Kategorien
Antifaschismus Gender & Sexualität

Herzstück F_Antifa

18342388_292036231249235_7010650312484268417_nINFORIOT Das „F“ ste­ht für Fem­i­nis­mus und ohne diesen kann Antifaschis­mus nicht beste­hen. Und ein Fem­i­nis­mus ohne Antifaschis­mus „läuft nicht“. Dies sind die Leitideen des F_antifa Kon­gress­es, der unter dem Mot­to „Vor jed­er guten Antifa ste­ht ein fettes F!“ vom 12. bis 14. Mai im frei­Land Pots­dam stat­tfind­en soll. In Vor­bere­itung auf das Woch­enende haben wir mit den Organisator*innen des dre­itägi­gen Kon­gress­es gesprochen.
IR: Auf eur­er Web­seite find­et sich eine Menge an Infor­ma­tio­nen zum Kongress und drum herum. Uns würde inter­essieren, was euch dazu bewegt hat, den Kongress zu organ­isieren und warum eure Wahl aus­gerech­net auf die Stadt Pots­dam gefall­en ist.
Trixi: Also erst­mal sind Fem­i­nis­mus und Antifaschis­mus Herzstücke unser­er poli­tis­chen Arbeit. Die Kom­bi F_antifa ist also qua­si PERFEKT.
Charles: In den 90ern gab es schon mal eine Rei­he von F_antifa Kon­gressen, die ist aber irgend­wann abgeris­sen. Der Kongress let­ztes Jahr in Ham­burg wurde im Vor­feld von vie­len als “Instanz” wahrgenom­men und dankbar begrüszt* und auch wir ken­nen uns teil­weise daher. Aus der f_antifaschistischen Moti­va­tion, die wir daraus mitgenom­men haben, ist dann der Wun­sch ent­standen, die The­men und die Ver­net­zung weit­erzu­tra­gen. Und auch Sachen anders zu machen, die wir auf dem Kongress in Ham­burg uncool fan­den. Die Entschei­dung, den Kongress in Pots­dam zu ver­anstal­ten, hat ganz prag­ma­tis­che Gründe: Die Initiator*innen wohnen und leben hier. Ausz­er­dem woll­ten wir es nicht in Berlin oder anderen (linken) Zen­tren wie Ham­burg oder Leipzig machen.
IR: Wie waren denn die anderen Reak­tio­nen auf eure Idee — bun­desweit, vor allem aber in Brandenburg?
Trixi: Wir haben span­nen­der­weise sehr unter­schiedliche Reak­tio­nen beobachtet: Das Feed­back aus Öster­re­ich, der Schweiz und bun­desweit, das wir mit­gekriegt haben, war super pos­i­tiv. Viele Men­schen sind schon ganz aufgeregt und voller Vor­freude. Bran­den­burg kön­nen wir nur schw­er ein­schätzen, da wir nicht über­all hin ver­net­zt sind. Hof­fentlich ändert sich das auf dem Kongress. WO wir ver­net­zt sind, sind wir zum einen auf Begeis­terung gestoßen
— und auch auf tatkräftige Unter­stützung bei Auf­bau, Work­shops und so. Zum anderen auf Skep­sis. Es gibt immer wieder Momente, in denen Leute uns irgendwelche Kom­pe­ten­zen absprechen. Wir fän­den es span­nend, daraus eine offene Diskus­sion zu machen: Wie kom­men wir zu ein­er soli­den kri­tisch-sol­i­darischen Prax­is, um Bran­den­burg ern­sthaft f_antifaschistisch rev­oluzzen zu kön­nen? Da ist noch Platz nach oben. Auch in Pots­dam selb­st waren/ sind die Reak­tio­nen sehr unter­schiedlich. Viele Men­schen freuen sich total und unter­stützen den Kongress hart, ins­ge­samt find­en wir die Reak­tio­nen aber eher mau und ver­hal­ten. Wir haben die Beobach­tung gemacht: Je lokaler, desto kri­tis­ch­er und abcheck­ender wird die Hal­tung, die Aktivist*innen Pro­jek­ten, die sie nicht selb­st ini­ti­iert haben, gegenüber ein­nehmen. Vielle­icht auch, weil mehr per­sön­lich­er Stis­sel im Spiel ist, donno.
Fri­da: Wer übri­gens das F_an­tifa-Plakat an der Busse über­malt hat und dort das “F” vor “Antifa” weggekritzelt hat, melde sich bitte unter fettesf@systemli.org bei uns. Dann krieg­ste aufs Maul!
IR: Das The­ma Fem­i­nis­mus scheint derzeit eine Hochkon­junk­tur zu erleben. Was zu beobacht­en ist. Das ist abso­lut über­wälti­gend und unter­stützenswert. Was erhofft ihr euch von dem Kongress?
Fri­da: Mehr davon! Mehr F_antifa! Mehr Kon­gresse, mehr Ver­net­zung, mehr Grup­pen, mehr Aktio­nen, mehr Selbstverständlichkeiten.
Charles: Wir waren uns schon rel­a­tiv am Anfang der Orga-Phase einig, dass die Stim­mung, die wir uns erhof­fen, von Empow­er­ment und Angriff geprägt sein soll.
Trixi: Ja, wir haben keine Lust auf so’n “Opfer-Kongress”, wo wir uns nur gegen­seit­ig erzählen, wie schlimm und hoff­nungs­los alles ist, und danach alle demo­tiviert und trau­rig und geschwächt nach Hause gehen.
Charles: Das Pro­gramm geht auch recht stark Rich­tung All­t­agsprax­is. Auf dem Kongress wird es mehrere Ple­na mit allen geben, es gibt Raum für Open Spaces, also ins­ge­samt einen gewis­sen DIY­Charak­ter (DIY = do it your­self). Schön wäre es, wenn sich die Teilnehmer*innen gegen­seit­ig Skills und Wis­sen für ihre weit­ere politsche Arbeit mit­geben kön­nen: So, dass Antifas fem­i­nis­tis­ch­er und Feminist*innen antifaschis­tis­ch­er werden.
IR: Bere­its let­ztes Jahr fand in Ham­burg ein ähn­lich­er F_antifa Kongress statt. Über­schat­tet wurde das Woch­enende jedoch von struk­turellen Prob­le­men der Antifa-Szene. Vor allem nicht-weiße Aktivist*innen fan­den sich auf dem Kongress nicht aus­re­ichend geschützt und gehört. Wie kön­nen wir von den Ereignis­sen aus Ham­burg ler­nen und wie sieht eur­er Strate­gie auf dem Kongress aus, um nicht die gle­ichen Fehler zu wiederholen?
Trixi: Einige von uns (weisze Per­so­n­en) waren in Ham­burg. Wir haben dort viel gel­ernt. Danke, dass F_antifas of Colour sich den Stress gemacht haben, zu inter­ve­nieren, Kri­tik offen zu äusz­ern, und durchzu­fight­en, dass es die Reflek­tion zu sys­tem­a­tis­chem und struk­turellem Ras­sis­mus in der Antifa/in fem­i­nis­tis­chen Com­mu­ni­ties gibt. Es ist natür­lich jet­zt etwas doof, das aus unser­er Posi­tion so zu sagen, weil erst­mal ja wieder Leute ver­let­zt wer­den mussten, damit weisze Aktivist*innen was ler­nen — aber die Diskus­sion in Ham­burg hat uns etwas beige­bracht. Und jet­zt sind wir trotz­dem gar nicht gefeit davor, ähn­liche Fehler zu machen, weil wir sind auch ein grösz­ten­teils weiszes Orgateam und uns begeg­nen immer wieder ras­sis­tis­che Denkmuster in unseren Köpfen und ras­sis­tis­che Hand­lungs­ge­wohn­heit­en. So intu­itive NICHT-Sol­i­dar­itäten und Maßstab­sver­schiebun­gen. Was wir ver­sucht haben, umzuset­zen: Es gibt einen Safer Space für PoC auf dem Kongress. Es hat mehrere antirassistische/intersektionale Work­shops, darunter auch “Antiracism and Antifas­cism” desi­gend für weisz-sozial­isierte Teilnehmer*innen. Wir haben die zutr­e­f­fende Kri­tik bekom­men, dass unser Pro­gramm zwar “Crit­i­cal White” ist, aber wir damit wieder nur Work­shops, in denen weisze Leute etwas ler­nen kön­nen, anbi­eten. Jet­zt haben sich noch Per­so­n­en gemeldet, die groszar­tiger­weise einen Work­shop zum Demon­tieren von inter­nal­isiertem Ras­sis­mus für PoC only machen bzw. über­legen eine Ver­net­zungsphase für FLTI of Colour only anzus­tiften. Ausz­er­dem haben wir ein­mal pro Tag Plenum für alle, um Unwohl­sein aufz­u­fan­gen. Und dann hof­fen wir auf eine solide Inter­ven­tion­skul­tur, wie in Ham­burg. Unser Claim am Anfang war: „Wir wollen NEUE Fehler machen. Wenn wir das schaf­fen, sind wir auf nem guten Weg.“
IR: Auf eur­er Home­page resümiert ihr, dass ihr es als eine Notwendigkeit erachtet „Sex­is­mus in der Antifa weit­er­hin offen­siv anzuge­hen“. Welche konkreten Maß­nah­men wollt ihr auf den Kongress ergreifen, um beispiel­sweise Dom­i­nanzver­hal­ten von „mack­ern­den Cis-Typen“ entgegenzuwirken?
Trixi: Wir wet­zen schon mal die Mess­er. Und es gibt Selbstverteidigungsworkshops.
Fri­da: Ern­sthaft: Wir wer­den ver­suchen, in dem Ein­führungsvor­trag eine Analyse anzu­bi­eten wie Mackrigkeit/Patriachat funk­tion­iert und eine lebendi­ge Inter­ven­tion­skul­tur vorzuschla­gen. Dann bauen wir auf Sol­i­dar­ität und poli­tis­che Erfahrung von teil­nehmenden F*antifas. Zudem sind einige Work­shops FLTI only, da wer­den Cis-Typen gar nicht erst rein­ge­lassen. Um Dom­i­nanzver­hal­ten langfristig ent­ge­gen zu wirken wer­den Work­shops zu Kri­tis­che Männlichkeit, zu Kon­sens, zu Reak­tion­s­möglichkeit­en auf sex­is­tis­che Machtscheisz… ange­boten. Und vielle­icht kann ja die eine oder andere im Work­shop „Mack­er weg­mod­erieren“ noch was dazu lernen. (;
IR: Nach und nach wird auf eur­er Home­page das Pro­gramm veröf­fentlicht und es scheint ein vielver­sprechen­des Woch­enende zu wer­den. Was sind eure per­sön­lichen High­lights, auf die ihr euch sehr freut und welchen Teil des Pro­gramms würdet ihr Aktivist*innen beson­ders ans Herz legen?
Charles: Naja jet­zt auf jeden Fall „Self care als F*antifaschistin“. Knapp am burn-out, oida.
Trixi: Wer Plenum macht wird umgebracht!!!
Fri­da: Prokrasti­na­tion bis zur Rev­o­lu­tion! Natür­lich liegt uns alles am Herzen, logo. Unser pro­gram­ma­tis­ch­er Aus­gangspunkt war: Wir machen das auf dem Kongress, worauf wir selb­st Bock haben. So ganz per­sön­lich hab ich richtig Lust klas­sis­che Antifa-Skills im Recherche Work­shop zu ler­nen. Und wir freuen uns auch riesig auf den geilen Scheisz der in den Open Spaces entste­hen wird. Also bringt mit, was immer ihr mit anderen Men­schen teilen wollt, ini­ti­iert Gespräch­skreise oder worauf ihr son­st so Bock habt. Wir sind ausz­er­dem sehr hap­py, dass wir tolle Men­schen gewin­nen kon­nten, bzw. Men­schen auf uns zuka­men, die einen “Braver space für Men­schen mit jüdis­ch­er Geschichte”, “Selb­stvertei­di­gungstrain­ing vom Rol­li aus” sowie “Col­lec­tive Heal­ing from Opres­sion (PoC only)”
anbieten.
Trixi: Ich bin schon richtig heiß auf “Basis­demokratis­che Gew­erkschaft­sar­beit als antifaschis­tis­che Per­spek­tive” von der FAU Dres­den und hof­fentlich eine Diskus­sion darüber, wie men­sch Gew­erkschaft­sar­beit fem­i­nis­tis­ch­er rock­en kann. Ich steh grad auf Struk­tur und Organ­iserung und radikale Gesamtscheisze-umwälzen-Ansätze.
Charles: Ich werde mir auf jeden Fall “How open are my polit­cal struc­tures for refugee women” von Women in exile and friends gön­nen und ein biss­chen Ökonomiekri­tik darf auch nicht fehlen. Beson­ders freuen wir uns auch über unser fettesf Polit-Kul­tur­pro­gramm, da gibt es z.B. eine Tanz-Per­for­mance zu Kör­per­nor­men in der NS-Zeit, einen queeren Kurz­filmabend und eine Vor­führungein­er Rom­n­ja JugendThe­ater­gruppe aus Berlin.
Fri­da: Wir sind selb­st sau-ges­pan­nt, was dann let­z­tendlich auf dem Woch­enende passiert und wie es Leuten geht und was daraus entste­ht. So Groszpro­jek­te sind ja immer auch ein biss­chen verun­sich­ernd. Unterm Strich wird’s FETT.
Vie­len Dank für das Interview!
Mehr Infos zu dem Kongress find­et ihr unter: http://fettesf.blogsport.eu/
*Anmerkung der Redak­tion: Die “sz” Schreib­weise entspricht der Schreib­weise, die sich die Inter­viewten Per­so­n­en aus­ge­sucht hat­ten und wird im Orig­i­nal übernommen.

