Vielerorts gewinnen die Grünen, anderswo triumphieren die Radikalen. Das zeigt: das Land hat sich gefährlich auseinandergelebt. Ein Kommentar. MATHIAS MÜLLER VON BLUMENCRON
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Vielerorts gewinnen die Grünen, anderswo triumphieren die Radikalen. Das zeigt: das Land hat sich gefährlich auseinandergelebt. Ein Kommentar. MATHIAS MÜLLER VON BLUMENCRON
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Der „AfD Ortsverband Strausberg i.G.“ tritt zu den Wahlen für die Stadtverordnetenversammlung am 26. Mai mit fünf Kandidaten an. Der Ortsverband an sich ist jedoch in einem sehr desolaten Zustand, weshalb sich die Frage stellt, warum solche Personen überhaupt zur Wahl antreten und vielmehr noch, warum solche Leute auch noch gewählt werden sollten. Bisher hat sich der Ortsverband und seine Kandidaten kaum bis gar nicht zu kommunalpolitischen Themen geäußert. Lediglich eine Facebook-Seite unter dem Titel „AfD-Freunde Strausberg“ haben in den letzten Monaten zwei Strausberg-spezifische Themen aufgegriffen und so etwas wie Wahlkampf suggeriert. Wie offiziell die Seite ist, bleibt jedoch fraglich. Darüber hinaus thematisiert der Ortsverband nichts für Strausberg.
Das Wahlprogramm für die einzelnen Gemeindevertretungen im Kreis entspricht dem Wahlprogramm für den Kreistag, somit gibt es keinerlei lokale Spezifizierungen oder Anpassungen. Was für den Kreis gut ist, muss dann auch für jede Gemeinde gut sein. Entsprechend sind auch die Wahlplakate ohne jeglichen Gemeindebezug, ja nicht mal mit Kommunalbezug.
Die einzelnen Kandidaten haben sich bisher auch nicht sonderlich bemerkbar gemacht. Bei Infoständen im Stadtgebiet sind nicht einmal annähernd alle Kandidaten auf getaucht.
Als Aktivster im – sich weiterhin in Gründung befindenden – Ortsverband ist Rainer Thiel zu bezeichnen. Er versucht seit mehr als einem Jahr den Ortsverband zu gründen, ist regelmäßig bei AfD – Veranstaltungen im Kreis anzutreffen und unterhält engen Kontakt zum Verschwörungstheoretiker und stramm Rechten Lars Günther aus Bad Freienwalde (siehe auch: https://inforiot.de/lars-guenther-rechter-netzwerker-verschwoerungstheoretiker/).
Auch Thiel scheint eher dem stark rechten Spektrum der AfD nicht abgeneigt, was beim Posieren mit rechten Symbolen, wie der Reichsflagge zu sehen ist. Von alten bekannten wir er auch als „Reichsdepp“ bezeichnet. Neben den anhaltenden Gründungsversuchen einer AfD-Ortsgruppe in Strausberg widmet sich Rainer Thiel den Stammtischen die mehr oder weniger regelmäßig im „Zum Alten Steuerhaus“ in Gladowshöhe stattfinden. Bei diesem Format versucht die AfD Bürgernähe zu suggerieren, was fraglich bleibt, da von einem kleinen Stammpublikum auszugehen ist.
Uwe Reuter als weiterer Kandidat ist neben seiner nicht existenten Kommunalpolitik noch Radiomoderator bei „LightbeatRadio“ — einem freien Internetradio, das aus dem „eigentümlich frei“ — Magazin entstanden ist. Dieses Magazin hat sich der Verbreitung von „Alternativen Fakten“ verschrieben. Hier wird u.a. CO2 als Treibhausgas als Mythos erklärt, sich aber auch gegen Genderpolitik, Gewerkschaften und anderen progressiven Strömungen ausgesprochen und entspricht damit einer light Variante des „Compact-Magazins“.
Gerhard Deutsch als weiterer Kandidat ist zufällig Vater eines in der ehemaligen Strausberger Kameradschaft „ANSDAPO“ aktiven Neonazis – der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm.
Ein schlechter Versuch, seriös und bürgernah aufzutreten, stellte der AfD-Infostand am vergangenen Samstag, den 18. Mai dar.
Rainer Thiel und Uwe Reuter betreuten mit Unterstützung von zwei Vertretern des Verbandes Marzahn-Hellersdorf, die eigens mit Wahlkampfbus angereist sind, den Infostand und versuchten einige Flyer los zu werden und ins Gespräch zu kommen. Auch mit dabei waren Franz Josef Wiese (MdL aus Neutrebbin) und Lars Günther, die vergeblich versuchten Gespräche zu führen. Wiese ist nicht nur Mitglied des Landtages und steht für die kommende Landtagswahl auf Platz 11 der Landesliste, er ist auch Anmelder der rechten „Merkel-muss-weg-Mittwochsmahnwachen“ in Berlin (siehe auch: https://inforiot.de/afd-in-mol/) und Steuerhinterzieher (siehe auch: https://www.bz-berlin.de/berlin/umland/finanzamt-pfaendet-afd-politiker-weil-er-steuern-nicht-zahlte)
In der Eigendarstellung der AfD war es ein florierender Stand mit viel Publikum, was schlichtweg eine erneute Falschdarstellung ist – anstelle bei Gesprächen öffneten die AfDler eher beim Mittagessen ihre Münder.
Eine Gegenmeinung wollte die AfD nicht zulassen. Menschen mit konträrer Meinung, die bereit waren über Unstimmigkeiten zu diskutieren und die pluralistische Meinungsbildung, wie sie im Rahmen eines demokratischen Prozesses zulässig sein müsste, wurden abgelehnt und mit Hilfe der Polizei weg geschickt. Zusätzlich haben die AfDler die Personen abfotografiert, obwohl das rechtlich nicht zustände.
Alles in allem lässt sich festhalten, dass der immer noch in Gründung befindliche Ortsverband in Strausberg, sowie die zur SVV-Wahl aufgestellten Kandidaten sehr unseriös auftreten. Alle Kandidaten besitzen keinerlei Erfahrung in Kommunalpolitik und interessieren sich auch reichlich wenig für entsprechende Themen. Wer diese Kandidaten wählt, darf sich nicht wundern, wenn die Kommunalpolitik unfähiger wird.
