Am vergangenen Mittwochmorgen zwischen 6 und 9 Uhr wurden in Cottbus mehrere Menschen durch Polizei und Ausländerbehörde nach Polen deportiert. Grund der Abschiebung ist die sogenannte Dublin-III-Verordnung. Die 14 Mütter und Kinder waren tschetschenischer Herkunft. Die Deportation wurde durch eine Gruppe von Abschiebungsgegner*innen kritisch begleitet und dokumentiert. Unter ihnen befanden sich Mitglieder der Initiative „Flucht und Migration Cottbus“ (Flumico), welche diesen unmenschlichen Akt verurteilen.
„Wir sorgen uns schon seit einiger Zeit um die Abschiebepraxis gegenüber tschetschenischen Geflüchteten nach Polen. Sie werden meist ohne Rücksicht auf persönliche Bedürfnisse und eine genaue Prüfung deportiert. Zudem sind die Bedingungen, die sie in Polen erwarten haftähnlich und menschenunwürdig.“, so Marina Schramm von Flumico.
Zusammen mit anderen Kritiker*innen des deutschen Asyl- und Abschiebesystems organisierte Flumico für diese Nacht eine „Abschiebebeobachtung“, um die Praxis von Polizei und Ausländerbehörde transparent zu machen. An den Geflüchtetenunterkünften in Ströbitz und Sachsendorf wurden die Abschiebungen per Kamera dokumentiert. Die
Personalien des Filmenden wurden von der Polizei aufgenommen. Die Johanniter, welche sich selbst der humanitären Hilfe verpflichten, stellten das Transportfahrzeug für die Abschiebung. Die Situation wurde von den Beobachter*innen als sehr erschreckend und herzlos wahrgenommen.
Auffällig war, dass es sich bei den Abschiebungen ausschließlich um allein reisende Frauen und deren Kinder handelte. Dazu Schramm weiter: „Dies ist nicht nur ein klarer Fall von staatlichem Rassismus, sondern auch sexistisches Handeln seitens der Cottbuser Ausländerbehörde. Wir vermuten, dass die Behörde bei den Müttern mit weniger Widerstand gerechnet hat, um so die skandalösen Szenen einer Abschiebung von drei tschetschenischen Familien Ende Juni zu vermeiden. Eine weitere Missachtung jeglicher Schutzbedürftigkeit der Betroffenen.“
In einem solchen Handeln zeigt sich das wahre Gesicht der „weltoffenen“ Stadt Cottbus im Umgang mit Geflüchteten, welche sich besonders im Rahmen der Interkulturellen Woche als bunte Stadt präsentiert. Die Politik sollte endlich ihren Handlungsspielraum nutzen! Für eine Stadt ohne Abschiebung!
Tschetschenische Geflüchtete sollten aufgrund staatlicher und frauenspezifischer Verfolgung in ihrem Herkunftsland als Flüchtlinge anerkannt werden. Abschiebungen nach Polen müssen wegen der schlechten Bedingungen und systematischen Mängelfür die dort untergebrachten Geflüchteten ausgesetzt werden. Zudem fordert Flumico eine Stellungnahme der Johanniter in Cottbus, welche sich eigentlich der humanitären Hilfe verpflichtet sehen.
Wir machen wir Sie auf einen Hintergrundtext zu Abschiebungen nach Polen und die besondere Situation von tschetschenischen Flüchtlingen aufmerksam, welchen Sie im Anhang finden. Am 04.10.2016 um 19 Uhr findet zudem eine Veranstaltung zur Situation von Geflüchteten in Polen im Stadtmuseum Cottbus im Rahmen der Interkulturellen Woche statt, zu der wir Sie herzlich einladen.
Monat: September 2016
Wenn Bildung zum Geschäft wird
Die möglichst beste Bildung und Versorgung von Kindern liegt uns allen am Herzen und ist für eine gerechte Gesellschaft eines ihrer erstrebenswertesten Ziele. Es gibt kaum ein anderes Thema, dass so emotional besetzt ist und sich daher so gut zum Stimmenfang eignet. Nur wie sollte dies umgesetzt werden bzw. wie wird dies in unserer gewinnorientierten Gesellschaft bisher umgesetzt?
Das Problem ist die Privatisierung von (frühkindlicher) Bildung und Betreuung von Menschen im Allgemeinen. Die öffentliche Hand gibt in Potsdam ihre Verantwortung in die Hände von privaten Trägern. Diese nennen sich dann z.B. AWO (Arbeiter Wohlfahrt), EJF (evangelisches Jugend- und Fürsorgewerk), Fröbel und Oberlinhaus. Diese Träger führen zwar häufig das kleine g (für gemeinnützig) in ihrem Namen doch bleibt die Frage: in welchem Umfeld agieren sie? Dadurch, dass die Stadt Potsdam ihre öffentlichen Kindergärten dicht machte, wurde ein Markt geschaffen, auf dem es, wie auf jedem anderen Markt, nur um Angebot, Nachfrage und Vormachtstellung geht. Um als einzelner Träger auf diesem Markt aus miteinander konkurrierenden Trägern bestehen zu können, muss dieser mit den gleichen harten Bandagen kämpfen wie jedes andere Unternehmen auch. Und so wie diesen Unternehmen geht es den Trägern der Kitas letztendlich nur um den Gewinn, der am Ende eines Monats übrig bleibt. Denn dieser Gewinn ist die entscheidende Komponente von der abhängt, ob das Unternehmen, egal ob mit oder ohne Gemeinnützigkeit, auf dem Markt erfolgreich handelt und somit in nächster Zukunft weiter handlungsfähig ist. Geld muss also in Marketing, Werbung, Expansion, Verdrängung und so weiter und so fort gesteckt werden. Viel Geld. Aber von wo kommt das Geld? Und viel spannender, wo sollte es eigentlich landen? Ganz klar – beim Kind! Doch um ganz vorne mit zu mischen, brauchen die Träger eine Parallelstruktur um auf diesem Markt zu überleben. Diese Parallelstruktur frisst weit mehr Geld als die paar jämmerlichen Euro, die dafür im offiziellen Etat vorgesehen sind.
