbelt die Abschiebe­maschiner­ie an und set­zt auf die Entsol­i­darisierung der Gesellschaft. Dage­gen rufen wir zu Protest und Wider­stand auf: Asyl­recht und Flüchtlingss­chutz jet­zt und hier!
1. Bun­desweite Ver­schär­fung der Abschiebepraxis
Auf der Bund-Län­der-Kon­ferenz wurde die Ein­rich­tung eines Zen­trums zur Unter­stützung von Rück­führun­gen (ZUR) besprochen. Diese Logis­tik­stelle für Sam­me­lab­schiebun­gen soll Behör­den bün­deln und Abschiebun­gen beschle­u­ni­gen. Dieses klare Zeichen für eine repres­sive Abschiebe­poli­tik rei­ht sich ein in die Poli­tik, wirk­liche Prob­lem­lö­sun­gen zu ver­weigern und stattdessen auf pop­ulis­tis­che Scharf­macherei, ein­fache Antworten und Sam­me­lab­schiebun­gen zu setzen.
Abschot­tung und Abschreck­ung ste­hen einem huma­nen und ver­ant­wor­tungsvollen Umgang mit Schutz­suchen­den ekla­tant ent­ge­gen. Es bedarf kein­er Struk­tur, die sich darum bemüht, Reise­doku­mente für Men­schen zu organ­isieren, damit diese in Län­der abgeschoben wer­den, die poli­tisch als befriedet definiert wur­den. Vielmehr wer­den Stellen benötigt, die ein faires und indi­vidu­elles Asylver­fahren sich­er­stellen. Die Asyl­gründe von jun­gen, alle­in­ste­hen­den Men­schen aus Afghanistan, die dort vor Tod, Folter und Haft geflo­hen sind, wer­den zunehmend falsch bew­ertet. Anstelle ein­er indi­vidu­ellen Entschei­dung über die per­sön­liche Gefährdungslage der Men­schen, treten poli­tisch motivierte, stan­dar­d­isierte Entschei­dun­gen. Die Bun­desregierung veröf­fentlichte erst kür­zlich Reise­war­nun­gen für Afghanistan und entsandte neue Bun­deswehrsol­dat­en, die expliz­it die Sicher­heit­slage in Afghanistan sta­bil­isieren sollen.
Das Asyl­recht ist ein Indi­vid­u­al­recht und darf nicht durch pauschale Bew­er­tun­gen von Herkun­ft­slän­dern aus­ge­he­belt wer­den. Wir ver­lan­gen von Bran­den­burg, sich nicht zum ver­längerten Arm ein­er ver­fehlten bun­desweit­en Asylpoli­tik zu machen. Wir fordern, dass die Lan­desregierung klar und öffentlich Stel­lung gegen Abschiebun­gen in das Kriegs­ge­bi­et Afghanistan bezieht! Afghanistan ist kein sicheres Land!
2. Kehrtwende in Potsdam
Pots­dam brüstet sich damit, eine weltof­fene und tol­er­ante Stadt zu sein. Das Pots­damer Tol­er­anzedikt und das Inte­gra­tionskonzept der Stadt sind viel benutzte Aushängeschilder der Lan­deshaupt­stadt. In bre­it­en Bünd­nis­sen wird gegen Ras­sis­mus und für Teil­habe aufgerufen. Doch durch die Kor­ri­dore der Pots­damer Ver­wal­tung weht zunehmend ein ander­er Wind. Das neue Inte­gra­tionskonzept liegt auf Eis. Die aktuelle Entwick­lung im flüchtlingspoli­tis­chen Han­deln der Ver­wal­tung läuft kon­trär zum bre­it­en Engage­ment der Pots­damer Bevölkerung. Pots­dam schließt sich ein­er bun­desweit­en, zunehmend restrik­tiv­en Flüchtlingspoli­tik wider jed­er Human­ität und Ver­ant­wor­tung für Schutz­suchende an.
„Kon­se­quente Abschiebung“ – pauschal und traumatisierend:
Derzeit gibt es ca. 150 Dublin-Fälle in Pots­dam. Pots­dams Ver­wal­tung will die betrof­fe­nen Men­schen in den näch­sten Monat­en kon­se­quent in die Erstein­reiselän­der zurückschieben. Die Rückschiebun­gen sollen über­wiegend nachts stattfinden.
Was heißt Rückschiebung?
Es geht darum, Men­schen in das Land zurück­zuschieben, in dem sie als erstes Europa betreten haben. Dies sind zunächst die Län­der am Rand der EU (Polen, Ital­ien, Griechen­land, Bul­gar­ien, etc.). Manche Men­schen reisen weit­er. Dafür gibt es vielfältige Gründe: über­füllte Lager, unwürdi­ge Leben­sum­stände, undurch­schaubare Asylver­fahren, fehlende Rechts­ber­atung oder der Wun­sch, zu Ver­wandten in andere Län­der zu gelan­gen. Wird per Fin­ger­ab­druck­daten­bank fest­gestellt, dass die asyl­suchende Per­son bere­its in einem anderen EU-Land war, soll sie in dieses rück­geschoben wer­den, um dort ihr Asylver­fahren durchzuführen. Allerd­ings beste­hen in vie­len Erstein­reiselän­dern erhe­bliche sys­temis­che Män­gel im Asylver­fahren. Deutsch­land hat ein Selb­stein­trittsrecht in das Asylver­fahren und kann entschei­den, das Asylver­fahren in Deutsch­land durchzuführen.
