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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

#Eberswaldeunteilbar

Es find­et eine drama­tis­che poli­tis­che Ver­schiebung statt: Ras­sis­mus und Men­schen­ver­ach­tung wer-den gesellschafts­fähig. Was gestern noch undenkbar war und als unsag­bar galt, ist kurz darauf Reali-tät. Human­ität und Men­schen­rechte, Reli­gions­frei­heit und Rechtsstaat wer­den offen ange­grif­f­en. Es ist ein Angriff, der uns allen gilt. Wir lassen nicht zu, dass Sozial­staat, Flucht und Migra­tion gegeneinan­der aus­ge­spielt wer­den. Wir hal­ten dage­gen, wenn Grund- und Frei­heit­srechte weit­er eingeschränkt wer­den sollen. Das Ster­ben von Men­schen auf der Flucht nach Europa darf nicht Teil unser­er Nor­mal­ität wer­den. Europa ist von ein­er nation­al­is­tis­chen Stim­mung der Entsol­i­darisierung und Aus­gren­zung erfasst. Kri­tik an diesen unmen­schlichen Ver­hält­nis­sen wird gezielt als real­itäts­fremd diffamiert.
Auch am 09. Feb­ru­ar ver­sucht ein AfD-Bünd­nis wieder durch Eber­swalde zu ziehen und ihren Hass zu verbreiten.

Nicht mit uns – Wir hal­ten dagegen!
Wir treten für eine offene und sol­i­darische Gesellschaft ein, in der Men­schen­rechte unteil­bar, in der vielfältige und selb­st­bes­timmte Lebensen­twürfe selb­stver­ständlich sind. Wir stellen uns gegen jegliche Form von Diskri­m­inierung und Het­ze. Wir sind jet­zt schon viele, lasst uns laut, bunt und friedlich deut­lich machen, dass wir für eine offene Stadt sind und in Eber­swalde Hass und Het­ze keinen Platz haben.

Gemein­sam wer­den wir die sol­i­darische Gesellschaft sicht­bar machen!
Am 09. Feb­ru­ar 2019 wird von Eber­swalde ein klares Sig­nal ausgehen.
Für ein Europa der Men­schen­rechte und der sozialen Gerechtigkeit!
Für ein sol­i­darisches und soziales Miteinan­der statt Aus­gren­zung und Rassismus!
Für das Recht auf Schutz und Asyl – Gegen die Abschot­tung Europas!
Für eine freie und vielfältige Gesellschaft!
Unsere Alter­na­tive heißt Solidarität!

Demon­stra­tion: 09. Feb­ru­ar 2019 – 14:00 Uhr vom Bahn­hofsvor­platz zum Kirch­hang (am Markplatz)
Kundge­bung: 09. Feb­ru­ar 2019 – 14:30 Uhr am Kirch­hang (Nähe Marktplatz)

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Antifaschismus Bildung & Kultur Dorfstraße

Kampfsportturnier in Strausberg mit Nazibeteiligung

Red Eagle Cup 2.0 – Ost­deutsche Ama­teur Muay Thai Meis­ter­schaft in Strausberg

Am Sam­stag, den 26.01.2019, lud die „Box­u­nion Straus­berg e.V.“ zur zweit­en Auflage des Ama­teur­turniers in Muay Thai in die Ernst-Grube-Halle auf dem Sport- und Erhol­ungspark (SEP) in Strausberg.

Der Ein­ladung fol­gten etwa 300 Zuschauer_innen, die für eine Stim­mung sorgten. Auch waren die Kämpfe fair und respek­tvoll von der Band­bre­ite an Teams geführt. Die teil­nehmenden Vere­ine kamen aus Marn­heim, Leipzig, Spey­er, Dres­den und dem pol­nis­chen Zary.

Jedoch gilt es einen beson­deren Blick auf das Pub­likum zu wer­fen, dass an solchen Ver­anstal­tun­gen teil­nimmt — oft­mals gewaltaffines Klien­tel, Per­so­n­en aus dem lokalen Sicher­heits­gewerbe, aus Motor­rad­klubs sowie jün­gere und ältere Neonazis.

Andrew Ron Stel­ter – Box­train­er in Strausberg

Als lizen­siert­er Train­er des „Box­club Straus­berg e.V.“ vom KSC Straus­berg – nicht zu ver­wech­seln mit der „Box­u­nion Straus­berg e.V.“ — trat ein­er der ehe­ma­li­gen führen­den JN-/NPD-Kad­eri bei der Ver­anstal­tung aufii.

Hier­bei war beson­ders erkennbar, dass er noch immer eine Vielzahl an Kon­tak­ten zu älteren und jün­geren Neon­azis unterhält.

Zum Einen beste­hen gute Kon­tak­te zu Mit­gliedern der ver­bote­nen Kam­er­ad­schaft „ANSDAPO“ aktuell als „AO Straus­berg“ aktiv und deren Umfeldiii. Darüber hin­aus hat er Kon­takt zu kampf­s­portaffinen Neon­azis, wie dem Mixed-Mar­tial-Arts-Kämpferiv und Sänger der Recht­srock­band „Exzess“v Tobias Vogt und anderen. Einige davon trainieren auch im „Box­club Straus­berg e.V.“ und zeigen dort über Tat­toos wie der „Schwarzen Sonne“ ein­deutig ihre Gesin­nung. Zum Anderen beste­hen Kon­tak­te zu jün­geren Neon­azis aus dem Raum Letschin und Oder­bruch, die bere­its 2015 die ras­sis­tis­chen Ver­samm­lun­gen und Aufmärsche des bran­den­bur­gis­chen PEGI­DA-Ablegers „Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit und Mitbes­tim­mung (BraMM)“ bewar­ben und unterstützten.

Label 23/Boxing Connection“

Ein weit­eres Indiz für die Par­al­le­len zum recht­sex­tremen Milieu ist das zur Schau­tra­gen expliziter Mod­e­la­bel, die der Iden­ti­fika­tion zur Szene dienen. Was in den ver­gan­genen Jahren noch bevorzugt Mode von „Thor Steinar“ war, wird mehr und mehr von Kle­in­st­marken abgelöst.

Eine an Beliebtheit gewin­nende Marke ist „Label23/Boxing Con­nec­tion“ aus Cot­tbus, deren Ursprung ganz klar auf einen recht­en Hin­ter­grund schließen lässtvi. Auch am Turnier nah­men neben aktiv­en Sportlern auch Gäste in entsprechen­der Klei­dung teil.

Geschäft „Ger­man Melt­down (Crime)Store“ auf dem Lin­den­platz in Strausberg

Seit März 2017 existiert auf dem Lin­den­platz in Straus­berg der Laden „Ger­man Melt­down (Crime)Store“, in dem diese Klei­dung auch erwor­ben wer­den kann. Der Laden wird durch Kevin W. betriebenvii.

Das Geschäft wirkt nach Außen sehr unschein­bar, aber Beobach­tun­gen und ein Blick auf die Inter­net­seite beschreiben die Inten­tion dahin­ter sehr gut. Neben regelmäßiger Präsenz von Neon­azis aus der Kam­er­ad­schaftsszene bspw. von „Brud­er­schaft H8“, „AO Straus­berg“, dem oben genan­nten Front­mann der Recht­srock­band „Exzess“, rock­erähn­lichen Grup­pierun­gen oder Sportlern aus dem nahe gele­ge­nen Fit­nessstu­dio kaufen dort auch Jugendliche aus der Region ein. Die Kundschaft

erhält aller­hand pul­verisiert­er Muske­lauf­bauprä­parate, diverse gewaltver­her­rlichende Bek­lei­dung und eben jene, die aus der neon­azis­tis­chen Szene für die Szene pro­duzierten Klei­dungsstücke von „Label23/Boxing Con­nec­tion“ oder „Pro Vio­lence“viii.

Des Weit­eren trat das Geschäft bei dem recht­sof­fe­nen Kampf­s­port­turnier „Sprawl and Brawl“ix in Berlin als ein­er der Haupt­spon­soren aufx, bei dem u.a. auch offen­sichtliche Neon­azisxi und welche mit Nazik­lei­dungxii als Kämpfer ange­treten sind (ebd.).

Es ist anzunehmen, dass das Geschäft mehr als ein reines Bek­lei­dungs­geschäft ist und die Szene aktiv unter­stützt wird bzw. bere­its Teil eines ent­stande­nen Geschäft­snet­zw­erkes ist.

Faz­it

Der „Box­club Straus­berg e.V.“ vom KSC Straus­berg bildet eine eigen­ständi­ge Unter­abteilung und ist nicht mit dem Klub „Box­u­nion Straus­berg e.V.“ zu ver­wech­seln oder in einen Topf zu werfen.

