Zeichen setzen für unsere Brandenburger Zivilgesellschaft. Ein Appell anlässlich der Angriffe vonseiten der AfD-Landtagsfraktion
Autokratische, antidemokratische und nicht zuletzt faschistische Tendenzen sind weltweit ein Problem. Zwar ist das Vertrauen in die demokratischen Institutionen nach wie vor hoch. Doch die vielen Debatten, Demonstrationen und gar Terroranschläge darüber zeigen auch: Die Zwietracht ist gesät und viele beginnen, das Selbstverständliche mit anderen Augen zu betrachten. Und manche überlegen bereits: Wenn man die Demokratie zerstören wollte – wie und mit wem wäre zu agieren? Und nicht wenige Beziehungen, global oder auch in Frankfurt Oder und Słubice, führen zur AfD.
So wird klein Angefangen. Und dafür kann man auf die demokratischen Institutionen selbst zurückgreifen. Etwa, indem man im Landtag „Kleine Anfragen“ zu Akteur*innen der Zivilgesellschaft stellt, die vor allem eines demonstrieren sollen: „Wenn wir kommen, wird „aufgeräumt“!“ So getan hat es kürzlich die brandenburgische AfD-Fraktion, indem sie die Landesregierung nach „Erkenntnissen“ zum „Utopia e.V.“ aus Frankfurt (Oder) fragt – und Informationsveranstaltungen (wie Thementage zu Nationalismus und Antisemitismus), Demonstrationsvorbereitungen (wie zur Pride oder Seebrücke), Seminare und Konzerte sowie Kulturveranstaltungen in die Nähe des extremistischen drängen möchte. Als seien solche Aktivitäten nicht die Grundlage der Demokratie.
Die AfD „fragt“ gerne und oft zu Vereinen und Initiativen, die sich gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Rassismus einsetzen, vor allem wenn sie im zivilgesellschaftlichen Netzwerk „Tolerantes Brandenburg“ engagiert sind oder einfach nicht in ihr Weltbild passen wollen. Wie zum Beispiel die Beratungsstelle „Opferperspektive“, die seit über 20 Jahren Betroffene rechter Gewalt im Land Brandenburg unterstützt. Die AfD scheut auch nicht davor zurück, eine Anfrage zu den demonstrierenden Schüler*innen von „Fridays for Future“ zu stellen. Dies erscheint auf den ersten Blick harmlos, doch muss man niemandem erklären, welches Ziel hinter diesen Anfragen steht: die Diskreditierung, Lähmung und Einschüchterung einer solidarischen Zivilgesellschaft. 2019 waren es die Antidiskriminierungsarbeit und Teile der Umweltbewegung, 2020 das muslimische Gemeindeleben an der Oder und der „Utopia e.V.“. Nächstes Jahr werden sie versuchen, die Legitimität weiterer Vereine, Initiativen und demokratischen Netzwerke zu untergraben.
Wir Brandenburger Akteur*innen der Zivilgesellschaft machen unsere wichtige Arbeit in der Nachbarschaft, im Sport, im sozialen und im kulturellen Bereich. Ob ehrenamtlich, hauptamtlich oder in kleinen Gesten – wir beziehen im Alltag Stellung für eine solidarische und emanzipatorische Gesellschaft. Die meisten von uns sind es dabei nicht gewohnt, sich in der politischen Öffentlichkeit laut Gehör zu verschaffen. Doch kein Verein, keine Initiative, kein Netzwerk oder Einzelperson soll sich von den lärmenden Rechtsaußen unter Druck gesetzt fühlen. Niemand sollte sich die Frage stellen müssen, wie die eigene Arbeit wohl aussähe, wenn die AfD „das Sagen“ hätte
Deswegen unterzeichnet diesen Appell und ladet alle ein, es uns gleich zu tun! Wir sind bunt, solidarisch und stehen zusammen! Bei „kleinen Anfragen“ und bei großen Herausforderungen, vor denen wir überall gleichermaßen stehen: den Stimmungsmacher*innen am rechten Rand die Stirn zu bieten. Und unsere vielfältigen Kulturen in der Stadt und auf dem Land zu verteidigen.
Anlässlich des 82. Jahrestages der Pogromnacht haben wir am 9. November an die Opfer des Nationalsozialismus in Guben erinnert. In dieser Nacht wurden 1938 in Deutschland und Österreich Synagogen zerstört, jüdische Friedhöfe geschändet, Geschäfte jüdischer Menschen angezündet und Jüd*innen ermordet und inhaftiert. Die Pogrome markierten den Übergang des NS-Regimes von Diskrimminierung und Stigmatisierung jüdischer Menschen hin zu deren systematischer Vertreibung und Vernichtung.
Die erste Synagoge in Gubin wurde 1837 erbaut und bei den Novemberpogromen von den Nazis zerstört.
Auch die Synagoge in Guben fiel den Pogromen zum Opfer. Sie wurde 1878 im heutigen
polnischen Teil der Stadt (Ulica Dabrowskiego) erbaut. Die jüdische Gemeinde zählte damals mehr als zweihundert Menschen, von denen nur zwei die Shoa überlebten. Das Gebäude wurde während der Pogromnacht in Brand gesetzt und zerstört. Auch die Ruine wurde später abgerissen.
Heute erinnert ein Gedenkstein an den Ort, an dem die Synagoge einst stand. Jüdische Menschen hatten zuvor die Stadt geprägt, wie bspw. der Oberbürgermeister Alfred Glücksmann oder der Hutfabrikant Herrmann Lewin, dessen Sohn nationalsozialistischer Verfolgung ausgesetzt war und im Schweizer Exil verstarb.
Am Naemi-Wilke-Stift gedachten wir weiteren Opfern des NS-Regimes. Im Jahr 1940 wurden aus dem Stift 32 junge Frauen abtransportiert und umgebracht. Man hatte sie in der Landespflegeanstalt in Brandenburg an der Havel euthanasiert. Heute erinnern Stolpersteine unter anderem an Elisabeth Martina, Margarete Janzen, Luise Staffeldt und Edith Unke. Dies sind nur einige Schicksale, die exemplarisch für die systematische Vernichtung von Menschen im Nationalsozialismus stehen.
Damit dies nie wieder geschieht, dürfen wir die Opfer nicht vergessen. Erinnern heißt handeln und heißt auch kämpfen gegen faschistische Tendenzen in der Gegenwart.
Am Dienstag den 27. Oktober 2020 wurde Horst Mahler aus der JVA Brandenburg an der Havel entlassen. Der Antisemit und Shoaleugner Horst Mahler war seit 2009 in der JVA Brandenburg an der Havel inhaftiert. Die Freilassung nehmen wir zum Anlass eine kleine Chronik mit einigen ausgewählten Ereignissen um Horst Mahler von 1998 bis heute zu veröffentlichen. Die Chronik spiegelt viele, gewiss aber nicht alle, Geschehnisse wieder. Daher erheben wir hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wollen dennoch einen breiteren Überblick ermöglichen.
Horst Mahler oder mit vollständigen Namen Horst Werner Dieter Mahler wurde am 23. Januar 1936 in Haynau (Niederschlesien) geboren. Er war Mitglied der SPD und des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Als Mitbegründer des Sozialistischen Anwaltskollektivs vertrat er viele Aktivist*Innen der Studentenbewegung, darunter auch spätere Mitglieder der „Rote Armee Fraktion“. Im Jahr 1970 wird Mahler Mitbegründer der RAF und im gleichen Jahr auch noch verhaftet und anschließend zu 14 Jahren Freiheitsstrafe u. a. wegen Bankraubs verurteilt. Horst Mahler ist seit Ende der 1990er Jahre im rechtsradikalen Milieu aktiv. So war er Mitglied der NPD und vertrat die Partei auch im Verbotsverfahren, welches 2003 scheiterte. Um die 2000er war Mahler einer der Köpfe des „Deutschen Kollegs“. Wegen verschiedener Delikte, darunter verfassungswidrige Betätigung, Shoaverleugnung, Mord- und Gewaltandrohungen sowie antisemitische und neonazistische Äußerungen wurde Mahler zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt. Von Mai 2006 an befand sich Mahler mit einer Unterbrechung vom Juli 2015 bis Mai 2017 in Haft. Horst Mahler war aufgrund der Nähe zu seinem Wohnort in Kleinmachnow, seiner letzten Meldeadresse vor der Inhaftierung, in der JVA Brandenburg an der Havel inhaftiert. Mahler ist ein Antisemit, der auch unter Reichsbürger*Innen mit seinen Thesen und Behauptungen viel Ansehen genießt. Mahler trat mit dem „Deutschen Kolleg“ für die Errichtung eines „4. Reiches“ ein. Des Weiteren sieht er den Tag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht als den Tag des letzten in Deutschland gültigen Rechtsstands. Laut Mahler arbeiten die Juden „bewusst an der Zersetzung der Volksgeister und erstreben die Herrschaft über die Völker“. Deshalb seien, so Mahler, „auch die Protokolle der Weisen von Zion – auch wenn es sich dabei um eine Fälschung handelt – authentische Zeugnisse des jüdischen Geistes“.