Derzeit liegen mindestens 10 Gesetzgebungsentwürfe des Bundes im Bereich des Asyl- und Aufenthaltsrechts vor, die parallel und in extrem großer Eile verhandelt und verabschiedet werden sollen. Der Flüchtlingsrat Brandenburg ist in großer Sorge, dass sich die Kultur im rechtlichen und administrativen Umgang mit Schutz, Bleiberecht und Integration suchenden Menschen sowohl für die Betroffenen wie auch für die Einwanderungsgesellschaft nachhaltig verschlechtern wird.
Der Bundesrat wird sich am 17. Mai mit mindestens zwei integrationspolitisch besonders destruktiven der besagten Gesetzentwürfe befassen: dem Haftgründe eskalierenden und Betroffene quasi aufenthaltsrechtslos stellenden „Geordnete Rückkehr Gesetz“ und dem einen gesicherten Aufenthalt für Geduldete systematisch unterlaufenden
„Beschäftigungs- und Ausbildungsduldungsgesetz“.
Der Flüchtlingsrat hat am 14. Mai eine ausführliche Stellungnahme vorgelegt undmahnt die Landesregierung, politisch alles in ihrer Macht Stehende dafür zu tun, die menschenrechtswidrigen und migrationspolitisch unsinnigen Restriktionen zu stoppen. Anlässlich der Innenministerkonferenz im Juni 2019 wurde das Schreiben auch an
Innenminister Karl-Heinz Schröter gerichtet.
Mit seiner Stellungnahme möchte der Flüchtlingsrat die absehbaren Konsequenzen für die Betroffenen sowie die destruktiven Wechselwirkungen der Gesetzespläne auch für die Brandenburger Flüchtlings- und Integrationspolitik deutlich machen. In der Identifizierung der Problemlagen und in der Bewertung der absehbaren Folgen der o.g.
Gesetzentwürfe stimmt der Flüchtlingsrat vollständig mit dem Forum Menschenrechte überein und bezieht sich dabei auf dessen Papier „Sanktionen und Haft“ vom 30. April 2019.
Der Flüchtlingsrat sieht zahlreiche gute Gründe für die Brandenburger Landesregierung, dem Bundesgesetzgeber bei seinem offenbaren Ziel, die Lebenslagen und die Integrationsbedingungen von Geflüchteten in den Ländern nachhaltig zu verschlechtern, in den Arm zu fallen.
*Pressekontakt: Ivana Domazet, Tel. 0176 314 83 547*
Bei den brandenburgischen Kommunalwahlen am 26. Mai 2019 treten mehrere Parteien an, die politisch rechts von der Union positioniert sind. Für insgesamt über 1.000 Mandate bewerben sich Kandidat*innen auf den Listen von AfD, NPD und den Republikanern. In einer neuen Ausgabe der "Mitteilungen der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle" werden diese Wahlantritte statistisch ausgewertet und in Bezug gesetzt zu den vorangegangenen Kommunalwahlen. Programmatische Papiere der – quantitativ und in ihrem Lager politisch dominierenden – AfD werden analysiert und stichprobenartig biografische Hintergründe und politische Positionen ihrer Kandidat*innen herausgearbeitet. Die aktuellen Wahlantritte von rechts werden in Bezug gesetzt zur jüngeren politwissenschaftlichen Diskussion um Kommunalpolitik und Beteiligung. Insbesondere interessiert die Frage, ob die Kandidat*innen der AfD – einer Partei, welche die Forderung nach direkter Demokratie immer wieder explizit erhebt – zu einer Belebung kommunalpolitischer Beteiligung beitragen und demokratische Repräsentationslücken schließen können. Die Studie ist online verfügbar unter https://www.mmz-potsdam.de/veroeffentlichungen-der-EJGF/articles/studie-zu-rechten-kommunalkandidaturen.html
„Im ganzen Land werden heute Frauen und Mädchen für die Art, wie sie leben wollen, erstochen, erschossen, mit dem Beil erschlagen oder unter Allahu-Akbar-Rufen geköpft. Rund 270 Ehrenmorde in rund vier Jahren sind nur die Spitze des Eisberges. Nichtmuslime werden gemessert, diskriminiert oder beschimpft. Aber das alles dürfen wir natürlich nicht laut sagen, denn dann sind wir ja Populisten.“
Parteitag der Brandenburger AfD im Januar 2019. Es gilt die Liste für die Landtagswahl am 1. September aufzustellen. Jeder kann sich bewerben, die Parteispitze hat keine Vorgaben gemacht.
Nach einem 21-stündigen Wahl- und Auszählmarathon schafft es der eben gehörte Tim Krause aus Potsdam auf einen der hinteren Listenplätze. Spitzenkandidat wird der Brandenburger Partei- und Fraktionschef Andreas Kalbitz.
Die rot-rote Landesregierung habe abgewirtschaftet und gehöre aus dem Amt gejagt, sagt der ehemalige Soldat Kalbitz, der dem völkischen „Flügel“ der AfD angehört. Grüne und CDU hätten als Opposition versagt.
„Man braucht die nur machen lassen, die enttarnen sich selber mit allem, was sie sagen, mit allem, was sie tun. Wenn man mit den Menschen auf der Straße spricht, dann glaubt man, dann ist man manchmal versucht zu sagen: Na, wir haben eigentlich schon 55 Prozent. Die Stimmung kippt.“
Nicht bei 55 aber bei um die 20 Prozent sehen jüngste Umfragen die AfD in Brandenburg, zeitweise Kopf an Kopf mit der regierenden SPD. Bundesweit ist die AfD in keinem Land der Regierungspartei so dicht auf den Fersen wie in der Mark.
Doch Andreas Kalbitz hätte das Ringen um den Spitzenplatz um ein Haar verloren: Auf Platz zwei landete mit nur fünf Stimmen Abstand und den wenigsten Gegenstimmen aller Kandidaten – Christoph Berndt. Vorsitzender des Vereins „Zukunft Heimat“ in Golßen am Rande des Spreewaldes.
Christoph Berndt dementiert, mit der rechtsextremistischen „Odentitären Bewegung“ zu tun zu haben (Rainer Weisflog/imago)
Der Verein setzt sich für Heimatpflege ein, für Radwege und Erntedankfeste – organisiert aber auch Demonstrationen gegen die Flüchtlingspolitik von Bund und Land, zumeist in Cottbus. Denn dort, in Brandenburgs zweitgrößter Stadt, war die Stimmung 2018 nach Auseinandersetzungen mit Flüchtlingen besonders aufgeheizt.