Es ist erkennbar, dass sich alte und junge Neon­azis zu ein­er eigen­ständi­gen Szene entwick­elt haben, die gemein­same Geschäft­szweige durch Sicher­heit­sun­ternehmen, eigene Läden, eige­nen Box­club und Musik­bands. Es hat sich eine eigene rechte Sub­kul­tur etabliert, die auch geschlossen an recht­en Demon­stra­tio­nen teilnimmt.

i Antifaschis­tis­ches Infor­ma­tion­sportal Berlin Artikel: Andrew Stel­ter – Der Naz­i­handw­erk­er in dein­er Wohnung
https://www.antifa-berlin.info/recherche/1297-andrew-stelter—der-nazi-handwerker-in-deiner-wohnung
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
ii Foto- und Ver­anstal­tungsportal strausberg-live.de Bild 33: erste ste­hende männliche Per­son von links
https://www.strausberg-live.de/fotogalerie.php?id=75192
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
Foto- und Ver­anstal­tungsportal strausberg-live.de Bild 39: erste Per­son von links
https://www.strausberg-live.de/fotogalerie.php?id=75192
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
Foto- und Ver­anstal­tungsportal strausberg-live.de Bild 42: siebte Per­son von links
https://www.strausberg-live.de/fotogalerie.php?id=75192
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
iii Foto­por­tal Flickr: Fotograf Chris­t­ian Jäger Bild 1069: Demon­stra­tion gegen die Erstauf­nah­meein­rich­tung in Straus­berg – Per­son mit Schild „Die Köni­gin der Schlepper“ 
https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/23332152279/in/album-72157662145501122/
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
Foto­por­tal Flickr: Fotograf Chris­t­ian Jäger Bild 1078: Demon­stra­tion gegen die Erstauf­nah­meein­rich­tung in Straus­berg – Per­son mit Schild „Die Köni­gin der Schlepper“
https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/23332152849/in/album-72157662145501122/
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
Foto­por­tal Flickr: Fotograf Chris­t­ian Jäger Bild 1132: Demon­stra­tion gegen die Erstauf­nah­meein­rich­tung in Straus­berg – Per­son mit­tig mit grauer Schiebermütze
https://www.flickr.com/photos/boeseraltermannberlin/23332160829/in/album-72157662145501122/
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
iv Onlin­eauftritt Kam­pagne „Runter von der Mat­te – Kein Hand­shake mit Nazis“ Artikel: Das extrem rechte Kampf­s­port­turnier tiwaz – Kampf der freien Männer
https://runtervondermatte.noblogs.org/das-extrem-rechte-kampfsportturnier-tiwaz-kampf-der-freien-maenner/ #
kaempfer-bran­den­burg Let­zter Zugriff am 27.01.2019
v Infor­ma­tion­sportal www.inforiot.de Artikel: Exzess – umtriebige Neon­azis aus einem rock­erähn­lichen Milieu
https://inforiot.de/exzess-umtriebige-neonazis-aus-einem-rockeraehnlichen-milieu/Letztern Zugriff 27.01.2019
vi Onlin­eauftritt Kam­pagne „Runter von der Mat­te – Kein Hand­shake mit Nazis“ Artikel: Marken und Labels – Label 23/Boxing Connection 
https://runtervondermatte.noblogs.org/label-23-boxing-connection/
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
vii Foto- und Ver­anstal­tungsportal strausberg-live.de Artikel: Neues Geschäft in Straus­berg – Ger­man Melt­down Shop
https://www.strausberg-live.de/artikel-detail.php?id=66177
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
viii Inter­net­seite Ger­man Meltdown
https://german-meltdown.de/label-23/
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
Inter­net­seite Ger­man Meltdown 
https://german-meltdown.de/proviolence/
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
ix Onlin­eauftritt Kam­pagne „Runter von der Mat­te – Kein Hand­shake mit Nazis“ Artikel: Neon­azi kämpft bei „Sprawl and Brawl“ in Berlin
https://runtervondermatte.noblogs.org/neuigkeiten-von-der-matte‑2/#sprawlbrawl
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
x Antifaschis­tis­ches Infor­ma­tion­sportal Berlin Artikel S.90 — „Van­dalen und die K4 Alliance“
https://www.antifa-berlin.info/sites/default/files/dateien/artikel/fb_2018.pdf
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
xi Face­bookauftritt „Sprawl&Brawl“
https://www.facebook.com/SprawlandBrawlFC/photos/a.1443162475773337/1443182135771371/? type=3&theater
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
xii Face­bookauftritt „Sprawl&Brawl“
https://www.facebook.com/SprawlandBrawlFC/photos/a.1443162475773337/1443181635771421/? type=3&theater
https://www.facebook.com/SprawlandBrawlFC/photos/a.1443162475773337/1443185485771036/? type=3&theater
Let­zter Zugriff am 27.01.2019
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Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Gedenkveranstaltung zum Todesmarsch aus dem KZ Lieberose

Ein­ladung zur Gedenkver­anstal­tung anlässlich des Todes­marsches aus dem KZ Lieberose/Jamlitz

Hier­mit laden wir Sie her­zlich zur Gedenkver­anstal­tung anlässlich des Todes­marsches aus dem KZ Lieberose/Jamlitz am Sam­stag, den 09.02.2019, um 11 Uhr auf den Fried­hof in Drewitz ein.

Lieberose war nicht auschließlich Stan­dort eines Außen­lagers des KZ Sach­sen­hausen, son­dern in den let­zten Jahren der nation­al­sozial­is­tis­chen Herrschaft wurde daraus das größte Konzen­tra­tionslager im Gebi­et des Deutschen Reichs, das in die Ver­nich­tung der europäis­chen Juden einge­bun­den war.

Der Todes­marsch aus Lieberose in das Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen, führte zwis­chen dem 07.02.1945 und dem 09.02.1945 durch Drewitz und Pots­dam. Ursäch­lich für den Trans­port der Häftlinge waren die ras­sis­tis­chen Über­legun­gen zur
Ver­nich­tung dieser Men­schen trotz der all­ge­meinen Kriegslage und die Befürch­tun­gen der Nation­al­sozial­is­ten, dass die Über­leben­den über die Ver­brechen der Täter*innen Auskun­ft geben könnten.

Die Todesmärsche sind Ver­brechen, die nun wirk­lich direkt im Sicht­feld der restlichen Bevölkerung statt fan­den. Unüberse­hbar waren die zahlre­ichen Todesmärsche der lei­den­den Häftlinge, die sich durch Dör­fer, aber auch durch Städte wie Pots­dam quäl­ten, mal­trätiert von ihren Peinigern, aber auch geduldet von der Bevölkerung.

Die deutsche Geschichte und Ver­ant­wor­tung wird derzeit lei­der immer wieder ver­harm­lost und rel­a­tiviert. Ger­dade deshalb ist es immer­noch wichtig den Opfern des Nation­al­sozial­is­mus und nun im speziellen, denen des Todes­marsches, zu gedenken.

Deswe­gen freuen wir uns, Sie am 09.02.2019 um 11 Uhr auf dem Fried­hof Drewitz begrüßen zu dürfen.

VVN-BdA Pots­dam, Die Andere, Vere­in zur Förderung anti­mil­i­taris­tis­ch­er Tra­di­tio­nen in der Stadt Pots­dam e.V. und Die Linke Kreisver­band Potsdam

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Gemeinsames Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Am 27.01.2019 fand das alljährliche Gedenken an die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus am Platz der Ein­heit und am Ehren­fried­hof der sow­jetis­chen Armee in Pots­dam statt. Rund 200 Per­so­n­en fan­den sich zusam­men, um gemein­sam den Opfern zu gedenken und gle­ichzeit­ig zu mah­nen. Wie es im Rede­beitrag der Grup­pierung BlauWeißBunt*Nulldrei e.V aus Babels­berg hieß:

„Wir müssen zum einen zurück­zuschauen, um die Gräuel der Nazis nicht zu vergessen. Zum anderen jedoch vor diesem Hin­ter­grund die Gegen­wart und die Zukun­ft ein­er kri­tis­chen Prü­fung zu unterziehen.“.

Es wur­den Biografien der Holo­caust-Über­leben­den Jean Améry, Willy Fro­hwein und Ruth Klüger vor­ge­tra­gen. Alle drei Schick­sale ermah­nen uns, das Geschehene weit­er zutra­gen und Geschichte nicht zu vergessen. So sagte Melyssa Diedrich von der EAP zu Beginn der Ver­anstal­tung: „Wir wollen ver­suchen die Willkür, den Ter­ror und die Uner­bit­tlichkeit Nazideutsch­lands, vor allem aber das Leben und Über­leben der Men­schen, ihren Umgang mit dem Erlebten nachzuzeichnen“.