1998: Im Jahr 1998 ist Mahler einer der Mitbegründer der deutschnationalen Bürgerbewegung „Für Unser Land“. Diese ruft alle Deutschen auf, sich ihr anzuschließen, „damit Deutschland deutsch bleibt.“ Er veranstaltete zusammen mit anderen Funktionär en des Bundes freier Bürger Montagsdemonstrationen unter anderem gegen das geplante Holocaust-Mahnmal in Berlin und in Frankfurt/Main. (Antifa Infoblatt 22. September 1999, Antifa Infoblatt 10. April 2003)
1999: Mahler tritt dem „Deutschen Kolleg“ bei. Das „Deutsche Kolleg“ entstand 1994 aus dem Lesekreis Berlin der „Jungen Freiheit“. Die „Junge Freiheit“ gilt als Publikation der sog. Neuen Rechten. Das „Deutsche Kolleg“ radikalisiert sich mit dem Beitritt Mahlers, der seitdem mehrfach mit antisemitischen Äußerungen auffällt. (MAZ 26.7.2003)
2000: Mahler publiziert im Oktober 2000 ein Pamphlet mit dem Titel „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen“. In diesem fordert Mahler unter anderem das Verbot der jüdischen Gemeinden in Deutschland, die Ausweisung aller Asylbewerber, „aller arbeitslos gewordenen Ausländer“ und einige weitere Maßnahmen ähnlicher Art.
Am 12. August 2000 tritt Mahler in die NPD ein. In seiner Presseerklärung dazu heißt es, dass er das Grundgesetz für ein „Provisorium für die Übergangszeit bis zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches“ hält.
Zusammen mit Franz Schönhuber veröffentlichte Mahler im Jahr 2000 das Buch „Schluß mit dem deutschen Selbsthaß“.
2001: Ab 2001 bis 2003 vertritt Mahler die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht, als die Bundesregierung erfolglos versucht, ein Verbot der NPD zu erreichen. Seine Schriftsätze an das Gericht bestehen großenteils aus ideologischen Textpassagen unterschiedlicher Herkunft.
2002: Mit der Billigung Mahlers wird im September 2002 in der NPD Parteizentrale in Berlin-Köpenick ein Schriftstück an Journalist*Innen verteilt. In diesem wird der Hass gegen Juden als „untrügliches Zeichen eines intakten spirituellen Immunsystems“ bezeichnet. (MAZ 26.7.2003)
2003: Horst Mahler wird im Juli eine Behördenverfügung zugestellt, die ihn dazu verpflichtet, seinen Pass sowie Personalausweis umgehend auszuhändigen. Das ganze geschieht, weil Mahler eine Provokationsreise in das nationalsozialistische Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau nach Polen plante. Nach Erkenntnissen mehrerer Verfassungsschutzbehörden hatte er mit Gesinnungsfreunden beabsichtigt, in der kommenden Woche in Auschwitz den Holocaust an sechs Millionen Juden öffentlich zu leugnen. Erst vor Tagen habe ein rechtsextremes Vorauskommando Gaskammern in Auschwitz vermessen sowie Film- und Fotoaufnahmen gemacht. Die Daten und Bilder sollten offenbar als Beleg für die Behauptung herhalten, dass die Nazi-Verbrechen ein weit geringeres Ausmaß hatten, als die Geschichtsforschung nachgewiesen hat. Im Mai waren Mahlers Pläne den Verfassungsschützern bekannt geworden — im Umkreis des neonazistischen Intellektuellen-Zirkels “Deutsches Kolleg”, in dem der 67-Jährige den Ton angibt. Vor zwei Wochen zuvor deutete sich zudem an, dass Medien die Provokationen öffentlichkeitswirksam verbreiten sollten. Details sind nicht bekannt. Das “Deutsche Kolleg” besteht aus 40 bis 50 Mitgliedern, die das Dritte Reich — besonders den Antisemitismus — verherrlichen. Unter Sicherheitsexperten gilt es als “intellektuelle Speerspitze des deutschen Rechtsextremismus”. (MAZ 26.7.2003)
Im Sommer 2003 zelebrieren Shoaleugner*Innen unter Führung von Horst Mahler den “Aufstand für die Wahrheit auf der Wartburg”. Auf mitgebrachten Plakaten waren Losungen wie “Den Holocaust gab es nicht” oder “Die Wahrheit siegt” zu lesen. (Mut gegen rechte Gewalt 19. Dezember 2008)
Mahler gründet im November 2003 den Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten, dem neben ihm selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehörten.
2004: Als Mitbegründer des rechtsradikalen „Deutschen Kollegs“ steht Mahler mit Reinhold Oberlercher und Uwe Meenen wegen Volksverhetzung im Februar 2004 vor dem Landgericht Berlin. Der Grund dafür ist das im Oktober 2000 publizierte Pamphlet „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen“.
Mahler wird 2004 vom Amtsgericht Tiergarten am 8. April ein vorläufiges Berufsverbot erteilt, weil er während des Prozesses den Richtern, den Schöffen und dem Staatsanwalt die Todesstrafe nach dem Reichsstrafgesetzbuch angedroht hat und im Gericht antisemitische Äußerungen getätigt hat. Im Übrigen gingen ähnliche Todesdrohungen an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und zwei Rechtsanwälte der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Wegen der im Prozess geäußerten antisemitischen Kommentaren erhob die Staatsanwaltschaft erneut Anklage. Das Landgericht ordnete in diesem Prozess auch die psychiatrische Begutachtung Mahlers durch einen Sachverständigen an. Schließlich wurde er zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.
Am 11. September fand in Kleinmachnow bei Potsdam eine Antifademo unter dem Motto “Wenn die Antifa 3x klingelt…Wir machen auch Hausbesuche!” gegen Horst Mahler statt, bei der gegen den dort lebenden Neonazi und Antisemiten protestiert wurde. Zuvor kursierten zwei Aufrufe aus dem neonazistischen Spektrum, in dem gegen die Antifaaktion mobil gemacht wurde. In Kleinmachnow selbst verteilten “Freunde von Horst Mahler” Flugblätter in Briefkästen, in dem zu einer Gegenkundgebung aufgerufen wurde. An der Demo beteiligten sich rund 130 Autonome Antifas. Neben der Polizei waren auch einige Neonazis anwesend. Ihre Hauptaufgabe sahen die versammelten Nazikameraden im Schutz des Hauses von Mahler sowie der Beobachtung unserer Antifa Aktion. Viele Anti-Antifa-Aktivisten aus Berlin und Brandenburg wurden gesichtet, und auch des Platzes verwiesen. Kurz vor Schluss der Demonstration kam es zu Rangeleien der Demonstration mit der Polizei, da sich die versammelten Polizeibeamten nicht in der Lage sahen die Neonazi zügig aus unserem Weg zu räumen. Anzeigen wurden nicht angenommen, Holocaustleugner konnte lauthals agieren wie sie wollten und die Neonazis konnten immer schön vermummt ihre Geländespiele vollführen. (Inforiot 10. September 2004, Inforiot 13. September 2004)
Das Fronttransparent der Antifademo in Kleinmachnow 2004, Quelle: Indymedia
2005: Im Juni 2005 tauchen in Berliner S‑Bahnen Flugzettel auf, in denen vom „Deutsche Kolleg“ um den Shoaleugner Horst Mahler zum Besuch des „ersten Bernauer Ausschwitz-Prozesses“ aufgerufen wurde auf. (Autonome Jugendantifa Bernau 30. Juni 2005)
Der Kleinmachnower SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin verlangt in einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung die Bewertung der Aktivitäten des Netzwerkes “Die Reichsbürgerbewegung zur Befreiung Deutschlands”. Die Bewegung erstelle und verteile nach eigenen Angaben alle vier bis sechs Wochen Flugblätter, Aufkleber und Plakate mit rechtsextremem und ausländerfeindlichem Gedankengut. Sie betreibt rechtsextreme Hasspropaganda gegen Demokrat*Innen, Christ*Innen, Jüdinnen*Juden und Ausländ*Innen. Die Postwurfsendungen erreichen Haushalte in Berlin und Brandenburg, auch in der Region Teltow. Presserechtlich verantwortlich zeichnet der Rechtsextreme Horst Mahler aus Kleinmachnow. (PNN 2. Februar 2005)
2006: Horst Mahler wird im Januar 2006 für sechs Monate der Reisepass von den brandenburgischen Behörden entzogen. Dies geschieht um Mahlers Teilnahme an der Teheraner Holocaustleugner-Konferenz (11./12. Dezember 2006) zu verhindern. Das Innenministerium begründet dies damit, dass Mahler mit erneuten antisemitischen Äußerungen auf dieser Konferenz das Ansehen der BRD erheblich beschädigen könnte. (PNN 27. Februar 2006, Berliner Zeitung 27. Januar 2006)
2007: Mahler begrüßt bei einem Interview im September 2007 für die Zeitschrift „Vanity Fair“ den Reporter M. Friedman mit den Worten „Heil Hitler, Herr Friedman“ und im weiteren Gesprächsverlauf leugnet er die Shoa. (Focus Online 22. Juli 2008, Vanity Fair November 2007)
Am 23. November berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass Mahler ein Einschreiben an den Bürgermeister von Ebersberg, seinem Wohnort, schickt. Im Schreiben leugnet er die Shoa und verherrlicht den Nationalsozialismus. (Süddeutsche Zeitung 23. November 2007)
2008: Der im November 2003 gegründete Verein Mahlers wird als verfassungsfeindlich verboten. Der „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“, dem neben ihm selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehörten ist damit Geschichte.
Mahler wird wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu 10 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung vom Amtsgericht Erding verurteilt. Grund für die Verurteilung sind die Äußerungen im Interview mit M. Friedman im September 2007.