Und so werden Posten geschaffen und finanziert, die nichts mit frühkindlicher Bildung zu tun haben und dieser auch nicht nutzen. Sie nutzen ausschließlich dem Unternehmen und dessen Bestrebungen, sich auf dem Markt eine Vorrangstellung zu sichern. Der Stadt Potsdam ist dies durchaus bewusst. Doch auch sie verfolgt Interessen, die am Menschen vorbeigehen. Möglichst geringe Kosten für möglichst wenig Aufwand. Solange sich niemand beschwert und aufmuckt oder das ganze System ins Stocken gerät. Dauerhafte Unterfinanzierung kann nun einmal keine hervorragende Dienstleistung hervorbringen. So wird auch gern mal ein Auge zugedrückt, wenn die eigenen Vorschriften nicht umgesetzt werden. Das Problem ist uns allen aus unseren eigenen Erfahrungen oder aus Erzählungen bekannt. Sei es vom Nachbarn, der als Pfleger im Krankenhaus alleine auf zwei Stationen arbeitet, die Lebensgefährtin, die in der Kita zehn Krippenkinder allein betreut, oder die Freundin, die für acht schwerst traumatisierte junge Menschen gleichzeitig da sein muss. Egal ob in der Kita, im Krankenhaus oder im Betreuten Wohnen, das grundlegende System ist überall identisch und nennt sich: Kapitalismus.
Es ist ein guter, richtiger und wichtiger Schritt, einen besseren Betreuungsschlüssel für das eigene Kind zu fordern. Bei dieser Forderung sollte der Protest allerdings nicht aufhören:
Lasst uns gemeinsam für ein solidarisches und gerechtes Bildungs- und Betreuungssystem kämpfen!?
Für das gute Leben für ALLE!
INFORIOT Vom 16. bis 18. September soll in Fürstenberg/Havel das erste sog. “Friedensfest am See” stattfinden. Es handelt sich dabei um eine mehrtägige Veranstaltung um das Release-Konzert des Duisburger Querfront-Hiphop-Duos „Die Bandbreite“. Auch weitere Figuren und Musiker_innen der Querfront- und “Truther”-Szene sowie “Chemtrail-Gegner_innen” sollen in Fürstenberg auftreten. Das Fest wird durch „Lärmquelle Records“ organisiert — einem Musiklabel, welches vom „Bandbreite“-Sänger und Songwriter Marcel „Wojna“ Wojnarowicz gegründet wurde.
Auf einem Campingplatz in Fürstenberg/Havel soll das Spektakel statt finden. Dabei legen die Organisator_innen großen Wert darauf, dass der Festort möglichst lange unbekannt bleiben soll. Es liegt eine Anmeldung für den Campingplatz in Zootzen vor. Die genauen Koordinaten werden an die Ticketbesitzer_innen einen Tag vor Beginn des Friedensfestes per E‑Mail zugesendet. Die Teilnehmer_innenzahl ist auf 200 begrenzt.
Braune Inhalte hinter linkem Etikett
Auf dem Fest soll das neue Album der „Bandbreite“ , die den kontroversen Namen „Der letzte Linke“ trägt, freigegeben werden. Die Band verortet sich selbst, trotz ihrer verschwörungsideologischen, teils antisemitischen Texte und Lobgesängen auf Deutschland im linken Lager. 2010 lobte die NPD die Band als eine „eine volkssozialistische Musikgruppe“, ihre Lieder werden regelmäßig auf verschiedensten rechten Veranstaltungen gespielt. Die „Bandbreite“ unterstützt aktiv die sog. „Friedensmahnwachen“ und ist Teil der „Truther-Bewegung“. Die sog. „Truther“ glauben, dass sie von Regierung, Behörden und Massenmedien systematisch und bewusst fehlinformiert und belogen werden. Die Band ist bekannt für ihre verschwörungsideologischen, anti-amerikanischen und antisemitischen Inhalte, die sie als „Wahrheit“ deklarieren. So behauptet „Die Bandbreite“ etwa im Song „Selbst gemacht“, dass die USA selbst hinter den Anschlägen vom 11. September steckten würden.
Mit ihren Inhalten dockt „Die Bandbreite“ beim extrem rechten Spektrum an. In der Vergangenheit trat die Band in der „Anti Zensur Koalitionen“ (AZK) des evangelikalen Sektengründers Ivo Sasek auf. In seinen AZK-Veranstaltungen bietet Sasek regelmäßig Holocaustleugner_innen und Geschichtsrevisionst_innen eine Bühne. Im Februar des vergangenen Jahres trat „Die Bandbreite“ u.a. bei einer Demonstration der Gruppierung „Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas“, kurz „EnDgAmE“, in Halle auf. Auch auf weiteren Veranstaltungen der Gruppierung war “Die Brandbreite” ein gern gesehener Gast. „EnDgAmE“ ist eine extrem rechte Gruppierung, die aus einer Abspaltung von „PEGIDA“ entstand. Inhaltlich geht „EnDgAmE“ sogar noch weiter. In einem Posting vom Juni 2015 schrieb die Gruppierung, dass der russische Präsident Wladimir Putin ein würdiger „Führer“ sei, der was gegen die USA, die als das Imperium der „jüdischen Lobby“ bzw. „USrael“ bezeichnet werden, macht.
Eine Bandbreite an Absurdität
Neben der “Bandbreite” treten auf dem Friedensfest weitere Musiker und Persönlichkeiten der sog. „Friedensbewegung“ auf. Als Support-Act haben sich die Duisburger Rapper aus der „Truther“-Szene eingeladen, darunter der Österreicher Kilez More sowie Photon und weitere fünf schillernde Rap-Gruppen. Weitaus prominenter besetzt ist die Podiumsdiskussion bzw. die Redebeiträge, die laut Ablauf am Samstagabend stattfinden sollen. Die Bandbreite an Absurdität ist besetzt durch:
- Christoph Hörstel: wichtiger Verschwörungsideologe und Bundesvorsitzender der Partei „Deutsche Mitte“, die ihren Sitz in Nauen hat. Die „Deutsche Mitte“ ist das Nachfolgeprojekt Hörstels. Bereits unter den Namen „Neue Mitte“ trat Hörstel 2013 in Potsdam für den Bundestag an. Er erhielt 0,4% der Stimmen.
- Lars Mährholz: Initiator der Montagsmahnwachen/„Mahnwachen für Frieden“, die seit März 2014 meist Montags in Deutschland, Österreich und der Schweiz stattfanden. Mährholz lud in der Vergangenheit verschiedenste Redner_innen zu den Demonstrationen und Mahnwachen ein. Das Spektrum reichte von Personen wie Jürgen Elsässer, Ken Jebsen, Verschwörungsideologen wie Andreas Popp bis hin zu Politikern der NPD. Inhaltlich wiesen die sog. „Friedensmahnwachen“ starke antisemitische, anti-amerikanische und verschwörungstheoretische Tendenzen auf.
- Rico Albrecht: Mitglied der “Wissensmanufaktur” („Institut für Wirtschaftforschung und Gesellschaftspolitik“). Bei der “Wissensmanufaktur” handelt es sich um ein internetbasiertes Projekt des Verschwörungsideologen, “Chemtrail-Gegner” und Reichsbürger Andreas Popp. Ein weiteres prominentes Mitglied der “Wissensmanufaktur” ist Eva Herman. Eva Herman ist bekannt für ihre anti-emazipatorischen und rechts-konservativen Ansichten. Von 2010 bis 2011 war sie „Nachrichtensprecherein“ beim Kopp-Verlag, der sich auf die Publikationen mit dem Schwerpunkt Verschwörungstheorien, braune Esoterik und pseudomedizinische Themen spezialisiert hat.