Kategorien
Sonstiges

Der braune 1. Mai im Rückblick

An den bun­desweit­en Aktio­nen des neon­azis­tis­chen Milieus anlässlich des Tages der Arbeit beteiligte sich auch eine zweis­tel­lige Anzahl Bran­den­burg­er Neon­azis in min­destens vier Bun­deslän­dern. Deut­lich­er Schw­er­punkt der Aktiv­itäten war das Geschehen um den so genan­nten „Tag der deutschen Arbeit (TDDA)“ im sach­sen-anhal­tinis­chen Halle (Saale).  Weit­er­hin beteiligten sich Bran­den­burg­er Neon­azis aber auch an größeren Aufmärschen in Gera (Thürin­gen) und Stral­sund (Meck­len­burg-Vor­pom­mern). Im Land Bran­den­burg sel­ber ver­anstal­tete das neon­azis­tis­che Milieu lediglich eine kleinere Kundge­bung in Frank­furt (Oder).
Mil­i­tante Neon­azis aus NPD und „Freien Kräften“ zog es zum „TDDA“ nach Halle (Saale)
Für den „Tag der deutschen Arbeit“  in Halle (Halle) hat­te bun­desweit vor allem die Partei „Die Rechte“ und ihr nahe Struk­turen gewor­ben. Ihre Absicht lag in der Ver­anstal­tung ein­er zen­tralen und organ­i­sa­tion­süber­greifend­en Ver­samm­lung mit einem betont kämpferischen Aspekt.
Erwün­scht war dies­bezüglich auch die Teil­nahme des so genan­nten „Antikap­i­tal­is­tis­chen Kollek­tives (AKK)“, ein­er Ver­net­zung von „Autonomen Nation­al­is­ten“, welche in der Ver­gan­gen­heit bei Erste-Mai-Ver­anstal­tun­gen des III. Weges in Saalfeld (Thürin­gen) und Plauen (Sach­sen) die Auseinan­der­set­zung mit der Polizei sucht­en, dadurch den Abbruch der angemelde­ten Ver­samm­lun­gen verur­sacht­en und sich let­z­tendlich deswe­gen mit den Ver­anstal­tenden überwarfen.
Auch im Vor­feld des TDDA in Halle (Saale) hat­te das AKK angedeutet not­falls auf Mil­i­tanz zur Durch­set­zung des Auf­marsches zu setzen.
Während der III. Weg bei sein­er Dis­tanz zu den „Autonomen Nation­al­is­ten“ blieb und auf einen, im Ver­gle­ich zu den Vor­jahren, kleineren Auf­marsch set­zte, hat­ten die „Die Rechte“ und selb­st die Bran­den­burg­er NPD offen­bar keine Berührungsäng­ste gemein­sam mit dem mil­i­tan­ten schwarzen (Nazi-)block aufzutreten.

NPD Kommunalpolitiker aus Brandenburg während des Aufmarsches zum „TDDA“ in Halle (Saale): Dave Trick (2.v.l.), Manuela Kokott (4.v.l.) und Benjamin Mertsch (1.v.r.). Ebenfalls im Bild: NPD Anhänger Alexander B. (rechts neben Kokott) sowie Sympathisierende der Brandenburger JN (im Hintergrund)
NPD Kom­mu­nalpoli­tik­er aus Bran­den­burg während des Auf­marsches zum „TDDA“ in Halle (Saale): Dave Trick (2.v.l.), Manuela Kokott (4.v.l.) und Ben­jamin Mertsch (1.v.r.). Eben­falls im Bild: NPD Anhänger Alexan­der B. (rechts neben Kokott) sowie Sym­pa­thisierende der Bran­den­burg­er JN (im Hintergrund)

Zum geplanten Auf­marsch in Halle (Saale) reis­ten so sog­ar bran­den­bur­gis­che Kom­mu­nalpoli­tik­er der „Nation­aldemokrat­en“, wie beispiel­sweise Ben­jamin Mertsch (Kreistagsab­ge­ord­neter Land­kreis Spree-Neiße), Manuela Kokott (Gemein­de­v­ertreterin Spreen­hagen) und Dave Trick (Stadtverord­neter Neu­rup­pin), an. Sie kamen gemein­sam mit weit­eren NPD Funk­tionären aus Bran­den­burg, wie Markus N. (Stadtverord­neter Guben 2008–2014), Alexan­der B. (Kan­di­dat Stadtverord­neten­ver­samm­lung Guben 2008) sowie Frank O. und Alexan­der Kevin P. vom Kreisver­band Oder­land und Pierre B. vom Kreisver­band Hav­el-Nuthe sowie Sym­pa­thisieren­den der JN.
Beze­ich­nend dabei ist, dass fünf der acht genan­nten bran­den­bur­gis­chen NPD Funk­tionäre in der Ver­gan­gen­heit min­destens gewalt­tätig in Erschei­n­ung getreten waren. Alexan­der B. war Haup­tak­teur der aus­län­der­feindlichen Het­z­jagd von Guben  im Jahr 1999 und saß wegen des dadurch verur­sacht­en Todes eines Algeriers zwei Jahre in Jugend­haft. Markus N. und Alexan­der Kevin P. sollen am 3. August 2013 Geg­n­er ein­er NPD Kundge­bung in Eisen­hüt­ten­stadt angrif­f­en haben. P. wurde dafür erst am 15. März 2017 recht­skräftig zu ein­er Frei­heitsstrafe von neun Monat­en, aus­ge­set­zt zu zwei Jahren auf Bewährung, verurteilt. Eben­falls gewalt­tätig in Erschei­n­ung trat­en in der Ver­gan­gen­heit Dave Trick und Pierre B. Gegen bei­de läuft zurzeit noch ein Ver­fahren wegen eines Angriffs auf einen Wahlhelfer der Linkspartei am 19. Mai 2014 in Neuruppin.
Sympathisierende der „Freien Kräfte Prignitz“ am 1. Mai 2017 in Halle (Saale)
Sym­pa­thisierende der „Freien Kräfte Prig­nitz“ am 1. Mai 2017 in Halle (Saale)