Am 22. Juli wird Mahler am Landgericht Cottbus zu 11 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Am 15. November 2006 bei seinem Haftantritt zeigte Mahler nach Polizeiangaben den Hitlergruß und rief seinen ca. 35 AnhängerInnen „Heil“ zu.
2009: Mahler wird am Landgericht München II am 25. Februar 2009 zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er strebte diesen Prozess an um ihn für seine politischen Zwecke zu instrumentalisieren und so sagt Mahler am 12. Januar 2009 bei der Eröffnung zum Richter „Ich sitze hier, weil ich hier sitzen will.“ Kurz darauf leugnet er erneut die Shoa. Zuvor hat er Strafanzeige gegen sich selbst erstattet. (Süddeutsche.de 17. Mai 2010)
Am 11. März 2009 wird er vom Landgericht Potsdam zu zwei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung in 15 Fällen verurteilt. Das Urteil wird unter Einbeziehung der Urteile vom 20. Januar 2005 vom Landgericht Hamburg und des vom 9. September 2002 vom Amtsgericht Mainz, bei denen er zu zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden war, gefällt. Mit der Verurteilung vom Landesgericht München II vom Februar 2009 ist Mahler insgesamt zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Im Juli 2009 wird Mahler von der Anwaltskammer Berlin die Zulassung entzogen. (n‑tv 19. 08.2009)
2011: Am 26. März 2011 sind 200 bis 250 Neonazis vor der JVA Brandenburg an der Havel aufmarschiert um sich mit dem dort inhaftierten Shoaleugner Horst Mahler zu solidarisieren. Im Gegensatz zur Mobilisierung der Neonazis, die mit zwei Straßenbahnen, einem Reisebus und zahlreichen Pkws anreisten, blieb der antifaschistische Protest eher verhalten. Zu einer Gegenveranstaltung an der Straßenbahnhaltestelle „Asklepios Klinik“ versammelten sich nach umfangreichen Vorkontrollen inklusive Identitätsfeststellung gerade einmal 20 Menschen, die den Aufrufen des Antifaschistischen Netzwerkes [AFN], des VVN-BdA sowie der Gewerkschaften gefolgt waren. Die Stadt Brandenburg an der Havel oder die sagenumwobene „Zivilgesellschaft“ hatten hingegen nicht den Weg zur Gegenveranstaltung gefunden. Auch auf eine Alibiveranstaltung fern ab des Geschehens wurden in diesem Jahr komplett verzichtet. Der Aufmarsch der Neonazis war von dem ebenfalls wegen Leugnung der Shoa vorbestraften Kevin Käther sowie dem neonazistischen Anwalt Wolfram Narath initiiert worden und lockte auch internationale Protagonisten dieses Milieus, z.B. aus Frankreich, an. Daneben solidarisierten sich aber auch Angehörige so genannter „Freier Kräfte“ aus Berlin und Brandenburg mit der Veranstaltung und ihrer Forderung nach der Freilassung Mahlers aus der Strafhaft sowie der Abschaffung des § 130 (Volksverhetzung), StGB. Weiterhin vertreten waren auch lokale Größen der NPD, wie Michel Müller, der im Kreistag vom Havelland sitzt, und Maik Schneider, ehem. Abgeordneter im Kreistag Havelland sowie in der Stadtverordnetenversammlung Nauen. In Redebeiträgen, auf Bannern und Pappschildern wurde dabei Mahlers Verurteilung wegen Verleugnung der Shoa, für die er als Wiederholungstäter einmal mehr einsitzt, als „Gesinnungsjustiz“ deklariert, die angeblich das Grundrecht auf Meinungsfreiheit untergräbt. (Antifaschistisches Netzwerk Brandenburg – Premnitz – Rathenow 27. März 2011)
Ein Flyer/Aufkleber bei der Demonstration für Horst Mahler 2011 in Brandenburg an der Havel
Den 200 bis 250 Neonazis stellten sich gerade mal 20 Antifaschist*Innen entgegen, Quelle: AFN
2012: Von November 2012 bis März 2013 schreibt Mahler auf einem Computer im Gefängnis ein Werk unter dem Titel „Das Ende der Wanderschaft – Gedanken über Gilad Atzmon und die Judenheit“. Der mehr als 200 Seiten umfassende antisemitische Text in dem Mahler sich in seinen Thesen auf den jüdischen Israelkritiker Gilad Atzmon bezieht, wird beschlagnahmt und Mahlers Kontakte nach Außen strenger kontrolliert, nachdem Teile des Textes im Internet auf der Seite „Altermedia“ veröffentlicht wurde. (Berliner Zeitung 7. Juni 2017, Der Spiegel Nr. 30, 2013)
2014: Die Staatsanwaltschaft Cottbus erhebt im Mai 2014 Anklage wegen Volksverhetzung gegen Mahler aufgrund des Textes „Das Ende der Wanderschaft – Gedanken über Gilad Atzmon und die Judenheit“. (welt.de 22. August 2013)
Am 26. Oktober 2014 veranstaltete das Neonazi-Netzwerk „Gefangenenhilfe“ (GH) in Brandenburg an der Havel auf dem Neustädtischen Markt eine Kundgebung zu der um die 70 Neonazis kamen. Das Motto der Kundgebung, die von der NPD Havel-Nuthe angemeldet worden war, lautete „Solidarität gegen staatliche Repression“. Unter anderem war Maik Eminger, Zwillingsbruder des Mitangeklagten im NSU-Prozess, André Eminger, vor Ort. Die „GH“ war zum ersten Mal 2012 öffentlich mit ihrem ersten Eintrag auf ihrer Webseite im April 2012 aufgefallen. Sieben Monate zuvor war die „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG) verboten worden. Die „GH“ betonte immer wieder, dass sie nicht die Nachfolgeorganisation der „HNG“ sei, dennoch übernahm sie größtenteils deren Arbeit, baute aber ihre Strukturen anders auf um das staatliche Vorgehen gegen die neu gegründete „GH“ zu erschweren. So hatte die „GH“ ihren Sitz in Schweden, ließ sich dort ins schwedische Vereinsregister eintragen und eröffnete dort auch ihre Bankkonten. Das ganze wurde möglich durch den in Skandinavien lebenden Stephan G. Maik Eminger, der langjähriger Vorsitzender der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) Potsdam hielt die erste Rede, nach dieser folgte eine Rede vom Vorsitzenden der Brandenburger JN Pierre Dornbrach woraufhin ein Redebeitrag von einem Redner der Partei „Der dritten Weg“ folgte. Circa 100 Menschen stellten sich den Neonazis entgegen. Zu Gegenaktionen aufgerufen hatten die „Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz“ sowie die Linksjugend solid. (Die Zeit 26. Oktober 2014)
Eines der Transparente der Neonazis bei der Kundgebung 2014 auf dem Neustädtischen Markt, Quelle: Presseservice Rathenow
2015: Die Staatsanwaltschaft Potsdam gewährte Mahler aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes eine Haftunterbrechung im Juli 2015. Aufgrund einer schweren Infektion und deren Folgen muss ihm der linke Unterschenkel amputiert werden. Daraufhin entwickelt Mahler eine schwere Sepsis und befindet sich in einem akut lebensbedrohlichen Zustand und wird daher vom Gefängniskrankenhaus auf die Intensivstation den Städtischen Klinikums Brandenburg an der Havel verlegt. Im August 2015 verbesserte sich der Gesundheitszustand soweit, dass er eine Rehabilitation plante. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam entschied daraufhin im September 2015, dass Mahler nach der Verbüßung von zwei Drittel der Haftstrafe auf Bewährung freikommen soll. Das Oberlandesgericht Brandenburg hob die Aussetzung der Strafe zur Bewährung nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft München II wieder auf. Sowohl die JVA als auch die Staatsanwaltschaft sprachen sich gegen die vorzeitige Entlassung aus, da weitere Straftaten zu erwarten seien und Mahler eine „verfestigte kriminelle Persönlichkeitsstruktur“ aufweise. Dieser Auffassung folgte das Oberlandesgericht Brandenburg und stellte des Weiteren fest, dass eine positive Sozialprognose für ein straffreies Leben nicht zu erwarten sei. Die kurzzeitige Haftunterbrechung nutzte Mahler unter anderem um erneut Vorträge in rechtsradikalen Kreisen – insbesondere denen der NPD – zuhalten. (Tagesspiegel 31.03.2017, Tagesspiegel 18.01.2019)
Dem Tagesspiegel ist am 22. Juli 2015 zu entnehmen, dass „[b]randenburgs Sicherheitsbehörden […] sich auf den Tod des Neonazis und bekannten Holocaustleugners Horst Mahler vor[bereiten].“ Weiter heißt es, dass die Polizei erste Vorbereitungen getroffen habe für den Fall von Mahlers ableben um Fackel- und Trauerzüge von Neonazis in Brandenburg an der Havel zu verhindern. (Tagesspiegel 22.07.2015)
