INFORIOT Das „F“ steht für Feminismus und ohne diesen kann Antifaschismus nicht bestehen. Und ein Feminismus ohne Antifaschismus „läuft nicht“. Dies sind die Leitideen des F_antifa Kongresses, der unter dem Motto „Vor jeder guten Antifa steht ein fettes F!“ vom 12. bis 14. Mai im freiLand Potsdam stattfinden soll. In Vorbereitung auf das Wochenende haben wir mit den Organisator*innen des dreitägigen Kongresses gesprochen.
IR: Auf eurer Webseite findet sich eine Menge an Informationen zum Kongress und drum herum. Uns würde interessieren, was euch dazu bewegt hat, den Kongress zu organisieren und warum eure Wahl ausgerechnet auf die Stadt Potsdam gefallen ist.
Trixi: Also erstmal sind Feminismus und Antifaschismus Herzstücke unserer politischen Arbeit. Die Kombi F_antifa ist also quasi PERFEKT.
Charles: In den 90ern gab es schon mal eine Reihe von F_antifa Kongressen, die ist aber irgendwann abgerissen. Der Kongress letztes Jahr in Hamburg wurde im Vorfeld von vielen als “Instanz” wahrgenommen und dankbar begrüszt* und auch wir kennen uns teilweise daher. Aus der f_antifaschistischen Motivation, die wir daraus mitgenommen haben, ist dann der Wunsch entstanden, die Themen und die Vernetzung weiterzutragen. Und auch Sachen anders zu machen, die wir auf dem Kongress in Hamburg uncool fanden. Die Entscheidung, den Kongress in Potsdam zu veranstalten, hat ganz pragmatische Gründe: Die Initiator*innen wohnen und leben hier. Auszerdem wollten wir es nicht in Berlin oder anderen (linken) Zentren wie Hamburg oder Leipzig machen.
IR: Wie waren denn die anderen Reaktionen auf eure Idee — bundesweit, vor allem aber in Brandenburg?
Trixi: Wir haben spannenderweise sehr unterschiedliche Reaktionen beobachtet: Das Feedback aus Österreich, der Schweiz und bundesweit, das wir mitgekriegt haben, war super positiv. Viele Menschen sind schon ganz aufgeregt und voller Vorfreude. Brandenburg können wir nur schwer einschätzen, da wir nicht überall hin vernetzt sind. Hoffentlich ändert sich das auf dem Kongress. WO wir vernetzt sind, sind wir zum einen auf Begeisterung gestoßen
— und auch auf tatkräftige Unterstützung bei Aufbau, Workshops und so. Zum anderen auf Skepsis. Es gibt immer wieder Momente, in denen Leute uns irgendwelche Kompetenzen absprechen. Wir fänden es spannend, daraus eine offene Diskussion zu machen: Wie kommen wir zu einer soliden kritisch-solidarischen Praxis, um Brandenburg ernsthaft f_antifaschistisch revoluzzen zu können? Da ist noch Platz nach oben. Auch in Potsdam selbst waren/ sind die Reaktionen sehr unterschiedlich. Viele Menschen freuen sich total und unterstützen den Kongress hart, insgesamt finden wir die Reaktionen aber eher mau und verhalten. Wir haben die Beobachtung gemacht: Je lokaler, desto kritischer und abcheckender wird die Haltung, die Aktivist*innen Projekten, die sie nicht selbst initiiert haben, gegenüber einnehmen. Vielleicht auch, weil mehr persönlicher Stissel im Spiel ist, donno.
Frida: Wer übrigens das F_antifa-Plakat an der Busse übermalt hat und dort das “F” vor “Antifa” weggekritzelt hat, melde sich bitte unter fettesf@systemli.org bei uns. Dann kriegste aufs Maul!
IR: Das Thema Feminismus scheint derzeit eine Hochkonjunktur zu erleben. Was zu beobachten ist. Das ist absolut überwältigend und unterstützenswert. Was erhofft ihr euch von dem Kongress?
Frida: Mehr davon! Mehr F_antifa! Mehr Kongresse, mehr Vernetzung, mehr Gruppen, mehr Aktionen, mehr Selbstverständlichkeiten.
Charles: Wir waren uns schon relativ am Anfang der Orga-Phase einig, dass die Stimmung, die wir uns erhoffen, von Empowerment und Angriff geprägt sein soll.
Trixi: Ja, wir haben keine Lust auf so’n “Opfer-Kongress”, wo wir uns nur gegenseitig erzählen, wie schlimm und hoffnungslos alles ist, und danach alle demotiviert und traurig und geschwächt nach Hause gehen.
Charles: Das Programm geht auch recht stark Richtung Alltagspraxis. Auf dem Kongress wird es mehrere Plena mit allen geben, es gibt Raum für Open Spaces, also insgesamt einen gewissen DIYCharakter (DIY = do it yourself). Schön wäre es, wenn sich die Teilnehmer*innen gegenseitig Skills und Wissen für ihre weitere politsche Arbeit mitgeben können: So, dass Antifas feministischer und Feminist*innen antifaschistischer werden.
IR: Bereits letztes Jahr fand in Hamburg ein ähnlicher F_antifa Kongress statt. Überschattet wurde das Wochenende jedoch von strukturellen Problemen der Antifa-Szene. Vor allem nicht-weiße Aktivist*innen fanden sich auf dem Kongress nicht ausreichend geschützt und gehört. Wie können wir von den Ereignissen aus Hamburg lernen und wie sieht eurer Strategie auf dem Kongress aus, um nicht die gleichen Fehler zu wiederholen?
Trixi: Einige von uns (weisze Personen) waren in Hamburg. Wir haben dort viel gelernt. Danke, dass F_antifas of Colour sich den Stress gemacht haben, zu intervenieren, Kritik offen zu äuszern, und durchzufighten, dass es die Reflektion zu systematischem und strukturellem Rassismus in der Antifa/in feministischen Communities gibt. Es ist natürlich jetzt etwas doof, das aus unserer Position so zu sagen, weil erstmal ja wieder Leute verletzt werden mussten, damit weisze Aktivist*innen was lernen — aber die Diskussion in Hamburg hat uns etwas beigebracht. Und jetzt sind wir trotzdem gar nicht gefeit davor, ähnliche Fehler zu machen, weil wir sind auch ein grösztenteils weiszes Orgateam und uns begegnen immer wieder rassistische Denkmuster in unseren Köpfen und rassistische Handlungsgewohnheiten. So intuitive NICHT-Solidaritäten und Maßstabsverschiebungen. Was wir versucht haben, umzusetzen: Es gibt einen Safer Space für PoC auf dem Kongress. Es hat mehrere antirassistische/intersektionale Workshops, darunter auch “Antiracism and Antifascism” desigend für weisz-sozialisierte Teilnehmer*innen. Wir haben die zutreffende Kritik bekommen, dass unser Programm zwar “Critical White” ist, aber wir damit wieder nur Workshops, in denen weisze Leute etwas lernen können, anbieten. Jetzt haben sich noch Personen gemeldet, die groszartigerweise einen Workshop zum Demontieren von internalisiertem Rassismus für PoC only machen bzw. überlegen eine Vernetzungsphase für FLTI of Colour only anzustiften. Auszerdem haben wir einmal pro Tag Plenum für alle, um Unwohlsein aufzufangen. Und dann hoffen wir auf eine solide Interventionskultur, wie in Hamburg. Unser Claim am Anfang war: „Wir wollen NEUE Fehler machen. Wenn wir das schaffen, sind wir auf nem guten Weg.“
IR: Auf eurer Homepage resümiert ihr, dass ihr es als eine Notwendigkeit erachtet „Sexismus in der Antifa weiterhin offensiv anzugehen“. Welche konkreten Maßnahmen wollt ihr auf den Kongress ergreifen, um beispielsweise Dominanzverhalten von „mackernden Cis-Typen“ entgegenzuwirken?
Trixi: Wir wetzen schon mal die Messer. Und es gibt Selbstverteidigungsworkshops.
Frida: Ernsthaft: Wir werden versuchen, in dem Einführungsvortrag eine Analyse anzubieten wie Mackrigkeit/Patriachat funktioniert und eine lebendige Interventionskultur vorzuschlagen. Dann bauen wir auf Solidarität und politische Erfahrung von teilnehmenden F*antifas. Zudem sind einige Workshops FLTI only, da werden Cis-Typen gar nicht erst reingelassen. Um Dominanzverhalten langfristig entgegen zu wirken werden Workshops zu Kritische Männlichkeit, zu Konsens, zu Reaktionsmöglichkeiten auf sexistische Machtscheisz… angeboten. Und vielleicht kann ja die eine oder andere im Workshop „Macker wegmoderieren“ noch was dazu lernen. (;
IR: Nach und nach wird auf eurer Homepage das Programm veröffentlicht und es scheint ein vielversprechendes Wochenende zu werden. Was sind eure persönlichen Highlights, auf die ihr euch sehr freut und welchen Teil des Programms würdet ihr Aktivist*innen besonders ans Herz legen?
Charles: Naja jetzt auf jeden Fall „Self care als F*antifaschistin“. Knapp am burn-out, oida.
Trixi: Wer Plenum macht wird umgebracht!!!
Frida: Prokrastination bis zur Revolution! Natürlich liegt uns alles am Herzen, logo. Unser programmatischer Ausgangspunkt war: Wir machen das auf dem Kongress, worauf wir selbst Bock haben. So ganz persönlich hab ich richtig Lust klassische Antifa-Skills im Recherche Workshop zu lernen. Und wir freuen uns auch riesig auf den geilen Scheisz der in den Open Spaces entstehen wird. Also bringt mit, was immer ihr mit anderen Menschen teilen wollt, initiiert Gesprächskreise oder worauf ihr sonst so Bock habt. Wir sind auszerdem sehr happy, dass wir tolle Menschen gewinnen konnten, bzw. Menschen auf uns zukamen, die einen “Braver space für Menschen mit jüdischer Geschichte”, “Selbstverteidigungstraining vom Rolli aus” sowie “Collective Healing from Opression (PoC only)”
anbieten.
Trixi: Ich bin schon richtig heiß auf “Basisdemokratische Gewerkschaftsarbeit als antifaschistische Perspektive” von der FAU Dresden und hoffentlich eine Diskussion darüber, wie mensch Gewerkschaftsarbeit feministischer rocken kann. Ich steh grad auf Struktur und Organiserung und radikale Gesamtscheisze-umwälzen-Ansätze.
Charles: Ich werde mir auf jeden Fall “How open are my politcal structures for refugee women” von Women in exile and friends gönnen und ein bisschen Ökonomiekritik darf auch nicht fehlen. Besonders freuen wir uns auch über unser fettesf Polit-Kulturprogramm, da gibt es z.B. eine Tanz-Performance zu Körpernormen in der NS-Zeit, einen queeren Kurzfilmabend und eine Vorführungeiner Romnja JugendTheatergruppe aus Berlin.
Frida: Wir sind selbst sau-gespannt, was dann letztendlich auf dem Wochenende passiert und wie es Leuten geht und was daraus entsteht. So Groszprojekte sind ja immer auch ein bisschen verunsichernd. Unterm Strich wird’s FETT.
Vielen Dank für das Interview!
Mehr Infos zu dem Kongress findet ihr unter: http://fettesf.blogsport.eu/
*Anmerkung der Redaktion: Die “sz” Schreibweise entspricht der Schreibweise, die sich die Interviewten Personen ausgesucht hatten und wird im Original übernommen.
Der braune 1. Mai im Rückblick
An den bundesweiten Aktionen des neonazistischen Milieus anlässlich des Tages der Arbeit beteiligte sich auch eine zweistellige Anzahl Brandenburger Neonazis in mindestens vier Bundesländern. Deutlicher Schwerpunkt der Aktivitäten war das Geschehen um den so genannten „Tag der deutschen Arbeit (TDDA)“ im sachsen-anhaltinischen Halle (Saale). Weiterhin beteiligten sich Brandenburger Neonazis aber auch an größeren Aufmärschen in Gera (Thüringen) und Stralsund (Mecklenburg-Vorpommern). Im Land Brandenburg selber veranstaltete das neonazistische Milieu lediglich eine kleinere Kundgebung in Frankfurt (Oder).
Militante Neonazis aus NPD und „Freien Kräften“ zog es zum „TDDA“ nach Halle (Saale)
Für den „Tag der deutschen Arbeit“ in Halle (Halle) hatte bundesweit vor allem die Partei „Die Rechte“ und ihr nahe Strukturen geworben. Ihre Absicht lag in der Veranstaltung einer zentralen und organisationsübergreifenden Versammlung mit einem betont kämpferischen Aspekt.
Erwünscht war diesbezüglich auch die Teilnahme des so genannten „Antikapitalistischen Kollektives (AKK)“, einer Vernetzung von „Autonomen Nationalisten“, welche in der Vergangenheit bei Erste-Mai-Veranstaltungen des III. Weges in Saalfeld (Thüringen) und Plauen (Sachsen) die Auseinandersetzung mit der Polizei suchten, dadurch den Abbruch der angemeldeten Versammlungen verursachten und sich letztendlich deswegen mit den Veranstaltenden überwarfen.
Auch im Vorfeld des TDDA in Halle (Saale) hatte das AKK angedeutet notfalls auf Militanz zur Durchsetzung des Aufmarsches zu setzen.
Während der III. Weg bei seiner Distanz zu den „Autonomen Nationalisten“ blieb und auf einen, im Vergleich zu den Vorjahren, kleineren Aufmarsch setzte, hatten die „Die Rechte“ und selbst die Brandenburger NPD offenbar keine Berührungsängste gemeinsam mit dem militanten schwarzen (Nazi-)block aufzutreten.