Neben den genan­nten NPD Funk­tionären waren auch Akteure freier nation­al­is­tis­ch­er Struk­turen aus Bran­den­burg nach Halle (Saal) gereist. Haupt­säch­lich han­delte es sich dabei um Aktive der „Freien Kräfte Prig­nitz“ aus dem Land­kreis Prig­nitz und den „Freien Kräften Neu­rup­pin-Osthavel­land“ aus den Land­kreisen Ost­prig­nitz-Rup­pin und Havel­land sowie der kre­is­freien Stadt Bran­den­burg an der Hav­el. Bei­de Grup­pierun­gen pfle­gen eine enge Zusam­me­nar­beit mit der Bran­den­burg­er NPD und geben sich in ihrem Habi­tus aber auch gerne als „Autonome Nation­al­is­ten“. Einzelne Akteure der „Freien Kräfte Prig­nitz“ und der „Freien Kräften Neu­rup­pin-Osthavel­land“  waren in der Ver­gan­gen­heit immer wieder an gewalt­täti­gen Aktio­nen beteiligt. Des Weit­eren wur­den von einzel­nen Aktiv­en dieser Grup­pierun­gen auch spon­tane Märsche in den Bran­den­bur­gis­chen Klein- und Mit­tel­städten Wit­ten­berge, Neu­rup­pin und Hen­nigs­dorf (mit)organisiert.
Dieser Tra­di­tion fol­gend bekan­nten sich die „Freien Kräften Neu­rup­pin-Osthavel­land“ in der Time­line ihrer Social­me­dia-Präsenz auch zur Teil­nahme an der „TDDA“-Ersatzveranstaltung in Köthen (Sach­sen-Anhalt). Dort waren nach dem Abbruch des Auf­marsches zum 1. Mai in Halle (Saale) zwis­chen 200 bis 250 Neon­azis spon­tan auf­marschiert. Fotos aus Halle(Saale): hier
Sym­pa­thisierende des III. Weges zog es zum „Arbeit­erkampf­tag“ nach Gera
Der zweite Ver­samm­lungss­chw­er­punkt aktiv­er Bran­den­burg­er Neon­azis anlässlich des braunen ersten Maies lag  knapp 100 km südlich von Halle (Saale) im thüringis­chen Gera. Dort führte die neon­azis­tis­che Kader­partei „der III.Weg“ seinen so genan­nten „Arbeit­erkampf­tag“ durch, für den es im Vor­feld u.a. am 22. April 2017 im bran­den­bur­gis­chen Luck­en­walde (Land­kreis Tel­tow-Fläming) eine Mobil­isierungsver­anstal­tung gab.
Trotz der auch bun­desweit­en Bewer­bung für Ver­samm­lung zum 1. Mai zog die Ver­anstal­tung let­z­tendlich „lediglich 400–500“ Teil­nehmende (2016 in Plauen: ca. 1.000) an, darunter auch eine zweis­tel­lige Anzahl Bran­den­burg­er Sym­pa­thisieren­der der Partei aus der kre­is­freien Stadt Pots­dam und den Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark, der kre­is­freien Stadt Frank­furt (Oder) und dem Land­kreis Oder-Spree, dem Land­kreis Tel­tow-Fläming sowie dem Land­kreis Uck­er­mark an. Bekan­ntester, in Gera teil­nehmender Funk­tionär des III. Weges aus Bran­den­burg war der so genan­nte „Gebi­et­sleit­er Mitte“, Matthias Fis­ch­er. Fotos aus Gera: hier
NPD Ober­hav­el und Barn­im „für Volk und Heimat“ in Stralsund
Für Bran­den­burg­er Neon­azis nur von gerin­gen im Inter­esse war hinge­gen einen Ver­samm­lung der NPD unter dem Mot­to „Her­aus zum 1. Mai: für Volk und Heimat – Sozial, Nation­al, Legal“ im meck­len­bur­gis­chen Stral­sund. An ihr beteiligten sich lediglich einzelne bekan­nte Partei­funk­tionäre aus den Land­kreisen Barn­im und Ober­hav­el, darunter der Kom­mu­nalpoli­tik­er Robert Wolinksi (Stadtverord­neter Vel­ten). Let­zt genan­nter, soll Angaben der PNN zufolge, in der Ver­gan­gen­heit mehrfach im Visi­er polizeilich­er Ermit­tlun­gen gewe­sen sein. Im Novem­ber 2013 soll er Rädels­führer eines Fack­el­marsches zu Ehren des ver­stor­be­nen NS-Kriegsver­brech­ers Erich Priebke gewe­sen sein. Weit­er­hin gilt er als Drahtzieher für mehrere neon­azis­tis­che Konz­ertver­anstal­tun­gen, die in der Ver­gan­gen­heit vor allem im Osten Meck­len­burg-Vor­pom­merns stat­tfan­den. Fotos aus Stral­sund: hier
Europäis­che Aktion und „Anti­im­pe­ri­al­is­tis­che Plat­tform“ ver­sam­melten sich in Frank­furt (Oder)
Die einzige Bran­den­burg­er Ver­samm­lung mit neon­azis­tis­ch­er Beteili­gung fand hinge­gen nahezu unbe­merkt in der kre­is­freien Stadt Frank­furt (Oder) statt. Dort hat­te ein Sym­pa­thisant der extrem recht­en „Europäis­chen Aktion“ eine Kundge­bung unter dem Mot­to „für ein soziales Deutsch­land“ angemeldet. Diese Ver­samm­lung zog unge­fähr 20 Teil­nehmende aus Frank­furt (Oder), dem Land­kreis Oder-Spree sowie der Bun­de­shaupt­stadt Berlin an. Bekan­ntester  Teil­nehmer war der ehe­ma­lige Vor­sitzende der Quer­front-Organ­i­sa­tion „Kampf­bund Deutsch­er Sozial­is­ten (KDS)“ und jet­zige Akteur bei der „Anti­im­pe­ri­al­is­tis­chen Plat­tform (AiP)“, Michael Koth. Fotos aus Frank­furt (Oder): hier
Kategorien
Antifaschismus

Guck mal, wer da rumsteht

Cottbusser Neonazihools bei Spiel in Babelsberg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pascal Hohm und Robert Timm
Cot­tbusser Neon­az­i­hools bei Spiel in Babels­berg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pas­cal Hohm und Robert Timm. Foto: Jüdis­ches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus.

INFORIOT Über die jüng­sten anti­semi­tis­chen und neon­azis­tis­chen Krawalle beim Fußball­spiel von Energie Cot­tbus bei Babels­berg 03 in Pots­dam ist schon einiges berichtet wor­den, aber sicher­lich noch nicht genug. Hier soll ein Detail nachge­tra­gen werden.
Cottbusser Neonazihools bei Spiel in Babelsberg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pascal Hohm und Robert Timm
Cot­tbusser Neon­az­i­hools bei Spiel in Babels­berg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pas­cal Hohm und Robert Timm. Foto: Jüdis­ches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus.

Im Cot­tbusser Gäste­block beim Spiel am ver­gan­genen Fre­itag (28. April) standen zwei namentlich bekan­nte recht­sradikale Aktivis­ten, die sich son­st darum bemühen, öffentlich nicht in der Nähe von Neon­azis posi­tion­iert zu sein. Einige am Sam­stag aufgenommene und hier doku­men­tierte Fotos zeigen Jean-Pas­cal Hohm und Robert Timm in unmit­tel­bar­er Nähe der ver­mummten Cot­tbusser Neon­azi-Hooli­gans. Aus just diesem Block erfol­gten die anti­semi­tis­chen und neon­azis­tis­chen Het­z­parolen sowie der Ver­such des Spielfeld zu stürmen.
Robert Timm bei “Identitären”-Demonstration im Juni 2016 in Berlin

Robert Timm fungiert seit einiger Zeit als Sprech­er der “Iden­titären Bewe­gung” in Berlin und Bran­den­burg. Timm stammt aus Berlin und ist für ein Architek­turstudi­um nach Cot­tbus gezo­gen. Offen­bar hat er dort auch eine Lei­den­schaft für Fußball neu- oder wieder­ent­deckt. Aus der neon­azis­tis­chen Fußball­fan­szene in Cot­tbus wer­den seit eini­gen Monat­en auch “Identitären”-Parolen wie “Defend Europe” aufge­grif­f­en und zu “Defend Cot­tbus” abge­wan­delt. Die “Iden­titären” behaupten von sich, keine Berührungspunk­te zum Neon­azis­mus zu haben.
So präsen­tiert sich Robert Timm bei Insta­gram (Screen­shot)

 Jean-Pascal Hohm bei "Identitären"-Demonstration im Juni 2016 in Berlin
Jean-Pas­cal Hohm bei “Identitären”-Demonstration im Juni 2016 in Berlin

Jean-Pas­cal Hohm hinge­gen ist Aktivist der AfD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion “Junge Alter­na­tive” (JA) im Land Bran­den­burg. Zeitweilig war er der Lan­desvor­sitzende der JA. Zurzeit wird er auf der Ver­band­shome­page als Beisitzer im Lan­desvor­stand aufge­führt, gle­ichzeit­ig ist er Beisitzer im Kreisvor­stand der AfD in Tel­tow-Fläming. Auf der Web­seite der Land­tags­frak­tion der AfD Bran­den­burg wird er als Mitar­beit­er des Ver­anstal­tungsref­er­enten gelis­tet. Nicht zulet­zt war Hohm Mitor­gan­isator zahlre­ich­er flüchtlings­feindlich­er Demon­stra­tio­nen im Land Brandenburg.
So präsentiert sich Jean-Pascal Hohm bei Facebook (Screenshot)
So präsen­tiert sich Jean-Pas­cal Hohm bei Face­book (Screen­shot)

So nah, wie Timm und Hohm räum­lich im Gäste­block beieinan­der ste­hen, darf man ver­muten, das die bei­den das Spiel gemein­sam besucht haben oder sich zumin­d­est dort getrof­fen haben. Öffentlich behauptet die “Junge Alter­na­tive” genau wie ihre Mut­ter­partei, keine Zusam­me­nar­beit mit der vom Ver­fas­sungss­chutz beobachteten “Iden­titären Bewe­gung” zu betreiben. Tat­säch­lich find­et auf vie­len Ebe­nen ein Aus­tausch und ein Zusam­men­wirken statt. Hohm selb­st war schon Teil­nehmer bei “Identitären”-Aktionen und präsen­tierte sich auf Face­book in T‑Shirts dieser Organisation.
Cottbusser Neonazihools bei Spiel in Babelsberg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pascal Hohm und Robert Timm
Cot­tbusser Neon­az­i­hools bei Spiel in Babels­berg am 28. April 2017. Eingekreist: Jean-Pas­cal Hohm und Robert Timm. Foto: Jüdis­ches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus.

Beim “Jüdis­chen Forum für Demokratie und gegen Anti­semitismus” sind weit­ere Bilder und ein Video zum The­ma zu find­en. Weit­ere Fotos gibt es unter anderem hier.
Kategorien
Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus

Querfront-Kundgebung am 1. Mai in Frankfurt (Oder) ohne Gegenprotest

Infori­ot — Am diesjähri­gen 1. Mai fan­den bun­desweit erneut zahlre­iche neon­azis­tis­che Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen statt. Beson­ders an den Aufmärschen in Halle/Saale und Gera beteiligten sich Neon­azis aus Bran­den­burg. In der Region gab es nur eine extrem rechte Ver­samm­lung: In Frank­furt (Oder) ver­anstal­teten örtliche extrem Rechte eine Kundge­bung, die von ihrer inhaltlichen Aus­rich­tung wahrschein­lich nicht jeden Neon­azi gefall­en hätte.
Mit Thäl­mann und Karl Marx für ein „Soziales Deutschland“ 

Björn Brusak (rechts) redet von Klassenkampf und zitiert Karl Marx .... vor Neonazis (Foto: pressedienst ffo)
Björn Brusak (rechts) redet von Klassenkampf und zitiert Karl Marx .… vor Neon­azis (Foto: presse­di­enst ffo)