2017: Horst Mahler hält am 9. Januar 2017 in der Nähe von Mannheim einen Vortrag. Mitschnitte davon werden auf rechtsradikalen YouTube Accounts hochgeladen. In diesen ist zu hören, wie Mahler unter anderem folgende Dinge sagt: „Die Judenheit ist in der Tat der Feind“, „das ist der Auftrag an die Judenheit, der bis heute von ihr erfüllt wird. Sie sind darauf aus, die Völker regelrecht zu vernichten.“, „Das ist das Ziel dieses Volkes von Anfang an und er ist nie aufgegeben worden“. (PNN 30.03.2017)
Am 19. April 2017 veröffentlichte Mahler ein Video in dem er verkündet, dass er nicht wieder zur Haft antreten werde. Die Staatsanwaltschaft München II stellt daraufhin einen europäischen Haftbefehl aus. Seit der Veröffentlichung des Videos befand sich Horst Mahler auf der Flucht bis am 15. Mai 2017 bekannt wurde, dass er in Ungarn um Asyl gebeten hatte. Dies tat er mit einem persönlich an Viktor Orban gerichteten Brief. Daraufhin wurde er von den ungarischen Behörden in Sopron festgenommen und in Abschiebehaft gesetzt. Rund eine Woche nachdem am 6. Juni 2017 der Beschluss des Budapester Stadtgerichts zur Auslieferung Mahlers an Deutschland bekannt wurde, wurde er am Flughafen in Budapest den deutschen Behörden übergeben und zurück in die JVA Brandenburg an der Havel gebracht um dort die restliche Strafe von dreieinhalb Jahren abzusitzen. (Spiegel Online, 17.05.2017)
2018: Horst Mahler zeigt die Leiterin der JVA Brandenburg an der Havel an. Er wirft der Leiterin Frau Wellnitz unter anderem fahrlässige Körperverletzung vor. In seinem behindertengerechten Haftraum habe Mahler in der Nacht auf den 15. November 2017 eine Verbrennung am großen Zeh seines rechten Beines erlitten. Die vermeintlich unmittelbare Ursache „die Berührung des erwähnten Körperteils mit einem im Haftraum angebrachten Heizkörper“. Die verletzende Handlung bestehe in „der grob fahrlässigen Eröffnung einer Gefahrenquelle“ laut Mahler. (MAZ 12.01.2018)
Im Jahr 2018 musste Mahler dann auch der rechte Unterschenkel amputiert werden. Daraufhin wurde von Mahler und der JVA Brandenburg an der Havel ein Entlassungsgesuch aufgrund „multimorbider Krankheit“ gestellt. Dieses wurde trotz des von Mahler zu erwartenden Todes von der Staatsanwaltschaft München II Ende November 2018 abgelehnt. Dies begründete die Staatsanwaltschaft damit, dass bei „der erforderlich werdenden palliativen Betreuung in der letzten Lebensphase“ das Anstaltskrankenhaus ausreichend ist und Mahler zur Not in eine externe Klinik verlegt und dort bewacht werden könnte. Die Staatsanwaltschaft ginge davon aus, dass „ein Ableben nach den ärztlichen Berichten wahrscheinlich“ sei. Weiter führte sie an, dass aufgrund der erheblichen Taten Mahlers und seines Verhalten in der Zeit der Haftunterbrechung „überwiegende öffentliche Sicherheitsinteressen“ bestünden und weiter hieß es, dass es sich nicht „mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen [lasse], dass weitere Straftaten begangen werden“. (Der Tagesspiegel 18. Januar 2019)
Am 18. März 2018 haben Neonazis aus dem Brandenburger Nordwesten eine Kundgebung vor dem Justizzentrum angemeldet. Rund 40 Neonazis forderten unter anderem Freiheit für die Shoaleugnerin Ursula Haverbeck. Weitere Beiträge gab es zu dem §130 (Volkverhetzungsparagraphen) und dem Neonazi Horst Mahler. Angemeldet wurde die Kundgebung von Nick Zschirnt. Er ist den ‚Freie Kräfte Neuruppin‘ zuzurechnen. Auf der Kundgebung gesprachen der Anwalt der rechtsterroristischen ‚Gruppe Freital‘ Martin Kohlmann sowie Zschirnt selbst. Rund 850 Personen stellten sich den Neonazis entschlossen entgegen. (Emanzipatorische Antifa Potsdam)
Die Neonazikundgebung in Potsdam am 18. März 2018, Quelle: Presseservice Rathenow
2019: Im Gesamten Jahr werden in Brandenburg an der Havel mindestens 50 Aufkleber festgestellt. Auf diesen wird „Freiheit für alle politische Gefangene“ gefordert und Ursula Haverbeck, Horst Mahler, Wolfgang Fröhlich sowie Siegfried Borchardt sind abgebildet. Die Aufkleber stammen von der Seite „nsheute.com“ und sind laut Eigenaussage in Kooperation mit der „Gefangenenhilfe“ entstanden. (Antifa Jugend Brandenburg)
Am 16. März 2019 veranstalteten Freie Kräfte sowie Mitglieder der NPD den „Tag der politischen Gefangenen“ in Brandenburg an der Havel auf dem Katharinkirchplatz. Zu der Kundgebung kamen ca. 30 bis 40 Neonazis aus Brandenburg an der Havel sowie überwiegend aus Westbrandenburg. Aus Brandenburg an der Havel nahm unter anderem der Mörder von Sven Beuter, Sascha L., teil. Des Weiteren waren unteranderem Roy S., Ramon G., Hans-Peter G. und Michael H. anwesend. Aus Westbrandenburg waren unteranderem Dave T., Nick Z., Beatrice K., Pierre B., Robert W., Manuela K. sowie Frank O. angereist (um nur ein paar zu nennen). Von der „British National Front“ ist Shoaleugner Richard Edmonds angereist und hielt eine Rede. Auf Transparenten wurde sich mit Shoaleugner*Innen wie Horst Mahler und Ursula Haverbeck solidarisiert. Weiter wurde beklagt, dass es ein „totalitäres Sonderrecht“ in Deutschland gebe, weil der Straftatbestand der Volksverhetzung in einem Land mit Meinungsfreiheit keinen Platz haben sollte. Dagegen gingen bei Dauerregen 150 Menschen auf die Straße und forderten unter anderem auf den Transparenten „Faschistische Strukturen zerschlagen“ und „Kein Kiez für Nazis“. (Antifa Jugend Brandenburg)
Auf einem Transparent wird bei der Kundgebung auf dem Katharinkirchplatz von den Neonazis „Meinungsfreiheit durchsetzen, Freiheit für Horst Mahler“ gefordert, Quelle: Presseservice Rathenow
Die Antifa Jugend Brandenburg fordert auf einem Transparent „Faschistische Strukturen zerschlagen!“, Quelle: Presseservice Rathenow
Laut Spiegel sowie Tagesspiegel soll Andreas Kalbitz am 10. August 2008 eine E‑Mail von Horst Mahler erhalten haben. Diese liegt dem Tagesspiegel ebenfalls vor. In der E‑Mail berichtete Mahler vom ersten Verhandlungstag am Landgericht Potsdam. Die Mail nach dem Prozessauftakt ging an einen Verteiler von 276 E‑Mail-Adressen — darunter die von Andreas Kalbitz. Dem Tagesspiegel sagte Kalbitz er könne sich nicht an einen Kontakt zu hochrangigen Vertretern der Nazi-Szene erinnern. Dem “Spiegel” erklärte er: “Von einer E‑Mail von Herrn Mahler vor elf Jahren weiß ich nichts”. Und weiter: “Ich habe keinerlei Kontakt mit Horst Mahler und distanziere mich schärfstens von den von ihm aufgestellten Thesen.” (Der Tagesspiegel 23.08.2019)
2020: Am 8. August 2020 holen 32 Neonazis den für ursprünglich im März geplanten „Tag der politischen Gefangenen“ in Hennigsdorf nach. Der NPD-Funktionär Andrew Stelter fordert in einer Rede Solidarität für Ursula Haverbeck sowie für Horst Mahler. Besucht und organisiert wurde die Kundgebung von Neonazis aus der NPD, der Junge Nationalisten (JN), die Jugendorganisation der NPD) und Neonazis aus dem Freien Kameradschaftsspektrum. Symbolisch kehren die Neonazis dem Mahnmal für die Opfer des Faschismus, welches auf dem großen Platz steht, den Rücken zu. Im Nationalsozialismus war die Kleinstadt Hennigsdorf der Standort von zwei Außenstellen von Konzentrationslagern. (Zeit 9.10.2020)
Neonazis fordern auf einem Transparent „Freiheit für Horst Mahler“. Im Hintergrund ist das Mahnmal für die Opfer des Faschismus zu sehen, Quelle: Presseservice Rathenow
Am 27. Oktober 2020 wurde Horst Mahler aus der JVA Brandenburg an der Havel entlassen. Auf seiner Homepage veröffentlicht Mahler die Verfügung, die ihm Auferlegt wurde. Demnach soll der einen Bewährungshelfer bekommen und muss diesem stets seinen Wohnort mitteilen. Außerdem muss er auch alle Texte eine Woche vor deren Veröffentlichung dem LKA vorlegen. Falls er dies nicht tut, droht ihm eine Haftstrafe. (rbb24 27.10.2020, Spiegel 27.10.2020)
Aussicht
Es ist nicht davon auszugehen, dass Mahler seine Aktivitäten einstellt. Sein Gebaren, trotz seines angeschlagenen Gesundheitszustands, lässt nicht schließen, dass er sich zurückziehen wird. Mahler wird wahrscheinlich wieder Vorträge halten und antisemitische Texte verbreiten. Am liebsten tut er das zurzeit über das Internet. Voraussichtlich wird er dies auch weiterhin tun und damit weiterhin als „Vorbild“ für viele Neonazis dienen.