Im vergangenen Jahr versammelten sich tausende Teilnehmer zu den Anti-Asyl-Protesten von „Zukunft Heimat“. Unter ihnen waren auch stadtbekannte Rechtsextremisten und aus Dresden angereiste Pegida-Leute.
„Ich möchte davor warnen, dass Brandenburg vor einem möglichen Rechtsruck stehen könnte.“ Mike Bischoff, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag, sieht nach dem Kandidaten-Parteitag der AfD einen Schulterschluss mit dem Protest der Straße.
Auch Ursula Nonnenmacher, Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin der Grünen, meint „dass sich, falls das überhaupt noch möglich ist, der Rechtsruck in der AfD noch weiter verstärkt. Herr Kalbitz, als ein führender Exponent des rechtsnationalistischen ‚Flügels‘, Höcke-Poggenburg-Flügel, hat jetzt hier noch Gesellschaft gefunden von Herren, die unmittelbar stehen für den Zusammenschluss mit Pegida, für Zusammenarbeit mit ‚Ein Prozent‘, mit den ‚Identitären‘.“
AfD-Chef Kalbitz widerspricht: Von einem Rechtsruck könne trotz der nun offiziellen Verbindung mit „Zukunft Heimat“ keine Rede sein.
„Der Christoph Berndt ist ja seit anderthalb Jahren AfD-Mitglied. Ich schätze ihn persönlich sehr. Wir haben ein sehr, sehr enges Verhältnis. Er ist im Grunde ein Musterbeispiel an Zivilcourage. Weil er sagt: ‚Wir lassen uns das Recht nicht nehmen, friedlich, demokratisch, aber gerne auch mal laut auf Missstände aus unserer Sicht hinzuweisen‘.“
Doch der Brandenburger Verfassungsschutz hat andere Erkenntnisse: Seit einiger Zeit bestünden enge Kontakte zwischen der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“ und „Zukunft Heimat“, teilt das Innenministerium in Potsdam mit. Der Vereinsvorsitzende Christoph Berndt weist das zurück:
„Sagt uns: Wo und wie arbeiten wir mit den ‚Identitären‘ zusammen? Dann können wir uns dazu äußern. Diejenigen, die so etwas sagen, sind dann auch in der Verpflichtung, ihre Behauptungen zu belegen.“
An den Demonstrationen des Vereins, so der Verfassungsschutz weiter, würden außerdem regelmäßig weitere Rechtsextremisten in deutlich wahrnehmbarer Anzahl teilnehmen. Zitat:
„Diese sind zum einen der NPD und zum anderen der örtlichen Kameradschaftsszene, dem Personenkreis um die aufgelöste rechtsextremistische Hooligan-Gruppierung ‚Inferno Cottbus‘ oder der rechtsextremistischen Kampfsport- bzw. Musikszene zuzuordnen. Eine erkennbare Distanzierung des Vereins von Extremisten beziehungsweise eine hinreichende Abgrenzung von rechtsextremistischen Positionen unterblieb bislang.“
Es gebe keine institutionelle Zusammenarbeit von „Zukunft Heimat“ mit Rechtsextremisten, hält AfD-Chef Kalbitz dagegen.
„Sonst hätte ja der Verfassungsschutz auch Anhaltspunkte für eine Beobachtung. Das ist übrigens bei der AfD in Brandenburg genauso wenig der Fall aktuell wie bei ‚Zukunft Heimat‘.“
Dessen Vorsitzender Christoph Berndt spricht von Ablenkungsmanövern, um den Verein in ein schlechtes Licht zu rücken. Er könne nicht ausschließen, dass einzelne Neonazis zu den Demonstrationen kämen, sagt Berndt.
Das seien aber Randerscheinungen, so Berndt: „Ich bin doch keine Stasi! Ich lasse mir doch nicht die Lebensläufe der Leute zeigen, die da kommen. Ich denke gar nicht daran, über Stöckchen zu springen. Alles, was wir tun und sagen und was ich tue und sage, gibt überhaupt nicht den geringsten Anhaltspunkt zu sagen ‚Das ist ein Rechtsextremist‘.“
Da die AfD nach der Landtagswahl die Zahl ihrer derzeit neun Abgeordneten voraussichtlich deutlich erhöhen kann, wird Christoph Berndt demnächst dem Parlament angehören. Er wolle dort die Blickrichtung der Politik ändern, sagt Berndt: „Die Interessen, die wir zu vertreten haben, auch im Land Brandenburg, sind die Interessen der Einheimischen, der schon länger hier Lebenden. Das ist das Allerwichtigste.“
Parteienforscher Gideon Botsch von der Universität Potsdam warnt, dass von den AfD-Kandidaten keine konstruktive Oppositionsarbeit zu erwarten sei.
„Ich denke, dass es längst um eine Zersetzung unserer Demokratie geht, und zwar gerade im Kern ihres Handlungsbereichs. Wir schätzen diese Partei in Brandenburg, den Brandenburgischen Landesverband als einen rechtsextremen Landesverband ein.“
Das gelte auch für die Person des Partei- und Fraktionschefs, betont der Rechtsextremismus-Experte.
„Andreas Kalbitz hat dieses offen rechtsextreme Profil lange Zeit – bis mindestens 2015 – gehabt. Wir wissen, dass er auf einem konspirativen Zeltlager der neonazistischen ‚Heimattreuen Deutschen Jugend‘ gewesen ist, und sich insgesamt in diesem NPD-nahen, dem Neonazismus nahestehende Milieu offenkundig bewegt hat.“
Andreas Kalbitz, der gerne von der Wende-Erfahrung im Osten spricht, wurde 1972 in München geboren. Er war in der Jungen Union, dann in der CSU, deren „rechten Aufbruch“ er in der neurechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ forderte. Mit 21 Jahren trat Kalbitz den Republikanern bei. Dass die damals vom Verfassungsschutz beobachtet und als rechtsextrem eingestuft wurden, sei für ihn nicht relevant gewesen.
„Ich wäre ja danach keine zwölf Jahre Soldat geworden, wenn der Militärische Abschirmdienst eine andere Einschätzung gehabt hätte“.