- Owe Schattauer: Mitinitiator der Friedensfahrt Berlin-Moskau im August 2016. [1] Auf Mahnwachen tritt er auf mit dem Beinahmen „Die Stimme des Zorns“, als Musiker unter dem Namen „C‑Rebell“ auf und versucht sich wie die „Die Bandbreite“ im Sprechgesang. Im Oktober 2014 moderierte er die Friedensdemo in Karlsruhe, auf der neben Ken Jebsen die bekannte Antisemitin Evelyn Hecht-Galinski auftraten. [2]
- Lucas Puchalski: Ist für den Vertrieb des Magazins „Free21“ [3] verantwortlich. „Free21“ bezeichnet sich selbst als eine Plattform für „nicht embeddeten, crowdfinanziertem Journalismus“. Die als PDF erhältlichen Beiträge werden vierteljährlich zu einem Heft gedruckt und behandeln die klassischen Themen der „Truther-Bewegung“, wie aktuell die Verschwörungstheorien um 9/11. Auf der Plattform wurde die Friedensfahrt Berlin-Moskau ausführlich dokumentiert.
Prominente Moderation aus dem extrem rechten Spektrum
Für die Moderation der Podiumsdiskussion haben sich die Organisator_innen den Publizisten und Rechts-Aktivisten Michael Vogt eingeladen. Vogt ist Gesellschafter des Schild-Verlags aus Elblingen, der hauptsächlich Publikationen in den Bereichen Verschwörungstheorien, Esoterik und Impfkritik herausbringt. Zudem betreibt er einen eigenen Internet-Sender: Das „Quer-Denken.TV“ gilt als Organ der „Truther-Bewegung“.
Für verschiedene Auftraggeber, darunter N‑TV und ProSieben produzierte er, neben belangloser Wellness- und Ernährungsdokus, umstrittene Dokumentarfilme. Gemeinsam mit dem Neonazi Olaf Rose war er an der Produktion des geschichtsrevisionistischen Dokumentarfilms „Geheimakte Heß“ beteiligt. In dem Film wird der Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess zum „Friedensflieger“ verklärt, der auf einer angeblichen „Friedensmission“ des „Dritten Reiches“ befand. Zudem wird sein Selbstmord im Kriegsverbrechergefängnis in Spandau angezweifelt – eine These, die hauptsächlich im neonazistischen Spektrum aufgegriffen wird. Dabei berief sich der Film auf den Ausführungen des dubiosen Autoren Martin Ellen, dessen Publikationen maßgeblich dafür bekannt sind, auf gefälschten Dokumenten zu beruhen. Sein Co-Produzent Olaf Rose ist zu dem kein Unbekannter. Er arbeitet seit 2007 bei der NPD und ist seit 2009 Stadtrat für die Neonazipartei im sächsischen Pirna. Seit 2015 ist Olaf Rose Bundesvorstandsmitglied der NPD, wo er bereits zwischen 2008 und 2009 tätig war. 2012 nominierte die NPD Rose für die Wahl des deutschen Bundespräsidenten.
2012 initiierte Vogt u.a. das Projekt „Aufbruch Gelb-Rot-Schwarz“ (GRS). Das Projekt hatte sich zum Ziel gesetzt Gruppierungen, wie etwa die Rechtsbürger_innen zu vereinen, die die Existenz, Souveränität und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland bestreiten. Im selben Jahr publizierte er in den Burschenschaftlichen Blättern ein Manifest „Weg in die Freiheit — Deutschlands Aufbruch 2012“. U.a. beschrieb er dort die völkische Definition der Zugehörigkeit zum deutschen Volk: „‘Nach deutschem und burschenschaftlichem Verständnis’ bemesse sich die Eigenschaft ‘Deutscher’ nach den Kriterien ‘Abstammung und Kultur’“.
[1] hxxp://www.free21.org/friedensfahrt-berlin-moskau/
[2] hxxps://friedensbewegung-halle.de/2014/10/28/xxl-friedensmahnwache-in-karlsruhe-am-25–10-2014/
[3] hxxps://clausstille.com/2015/08/10/free21-das-magazin-laeuft-eine-begegnung-mit-chefredakteur-tommy-hansen/
Bei seiner zweiten Sitzung am Freitag, dem 9. September 2016, tagte der NSU-Untersuchungsausschuss im brandenburgischen Landtag zum ersten Mal öffentlich. Gehört wurden zwei Sachverständige. Die Professoren referierten über die Sicherheitsarchitektur und die Rechte und Pflichten von Sicherheitsbehörden in Brandenburg. Im Land gibt es erheblichen Nachholbedarf, was die demokratische Kontrolle der Geheimdienste und die klare Gestaltung ihrer Befugnisse angeht. Zur Praxis der Verfassungsschutzarbeit konnten die Sachverständigen keine Auskunft geben. Die Sitzung fand am Jahrestag des ersten tödlichen NSU-Anschlags gegen Enver ?im?ek vom 9. September 2000 in Nürnberg statt.
Vortrag von Prof. Alleweldt
Zuerst wurde Prof. Dr. Ralf Alleweldt gehört. Der 55-jährige lehrt Verfassungs- und Europarecht an der Fachhochschule der Polizei in Oranienburg. Alle seine bezogen sich auf die rechtlichen Grundlagen, nicht die tatsächlich umgesetzte Praxis.
Aufgabe des Verfassungsschutzes sei es, Informationen über sicherheitsgefährdende politische Bestrebungen zu sammeln – dies beinhaltet, geht aber auch über strafrechtliche Aktivitäten hinaus. Die Polizei sei für die Strafverfolgung und für die Verhinderung von Straftaten zuständig. Der Verfassungsschutz sei also „Sammler, kein Jäger“. Zur Frage, ob der Verfassungsschutz Informationen über bevorstehende oder begangene Straftaten an die Polizei weiterleiten darf oder muss, stünden im verfassungsrechtlichen Rahmen zwei Prinzipien in Konkurrenz. Das informationelle Trennungsprinzip hält fest, dass Polizei und Verfassungsschutz unterschiedliche Aufgaben haben und deshalb getrennt zu agieren haben. Der Verfassungsschutz sammle frei und mit niedriger Schwelle sensible Daten – die zur Grundrechtssicherung nicht ohne weiteres bei der Polizei landen dürften. Dagegen steht das Prinzip der grundrechtlichen Schutzpflichten: Der Staat sei verpflichtet, die körperliche Unversehrtheit und das Leben seiner Bürger zu schützen. „Quellenschutz“ für V‑Leute sei ein legitimes Anliegen, er dürfe aber kein absolutes Gewicht haben. Spätestens wenn es um Lebensrettung gehe, habe der Quellenschutz zurück zustehen.