Ob Mahler lange frei bleiben wird ist allerdings fraglich, denn die Staatsanwaltschaft Cottbus hat (nach eigenen Angaben) erneut Anklage in mehreren Fällen von Volksverhetzung gegen Mahler erhoben. In diesem Zusammenhang ist bereits ein neuer Haftbefehl beantragt worden. Des Weiteren hat die Staatsanwaltschaft München II Führungsaufsicht beantragt. Das heißt in diesem Fall, dass Mahler die Veröffentlichung von Text- und Sprachbeiträgen verboten werden soll, wenn er diese nicht eine Woche vorher beim Landeskriminalamt eingereicht hat und diese freigibt. Ob Mahler sich daran halten wird, bleibt abzuwarten. Tut er dies nicht, droht ihm wieder eine Haftstrafe.
Auch in der Zukunft gilt für uns: Gegen jeden Antisemitismus – immer und überall!
– Antifa Jugend Brandenburg und Alternatives Schulbündnis Brandenburg –
Die AfD Brandenburg stellte am 29.10.2020 eine Anfrage im Brandenburger Landtag zu den „linksextremistischen Verbindungen des Utopia e.V. in Frankfurt (Oder)“.
Im Jahr 2020 in dem die Zahl rechtsextremer Morde auf einem neuen Höchststand angekommen ist. In dem sich innerhalb der AfD die Gruppe des „Flügel“ wegen extrem rechter Machenschaften auflöst. In dem die bundesweite Jugendorganisation, der AfD, „JA“ ebenfalls als erwiesenermaßen rechtsextrem behandelt wird und der brandenburgische Landesverband der AfD trotz Rauswurf des Neonazis Andreas Kalbitz die parlamentarische Stimme der extremen Rechten bleibt. Julian Meyer, Sprecher des Utopia e.V. sagt dazu: „Es ist gleichzeitig voraussagbar und unfassbar, wie eine extrem rechte Partei versucht durch parlamentarische Anfragen unsere Arbeit als Träger*in der Freien Jugendarbeit in Frankfurt (Oder) zu diskreditieren. Gerade in Zeiten der Pandemie mit den dazugehörigen Einschränkungen ist Jugendarbeit und das Ermöglichen von Freiräumen existentiell wichtig.“
Die AfD stellt systematisch in Parlamenten Anfragen zu demokratischen Vereinen und Institutionen der Zivilgesellschaft. So stellte die AfD in Brandenburg in diesem Jahr schon Anfragen zum Beratungsnetz „Tolerantes Brandenburg“ [1], dem Bildungs- und Kulturort Freiland in Potsdam [2] und auch schon zur Schüler*innengruppe „Fridays for Future“ in Frankfurt (Oder) [3].
In einem Antrag mit ähnlicher Absicht der AfD zu den Falken Brandenburg, in der eine Rückzahlung der Fördergelder gefordert wird, zeigt deutlich das eigentliche Ziel der Partei [4]. Julian Meyer meint dazu: „Wir als kleiner ehrenamtlicher Verein haben dadurch einen erhöhten Verwaltungsaufwand sowie schwierigere Förderbedingungen, müssen viel mehr Elternarbeit leisten und sehen uns direkt bedroht“.
Antidemokratische Tendenzen und Verbindungen zur extremen Rechten wurden der AfD auf Bundesebene [5], Brandenburger Landesebene [6] und auch dem Frankfurter Stadtverband [7] schon mehrfach nachgewiesen. Julian Meyer ergänzt dazu weiter: „Es ist nicht neu, dass die AfD durch Angriffe auf die demokratische Zivilgesellschaft versucht ihre Macht auszubauen. Rassistische, nationalistische und patriarchale Kernelemente existieren bereits seit der Gründung der AfD“.
Derweil scheint die AfD ihren antidemokratischen Kurs weiterzuführen. Nach dem Rauswurf des Neonazis Andreas Kalbitz, der neben Daniel Freiherr von Lützow und Wilko Möller Verfasser der Anfrage war, wählte die AfD nun den nächsten Faschisten, Hans-Christoph Berndt, zum Vorsitzenden. Dieser gelang in der extremen Rechten in den letzten Jahren zu Ruhm durch die Gründung und Leitung des rassistischen Vereins Zukunft Heimat. Julian Meyer stellt dazu abschließend fest: „Wir erkennen hier eine Kontinuität extrem rechte Positionen innerhalb einer Partei, die in sämtlichen Parlamenten sitzt. Antifaschistische, demokratische Werte, wie die der Emanzipation, der Gleichberechtigung, der Menschenrechte und der Solidarität stellen für diese Partei offensichtlich Feindbilder dar.“
Aufgrund der aktuellen Verordnungen zum Schutz vor dem Covid-19-Virus ist eine Anmeldung zur Veranstaltung obligatorisch und die Platzzahl begrenzt. Bitte melden Sie sich vorher an unter kontakt@fachstelle-antisemitismus-bb.de
Einfache Wahrheiten über eine komplizierte Welt. Corona ist eine Erfindung der Pharmaindustrie! Menschen, die daran erkranken, müssen so für ihre Sünden büßen! Oder: Das Virus wurde in chinesischen Geheimlaboren gezüchtet! Verschwörungstheorien verbreiten sich nicht nur im Netz wie im Lauffeuer und sind schon lange kein Randphänomen mehr.
Katharina Nocun und Pia Lamberty beschreiben, wie sich Menschen aus der Mitte der Gesellschaft durch Verschwörungstheorien radikalisieren und die Demokratie als Ganzes ablehnen. Welche Rolle spielen neue Medien in diesem Prozess? Wie schnell wird jeder von uns zu einem Verschwörungstheoretiker? Und wie können wir verdrehte Fakten aufdecken und uns vor Meinungsmache schützen?
Pia Lamberty ist Psychologin und Expertin im Bereich Verschwörungsideologien. Ihre Forschung führte sie an die Universitäten in Köln, Mainz und Beer Sheva (Israel). Darüber hinaus ist sie Mitglied im internationalen Fachnetzwerk “Comparative Analysis of Conspiracy Theories”. Interviews und Berichte über ihre Forschung sind in zahlreichen nationalen und internationalen Medien erschienen.
Katharina Nocun ist Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin. Sie leitet bundesweit politische Kampagnen, u.a. für Mehr Demokratie e.V. und den Verbraucherzentrale Bundesverband. Ihr erstes Buch „Die Daten, die ich rief“ wurde in zahlreichen namhaften Medien aufgegriffen.
Die Veranstaltung wird ausgerichtet von der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle am Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam, der Fachstelle Antisemitismus Brandenburg und vom Graduiertenkolleg Gesundheits- und Sozialberufe der BTU Cottbus-Senftenberg.
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.
Am Donnerstag, 15. Oktober 2020 um 19:00 Uhr BTU Cottbus-Senftenberg
Campus Sachsendorf
Gebäude 10, Raum 112
Lipezker Straße 47, 03048 Cottbus
mit
· Katharina Nocun (Ökonomin und Politologin)
· Pia Lamberty (Sozialpsychologin)
Moderation: Prof. Heike Radvan (Erziehungswissenschaftlerin, BTU Cottbus)
und am Donnerstag, 22. Oktober 2020 um 19:00 Uhr
Haus der Brandenburgischen-Preußischen Geschichte
Kutschstall
Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam
mit
· Katharina Nocun (Ökonomin und Politologin)
· Pia Lamberty (Sozialpsychologin)
Moderation: Dorina Feldmann (Fachstelle Antisemitismus Brandenburg)
3. Oktober 2020, 11 Uhr, Lustgarten
Kundgebung gegen de Einheitsfeier
Mit Redebeiträgen und Musik von Jaycop, Ostberlin Androgyn und Egotronic.
2.–4. Oktober 2020, FreiLand Potsdam
“Keine Ende der Geschichte” — Der Kongress, in Zusammenarbeit mit dem konkret Magazin
In Zeiten, in denen die faschistoiden Elemente die Gesellschaft immer weiter durchdringen, die Zumutungen der Konkurrenz immer stärker auf die Menschen drücken, in denen im symbolträchtigen Potsdam mit dem Wiederaufbau der Garnisonkirche oder Verhandlungen mit den »Hohenzollern« über Rückgabeansprüche die Reaktion bedenklich Raum gewonnen hat und die AfD und andere Nazis unerbittlich zivilgesellschaftliche Organisationen, Ideen, und Projekte angreifen – wollen und können wir, als Teil einer progressiven Linken, die belästigenden Feierlichkeiten zur deutschen Einheit nicht unwidersprochen lassen.
Zu erwarten und vor allem zu fürchten ist eine Neuauflage des Mythos eines wiedergutgewordenen Deutschlands mit all seinen Weltmeisterschaften und frohem Zukunftsblick. Mit den Mitteln der Kritik planen wir vom 02. bis 04.10.2020 einen kleinen Kongress, der jenen Stimmen Raum für Rede und Podien geben soll, die sich diesem nationalen Mythos widersetzten. Dabei gilt unsere Solidarität den Opfern der bestehenden Verhältnisse und Erzählungen. Unser Ansatz muss ein negatorischer bleiben.