Der stadt­bekan­nte Neon­azi Björn Brusak, häu­figer Red­ner auf recht­en Demon­stra­tio­nen und Anhänger der Europäis­chen Aktion, meldete zum 1. Mai vor dem Rathaus im Stadtzen­trum eine Kundge­bung unter dem Mot­to „Für ein soziales Deutsch­land“ an. Anders als in der Ver­gan­gen­heit blieb eine Mobil­isierung durch die Grup­pierung „Frank­furt (Oder) wehrt sich“, zu deren Umkreis Brusak zu zählen ist, aus. Die aktion­sori­en­tierten AktivistIn­nen um den Neon­azi Peer Koss zog es eher nach Gera zur Demon­stra­tion des „III. Weg“, an dem sie bere­its im ver­gan­genen Jahr teilgenom­men hatten.
Die Kundge­bung sollte ab 10 Uhr vor dem Rathaus stat­tfind­en. Mit ein­er halbe Stunde Ver­spä­tung trafen die ersten Neon­azis, sowie der Anmelder Brusak am Ver­samm­lung­sort ein. Durch die fehlende Mobil­isierung kamen ins­ge­samt nur etwa 20 Per­so­n­en zusam­men. Neben eher weniger bekan­nten Gesichtern der Frank­furter Neon­aziszene beteiligte sich auch Michael Koth aus Berlin, Vor­sitzen­der der Anti­im­pe­ri­al­is­tis­chen Plat­tform (AiP) zusam­men mit weit­eren Anhän­gerIn­nen an Brusaks Versammlung.
Michael Koth mit erhobener rechten Faust. (Foto: pressedienst ffo)
Michael Koth mit erhoben­er recht­en Faust. (Foto: presse­di­enst ffo)

Koth gilt nicht unbe­d­ingt als Teil­nehmer von typ­is­chen Neon­azikundge­bun­gen. Er ist eher bekan­nt als ein­er der dien­stäl­testen Quer­front­lerIn­nen in Deutsch­land, der immer wieder ver­sucht linke und rechte Posi­tio­nen zu vere­inen. Seine Plat­tform unter­stützt das nord­ko­re­anis­che und syrische Regime und hängt ein­er kru­den Ide­olo­gie, irgend­wo zwis­chen Strass­er-Brüdern und DDR-Nos­tal­gie, nach. Vorgänger der AiP war u.a. der „Kampf­bund deutsch­er Sozial­is­ten“ (KdS), aber auch maois­tis­che bis stal­in­is­tis­che Splittergruppen.
Damit teilt Michael Koth ähn­liche Ansicht­en, wie der Ver­schwörungside­ologe Björn Brusak, der u.a. auf seinem Youtube-Kanal eben­falls seine Sym­pa­thie für Nord­ko­rea äußerte und in der Ver­gan­gen­heit mehrmals ver­suchte in Reden linke und rechte Posi­tio­nen zusam­men zu führen. Ken­nen­gel­ernt haben sich die Quer­frontler ver­mut­lich auf den sog. Mon­tags­mah­nwachen von Lars Mährholz 2014 in Berlin, an denen bei­de teilnahmen.
"Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will" - kein klassischer Neonazispruch. (Foto: pressedienst ffo)
“Alle Räder ste­hen still, wenn dein stark­er Arm es will” — kein klas­sis­ch­er Neon­azis­pruch. (Foto: presse­di­enst ffo)

Für die anderen Neon­azis, die son­st eher flüchtlings­feindliche Demon­stra­tio­nen besuchen, wirk­ten die Karl Marx-Zitate und die klassenkämpferische Rede von Björn Brusak, der auch schon auf Demon­stra­tio­nen der Neon­azi-Kle­in­st­partei “Der III. Weg” sprach, eher befremdlich bis pein­lich. Trotz­dem hiel­ten alle brav die von der AiP mit­ge­bracht­en Trans­par­ente und Schilder, die jedoch nicht weniger anti­semi­tis­che und reak­tionäre Inhalte trans­portierten. Zum Teil verir­rten sich kurzzeit­ig auch unbeteiligte Passant_innen zur Kundge­bung, da sie annah­men, dies sei die tra­di­tionelle 1. Mai-Kundge­bung von der Linkspartei.
Neon­azis unter sich – Kein Gegenprotest 
Die Polizei war mit einem rel­a­tiv großen Aufge­bot vor Ort. In der Ver­gan­gen­heit gab es bei jedem Neon­azi­auf­marsch zu laut­starken Protesten von Antifaschist_innen. Das Bünd­nis „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“ kon­nte jew­eils mehrere hun­dert Gegendemonstrant_innen mobil­isieren. Am 1. Mai 2014 kam es auf­grund von Ver­säum­nis­sen seit­ens der Polizei sog­ar zu gewalt­täti­gen Über­grif­f­en von Neon­azis auf Antifaschist_innen nach ein­er Kundge­bung der NPD. Dies sollte dies­mal möglichst ver­hin­dert werden.
Insgesamt 20 TeilnehmerInnen konnte Björn Brusak intern mobilisieren. Die Versammlung wirkt etwas leer auf dem Rathausvorplatz (Foto: pressedienst ffo)
Ins­ge­samt 20 Teil­nehmerIn­nen kon­nte Björn Brusak intern mobil­isieren. Die Ver­samm­lung wirkt etwas leer auf dem Rathausvor­platz (Foto: presse­di­enst ffo)

Die enorme Polizeipräsenz war jedoch unnötig. Bis auf ein paar zufäl­lig vor­beik­om­menden Passant_innen, die ihren Unmut über die Quer­front­lerIn­nen zum Aus­druck bracht­en fan­den sich keine Gegendemonstrant_innen ein. Das Bünd­nis „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“ mobil­isierte jeden­falls zu kein­er eige­nen Kundge­bung. Auch die Stadt­spitze, die von der recht­en Ansamm­lung wis­sen musste, war nicht in der Lage zumin­d­est in Form von Trans­par­enten sich gegen die Neon­azis zu posi­tion­ieren. Die Linkspartei dage­gen hängte zwei große Plakate gegen Rechts auf, jedoch einige hun­dert Meter ent­fer­nt bei ihrem tra­di­tionellen Brück­en­fest, welch­es jedes Jahr am 1. Mai an der Oder stat­tfind­et. Etwas kurios und äußerst selt­sam, warum die Partei nicht fähig dazu war direkt am Rathaus gegen die dort anwe­senden recht­en Quer­frontler zu demon­stri­eren. Auch wur­den Besucher_innen des Festes nicht ein­mal auf die Anwe­sen­heit der­er hingewiesen. Möglich, dass inhaltliche Gründe dafür eine Rolle spiel­ten. Die Rede Björn Brusaks hätte näm­lich auch von der Bühne der Linkspatei kom­men kön­nen. Die Linke tut sich generell schw­er im Umgang mit Quer­front-Posi­tio­nen. Mitunter tre­f­fen Quer­front-Ideen auf Sym­pa­thie auch in den eige­nen Reihen.
Weit­ere Fotos find­en sich hier.
Kategorien
Sonstiges

Potsdam: Rechtsrock-Konzert in Bornstedt

titel9
Am Sam­stagabend protestierten unge­fähr 50 Men­schen gegen eine Recht­srock-Ver­anstal­tung im Pots­damer Stadt­teil Born­st­edt. Die Protestver­samm­lung richtete sich gegen ein Konz­ert rechter Musik­er in der Gast­stätte „Vik­to­ria Eck“. An der höch­s­tum­strit­te­nen Konz­ertver­anstal­tung nah­men schätzungsweise eben­falls 50 Per­so­n­en teil. Bere­its im Vor­feld sei es laut PNN, die sich auf Polizeiquellen beruft, zu einem Far­ban­schlag auf den Ver­anstal­tung­sort gekom­men sein.
Far­ban­schlag auf Veranstaltungsort 
Gemäß ein­er mut­maßlichen Selb­st­bezich­ti­gung „Pots­damer Antifas“ auf einem freizugänglichen Inter­net­por­tal soll bere­its in der Nacht vom 27. zum 28. April 2017 die Fas­sade des Ver­anstal­tung­sortes „Vik­to­ria Eck“ mit der „braunen Scheiße markiert“ wor­den sein, die „sich hier am Wochenende“treffe. Außer­dem wurde im Beken­ner­schreiben zu weit­eren Aktio­nen „gegen das Recht­srock­konz­ert“ aufgerufen.
Der Far­ban­schlag scheint sich inzwis­chen bestätigt zu haben. Laut Infor­ma­tio­nen der PNN, die sich auf einen Polizeis­prech­er beruft, soll sich der Angriff auf die Gast­stätte am frühen Fre­itag­mor­gen, zwis­chen 00.30 und 01.15 Uhr zuge­tra­gen haben. Dabei sollen eine „hand­voll“ Farbbeu­tel einge­set­zt wor­den sein. Tatverdächtige kon­nte die Polizei jedoch nicht ermit­teln. Die Spuren des mut­maßlichen Anschlags waren am Sam­stagabend noch erkennbar.
Gegenkundge­bung am Samstagabend
In unmit­tel­bar­er Nähe zum Beginn des Recht­srock-Konz­ertes gab es indes eine weit­ere Protes­tak­tion. In der Zeit von 18.45 bis ca. 20.30 Uhr führte die Land­tagsab­ge­ord­nete Isabell Van­dré (LINKE) eine ver­samm­lungsrechtlich angemeldete Kundge­bung in Hör- und Sichtweite zum „Vik­to­ria Eck“ durch. Diese Ver­anstal­tung trug das Mot­to „Recht­srock­ern die Show stehlen“. Bei­de Ver­samm­lun­gen hat­te die Bere­itschaft­spolizei durch Absper­r­git­ter voneinan­der abge­tren­nt. Zu polizeilichen Maß­nah­men kam es jedoch, soweit bekan­nt, nur gegen eine Per­son.  Laut Angaben eines Twit­ter-Tweet des „Tick­er Pots­dam“ soll es sich dabei um einen mut­maßlichen „Neon­azi“ gehan­delt haben. Die Polizei war mit unge­fähr 100 Ein­satzkräften aus Bran­den­burg und Berlin vor Ort.
Konz­ert rechter Mischszene
Die Konz­ertver­anstal­tung fand übri­gens wie geplant in der Gast­stätte „Vik­to­ria Eck“ statt. Haup­tact soll der Tel­tow­er Recht­srock­er Sacha Korn gewe­sen sein. Dieser gibt sich jedoch wesentlich unver­fänglich­er und beze­ich­net seinen Stil sel­ber als „Neue Deutsche Härte“. Seine Lieder waren allerd­ings auch auf ein­er so genan­nten „Schul­hof CD“ der NPD vertreten und unter­mal­ten darüber hin­aus einen Wahlwerbespott dieser Partei. Offiziell dis­tanziert sich der Musik­er jedoch in einem Inter­view auf sein­er Social­me­dia-Seite von „Extrem­is­mus und Gewalt“ sowie „sämtlich­er Ide­olo­gien“. Für die Veröf­fentlichun­gen bei der NPD machte Korn auss­chließlich sein aus­ländis­ches Man­age­ment ver­ant­wortlich. Den­noch sollen weit­er­hin Kon­tak­te zu Fig­uren des extrem recht­en Milieus beste­hen. Am Sam­stagabend reiste zumin­d­est ein ehe­ma­liger Bezirksverord­neter der Berlin­er NPD an. Weit­ere Konz­ert­gäste zeigten sich in recht­en Mode­marken oder milieu­typ­is­ch­er Klei­dung gewan­det. Eine Per­son trug ein Shirt mit einem Slo­gan und dem Sym­bol der extrem recht­en „Iden­titären Bewe­gung“. Andere waren als Rock­er oder Fans eines Berlin­er Fußball­cubs zu erkennen.
Die Ein­nah­men des Konz­ertes von Sacha Korn sollen in Teilen übri­gens an die „Ban­di­dos“ geflossen sein. Ein Sprech­er dieser Rock­ervere­ini­gung teilte allerd­ings den PNN mit, dass das Geld für die Eltern eines im März 2017 ermorde­ten Neun­jähri­gen in Nor­drhein-West­falen bes­timmt sei. Ein Eltern­teil des Ermorde­ten soll Mit­glied der „Ban­di­dos“ sein.
Fotos: hier