Zum geplanten Aufmarsch in Halle (Saale) reisten so sogar brandenburgische Kommunalpolitiker der „Nationaldemokraten“, wie beispielsweise Benjamin Mertsch (Kreistagsabgeordneter Landkreis Spree-Neiße), Manuela Kokott (Gemeindevertreterin Spreenhagen) und Dave Trick (Stadtverordneter Neuruppin), an. Sie kamen gemeinsam mit weiteren NPD Funktionären aus Brandenburg, wie Markus N. (Stadtverordneter Guben 2008–2014), Alexander B. (Kandidat Stadtverordnetenversammlung Guben 2008) sowie Frank O. und Alexander Kevin P. vom Kreisverband Oderland und Pierre B. vom Kreisverband Havel-Nuthe sowie Sympathisierenden der JN.
Bezeichnend dabei ist, dass fünf der acht genannten brandenburgischen NPD Funktionäre in der Vergangenheit mindestens gewalttätig in Erscheinung getreten waren. Alexander B. war Hauptakteur der ausländerfeindlichen Hetzjagd von Guben im Jahr 1999 und saß wegen des dadurch verursachten Todes eines Algeriers zwei Jahre in Jugendhaft. Markus N. und Alexander Kevin P. sollen am 3. August 2013 Gegner einer NPD Kundgebung in Eisenhüttenstadt angriffen haben. P. wurde dafür erst am 15. März 2017 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, ausgesetzt zu zwei Jahren auf Bewährung, verurteilt. Ebenfalls gewalttätig in Erscheinung traten in der Vergangenheit Dave Trick und Pierre B. Gegen beide läuft zurzeit noch ein Verfahren wegen eines Angriffs auf einen Wahlhelfer der Linkspartei am 19. Mai 2014 in Neuruppin.