In Planung sind dabei verschiedene Podien und Debatten, die hier kurz angedeutet sein sollen. Am 02.10.2020 öffnen wir den Raum für ein Podium der Absage an die deutschen Zustände gestern und heute. In pointierter Form sollen hier u. a. die letzten 30 Jahre noch einmal rekapituliert werden, Preußens Wahn angegriffen und Heimat verachtet werden. Eine versöhnliche Nuance ist dabei zunächst nicht im Angebot. Am 03.10.2020 wollen wir resümieren und diskutieren, wie sich hierzulande die antinationalen Strömungen der letzten 30 Jahre entwickelt haben. Eine Reflexion zur Radikalen Linken sowie die Nie wieder Deutschland Demonstration 1990 bildet dabei den Ausgangspunkt.
Am 04.10.2020 laden wir zum Abschluss zu einem »Kommunistischen Brunch« der sich vorsichtig dem Themenfeld »Wirklichkeit und Möglichkeit« annähern möchte. Ohne ins Illusorische abzugleiten, sollen dabei in kurzer Form Themenbereiche eröffnet werden, die in zukünftigen Veranstaltungen zu besprechen seien. Begriffe wie Fortschritt, Technik, Sozialismus oder die Kritik der Bedürfnisse sollen dabei in den Vordergrund rücken und ein wenig an ein Wissen erinnern, das um das ganz Andere und gegen das Bestehende zu kämpfen wusste.
Die Veranstaltung findet auf dem freiLand- Gelände in Potsdam statt. Die Zeitschrift Konkret aus Hamburg beteiligt sich an dem Kongress. Als Referent*innenüber die gesamte Kongresszeit haben u. a. zugesagt Jutta Ditfurth,Thomas Ebermann,Thorsten Mense und Friederike Gremliza. Dietmar Dath wird sich in digitaler Form beteiligen ebenso Max Czollek. Weitere Anfragen laufen. Neben Reden und Debatten wird es eigene kleinere Beiträge geben sowie kulturelle Einspielungen u. a. eine Lesung von Texten Ronald M. Schernikaus.
Der genaue Ablauf wird ca. 1 Woche vor der Veranstaltung bekannt gegeben.
Zu Orientierung hier zunächst folgende Eckdaten:
Der Kongress wird am Freitag, dem 02.10.2020 gegen 17 Uhr beginnen und in einem längeren Abend münden. Am Samstag, dem 03.10.2020 gibt es einige Aktionen in Potsdam und Berlin, der Kongress wird dann gegen 17 Uhr mit dem »Nie wieder Deutschland«-Podium weitergeführt. Der kommunistische Brunch am Sonntag, dem 04.10.2020 ist von 12 bis 16 Uhr geplant. Auf dem freiLand-Gelände wird es genug Raum für Austausch, Kennenlernen und Vernetzung geben.
Da die Veranstaltung aufgrund von Corona nicht mit vollbesetzten Publikum umzusetzen ist, wir aber eine größtmögliche Verteilung wünschen, sollen die Hauptdebatten am Freitag und Samstag auch gestreamt werden u. a. in weitere interessierte Veranstaltungsorte. Wenn Ihr selbst Interesse habt, ein antinationales Viewing des Kongresses zu veranstalten, meldet Euch gern bei uns.
Weitere Informationen und das detaillierte Programm folgen.
„(…)Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht. Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel(…).“
Am 75. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Hitlerfaschismus erinnerten wir gemeinsam an alle Menschen, denen ihr Leben durch den Hass und den Terror des Naziregimes genommen wurde. Genauso gedachten wir derer, die ihr Leben im Widerstand gegen das Regime und für Frieden und Freiheit ließen.
Doch mit dem Ende des 2. Weltkriegs 1945 war der Faschismus längst nicht besiegt und auch der Schwur von Buchenwald „Nie wieder Faschismus, Nie wieder Krieg“ hat sich bis heute nicht erfüllt. Es ist unsere Verpflichtung, so lange zu kämpfen, bis wir in einer Welt ohne Unterdrückung und Ausbeutung leben – in einer Welt der Selbstbestimmung, des Respekts und der Solidarität.
Doch was bedeutet der Schwur von Buchenwald für uns?
Für eine Generation, die in den Wirren des Niedergangs des Realsozialismus groß geworden ist, war das Gedenken an die Verbrechen des Faschismus maximal ein Schulausflug in ein KZ oder nur eine paar Geschichtsstunden. Welche Verantwortung haben wir, die Jahrzehnte später geboren wurden?
Erst einmal müssen wir unseren eigenen historischen Kontext betrachten. Als Gruppen und Personen, die einen politischen Anspruch formulieren, sowie eine revolutionäre Praxis anstreben, sind wir die ideologischen Erben von bisherigen freiheitlichen und politischen Widerstandsbewegungen. Widerstand zu leisten, bis sich der Schwur von Buchenwald erfüllt, ist die Verantwortung, die an uns weitergegeben wurde. Denn eine grundlegende Veränderung der Welt hin zu einem besseren Ort, wurde immer noch nicht erreicht. Ausbeutung, Unterdrückung, Krieg, Folter, Femizide, rassistische Pogrome und Genozide sind immer noch tägliche Realität.
Neben dem aktiven und kreativen Widerstand, den wir aufbauen und leisten müssen, spielt auch die Wiederaneignung und Entwicklung einer eigenen revolutionären Kultur eine große Rolle in unserem Kampf. Um dieser Kultur einen Raum zu geben, sind zentrale Tage der Erinnerung wichtig. Sie bringen uns den Menschen, die vor uns gekämpft haben, ein Stück näher und lassen uns erkennen, welche Opfer diese Menschen für uns gaben. So lassen sich auch unsere eigenen, aktuellen Kämpfe in einem anderen Kontext betrachten und mit Leben füllen. Dabei sind besonders Widerstandslieder, Musik und Gedichte eine starke Waffe gegen das Vergessen. Sie lassen uns Schmerz und Wut spüren, die wir in neue Kraft und Stärke für unsere Kämpfe umwandeln können.
Im Rahmen des Gedenkens haben wir zentrale Orte in Finsterwalde und Magdeburg besucht und dort den Opfern des Faschismus und den WiderstandskämpferInnen gedacht.
Finsterwalde
Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung der Stadt Finsterwalde durch die Truppen der Roten Armee und den Antifaschistischen Widerstandskämpfern wollten wir den Opfern des Nationalsozialismus gedenken. Erstmalig wollten wir in diesem Jahr eine kleine „Gedenktour“ durchführen, welche am 25.04.2020 ein Tag nach der Befreiung von Finsterwalde stattfinden sollte. Die Gedenktour sollte am ehemaligen VVN Denkmal am Springbrunnen in Finsterwalde starten. Weiter sollte es zum Geschwister Scholl Denkmal, zum Sowjetfriedhof und zum Denkmal für die deportierten KZ-Häftlinge auf dem Friedhof Finsterwalde gehen. Danach wollten wir gemeinsam nach Tröbitz zum jüdischen Friedhof fahren, wo wir dem „Verlorenen Zug“ gedenken wollen. In dem Zug befanden sich KZ-Häftlinge aus Bergen-Belsen, welche in Viehwaggons getrieben mehrere Tage durch Deutschland fuhren, bis der Zug wegen einer gesprengten Brücke bei Tröbitz stehen bleiben musste, zwei Tage später wurde der Zug durch die Rote Armee befreit. Zum Schluss sollte die Tour am KZ Schlieben-Berga enden, dort wollten wir den ehemaligen Häftlingen gedenken, die dort für die Wehrmacht Panzerfäuste produzieren mussten. Aufgrund der Corona Lage mussten wir die Tour in dieser Form leider absagen und haben diese in einer etwas kleineren Form auf den 08.05.2020 verlegt.
Am 08.05.2020 trafen wir uns dann zu einer kleinen Gedenktour, welche sich auf den Raum Finsterwalde begrenzte. Wir stellten am Geschwister Scholl Denkmal, am Sowjetfriedhof, am Denkmal für die deportierten KZ-Häftlinge und am K.P.D. Denkmal für die russischen Kriegsgefangenen Kerzen auf, entrollten die „Antifaschistische Aktion“ Fahne und legten jeweils eine Gedenkminute ein.
Zum Abschluss trafen wir uns am Springbrunnen wo zu DDR Zeiten das VVN Denkmal angebracht war. Dieses wurde nach der Wende entfernt und durch ein anderes ersetzt. Das neue Denkmal erinnert aber nicht mehr an die Widerstandskämpfer aus Finsterwalde, welche sich in einer Betriebsgruppe gegründet haben und die Befreiung von Finsterwalde planten und zusammen mit der Roten Armee durchführten. Einige von ihnen wurden vorher von den Nationalsozialisten in KZs deportiert oder ermordet. Wir fordern auch in diesem Jahr wieder die Stadt Finsterwalde auf, die Ehrentafel aufzuhängen. Das VVN Denkmal stand unter dem Titel „Wir starben für Freiheit und Gerechtigkeit, vollendet unsern Kampf“ in diesen Kampf stecken wir auch heute noch und werden diesen weitertragen und auch in Zukunft entschlossen gegen den Faschismus kämpfen!
Eine ausführlichere Gedenktour in die Umgebung von Finsterwalde wir es bald geben. Den Termin werden wir dann rechtzeitig veröffentlichen. Weiterhin wird die widerständige Geschichte von Finsterwalde im Laufe des Jahres weiter aufgearbeitet und es werden weitere Aktionen folgen.