Kategorien
Sonstiges

Potsdam-Babelsberg: Hochrisikofußball mit Hitler-Grüßen und Spielunterbrechungen

Eine Dauerbegleitung während Spiels: „Hitler-Grüße“ von Cottbus Fans
Eine Dauer­be­gleitung während Spiels: „Hitler-Grüße“ von Cot­tbus Fans

Am Fre­itagabend kam es in Pots­dam-Babels­berg anlässlich der Fußball­re­gion­al­li­ga­begeg­nung zwis­chen dem SV Babels­berg 03 und dem FC Energie Cot­tbus zu Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen  den auch poli­tisch kon­trären Fan­grup­pen. Es kam zu Hitler-Grüßen, Böller­wür­fen und einem Platzs­turm. Zweimal musste das Hochrisikospiel auf­grund von Fanauss­chre­itun­gen vom Schied­srichter unter­brochen wer­den. Bei­de mal stand das so genan­nte Bran­den­burg-Der­by kurz vor dem endgülti­gen Spielabbruch.
Aggres­sive Vor­boten im Hinspiel
Bere­its im Hin­spiel im Novem­ber 2016 in Cot­tbus kam es im Rah­men der Begeg­nung zu erhe­blichen Pro­voka­tio­nen sowie sowohl zu Schlagabtäuschen zwis­chen den recht­sori­en­tierten Heim- und den linksori­en­tierten Gäste­fans als auch zwis­chen recht­en, heimis­chen Fans und der Polizei. Damals wurde der Babels­berg­er Fan­block bere­its am Bahn­hof mit anti­semi­tis­chen Schmier­ereien Emp­fan­gen. An ein­er Brücke, kurz vor dem Sta­dion, grif­f­en offen­sichtlich Cot­tbus-Anhänger die Gäste­fans mit Feuer­w­erk­skör­pern an, let­ztere revanchierten sich dafür mit Flaschen­wür­fen. Im Sta­dion blieb es dafür, bis auf die üblen Gesänge und vul­gären Pro­voka­tio­nen seit­ens der Heim­fans, weit­ge­hend friedlich. Erst nach dem Spiel soll wiederum aus den Rei­hen der heimis­chen Fans aus Cot­tbus die kör­per­liche Auseinan­der­set­zung mit den Gästen aus Babels­berg gesucht wor­den sein. Ein mas­sives Polizeiaufge­bot ver­hin­derte dies jedoch offen­bar. Daraufhin soll es zu Schar­mützeln zwis­chen Fan­grup­pen aus Cot­tbus und den Sicher­heit­skräften gekom­men sein.
Hass-Der­by eskaliert
Vermummte Fans des FC Energie Cottbus lieferten sich vor der Babelsberger Nordkurve handgreifliche Auseinandersetzungen mit den Ordnungskräften
Ver­mummte Fans des FC Energie Cot­tbus liefer­ten sich vor der Babels­berg­er Nord­kurve hand­grei­fliche Auseinan­der­set­zun­gen mit den Ordnungskräften

Auch auf­grund der Ereignisse im Hin­spiel wurde die brisante Begeg­nung am Fre­itagabend als Hochrisikospiel eingestuft. Doch trotz der erhöht­en Sicher­heitsvorkehrun­gen kon­nte die Eskala­tion im Bran­den­burg­er Hass-Der­by, ins­beson­dere im Sta­dion, nicht ver­hin­dert werden.
Bere­its lange vor Anpfiff kam es aus den Rei­hen der Gäste­fans, die sich auch durch Sym­pa­thisierende der recht­sori­en­tierten Fan­szene des säch­sis­chen Chem­nitzer FC ver­stärkt hat­ten,  immer wieder zum Zeigen des „Deutschen Grußes“ (umgang­sprach­lich: „Hitler-Gruß“), welch­es sich auch während des Spieles kon­se­quent und ohne Kon­se­quen­zen fort­set­zte. Außer­dem fol­gten Parolen wie „Asy­lanten“ und „Arbeit macht frei – Babels­berg 03“. „Nazis­chweine“ und „Aler­ta Antifascista“ schallte es daraufhin aus Rich­tung der Heimfans.
Kurz vor Spielanpfiff zün­de­ten die Babels­berg­er Ultras dann im Heim­block Nebeltöpfe und Ben­gal­fack­eln. Allerd­ings nicht in Rich­tung Gäste­fans, son­dern offen­sichtlich als Mannschaftssup­port. Den­noch ein Ver­stoß gegen die Sta­dion­verord­nung, die nach dem entsprechen­den Hin­weis des Sta­dion­sprech­ers auch endete.
Wenige Minuten später sucht­en dann die Gäste­fans, die sich inzwis­chen mas­siv ver­mummt hat­ten, wieder die Auseinan­der­set­zung. Nach ein­er Ban­ner­ak­tion gegen Babels­berg, bei dem zwei Tüch­er mit der Auf­schrift „H8 03“ (Kurz­form für „Hate 03“) gezeigt wur­den, zün­de­ten auch die Cot­tbusser Pyrotech­nik, beschränk­ten dies allerd­ings nicht auf ihren Block, son­dern schossen auch gezielt Feuer­w­erk­skör­p­er in Rich­tung Spielfeld und den heimis­chen Null­dreiern. Außer­dem erk­lom­men mehrere Gäste­fans die Spielfeld­be­gren­zungszäune, stürmten in Rich­tung Babels­berg­er Nord­kurve und liefer­ten sich eine hand­grei­fliche Auseinan­der­set­zung mit Ord­nern und Polizei. Nach dem daraufhin auch einige Fans des SV Babels­berg den Rasen erstürmt hat­ten, kam es zu einem größeren Polizeiein­satz sowie zu ein­er ersten Spielunterbrechung.
Nach unge­fähr zehn Minuten wurde die Par­tie jedoch wieder angep­fif­f­en und blieb bis zur Hal­bzeit­pause weit­ge­hend störungs­frei. Zur reg­ulären Spielun­ter­brechung nach 45 Minuten führte die Mannschaft des FC Energie Cot­tbus übri­gens mit einem Tor.
Um weitere Platzstürme zu verhindern, setzte die Polizei auch massiv Pfefferspray gegen die Fans des FC Energie Cottbus ein
Um weit­ere Platzstürme zu ver­hin­dern, set­zte die Polizei auch mas­siv Pfef­fer­spray gegen die Fans des FC Energie Cot­tbus ein

Kurz nach Anpfiff der zweit­en Hal­bzeit begann die Kon­fronta­tion dann erneut. Nach­dem eine Spruch­ban­dak­tion der Gäste­fans sowie der wieder­holte Ein­satz von Rauchtöpfen und Ben­gal­fack­eln bei­der Fan­lager noch weit­ge­hend harm­los blieben, schossen die Sym­pa­thisieren­den des FC Energie aber­mals mit Feuer­w­erk­skör­pern auf den Heim­block und das Spielfeld. Wieder ver­sucht­en die Fans aus der Lausitz das Spielfeld zu stür­men, wur­den aber schon beim Ver­such den Begren­zungsza­un zu über­winden seit­ens der Polizei mit Pfef­fer­spray gestoppt. Aber­mals musste das Spiel für einige Zeit vom Schied­srichter unter­brochen wer­den. Erst jet­zt beruhigte sich die Lage in den Rän­gen, ins­beson­dere im Gäste­block, merklich.
Nach dem Wieder­anpfiff rück­te dann das Fußball­spiel ansich wieder in den Mit­telpunkt des Spielt­ages. Und da legte jet­zt ein­deutig Babels­berg vor. In der 75. Minute glichen die Null­dreier zunächst aus, bevor sie in der 90. Minute mit einem weit­eren Tor den Der­by-Sieg holten. Die schmachvolle Nieder­lage im Hin­spiel in Cot­tbus war damit zumin­d­est spielerisch vergessen.
Fotos: hier
Kategorien
Antifaschismus

RechtsRock-Konzert in Potsdam geplant

Der Recht­sRock­er Sacha Korn kündigt für den 29. April 2017 ein Konz­ert in Pots­dam an – stat­tfind­en soll es im Born­st­edter Restau­rant „Vik­to­ria Eck“. 
„Neue Deutsche Härte“ ist der Begriff, der Sacha Korns Musik, nach eige­nen Aus­sagen, beschreiben soll. Zwis­chen Rock, Met­al und elek­tro­n­is­chen Sam­ples ange­siedelt, tritt der Anfang 40-Jährige mit sein­er gle­ich­nami­gen Band „Sacha Korn“ – auch „SK“ oder „S.Korn“ – seit 2009 in Deutsch­land und im Aus­land auf.
Für kom­menden Sam­stag, den 29. April 2017, kündigt Sacha Korn ein Konz­ert sein­er Band in Pots­dam an.
Als Ver­anstal­tung­sort soll das Born­st­edter Restau­rant „Vik­to­ria Eck“ dienen.
Auftreten sollte zudem, so kur­sierte es in inter­nen Recht­srock-Foren, der Berlin­er Neon­azi-Rap­per Patrick Kil­lat alias Villain051, der sich vor allem mit dem Band-Pro­jekt „A3stus“ durch offen ras­sis­tis­che und neon­azis­tis­che Texte in der extrem recht­en Szene einen Namen gemacht hat. Villain051 bewarb auf sein­er Face­book-Seite ein Konz­ert im Raum Berlin am gle­ichen Datum, löschte jedoch mit­tler­weile den Ein­trag und weist nun auf ein Konz­ert „Anfang Mai in Berlin“ hin.