Im fol­gen­den find­et ihr die Kurzbi­ografien von Jean Améry, Willy Fro­hwein und Ruth Klüger sowie den Rede­beitrag von BlauWeißBunt*Nulldrei.
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Er wurde am 31. Okto­ber 1912 als Sohn jüdis­ch­er Eltern in Wien geboren. Er absolvierte in den 1930er Jahren eine Buch­händler­lehre und arbeit­ete anschließend als Buch­händ­lerge­hil­fe in Leopold­stadt. 1937 heiratet er und floh mit sein­er Frau gemein­sam vor den Nazis 1938 nach Bel­gien. Dort arbeit­ete er als Möbel­trans­porteur und Lehrer.
Nach dem Über­fall durch die deutsche Wehrma­cht wurde er als „feindlich­er Aus­län­der“ festgenom­men und im süd­franzö­sis­chen Lager Gurs interniert. Seit dem war er getren­nt von sein­er Frau, welche 1944 ver­starb. Aus dem Lager kon­nte er 1941 nach Bel­gien fliehen, wo er sich dem Wider­stand gegen die Nazis ein­er öster­re­ichisch-deutschen Wider­stands­gruppe anschloss.
1943 wurde er beim Flug­blatt verteilen von der Gestapo festgenom­men und später von der SS gefoltert, so wurde er aus­gepeitscht und an einem Pfahl aufge­hängt, wodurch ihm die Schul­terge­lenke aus­gerenkt wurden.
Schließlich wurde er am 15. Jan­u­ar 1944 nach Auschwitz deportiert, dort musste er ab 1944 als Schreiber arbeit­en. Nach der Auflö­sung des KZ Auschwitz wegen der bevorste­hen­den Befreiung durch die Rote Armee, wurde er zunächst nach Mit­tel­bau-Dora in Thürin­gen und dann nach Bergen-Belsen in Nieder­sach­sen gebracht. Am 15. April 1945 wurde dieses KZ schließlich von der Britis­chen Armee befre­it und er kehrte nach Brüs­sel zurück.
In der Zeit nach 1945 bis zu seinem Lebensende ver­suchte er das Erlebte per­sön­lich, aber darüber­hin­aus auch gesellschaftlich zu reflek­tieren, einzuord­nen und zu ver­ar­beit­en. Er schrieb ver­schiedene Romane und kom­men­tierte immer wieder gesellschaft­s­the­o­retis­che Diskussionen.
Geprägt durch seine eigene Geschichte, seine Iden­tität und Zuschrei­bung als Jude, als der er sich ver­stand und doch nicht ver­stand, for­mulierte er in „Jen­seits von Schuld und Sühne“:
„Ist es so, daß ich der Auschwitzhäftling, dem es wahrhaftig nicht an Gele­gen­heit gefehlt hat, zu erken­nen was er ist, was er sein muß – ist es denkbar, daß ich immer noch kein Jude sein wollte […] ? Wenn heute Unbe­ha­gen in mir auf­steigt, sobald ein Jude mich mit legit­imer Selb­stver­ständlichkeit ein­bezieht in seine Gemein­schaft, dann ist es nicht darum, weil ich kein Jude sein will: nur weil ich es nicht sein kann. Und doch sein muß. Und mich diesem Müssen nicht bloß unter­w­erfe, son­dern es aus­drück­lich anfordere als einen Teil mein­er Per­son. Zwang und Unmöglichkeit Jude zu sein, das ist es, was mir undeut­liche Pein schafft“
Auch über die Zeit der Lager hin­aus ver­störte ihn der wieder­aufk­om­mende Anti­semitismus ger­ade auch in der deutschen Linken. Er schrieb: „Das klas­sis­che Phänomen des Anti­semitismus nimmt aktuelle Gestalt an. Die alte beste­ht weit­er, das nenn ich Koex­is­tenz. […] Anti-Israelis­mus, Anti-Zion­is­mus in rein­stem Vernehmen mit dem Anti­semitismus von dazu­mal. [..] Doch neu ist in der Tat die Ansied­lung des als Anti-Israelis­mus sich gerieren­der Anti­semitismus aus der Linken. Einst war das der Sozial­is­mus der dum­men Ker­le. Heute ste­ht er im Begriff, ein inte­gri­eren­der Bestandteil des Sozial­is­mus schlechthin zu wer­den, und so macht jed­er Sozial­ist sich sel­ber freien Wil­lens zum dum­men Kerl.“
Auch äußerte er sich im Auf­satz „Jar­gon der Dialek­tik“ zu Prob­le­men der Wis­senschaft­s­the­o­rie und darüber hin­aus zu bekan­nten Vertretern der Kri­tis­chen The­o­rie in Deutsch­land : „Dort geht es hoch her mit der Reflek­tiertheit und neg­a­tiv­er Pos­i­tiv­ität, mit Verd­inglichung, unglück­lichem Bewusst­sein und Fun­gi­bil­ität“. Falsche, aus Über­he­blichkeit gewählte, For­mulierun­gen und Ver­suche ein­fach­ste Dinge geschwollen, tief­gründig und vieldeutig auszu­drück­en, lehnte er klar ab. „Jedoch ist sowohl in der franzö­sis­chen als auch der deutschen gehobe­nen Pub­lizis­tik, die über­flüs­sige bis mißbräuch­liche Anwen­dung des Wortes „dialek­tisch“, der ver­gle­ich­sweise harm­lose Aspekt des Prob­lems. Wir haben es da mit einem pseudowis­senschaftlichen Schlüs­sel­wort zu tun, das, wenn es auch nir­gends ein Tor auf­schließt, so doch geeignet erscheint, noch dem anspruch­slos­es­ten Zeitungsar­tikel ein Air höher­er Intel­li­genz zu geben.“
Eine sein­er per­sön­lich­sten Schriften erschien 1976 kurz vor seinem Tod.
In „Hand an sich leg­en“ set­zte er sich mit Suizid und, wie nach seinem Selb­st­tö­tungsver­such 1974 klar war, mit seinem eige­nen Suizid auseinan­der. Er forderte auf, den Selb­st­mörder „nicht als Helden [zu feiern]“ aber „seine ver­schmähte und geschmähte Hand­lung gel­ten [zu] lassen“. Denn „Was gilt, ist die Option des Sub­jek­ts. […] Wir soll­ten ihnen Respekt vor ihrem Tun und Lassen, soll­ten ihnen Anteil­nahme nicht ver­sagen, zumalen ja wir sel­ber keine glänzende Fig­ur machen.“
Er starb durch Selb­st­mord am 17. Okto­ber 1978 in Salzburg.

Unvergessen – Jean Améry

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Die nun vorgestellte Per­son wurde 1923 in Span­dau geboren. Sein Vater heiratete eine katholis­che Frau und gab dafür seinen jüdis­chen Glauben auf. Der Sohn wurde katholisch getauft, besuchte eine katholis­che Schule und wurde Mit­glied bei den katholis­chen Pfadfindern.
Als 1935 die ras­sis­tis­chen „Nürn­berg­er Geset­ze“ in Kraft trat­en, galt er plöt­zlich als soge­nan­nter „Hal­b­jude“. Durch die immer stärkere Stig­ma­tisierung von Jüdin­nen und Juden im NS-Staat ver­lor er seine Schul­fre­unde und ‑fre­undin­nen und nach der Reich­s­pogrom­nacht im Jahr 1938 auch seine Lehrstelle als Wäsch­er und Plätter.
Im Jahr 1942 wurde er zwangsverpflichtet in der Berlin­er Werkzeug­maschi­nen­fab­rik „Sasse“ Muni­tion zu polieren. Er sabotierte die Pro­duk­tion. Nach mehrma­liger Vor­ladung und Abmah­nung entschloss er sich zur Flucht in die Schweiz.
Aber der Fluchtver­such miss­lang. Er wurde „wegen Passverge­hen und Arbeitsver­trags­bruch“ inhaftiert und für vier Wochen in das Arbeit­slager in Berlin-Wuhlhei­de deportiert. Im April 1943 erfol­gte der Abtrans­port in das Konzen­tra­tionslager Auschwitz. Mit viel Glück über­lebte er. Im Jan­u­ar 1945 wurde das KZ wegen der her­an­rück­enden Roten Armee geräumt. Er über­lebte die Todesmärsche zum KZ Mit­tel­bau-Dora und später zum KZ Bergen-Belsen begeben. Hier wurde er von britis­chen Sol­dat­en befreit.
Nach dem Ende des Zweit­en Weltkrieges zog er nach Pots­dam und wurde Haup­tkom­mis­sar im Mord­dez­er­nat. Er lernte seine Frau Wal­traud ken­nen und bekam zwei Kinder mit ihr. Er wurde Mit­glied der SED, half beim Auf­bau der Volkssol­i­dar­ität mit, arbeit­ete in der Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes und wurde Mit­glied im Kreiskomi­tee der antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfer. Herz- und magenkrank, wurde er mit 29 Rentner.
Im Jahr 1965 las er in der Zeitung, dass der KZ-Arzt Horst Fis­ch­er ver­haftet wor­den war. Horst Fis­ch­er hat­te ihn zweimal für den Trans­port in die Gaskam­mer aus­gewählt, weil er nicht mehr zum Arbeit­en taugte. Er meldete sich als Zeuge und trat somit im Prozess als Haupt­be­las­tungszeuge auf.
Seit dieser Zeit suchte er das Gespräch mit Jugendlichen und erzählte ihnen von seinen Erleb­nis­sen. Er war wegen sein­er ger­adlin­i­gen direk­ten Art sehr überzeu­gend. Nach einem Zeitzeu­genge­spräch in der Realschule im nieder­säch­sis­chen Lengede set­zten sich die Schüler*innen dafür ein, dass ihre Schule nach ihm benan­nt wird.
2008 ver­suchte die CDU-Frak­tion in Pots­dam, am Stan­dort der ehe­ma­li­gen Syn­a­goge eine neue Gedenk­tafel anbrin­gen zu lassen. Deren Inschrift sollte die Ver­wüs­tung des Gebäudes in der Reich­s­pogrom­nacht 1938 und den Abriss des Gebäudes 1957 in der DDR erwäh­nen. Daraufhin ver­fasste er einen empörten Brief, der am 11.06.2008 im Haup­tauss­chuss von einem Mit­glied der VVN-BdA ver­lesen wurde. Er erk­lärte, dass die DDR das Gebäude abreißen ließ, weil sich trotz inten­siv­er Bemühun­gen nie­mand fand, der die Jüdis­che Gemeinde in Pots­dam neu grün­den wollte. So kam man übere­in, das Grund­stück für den Woh­nungs­bau freizugeben. Die Stadt Pots­dam sagte zu, eine neue Syn­a­goge zu bauen, wenn es in Pots­dam wieder eine Ini­tia­tive zur Grün­dung ein­er Jüdis­chen Gemeinde gibt. Vor diesem Hin­ter­grund ist es nicht gerecht­fer­tigt, die Reich­s­pogrom­nacht und den Abriss 1957 in einem Atemzug zu nen­nen. Die CDU zog ihren Antrag nach Auf­forderung der dama­li­gen Ober­bürg­er­meis­ters zurück.
Er starb am 12. Dezem­ber 2009 in Babels­berg und wurde auf dem Fried­hof in Drewitz beigesetzt.
Seit 2012 trägt der Platz am Babels­berg­er Fin­d­ling seinen Namen. Sei­ther fan­den dort mehrma­lig die städtis­chen Gedenkver­anstal­tung zum Holo­caustge­denk­tag statt.

