Hallo Welt, hier unsere Stellungnahme zu den Anschuldigungen des Verfassungsschutz gegenüber dem freiLand und der hier stattgefundenen Veranstaltung rand.gestalten.
Diese Stellungnahme haben wir auf Anforderung des Oberbürgermeisters der Stadt Potsdam geschrieben. Sie sollte darauffolgend den Stadtverordneten durch den Oberbürgermeister mit einer Bewertung der Verwaltung sowie einer Stellungnahme des Verfassungsschutz zur Kenntnis gegeben werden. Aus unbekannten Gründen erlaubt der Verfassungsschutz nun nicht, dass seine Stellungnahme – welche dem Oberbürgermeister bereits vorliegt – ebenfalls für die Stadtverordneten und damit eigentlich auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Lieber möchten sie sich mit der Verwaltung im geheimen Gespräch austauschen.
Aus unserer Sicht ist der Verfassungsschutz ein Geheimdienst mit eigener politischer Agenda; insbesondere wenn es darum geht, die Extremismustheorie und Gleichsetzung von Links und Rechts zu befeuern. Ganz aktuell sieht man das mal wieder daran, dass sie sich endlich dazu entschieden haben, ein paar der führenden Nazis der AfD unter Beobachtung zu stellen — natürlich nicht ohne gleichzeitig heraus zu posaunen, dass man auch Überwachung einiger Abgeordneter der Linkspartei erwäge. [1]
Des weiteren entzieht sich der VS immer wieder jeder parlamentarischen Kontrolle – in unserem aktuellen Fall sieht man das exemplarisch. Erst eine Stellungnahme an einen ausgewählten Empfänger*innenkreis rausgeben, aber wenn diese dann veröffentlicht werden soll, wird alles zurückgezogen und das „persönliche Gespräch” gesucht.
Wir haben unter diesen Vorzeichen daher gestern die Potsdamer Verwaltung gebeten, zumindest unsere Stellungnahme veröffentlichen zu dürfen, welche wir aus oben genannten Gründen bisher nicht selbst herausgegeben haben.
Das Brandenburger Innenministerium hat übrigens kürzlich auf eine Anfrage der AfD zu den rand.gestalten folgende Antwort gefunden:
„In diesem Sinne liegen keine Erkenntnisse vor, dass es sich bei der Liegenschaft des Kulturzentrums Freiland in Potsdam um ein Szeneobjekt gewaltorientierter Linksextremisten handelt. Zudem wurden öffentlich auf dem Gelände des Freilands bislang keine extremistischen Veranstaltungen beworben.” [2]
By the way: Das ist das selbe Innenministerium, dem auch der Verfassungsschutz unterstellt ist. Aber egal.
Dieser Kenntnisstand liegt der Landeshauptstadt Potsdam vor. Wir sind daher sehr irritiert, dass sie sich nicht selbstbewusst vor ein seit Jahren von ihr gefördertes Kulturzentrum stellt.
Wir haben mit Erstaunen die Kritik einzelner CDU-Mitglieder an unsere Initiative “Kein Forum für rechte Kader” wahrgenommen, sehen darin aber eine Chance ins Gespräch zu kommen. Wir laden alle Interessierten aus der CDU zu einem Austausch über den Umgang mit rechten Funktionär*innen ein. Wir sehen dringenden Redebedarf – auch bei CDU-Mitgliedern – über die Herausforderung, wie wir der Normalisierung von rechtsradikaler Politik entgegentreten können. Zusätzlich müssen wir uns mit den Selbstverharmlosungsstrategien der neuen und alten Rechten auseinandersetzen. Auf unserer Webseite www.keinforum.eu finden sich zahlreiche Beiträge und Links, die bei einer tiefgehenden Auseinandersetzung mit der Thematik helfen sollten.