Neben den genannten NPD Funktionären waren auch Akteure freier nationalistischer Strukturen aus Brandenburg nach Halle (Saal) gereist. Hauptsächlich handelte es sich dabei um Aktive der „Freien Kräfte Prignitz“ aus dem Landkreis Prignitz und den „Freien Kräften Neuruppin-Osthavelland“ aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Havelland sowie der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel. Beide Gruppierungen pflegen eine enge Zusammenarbeit mit der Brandenburger NPD und geben sich in ihrem Habitus aber auch gerne als „Autonome Nationalisten“. Einzelne Akteure der „Freien Kräfte Prignitz“ und der „Freien Kräften Neuruppin-Osthavelland“ waren in der Vergangenheit immer wieder an gewalttätigen Aktionen beteiligt. Des Weiteren wurden von einzelnen Aktiven dieser Gruppierungen auch spontane Märsche in den Brandenburgischen Klein- und Mittelstädten Wittenberge, Neuruppin und Hennigsdorf (mit)organisiert.
Dieser Tradition folgend bekannten sich die „Freien Kräften Neuruppin-Osthavelland“ in der Timeline ihrer Socialmedia-Präsenz auch zur Teilnahme an der „TDDA“-Ersatzveranstaltung in Köthen (Sachsen-Anhalt). Dort waren nach dem Abbruch des Aufmarsches zum 1. Mai in Halle (Saale) zwischen 200 bis 250 Neonazis spontan aufmarschiert. Fotos aus Halle(Saale): hier
Sympathisierende des III. Weges zog es zum „Arbeiterkampftag“ nach Gera
Der zweite Versammlungsschwerpunkt aktiver Brandenburger Neonazis anlässlich des braunen ersten Maies lag knapp 100 km südlich von Halle (Saale) im thüringischen Gera. Dort führte die neonazistische Kaderpartei „der III.Weg“ seinen so genannten „Arbeiterkampftag“ durch, für den es im Vorfeld u.a. am 22. April 2017 im brandenburgischen Luckenwalde (Landkreis Teltow-Fläming) eine Mobilisierungsveranstaltung gab.
Trotz der auch bundesweiten Bewerbung für Versammlung zum 1. Mai zog die Veranstaltung letztendlich „lediglich 400–500“ Teilnehmende (2016 in Plauen: ca. 1.000) an, darunter auch eine zweistellige Anzahl Brandenburger Sympathisierender der Partei aus der kreisfreien Stadt Potsdam und den Landkreis Potsdam-Mittelmark, der kreisfreien Stadt Frankfurt (Oder) und dem Landkreis Oder-Spree, dem Landkreis Teltow-Fläming sowie dem Landkreis Uckermark an. Bekanntester, in Gera teilnehmender Funktionär des III. Weges aus Brandenburg war der so genannte „Gebietsleiter Mitte“, Matthias Fischer. Fotos aus Gera: hier
NPD Oberhavel und Barnim „für Volk und Heimat“ in Stralsund
Für Brandenburger Neonazis nur von geringen im Interesse war hingegen einen Versammlung der NPD unter dem Motto „Heraus zum 1. Mai: für Volk und Heimat – Sozial, National, Legal“ im mecklenburgischen Stralsund. An ihr beteiligten sich lediglich einzelne bekannte Parteifunktionäre aus den Landkreisen Barnim und Oberhavel, darunter der Kommunalpolitiker Robert Wolinksi (Stadtverordneter Velten). Letzt genannter, soll Angaben der PNN zufolge, in der Vergangenheit mehrfach im Visier polizeilicher Ermittlungen gewesen sein. Im November 2013 soll er Rädelsführer eines Fackelmarsches zu Ehren des verstorbenen NS-Kriegsverbrechers Erich Priebke gewesen sein. Weiterhin gilt er als Drahtzieher für mehrere neonazistische Konzertveranstaltungen, die in der Vergangenheit vor allem im Osten Mecklenburg-Vorpommerns stattfanden. Fotos aus Stralsund: hier
Europäische Aktion und „Antiimperialistische Plattform“ versammelten sich in Frankfurt (Oder)
Die einzige Brandenburger Versammlung mit neonazistischer Beteiligung fand hingegen nahezu unbemerkt in der kreisfreien Stadt Frankfurt (Oder) statt. Dort hatte ein Sympathisant der extrem rechten „Europäischen Aktion“ eine Kundgebung unter dem Motto „für ein soziales Deutschland“ angemeldet. Diese Versammlung zog ungefähr 20 Teilnehmende aus Frankfurt (Oder), dem Landkreis Oder-Spree sowie der Bundeshauptstadt Berlin an. Bekanntester Teilnehmer war der ehemalige Vorsitzende der Querfront-Organisation „Kampfbund Deutscher Sozialisten (KDS)“ und jetzige Akteur bei der „Antiimperialistischen Plattform (AiP)“, Michael Koth. Fotos aus Frankfurt (Oder): hier
Guck mal, wer da rumsteht

INFORIOT Über die jüngsten antisemitischen und neonazistischen Krawalle beim Fußballspiel von Energie Cottbus bei Babelsberg 03 in Potsdam ist schon einiges berichtet worden, aber sicherlich noch nicht genug. Hier soll ein Detail nachgetragen werden.

Im Cottbusser Gästeblock beim Spiel am vergangenen Freitag (28. April) standen zwei namentlich bekannte rechtsradikale Aktivisten, die sich sonst darum bemühen, öffentlich nicht in der Nähe von Neonazis positioniert zu sein. Einige am Samstag aufgenommene und hier dokumentierte Fotos zeigen Jean-Pascal Hohm und Robert Timm in unmittelbarer Nähe der vermummten Cottbusser Neonazi-Hooligans. Aus just diesem Block erfolgten die antisemitischen und neonazistischen Hetzparolen sowie der Versuch des Spielfeld zu stürmen.

Robert Timm fungiert seit einiger Zeit als Sprecher der “Identitären Bewegung” in Berlin und Brandenburg. Timm stammt aus Berlin und ist für ein Architekturstudium nach Cottbus gezogen. Offenbar hat er dort auch eine Leidenschaft für Fußball neu- oder wiederentdeckt. Aus der neonazistischen Fußballfanszene in Cottbus werden seit einigen Monaten auch “Identitären”-Parolen wie “Defend Europe” aufgegriffen und zu “Defend Cottbus” abgewandelt. Die “Identitären” behaupten von sich, keine Berührungspunkte zum Neonazismus zu haben.


Jean-Pascal Hohm hingegen ist Aktivist der AfD-Jugendorganisation “Junge Alternative” (JA) im Land Brandenburg. Zeitweilig war er der Landesvorsitzende der JA. Zurzeit wird er auf der Verbandshomepage als Beisitzer im Landesvorstand aufgeführt, gleichzeitig ist er Beisitzer im Kreisvorstand der AfD in Teltow-Fläming. Auf der Webseite der Landtagsfraktion der AfD Brandenburg wird er als Mitarbeiter des Veranstaltungsreferenten gelistet. Nicht zuletzt war Hohm Mitorganisator zahlreicher flüchtlingsfeindlicher Demonstrationen im Land Brandenburg.

So nah, wie Timm und Hohm räumlich im Gästeblock beieinander stehen, darf man vermuten, das die beiden das Spiel gemeinsam besucht haben oder sich zumindest dort getroffen haben. Öffentlich behauptet die “Junge Alternative” genau wie ihre Mutterpartei, keine Zusammenarbeit mit der vom Verfassungsschutz beobachteten “Identitären Bewegung” zu betreiben. Tatsächlich findet auf vielen Ebenen ein Austausch und ein Zusammenwirken statt. Hohm selbst war schon Teilnehmer bei “Identitären”-Aktionen und präsentierte sich auf Facebook in T‑Shirts dieser Organisation.

Beim “Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus” sind weitere Bilder und ein Video zum Thema zu finden. Weitere Fotos gibt es unter anderem hier.
Inforiot — Am diesjährigen 1. Mai fanden bundesweit erneut zahlreiche neonazistische Demonstrationen und Kundgebungen statt. Besonders an den Aufmärschen in Halle/Saale und Gera beteiligten sich Neonazis aus Brandenburg. In der Region gab es nur eine extrem rechte Versammlung: In Frankfurt (Oder) veranstalteten örtliche extrem Rechte eine Kundgebung, die von ihrer inhaltlichen Ausrichtung wahrscheinlich nicht jeden Neonazi gefallen hätte.
Mit Thälmann und Karl Marx für ein „Soziales Deutschland“

Der stadtbekannte Neonazi Björn Brusak, häufiger Redner auf rechten Demonstrationen und Anhänger der Europäischen Aktion, meldete zum 1. Mai vor dem Rathaus im Stadtzentrum eine Kundgebung unter dem Motto „Für ein soziales Deutschland“ an. Anders als in der Vergangenheit blieb eine Mobilisierung durch die Gruppierung „Frankfurt (Oder) wehrt sich“, zu deren Umkreis Brusak zu zählen ist, aus. Die aktionsorientierten AktivistInnen um den Neonazi Peer Koss zog es eher nach Gera zur Demonstration des „III. Weg“, an dem sie bereits im vergangenen Jahr teilgenommen hatten.
Die Kundgebung sollte ab 10 Uhr vor dem Rathaus stattfinden. Mit einer halbe Stunde Verspätung trafen die ersten Neonazis, sowie der Anmelder Brusak am Versammlungsort ein. Durch die fehlende Mobilisierung kamen insgesamt nur etwa 20 Personen zusammen. Neben eher weniger bekannten Gesichtern der Frankfurter Neonaziszene beteiligte sich auch Michael Koth aus Berlin, Vorsitzender der Antiimperialistischen Plattform (AiP) zusammen mit weiteren AnhängerInnen an Brusaks Versammlung.