Pots­dam möchte Men­schen, die über bes­timmte Län­der ein­gereist sind, pauschal zurückschieben. Die Entschei­dung, ob ein Men­sch in ein anderes europäis­ches Land zurück­ge­führt wird, um dort sein Asylver­fahren durchzuführen, muss jedoch laut Geset­zesin­ten­tion immer eine Einzelfall­prü­fung sein.
Die Rückschiebung soll in der Regel mit­ten in der Nacht durchge­führt wer­den. So soll sichergestellt wer­den, dass die betrof­fe­nen Flüchtlinge anwe­send sind und dass Proteste von Nachbar*innen erschw­ert wer­den. Diese Prax­is bedeutet ein trau­ma­tisieren­des Ereig­nis für den einzel­nen Men­schen, darunter viele Kinder: Mit­ten in der Nacht drin­gen der Wach­schutz und die Aus­län­der­be­hörde in den einzi­gen Schutzraum ein, den die Men­schen nach ihrer Flucht gefun­den haben. Sie sind wieder durch eine äußere Gewalt gezwun­gen, alle ihre Hab­seligkeit­en zusam­men­zu­pack­en und wer­den zu ein­er weit­eren Gren­ze deportiert. Auch Mitbewohner*innen, die vor Krieg und Zer­störung geflo­hen sind und im sel­ben Zim­mer oder in der­sel­ben Unterkun­ft wohnen, sind diesem nächtlichen Über­fall zur Durch­set­zung von Ver­wal­tungsan­weisun­gen aus­ge­set­zt. Nachts sind nicht ein­mal Sozialarbeiter*innen anwe­send, um die Sit­u­a­tion zu begleit­en, zu unter­stützen oder aufz­u­fan­gen. Immer wieder kommt es zu Gewal­tan­wen­dung durch Polizei und Aus­län­der­be­hör­den in Brandenburg.
Wir fordern den Zugang zu einem fairen und indi­vidu­ellen Asylver­fahren statt nächtliche und unangekündigte Abschiebun­gen! Pots­dam muss Farbe beken­nen und Ver­ant­wor­tung für hier lebende Geflüchtete übernehmen.
Unter­bringung fernab von Menschlichkeit:
Zum 1. März eröffnet(e) unter Träger­schaft von „Euro­pean Home­care“ weitab von jeglich­er Nach­barschaft mit­ten im Indus­triege­bi­et Rehbrücke/Drewitz eine neue Unterkun­ft für Asyl­suchende. Bemerkenswert schnell und ohne lästige Mit­sprache des Sozialauss­chuss­es oder des Migranten­beirates wurde „Euro­pean Home­care“ der Zuschlag für eine neue Flüchtling­sun­terkun­ft im Han­delshof 20 zuge­sprochen. Der umstrit­tene Träger ist ein rein wirtschaftlich­es Unternehmen, das in der Unter­bringung von Asyl­suchen­den ein lukra­tives Geschäfts­feld gefun­den hat. Bekan­nt wurde Euro­pean Home­care spätestens 2014 – als Bilder von mis­shan­del­ten und gedemütigten Flüchtlin­gen in nor­drhein-west­fälis­chen Heimen in den Tages­nachricht­en gezeigt wur­den. Der nor­drhein-west­fälis­che Innen­min­is­ter Jäger äußerte sich beschämt und zeigte sich sich­er, dass auch seine Kolleg*innen aus anderen Bun­deslän­dern mehr als kri­tis­che Fra­gen an „Euro­pean Home­care“ stellen wür­den. Pots­dam sieht sich dazu lei­der nicht berufen.
Für die Ab- und Rückschiebe­maschiner­ie ist es prak­tisch, wenn Gemein­schaft­sun­terkün­fte einen schnellen und unkom­plizierten Zugriff auf die Men­schen ermöglichen. Beson­ders rei­bungs­los klap­pen nächtliche Behör­denein­sätze, wenn eine Unterkun­ft soweit am Stad­trand liegt, dass es keine Nach­barschaft gibt, die ein­greifen oder sich beschw­eren kann. So kön­nen Proteste ein­er aktiv­en Bürg­er­schaft – wie im let­zten Jahr in Pots­dam-West – ver­mieden werden.
Die Unter­bringung von Asyl­suchen­den darf nicht dubiosen Sicher­heit­sun­ternehmen obliegen. Für eine men­schen­würdi­ge Unter­bringung von Schutz­suchen­den inmit­ten der Pots­damer und Bran­den­burg­er Gesellschaft! Für eine Unter­bringung in Wohnungen!

 

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