Mit den anstehenden Kommunal- und Europawahlen am 26. Mai diesen Jahres und den darauf folgenden Landtagswahlen am 1. September in Brandenburg ist ein weiterer parlamentarischer Rechtsruck im Land zu erwarten.1 Bereits bei der vergangenen Kommunalwahl 2014 erhielt die AfD 39 Mandate in den vierzehn Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte Potsdam, Brandenburg, Cottbus und Frankfurt (Oder).2
Für die AfD ist die Aufstellung der Kandidat*innen ein Kraftakt, sind doch circa die Hälfte der Mitglieder neu auf dem politischen Parkett.3 So hieß es, dass die AfD Crashkurse für Kandidat*innen anbiete, um diese auf die gewonnenen Sitze in den Kommunalparlamenten, im Europarlament und auch im Landtag vorzubereiten.4
Für die Brandenburger AfD ist der Umstand, dass sich so viele parlamentarische Neulinge um die Mandate bewerben, Fluch und Segen zugleich: Einerseits können sie ihren parlamentarischen Einfluss enorm verstärken, andererseits zeigt sich hier erneut, dass die AfD nicht in der Lage ist, Sachpolitik abseits einfacher populistischer Antworten abzuliefern.5
Die Parteiprogramme auf Kommunal- und Europaebene haben lange auf sich warten lassen, das Programm für die Landtagswahlen ist zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung noch nicht erschienen.
Andreas Kalbitz, Vorsitzender der AfD Brandenburg, rühmt die rechtspopulistische Partei in einem „Bürgerdialog“ in Forst am 17. April für die Aufstellung von 700 Kandidat*innen6, die es ermöglichen sollen, Sachpolitik fernab von Ideologie zu betreiben.7 Die Zahl ist angesichts einer Gesamtmitgliederzahl der Partei in Brandenburg von 1.560 bemerkenswert.8 Kalbitz und andere AfD-Politiker*innen wiederholen dabei immer wieder die vielfältigen sozialen und beruflichen Hintergründe ihrer Kandidat*innen. So scheut sich die AfD Brandenburg auch nicht, in populistischer Manier zu behaupten, dass nur die Menschen gerechte Politik machen könnten, die selbst gearbeitet hätten.9
Kalbitz stellt die Koalitionswilligkeit auf Kommunalebene in den Vordergrund seiner Programmatik, denn dort könne man „praktisch zusammenarbeiten“.10 Das Ziel ist dabei klar: Die AfD will in Regierungsverantwortung. Waren die Stimmen vor fünf Jahren noch klar für die Opposition, strebt die AfD neben Sachsen auch in Brandenburg nach Macht und Stärke in den Kommunalparlamenten.
Die Töne sind zum Teil weniger skandalträchtig, will die AfD doch ihren europäischen Vorbildern nacheifern und ihrem „Schmuddel-Image“ entkommen.11 So berichtet Kalbitz von irritieren Journalist*innen, die nach seiner Aussage nach Skandalen im vorab für die Presse vorgestellten Landtagswahlprogramm suchten und nicht fündig wurden.12
Nicht jede_r darf mitbestimmen. Ohne Arbeit ist man im Deutschland der AfD nicht vollwertig
Die Kommunalwahl im Mai soll laut Andreas Kalbitz eine konservative Graswurzelrevolution sein, die die Basis für Regierungsverantwortung auf Landesebene bilden soll.13 Dafür unterstützt die Landes-AfD auf kommunaler Ebene beim Wahlkampf, bei den sogenannten Bürgerdialogen treten im April fünfmal insbesondere die Spitzenkandidaten der Landesliste, Andreas Kalbitz, Birgit Bessin oder auch Thomas Jung, auf. Letzterer zeichnet sich auch verantwortlich für den Wahlkreis Frankfurt (Oder). Dennoch findet in Ostbrandenburg und dem angrenzenden Landkreis Oder-Spree keiner der Bürgerdialoge statt.
Berührungsängste zu weiter rechts stehenden außerparlamentarischen Kräften scheut die Parteiführung trotz ihres weniger skandalträchtigen Auftretens keineswegs. Andreas Kalbitz und andere führende AfD-Politiker*innen – aus Frankfurt (Oder) beispielsweise Wilko Möller14 – beteiligen sich regelmäßig an den Aufmärschen des extrem rechten Vereins „Zukunft Heimat e. V.“. Wie wichtig die Nähe zu diesem ist, zeigt die Rolle des Vereins-Vorsitzenden Christoph Bernd. Er tritt auf Listenplatz 2 der AfD bei der Landtagswahl an, ohne selbst Mitglied der Partei zu sein.
Kalbitz betont welch wichtige Rolle „Zukunft Heimat“ auf dem Weg zu einer Gesellschaft, die ihrer gemeinsamen politischen Vision entspricht, einnimmt. Er wird nicht müde, ihren zentralen Aufmarschort Cottbus zum Symbol der Heldenstadt zu stilisieren und vergleicht diese mit Leipzig im Wendejahr 1989.15 Bei seinen Kamarad*innen aus der extrem Rechten schlägt er radikalere Töne als bei den Bürgerdialogen an und verweist auf die Zusammenarbeit mit dem „Zukunft Heimat e.V.“ und „Pegida Dresden“ als Partner. Man lasse sich nicht auseinanderdividieren, so Kalbitz.16
Die AfD schafft es, zweigleisig zu fahren und einerseits die Verbindung mit extrem rechten Strukturen aufrechtzuerhalten, andererseits im bürgerlichen Gewand den Versuch zu unternehmen, parlamentarische Macht zu gewinnen. Die Botschaft aber ist klar: „Wir werden die Wende vollenden“17. Gemeint ist damit ein Wandel, der auf Ausgrenzung, Ausbeutung und sozialer Kälte fußt.
AfD-Wahlkampf auf kommunaler Ebene
Die AfD wirbt neben dem klassischen Wahlkampf auch mit dem Mittel von Social-Media-Formaten, insbesondere auf Facebook und Twitter. Auffällig ist nach wie vor, dass vielfach keine eigenen Inhalte geschaffen werden, sondern immer wieder auf Beiträge anderer Benutzer*innen zurückgegriffen wird, die geteilt werden. Wilko Möller nutzt die Seiten insbesondere auch mit seinem Privataccount, um beispielsweise zu ehrenamtlichen Engagement aufzurufen, das er neu für sich entdeckt hat.18
10 von 14 Kandidat_innen für die Kommunalwahl. Die AfD in Frankfurt (Oder) ist männlich, weiß und in ihren besten Jahren”
Daniel Hoffmann: Rassist mit Schlips und Kragen
Die AfD Frankfurt (Oder) geht mit insgesamt 16 Kandidat*innen in den Wahlkampf:
Wilko Möller (geb. 1966, Bundespolizist) ist das Gesicht der Frankfurter AfD und saß schon in der letzten Stadtverordnetenversammlung für die AfD. Von der nach den Kommunalwahlen 2014 ursprünglich fünf Abgeordnete umfassenden Fraktion blieb zum Schluss außer Möller nur Ute Spallek, sodass die AfD ihren Fraktionsstatus verlor. Der Rest verließ nach diversen Kontroversen die Fraktion.19 Mit Ute Spalleck hatte sich Möller nach einem Streit zwar wieder vertragen, für die Kommunalwahl 2019 tritt sie aber nicht mehr an.20
Der Fahrlehrer Meinhard Gutowski (geb. 1955) stand in der Vergangenheit den rechten Splitterparteien „Pro Deutschland“ und der „Schill-Partei“ nahe, von 2010 bis 2014 war er Abgeordneter und Mitglied der CDU-Fraktion in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung. Hans-Peter Hartmann (Rentner, geb. 1943) war von 1995 bis 1998 Mitglied der PDS-Fraktion im Deutschen Bundestag.