Koth gilt nicht unbedingt als Teilnehmer von typischen Neonazikundgebungen. Er ist eher bekannt als einer der dienstältesten QuerfrontlerInnen in Deutschland, der immer wieder versucht linke und rechte Positionen zu vereinen. Seine Plattform unterstützt das nordkoreanische und syrische Regime und hängt einer kruden Ideologie, irgendwo zwischen Strasser-Brüdern und DDR-Nostalgie, nach. Vorgänger der AiP war u.a. der „Kampfbund deutscher Sozialisten“ (KdS), aber auch maoistische bis stalinistische Splittergruppen.
Damit teilt Michael Koth ähnliche Ansichten, wie der Verschwörungsideologe Björn Brusak, der u.a. auf seinem Youtube-Kanal ebenfalls seine Sympathie für Nordkorea äußerte und in der Vergangenheit mehrmals versuchte in Reden linke und rechte Positionen zusammen zu führen. Kennengelernt haben sich die Querfrontler vermutlich auf den sog. Montagsmahnwachen von Lars Mährholz 2014 in Berlin, an denen beide teilnahmen.

Für die anderen Neonazis, die sonst eher flüchtlingsfeindliche Demonstrationen besuchen, wirkten die Karl Marx-Zitate und die klassenkämpferische Rede von Björn Brusak, der auch schon auf Demonstrationen der Neonazi-Kleinstpartei “Der III. Weg” sprach, eher befremdlich bis peinlich. Trotzdem hielten alle brav die von der AiP mitgebrachten Transparente und Schilder, die jedoch nicht weniger antisemitische und reaktionäre Inhalte transportierten. Zum Teil verirrten sich kurzzeitig auch unbeteiligte Passant_innen zur Kundgebung, da sie annahmen, dies sei die traditionelle 1. Mai-Kundgebung von der Linkspartei.
Neonazis unter sich – Kein Gegenprotest
Die Polizei war mit einem relativ großen Aufgebot vor Ort. In der Vergangenheit gab es bei jedem Neonaziaufmarsch zu lautstarken Protesten von Antifaschist_innen. Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ konnte jeweils mehrere hundert Gegendemonstrant_innen mobilisieren. Am 1. Mai 2014 kam es aufgrund von Versäumnissen seitens der Polizei sogar zu gewalttätigen Übergriffen von Neonazis auf Antifaschist_innen nach einer Kundgebung der NPD. Dies sollte diesmal möglichst verhindert werden.

Die enorme Polizeipräsenz war jedoch unnötig. Bis auf ein paar zufällig vorbeikommenden Passant_innen, die ihren Unmut über die QuerfrontlerInnen zum Ausdruck brachten fanden sich keine Gegendemonstrant_innen ein. Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ mobilisierte jedenfalls zu keiner eigenen Kundgebung. Auch die Stadtspitze, die von der rechten Ansammlung wissen musste, war nicht in der Lage zumindest in Form von Transparenten sich gegen die Neonazis zu positionieren. Die Linkspartei dagegen hängte zwei große Plakate gegen Rechts auf, jedoch einige hundert Meter entfernt bei ihrem traditionellen Brückenfest, welches jedes Jahr am 1. Mai an der Oder stattfindet. Etwas kurios und äußerst seltsam, warum die Partei nicht fähig dazu war direkt am Rathaus gegen die dort anwesenden rechten Querfrontler zu demonstrieren. Auch wurden Besucher_innen des Festes nicht einmal auf die Anwesenheit derer hingewiesen. Möglich, dass inhaltliche Gründe dafür eine Rolle spielten. Die Rede Björn Brusaks hätte nämlich auch von der Bühne der Linkspatei kommen können. Die Linke tut sich generell schwer im Umgang mit Querfront-Positionen. Mitunter treffen Querfront-Ideen auf Sympathie auch in den eigenen Reihen.
Weitere Fotos finden sich hier.
Am Samstagabend protestierten ungefähr 50 Menschen gegen eine Rechtsrock-Veranstaltung im Potsdamer Stadtteil Bornstedt. Die Protestversammlung richtete sich gegen ein Konzert rechter Musiker in der Gaststätte „Viktoria Eck“. An der höchstumstrittenen Konzertveranstaltung nahmen schätzungsweise ebenfalls 50 Personen teil. Bereits im Vorfeld sei es laut PNN, die sich auf Polizeiquellen beruft, zu einem Farbanschlag auf den Veranstaltungsort gekommen sein.
Farbanschlag auf Veranstaltungsort
Gemäß einer mutmaßlichen Selbstbezichtigung „Potsdamer Antifas“ auf einem freizugänglichen Internetportal soll bereits in der Nacht vom 27. zum 28. April 2017 die Fassade des Veranstaltungsortes „Viktoria Eck“ mit der „braunen Scheiße markiert“ worden sein, die „sich hier am Wochenende“treffe. Außerdem wurde im Bekennerschreiben zu weiteren Aktionen „gegen das Rechtsrockkonzert“ aufgerufen.
Der Farbanschlag scheint sich inzwischen bestätigt zu haben. Laut Informationen der PNN, die sich auf einen Polizeisprecher beruft, soll sich der Angriff auf die Gaststätte am frühen Freitagmorgen, zwischen 00.30 und 01.15 Uhr zugetragen haben. Dabei sollen eine „handvoll“ Farbbeutel eingesetzt worden sein. Tatverdächtige konnte die Polizei jedoch nicht ermitteln. Die Spuren des mutmaßlichen Anschlags waren am Samstagabend noch erkennbar.
Gegenkundgebung am Samstagabend
In unmittelbarer Nähe zum Beginn des Rechtsrock-Konzertes gab es indes eine weitere Protestaktion. In der Zeit von 18.45 bis ca. 20.30 Uhr führte die Landtagsabgeordnete Isabell Vandré (LINKE) eine versammlungsrechtlich angemeldete Kundgebung in Hör- und Sichtweite zum „Viktoria Eck“ durch. Diese Veranstaltung trug das Motto „Rechtsrockern die Show stehlen“. Beide Versammlungen hatte die Bereitschaftspolizei durch Absperrgitter voneinander abgetrennt. Zu polizeilichen Maßnahmen kam es jedoch, soweit bekannt, nur gegen eine Person. Laut Angaben eines Twitter-Tweet des „Ticker Potsdam“ soll es sich dabei um einen mutmaßlichen „Neonazi“ gehandelt haben. Die Polizei war mit ungefähr 100 Einsatzkräften aus Brandenburg und Berlin vor Ort.
Konzert rechter Mischszene
Die Konzertveranstaltung fand übrigens wie geplant in der Gaststätte „Viktoria Eck“ statt. Hauptact soll der Teltower Rechtsrocker Sacha Korn gewesen sein. Dieser gibt sich jedoch wesentlich unverfänglicher und bezeichnet seinen Stil selber als „Neue Deutsche Härte“. Seine Lieder waren allerdings auch auf einer so genannten „Schulhof CD“ der NPD vertreten und untermalten darüber hinaus einen Wahlwerbespott dieser Partei. Offiziell distanziert sich der Musiker jedoch in einem Interview auf seiner Socialmedia-Seite von „Extremismus und Gewalt“ sowie „sämtlicher Ideologien“. Für die Veröffentlichungen bei der NPD machte Korn ausschließlich sein ausländisches Management verantwortlich. Dennoch sollen weiterhin Kontakte zu Figuren des extrem rechten Milieus bestehen. Am Samstagabend reiste zumindest ein ehemaliger Bezirksverordneter der Berliner NPD an. Weitere Konzertgäste zeigten sich in rechten Modemarken oder milieutypischer Kleidung gewandet. Eine Person trug ein Shirt mit einem Slogan und dem Symbol der extrem rechten „Identitären Bewegung“. Andere waren als Rocker oder Fans eines Berliner Fußballcubs zu erkennen.
Die Einnahmen des Konzertes von Sacha Korn sollen in Teilen übrigens an die „Bandidos“ geflossen sein. Ein Sprecher dieser Rockervereinigung teilte allerdings den PNN mit, dass das Geld für die Eltern eines im März 2017 ermordeten Neunjährigen in Nordrhein-Westfalen bestimmt sei. Ein Elternteil des Ermordeten soll Mitglied der „Bandidos“ sein.
Fotos: hier