Unvergessen – Willi Frohwein

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Die nun vorgestellte Per­son wurde in Wien geboren. Sie ist Jüdin. Ihr Vater war Frauen- und Kinder­arzt. Als sie sechs Jahre alt war, wurde Öster­re­ich in das nation­al­sozial­is­tis­che Deutsche Reich unter Hitler eingegliedert. Es begin­nt eine Zeit der ständi­gen Angst. Alle Juden und Jüdin­nen wer­den aus dem öffentlichen Leben aus­ge­gren­zt. Auch ihre Fam­i­lie zieht sich zurück, ver­steckt sich, wird fast unsichtbar.
Ihr Brud­er ist noch in Prag, er kann nun nicht mehr zurück­kom­men. Der Vater muss irgend­wann nach Frankre­ich fliehen. Er wird seine Fam­i­lie nie nach­holen können.
Die Jahre der Iso­la­tion ver­bringt sie lesend: Klas­sik, Roman­tik, Lyrik…
Sie ist elf, als sie und ihre Mut­ter abge­holt wer­den und nach There­sien­stadt gebracht wer­den. 1,5 Jahre später wer­den sie nach Auschwitz-Birke­nau gebracht.
Sie ist zu jung, um zu arbeit­en. Bei der Selek­tion wird sie zum Ster­ben aus­ge­mustert. Eine Frau meinte zu ihr, sie soll sich nochmal anstellen und drei Jahre älter machen. So über­lebte sie – für den Moment.
Hunger, Schmerz und Angst wer­den ihre ständi­gen Begleit­er. An einem Ort, wo ihr Kör­p­er zer­stört wird, ist ihr die Lyrik eine geistige Stütze. „Die schiller­schen Bal­laden wur­den meine Appellgedichte, mit denen kon­nte ich stun­den­lang in der Sonne ste­hen und nicht umfall­en, weil es immer eine näch­ste Zeile zum Auf­sagen gab, und wenn einem eine Zeile nicht ein­fiel, so kon­nte man darüber nach­grü­beln, bevor man an die eigene Schwäche dachte.“
Sie schreibt auch Gedichte, ihr „Gegengewicht zum Chaos“ im täglichen Wahnsinn des Konzen­tra­tionslagers. „Wer nur erlebt, reim- und gedanken­los, ist in Gefahr den Ver­stand zu verlieren.“

DER KAMIN (von Ruth Klüger)

Täglich hin­ter den Baracken
Seh ich Rauch und Feuer stehn.
Jude, beuge deinen Nacken,
Kein­er hier kann
dem entgehn.
Siehst du in dem Rauche nicht
Ein verz­er­rtes Angesicht?
Ruft es nicht voll Spott und Hohn:
Fünf Mil­lio­nen berg‘ ich schon!
Auschwitz liegt in mein­er Hand,
Alles, alles wird verbrannt.
Täglich hin­term Stacheldraht
Steigt die Sonne pur­purn auf,
Doch ihr Licht wirkt öd und fad,
Bricht die andre Flamme auf.
Denn das warme Lebenslicht
Gilt in Auschwitz längst schon nicht.
Blick zur roten Flamme hin:
Einzig wahr ist der Kamin.
Auschwitz liegt in sein­er Hand,
Alles, alles wird verbrannt.
Manch­er lebte einst voll Grauen
Vor der dro­hen­den Gefahr.
Heut‘ kann er gelassen schauen,
Bietet ruh’g sein Leben dar.
Jed­er ist zer­mürbt von Leiden,
Keine Schön­heit, keine Freuden,
Leben, Sonne, sie sind hin,
Und es lodert der Kamin.
Auschwitz liegt in sein­er Hand,
Alles, alles wird verbrannt.
Hört ihr Ächzen nicht und Stöhnen,
Wie von einem, der verschied?
Und dazwischen
bit­tres Höhnen,
Des Kamines schau­rig Lied:
Kein­er ist mir noch entronnen,
Keinen, keine werd ich schonen.
Und die mich gebaut als Grab
Schling ich selb­st zulet­zt hinab.
Auschwitz liegt in mein­er Hand,
Alles, alles wird verbrannt.

Schließlich wurde sie ins Frauen-KZ Chris­tianstadt zur Her­stel­lung von Muni­tion und Sprengstoff ver­schleppt. Auf einem der Todesmärsche kann sie endlich fliehen.
Danach begin­nt eine glück­lichere Zeit. „Der erste Som­mer nach dem Krieg, der erste Som­mer in der Frei­heit in Straub­ing in Bay­ern. Es hat nach­her nichts gegeben, was mich so gerührt hat, was so schön war. Ich habe Fahrrad­fahren und Schwim­men gel­ernt. Ich habe ange­fan­gen zu men­stru­ieren, bin erwach­sen­er gewor­den. Ich war nie im Leben vorher oder nach­her so angst­frei und ohne das Gefühl, dass in irgen­dein­er Weise Druck auf mich aus­geübt wird.“
Sie begin­nt in Regens­burg zu studieren. Dann emi­gri­erte sie mit ihrer Mut­ter in die USA und studierte dort Ger­man­is­tik und Bib­lio­thek­swis­senschaften. Als sie beim Kell­nern nach der Num­mer auf ihrem Arm gefragt wurde, antwortete sie, dass das die Tele­fon­num­mer von ihrem Fre­und sei.
Sie pro­movierte und lehrte in Prince­ton und Göt­tin­gen. Sie schrieb Büch­er und veröf­fentlichte Gedichte, bekam Preise und Auszeichnungen.
Auf die Frage nach dem warum antwortet sie „Wenn eine Tier­art fast aus­gestor­ben ist, weil sie so inten­siv gejagt wor­den ist, wer­den die übrig gebliebe­nen Exem­plare beson­ders gepflegt.“
Sie ist irgend­wie davongekom­men. Aber sie schreibt „ich wäre ein ander­er Men­sch gewor­den, ganz sich­er, wenn es Hitler nicht gegeben hätte. Dann wäre die ganze Welt anders gewe­sen“, denn „was unter­wegs ver­loren geht, bist immer du selbst.“
Deutsch­land ste­ht sie ambiva­lent gegenüber, denn „Man weiß halt nicht, was einem dort passieren kann.“

Sie ist heute 87 Jahre alt.

Unvergessen – Ruth Klüger

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Rede­beitrag BlauWeißBunt

Am 27. Jan­u­ar 1945 wurde das Konzen­tra­tionslager Auschwitz durch die Rote Armee befre­it. Heute ist dieses Datum der inter­na­tionale Gedenk­tag an die Entrech­tung, Ver­fol­gung, Aus­beu­tung und Ermor­dung von Mil­lio­nen von Men­schen durch die Nationalsozialist*innen, ihre Kollaborateur*innen und Zuschauer*innen. Dieser Tag bietet unter anderem Anlass innezuhal­ten, der Opfer zu gedenken, den Über­leben­den, von denen es lei­der immer weniger gibt, eine Bühne zu geben und die Erin­nerung wachzuhalten.
Im ver­gan­genen Jahr sprach Ani­ta Lasker-Wall­fisch zur Gedenkstunde im Bun­destag. Sie ist Cel­listin, 93 Jahre alt und eine der let­zten Über­leben­den des Mäd­chenorch­esters von Auschwitz sowie des KZ Bergen-Belsen. Nach der Befreiung ging sie nach Großbri­tan­nien, machte weit­er­hin Musik und grün­dete eine Fam­i­lie. 1994, nach dem Tod ihres Mannes, besuchte sie im Alter von 69 Jahren das erste Mal wieder Deutsch­land und kommt seit­dem regelmäßig zu Vortragsreisen.
In ihrer Rede erk­lärte sie, dass der Holo­caust der am besten doku­men­tierte Genozid der Men­schheits­geschichte ist. Zeug­nisse von Täter*innen und Opfern sind die trau­ri­gen Beweise für dieses akribisch geplante, durchge­führte und von einem Großteil der deutschen Bevölkerung gebil­ligte Ver­brechen. Und trotz­dem gibt es Men­schen, die ver­suchen Auschwitz zu ver­leug­nen. Ich erin­nere an die Äußerun­gen eines Her­rn Gauland, der meinte, dass der Holo­caust und die Ver­brechen des Nation­al­sozial­is­mus „nur ein Vogelschiss in 1000 Jahren deutsch­er Geschichte“ seien. Solcher­lei ist nicht nur für Ani­ta Lasker-Wall­fisch unerk­lär­lich und ekel­er­re­gend. Gegen Ende ihrer Rede sagte sie noch fol­gen­des: „Es gibt keine Erk­lärun­gen oder Entschuldigun­gen für das, was damals passiert ist. Das einzige was bleibt ist Hoff­nung, die Hoff­nung, dass irgend­wann der Ver­stand siegt.“
Mit diesem Faz­it zeigt sie ganz prak­tisch, wozu uns der heutige Gedenk­tag noch Anlass geben sollte. Zum einen zurück­zuschauen und die Gräuel der Nazis nicht zu vergessen. Zum anderen jedoch vor diesem Hin­ter­grund die Gegen­wart und die Zukun­ft ein­er kri­tis­chen Prü­fung zu unterziehen.
Geschichte wird gemacht, jeden Tag. Eine Moti­va­tion meines antifaschis­tis­chen Han­delns ist es, mich nicht vor mir selb­st oder der näch­sten Gen­er­a­tion ver­steck­en zu müssen, wenn gefragt wird: Was hast du gemacht, als Neon­azis ver­meintliche Aus­län­der durch die Straßen jagten? Was hast du gemacht, als Tausende Men­schen im Mit­telmeer ertrunk­en sind? Was hast du gemacht, als die AfD an die Macht gekom­men ist?
Dann will ich selb­st­be­wusst sagen kön­nen: Ich habe mich dage­gen gestellt. Ich habe den Mund aufgemacht und ich habe sol­i­darisch gehan­delt mit den­jeni­gen, die aus­ge­beutet, ver­fol­gt und ermordet wur­den. Ich habe dafür gekämpft, dass die Hoff­nung darauf, dass let­z­tendlich der Ver­stand siegt, wahr wird.
Das dieses Bestreben unbe­d­ingt notwendig ist, zeigen aktuelle Entwick­lun­gen in Poli­tik und Gesellschaft: Der NSU-Prozess endete ent­täuschend, ist fast schon wieder aus dem gesellschaftlichen Kurzzeitgedächt­nis ver­schwun­den. Rechte Net­zw­erke reichen tief in die staatlichen Struk­turen, wie Ver­wal­tung und Polizei hinein. Die AfD beset­zt ihre Lan­deswahlliste mit stram­men Neon­azis und wird dafür in aktuellen Wahlum­fra­gen mit 20 bis 23 Prozent belohnt. Zugle­ich wer­den Men­schen, die sich für Men­schen­rechte, Frei­heit und Sol­i­dar­ität ein­set­zen kriminalisiert.
Unsere Auf­gaben und Ver­ant­wor­tun­gen begin­nen an genau diesem Punkt, denn jede von uns gestal­tet aktiv diese Gesellschaft. Jeden Tag. Denn der wichtig­ste Schritt auf dem Weg eine Bar­barei, wie den Nation­al­sozial­is­mus, zu ver­hin­dern ist die Tat­sache, dass wir hier heute alle gemein­sam ste­hen. Die Allianzen, die hier entste­hen sind die Grund­lage und der Rück­halt für die poli­tis­chen Auseinan­der­set­zun­gen, die jede*r von uns in den ganz alltäglichen Sit­u­a­tio­nen zu führen hat. Denn wen es zu erre­ichen gilt sind nicht wir, die wir uns hier gemein­sam den Worten von Ani­ta Lasker-Wall­fisch erin­nern, dass Aufgeben keine Option ist – und nie sein kann. Sich diese Mah­nung vor Augen zu führen ist in Zeit­en des steigen­den neolib­eralen Ver­w­er­tungs­drucks und der zunehmenden staatlichen Repres­sion eine große Her­aus­forderung, den­noch nicht unmöglich. Antifaschis­tis­ch­er Aktivis­mus ist unsere Ver­ant­wor­tung und unsere Auf­gabe ist es im Heute die Ereignisse der Ver­gan­gen­heit und die Poten­ziale von Mor­gen zusam­men zu führen.