Der Recht­sRock­er Sacha Korn mit „Fourth Time“ T‑Shirt

Recht­sRock für die NPD
„Wed­er links noch rechts“, dafür „100 % poli­tisch unko­r­rekt“ ist die nach außen for­mulierte poli­tis­che Lin­ie der Band. Ein Blick in die musikalis­che Vita lässt allerd­ings andere Schlüsse zu.
Bere­its 2011 hat­te Sacha Korn ein Konz­ert mit der Beeskow­er NS-Black Met­al Band „Mogon“ in Sach­sen gespielt, trat 2012 zusam­men mit der Bre­mer Neon­azi-Hooli­gan-Band „Kat­e­gorie C“ in Nien­hagen auf und fand sich 2015 auf dem Line-Up für die siebte Aus­gabe des „Tana delle tigri“-Festivals in Rom – organ­isiert von der faschis­tis­chen Organ­i­sa­tion „Cas­a­Pound“. Neben Korn waren auch die Recht­sRock-Bands „ZetaZe­roAl­fa“ und „Bron­son“ angekündigt.
Auf der „Schul­hof-CD“ der NPD Sach­sen-Anhalt wur­den 2011 drei Songs von Sacha Korn veröf­fentlicht. Der Song „Mein Land“ wurde zudem als Hin­ter­grund­musik für einen NPD-Wahlwerbespot im sel­ben Jahr ver­wen­det. Sacha Korn bestritt allerd­ings, dass er die Songs der NPD zur Ver­fü­gung gestellt habe. Stattdessen sei die Entschei­dung dazu durch sein kanadis­ches Man­age­ment getrof­fen worden.
Dass er eben­falls 2011 der NPD-nahen Zeitschrift „Hier & Jet­zt“ ein Inter­view gab, macht die Schuldzuweisung an sein Man­age­ment jedoch offen­sichtlich unglaub­haft. [1]
Hinzu kommt, dass der Bassist der Band der ehe­ma­lige NPDler und Recht­sRock­er Jan Michael Keller ist. Er war 2012 Teil des NPD-Kreisver­bands in Berlin-Licht­en­berg und des Lan­desvor­standes. Keller nahm sowohl davor als auch danach an etlichen Kundge­bun­gen und Infos­tän­den der Partei teil. Fern­er betätigte er sich, bis zur Auflö­sung 2010, in der Berlin­er Recht­sRock-Band „Kahlschlag“. [2]
Korn bedi­ent inhaltlich gängige neon­azis­tis­che Posi­tio­nen und Argu­men­ta­tion­s­muster. Im genan­nten Inter­view der NPD-nahen Zeitschrift „Hier & Jet­zt“ fordert er „die Geschichte der Anne Frank [nicht] zum zig tausend­sten Mal [zu] drama­tisieren“, „Härte und Diszi­plin“ sind für ihn typ­isch preußis­che Prä­gun­gen und „[…] ein inneres Ver­lan­gen. Alles andere wider­strebt uns eigentlich.“
Seine Aufen­thalte in den USA, Polen und Rus­s­land nutzt er dabei als vorge­bliche Beweise, kein Ras­sist sein zu kön­nen und für nation­al­is­tis­che Argu­mente . Nach­dem er, um sich „wieder deutsch zu fühlen“, zwis­chen­zeitlich erneut nach ?ód? in Polen zog, beklagte er: „Wenn ich dann nach Berlin kam, dachte ich, ich wäre irgend­wo in einem Zige­unervier­tel oder im Ori­ent.“ Zusam­men mit dem pol­nis­chen Musik­er Robert Tuta brachte Korn 2005 das Album „Pow­er“ her­aus. Das Band­pro­jekt nan­nte sich „Litz­mannstadt“ – so wurde die Stadt ?ód? 1940 von den deutschen Besatzern umbenannt.
“Man siehts hier [in Polen, Anm. d. Verf.] auch […] an den Großstädten, die sind halt noch nicht so über­fremdet wie zum Beispiel Berlin“ sagt Korn in ein­er selb­st­pro­duzierten „Doku­men­ta­tion“ über sich selb­st aus dem Jahr 2012. Darin, wie auch in anderen State­ments, insze­niert er sich als armer ver­fol­gter Kün­stler gegen das Estab­lish­ment. Passend wählte er den Titel „Treib­jagd“ für den über 20-minüti­gen Film.
Was Musik und Kul­tur ange­ht, nimmt Korn stramm kon­ser­v­a­tive und auch völkische Stand­punk­te ein. Da „Kun­st […] die Speer­spitze der gesellschaftlichen Evo­lu­tion […] sei und diese (die Speer­spitze) „ver­sucht [würde] zu brechen“ begreift er sich als „Wider­stand­skämpfer“. Weit­er beze­ich­net er Tech­no als „rein deutsche Kun­st“ im Gegen­satz zum „uns eigentlich frem­den Hip Hop.“ Den­noch sol­i­darisiert er sich mit der Neon­azi-Musik­erin und Rap­perin Mia Herm, alias Dee­Ex, da ihre Musik „kein lächer­lich­er US-Abklatsch, wie irgendwelche unter­be­lichteten Migranten, die […] nicht mal bis drei zählen kön­nen“, sei.
Ver­net­zun­gen in der über­re­gionalen Neonaziszene

Neon­azi-Rap­per Patrick Kil­lat (links) und Sacha Korn Arm in Arm mit Jonas Schnee­berg­er (3. u. 4. v. links)

Korns Rolle in der Neon­aziszene ist auch in Hin­blick auf Labels und Geschäfte nicht unbe­deu­tend. 2013 trat Korn für die neon­azis­tis­che Bek­lei­dungs­marke „Fourth Time Cloth­ing“ als Mod­el auf. „Fourth Time“ ist in Tel­tow ange­siedelt und hat­te neben Korn auch den Pots­damer Neon­azi Gabor Grett als Mod­el engagiert. [3]
Die bran­den­bur­gis­che Neon­azi-Fir­ma „Erik & Sons“, ein Bek­lei­dungsla­bel aus Königs-Wuster­hausen von Udo Sieg­mund und Rene Koza, vertreibt neben CDs und Mer­chan­dise von Sacha Korn auch Mer­chan­dise der neon­azis­tis­chen Hooli­gan-Band „Kat­e­gorie C“. Kon­tak­te zu „Kat­e­gorie C“ beste­hen seit spätestens 2012, als Sieg­mund in Griechen­land ein Konz­ert der Band im „Skin­house Hel­las“ in Trikala besuchte.
Außer­dem pflegt Korn Kon­tak­te zum Schweiz­er Neon­azi Jonas Schnee­berg­er. In die Schlagzeilen geri­et der Mit­be­grün­der der „Legion Wer­wolf Schweiz“ mit sein­er Grup­pierung wegen Ter­ror-Ermit­tlun­gen und Razz­ien in Nord­deutsch­land, den Nieder­lan­den und der Schweiz. Im März 2015 ver­anstal­tete Schnee­berg­er ein Konz­ert mit „A3stus“ in Fri­bourg. [4]

Der Neon­azi und Tätowier­er von „Ordo-Tat­too“ Nick Lajow

Das Pots­damer Konz­ert am 29. April 2017 wird von „Mauljuck­en“ präsen­tiert, eine Marke von Rene Koza, deren Ziel­gruppe vor­rangig rechte und neon­azis­tis­che Hooli­gans sind – im Impres­sum der Web­site ist Korns Fir­ma „Nok­out Music“ aufgeführt.
Regelmäßig war Korn gemein­sam mit Sieg­mund und Koza bei Spie­len des „BFC Dynamo“ in Berlin zu Gast. Eben­falls ist der „Erik & Sons“-Wegbegleiter Nico Hlawan­ka, der dem Neon­azi-Hooli­gan-Spek­trum des BFC zuge­ord­net wer­den kann, Teil dieser Runde. Zulet­zt war Hlawan­ka, genan­nt „Lawi“, als Darsteller am Set für ein neues Video von Sacha Korn zu sehen, welch­es in Kürze veröf­fentlicht wer­den soll.
Darüber hin­aus spielt auch das Tel­tow­er Tat­too-Stu­dio „Ordo“, betrieben vom langjähri­gen Neon­azi Nick Lajow, eine wichtige Rolle im Bandgeschehen. Lajow, dessen Kör­p­er Hak­enkreuze, wie auch eine SS-Rune und ein Kel­tenkreuz „schmückt“ und der sich gerne mit Schuss­waf­fen präsen­tiert, wirk­te sowohl im Video zum Lied „Feuer“ mit, als auch als Mod­el für Sacha Korns Mer­chan­dise. Lajow, der den Spitz­na­men „Nickinger“ trägt, war Anfang der 1990er Jahre in der Neon­azi-Partei „Nation­al­is­tis­che Front“ organ­isiert, die 1992 ver­boten wurde. [5]

Auch Pots­damer Neon­azis, hier René Fre­itag, Fre­und von Tom Singer, lassen sich bei Lajow tätowieren

Geschäftlich ist Korn, 1975 in Pots­dam geboren, neben sein­er Bandtätigkeit und Chef seines Labels „East-Inter­na­tion­al-Music“ bzw. „Nok­out Music“, auch als „Junior-Chef“ im „Landgasthof Ham­mers“ im Tel­tow­er Ort­steil Ruhls­dorf aktiv. Das Restau­rant und Hotel sind in Besitz und Bewirtschaf­tung sein­er Fam­i­lie. 2015 wurde bekan­nt, dass er sich auch als Land­wirt ver­sucht und in Ruhls­dorf eine Bisonzucht eröff­nen will. [6]
Auf „Berlin recht­saußen“ berichteten Journalist_innen schon ab 2011 über Korn und seine frag­würdi­gen Aktiv­itäten. [7] Den­noch war es der Band immer wieder möglich, sich in Lokalitäten, wie etwa das „Chesters Inn“ in Berlin Kreuzberg im Dezem­ber 2015, ein zu mieten. Organ­isator war dabei der Bre­mer Axel Meese, welch­er den recht­en Ver­sand „Neue Ästhetik“ betreibt. [8] Ein Jahr zuvor fand ein Auftritt in den renom­mierten Hansa-Stu­dios in Berlin-Mitte statt. Korn hat­te dort die CD „Feuer“ aufnehmen kön­nen. Unter den „50 gelade­nen Fre­un­den & Fans“ des Konz­erts befand sich auch Nick Lajow, Udo Sieg­mund und der Neuköll­ner NPD-Poli­tik­er Jan Sturm.