Am Freitagabend kam es in Potsdam-Babelsberg anlässlich der Fußballregionalligabegegnung zwischen dem SV Babelsberg 03 und dem FC Energie Cottbus zu Auseinandersetzungen zwischen den auch politisch konträren Fangruppen. Es kam zu Hitler-Grüßen, Böllerwürfen und einem Platzsturm. Zweimal musste das Hochrisikospiel aufgrund von Fanausschreitungen vom Schiedsrichter unterbrochen werden. Beide mal stand das so genannte Brandenburg-Derby kurz vor dem endgültigen Spielabbruch.
Aggressive Vorboten im Hinspiel
Bereits im Hinspiel im November 2016 in Cottbus kam es im Rahmen der Begegnung zu erheblichen Provokationen sowie sowohl zu Schlagabtäuschen zwischen den rechtsorientierten Heim- und den linksorientierten Gästefans als auch zwischen rechten, heimischen Fans und der Polizei. Damals wurde der Babelsberger Fanblock bereits am Bahnhof mit antisemitischen Schmierereien Empfangen. An einer Brücke, kurz vor dem Stadion, griffen offensichtlich Cottbus-Anhänger die Gästefans mit Feuerwerkskörpern an, letztere revanchierten sich dafür mit Flaschenwürfen. Im Stadion blieb es dafür, bis auf die üblen Gesänge und vulgären Provokationen seitens der Heimfans, weitgehend friedlich. Erst nach dem Spiel soll wiederum aus den Reihen der heimischen Fans aus Cottbus die körperliche Auseinandersetzung mit den Gästen aus Babelsberg gesucht worden sein. Ein massives Polizeiaufgebot verhinderte dies jedoch offenbar. Daraufhin soll es zu Scharmützeln zwischen Fangruppen aus Cottbus und den Sicherheitskräften gekommen sein.
Hass-Derby eskaliert

Auch aufgrund der Ereignisse im Hinspiel wurde die brisante Begegnung am Freitagabend als Hochrisikospiel eingestuft. Doch trotz der erhöhten Sicherheitsvorkehrungen konnte die Eskalation im Brandenburger Hass-Derby, insbesondere im Stadion, nicht verhindert werden.
Bereits lange vor Anpfiff kam es aus den Reihen der Gästefans, die sich auch durch Sympathisierende der rechtsorientierten Fanszene des sächsischen Chemnitzer FC verstärkt hatten, immer wieder zum Zeigen des „Deutschen Grußes“ (umgangsprachlich: „Hitler-Gruß“), welches sich auch während des Spieles konsequent und ohne Konsequenzen fortsetzte. Außerdem folgten Parolen wie „Asylanten“ und „Arbeit macht frei – Babelsberg 03“. „Nazischweine“ und „Alerta Antifascista“ schallte es daraufhin aus Richtung der Heimfans.
Kurz vor Spielanpfiff zündeten die Babelsberger Ultras dann im Heimblock Nebeltöpfe und Bengalfackeln. Allerdings nicht in Richtung Gästefans, sondern offensichtlich als Mannschaftssupport. Dennoch ein Verstoß gegen die Stadionverordnung, die nach dem entsprechenden Hinweis des Stadionsprechers auch endete.
Wenige Minuten später suchten dann die Gästefans, die sich inzwischen massiv vermummt hatten, wieder die Auseinandersetzung. Nach einer Banneraktion gegen Babelsberg, bei dem zwei Tücher mit der Aufschrift „H8 03“ (Kurzform für „Hate 03“) gezeigt wurden, zündeten auch die Cottbusser Pyrotechnik, beschränkten dies allerdings nicht auf ihren Block, sondern schossen auch gezielt Feuerwerkskörper in Richtung Spielfeld und den heimischen Nulldreiern. Außerdem erklommen mehrere Gästefans die Spielfeldbegrenzungszäune, stürmten in Richtung Babelsberger Nordkurve und lieferten sich eine handgreifliche Auseinandersetzung mit Ordnern und Polizei. Nach dem daraufhin auch einige Fans des SV Babelsberg den Rasen erstürmt hatten, kam es zu einem größeren Polizeieinsatz sowie zu einer ersten Spielunterbrechung.
Nach ungefähr zehn Minuten wurde die Partie jedoch wieder angepfiffen und blieb bis zur Halbzeitpause weitgehend störungsfrei. Zur regulären Spielunterbrechung nach 45 Minuten führte die Mannschaft des FC Energie Cottbus übrigens mit einem Tor.

Kurz nach Anpfiff der zweiten Halbzeit begann die Konfrontation dann erneut. Nachdem eine Spruchbandaktion der Gästefans sowie der wiederholte Einsatz von Rauchtöpfen und Bengalfackeln beider Fanlager noch weitgehend harmlos blieben, schossen die Sympathisierenden des FC Energie abermals mit Feuerwerkskörpern auf den Heimblock und das Spielfeld. Wieder versuchten die Fans aus der Lausitz das Spielfeld zu stürmen, wurden aber schon beim Versuch den Begrenzungszaun zu überwinden seitens der Polizei mit Pfefferspray gestoppt. Abermals musste das Spiel für einige Zeit vom Schiedsrichter unterbrochen werden. Erst jetzt beruhigte sich die Lage in den Rängen, insbesondere im Gästeblock, merklich.
Nach dem Wiederanpfiff rückte dann das Fußballspiel ansich wieder in den Mittelpunkt des Spieltages. Und da legte jetzt eindeutig Babelsberg vor. In der 75. Minute glichen die Nulldreier zunächst aus, bevor sie in der 90. Minute mit einem weiteren Tor den Derby-Sieg holten. Die schmachvolle Niederlage im Hinspiel in Cottbus war damit zumindest spielerisch vergessen.
Fotos: hier
Der RechtsRocker Sacha Korn kündigt für den 29. April 2017 ein Konzert in Potsdam an – stattfinden soll es im Bornstedter Restaurant „Viktoria Eck“.
„Neue Deutsche Härte“ ist der Begriff, der Sacha Korns Musik, nach eigenen Aussagen, beschreiben soll. Zwischen Rock, Metal und elektronischen Samples angesiedelt, tritt der Anfang 40-Jährige mit seiner gleichnamigen Band „Sacha Korn“ – auch „SK“ oder „S.Korn“ – seit 2009 in Deutschland und im Ausland auf.
Für kommenden Samstag, den 29. April 2017, kündigt Sacha Korn ein Konzert seiner Band in Potsdam an.
Als Veranstaltungsort soll das Bornstedter Restaurant „Viktoria Eck“ dienen.
Auftreten sollte zudem, so kursierte es in internen Rechtsrock-Foren, der Berliner Neonazi-Rapper Patrick Killat alias Villain051, der sich vor allem mit dem Band-Projekt „A3stus“ durch offen rassistische und neonazistische Texte in der extrem rechten Szene einen Namen gemacht hat. Villain051 bewarb auf seiner Facebook-Seite ein Konzert im Raum Berlin am gleichen Datum, löschte jedoch mittlerweile den Eintrag und weist nun auf ein Konzert „Anfang Mai in Berlin“ hin.
RechtsRock für die NPD
„Weder links noch rechts“, dafür „100 % politisch unkorrekt“ ist die nach außen formulierte politische Linie der Band. Ein Blick in die musikalische Vita lässt allerdings andere Schlüsse zu.
Bereits 2011 hatte Sacha Korn ein Konzert mit der Beeskower NS-Black Metal Band „Mogon“ in Sachsen gespielt, trat 2012 zusammen mit der Bremer Neonazi-Hooligan-Band „Kategorie C“ in Nienhagen auf und fand sich 2015 auf dem Line-Up für die siebte Ausgabe des „Tana delle tigri“-Festivals in Rom – organisiert von der faschistischen Organisation „CasaPound“. Neben Korn waren auch die RechtsRock-Bands „ZetaZeroAlfa“ und „Bronson“ angekündigt.
Auf der „Schulhof-CD“ der NPD Sachsen-Anhalt wurden 2011 drei Songs von Sacha Korn veröffentlicht. Der Song „Mein Land“ wurde zudem als Hintergrundmusik für einen NPD-Wahlwerbespot im selben Jahr verwendet. Sacha Korn bestritt allerdings, dass er die Songs der NPD zur Verfügung gestellt habe. Stattdessen sei die Entscheidung dazu durch sein kanadisches Management getroffen worden.
Dass er ebenfalls 2011 der NPD-nahen Zeitschrift „Hier & Jetzt“ ein Interview gab, macht die Schuldzuweisung an sein Management jedoch offensichtlich unglaubhaft. [1]
Hinzu kommt, dass der Bassist der Band der ehemalige NPDler und RechtsRocker Jan Michael Keller ist. Er war 2012 Teil des NPD-Kreisverbands in Berlin-Lichtenberg und des Landesvorstandes. Keller nahm sowohl davor als auch danach an etlichen Kundgebungen und Infoständen der Partei teil. Ferner betätigte er sich, bis zur Auflösung 2010, in der Berliner RechtsRock-Band „Kahlschlag“. [2]
Korn bedient inhaltlich gängige neonazistische Positionen und Argumentationsmuster. Im genannten Interview der NPD-nahen Zeitschrift „Hier & Jetzt“ fordert er „die Geschichte der Anne Frank [nicht] zum zig tausendsten Mal [zu] dramatisieren“, „Härte und Disziplin“ sind für ihn typisch preußische Prägungen und „[…] ein inneres Verlangen. Alles andere widerstrebt uns eigentlich.“
Seine Aufenthalte in den USA, Polen und Russland nutzt er dabei als vorgebliche Beweise, kein Rassist sein zu können und für nationalistische Argumente . Nachdem er, um sich „wieder deutsch zu fühlen“, zwischenzeitlich erneut nach ?ód? in Polen zog, beklagte er: „Wenn ich dann nach Berlin kam, dachte ich, ich wäre irgendwo in einem Zigeunerviertel oder im Orient.“ Zusammen mit dem polnischen Musiker Robert Tuta brachte Korn 2005 das Album „Power“ heraus. Das Bandprojekt nannte sich „Litzmannstadt“ – so wurde die Stadt ?ód? 1940 von den deutschen Besatzern umbenannt.
“Man siehts hier [in Polen, Anm. d. Verf.] auch […] an den Großstädten, die sind halt noch nicht so überfremdet wie zum Beispiel Berlin“ sagt Korn in einer selbstproduzierten „Dokumentation“ über sich selbst aus dem Jahr 2012. Darin, wie auch in anderen Statements, inszeniert er sich als armer verfolgter Künstler gegen das Establishment. Passend wählte er den Titel „Treibjagd“ für den über 20-minütigen Film.
Was Musik und Kultur angeht, nimmt Korn stramm konservative und auch völkische Standpunkte ein. Da „Kunst […] die Speerspitze der gesellschaftlichen Evolution […] sei und diese (die Speerspitze) „versucht [würde] zu brechen“ begreift er sich als „Widerstandskämpfer“. Weiter bezeichnet er Techno als „rein deutsche Kunst“ im Gegensatz zum „uns eigentlich fremden Hip Hop.“ Dennoch solidarisiert er sich mit der Neonazi-Musikerin und Rapperin Mia Herm, alias DeeEx, da ihre Musik „kein lächerlicher US-Abklatsch, wie irgendwelche unterbelichteten Migranten, die […] nicht mal bis drei zählen können“, sei.
Vernetzungen in der überregionalen Neonaziszene