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Flucht & Migration

Aus den Augen, aus dem Sinn

Der Bran­den­burg­er Innen­min­is­ter kom­men­tierte die gesunkene Zahl neu aufgenommen­er Flüchtlinge in Bran­den­burg im ver­gan­genen Jahr mit der Ein­schätzung, die “Flüchtlingssi­t­u­a­tion [habe sich] im Ver­gle­ich zu den Vor­jahren entspan­nt.” Doch was ist der Preis dafür? Gründe für sink­ende Flüchtlingszahlen sind vor allem die Abschot­tung Europas und mehr Tote und Ver­let­zte auf der Flucht. Flucht­gründe beste­hen weit­er­hin fort.

Ein abgestuftes, vielschichtiges europäis­ches Sys­tem wurde instal­liert, um gezielt (Flucht-)Migration zu ver­hin­dern oder zumin­d­est stark zu ver­min­dern. Mit Konzepten von „Auss­chif­fungsplat­tformern“ und ille­galen „Push-Back-Aktio­nen“ zum Beispiel an den EU-Außen­gren­zen auf dem Balkan will die EU die Ver­ant­wor­tung für Asyl­suchende aus Europa aus­lagern und an Nordafri­ka und andere außereu­ropäis­che Staat­en abgeben. Damit nimmt sie in Kauf, dass Geflüchtete auf immer gefährlicheren Fluchtrouten ihr Leben riskieren. Die zusät­zliche Krim­i­nal­isierung der Seenotret­tung bedeutet unter­lassene Hil­feleis­tung und mün­det in Elend und Tod. Das Resul­tat all dieser Maß­nah­men zur Flucht­bekämp­fung lässt sich an der Zahl der Toten able­sen. Allein in diesem Jahr sind schon 185 Men­schen als tot oder ver­misst zu bekla­gen. Für 2018 hat das UNHCR 2.275 Tote geschätzt. IOM schätzt darüber hin­aus, dass inzwis­chen in der Sahara drei Mal so viele Men­schen ster­ben wie im Mit­telmeer. Wer es trotz EU-Türkei-Deal, ver­hin­dert­er Seenotret­tung und ver­schlossen­er Häfen bis nach Europa schafft, wird sich dort in Lagern wiederfind­en – i.d.R. in den soge­nan­nten Hotspots -, in denen massen­weise Men­schen fern ab der Gesellschaft unter unmen­schlichen Zustän­den und ohne Zugang zu einem fairen Asylver­fahren kaserniert werden.

Die Ein­schätzung des Innen­min­is­teri­ums, die Flüchtlingssi­t­u­a­tion habe sich entspan­nt, ist angesichts des drama­tis­chen Geschehens auf den Fluchtwe­gen und an der EU-Außen­gren­ze zynisch. Es zeigt vor allem eines: Men­schen müssen sich auch weit­er­hin – und abse­hbar lei­der auch zunehmend – auf die Flucht begeben, um Kriegen, Ver­fol­gung, Vere­len­dung oder Umweltzer­störung zu entkom­men. Sie wer­den aber einen immer höheren Preis dafür bezahlen. Und das ist kein Grund für Jubelmeldungen.

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg fordert ein Ende der men­schen­ver­ach­t­en­den und tödlichen Abschot­tungspoli­tik der Europäis­chen Union an ihr Außen­gren­zen und darüber hin­aus. Bun­des- und Landespolitiker*innen müssen diese als solche deut­lich benen­nen und nicht ver­harm­losen oder ver­schweigen. Die bran­den­burg- und bun­desweit­en See­brück­en-Demon­stra­tio­nen der ver­gan­genen Monate und andere Aktio­nen bre­it­er Bünd­nisse wie „We’ll Come Unit­ed“ und #unteil­bar zeigen, dass wir unser Augen­merk nicht nur auf das richt­en dür­fen, was in unser­er eige­nen Stadt und vor unser­er Haustür passiert – es braucht Sol­i­dar­ität und Wider­stand gegen die Abschot­tung und Aus­gren­zung auch aus Bran­den­burg. Und ein deut­lich­es Sig­nal für die Auf­nahme schutz­suchen­der Menschen.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Kein Aufnahmestopp in Cottbus!

Der Sprech­er des Ober­bürg­er­meis­ters bew­ertet den Verteilungsstopp von Flüchtlin­gen nach Cot­tbus als ein „richtiges Sig­nal“. Auch 2019 sollen keine Geflüchteten aus der Erstauf­nah­meein­rich­tung nach Cot­tbus verteilt werden.

Aus­sagen von einem “ver­wirk­ten Gas­trecht”, dem ein “Tickt in die Heimat” fol­gen müsse, wie es zulet­zt ein­er Erk­lärung der Stadt Cot­tbus zu ent­nehmen war, kan­nte man früher nur von den Wahlplakat­en rechter Parteien. Heute sind sie Teil der poli­tis­chen All­t­agsrhethorik der bürg­er­lichen Mitte. Äußerun­gen wie diese fördern die gesellschaftliche Entsol­i­darisierung. Sie stig­ma­tisieren Geflüchtete als Sicher­heit­sprob­lem, das es aus der Stadt her­auszuhal­ten gelte. Welchen Effekt diese öffentliche Ablehnung und der Auf­nahmestopp aus der Erstauf­nahme auf die in Cot­tbus leben­den Geflüchteten und Migrant*innen hat, inter­essiert die Entschei­dungsträger offen­sichtlich nicht.

Immer wieder verbleiben Men­schen weit über die rechtlich max­i­mal vorge­se­henen sechs Monate in den isolierten Kaser­nen der Erstauf­nahme, weil sich laut Innen­min­is­teri­um einige Land­kreise weigerten, Flüchtlinge aufzunehmen. In Dober­lug-Krich­hain leben bis zu 1000 Men­schen isoliert und per­spek­tiv­los, der­weil gibt es in Cot­tbus nicht nur Kapaz­itäten zur Auf­nahme, son­dern auch Möglichkeit­en zur Teil­habe und eine Lebensper­spek­tive. Ein Auf­nahmestopp ist absolute Sym­bol­poli­tik und trägt höch­stens dazu bei, dass sich die in Cot­tbus erstark­te AfD und die recht­en Bürg­er­wehren, die die Cot­tbusser Innen­stadt zur Schutz­zone erk­lären, in ihrer Welt­sicht bestätigt fühlen. Ins­beson­dere im Hin­blick auf die anste­hen­den Kom­mu­nal- und die Land­tagswahlen ist das Han­deln der Stadt und des Ober­bürg­er­meis­ters fatal. Anstatt der AfD und anderen recht­en Kräften etwas ent­ge­gen­zuset­zen, ver­wirk­licht er deren poli­tis­che Fantasien.

Das Geflüchteten­net­zw­erk Cot­tbus, die Ini­tia­tive Flu­Mi­Co und der Flüchtlingsrat Bran­den­burg fordern, dass ab sofort wieder Flüchtlinge aus der Erstauf­nahme nach Cot­tbus verteilt wer­den. Die Stadt muss endlich aufhören, sich dem poli­tis­chen Druck von rechts zu beu­gen und Flüchtlinge durch eigenes Ver­wal­tung­shan­deln und öffentliche Aus­sagen als Gefahr zu konstruieren.

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Antifaschismus

Gesicht zeigen gegen den Rechtsruck

Anlässlich des erneuten Lan­desparteitages der AfD Bran­den­burg (am 02.02.2019) im See­ho­tel Rangs­dorf, geht auch die Demo unter dem Mot­to „ Gesicht zeigen gegen Recht­sruck“ in eine zweite Runde.

Wir wollen zeigen, dass wir im Sinne der Grup­pen #wirsind­mehr und #unteil­bar wie zulet­zt in Chem­nitz, Berlin oder auch jüngst in Riesa weit­er­hin und auch zukün­ftig in der Mehrheit sind. Gegen den Recht­sruck — gegen Het­ze und Aus­gren­zung, gegen Diskri­m­inierung, Ras­sis­mus und Neo-Faschismus!