Daniel Hofmann (geb. 1974, Geschäftsführer Oderlandwerbung, zeitweilig sachkundiger Einwohner im Kulturausschuss), Marcus Mittelstädt (geb. 1981, Polizeivollzugsangestellter bei der Berliner Polizei) und Michael Laurisch (geb. 1963, Zollbeamter, beide sachkundige Einwohner im Ausschuss für Bildung, Sport, Gleichstellung, Gesundheit und Soziales) sowie Ingolf Schneider (geb. 1970, Instandhaltungsmechaniker), und Meinhard Gutowski (beide sachkundige Einwohner im Ausschuss für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Umwelt) haben als sachkundige Einwohner in diversen Ausschüssen Erfahrungen gesammelt.
Roland Warstat-Lehmann (geb. 1962, KFZ-Ersatzteilhändler), Jürgen Fritsch (geb. 1957, Buchdrucker), Hendrik Gunkel (geb. 1969, Geschäftsführer Autohaus & Werkstatt Service Center Daske sowie Prokurist bei “Daske Bau e.K.”), Andreas Suchanow (geb. 1971, Polizeibeamter bei der Bundespolizei, 1. stellvertretender Vorsitzender des Stadtverbands), Bernd Saleschke (geb. 1951, Rentner), Uwe Roßmann (geb. 1951, Rentner), Denny Lehmann ( geb. 1982, Vertriebsmitarbeiter), Elke Hofmann (geb. 1955, Handelsvertreterin) und Hans Peter Sax (geb. 1941, Rentner) können auf keine parlamentarische Vergangenheit zurückblicken.
1Die AfD ist laut Infratest dimap drittstärkste Partei knapp hinter CDU und SPD, vgl.: https://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/brandenburg.htm
2Vgl. https://www.tagesspiegel.de/politik/afd-in-brandenburg-ziemlich-normale-leute-und-zwei-scharfmacher/23852372.html (zuletzt eingesehen am 19.04.2019)
3Vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/studie-viele-afd-fraktionen-scheuen-sacharbeit-15057846.html
4Vgl. http://www.maz-online.de/Brandenburg/Warum-die-AfD-zur-Kommunalwahl-ein-Personalproblem-bekommen-koennte (zuletzt eingesehen am 19.04.2019)
5Vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/studie-viele-afd-fraktionen-scheuen-sacharbeit-15057846.html
6Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=FmQ-Dl8AgFA&feature=youtu.be (ab Minute 2:10) (zuletzt eingesehen am 19.04.2019)
7Ebd.
8Vgl. https://www.tagesspiegel.de/politik/afd-in-brandenburg-ziemlich-normale-leute-und-zwei-scharfmacher/23852372.html (zuletzt eingesehen am 19.04.2019)
9Vgl. www.afd-fraktion-brandenburg.de
10Vgl. hierzu Fußnote 4
11Vgl. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-afd-beobachtung-durch-verfassungsschutz-entgehen-will-15921315-p2.html (zuletzt 19.04.2019)
12Vgl. https://www.youtube.com/watch?v=FmQ-Dl8AgFA&feature=youtu.be (ab Minute 9:00) (zuletzt eingesehen am 19.04.2019)
13Rede von Andreas Kalbitz auf der Zukunft Heimat Demontration in Cottbus: https://www.youtube.com/watch?v=y14WtyuCsZM (ab Minute 18:00) (zuletzt eingesehen am 19.04.2019)
14Vgl. https://twitter.com/OfficeRolando/status/1107003030115889156
15Rede von Andreas Kalbitz auf der Zukunft Heimat Demontration in Cottbus: https://www.youtube.com/watch?v=y14WtyuCsZM (ab Minute 18:00) (zuletzt eingesehen am 19.04.2019)
16Ebd.
17Ebd.
18Retweet vom 03.04.2019: https://twitter.com/afd_ffo
19Vgl. https://www.moz.de/landkreise/oder-spree/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1559857/
20Vgl. https://www.moz.de/landkreise/oder-spree/frankfurt-oder/artikel9/dg/0/1/1569926/
Einleitung: AfD — Altbekanntes für Deutschland
Das AfD-Wahlprogramm für die Kommunalwahl 2019 in Frankfurt (Oder) ist erschienen.1 Auf den ersten Blick wirkt es recht harmlos. Zumindest wenn man die neofaschistischen oder rechtsnationalen Töne erwartet, die die Partei sonst anschlägt. Statt reiner faschistischer Ideologie ist hier die Rede von einer sauberen und ordentlichen Stadt, von Blumen im Park, vielen Kita- und Hortplätzen und einer florierenden Wirtschaft.
Doch lohnt sich genaues Hinsehen. Denn hinter den vermeintlich harmlosen Wunschträumen und Forderungen verbirgt sich ein neoliberales und sozialchauvinistisches Weltbild.
Tatsächlich ist das Programm die Sammlung eines deutschen Ungeistes, der in der Person des Wilko Möller in Law und Order-Mentalität seinen Vollstrecker für Ordnung und Sauberkeit in der Oderstadt gefunden hat.
Weite Teile des Programms sind dem Wahlprogramm von 2014 entlehnt oder Absatz für Absatz übernommen. Das zeigt einerseits die Faulheit der lokalen AfD-Kader, andererseits wird so die Kontinuität deutlich, mit der die AfD längerfristig Themen zu besetzen versucht, um sich als Akteur im Bereich Sicherheit, Ordnung und Wirtschaft zu etablieren.