Abschließend wollen wir sagen, das dass Beispiel der anarchistischen und kommunistischen Widerstandskämpferinnen und Kämpfer uns zeigt, dass wir heute schon anfangen müssen, den antifaschistischen Selbstschutz aufzubauen und nicht warten dürfen, bis es zu spät ist. Der Faschismus ist eine Ausgeburt des weltweiten Kapitalismus/Imperialismus, deshalb muss unser Widerstand und Solidarität auch international sein. Die globalen Kämpfe gegen Patriachat, Kapital und den Staat sind unsere Kämpfe und genauso sind die Kämpfe, die wir hier führen, die Kämpfe unser GenossInnen in anderen Teilen der Welt. In diesem Sinne:
Erinnern heißt kämpfen
Kein Vergeben, kein Vergessen
Schulter an Schulter gegen den Faschismus
Am Donnerstag tagte erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie wieder die Stadtverordnetenversammlung. Aufgrund der Eindämmungsverordnung wurde sich im großen Saal des Kleist-Forums getroffen.
Ebenjene Eindämmungsverordnung betrifft uns gerade in allen Lebensbereichen. Sowohl unser Alltag als auch Besonderheiten wie Feiertage und Festlichkeiten können nicht wie gewohnt stattfinden. Ein besonders wichtiges Ereignis steht uns jedoch unmittelbar bevor: am 8. Mai ist Tag der Befreiung von der Vorherrschaft der Nationalsozialist*innen. Da die üblichen Festlichkeiten zum Tag der Befreiung in Frankfurt (Oder) nicht stattfinden können, lud der Stadtverordnetenvorsitzende die Anwesenden dazu ein, am 8. Mai zwischen 15–17 Uhr am sowjetischen Ehrenmal an einem stillen Gedenken teilzunehmen.
Doch statt diese Einladung anzunehmen erklärt der AfD-Landtagsabgeordnete Wilko Möller im Namen der AfD Frankfurt (Oder), dass der 8. Mai für ihn kein Tag der Befreiung ist. So ist der 8. Mai für ihn ein Tag an dem „Vielmehr […] ein Teil des deutschen Volkes in die nächste Diktatur katapultiert worden [1]“ sei.
Hier vergleicht er tatsächlich die DDR mit dem Nationalsozialismus. Damit sei nicht gesagt, dass in der DDR kein Unrecht geschehen ist oder das Versprechen einer solidarischen Gesellschaft eingelöst wurde – aber damit sei gesagt das Möller sich für weitere wissenschaftliche, intellektuelle und demokratische Beiträge selbst disqualifiziert hat.
Nun, wenn der Tag für ihn also eher ein Tag der Niederlage wäre, so wäre er doch aber ein Nationalsozialist – vielleicht auch nur ein Kollaborateur, mindestens jedoch kein Demokrat?
Stattdessen gedachte die AfD am 8. Mai, 75 Jahre nach der Befreiung von der Vorherrschaft der Nazis, auf dem Zentralfriedhof den toten deutschen Soldaten.
Utopia e.V. als Bildungsverein möchte solchen geschichtsvergessenen Tendenzen in der Gesellschaft entgegenwirken. Zu diesem Zwecke ist beispielsweise eine Bildungsfahrt zum Thema Nationalismus und Antisemitismus einschließlich eines Gedenkstättenbesuchs in den ehemaligen Konzentrationslagern von Auschwitz geplant.[2]
Uns ist des Weiteren wichtig zu betonen, dass revisionistische Haltungen, wie sie immer wieder zum Besten gegeben werden nicht nur Ausdruck fehlender Bildung sind, sondern bewusst aus demokratiefeindlichen, nationalistischen Ideologien abgeleitet werden.
So schlossen wir uns dem Aufruf des stillen Gedenkens an dem sowjetischen Ehrendenkmal von 15–17 Uhr des Vorsitzenden der SVV anschließen!
INFORIOT — Das nunmehr dritte Jahr in Folge hat die AfD am 1. Mai in der südbrandenburgischen Großstadt Cottbus demonstriert. 2018 und 2019 stand die rechtsextreme Sozialdemagogie im Vordergrund („Sozial ohne rot zu werden“) – diesmal wurde gegen „Corona“-Wahnsinn mobil gemacht.
Kundgebung an der Stadthalle in Cottbus
Rund 90 AfDler-AnhängerInnen und andere Rechtsextreme waren zu den Aktionen zusammengekommen. Um mit dem derzeitig eingeschränkten Versammlungsrecht umzugehen, wurden fünf Kundgebungen an Orten in der Cottbuser Altstadt ausgerichtet, die von 15 bis 17 Uhr stattfanden. Anmelderin war die AfDlerin Monique Buder, die auch für das rechtsextreme Bündnis „Zukunft Heimat“ in Erscheinung tritt und bis vor kurzem als Stadtverordnete in der hiesigen AfD-Fraktion Mitglied war.
Eigentümliche Werbung
Flyer für die Kundgebungs-Tour
Zu den Aktionen war eigentümlicher Weise fast ausschließlich und sehr kurzfristig auf internen Kanälen geworben worden. Ein Flyer, der in Whatsapp-Gruppen kursierte, erinnerte optisch entfernt an „Zukunft Heimat“-Werbezettel, doch weder dieser Name noch das AfD-Logo waren abgebildet. Durch diese hastige Mobilisierung kam nur der engere Kreis des regionalen und Brandenburger AfD-Milieus zusammen.
Kalbitz trinkt Bier
Stargast bei den Aktionen war der durch seine Neonaziaktivitäten bundesweit bekannte brandenburgische Landesvorsitzende Andreas Kalbitz. Leger plauderte er mit seinen AnhängerInnen, trank Bier, begrüßte Bekannte demonstrativ mit Handschlag. Fast niemand unter den Teilnehmenden trug Mundschutz, auf das Halten von Abstand wurde kaum geachtet. Neben Kalbitz nahmen weitere Mitglieder der Potsdamer AfD-Landtagsfraktion an den Aktionen teil: Christoph Berndt, Lars Schieske und Daniel Münschke – allesamt durch ihre „Zukunft Heimat“-Aktivitäten bekannt. Auch dabei war der AfD-Bundestagsabgeordnete und Studentenverbindungsmann Steffen Kotré.
Rechts-außen: Andreas Kalbitz nippt am Bier
Antisemitische Reden
In den Reden, die gehalten wurden, wurde durchgängig verschwörungstheoretisch gegen den „Corona-Wahnsinn“ und angebliche Interessen des Microsoft-Gründers Bill Gates gewettert. Die Pandemie wurde heruntergespielt und Schutzmaßnahmen gegen Corona als Herrschafts- und Profiterzielungs-Instrumente dargestellt. Die damit einhergehenden Einschränkungen der Grundrechte war allenfalls ein Anlass, keineswegs aber der Kern der AfD-Agitation in Cottbus.
Ein Redner warnte vor Menschen „wie George Soros, die da glauben, im Hintergrund ihre Fäden spinnen zu müssen“. Er war sich sicher: „Womit wir es zu tun haben, ist eine elitäre Clique, die im Hintergrund glaubt, uns seit Jahrtausenden verarschen zu können.“
Das ist antisemitische Diktion wie aus dem Lehrbuch und darf bei einer Veranstaltung einer Partei wie der brandenburgischen AfD wohl kaum überraschen. Allerdings ist der Widerspruch zu öffentlichen Bekundungen der Partei zu Corona augenfällig. Mit Verve hatte die AfD-Landtagsfraktion noch vor wenigen Wochen die Corona-Maßnahmen der Landesregierung als unzureichend kritisiert. Brandenburg sei Schlusslicht bei den Schulschließungen gewesen, hatte Kalbitz der Landesregierung vorgeworfen. Auch sei der Grenzverkehr nach Polen nicht konsequent genug eingeschränkt worden, hieß es damals aus der Fraktion. Landes- und auch Bundesregierung hätten „schon viel früher“ auf die Bedrohungslage reagieren müssen. Die AfD in Brandenburg verfolgt in ihrer Corona-Politik einen widersprüchlichen Schlingerkurs: Nach innen rechtsextreme Verschwörungsriecherei – nach außen pseudosachliche Kritik an den praktischen Maßnahmen der Regierung.
Steffen Kotré, Lars Schieske und Andreas Kalbitz im Gespräch
Neofaschist Hohm tritt wieder im AfD-Kontext in Erscheinung
Bemerkenswert ist, dass als Redner in Cottbus Jean-Pascal Hohm in Erscheinung trat. Der Rechtsextreme ist seit Jahren in der Brandenburger AfD aktiv und hat in verschiedenen Positionen als Ehrenamtler und bezahlt für die Partei gearbeitet. Mehrmals schon wurde er von seiner Partei aus Posten entfernt, nachdem immer neue Belege für seine eindeutig rechtsextremen Aktivitäten öffentlich bekannt und kritisiert wurden. So hatte er unter anderem an einer Reise zu italienischen Neofaschisten teilgenommen, woraufhin er – so wurde offiziell verlautbart – seinen Posten im Vorstand der Cottbuser AfD aufgab. Mit seinem jetzigen Auftritt in Cottbus steht also fest: Da ist er mal wieder.
Rechts im grauen Anzug: Jean-Pascal Hohm.
DGB-Banner zerstört
Vor der Kundgebung auf dem Platz am Stadtbrunnen wurde ein dort aufgehängtes Banner des „Deutschen Gewerkschaftsbundes“ heruntergerissen und auf den Boden geworfen.
DGB-Banner auf dem Boden.