Gesicht zeigen gegen Recht­sruck“ — WANN, WOWAS

Sam­stag 02.02.2019 in Rangs­dorf, Brandenburg
Start um 12:30 Uhr am Bahn­hof Rangs­dorf – Bahnhofsvorplatz/Goethestraße

Demon­stra­tionszug ent­lang der See­badallee zum Tagung­sort der AfD. Anschließend Kundge­bung mit Rede­beiträ­gen, Musik und Euren Ideen direkt vor dem Seehotel.

Die Berlin­er und Bran­den­burg­er Ini­tia­tiv­en rufen auf!

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Antifaschismus

Lars Günther – rechter Netzwerker & Verschwörungstheoretiker

Lars Gün­ther ver­sucht seit let­ztem Som­mer in Eber­swalde mit Demon­stra­tio­nen rechte Straßen­poli­tik zu etablieren. Es zeigt sich ein­mal wieder: Genau hin­schauen lohnt sich. Denn Gün­ther ist alles andere als ein unbeschriebenes Blatt.

Politischer Start in Berlin

Lars Gün­ther taucht das erste Mal wahrnehm­bar 2014 im Zuge der soge­nan­nten Friedens­mah­nwachen in Berlin auf. Gün­ther war bere­its bei den ersten Mah­nwachen dabei und fing schnell selb­st an aktiv zu wer­den, bspw. durch das Verteilen von Fly­ern. Unter den ver­schieden­sten recht­en und ver­schwörungs­the­o­retis­chen Red­ner­In­nen war auch der rechte Pub­lizist Jür­gen Elsäss­er. Elsäss­er war jedoch eini­gen „Mah­n­wäch­terIn­nen“ zu rechts, daraufhin grün­dete er den „Arbeit­skreis Berlin“ (AK Berlin). Diese wollte laut eigen­er Aus­sage die Bewe­gung vervielfälti­gen, war jedoch eine klare rechte Abspal­tung. Dort wurde Gün­ther nun aktiv und meldete im April 2014 seine erste Demo in diesem Kon­text an. Die anfängliche Quer­front­manier jen­seits von rechts und links ließ er schnell hin­ter sich. Da Elsäss­er als häu­figer Gast seine Posi­tio­nen ver­trat, wun­dert es kaum, dass Gün­ther sich immer weit­er nach rechts verortete. Im Juli 2014 hiel­ten Elsäss­er und er gemein­sam auf ein­er von Gün­ther organ­isierten Demon­stra­tion auf dem Alexan­der­platz Reden. Hier betreute Gün­ther auch den Laut­sprecher­wa­gen. An geschicht­strächti­gen Tagen organ­isierte er vor dem Kan­zler­amt Kundge­bun­gen, am 03. Okto­ber 2014 unter anderen mit dem Ver­schwörungs­the­o­retik­er, Reich­side­ologe und Sänger Xavier Naidoo. Auf­grund seines Promi­nen­ten­sta­tus kon­nte Naidoo die Ver­schwörungs­the­o­rien der „Mah­n­wäch­terIn­nen“ mehrfach zum Beispiel in Talk-Shows vertreten. Die Ver­anstal­tun­gen rück­ten immer weit­er nach rechts und bilde­ten ein Sam­mel­beck­en für Ver­schwörungs­the­o­rien und Reichs­bürg­eride­olo­gien. Bere­its hier zeigt sich, dass Gün­ther keine Berührungsäng­ste zu klaren Neon­azis wie Sebastian Schmidtke hat. 2015 fand er dann zur AfD und nahm an der AfD Großdemon­stra­tion in Berlin teil. 

Die unter den Namen „Mah­nwachen für den Frieden“, „Friedens­be­we­gung 2.0“ oder „Mon­tags­mah­nwachen“ ver­anstal­teten Kundge­bun­gen ent­standen im Zuge der Ukraine-Krise 2014 um Lars Mährholz herum. Während ver­sucht wurde sich in die Tra­di­tion der Bürg­er­rechts­be­we­gung der DDR und ihrer Mon­tags­demon­stra­tio­nen zu stellen, fie­len sie stattdessen durch Anti­amerikanis­mus, Anti­semitismus und Ver­schwörungs­the­o­rien auf. Schuld an Krieg und Leid seien fremde Mächte und die Geldgi­er der Banken. Eben­falls sei Deutsch­land bzw. das deutsche Volk von diesen unter­jocht und nicht sou­verän. Schnell wurde klar, dass die Kundge­bun­gen nicht nur anschlussfähig für soge­nan­nte Reichs­bürg­erIn­nen und Ver­schwörungs­the­o­retik­erIn­nen sind, son­dern diese das Pub­likum dominierten. Die Teil­nehmenden und Organ­isatorIn­nen für diese Ver­anstal­tun­gen kamen aus allen poli­tis­chen Rich­tun­gen, es wurde aktiv ver­sucht sich als Bewe­gung jen­seits von links und rechts darzustellen. Diesem Kon­text entstammt der Begriff „Quer­front“. Neben Lars Mährholz, trat auch immer wieder der Pub­lizist Jür­gen Elsäss­er, aber auch der Berlin­er NPD-Vor­sitzende und „Nationaler Wider­stand Berlin“ Aktivist Sebas­t­ian Schmidtke, auf.

Lars Gün­ther Arm in Arm mit Jür­gen Elsäss­er | Quelle: Facebook

Aus Berlin nach Märkisch-Oderland und Barnim

Anschließend scheint Gün­ther seinen poli­tis­chen Aktion­sraum nach Ost­bran­den­burg bzw. Märkisch-Oder­land (MOL) ver­legt zu haben. Im Herb­st 2015 organ­isierte er zusam­men mit Robert Geb­hardt drei Kundge­bun­gen unter dem Mot­to „Ost­bran­den­burg erwacht!“ in Bad Freien­walde und Wriezen. 

Robert Geb­hardt wurde für die NPD in den Kreistag gewählt, wech­selte jedoch kurz darauf zur Partei Die Rechte. Dort ist er Vor­sitzen­der des Kreisver­bands Märkisch-Oder Barn­im (KMOB). Der Name des Kreisver­bands ist nicht zufäl­lig gewählt: 2010 löste sich die „Kam­er­ad­schaft Märkisch Oder Barn­im“, kurz KMOB, auf, um einem Ver­bot nach dem Vere­ins­ge­setz zu ent­ge­hen. Somit ist der Kreisver­band der Partei als aktuell­ster Ver­such zu ver­ste­hen, die Kam­er­ad­schaft weit­er zu führen. Unter dem Mot­to „Ost­bran­den­burg erwacht“ kon­nten Gün­ther und Geb­hardt bis zu 270 Men­schen mobil­isieren. Während der ras­sis­tis­che Tenor der Ver­anstal­tun­gen einen bunt gemis­cht­en recht­en Mob aus soge­nan­nten besorgten Bürg­erIn­nen, Neon­azis und Iden­titären anzog, hielt Gün­ther als AfD-Vertreter Reden neben NPD-Kadern wie Manuela Kokott, Klaus Beier und Andrew Ron Stel­ter. Die Ord­ner kamen eben­falls aus dem Kam­er­ad­schaftsm­i­lieu: das Umfeld von Ron­ny und Gesine Schrad­er, bei­de ehe­ma­lig in der ver­bote­nen Kam­er­ad­schaft „Front­bann 24“ aus Berlin. Bis 2015 druck­te Schrad­er zusam­men mit Michel Fis­ch­er aus Thürin­gen die Bek­lei­dung der „Weisse Wölfe Ter­ror­crew“ (WWT), ein 2016 ver­botenes bun­desweites Neonazinetzwerk.

Im Dezem­ber 2015 organ­isierte Gün­ther anlässlich ein­er geplanten Erstauf­nah­meein­rich­tung in Straus­berg eine Demon­stra­tion unter dem Titel „Berlin und Bran­den­burg erwacht“. Ver­mut­lich wieder zusam­men mit Geb­hardt. Jeden­falls hat­te er auch dieses Mal wieder tatkräftige Unter­stützung aus dem Kam­er­ad­schaftsm­i­lieu: Die ver­botene Kam­er­ad­schaft „ANSDAPO“ (aus­geschrieben „Alter­na­tive Nationale Straus­berg­er DArt Pierc­ing und Tat­too Offen­sive“) stellte Laut­sprecher­wa­gen und die erste Rei­he. Die Demon­stra­tion lock­te zahlre­iche Per­so­n­en aus dem Neon­az­im­i­lieu an, unter anderem gewalt­bere­ite Neon­azis aus Berlin. Darunter Tim Wendt und Oliv­er Oeltze, bei­de WWT-Berlin. Oeltze war in der ver­bote­nen Berlin­er „Kam­er­ad­schaft Tor“ und im „Nationalen Wider­stand Berlin“ aktiv. Zudem wurde er im Jan­u­ar 2016 im Zuge des Über­falls von Neon­azis und Hooli­gans auf Leipzig Con­newitz festgenom­men. Eben­falls anwe­send waren einzelne Per­so­n­en der „Iden­titären Bewe­gung“ (IB).

Bei den Ver­anstal­tun­gen, welche Gün­ther Ende 2015 in MOL organ­isierte, war immer ein bre­it­er Quer­schnitt der recht­en Szene aufzufind­en, von Parteien über organ­isierte Neon­azis zu ras­sis­tis­chen Nach­barIn­nen, anwe­send. Somit find­et ein Schul­ter­schluss zwis­chen klaren Neon­azis und der AfD statt, welch­er den Unvere­in­barkeits­beschlüssen und Abgren­zungsver­suchen der Partei wider­spricht. Eben­falls ist bei allen Ver­anstal­tun­gen ein Bezug zum Com­pact-Mag­a­zin vorhan­den. Gün­ther stellte hier Schilder des Mag­a­zins zur Ver­fü­gung und tauchte bei der AfD-Demon­stra­tion in Berlin selb­st mit einem auf. Dementsprechend scheint Gün­ther bere­its Ende 2015 dem Mag­a­zin sehr ver­bun­den und von diesem bzw. Elsäss­er geprägt zu sein.