Neonazi-Rapper Patrick Killat (links) und Sacha Korn Arm in Arm mit Jonas Schneeberger (3. u. 4. v. links)
Korns Rolle in der Neonaziszene ist auch in Hinblick auf Labels und Geschäfte nicht unbedeutend. 2013 trat Korn für die neonazistische Bekleidungsmarke „Fourth Time Clothing“ als Model auf. „Fourth Time“ ist in Teltow angesiedelt und hatte neben Korn auch den Potsdamer Neonazi Gabor Grett als Model engagiert. [3]
Die brandenburgische Neonazi-Firma „Erik & Sons“, ein Bekleidungslabel aus Königs-Wusterhausen von Udo Siegmund und Rene Koza, vertreibt neben CDs und Merchandise von Sacha Korn auch Merchandise der neonazistischen Hooligan-Band „Kategorie C“. Kontakte zu „Kategorie C“ bestehen seit spätestens 2012, als Siegmund in Griechenland ein Konzert der Band im „Skinhouse Hellas“ in Trikala besuchte.
Außerdem pflegt Korn Kontakte zum Schweizer Neonazi Jonas Schneeberger. In die Schlagzeilen geriet der Mitbegründer der „Legion Werwolf Schweiz“ mit seiner Gruppierung wegen Terror-Ermittlungen und Razzien in Norddeutschland, den Niederlanden und der Schweiz. Im März 2015 veranstaltete Schneeberger ein Konzert mit „A3stus“ in Fribourg. [4]
Das Potsdamer Konzert am 29. April 2017 wird von „Mauljucken“ präsentiert, eine Marke von Rene Koza, deren Zielgruppe vorrangig rechte und neonazistische Hooligans sind – im Impressum der Website ist Korns Firma „Nokout Music“ aufgeführt.
Regelmäßig war Korn gemeinsam mit Siegmund und Koza bei Spielen des „BFC Dynamo“ in Berlin zu Gast. Ebenfalls ist der „Erik & Sons“-Wegbegleiter Nico Hlawanka, der dem Neonazi-Hooligan-Spektrum des BFC zugeordnet werden kann, Teil dieser Runde. Zuletzt war Hlawanka, genannt „Lawi“, als Darsteller am Set für ein neues Video von Sacha Korn zu sehen, welches in Kürze veröffentlicht werden soll.
Darüber hinaus spielt auch das Teltower Tattoo-Studio „Ordo“, betrieben vom langjährigen Neonazi Nick Lajow, eine wichtige Rolle im Bandgeschehen. Lajow, dessen Körper Hakenkreuze, wie auch eine SS-Rune und ein Keltenkreuz „schmückt“ und der sich gerne mit Schusswaffen präsentiert, wirkte sowohl im Video zum Lied „Feuer“ mit, als auch als Model für Sacha Korns Merchandise. Lajow, der den Spitznamen „Nickinger“ trägt, war Anfang der 1990er Jahre in der Neonazi-Partei „Nationalistische Front“ organisiert, die 1992 verboten wurde. [5]