Bei den Kundgebungen flatterte unter anderem eine Fahne der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“. Unter den Teilnehmenden waren zudem einige Personen aus der Neonazi-Szene von Cottbus. Unterwegs war auch der „Identitären“-Aktivist und ehemalige Landtagsfraktionsmitarbeiter Paul Meyer.
Junge Alternative Brandenburg auf der Kundgebungs-Tour in Cottbus. Screenshot: Facebook.
Hinweise auf Spannungen in der AfD Cottbus
Während die Brandenburger AfD-Landesspitze die Kundgebungen unterstützte, scheint es in den Niederungen der lokalen AfD leichte Bedenken gegen die Demonstrationspolitik und die verschwörungstheoretischen Positionen des „Flügel“-treuen Landesverbandes zu geben. Auf der Facebookseite der AfD Cottbus wurden die Aktionen weder beworben noch erwähnt. Ein Cottbuser AfD-Mitglied vermerkte spitz, dass auch die 1.-Mai-Demonstrationen der Vorjahre nicht von der Cottbuser AfD, sondern vom Nachbarkreisverband Spree-Neiße organisiert worden seien.
2020 jährt sich die bedingungslose Kapitulation Hitler-Deutschlands zum 75. Mal. Wären die Umstände heute nicht so, wie sie gerade sind, würden wir draußen mit unseren Genoss_innen die Befreiung der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück feiern. Doch auch wenn die zentralen Gedenkveranstaltungen nicht wie geplant stattfinden können, gibt es immer noch kreative Möglichkeiten im öffentlichen Raum zu gedenken. Anlässlich des #75Befreiung haben wir in Prenzlau und in Berlin an Frauen* erinnert, deren Biografien zum Teil mit dem KZ Ravensbrück verwoben ist. Sie wurden verfolgt, weil sie Jüdinnen waren, weil sie Kommunistinnen und Antifaschistinnen waren und auch, weil sie lesbisch waren.
Wir gedenken
Margarete Rosenberg
Elli Smula
Olga Benario-Prestes
Henny Schermann
Hilde Radusch
Trotz Kontaktsperre soll Gedenken weiterhin möglich sein! Anlässlich der Befreiung des KZ Ravensbrück hat die Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark e.V. einen Podcast auf die Beine gestellt und außerdem Plakate erstellt, die auf ihrer Webseite runtergeladen und auf den Straßen angebracht werden können. Danke für diesen wichtigen Anstoß! Auch die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätte hat ihr Gedenken online verlagert. In den weiteren Wochen werden weitere Aktionen on- sowie offline folgen. Stay tuned!
Margarete Rosenberg und Elli Smula
Der Stolperstein von Elli Smula in der Singerstraße in Berlin ist wegen einer Baustelle erst nächstes Jahr wieder zu sehen
Margarete Rosenberg (geb. Quednau) und Elli Smula wurden beide im Sommer 1940 bei den Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) dienstverpflichtet. Im September 1940 erstattete ein_e Kolleg_in oder Vorgesetzte_r bei der Gestapo Anzeige gegen die beiden, woraufhin diese eine eingehende Untersuchung und schließlich ‚Schutzhaft‘ anordnete. Auf dem erhalten gebliebenen Schutzhaftbefehl von Margarete Rosenberg ist „staatsabträgliches Verhalten“ als Begründung vermerkt, die Schutzhaft-Karteikarte besagt, sie habe „die Arbeit vernachlässigt“. Ihnen wurde angelastet, „regen Verkehr mit Kameradinnen ihres Betriebes in lesbischer Hinsicht unterhalten“ zu haben, „wodurch der Betrieb des Straßenbahnhofs Treptow stark gefährdet“ würde. Am 30. November 1940 wurden beide in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Dort wurden sie zunächst als ‚asoziale‘, dann aber als politische Häftlinge registriert. Als Ergänzung taucht zudem der Vermerk „lesbisch“ auf. Margarete Rosenberg überlebte die Haftzeit von mehr als vier Jahren mit schweren gesundheitlichen Schäden und starb 1985. Elli Smula kam 1943 in Ravensbrück um.
Olga Benario wird am 12. Februar 1908 als Tochter einer jüdischen Familie in München geboren. Bereits in den Münchener Polizeiakten wird sie als „kommunistische Agitatorin“ geführt. Mit 17 Jahren zieht sie nach Berlin-Neukölln und ist im Kommunistischen Jugendverband (KJVD) aktiv. In Berlin-Neukölln wird sie bald zum Star der lokalen Kommunistischen Jugend und demonstriert ihre Zivilcourage in einem Coup, der in den Berliner Zeitungen Schlagzeilen macht: Am 11. April 1928 führt sie den bewaffneten Überfall des Gerichtssaals im Moabiter Gefängnis an und schafft es, den wegen Hochverrats angeklagten Otto Braun zu befreien. Mit falschen Pässen erreichen Braun und Benario ein paar Tage später Moskau.
Ihre Beziehung bricht 1931 ab, weil Benario Brauns Eifersuchtsanfälle kleinbürgerlich findet. 1935 reist sie auf Anordnung der Kommunistischen Internationale von Moskau aus mit dem brasilianischen Revolutionär Luís Carlos Prestes nach Rio de Janeiro. Der von Prestes und der Kommunistischen Partei 1935 in Brasilien initiierte revolutionäre Aufstand scheitert. Olga und Luís Carlos Prestes werden 1936 verhaftet. Trotz internationaler Proteste wird Olga Benario hochschwanger im September 1936 von den brasilianischen Behörden an die Gestapo ausgeliefert. Im Frauengefängnis Barnimstraße kommt ihre Tochter Anita Leocádia am 27. November 1936 zur Welt. Anfang 1938 wird Olga Benario von ihrer Tochter getrennt, kommt in das Frauenkonzentrationslager Lichtenburg und muss drei Jahre im KZ Ravensbrück verbringen bevor sie 1942 im Todestrakt der „Heil- und Pflegeanstalt“ Bernburg durch Kohlenmonoxid ermordet wird. Die Skulptur der Tragenden von Will Lammert auf dem Gelände der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück hat Olga Benario zum Vorbild.
Henny Schermann wurde 1912 geboren und lebte in Frankfurt am Main. Ihre Eltern besaßen einen Schuhladen, den sie aufgrund antisemitischer Boykotte aufgeben mussten. Ab 1935 arbeitete Schermann als Verkäuferin und hatte einen Sohn, Walter Schermann. Am 13. Januar 1940 wird sie unter nicht geklärten Umständen verhaftet und im März 1940 in das KZ Ravensbrück eingeliefert. Ein möglicher Anlass ihrer Verhaftung könnte eine Razzia in einem lesbischen Lokal gewesen sein. Dies ergibt sich aus einer Notiz des KZ-Arztes Friedrich Mennecke: „Jenny Sara Schermann, 19.02.12. Ffm, ledig, Verkäuferin in Ffm. Triebhafte Lesbierin, verkehrte nur in solchen Lokalen. Vermied den Namen ‚Sara’. Staatenlose Jüdin.“ Am 10. Oktober 1940 wurde Henny Schermann vom Konzentrationslager Ravensbrück in das Gerichtsgefängnis Prenzlau überführt. Den Angaben auf der Karteikarte zufolge wurde sie durch Urteil des Amtsgerichts Frankfurt a. Main vom 14. Juni 1940 wegen „Vergehen gegen §§ 3 und 4 des Gesetzes vom 17.8.38“ zu einer Haftstrafe von zehn Tagen verurteilt. Dieses Gesetz beinhaltete, dass jüdische Menschen ab dem 01. Januar 1939 ihren Vornamen den Zwangsnamen „Sara“ bzw. „Israel“ hinzufügen mussten. Ende Oktober 1940 wurde sie wieder in das KZ Ravensbrück zurückgebracht und von dort am 30. Mai 1942 in die Euthanasie- und Tötungsanstalt Bernburg transportiert und ermordet.
Hilde Radusch (geb. 6.11.1903 in Altdamm, gestorben am 2.8.1994 in Berlin) verlässt im Alter von 18 Jahren ihr konservatives Elternhaus in Weimar und zieht alleine nach Berlin, um sich dort im Kommunistischen Jugendverband, später in der KPD, speziell im Roten Frauen- und Mädchenbund, zu engagieren. Mit nur 26 Jahren wird sie für die nächsten drei Jahre Stadtverordnete für die Berliner KPD. Nach den Wahlen 1932, die große Stimmengewinne der Nazis mit sich bringen, beteiligt sich Hilde Radusch zunächst noch am Aufbau einer illegalen Postleitung, was jedoch durch ihre Verhaftung am 6.4.1933 unterbunden wird. Aus der “Schutzhaft” im Frauengefängnis in der Barnimstrasse wird sie entlassen, noch bevor die Überstellung politischer Gefangener in ein KZ der Regelfall wurde. 1939 verliebt sie sich in Eddy, eine Nachbarin in der Oranienburger Straße, die für die nächsten 21 Jahre ihre Lebensgefährtin wird. Hilde Radusch kümmert sich um die Beschaffung der stark rationierten Lebensmittel und organisiert Unterschlupf für aus dem Gefängnis entlassene Frauen. Fortan taucht sie mit Eddy in Prieros (Königs Wusterhausen) unter und verbringt dort die letzten Kriegstage in einer Holzhütte. Nach Kriegsende arbeitet Hilde Radusch für das Bezirksamt in der Abteilung “Opfer des Faschismus”.