Alleweldt schlägt vor, dass die Weitergabe von Informationen durch den Verfassungsschutz nicht mehr im Ermessen der Behörden liegen solle – das Ermessen könnte „auf Null“ reduziert werden.
Vortrag von Prof. Wolff
Nach einem kurzen nicht-öffentlichen Teil der Sitzung folgte der Vortrag von Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff. Der 51-jährige lehrt öffentliches Recht an der Universität Bayreuth. Er war schon in drei anderen NSU-Untersuchungsausschüssen als Sachverständiger geladen und vertritt den BND und den Verfassungsschutz, wenn diese von TKÜ-Betroffenen verklagt werden. Auch Wolff betonte die Trennung der Aufgabenbereiche von Polizei und Verfassungsschutz. Brandenburg würde in Bezug auf die parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes nicht im Bundestrend liegen: „Sie hängen hier ein bisschen hinterher“. Der Verfassungsschutz in Brandenburg sei – in der Theorie – so konstruiert, dass er vor allem Informationen beschaffen solle und weniger operative Befugnisse habe.
Empfehlungen Wolffs beinhalten eine Aktualisierung des brandenburgischen Verfassungsschutzgesetzes. Insbesondere stark eingreifende operative Mittel – z.B. langfristige Observationen oder der langfristige Einsatz von V‑Leuten – müssen klar geregelt werden. Laut Wolff müssen die Befugnisse des parlamentarischen Kontrollgremiums dringend ausgeweitet werden.
Fragerunden
Nach einer Mittagspause stellten die Untersuchungsausschussmitglieder, in drei Fragerunden, Fragen an die Sachverständigen. Vor allem Grünen-Abgeordnete Ursula Nonnemacher fiel mit vielen Fragen auf versuchte dabei offenbar auszuloten, wie die rechtlichen Möglichkeiten für eine Übertragung der Verfassungsschutzaufgaben an die Polizei wären.
Volkmar Schöneburg (Linke) fragte zu §138 des Strafgesetzbuches und dessen Verhältnis zum Quellenschutz. Auf die Frage, ob Anzeigepflicht auch bei Straftaten, z.B. schwerer Raub, gilt antwortete Alleweldt , dass bei einem schweren Raub die Grundrechte von Personen stark angegriffen wären, die Schutzpflicht des Staates also greifen würde und somit eine Anzeigenpflicht bestünde. Wolff widersprach – als Behördenmitarbeiter sei man verpflichtet, Informationen den internen Regelungen gemäß weiterzuverarbeiten und weiterzugeben. Wenn dadurch zum Beispiel ein schwerer Raub nicht verhindert werde, seien die Informationsweitergabe-Regeln grundrechtswidrig, nicht aber das Verhalten des fraglichen Mitarbeiters.
Ursula Nonnemacher (Grüne) fragte nach dem sehr weitgehenden Polizeigesetz in Brandenburg, dass den Einsatz von V‑Leuten, verdeckte Ermittlungen und vieles mehr erlaube. Sie fragt, ob der Verfassungsschutz über andere Instrumente verfüge. Alleweldt antwortet, dass der Hauptunterschied in der Aufgabenkontur liege: Die Einsatzschwelle für den Verfassungsschutz sei niedriger als bei der Polizei – die Mittel jedoch fast identisch. Nonnemacher fragte weiter, ob die Instrumente des Verfassungsschutzes auf den polizeilichen Staatsschutz übertragen werden könnten, was der Staatsschutz bräuchte, um den Verfassungsschutz ersetzen zu können. Alleweldt antwortet, dass der Staatsschutz die meisten dieser Befugnisse schon habe – aber eben ein anderes Aufgabenprofil.
Nonnemacher fragte nach §16 des Brandenburger Verfassungsschutzgesetzes, der bei der Übermittlung von Informationen dem Verfassungsschutz einen Ermessensspielraum zubilligt und wie dieser besser kontrolliert werden könne. Laut Alleweldt habe der Gesetzgeber diesen Ermessensspielraum selbst zugebilligt. Das Gesetz könne geändert werden, wenn seitens des Gesetzgebers Änderungsbedarf besteht. Alleweldt geht davon aus, dass der Verfassungsschutz ein internes Regelwerk zur Ermessensauslegung habe.
Nonnemacher fragte, ob bei Erkenntnissen eines V‑Mannes – konkret Piatto – über Waffen und Überfälle nicht ein öffentliches Interesse vorgelegen haben müsste. Für Alleweldt ist das Kriterium der Erheblichkeit dabei erfüllt, ein Ermessensspielraum dennoch gegeben. Bei Waffen könne man unterstellen, das Leben gefährdet sein könnten, was eine Informationsweitergabe begründen könne. Ob solch eine Entscheidung zwingend gewesen wäre, könne er nicht beurteilen. Wolff wird konkreter „wenn es so war, wie sie berichten, dann hätte eine Übermittlungspflicht bestanden.“
Zu den Sitzungsthemen ist jüngst auch ein Gutachten des parlamentarischen Beratungsdienstes erschienen. Darin wird kritisiert, dass Brandenburg in Hinblick auf eine „Modernisierung der gesetzlichen Grundlagen des Verfassungsschutzes“ und seiner „parlamentarischen Kontrolle“ im bundesweiten Vergleich schlecht abschneidet. https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/gu/22.pdf
Die nächste Sitzung findet am 14. Oktober 2016 statt.
155 verletzte Fans, Dutzende Traumatisierte – die Geschehnisse am Ende des jüngsten Pokalfinales in Luckenwalde sind bei vielen Anhängern des SV Babelsberg 03 unvergesslich. Ihr Team erzielte wunderschöne Tore und gewann mit 3:1 gegen den FSV 63 Luckenwalde. Damit zog der Verein erstmals nach fünf Jahren wieder in den DFB-Pokal ein. Doch die Fans erinnern sich an diesen Tag vor allem, weil behelmte, größtenteils vermummte und teilweise ungekennzeichnete Polizisten ihre fröhliche Feier zerstörten. Sie setzten massiv Pfefferspray ein, traten und schlugen auf Fans ein. Mit der heutigen Vorlage eines umfassenden Dossiers zu diesem „Polizeieinsatz“ fordern Fanvertreter endlich die Aufklärung und Konsequenzen aus der exzessiven Gewalt der Beamten am 28. Mai 2016.