Auf 36 Seiten folgt man dem kruden Gedankenstrom Wilko Möllers und Konsorten, die Frankfurt (Oder) zurück in einen preußisch-präfaschistischen Hort der Glückseligkeit zurückverwandeln wollen — in eine Zeit, in der noch keine DDR-Platten die schönen Kasernen ersetzten, die man mit dem Geld des besiegten Frankreichs erbaut hatte. Die Menschenfeindlichkeit gegenüber Migrant*innen und Geflüchteten steht im neuen Wahlprogramm nicht mehr im Vordergrund. Stattdessen thematisiert die AfD andere, weniger aufsehenerregende Fragestellungen.
Aus alt mach neu: Das Kommunalwahlprogramm der AfD 2019.
Wo sind all die Flüchtlinge hin?
Trotz der vielen abgeschriebenen Passagen stellt sich die Frage: Warum kämpft die AfD nun mehr für deutsche Bäume am Stadtrand als gegen vermeintliche Nicht-Deutsche im Zentrum?
Die Antwort: Sie will sich noch attraktiver machen für die “Mitte der Gesellschaft”. Ihr Rassismus wirkt dabei umso verheerender, denn angesichts der beiläufig geäußerten Verachtung scheut man schon fast die Mühe zu widersprechen. Der Hass steht aber immer am Ende eines Gedankens, den Wilko Möller und Co. in die Tastatur hämmern. Das war schon 2014 so und hat sich im Jahre 2019 nicht geändert: Auf jeden vermeidlichen „Verbesserungsvorschlag“ folgen Einschnitte und Rückschritte – so wirbt man für mehr Zuzug, schließt aber Nicht-Deutsche davon aus, fördert die Kultur und will gleichzeitig die Freiheit für sogenannte „aggressive resp. provozierende Kunst“ einschränken.
Das neue AfD-Programm bietet jedoch die Chance, über das Reizthema “Flüchtlinge” hinaus die Verachtung zu erkennen, die die AfD allen Menschen entgegenbringt, die nicht nach ihrer Pfeife tanzen. Es wird deutlich: Die AfD lässt die Menschen nicht in Ruhe und will sich auch nicht darum kümmern, dass alle genügend Raum und Geld zum (Über-)Leben in dieser teilweise erbarmungslosen Welt haben — sie will stattdessen die Menschen in ein straff organisiertes System eingliedern, dessen Stützen Ordnungsamt, Polizei und Knast auf der einen Seite, der subventionierte kapitalistische Ausbeuterbetrieb und das paramilitärische Ehrenamt auf der anderen Seite sind.
Wahrer Staatsdienst für wahre Männer: how to be Wilko Möller
Deutsch, deutscher, deutscheste Wirtschaft
Dass Wilko Möller mal bei der FDP war, zeigt nur, wie eng verbunden Kapitalismus und Faschismus sind. Ein Beispiel: Um den Wirtschaftsstandort Frankfurt (Oder) attraktiv zu machen, soll es ein Begrüßungsgeld für Neugeborene geben, allerdings sollen davon ausschließlich Familien “mit mindestens einem deutschen Elternteil (Deutsche gemäß Art. 116 Abs. 1 GG)” profitieren. Was auf gut deutsch nichts anderes heißt als die Subventionierung von Ariern und — immerhin ein Fortschritt im direkten Vergleich mit dem “Dritten Reich” — Halb-Ariern.
Die von der AfD geforderte “starke Verwaltung” hat den alleinigen Zweck, Reichen den Teppich auszurollen. Wenn die AfD “Wirtschaftsförderung” betreiben will, dann denkt sie nicht zuerst an die neuen Angestellten, sondern an die neuen Bosse, die in Zukunft auch in Frankfurt (Oder) kräftig Geld scheffeln können sollen. Den Ausbau von Kita- und Hortplätzen fordert die AfD mit dem Ziel, dass die Eltern dann auch schön viel Zeit haben sich ausbeuten zu lassen.
Słubice — nostalgisch-revisionistisch als “Dammvorstadt” bezeichnet — ist auf ökonomischem Gebiet folgerichtig auch eher ein Konkurrent denn ein Partner. Partnerin soll die polnische Stadt nur bei der Kriminalitätsbekämpfung sein, ansonsten habe die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt, dass von der Euroregion lediglich die Stadt jenseits der Oder profitiert. Die angestrebte Abschaffung des grenzüberschreitende Busses fügt sich in die Klageschrift ein.
Subventionierte Sicherheitsindustrie
Keineswegs neu, aber in seinem Ausmaß erschreckend: Die AfD will die Sicherheitsindustrie über alle Maßen ausbauen, und das Stadtbild soll beherrscht werden von Kontrolle: Öffentliche Mittel werden einseitig ausgegeben für mehr Ordnungsamt-Personal in Polizeimontur, Überwachungsmaßnahmen im Stadtgebiet (die AfD nennt das “kriminalitätsabwehrende Architektur”, was soviel heißt wie die Möglichkeit zur Überwachung rund um die Uhr), Subventionierung einer militaristischen Ausbildungsstätte der Polizei auf dem Messegelände sowie den Rückkauf der ehemaligen JVA. Dort möchte die AfD abgelehnte Asylbewerber*innen einsperren und von dort aus abschieben. An diesem Beispiel wird besonders deutlich, wie die AfD auf zynische Art und Weise die durch ihren Druck immer weiter verschärften Asylgesetze dafür nutzen will, um mit dem Freiheitsentzug und der Abschiebung von Menschen Geld zu verdienen und die lokale Wirtschaft zu stärken, indem man teil hat an der größer werdenden Abschiebeindustrie.
Sauberkeit, Heimat, Tradition
Sauberkeit ist ein weiterer wichtiger Punkt im Wahlprogramm und wird immer wieder betont. Ein Heimatgefühl und Identität stiften auch weitere Äußerlichkeiten des Stadtbildes, nämlich die historische Architektur und die Straßenbahn. Soweit so langeweilig. Doch im Grunde genommen soll alles wieder sein wie zu Urgroßvaters Zeiten, dafür muss dann auch die DDR-Architektur verschwinden, die preußischen Fassaden wieder erstrahlen und die Elektrische aufgewertet werden. Modernität kommt dann ins Spiel, wenn die AfD verspricht, den KFZ-Verkehr zu hofieren (z.B. mit dreistündigem, kostenlosen Parken in der Innenstadt) statt umfassend die Radwege auszubauen.