Auch Potsdamer Neonazis, hier René Freitag, Freund von Tom Singer, lassen sich bei Lajow tätowieren
Geschäftlich ist Korn, 1975 in Potsdam geboren, neben seiner Bandtätigkeit und Chef seines Labels „East-International-Music“ bzw. „Nokout Music“, auch als „Junior-Chef“ im „Landgasthof Hammers“ im Teltower Ortsteil Ruhlsdorf aktiv. Das Restaurant und Hotel sind in Besitz und Bewirtschaftung seiner Familie. 2015 wurde bekannt, dass er sich auch als Landwirt versucht und in Ruhlsdorf eine Bisonzucht eröffnen will. [6]
Auf „Berlin rechtsaußen“ berichteten Journalist_innen schon ab 2011 über Korn und seine fragwürdigen Aktivitäten. [7] Dennoch war es der Band immer wieder möglich, sich in Lokalitäten, wie etwa das „Chesters Inn“ in Berlin Kreuzberg im Dezember 2015, ein zu mieten. Organisator war dabei der Bremer Axel Meese, welcher den rechten Versand „Neue Ästhetik“ betreibt. [8] Ein Jahr zuvor fand ein Auftritt in den renommierten Hansa-Studios in Berlin-Mitte statt. Korn hatte dort die CD „Feuer“ aufnehmen können. Unter den „50 geladenen Freunden & Fans“ des Konzerts befand sich auch Nick Lajow, Udo Siegmund und der Neuköllner NPD-Politiker Jan Sturm.
Bereits 2013 versuchte Korn ein Konzert im Potsdamer Umland durchzuführen. Die Veranstaltung sollte am 12. Januar 2013 im „Rockschuppen“ in Seddin stattfinden, wurde zuvor jedoch von der Gemeinde untersagt. [9] Im Jahr 2016 kündigte Korn ein Konzert in Potsdam für die erste Jahreshälfte an, später bewarb er für den 25. Juni 2016 ein „Open Air im Süden/Westen von Berlin“.
Jan Michael Keller, Bassist von Sacha Korn, spielte in der Vergangenheit mit seinem Nebenprojekt „xeXex“, eine Metal-Cover-Band, in der auch der Schlagzeuger von Sacha Korn trommelt, bisher mindestens fünf Auftritte in Potsdam oder dem nahen Umland – im September 2016 spielten sie im „Viktoria Eck“. Möglicherweise wurden so die Kontakte geknüpft, die es nun ermöglichen, dass Korn dort ein Konzert gibt. Neonazis nutzten in der Vergangenheit bereits das Objekt – der NPD-Stadtverband unter Marcel Guse nutzte den Ort, damals „Die Else“ genannt, für mindestens einen ihrer Stammtische. [10]
Dass es ein RechtsRock-Konzert in Potsdam geben soll freut selbstverständlich auch die hiesige Neonaziszene – u.a. hat Dustin Schlemminger, einer der Köpfe hinter „Asylhütte in Potsdam? Nein Danke“ und „Freies Potsdam“, sein Interesse bekundet.
[1] Interview mit Arne Schimmer in: „Hier & Jetzt“ (ab 2005 vom sächsischen Landesverband der „Junge Nationaldemokraten“, ab 2009 vom NPD-nahen „Bildungswerk für Heimat und nationale Identität e.V.“ herausgegeben); Alle Zitate, soweit nicht anders angegeben, sind aus diesem Interview
[2] https://www.antifa-berlin.info/news/1318-zapfhahn-88-familienkneipe-mit-nazianhang—pt-2-npd-lichtenberg und https://www.antifa-berlin.info/recherche/144-npd-veranstaltung-in-lichtenberg-15.01.2011; „Fight Back #5 | Neonazis in Berlin & Brandenburg – eine Antifa-Recherche“, April 2013, Seite 14f, 35, 52f; abrufbar unter https://www.antifa-berlin.info/recherche/229-fight-back-05—april-2013
[3] http://arpu.blogsport.eu/2013/03/13/potsdamer-neonazis-und-die-marke-%e2%80%9efourth-time%e2%80%9c/ und http://arpu.blogsport.eu/2013/03/23/%e2%80%9efourth-time%e2%80%9c-in-der-defensive/; https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/von-spartas-koenig-zur-reichsflugscheibe
[4] https://www.antifa.ch/legion-werwolf-schweiz/
[5] „Hinter den Kulissen… – Faschistische Aktivitäten in Brandenburg“, 1994, Seite 25; abrufbar unter http://apap.blogsport.eu/files/2014/01/hinter_den_kulissen_nummer_1_jahr_1994.pdf
[6] http://www.pnn.de/pm/973268/ und http://www.pnn.de/pm/973027/
[7] http://www.blog.schattenbericht.de/2011/05/patriotischer-pop-rocker/ und http://www.blog.schattenbericht.de/2012/07/%E2%80%9Ees-soll-deutsch-klingen/
[8] http://www.blog.schattenbericht.de/2015/12/neonazi-konzert-in-kreuzberg-leider-kein-einzelfall/
[9] http://www.pnn.de/pm/713718/ und http://www.pnn.de/pm/714022/
[10] http://arpu.blogsport.eu/2011/02/07/stammtisch_wiesenbaude/ und http://www.pnn.de/potsdam/372850/
Im Vorfeld eines geplanten Großaufmarsches Anfang Mai 2017 in Gera (Thüringen) führte die neonazistische Kleinpartei „der III. Weg“ im Laufe des Tages mehrere Mobilisierungsveranstaltungen im Bundesgebiet durch. Schwerpunkte dieses so genannten „Antikapitalistischen Aktionstages“ waren dabei die Städte Nürnberg und Neumarkt in der Oberpfalz (Bayern).
In Berlin und Brandenburg war der III. Weg an mindestens zwei Orten präsent. Am frühen Morgen führte die Partei zunächst am Berliner Bahnhof Lichtenberg eine Versammlung durch, bevor sich ein Großteil der dort Teilnehmenden nach Brandenburg begab.
In Luckenwalde (Landkreis Teltow-Fläming) formierte sich der III. Weg dann zu einer erneuten Kundgebung. Daran nahmen ungefähr 20 Personen teil. Die Versammlung fand in der Salzufler Allee gegenüber der Polizeiinspektion Teltow-Fläming statt. Es wurden Flugblätter ausgelegt sowie ein Banner und mehrere Flaggen und Plakate gezeigt. Auf einem Plakat wurde mit der Überschrift: „Arbeit adelt“ geworben. Die Parole ist dem Motto des nationalsozialistischen Reichsarbeitsdienstes (RAD, Verbot 1945) „Arbeit für Dein Volk adelt Dich selbst“ entlehnt. Die Kurzfassung: „Arbeit Adelt“ war u.a. auch in Ehrendolchen dieser verbotenen Organisation eingraviert.
Ergänzung vom 24. April 2017:
Laut Polizeiangaben gegenüber den Potsdamer Neuesten Nachrichten soll es am Samstag auch noch eine Farbbeutelattacke auf die Kundgebung des III. Weges durch zwei Nazi-Gegner gegeben haben. Anschließend sei es außerdem zu „Rangeleien“ gekommen.
Fotos der Kundgebung: hier
Iuliia I. ist ein TransMann aus Rußland, er selbst nennt sich Erich. In Rußland hat sich Erich in einer Vereinigung gegen die Diskriminierung nicht-heterosexueller Menschen engagiert, in sozialen Medien ist er noch heute als Administrator tätig. In seinem Heimatort wurde er von einer Gruppe Männern verprügelt, an seinem Arbeitsplatz gemobbt und er bekam immer wieder Drohungen. Einmal hat er sogar versucht, sich das Leben zu nehmen.
Im Oktober vergangenen Jahres kam der Linguist nach Deutschland und beantragte Asyl. Bereits wenige Tage später fand die Anhörung beim BAMF in Eisenhüttenstadt statt. Über die Schwulenberatung Berlin kam Erich dann zu uns nach Brandenburg an der Havel. Er befindet sich in psychologischer Behandlung und möchte sehr gern eine Hormontherapie
beginnen.
Im Dezember wurde Erich’s Asylantrag abgelehnt. Gemeinsam mit einer Berliner Anwältin haben Erich und unsere Unterstützer_innen-Gruppe Klage gegen diese Entscheidung beim Verwaltungsgericht Potsdam eingereicht. Die Verhandlung findet dort am 27. April ab 10.45 Uhr statt. Die Verhandlung ist öffentlich, Erich und wir wüden uns sehr darüber freuen, wenn sich Menschen für eine (unabhängige) Prozessbeobachtung an diesem Tag finden würden.
Wir kämpfen auf jeden Fall weiter dafür, dass Erich in Deutschland bleiben und sich hier ein neues Leben aufbauen kann!
An einer antifaschistischen Demonstration in Nauen beteiligten sich am Donnerstagabend bis zu 70 Personen. Der Aufzug richtete sich u.a. gegen eine jährlich stattfindende Mahnwache von Neonazis zum 20. April. Die neonazistische Versammlung zog wiederum ungefähr 20 Personen. Darüber hinaus veranstaltete die Nauener Zivilgesellschaft das ebenfalls jährlich stattfinde Toleranzfest. Diese Versammlung zählte, nach Angabe der Veranstaltenden, über den Tag verteilt mehrere hundert Teilnehmende. Ein deutliches Symbol gegen die neonazistischen Aktivitäten in der Stadt, doch für Nauen ausreichend?
Antifa-Demo gegen „Opferkult“ und „Naziterror“

Die antifaschistische Demonstration war von einer Einzelperson für das Bündnis „Nauen Nazifrei“ unter dem Motto: „Wo Turnhallen brennen, brennen am Ende auch Menschen – Gegen Opferkult und Naziterror“ angemeldet worden und führte zunächst von der ÖPNV-Haltestelle „Nauen, Bahnhof“ über die Dammstraße, die Oranienburger Straße, den Bredower Weg, die Karl-Thon-Straße bis in die Straße „Zu den Luchbergen“. Dort fand in Sichtweite einer von Neonazis im Jahr 2015 niedergebrannten, inzwischen aber wieder im Aufbau befindlichen Sportstätte eine Zwischenkundgebung statt. In einem Redebeitrag wurden dabei noch einmal an die Eskalation der rassistisch motivierten Aktivitäten im Jahr 2015, von der massiven Störung der Nauener Stadtverordnetensitzung, über die Aufmärsche im Stadtgebiet, den Gewaltaktionen gegen politische Gegner bis hin zum Brandanschlag auf die Turnhalle erinnert.
Die Sportstätte war vor dem Brandanschlag vom Landkreis Havelland nämlich als Notunterkunft für Geflüchtete vorgesehen, konnte aufgrund des verheerenden Feuers aber nie als solche genutzt werden. Durch die rassistisch motivierte Brandstiftung entstand jedoch ein Millionenschaden. Außerdem erzeugte die Tat ein bundesweites öffentliches Interesse und galt als schwerster extrem rechter Anschlag gegen eine Geflüchtetenunterkunft in den letzten Jahren. Die Tätergruppe, darunter ein NPD Stadtverordneter aus der havelländischen Kleinstadt, wurde inzwischen zum Teil zu hohen Haftstrafen verurteilt. Allerdings konnten den Beschuldigten nicht alle Straftaten, die zur Anklage gekommen waren, zweifelsfrei nachgewiesen werden. Nicht einmal der Anklagepunkt: „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ hatte vor Gericht bestand. Ein Makel dem im der antifaschistischen Demonstration am Donnerstagabend weitere Vorwürfe zum Gesamtkomplex Nauen folgten. Eine „echte“ Aufarbeitung der Geschehnisse aus dem Jahr 2015 sei demnach nämlich bisher in der Stadtgesellschaft ausgeblieben und überhaupt könnten „Nazis“ hier ungestört weiterleben.
Nach Beendigung der Zwischenkundgebung führe die Demonstrationsroute dann über die Berliner Straße, am Toleranzfest vorbei, bis in die Hamburger Straße, in Hör- und Sichtweite der dort vorgeblich zum Jahrestag der Bombardierung Nauens angemeldeten neonazistischen Mahnwache. Dort positionierten sich die Demonstrierenden noch einmal im Sinne ihres Mottos: „Gegen Opferkult und Naziterror“ gegen das jährliche neonazistische Gedenkritual.
Neonazistische Mahnwache zum 20. April