„Wir warten bis heute auf die umfassende Aufarbeitung der Vorkommnisse“, sagt Max Hennig, Mitglied im Fanbeirat des SV Babelsberg 03. „Vor allem die Betroffenen, die vielen verletzten und traumatisierten Nulldrei-Fans haben ein Recht darauf, endlich wahrgenommen zu werden“, erklärt Hennig weiter. „Sie wollen, dass den falschen Zahlen und Unwahrheiten über sie, die seit Monaten von der Polizei und dem Innenministerium verbreitet werden, endlich widersprochen wird“, betont Hennig. Deshalb habe sich der Fanbeirat, ein aus der Fanszene gewähltes Gremium, entschieden zusammen mit dem Netzwerk zur Unterstützung repressionsbetroffener Nulldreier*innen (nur03*) ein Dossier zu den Ereignissen zu erstellen.
„Da die Behörden sich seit Monaten weigern die unverhältnismäßige Eskalation und die exzessive Gewalt gegen Babelsberg-Fans aufzuarbeiten, sind wir aktiv geworden“, ergänzt Hannes Ulk von nur03*. Dazu wurden Fotos sowie Videos gesichtet und mit Augenzeugen gesprochen. „Es hat sehr viel Kraft gekostet, dieses Material zu ordnen und in eine nachvollziehbare Form zu bringen. Viele von uns waren selbst Betroffene. Deshalb ist es uns nicht leicht gefallen, das Erlebte durch die Geschichten der Betroffenen und Augenzeugen immer wieder neu durchzumachen. Aber wir wollten die Aufarbeitung aus der Perspektive der Betroffenen ermöglichen und mit diesem Dossier eine umfassende Dokumentation zu den Ereignissen in Luckenwalde vorlegen“, erläutert Ulk die Arbeit. Die Initiative nur03* beobachtet bei jedem Spiel des SV Babelsberg 03 das Verhalten und die Maßnahmen der Polizei.
Die vorliegende Chronologie der Ereignisse formuliert auch Forderungen an die Polizei, das Innenministerium des Landes Brandenburg beziehungsweise den Innenminister Karl-Heinz Schröter, den Fußball-Landesverband Brandenburg (FLB) sowie die Vereine SV Babelsberg 03 und FSV 63 Luckenwalde. „Wir verlangen, dass die Ereignisse in Luckenwalde umfassend aufgearbeitet werden und es Konsequenzen für die Einsatzleitung und die gewalttätigen Polizeibeamten gibt. Darüber hinaus erwarten wir eine Entschuldigung der Polizei bei den Betroffenen und die Klarstellung der wahrheitswidrigen Behauptungen“, so Hennig. „Wir fordern ebenso die strikte Einhaltung der bestehenden Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte. Reizgas darf nicht länger im Stadion oder in anderen großen Menschenmengen eingesetzt werden. Zudem muss endlich eine externe Vertrauensstelle für Beschwerden gegen polizeiliches Handeln eingerichtet werden“, ergänzt Ulk.
Das Dossier kann Online hier nachgelesen werden: http://nur03.de/dossier-luckenwalde
Der Download als pdf-Dokument ist hier möglich: http://nur03.de/…/09/Polizeigewalt_in_Luckenwalde_Online.pdf
Eine Videozusammenschnitt der Polizeigewalt ist hier zu finden: http://vimeo.com/182357671
Für Anfragen wenden Sie sich bitte an den Fanbeirat Babelsberg unter fanbeirat_babelsberg [ät] arcor [punkt] de oder an das Netzwerk zur Unterstützung repressionsbetroffener Nulldreier*innen (nur03*) unter info [ät] nur03 [punkt] de.
Seit spätestens 2014 ist Tony Schmidt in der organisierten neonazistischen Szene im Potsdamer Umland aktiv.
Er ist sowohl den völkischen Neonazis der Potsdamer Gruppierung „Licht und Schatten“, Nachfolgestruktur von „Freie Kräfte Potsdam“ (FKP) und „Infoportal Potsdam“ bzw. „Junge Nationaldemokraten“ (JN), als auch der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ zuzurechnen.
Beide, z.T. deckungsgleichen, Strukturen eint eine sich eng am Nationalsozialismus orientierte ideologische Sicht auf Politik und Gesellschaft. Dabei versteht sich insbesondere der „Der III. Weg“ als elitäre Kaderorganisation.
Beruflich ist Tony Schmidt in einem Callcenter im Potsdamer Stadtteil Zentrum-Ost tätig.
Kundgebungen und Demonstrationen – ein klassisches neonazistisches Agitations- und Betätigungsfeld
Erstmals für die Öffentlichkeit wahrnehmbar war Schmidt am 25. Oktober 2014 auf einer Kundgebung der organisierten Neonaziszene in Brandenburg (Havel). [1]
Bereits einige Tage bevor diese Versammlung über die Homepage von „Licht und Schatten“ beworben wurde, warb Schmidt über seine private Facebook-Seite für die Veranstaltung. Er war also in die Vorbereitungen der Aktion eingebunden. Zusammen mit, dem zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in Werder wohnhaften, Tim Borowski reiste Schmidt gemeinsam mit weiteren Neonazis, vom Bahnhof Werder aus kommend, mit dem Zug nach Brandenburg (Havel). Mit dabei waren unter anderem Martin Klahr, Christian Helmstedt, Olaf Ernst, Daniel Hintze, Lukas Franz und der mittlerweile inhaftierte NPD-Kader Maik Schneider. Neben dem Hauptorganisator und ‑redner Maik Eminger sprachen auch Pierre Dornbrach, Vorsitzender der brandenburgischen JN, sowie ein Vertreter von „Der III. Weg“ und der Landesvorsitzende der Berliner NPD Sebastian Schmidtke.
Die Kundgebung mit etwa 80 Teilnehmer_innen auf dem Marktplatz wurde von der „Gefangenenhilfe“ organisiert, angemeldet wurde sie jedoch vom Kreisverband Havel-Nuthe der NPD. Die „Gefangenenhilfe“ gilt als Nachfolgestruktur der 2011 verbotenen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG), auch, wenn dies durch die Verantwortlichen abgestritten wird. Auffällig war, dass sich ausschließlich Potsdamer Neonazis, auch Tony Schmidt, und ein Vertreter von „Der III. Weg“ mit T‑Shirts der „Gefangenenhilfe“ präsentierten – diese waren offenbar als Hauptorganisator_innen der Veranstaltung aktiv.
Tony Schmidt forderte am Ende der Veranstaltung u.a. mit dem Redner Maik Eminger und allen restlichen Versammlungsteilnehmer_innen mit gestreckter rechter Faust den „Nationalen Sozialismus“.
Am 6. Dezember 2014 war Tony Schmidt dann, zusammen mit u.a. Tim Borowski und Philipp Hinzmann, in Wittstock an zu treffen. Dort veranstaltete die örtliche Neonaziszene am Abend einen Fackelmarsch, der sich gegen Geflüchtete und das Recht auf Asyl richtete. [2] Schmidt trug dabei das Transparent der Initiative „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“. Dieser Zusammenschluss gilt als überregional ausgerichtetes Projekt von „Licht und Schatten“ und anderen neonazistischen Akteur_innen unter der Führung von Maik Eminger.