Dem Feindbild “Słubfurt” ist gleich ein ganzer Absatz gewidmet. Auf den Verein und seinen Kopf Michael Kurzwelly hat sich die AfD schon seit einiger Zeit besonders eingeschossen, verkörpert der “Słubfurter” doch alles, wogegen die AfD ihren Hass hegt: Kosmopolitismus und deutsch-polnische Partnerschaft und ein künstlerisch-linksliberales Auftreten. Für die Leute von der AfD geht es denn auch nur ums Gegenteil: sich einigeln im sauberen, schönen deutschen Reich, bis zum Umfallen einer “vernünftigen” Arbeit nachgehen und am Wochenende vielleicht noch einmal in den Genuss traditionalistischer Kultur kommen.
Schluss: Die Idylle des Hasses
Reißen wir der AfD ihre Maske herunter! Die AfD in Frankfurt (Oder) zeigt sich in ihrem Wahlprogramm als das, was sie ist: eine Partei für die Bosse, Abteilungsleiter*innen und Polizist*innen — als eine Partei für Leute, die andere gerne im Befehlston ansprechen. Migrant*innen und Geflüchtete sind nur ihr erstes Opfer — das gibt sie offen zu: Die AfD “stellt sich gegen die Aufnahme weiterer Transferleistungsempfänger resp. Asylanten durch das Land Brandenburg.” Alle, die irgendwann einmal arbeitslos geworden sind oder in Zukunft davon bedroht werden, werden von der AfD gehasst. Respektlos redet die AfD von einer “Sozialhilfeindustrie” — als ob das Leben mit Hartz IV ein besonders luxuriöses sei.
Die von Blümchen umrankten Bänke, die sich die AfD für Frankfurts Plätze wünscht, sind an sonnigen Tagen bereits reserviert: Für all die, die es dorthin geschafft haben, wo man andere herumkommandieren kann.
1Der folgende Text bezieht sich auf das Kommunalwahlprogramm, erschienen am 14.04.2019
http://s233189129.online.de/afd/afd_kommunalwahlprogramm_ffo_2019.pdf
Am heutigen Morgen, des 20.Februar 2019, haben wir in Form einer Kleingruppen-Aktion einen Bagger im Mitteldeutschen Braunkohle Revier besetzt. Mit unserer direkten Aktion möchten wir nicht nur Kohle-Infrastruktur blockieren, wir zeigen uns vor allem solidarisch mit den immer noch 3 inhaftierten Aktivisti der #Lausitz23 und Eule. Es ist uns wichtig klar zu zeigen, dass weder ansteigende Repressionen, noch eine verschobene öffentliche Debatte unseren Kampf für Klimagerechtigkeit eindämmen können. Repression schwächt uns nicht. Im Gegenteil sie deckt die Absurdität von Straflogik auf und bestätigt uns in unserem Handeln.
Die Symbolik unserer Aktion soll auch den Umgang mit Repressionen nicht außen vor lassen. Als Menschen, die wir versuchen unsere Privilegien zu reflektieren, sehen wir Identitätsverweigerung nicht nur als Schutz unserer eigenen Person und zur Wahrung unserer Anonymität an. Sie ist ein politischer Akt, mit welchem wir uns solidarisch gegenüber allen Menschen zeigen wollen, welche nicht das Privileg besitzen sich ausweisen zu können bzw. Dokumente besitzen, welche es ihnen ermöglichen sich frei zu bewegen. Im Kampf für eine Welt ohne Nationalstaaten und Grenzen, lehnen wir dieses Privileg mit allen Mitteln ab. Solidarität ist eine Waffe und wir sollten alle reflektieren wie wir sie nutzen!
Vor dem Hintergrund der Repressionen gegen die Aktivisti der #Lausitz23 und Eule machen wir uns nicht nur zu unverhältnismäßigen Maßnahmen Gedanken. Wir wünschen uns, dass eine generelle Kritik an Logik und Vollzug von Haftanstalten im Grundansatz thematisiert wird. Diese zu hinterfragen sollte auch Teil der öffentlichen Debatte werden. Unserer Auffassung nach sind nicht überzogene Maßnahmen gegen Klima-Aktivisti oder das „Statuieren eines Exempels“ das Problem. Jenes Grundkonzept von Haft und Ausgrenzung einzelner Individuen aus gesellschaftlichen Kontexten bedarf genug Kritik. Unsere Wut sollte sich nicht nur gegen Brandenburgische oder Nordrhein-Westfälische Justizbehörden richten, sie trifft alle die nach dieser Logik Handeln. Uns sollte stets Bewusst sein das überzogene Anwendungen von Haft, Repressionen und Ausgrenzungen kein Phänomen der Klima-Gerechtigkeits-Bewegung sind. Sie sind alltäglich und fest in gesellschaftlichen Strukturen verankert. Haft generell abzulehnen vereint uns in diesem Kampf gegen Repressionen.
Prisons are for burning!
Twitter: @ReiseDigger
Für Rückfragen bitte E‑mails an: climatejusticenow (at) riseup . net
In Brandenburg droht 2019 ein Wahlsieg der AfD. Dietmar Woidke, der Ministerpräsident, würde ihn gern verhindern. Doch wirkt er ziemlich hilflos.
Es gibt einen Satz, den Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke häufig verwendet: “Da müssen wir uns keine Sorgen machen.” Dieser Satz verrät wenig über Brandenburg, aber viel über ihn. Fragt man Woidke nach der Lage seiner Regierung, nach der SPD, nach der Landtagswahl am 1. September, sagt er: “Da müssen wir uns keine Sorgen machen.”
Wirklich? Geht es um Landtagswahlen im kommenden Jahr, dann reden die meisten über Sachsen. Darüber, dass dort die AfD triumphieren könnte. Dabei gibt es ein Land, in dem die Lage ähnlich bedrohlich für die Regierungsparteien ist, vielleicht bedrohlicher: Brandenburg.
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Umstrittenes Bayerisches Polizeiaufgabengesetz als Blaupause
Die Landesregierung in Bayern hat vorgemacht, wie schnell Grundrechte mit einem Polizeigesetz grundlegend in Frage gestellt werden können. Nun plant neben anderen Landesregierungen auch in Brandenburg der Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) ein neues Landespolizeigesetz, das rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und die Gewaltenteilung angreift.
Polizei oder schon Geheimdienst?