Die neonazistische Kundgebung fand, wie üblich, in Form einer Mahnwache an einem Weltkriegs-Denkmal in unmittelbarer Nähe zum städtischen Friedhof in der Hamburger Straße statt. Die Versammlung war zuvor im Internet von den „Freien Kräften Neuruppin-Osthavelland“ unter dem Motto: „Gedenken an die Bombenopfer“ beworben worden. Vordergründig wurde während der Mahnwache dementsprechend an die Bombardierung Nauens während des Zweiten Weltkrieges, genauer gesagt am 20. April 1945, erinnert. Ein niedergelegter Kranz mit der Aufschrift: „Wir gedenken der Nauener Bombenopfer“ deutete ebenfalls auf eine scheinbar ernsthafte Absicht des Gedenkens hin.
Doch der Veranstaltungstermin bietet jedoch Raum für Spekulationen hinsichtlich der Doppeldeutigkeit des Datums. Der 20. April ist nämlich auch der von Neonazis gerne zelebrierte Geburtstag Adolf Hitlers, im Szenejargon: „Führergeburtstag“. Offizielle Veranstaltungen zu diesem Anlass werden in der Regel allerdings durch die Versammlungsbehörden verboten oder durch die Polizei aufgelöst. Die Versammlung in Nauen war davon bisher jedoch noch nie betroffen, da dort eben offiziell an die Bombardierung der Stadt im Jahr 1945 gedacht wird.
Dass es sich bei den meisten Veranstaltungsbesuchenden aber um Neonazis handelt, dürfte jedoch unbestritten sein. Die Teilnehmenden Personen, die hauptsächlich aus dem Landkreis Havelland stammten, vereinzelt aber auch aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Prignitz, Oberhavel sowie aus der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel anreisten, gelten als Sympathisierende der neonazistischen „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“ und des mit dieser vereinsähnlichen Struktur verwobenen NPD Stadtverbandes Nauen. Die Sympathie zu diesen Organisationen wurde durch entsprechend gezeigte Banner deutlich.
Die Mahnwache zum 20. April in Nauen ist im Verbreitungsgebiet der „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“, trotz weiterer historisch belegter Bombenangriffe an anderen Tagen und in anderen Orten der Region, auch das einzigeDatum, das die Neonazis kontinuierlich für ihr vorgebliches „Gedenken“ an die Opfer derBombardierungen des Zweiten Weltkrieges, nutzen.
Toleranzfest gegen Rassismus
In Nauen selber hat es, seit der ersten Mahnwache der „Freien Kräften Neuruppin – Osthavelland“ im Jahre 2010, auch seitens der Zivilgesellschaft Bestrebungen gegeben, die Rolle Nauens in der NS Zeit aufzuarbeiten. Dazu fanden in den vergangenen Jahren immer wieder historische Workshops und Diskussionsrunden mit Zeitzeugen statt, bei denen sowohl der Bombenangriff am 20. April 1945 als auch das frühe SA-Konzentrationslager im heutigen Nauener Ortsteil Börnicke ein Thema waren.
Darüber hinaus veranstaltet der „Humanistische Freidenkerbund“ in Zusammenarbeit mit weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen seit 2012 auch ein Toleranzfest „für ein friedliches und buntes Nauen“. Laut Aufruf für die Veranstaltung am 20. April 2017,die übrigens unter Schirmherrschaft des Nauenes Bürgermeisters stand, wollten sich die Organisierenden mit dem Fest insbesondere „gegen Gewalt, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit“ positionieren und gleichzeitig ein Beispiel für „Lebensfreude und kulturelle Vielfalt“in der Stadt geben.
So wurde den Gästen des „Toleranzfestes“ nicht nur ein buntes Potpourri von Informationsständen, Imbissangeboten und musikalischer Begleitung geboten, sondern den „Freien Kräften Neuruppin- Osthavelland“ gleichzeitig auch der Veranstaltungsort für ihre Mahnwache genommen. Ursprünglich, das heißt in den Jahren 2010 und 2011, hatten die Neonazis nämlich die Gartenstraße, also genau die Straße in der seit 2012 das „Toleranzfest“ stattfindet, als Standort für ihre Versammlung genutzt.
Perspektive Nauen
Die Verdrängung der Neonazis an den städtischer Rand durch eine einmal im Jahr stattfindende Veranstaltung kann indes jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die rassistisch motivierten Aktionen des Jahres 2015, in denen die Anschläge der inzwischen verurteilten Neonazigruppe nur eine kleine Episode darstellten, durchaus auch ein tiefes Problem in der Nauener Gesellschaft aufgezeigt haben. Nämlich das es jenseits der Toleranzfeste eben auch nicht wenig Zuspruch für ausländerfeindliche Ressentiments gibt.
Bei den Versammlungen gegen die damals geplante und inzwischen in Betrieb befindliche Geflüchtetenunterkunft in Nauen positionierten sich beispielsweise eben nicht nur bekannte Neonazis aus NPD und „Freien Kräften“, sondern auch Menschen aus der vermeintlichen Mitte der Gesellschaft.
Einen wachsenden Einfluss in der havelländischen Kleinstadt hat inzwischen auch die rechtspopulistische „Alternative für Deutschland“ (AfD). Sie konnte hier in der jüngsten Vergangenheit breite Schichten Wählender akquirieren und bei den letzten Abstimmungen Ergebnisse im zweistelligen Bereich erzielen. Zuletzt überraschte die AfD in Nauen am 10. April 2016, als deren Kandidat für die erstmals direkt durchgeführte Wahl zum havelländischen Landrat mit 24,82 Prozent nicht nur ein beachtliches Resultat holte, sondern gleichzeitig auch den absoluten Spitzwert seiner Partei in einer Kommune im gesamten Landkreis Havelland erzielte. Mittlerweile rechnet sich die „Alternative für Deutschland“ auch gute Chancen bei der kommenden Bürgermeisterwahl in Nauen im September 2017 aus. Dass die blaue Partei vor Ort bereits im Jahr 2016 erste Akzente zu lokaler Präsenz und Einbindung in den überregionalen Parteiapparat setzte, offenbarten größeren Saalveranstaltungen, an der u.a. auch die momentane Bundesvorsitzende der AfD und ein EU-Parlamentarier der rechtspopulistischen „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ) teilnahmen.
Andere Experten, wie beispielsweise Dirk Wilking vom Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung – demos, der in Brandenburg Kommunen in der Auseinandersetzung mit der extremen Rechten berät, sehen das Hauptproblem in der Stadt allerdings eher woanders. „Das Problem in Nauen sind weniger die Nazis, sondern dass es lange keine Gegenkräfte gab“, so Wilking jedenfalls gegenüber der Zeitung „Die Welt“ im August 2016. Deutlich weniger Gegendemonstranten als bei rechten Kundgebungen in vergleichbaren, anderen Städten in Brandenburg habe er beobachtet. Zudem machte der Experte für Gemeinwesenberatung auch die „verkrustete“ Stadtpolitik und den noch amtierenden Bürgermeister für Fehler in der Vergangenheit verantwortlich. „Da wurden die Mittel für die Jugendarbeit halbiert und das Problem des Rechtsextremismus ausgeblendet“, so Wilking gegenüber der „Welt“ weiter.
Fotos: hier