Auf einem Neonaziaufmarsch von „Der III. Weg“ am 21. Februar 2015 in Eisenhüttenstadt, angemeldet und organisiert von Maik Eminger, war Tony Schmidt zudem als Ordner aktiv. Das zeigt, dass er spätestens ab Februar 2015 nicht nur „Mitläufer“ bzw. Teilnehmer bei „Der III. Weg“ ist, sondern aktiv Aktionen mit vorbereitet und begleitet.
An der Demonstration beteiligten sich außerdem die Neonazis Olaf Ernst (mit Ludwigsfelde-„Gaufahne“), Tobias Markgraf (mit Transparent von „Der III. Weg“), Tim Borowski und Philipp Hinzmann (beide mit Fahne von „Der III. Weg“) sowie Gabor Grett (mit „Gaufahne“).
Auch am 1. August 2015 beteiligte sich Tony Schmidt in Zossen und Damsdorf an kleineren Kundgebungen, die von „Der III. Weg“ organisiert wurden und sich gegen lokale Bauvorhaben für Geflüchtetenunterkünfte richteten. [3] Zu den rassistischen Hetzveranstaltungen kamen auch hier neben Tony Schmidt der Neonazikader Maik Eminger, Gabor Grett, Maik Schneider, Martin Klahr sowie der RechtsRocker Patrick Danz.
Am 17. Januar 2016 nahm Schmidt an einem Neonaziaufmarsch in Genthin teil. Er und Tim Borowski, Philipp Hinzmann, Patrick Danz und Martin Klahr sowie weitere Kader von „Der III. Weg“ dominierten mit ihrer Infrastruktur und ihren Beiträgen die Demonstration. [4] Auch der Neonazi Graziani, der sich zuletzt mit dem Versuch der Wiederbelebung des gescheiterten rassistischen Demonstrationsprojekt „Pogida“ versuchte, war in Genthin vor Ort und trat als Redner auf. In Potsdam nannte er sich zuletzt Eric Graziani Grünwald – Anfang des Jahres jedoch Sebastiano Graziani. [5]
Neben weiteren Kundgebungen und Demonstrationen beteiligte sich Schmidt zuletzt am 3. September 2016 an einer neonazistischen Demonstration in Frankfurt/Oder. Offiziell von der rassistischen Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ initiiert, wurde die Versammlung jedoch tatsächlich durch die neonazistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ organisiert. Neonazis der Partei waren dabei maßgeblich am Ablauf beteiligt. Der Frontblock wurde durch Anhänger_innen von „Der III. Weg“ gebildet, die einzigen Redner_innen waren ebenso Neonazis der Partei. Tony Schmidt war als Ordner für den Schutz des Lautsprecherwagens verantwortlich. [6]
Aktionismus für „Der III. Weg“
Für „Der III. Weg“ ist Tony Schmidt ebenfalls abseits von Versammlungen aktiv. Er nimmt an geschlossenen Veranstaltungen der Partei teil und beteiligt sich an Flugblatt-Verteilaktionen. Anfang März 2016 verteilte er und weitere Neonazis von „Der III. Weg“ rassistische Flugblätter in Werder (Havel). Mit diesen richten sie sich gegen eine geplante Unterkunft für Geflüchtete in der Stadt. Im dazugehörigen Bericht auf ihrer Website beweisen sie eine eklatante Bildungsresistenz und äußern sich unverhohlen rassistisch, wenn sie von „volks- und artfremden“ Menschen sprechen – Tony Schmidt teilt dieses Weltbild.
Auch an internen (Bildungs-)Veranstaltungen von „Der III. Weg“ beteiligt sich Schmidt regelmäßig. Beispielsweise war er und weitere Potsdamer Neonazis, u.a. Tim Borowski, Teilnehmer an der internen Gründungsveranstaltung des „Gebietsverband ‚Mitte’“ am 9. Januar 2016 in Berlin. Dieser soll als organisatorische Dachstruktur für die „Stützpunkte“ der Partei in den Bundesländern Brandenburg, Berlin, Sachsen, Sachsen-Anhalt, und Thüringen dienen.
Feste Verankerung in der neonazistischen Szene – auch privat
Tony Schmidt ist nicht nur auf Kundgebung und Demonstrationen der extremen Rechten aktiv.
Auch im Alltag lebt er seine neonazistische Gedankenwelt aus. Er trägt T‑Shirts mit rassistischen und neonazistischen Inhalten, er entfernt Aufkleber mit antirassistischen und antifaschistischen Slogans und ist in einem stramm neonazistischen Szenekreis verankert.
Er ist befreundet mit langjährig aktiven Neonazis aus Potsdam und Umgebung. Dazu zählen u.a. Gabor Grett, Christian Helmstedt, Martin Klahr, Christian Bushardt, Olaf Ernst und Tim Borowski. Außerdem unterhält er Kontakte zum Neonazi Andre Hartmann, der noch immer für den Fußballverein „Fortuna Babelsberg“ tätig ist. Ebenfalls im sportlichen Bereich befreundet ist Schmidt mit dem Neonazi Lukas Franz, der für „SG Töplitz 1922 e.V“ Fußball spielte. [8]
Sportliches Interesse hegt Tony Schmidt für Paintball und die, zum Teil, neonazistischen Hooligans des BFC Dynamo, Lokomotive Leipzig sowie Lazio Rom. Darüber hinaus bekennt er sich offen zu rassistischen und neonazistischen Initiativen wie „Werder wach auf“ oder „Asylhütte in Potsdam? Nein Danke“. Vertriebe neonazistischer Kleidung, „Thorshop“ oder „Ansgar Aryan“, und RechtsRock, „PC-Records“, gehören ebenso zu Schmidts Interesse wie natürlich seine Partei „Der III. Weg“. Die Ausprägungen seines Weltbildes fasst er selbst mit einem „Like“ bei „N.S. Jetzt“ treffend zusammen.
Tony Schmidt ist ein aktiver Neonazi, der rassistische und völkische Ideologien nicht nur im Privaten teilt, sondern auch auf die Straße trägt. Er ist Teil einer Partei, die bewusst faschistische Symbolik verwendet und eine offensichtliche inhaltliche Nähe zur NSDAP sucht. Der Leiter des „Stützpunk“ von „Der III. Weg“ Maik Eminger, dem Schmidt folgt, ist dem Unterstützer_innen-Netzwerk des NSU zuzurechnen.