Am 11. Jan­u­ar 2016 war Gün­ther in Pots­dam bei ein­er Demon­stra­tion des lokalen Pegi­da-Ablegers Pogi­da. Im Ver­lauf des Jahres beteiligte er sich an recht­en Demon­stra­tio­nen in und um Berlin, das Spek­trum reichte von AfD- über „Wir für Deutsch­land“- bis zu „Merkel muss weg“-Demonstrationen. Ab Novem­ber 2016 organ­isierte er zusam­men mit Franz Josef Wiese (MdL Bran­den­burg für die AfD) aus Seelow die „Merkel-muss-weg-Mittwochs­mah­nwachen“. In typ­is­ch­er AfD-Rhetorik wurde hier gegen Merkel agi­tiert, promi­nente Gäste waren Björn Höcke und Alexan­der Gauland. Bei­de gehören der Plat­tform „Der Flügel“ in der AfD an. Ohne Gün­thers Organ­i­sa­tion­ser­fahrung und ‑leis­tung in Sachen Anmel­dung und Co., sowie sein Net­zw­erk zahlre­ich­er Kon­tak­te hät­ten die wöchentlichen Mah­nwachen wohl nicht stat­tfind­en kön­nen. Bei den Ver­anstal­tun­gen waren auch Iden­titäre wie Robert Timm anwe­send. Dass er zu diesen gute Kon­tak­te haben muss, zeigte sich auch bei der „Block­ade“ der CDU-Zen­trale durch die Iden­titäre Bewe­gung (IB). Trotz kon­spir­a­tiv­er Organ­i­sa­tion war Gün­ther gle­ich von Anfang an vor Ort, ver­mut­lich um die Aktion zu dokumentieren. 

2017 beteiligte sich Gün­ther, neben der Teil­nahme an diversen recht­en Ver­anstal­tun­gen, am Bun­destagswahlkampf der AfD und arbeit­ete in der AfD MOL ver­stärkt mit. Spätestens seit Mitte des Jahres 2017 wohnt er wieder in Bad Freien­walde. Im Sep­tem­ber trat er dort als Bürg­er­meis­terkan­di­dat an und erhielt 11,14% der Stimmen. 

Nach den ersten Erfol­gen mit den Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen in MOL erweit­erte Gün­ther seinen Aktion­sra­dius in den Barn­im. Am 26. August 2018 organ­isierte er unter dem Label „Heimatliebe Bran­den­burg“ eine Demon­stra­tion in Eber­swalde. Die Struk­tur „Heimatliebe Bran­den­burg“ tritt vor allem auf Face­book auf, der erste Post ist aus dem April 2016. Danach passierte über zwei Jahre nichts auf der Präsenz, im August 2018 wurde sie reak­tiviert, um die Demon­stra­tion in Eber­swalde zu bewer­ben. Seit­dem ist nicht nur inhaltlich eine Nähe zum Vere­in Zukun­ft Heimat1 aus Süd­bran­den­burg zu erken­nen, laut „Heimatliebe Bran­den­burg“ half Zukun­ft Heimat auch bei der Organ­i­sa­tion und beteiligte sich mit einem Rede­beitrag von Christoph Berndt. Berndt ist ein­er der führen­den Kad­er des Vere­ins und tritt zur Land­tagswahl 2019 auf Lis­ten­platz zwei für die AfD an. Aus Dres­den kam Siegfried Däbritz angereist, um als Vize-Chef von Pegi­da Dres­den eine Rede beizus­teuern. Bei der Organ­i­sa­tion half eben­falls Jan­nik Brämer. Brämer ist in der AfD Bran­den­burg engagiert und führen­der Aktivist der Iden­titären Berlin-Bran­den­burg und war in diesem Zuge an mehreren Aktio­nen dieser beteiligt. Bei der Demon­stra­tion der Iden­titären Bewe­gung 2016 in Berlin war er Ord­ner, bei der gescheit­erten Beset­zung des Bun­desjus­tizmin­is­teri­ums 2017 fuhr er einen Last­wa­gen und machte die Aktion so logis­tisch möglich. Dabei über­fuhr er fast einen Zivilpolizis­ten und wurde anschließend per Haft­be­fehl gesucht. Darauf hin ver­lor er seine Mit­glied­schaften in AfD und Junger Alter­na­tive, in welch­er er vorher als Schatzmeis­ter fungierte. Im Novem­ber 2018 organ­isierte Gün­ther erneut eine Demon­stra­tion in Eber­swalde, mit dabei waren wieder Zukun­ft Heimat vertreten von Christoph Berndt, Siegfried Däbritz von Pegi­da Dres­den, Stef­fen John (Land­tagskan­di­dat für die AfD) und André Poggen­burg (MdL Sach­sen-Anhalt, (ex-)AfD). Poggen­burg ist ein­er der wichtig­sten Vertreter des völkisch-nationalen Spek­trums in der AfD. Er war 2015 als Mitini­tia­tor der Erfurter Res­o­lu­tion maßge­blich an der ultra­kon­ser­v­a­tiv­en Aus­rich­tung und der Grün­dung der völkisch-nationalen Grup­pierung „Der Flügel“ inner­halb der AfD beteiligt. Im Jan­u­ar 2019 ver­ließ Poggen­burg die Partei, da diese ihn auf 2 Jahre für Parteiämter sper­ren wollte. Grund dafür waren wohl seine ver­mehrten völkisch-nation­al­is­tis­chen Äußerun­gen in der Ver­gan­gen­heit. Mit dem “Auf­bruch deutsch­er Patri­oten für Mit­teldeutsch­land” (AdP) möchte er nun eine eigene Partei auf die Beine stellen.

Zukun­ft Heimat ist ein Vere­in, der seit 2015 in den Spree­wald­städten Golßen, Lübben und Lübbe­nau regelmäßig Kundge­bun­gen, Demon­stra­tio­nen und Ver­anstal­tun­gen organ­isiert. Anfänglich bestand die inhaltliche Aus­rich­tung aus Protest gegen die Unter­bringung von Geflüchteten. Mit­tler­weile hat der Vere­in eine klare völkisch-nation­al­is­tis­che Aus­rich­tung und sein Aktion­s­ge­bi­et und ‑spek­trum erweit­ert. So ist der Vere­in regelmäßig in Cot­tbus aktiv, hat dort auch eine Loca­tion namens „Müh­le Cot­tbus“, in der Ver­anstal­tun­gen mit deut­lich­er poli­tis­ch­er Agen­da neben ver­meintlich unver­fänglichen Kul­turver­anstal­tun­gen Platz find­en. Zu Anlässen, welche eine ras­sis­tis­che Instru­men­tal­isierung zulassen, bspw. dem Miss­brauch ein­er Min­der­jähri­gen in Königs Wuster­hausen, organ­isiert der Vere­in in ganz Süd­bran­den­burg Ver­anstal­tun­gen auf der Straße. Zukun­ft Heimat fällt vor allem durch eine pro­fes­sionelle Öffentlichkeit­sar­beit auf. Dazu hat der Vere­in nicht nur Verbindun­gen zur recht­en Finanzierungsini­tia­tive „Ein Prozent für unser Land“, son­dern selb­st laut Ver­fas­sungss­chutz bis ins Neon­az­im­i­lieu. So gibt es Beispiel­sweise eine auf­fäl­lige Nähe zu der ver­bote­nen Neon­azi­gruppe „Spreelichter“.

Gün­ther und Stef­fen John in Eberswalde
Lars Gün­ther beim Reden Schwin­gen, links daneben: Siegfried Däbritz

Die Trag­weite der net­zw­erk­erischen Aktiv­itäten von Lars Gün­ther im Umfeld von AfD und Com­pact-Mag­a­zin zeigte sich 2018 auch bei ein­er AfD-Tageskon­ferenz unter dem Mot­to „Der soziale Frieden Deutsch­lands in Gefahr“. Andreas Kalb­itz und André Poggen­burg (bei­de „Der Flügel“) soll­ten hier zusam­men mit Jür­gen Elsäss­er und Oliv­er Hilburg­er, einem ehe­ma­li­gen Aktivis­ten des ver­bote­nen neon­azis­tis­chen „Blood & Honour“-Netzwerkes, die soziale Frage von rechts disku­tieren. Trotz seines starken Engage­ments in Märkisch-Oder­land und Barn­im, ist Gün­ther immer wieder Anmelder von Ver­anstal­tun­gen in Berlin. So ist er Mitor­gan­isator des „Merkel muss weg Mittwochs“ und meldete Anfang 2018 die rechte Frauen­de­mo, die von Ley­la Bilge (Platz 19 der AfD-Lan­desliste zur Land­tagswahl 2019) organ­isiert war, an. Am 1. Dezem­ber 2018 war er Mitor­gan­isator ein­er Kundge­bung gegen den Migra­tionspakt vor dem Kanzleramt.