Nick Lajow mit Mer­chan­dise von Sacha Korn

Bere­its 2013 ver­suchte Korn ein Konz­ert im Pots­damer Umland durchzuführen. Die Ver­anstal­tung sollte am 12. Jan­u­ar 2013 im „Rockschup­pen“ in Sed­din stat­tfind­en, wurde zuvor jedoch von der Gemeinde unter­sagt. [9] Im Jahr 2016 kündigte Korn ein Konz­ert in Pots­dam für die erste Jahreshälfte an, später bewarb er für den 25. Juni 2016 ein „Open Air im Süden/Westen von Berlin“.
Jan Michael Keller, Bassist von Sacha Korn, spielte in der Ver­gan­gen­heit mit seinem Neben­pro­jekt „xeX­ex“, eine Met­al-Cov­er-Band, in der auch der Schlagzeuger von Sacha Korn trom­melt, bish­er min­destens fünf Auftritte in Pots­dam oder dem nahen Umland – im Sep­tem­ber 2016 spiel­ten sie im „Vik­to­ria Eck“. Möglicher­weise wur­den so die Kon­tak­te geknüpft, die es nun ermöglichen, dass Korn dort ein Konz­ert gibt. Neon­azis nutzten in der Ver­gan­gen­heit bere­its das Objekt – der NPD-Stadtver­band unter Mar­cel Guse nutzte den Ort, damals „Die Else“ genan­nt, für min­destens einen ihrer Stammtis­che. [10]
Dass es ein Recht­sRock-Konz­ert in Pots­dam geben soll freut selb­stver­ständlich auch die hiesige Neon­aziszene – u.a. hat Dustin Schlem­minger, ein­er der Köpfe hin­ter „Asyl­hütte in Pots­dam? Nein Danke“ und „Freies Pots­dam“, sein Inter­esse bekundet.
[1] Inter­view mit Arne Schim­mer in: „Hier & Jet­zt“ (ab 2005 vom säch­sis­chen Lan­desver­band der „Junge Nation­aldemokrat­en“, ab 2009 vom NPD-nahen „Bil­dungswerk für Heimat und nationale Iden­tität e.V.“ her­aus­gegeben); Alle Zitate, soweit nicht anders angegeben, sind aus diesem Interview
[2] https://www.antifa-berlin.info/news/1318-zapfhahn-88-familienkneipe-mit-nazianhang—pt-2-npd-lichtenberg und https://www.antifa-berlin.info/recherche/144-npd-veranstaltung-in-lichtenberg-15.01.2011; „Fight Back #5 | Neon­azis in Berlin & Bran­den­burg – eine Antifa-Recherche“, April 2013, Seite 14f, 35, 52f; abruf­bar unter https://www.antifa-berlin.info/recherche/229-fight-back-05—april-2013
[3] http://arpu.blogsport.eu/2013/03/13/potsdamer-neonazis-und-die-marke-%e2%80%9efourth-time%e2%80%9c/ und http://arpu.blogsport.eu/2013/03/23/%e2%80%9efourth-time%e2%80%9c-in-der-defensive/; https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/von-spartas-koenig-zur-reichsflugscheibe
[4] https://www.antifa.ch/legion-werwolf-schweiz/
[5] „Hin­ter den Kulis­sen… – Faschis­tis­che Aktiv­itäten in Bran­den­burg“, 1994, Seite 25; abruf­bar unter http://apap.blogsport.eu/files/2014/01/hinter_den_kulissen_nummer_1_jahr_1994.pdf
[6] http://www.pnn.de/pm/973268/ und http://www.pnn.de/pm/973027/
[7] http://www.blog.schattenbericht.de/2011/05/patriotischer-pop-rocker/ und http://www.blog.schattenbericht.de/2012/07/%E2%80%9Ees-soll-deutsch-klingen/
[8] http://www.blog.schattenbericht.de/2015/12/neonazi-konzert-in-kreuzberg-leider-kein-einzelfall/
[9] http://www.pnn.de/pm/713718/ und http://www.pnn.de/pm/714022/
[10] http://arpu.blogsport.eu/2011/02/07/stammtisch_wiesenbaude/ und http://www.pnn.de/potsdam/372850/

Kategorien
Sonstiges

Luckenwalde: III. Weg mobilisierte für Mai-Aufmarsch in Gera

17966298_1066102493489957_2691529037738738100_o
Im Vor­feld eines geplanten Großauf­marsches Anfang Mai 2017 in Gera (Thürin­gen) führte die neon­azis­tis­che Klein­partei „der III. Weg“ im Laufe des Tages mehrere Mobil­isierungsver­anstal­tun­gen im Bun­des­ge­bi­et durch. Schw­er­punk­te dieses so genan­nten „Antikap­i­tal­is­tis­chen Aktion­stages“ waren dabei die Städte Nürn­berg und Neu­markt in der Oberp­falz (Bay­ern).
In Berlin und Bran­den­burg war der III. Weg an min­destens zwei Orten präsent. Am frühen Mor­gen führte die Partei zunächst am Berlin­er Bahn­hof Licht­en­berg eine Ver­samm­lung durch, bevor sich ein Großteil der dort Teil­nehmenden nach Bran­den­burg begab.
In Luck­en­walde (Land­kreis Tel­tow-Fläming) formierte sich der III. Weg dann zu ein­er erneuten Kundge­bung. Daran nah­men unge­fähr 20 Per­so­n­en teil. Die Ver­samm­lung fand in der Salzu­fler Allee gegenüber der Polizei­in­spek­tion Tel­tow-Fläming statt. Es wur­den Flug­blät­ter aus­gelegt sowie ein Ban­ner und mehrere Flaggen und Plakate gezeigt. Auf einem Plakat wurde mit der Über­schrift: „Arbeit adelt“ gewor­ben. Die Parole ist dem Mot­to des nation­al­sozial­is­tis­chen Reich­sar­beits­di­en­stes (RAD, Ver­bot 1945) „Arbeit für Dein Volk adelt Dich selb­st“ entlehnt. Die Kurz­fas­sung: „Arbeit Adelt“ war u.a. auch in Ehren­dolchen dieser ver­bote­nen Organ­i­sa­tion eingraviert.
Ergänzung vom 24. April 2017:
Laut Polizeiangaben gegenüber den Pots­damer Neuesten Nachricht­en soll es am Sam­stag auch noch eine Farbbeutelat­tacke auf die Kundge­bung des III. Weges durch zwei Nazi-Geg­n­er gegeben haben. Anschließend sei es außer­dem zu „Rangeleien“ gekommen.
Fotos der Kundge­bung: hier

Kategorien
(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration Gender & Sexualität

Aufruf zur Prozessbeobachtung: Solidarität mit Erich!

Iuli­ia I. ist ein Trans­Mann aus Ruß­land, er selb­st nen­nt sich Erich. In Ruß­land hat sich Erich in ein­er Vere­ini­gung gegen die Diskri­m­inierung nicht-het­ero­sex­ueller Men­schen engagiert, in sozialen Medi­en ist er noch heute als Admin­is­tra­tor tätig. In seinem Heima­tort wurde er von ein­er Gruppe Män­nern ver­prügelt, an seinem Arbeit­splatz gemobbt und er bekam immer wieder Dro­hun­gen. Ein­mal hat er sog­ar ver­sucht, sich das Leben zu nehmen.
Im Okto­ber ver­gan­genen Jahres kam der Lin­guist nach Deutsch­land und beantragte Asyl. Bere­its wenige Tage später fand die Anhörung beim BAMF in Eisen­hüt­ten­stadt statt. Über die Schwu­len­ber­atung Berlin kam Erich dann zu uns nach Bran­den­burg an der Hav­el. Er befind­et sich in psy­chol­o­gis­ch­er Behand­lung und möchte sehr gern eine Hormontherapie
beginnen.
Im Dezem­ber wurde Erich’s Asy­lantrag abgelehnt. Gemein­sam mit ein­er Berlin­er Anwältin haben Erich und unsere Unter­stützer_in­nen-Gruppe Klage gegen diese Entschei­dung beim Ver­wal­tungs­gericht Pots­dam ein­gere­icht. Die Ver­hand­lung find­et dort am 27. April ab 10.45 Uhr statt. Die Ver­hand­lung ist öffentlich, Erich und wir wüden uns sehr darüber freuen, wenn sich Men­schen für eine (unab­hängige) Prozess­beobach­tung an diesem Tag find­en würden.
Wir kämpfen auf jeden Fall weit­er dafür, dass Erich in Deutsch­land bleiben und sich hier ein neues Leben auf­bauen kann!

Kategorien
Sonstiges

Nauen: Der 20. April und das Problem Rassismus

An ein­er antifaschis­tis­chen Demon­stra­tion in Nauen beteiligten sich am Don­ner­stagabend bis zu 70 Per­so­n­en. Der Aufzug richtete sich u.a. gegen eine jährlich stat­tfind­ende Mah­nwache von Neon­azis zum 20. April. Die neon­azis­tis­che Ver­samm­lung zog wiederum unge­fähr 20 Per­so­n­en. Darüber hin­aus ver­anstal­tete die Nauen­er Zivilge­sellschaft das eben­falls jährlich stat­tfinde Tol­er­anzfest. Diese Ver­samm­lung zählte, nach Angabe der Ver­anstal­tenden, über den Tag verteilt mehrere hun­dert Teil­nehmende. Ein deut­lich­es Sym­bol gegen die neon­azis­tis­chen Aktiv­itäten in der Stadt, doch für Nauen ausreichend?
Antifa-Demo gegen „Opfer­kult“ und „Naziter­ror“

2017-04-20-nauen-antifa-demo-gegen-neonazikundgebung-zum-20-april-1
Antifa-Demo am 20. April 2017 in Nauen

Die antifaschis­tis­che Demon­stra­tion war von ein­er Einzelper­son für das Bünd­nis „Nauen Naz­ifrei“ unter dem Mot­to: „Wo Turn­hallen bren­nen, bren­nen am Ende auch Men­schen – Gegen Opfer­kult und Naziter­ror“ angemeldet wor­den und führte zunächst von der ÖPNV-Hal­testelle „Nauen, Bahn­hof“ über die Damm­straße, die Oranien­burg­er Straße, den Bre­dow­er Weg, die Karl-Thon-Straße bis in die Straße „Zu den Luchber­gen“. Dort fand in Sichtweite ein­er von Neon­azis im Jahr 2015 niederge­bran­nten, inzwis­chen aber wieder im Auf­bau befind­lichen Sport­stätte eine Zwis­chenkundge­bung statt. In einem Rede­beitrag wur­den dabei noch ein­mal an die Eskala­tion der ras­sis­tisch motivierten Aktiv­itäten im Jahr 2015, von der mas­siv­en Störung der Nauen­er Stadtverord­neten­sitzung, über die Aufmärsche im Stadt­ge­bi­et, den Gewal­tak­tio­nen gegen poli­tis­che Geg­n­er bis hin zum Bran­dan­schlag auf die Turn­halle erinnert.
Die Sport­stätte war vor dem Bran­dan­schlag vom Land­kreis Havel­land näm­lich als Notun­terkun­ft für Geflüchtete vorge­se­hen, kon­nte auf­grund des ver­heeren­den Feuers aber nie als solche genutzt wer­den. Durch die ras­sis­tisch motivierte Brand­s­tiftung ent­stand jedoch ein Mil­lio­nen­schaden. Außer­dem erzeugte die Tat ein bun­desweites öffentlich­es Inter­esse und galt als schw­er­ster extrem rechter Anschlag gegen eine Geflüchtete­nun­terkun­ft in den let­zten Jahren. Die Täter­gruppe, darunter ein NPD Stadtverord­neter aus der havel­ländis­chen Kle­in­stadt, wurde inzwis­chen zum Teil zu  hohen Haft­strafen verurteilt. Allerd­ings kon­nten den Beschuldigten nicht alle Straftat­en, die zur Anklage gekom­men waren, zweifels­frei nachgewiesen wer­den. Nicht ein­mal der Anklagepunkt: „Bil­dung ein­er krim­inellen Vere­ini­gung“ hat­te vor Gericht bestand. Ein Makel dem im der antifaschis­tis­chen Demon­stra­tion am Don­ner­stagabend weit­ere Vor­würfe zum Gesamtkom­plex Nauen fol­gten. Eine „echte“ Aufar­beitung der Geschehnisse aus dem Jahr 2015 sei dem­nach näm­lich bish­er in der Stadt­ge­sellschaft aus­ge­blieben und über­haupt kön­nten „Nazis“ hier ungestört weiterleben.
Nach Beendi­gung der Zwis­chenkundge­bung führe die Demon­stra­tionsroute dann über die Berlin­er Straße, am Tol­er­anzfest vor­bei, bis in die Ham­burg­er Straße, in Hör- und Sichtweite der dort vorge­blich zum Jahrestag der Bom­bardierung Nauens angemelde­ten neon­azis­tis­chen Mah­nwache. Dort posi­tion­ierten sich die Demon­stri­eren­den noch ein­mal im Sinne ihres Mot­tos: „Gegen Opfer­kult und Naziter­ror“ gegen das jährliche neon­azis­tis­che Gedenkritual.
Neon­azis­tis­che Mah­nwache zum 20. April
2017-04-20-nauen-antifa-demo-gegen-neonazikundgebung-zum-20-april-18
Inszene­nierung oder ern­sthaftes Gedenken? Neon­azis­tis­che Mah­nwache an einem Tag mit dop­peldeutigem Datum