Es stellt sich nun die Frage, ob und wie Tony Schmidt die Widersprüche, die sich mit seinem Weltbild zwangsläufig auftun, im Alltag auflöst. Legt er im Callcenter auf, wenn, in seinen Augen, nicht-Deutsche anrufen? Wie geht er mit, in seinen Augen, nicht-Deutschen Kolleg_innen um? Welchen Zugang zu Daten hat er und wie sind Menschen, die den Callcenter-Service nutzen und nicht in das menschenverachtende Weltbild Schmidts passen, davor geschützt, dass dieser persönliche Informationen ausspäht?
So oder so, ist die Firma, in der er angestellt ist, gut damit beraten den Neonazi und Rassisten Tony Schmidt vor die Tür zu setzen – auf dass er in Zukunft nur noch mit seinen Neonazifreund_innen telefoniert.
[1] https://inforiot.de/80-neonazis-jammern-in-brandenburghavel/ und http://apap.blogsport.eu/2015/01/chronik-neonazistischer-und-menschenverachtender-aktivitaeten-in-potsdam-und-umgebung-2014/ und http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/10/26/rechtsextreme-gefangenenhilfe-demonstriert-in-brandenburg-an-der-havel_17355
[2] https://presseservicern.wordpress.com/2014/12/07/wittstockdosse-gespenstischer-fackelmarsch-gegen-asylsuchende-polizei-verhindert-blockaden-proteste-nur-am-rande/
[3] https://presseservicern.wordpress.com/2015/08/01/zossendamsdorf-proteste-gegen-kundgebungstour-des-iii-weges/
[4] https://presseservicern.wordpress.com/2016/01/18/genthin-buergerbuendnis-und-iii-weg-hetzen-gemeinsam-gegen-auslaender/
[5] https://inforiot.de/kein-pogida-comeback/
[6] https://inforiot.de/633429–2/
[7] http://arpu.blogsport.eu/2015/10/13/verstrickungen-ins-neonazistische-milieu-fortuna-babelsberg-bewegt-sich-nicht/ und http://arpu.blogsport.eu/2015/02/25/lukas-franz-organisierter-neonazi-in-der-sportgemeinschaft-toeplitz-1922-e‑v/
Bei der Wandelwoche vom 8. — 18. September 2016 können unter dem Motto “Her mit dem guten Leben!” auf mehr als 25 Touren und Veranstaltungen über 50 solidarische Projekte und gemeinschaftsorientierte Betriebe besucht und Geschichten des Gelingens einer Alternative zu Ausbeutung von Mensch und Natur und zum Dogma grenzenlosen Wachstums kennengelernt und diskutiert werden.
Die Touren:
— SoliOli. Solidarität in und mit Griechenland
— Lebenswerter Wohnraum? Eine Fahrradtour zu Sammelunterkünften für Geflüchtete
— Ansätze ökologischen Wirtschaftens erleben
— Permakultur und Stadtgärtnern
— Von der Schafswolle zum Garn
— Lebensmittel*Landwirtschaft*Essen in der Stadt
— Gärtnern, Schenken, DIY und Feiern: selbstorganisiert in Cottbus
— Solidarische Entwicklung im ländlichen Raum nach dem Vorbild Riace? Ein Herz für Humus
— Essbarer Bezirk Kreuzberg — Zwischen Realität und Utopie
— Wirtschaften fürs Gemeinwohl
— Her mit dem guten Leben — für alle! Solidarische Ökonomie und Teilhabe von Geflüchteten
— Ökologisch-soziales Mehrgenerationenwohnen in Werder
— Selbstbehauptung für Frauen
— Made in Barnim — Essbare Landschaften und Lebensmittel aus der Region
— Windrad-Workshop auf dem Tempelhofer Feld
— handgewebt in berlin — Kritische Auseinandersetzung mit Textilien
— Aktivismus in die Suppe gespuckt — Lobbyismus und die Hürden des Kapitalismus
…und manche mehr, die in den nächsten Tagen noch dazukommt: es lohnt sich immer wieder mal auf unserer Touren-Seite Neuigkeiten zu entdecken. Und wenn ihr euch fragt, wo die jeweilige Tour stattfindet, schaut auf die
Karte, die wir mit unserer Partnerin Imwandel.net erstellt haben.
Los geht’s beim Auftakt in Berlin am Do. 08.09. 16–20h auf dem Tempelhofer Feld mit Workshops, Filme, Vorstellung der Touren, Präsentation des WandelMobils, Jammen und Schlemmen und Musik mit die daten, der Auftakt in Brandenburg folgt am Fr. 09.09. 16–21h im Projekthaus Potsdam mit Projektvorstellungen, Diskussionsrunden und Videobeiträgen zu Themen des Wandels bei leckerem Essen aus dem Ofenhaus, Bar, DJ und gemütlichem Ausklang am Lagerfeuer… Spannend wird auch der Abschluss in der Prignitz am Fr./Sa. 16./17.09. in Kyritz mit dem Markt der regionalen Möglichkeiten mit Workshops, Ständen aus der Region, leckerem Essen und viel Raum zum Austausch über das gute Leben in unserer Region…
Her mit dem Guten Leben — wir sehen uns bei der Wandelwoche!
Inforiot – In Frankfurt (Oder) wollte die neonazistische Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ durch die Oderstadt marschieren um erneut gegen Geflüchtete zu demonstrieren. Als deutsch-polnischer Aufzug angekündigt, sollten sich wie zum letzten Neonaziaufmarsch am 20. Februar diesen Jahres, wieder polnische Nationalist_innen an der Demonstration unter dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ beteiligen. Das antifaschistische Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ und örtliche Antifaschist_innen setzen sich denen in den Weg.
Antifaschistische Streetparade und bürgerliche Protestkundgebung
Schon bevor der Neonaziaufmarsch ab 15 Uhr an der Stadtbrücke beginnen sollte, versammelten sich Antifaschist_innen in der Nähe des Hauptbahnhofs, um mit einer Streetparade in Richtung Grenze gegen Rassismus zu demonstrieren. Kurz nach 13 Uhr starteten etwa 150 zumeist junge Menschen eine bunte und laute Demonstration quer durch das Stadtzentrum. Untermalt von wummernden Bässen zeigten sie deutlich, dass in Frankfurt und anderswo kein Platz für Neonazis und Rassismus, egal auf welcher Seite der Oder, ist. In den Reden wurde deutlich gemacht, dass nicht nur die Neonazis eine Bedrohung darstellen, sondern auch die Stadt und der Staat an den rassistischen Zuständen eine Mitverantwortung tragen. In der Slubicer Strasse wurde die antifaschistische Streetparade bereits von der Kundegebung des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ erwartet, an denen sich ebenfalls 150 Menschen beteiligten. Auf der Kundgebung sprachen u.a. der Oberbürgermeister Martin Wilke, sowie der Präsident der Europa-Universität Viadrina, Prof. Dr. Alexander Wöll. Sie sprachen sich gegen Rassismus und für ein weltoffenes Frankfurt aus.