Lars Günther und das Compact-Magazin

Nicht zu überse­hen sind bei den von Gün­ther organ­isierten Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen die vie­len Schilder des recht­en Com­pact-Mag­a­zins. Wie bere­its erwäh­nt pflegt Gün­ther eine enge Fre­und­schaft zu Jür­gen Elsäss­er, dem Ver­leger des Com­pact-Mag­a­zins. Die Kon­se­quenz dieser Fre­und­schaft scheint die Mitar­beit Gün­thers bei dem Mag­a­zin zu sein – so tauchen auf der Com­pact-Web­seite Artikel, Fotos und Inter­views, ange­fer­tigt von Gün­ther, auf. Darüber hin­aus ver­tritt er das Com­pact-Mag­a­zin auch bei Ver­anstal­tun­gen durch das Betreuen von Info­tis­chen oder hält selb­st Reden auf Kon­feren­zen. So nimmt er beispiel­sweise an der jährlich stat­tfind­en­den Com­pact-Kon­ferenz teil, oder besuchte die Gren­zschutz-Kon­ferenz 2018, genau­so wie die anti­semi­tis­che Bilder­berg­er-Kon­ferenz 2016. Diese Tätigkeit­en sind nicht zu unter­schätzen: Durch die Arbeit für das Mag­a­zin bzw. im Umfeld des Mag­a­zins, hat Gün­ther zahlre­iche Möglichkeit­en sich umfan­gre­ich im Sam­mel­beck­en der neuen Recht­en zu ver­net­zen, oder auch selb­st in Erschei­n­ung zu treten. So lassen sich auch die über­re­gionalen Kon­tak­te Gün­thers erk­lären. Laut eigen­er Aus­sage auf sein­er Face­book Präsenz, arbeit­et Lars Gün­ther mit­tler­weile als ver­lagskaufmän­nis­ch­er Angestell­ter für das Compact-Magazin.

Gün­ther betreut einen Info­s­tand für Com­pact | Quelle: Facebook

Das Mag­a­zin bzw. der Her­aus­ge­ber Jür­gen Elsäss­er scheint für Gün­ther seit dem Beginn sein­er Poli­tisierung eine Art inhaltlich­er rot­er Faden zu sein. So ist er seit 2014 min­destens offen für Ver­schwörungs­the­o­rien und knüpft teil­weise an diese an. Jedoch wur­den sie nie zum Mit­telpunkt sein­er Poli­tik. Er bedi­ent und nutzt Ver­schwörungs­the­o­rien, soweit sie gegen die Regierung, ins­beson­dere gegen Merkel, oder auch in anti­semi­tis­ch­er Manier gegen „die da oben“ gehen. In erster Lin­ie seien hier die ange­blich von der Regierung gewollte bzw. ges­teuerte Migra­tion oder die BRD bzw. das deutsche Volk unter der Knechtschaft von EU, USA oder inter­na­tionalen Banken genan­nt. Darüber hin­aus hält sich Gün­ther bis auf Einzelfälle – wie auch das Com­pact-Mag­a­zin – bedeckt, obwohl stets ver­schwörungs­the­o­retis­che Ele­mente im Sub­text auftauchen.

Gün­ther hat Angst vor 5G | Quelle: Facebook

Alerta!

Mit Lars Gün­ther wohnt ein extrem umtriebiger rechter Net­zw­erk­er mit­ten in MOL (Bad Freien­walde). Seine Kon­tak­te sind über­re­gion­al und umfassen das gesamte rechte Spek­trum, von AfD über Com­pact bis zu Neon­azis auf dem Kam­er­ad­schaftsm­i­lieu. Zudem bringt er bei Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen genau dieses Spek­trum auf die Straße und ermöglicht so den Schul­ter­schluss zwis­chen Kam­er­ad­schaften, AfD und ras­sis­tis­chen „besorgten Bürg­erIn­nen“. Obwohl noch weit vom erk­lärten Vor­bild „Zukun­ft Heimat“ ent­fer­nt, sollte diesen Aktiv­itäten als das wahrgenom­men wer­den, was sie sind: Der Ver­such eine bre­ite rechte Hege­monie im ländlichen Raum von MOL bis Eber­swalde zu schaf­fen und sich als poli­tis­ch­er Akteur zu etablieren.

Am 9. Feb­ru­ar 2019 möchte Gün­ther mit „Heimatliebe Bran­den­burg“ wieder durch Eber­swalde laufen. Kommt nach Eber­swalde und macht den recht­en Spin­nern klar, dass sie sich hier nichts ver­loren haben!

Antifa Recherche Ostbrandenburg


Weit­ere Infor­ma­tio­nen sind u.a. hier zu finden:
https://inforiot.de/neuer-kmob-gegruendet/
https://inforiot.de/npd-infotour-durch-maerkisch-oderland/
https://inforiot.de/afd-in-mol/
https://inforiot.de/identitaerer-an-der-viadrina/
https://inforiot.de/eberswalde-rechter-aufmarsch-von-breitem-protest-begleitet/
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/ansdapo-verboten

 

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Antifaschismus

Alexander Gauland und der rechte Rand

Trotz möglich­er Beobach­tung durch den Ver­fas­sungss­chutz spricht Alexan­der Gauland zum Nach­wuchs der Neuen Recht­en. Warum sucht der AfD-Chef dessen Nähe?

Eine Analyse von Johannes Grunert

Artikel lesen: https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019–01/rechtspopulismus-neue-rechte-afd-alexander-gauland-schnellroda

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Antifaschismus

Auf der Suche nach Erleuchtung

Vertreter der Zivilge­sellschaft luden zu ein­er Lichter­kette in Rathenow ein. Unzufriede­nen wurde außer­dem der Dia­log ange­boten. Die kamen dann auch und nutzten das Event für eigene Profilierungszwecke.

Lichtkette gegen die Dunkelheit

2019.01.18 rathenow urmf lichterkette und rep provokation (18)
„Vom Dunkel ins Licht“ – 120 Men­schen bilde­ten eine Lichter­kette in Rathenow

Ein großer Leucht­bal­lon illu­minierte die zen­trale Aus­sage des Abends: „Vom Dunkel ins Licht“. Sie richtete sich in inter­ak­tive Weise an die Teil­nehmenden ein­er Ver­samm­lung des Aktions­bünd­niss­es: Unser Rathenow, Miteinan­der, Füreinan­der (URMF). Denn der Ver­anstal­tungs­be­ginn um 16.29 Uhr markiert den Zeit­punkt des Son­nenun­ter­ganges, also genau das Ereig­nis an dem es in diesem Teil Deutsch­lands dunkelt. Wer nun dem Dun­klen trotzen und somit – sym­bol­isch gese­hen – erleuchtet wer­den wollte, musste sich engagieren – in diesem Fall ein­er Kerze, eine Taschen­lampe oder eine Handy­lampe zum Leucht­en bringen.

Ähn­lich dürften es die Ver­anstal­tenden auch mit dem demokratis­chen Engage­ment in der Gesellschaft sehen. Nur wer sich bewegt, kann etwas bewe­gen. Eine Ein­ladung, die sich auch an die Unzufriede­nen richtete.

Demokratie leben“ bedeutete an diesem Abend somit vor allem sich gemein­sam an einem Ste­htisch zu einem Heißgetränk tre­f­fen und gedanklich auszutauschen.

120 Rathenow­er fol­gten dieser Ein­ladung, lauscht­en zunächst den Ansprachen des Bürg­er­meis­ters, ein­er Vertreterin von URMF, Mit­gliedern des Kinder- und Jugend­par­la­mentes sowie Aktiv­en des Senioren­rates und bilde­ten dann eine Lichter­kette um den Märkischen Platz.

Anschließend stand es jedem Teil­nehmenden offen, das Gespräch zu suchen, Sor­gen oder Anre­gen in einen gemein­samen Gedanke­naus­tausch einzubringen.

Klare Bedin­gung war jedoch der sorgsame Umgang untere­inan­der. „Has­skom­mentare, Belei­di­gun­gen, Verunglimp­fun­gen und per­sön­liche Angriffe“ soll­ten nicht geduldet wer­den. Und von „men­schen­feindlichen, ras­sis­tis­chen und dif­famieren­den Äußerun­gen“ gren­zte sich das ver­anstal­tende Aktions­bünd­nis bere­its eben­falls im Vor­feld ab.

Repub­likan­er / Bürg­er­bünd­nis provozierten am Rand

2019.01.18 rathenow urmf lichterkette und rep provokation (12)
Chris­t­ian Kaiser (Repub­likan­er / Bürg­er­bünd­nis Havel­land ) provozierte am Rande mit seinem „Flag­gschiff“

Allerd­ings hielt das einige lokale Ras­sis­ten, die mit dem extrem recht­en Bürg­er­bünd­nis Havel­land, den Repub­likan­ern (REP) oder AfD sym­pa­thisieren, nicht davon ab, die Ver­anstal­tung für eigene Pro­fil­ierungszwecke aufzusuchen bzw sich am Rande in Szene zu setzen.

Diese Klien­tel hat­ten ihr erscheinen bere­its im Vor­feld angekündigt. REP Lan­deschef Chris­t­ian Kaiser, der auch dem Bürg­er­bünd­nis Havel­land vorste­ht, emp­fahl erst am ver­gan­genen Mon­tag im Rah­men ein­er eige­nen Ver­anstal­tung auf dem Märkischen Platz die Teil­nahme. Außer­dem kündigte er „Über­raschun­gen“ an. Diese bestand dann allerd­ings darin, dass er mit einem beflag­gten PKW mehrfach um den Platz fuhr.

Keine klare Abgren­zung zu extrem Rechten

Später ver­sam­melten sich dann Kaiser und seine Getreuen am Rande der zivilge­sellschaftlichen Ver­anstal­tung, beäugt von mehreren Polizeibeamten. Doch zu einem Ein­satz gegen die Zaungäste aus Rathenows extrem recht­en Spek­trum kam es nicht. Auch für diese Leute sollte anscheinend der Weg für Gespräche offen bleiben, trotz deren men­schen­feindlichen, ras­sis­tis­chen und dif­famierende Äußerun­gen in den ver­gan­genen dreiein­halb Jahren.

Hier hätte dur­chaus mehr Hal­tung gezeigt wer­den können.

weit­ere Fotos hier

Inforiot