Die neon­azis­tis­che Kundge­bung fand, wie üblich, in Form ein­er Mah­nwache an einem Weltkriegs-Denkmal in unmit­tel­bar­er Nähe zum städtis­chen Fried­hof in der Ham­burg­er Straße statt. Die Ver­samm­lung war zuvor im Inter­net von den „Freien Kräften Neu­rup­pin-Osthavel­land“ unter dem Mot­to: „Gedenken an die Bombenopfer“ bewor­ben wor­den. Vorder­gründig wurde während der Mah­nwache dementsprechend an die Bom­bardierung Nauens während des Zweit­en Weltkrieges, genauer gesagt am 20. April 1945, erin­nert. Ein niedergelegter Kranz mit der Auf­schrift: „Wir gedenken der Nauen­er Bombenopfer“ deutete eben­falls auf eine schein­bar ern­sthafte Absicht des Gedenkens hin.
Doch der Ver­anstal­tung­ster­min bietet jedoch Raum für Speku­la­tio­nen hin­sichtlich der Dop­peldeutigkeit des Datums. Der 20. April ist näm­lich auch der von Neon­azis gerne zele­bri­erte Geburt­stag Adolf Hitlers, im Szene­jar­gon: „Führerge­burt­stag“. Offizielle Ver­anstal­tun­gen zu diesem Anlass wer­den in der Regel allerd­ings durch die Ver­samm­lungs­be­hör­den ver­boten oder durch die Polizei aufgelöst. Die Ver­samm­lung in Nauen war davon bish­er jedoch noch nie betrof­fen, da dort eben offiziell an die Bom­bardierung der Stadt im Jahr 1945 gedacht wird.
Dass es sich bei den meis­ten Ver­anstal­tungs­be­suchen­den aber um Neon­azis han­delt, dürfte jedoch unbe­strit­ten sein. Die Teil­nehmenden Per­so­n­en, die haupt­säch­lich aus dem Land­kreis Havel­land stammten, vere­inzelt aber auch aus den Land­kreisen Ost­prig­nitz-Rup­pin, Prig­nitz, Ober­hav­el sowie aus der kre­is­freien Stadt Bran­den­burg an der Hav­el anreis­ten, gel­ten als Sym­pa­thisierende der neon­azis­tis­chen „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“ und des mit dieser vere­in­sähn­lichen Struk­tur ver­wobe­nen NPD Stadtver­ban­des Nauen. Die Sym­pa­thie zu diesen Organ­i­sa­tio­nen wurde durch entsprechend gezeigte Ban­ner deutlich.
Die Mah­nwache zum 20. April in Nauen ist im Ver­bre­itungs­ge­bi­et der „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“, trotz weit­er­er his­torisch belegter Bombe­nan­griffe an anderen Tagen und in anderen Orten der Region, auch das einzige­Da­tum, das die Neon­azis kon­tinuier­lich für ihr vorge­blich­es „Gedenken“ an die Opfer der­Bom­bardierun­gen des Zweit­en Weltkrieges,  nutzen.
Tol­er­anzfest gegen Rassismus
In Nauen sel­ber hat es, seit der ersten Mah­nwache der „Freien Kräften Neu­rup­pin – Osthavel­land“ im Jahre 2010, auch seit­ens der Zivilge­sellschaft Bestre­bun­gen gegeben, die Rolle Nauens in der NS Zeit aufzuar­beit­en. Dazu fan­den in den ver­gan­genen Jahren immer wieder his­torische Work­shops und Diskus­sion­srun­den mit Zeitzeu­gen statt, bei denen sowohl der Bombe­nan­griff am 20. April 1945 als auch das frühe SA-Konzen­tra­tionslager im heuti­gen Nauen­er Ort­steil Bör­nicke ein The­ma waren.
Darüber hin­aus ver­anstal­tet der „Human­is­tis­che Frei­denker­bund“ in Zusam­me­nar­beit mit weit­eren zivilge­sellschaftlichen Organ­i­sa­tio­nen seit 2012 auch ein Tol­er­anzfest „für ein friedlich­es und buntes Nauen“. Laut Aufruf für die Ver­anstal­tung am 20. April 2017,die übri­gens unter Schirmherrschaft des Nauenes Bürg­er­meis­ters stand, woll­ten sich die Organ­isieren­den mit dem Fest ins­beson­dere „gegen Gewalt, Ras­sis­mus und Aus­län­der­feindlichkeit“ posi­tion­ieren und gle­ichzeit­ig ein Beispiel für „Lebens­freude und kul­turelle Vielfalt“in der Stadt geben.
So wurde den Gästen des „Tol­er­anzfestes“ nicht nur ein buntes Pot­pour­ri von Infor­ma­tion­sstän­den, Imbis­sange­boten und musikalis­ch­er Begleitung geboten, son­dern den „Freien Kräften Neu­rup­pin- Osthavel­land“ gle­ichzeit­ig auch der Ver­anstal­tung­sort für ihre Mah­nwache genom­men. Ursprünglich, das heißt in den Jahren 2010 und 2011, hat­ten die Neon­azis näm­lich die Garten­straße, also genau die Straße in der seit 2012 das „Tol­er­anzfest“ stat­tfind­et, als Stan­dort für ihre Ver­samm­lung genutzt.
Per­spek­tive Nauen
Die Ver­drän­gung der Neon­azis an den städtis­ch­er Rand durch eine ein­mal im Jahr stat­tfind­ende Ver­anstal­tung kann indes jedoch nicht darüber hin­wegtäuschen, dass die ras­sis­tisch motivierten Aktio­nen des Jahres 2015, in denen die Anschläge der inzwis­chen verurteil­ten Neon­azi­gruppe nur eine kleine Episode darstell­ten, dur­chaus auch ein tiefes Prob­lem in der Nauen­er Gesellschaft aufgezeigt haben. Näm­lich das es jen­seits der Tol­er­anzfeste eben auch nicht wenig Zus­pruch für aus­län­der­feindliche Ressen­ti­ments gibt.
Bei den Ver­samm­lun­gen gegen die damals geplante und inzwis­chen in Betrieb befind­liche Geflüchtete­nun­terkun­ft in Nauen posi­tion­ierten sich beispiel­sweise eben nicht nur bekan­nte Neon­azis aus NPD und „Freien Kräften“, son­dern auch Men­schen aus der ver­meintlichen Mitte der Gesellschaft.
Einen wach­senden Ein­fluss in der havel­ländis­chen Kle­in­stadt hat inzwis­chen auch die recht­spop­ulis­tis­che „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD). Sie kon­nte hier in der jüng­sten Ver­gan­gen­heit bre­ite Schicht­en Wäh­len­der akquiri­eren und bei den let­zten Abstim­mungen Ergeb­nisse im zweis­tel­li­gen Bere­ich erzie­len. Zulet­zt über­raschte die AfD in Nauen am 10. April 2016, als deren Kan­di­dat für die erst­mals direkt durchge­führte Wahl zum havel­ländis­chen Lan­drat mit 24,82 Prozent nicht nur ein beachtlich­es Resul­tat holte, son­dern gle­ichzeit­ig auch den absoluten Spitzw­ert sein­er Partei in ein­er Kom­mune im gesamten Land­kreis Havel­land erzielte. Mit­tler­weile rech­net sich die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ auch gute Chan­cen bei der kom­menden Bürg­er­meis­ter­wahl in Nauen im Sep­tem­ber 2017 aus. Dass die blaue Partei vor Ort bere­its im Jahr 2016 erste Akzente zu lokaler Präsenz und Ein­bindung in den über­re­gionalen Parteiap­pa­rat set­zte, offen­barten größeren Saalver­anstal­tun­gen, an der u.a. auch die momen­tane Bun­desvor­sitzende der AfD und ein EU-Par­la­men­tari­er der recht­spop­ulis­tis­chen „Frei­heitlichen Partei Öster­re­ichs“ (FPÖ) teilnahmen.
Andere Experten, wie beispiel­sweise Dirk Wilk­ing vom Bran­den­bur­gis­chen Insti­tut für Gemein­we­sen­ber­atung – demos, der in Bran­den­burg Kom­munen in der Auseinan­der­set­zung mit der extremen Recht­en berät, sehen das Haupt­prob­lem in der Stadt allerd­ings eher woan­ders. „Das Prob­lem in Nauen sind weniger die Nazis, son­dern dass es lange keine Gegenkräfte gab“, so Wilk­ing jeden­falls gegenüber der Zeitung „Die Welt“ im August 2016. Deut­lich weniger Gegen­demon­stran­ten als bei recht­en Kundge­bun­gen in ver­gle­ich­baren, anderen Städten in Bran­den­burg habe er beobachtet. Zudem machte der Experte für Gemein­we­sen­ber­atung auch die „verkrustete“ Stadt­poli­tik und den noch amtieren­den Bürg­er­meis­ter für Fehler in der Ver­gan­gen­heit ver­ant­wortlich. „Da wur­den die Mit­tel für die Jugen­dar­beit hal­biert und das Prob­lem des Recht­sex­trem­is­mus aus­ge­blendet“, so Wilk­ing gegenüber der „Welt“ weiter.
Fotos: hier
Inforiot