Grenzübergrefende Mobilisierung gefloppt — Wenig Unterstützung aus Polen
Nur ca. 100m weiter, direkt an der Stadtbrücke, versammelten sich derweil etwa 100 Neonazis. Zwischen Schwarz-Weiß-Roten, Schwarz-Rot-Gelben- und Fantasie-Fahnen versammelten sich eine Coleur aus unterschiedlichen Strömungen von Rassist_innen, die seit mehr als einem Jahr auf jeder asyl-feindlichen Demonstration in Deutschland zu finden sind. Neben den Anhängern von „Frankfurt/Oder wehrt sich“, beteiligte sich die neonazistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ und diesmal auch die Identitäre Bewegung an dem Aufmarsch. Aus Berlin waren Rassist_innen von Bärgida angereist, u.a. der NPDler Stephan Böhlke, und sogar aus dem sächsischen Chemnitz sind sogenannte „Freie Patrioten“ dem Aufruf nach Frankfurt gefolgt. Aus Polen kamen indes nur eine überschaubare Gruppe. Etwa fünf Nationalist_innen unterstützten den gemeinsamen Rassismus. Darunter auch Sylwia Janucik, die Anmelderin der flüchtlingsfeindlichen Demonstration am 7. Mai in der Frankfurter Nachbarstadt Slubice.
Einziger Redner am Auftaktort war Pascal Stolle vom „Der III. Weg“, die im Habitus seiner Partei vor einer Invasion von Geflüchteten warnte und zum Kampf und Widerstand dagegen aufrief. Mit seiner Warnung vor der zunehmenden Einbrüchen in Frankfurt (Oder) und kriminellen Banden aus Osteuropa stieß er bei den wenigen polnischen Teilnehmer_innen nicht auf offene Ohren.
Hetze in Dauerschleife
Generell fiel auf, dass „Der III. Weg“ einmal mehr die Durchführung eines Aufmarsches in Frankfurt (Oder) organisierte. Die Anmelderin war diesmal nicht Peer Koss, Kopf von „Frankfurt (Oder) wehrt sich“, sondern Anika Wetzel vom „Der III. Weg“. Auch die einzigen Redner waren von der Partei. Als die Demonstration sich aufstellte bildeten die Anhänger des „Der III. Weg“ den ersten Block und dominierten somit die Außendarstellung des Aufzugs. Mit etwas Verzögerung aufgrund von Blockadeversuchen, zogen die Neonazis über die Rosa-Luxemburg-Straße und Franz-Mehring-Straße ohne Zwischenkundgebungen und weiteren Redebeiträgen zum Hauptbahnhof. Dabei brüllte Pascal Stolle die immer gleichen Parolen und forderte neben kriminellen Ausländern, auch Politiker aus Deutschland raus. In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs hielten Stolle und ein weiterer Redner des „Der III. Weg“ die Abschlussreden, bevor die Demonstration aufgelöst wurde.
Zu Zwischenfällen kam es kaum. Die Polizei war, wie bei den vergangenen Aufmärschen, auf die Situation vorbereitet und konnte beide Lager weiträumig trennen. Kleinere Blockadeversuche wurden dabei jedoch auch gewaltsam unterbunden.
Bilder: hier und hier.
Am 02.09.2016 versammelten sich etwa 60 Flüchtlinge und Unterstützer_innen zur Kundgebung „Für Menschenwürde. Gegen rassistische Gewalt.“ am Bahnhof in Vetschau. Einige Flüchtlinge berichteten dort öffentlich von rassistisch motivierten Angriffen auf sie in der Stadt. Rassistische Beleidigungen bspw. auf dem Weg zum Deutschkurs oder zum Einkaufen in Vetschau wurden als alltäglich beschrieben. Zudem wurde wiederholt die Lebenssituation im Heim durch die Flüchtlinge als nicht menschenwürdig kritisiert. Während der Kundgebung sammelte sich am Rand eine Gruppe von Rechten, und versuchte durch Zwischenrufe zu provozieren. Ihre Anwesenheit machte noch einmal deutlich, welchen rassistischen Anfeindungen die Flüchtlinge in Vetschau in ihrem Alltag ausgesetzt sind.
Die Flüchtlinge berichteten weiterhin, dass vor dem Besuch der Presse und einer erneuten Untersuchung der Umstände im Heim – nach fast neunmonatigem Betrieb des Heims – nun Verbesserungen durch den Betreiber veranlasst wurden. Dieser verfügte allerdings, dass im Anschluss an die Kundgebung keine Besucher_innen mehr die Unterkunft betreten durften. Eine Inaugenscheinnahme der Situation vor Ort war daher nicht mehr möglich. Die Flüchtlinge berichteten noch am Abend davon, dass denjenigen, die an der Kundgebung teilgenommen hatten, die Ausgabe des Abendessens verweigert wurde, obwohl sie zur regulären Essensausgabezeit vor Ort waren. Dies zeigt, welcher Willkür die Flüchtlinge in der Vetschauer Notunterkunft ausgesetzt sind. Das grundgesetzlich geschützte Recht auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit gilt selbstverständlich auch für Asylsuchende, und darf durch den Betreiber nicht sanktioniert werden. Die Flüchtlinge äußerten noch am Abend, dass sie ihren Protest gegen die Situation in Vetschau weiterführen werden.
Potsdam, 03. September 2016
Am kommenden Samstag, den 03. September, wollen Rassist*innen wieder einmal durch Frankfurt marschieren. Wir stellen uns dem entgegen!
“Antifaschistisch, laut und entschlossen mit Kreativität, Einfallsreichtum und Tanz werden wir klarstellen, für was für eine Gesellschaft wir stehen.”, so eine Sprecherin der Streetparade. Wir
wollen, dass Menschen Schutz suchen können, ohne im gleichen Atemzug entrechtet und stigmatisiert zu werden. Wir stehen für Mitgefühl, Solidarität und das Recht, den eigenen Lebensentwurf selbst wählen zu können, statt für Hass und Abschottung. “Wir wollen Grenzen einreißen, statt sie zu errichten.”, so die Sprecherin weiter. Die Rassist*innen stehen einer Gesellschaft, die sich so versteht entgegen — deswegen muss ihnen widersprochen und Einhalt geboten werden.
All jene, die sich diesen Gedanken verbunden fühlen, bitten wir, sich an unsere Streetparade und anschließen an der Kundgebung des Bündnisses “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” zu beteiligen.
Startpunkt Streetparade: 13:00 Uhr Bahnhofstr./Spieckerstr. Frankfurt (Oder)
Zugtreffpunkt in Berlin: 11:45 Alexanderplatz Gleis 1 — Fahrtzeit ca. 1h Stunde
Außerdem: Kundgebung des Bündnisses ?Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” ab 14:00 Uhr an der Slubicer Str./Grenzbrücke