Der mit dem Referentenentwurf im Juli veröffentlichte Duktus der Gesetzesnovelle ist eindeutig: im Gewand der Terrorabwehr soll die Polizei neue Befugnisse bekommen, die eine lange Liste von Grundrechtseinschränkungen beinhalten. Das als Lehre aus dem Faschismus eingeführte verfassungsrechtliche Trennungsgebot für geheimdienstliche und polizeiliche Methoden wird immer weiter ad absurdum geführt. Mit der „Online-Durchsuchung“ können Ermittler*innen vollständig auf die elektronische Kommunikation eines Menschen (und dessen Mitmenschen), die Aufenthaltsorte, die Fotos, die Notizen und weitere gespeicherte Daten zugreifen. Weiterhin soll die Polizei mit Spionagesoftware, auch Staatstrojaner genannt, verschlüsselte Kommunikation überwachen können („Quellen-TKÜ“). Diese geplanten polizeilichen Befugnisse gehen weit über bereits legalisierte Angriffe auf die Persönlichkeitsrechte wie z. B. Hausdurchsuchungen oder Lauschangriffe auf Wohnungen hinaus und bedrohen unsere Privatsphäre auch im digitalen Bereich.
Straftatenwahrsagerei statt Unschuldsvermutung
Die neue Qualität des Brandenburgischen Polizeigesetzes spiegelt sich nicht nur in den neuen Überwachungs- und Repressionsmethoden wider. Ähnlich wie der von der bayerischen Gesetzesinitiative bekannt gemachte Begriff der „drohenden Gefahr“ führt das neue Polizeigesetz mittels diffusen und unbestimmten Begriffen eine Gefahrenabschätzung durch die Polizei ein. Danach können Menschen überwacht werden, in Präventivhaft genommen oder Fußfesseln angelegt bekommen, auch wenn diese Menschen noch nicht konkret verdächtig sind. Der Begriff einer „drohenden Gefahr“ untergräbt das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung und eröffnet der Polizei eine „Straftatenwahrsagerei“, die einer demokratischen Gesellschaft unwürdig und somit in keiner Weise akzeptabel ist.
Von der „Terrorismusabwehr“ zur Uferlosigkeit von Grundrechtseinschränkungen
Dass die geplanten weitgehenden Grundrechtseinschränkungen nicht im Feld der Bekämpfung von „Terrorist*innen“ verbleiben, ist schon jetzt eine Frage der politischen Definitionsmacht, die sich mit der Zeit und anderen politischen Kräfteverhältnissen schnell verändern kann.
Andere Neuerungen im Brandenburgischen Polizeigesetz zeigen, dass schon mit dem jetzigen Entwurf nicht nur der „Terrorismus“ im Fokus von präventiver Überwachung und Repression ist. Die mit der Gesetzesverschärfung geplanten Meldeauflagen ermöglichen der Polizei allein zu entscheiden, wer sich bis zu einem Monat regelmäßig bei einer Polizeistation melden muss. Die Meldeauflagen werden explizit im Rahmen des Versammlungsgesetzes. vor allemfür politisch aktive Menschen, vorgesehen.
Grundrechte: Opfer eines vermeintlichen Sicherheitsgefühls
Die Verschärfung der Landesgesetze reiht sich ein in einen Sicherheitsdiskurs, der jegliche Fakten und Analysen über Kriminalität oder „Terrorismus“ außer Acht lässt. Auch eignet sich das neue Polizeigesetz nicht zur Straftatenprävention. Vielmehr soll mit der rigiden Gesetzesverschärfung die vermeintliche Erhöhung eines diffusen Sicherheitsgefühls erzeugt werden.
Neues Polizeigesetz: Gefahr für die Sicherheit ganzer Bevölkerungsgruppen
Nicht nur das Sicherheitsgefühl, sondern auch die Sicherheitslage derjenigen Menschen wird massiv gestört, die schon jetzt häufig im Fokus der Polizei stehen. Menschen mit Migrationshintergrund sind besonders betroffen von rassistischen Sicherheitsdiskursen, die Flucht und Migration in einem Atemzug in den Zusammenhang mit Kriminalität und „Terrorismus“ stellen. Das verfassungswidrige „Racial Profiling“, also die anlassunabhängige Polizeikontrolle und Verdächtigungen von beispielsweise als Migrant*innen wahrgenommenen Menschen, ist eine Vorstufe der neuen geplanten gesetzlichen Maßnahmen. Die von Schröter und seinen Innenministerkollegen geplanten Verschärfungen der Polizeigesetze gehen uns jedoch alle an. Egal ob politische Aktivist*innen, Fußballfans, Gewerkschafter*innen, Wohnungslose, Menschen mit psychischer Erkrankung oder auch einfach nur Kapuzenpulli-Träger*innen: die vorgeschlagenen polizeilichen Maßnahmen können und werden bei allen zur Anwendung kommen.
Wir sind ein breites, weltoffenes Bündnis: Wir stehen ein für Grundrechte und Freiheit!
In Bayern, NRW und Niedersachsen wenden sich breite, zivilgesellschaftliche Bündnisse gegen die Verschärfungen der Landespolizeigesetze. Zehntausende demonstrierten gegen den Angriff auf grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und die Gewaltenteilung.
Auch in Brandenburg gilt es, unsere Freiheits- und Grundrechte gegen die geplante Gesetzesverschärfung zu verteidigen:
- Wir wollen über die geplanten Maßnahmen aufklären und eine Gegenöffentlichkeit schaffen!
- Wir wollen die Verschärfung im Rahmen des neuen Polizeigesetzes in Brandenburg verhindern! Auch punktuelle Verschärfungen des Polizeigesetzes lehnen wir ab!
- Wir sind ein breites Bündnis von demokratischen Einzelpersonen, Initiativen, Organisationen und Parteien, deren Anliegen es ist, die Grund- und Freiheitsrechte zu schützen. Rassismus und rechte Hetze haben bei uns keinen Platz.
- Wir verstehen uns als Teil des bundesweiten Widerstands gegen die Polizeigesetzesverschärfungen. Wir sind solidarisch mit anderen Initiativen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die neuen Polizeigesetze in den Bundesländern zu verhindern.
Wir zeigen Widerstand gegen das neue Brandenburgische Polizeigesetz – Überall und solange, bis das Gesetz vom Tisch ist!
Wenn ihr den Aufruf unterzeichnen wollt müsst ihr einfach eine Mail an kontakt@nopolgbbg.de schicken und wir nehmen euch auf die Unterstützer_innenliste! Wir haben uns aus Datenerhebungs- und schutzgründen entschlossen kein Onlineformular bereit zu stellen.