Die Unterzeichner*innen der Erklärung “Kein Forum für rechte Kader”, wie u.a. die Französisch Reformierte Gemeinde, die Volkssolidarität Brandenburg oder der Landesjugendring Brandenburg, stehen für eine demokratische, weltoffene, vielfältige und solidarische Gesellschaft ein. Selbst in der CDU musste schmerzlich erfahren werden, dass diese demokratischen Werte zunehmend unter Druck geraten. Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde von einem rechtsradikalen Attentätern erschossen. Stephan E. hatte nicht nur Kontakte zur AfD. Gemäß jüngsten Berichten war er hier sogar Wahlkampfhelfer [1].
Die Erklärung “Kein Forum für rechte Kader” folgt der Analyse zahlreicher Rechtsextremismusexpert*innen: Die Demokratie muss vor den Strategien der alten und neuen Rechten geschützt werden [2]. Neben Aufklärung und einer Politik, die die Ängste vor sozialem Abstieg ernst nimmt, muss es eine klare Abgrenzung gegenüber den rechten Funktionär*innen von AfD, Dritter Weg, NPD usw. geben. Rechte Funktionäre nutzen ihre Teilnahme an Talkshows, Podiumsdiskussionen und öffentlichen Veranstaltungen, um ihre antidemokratischen und menschenfeindlichen Positionen anschlussfähig zu machen.
Dass diese klare Haltung bei einzelnen CDU-Mitgliedern einen Reflex aggressiver Anschuldigungen auslöst, kann bei einer großen Partei wie der CDU vorkommen, ist aber dennoch verwunderlich. Schließlich erfährt diese klare Abgrenzung gegenüber Rechts auch im christlichen Bereich eine breite Unterstützung. So verweigerte der evangelische Kirchentag im Jahr 2019 jegliches Podium für rechte Kader [3].
Der Flüchtlingsrat Brandenburg wendet sich gemeinsam mit einem breiten Bündnis verschiedener Organisationen in einem Appell an die Landes- und Bundespolitik mit der Forderung, noch bis Dezember mindestens 1.000 unbegleitete Kinder und Jugendliche aus Griechenland in Deutschland aufzunehmen.
Der Flüchtlingsrat ruft die Brandenburger Landesregierung an, ihrem Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, sich für die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen einzusetzen, mit der Aufnahme von geflüchteten Minderjährigen aus Griechenland jetzt Taten folgen zu lassen!
Zum Hintergrund: Bundesinnenminister Seehofer hat den Vorstoß vom Niedersächsischen Innenminister Boris Pistorius, unbegleitete minderjährige Geflüchtete aus griechischen „Hotspots“ in Deutschland aufzunehmen, am vergangenen Dienstag zurückgewiesen. Aus seiner Sicht unterstütze Deutschland Griechenland bereits mit technischen und finanziellen Mitteln wie auch der Vermittlung von Know-How. Der von Seehofer vorgeschlagene „Kompromiss“ zur Frage einer Aufnahme von 1000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus Griechenland ist aus Sicht des Flüchtlingsrates empörend. Für 50 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen die Verfahren nun beschleunigt und bei 94 weiteren die Zusammenführung mit Familienangehörigen in Deutschland in die Wege geleitet werden.
„Das Angebot des Bundesinnenministers, 144 Kindern einen Nachzug zu ihren Familien zu ermöglichen, auf den sie ohnehin einen rechtlichen Anspruch hätten, ist nicht mehr als ein Feigenblatt“, erklärt dazu Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg. „Die betroffenen Kinder brauchen Hilfe, keine Placebos.“
Derzeit befinden sich ca. 4.100 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf den griechischen Inseln, davon nur ca. 1000 in kinder- und jugendgerechten Unterbringungsplätzen. Alle Minderjährigen, die nicht hier untergebracht sind – also über 3.000 Kinder und Jugendliche –, leben unter katastrophalen Bedingungen auf der Straße, in Flüchtlingslagern für Erwachsene, sie befinden sich in „Schutzhaft“ oder leben in Zelten oder unter Planen in den Hotspots auf den griechischen Inseln. Hier sind sie ungeschützt vor Gewalt und Ausbeutung, leiden an mangelhafter Versorgung und erhalten kaum anderweitige pädagogische oder rechtliche Unterstützung.
Die Beschleunigung bereits laufender Verfahren von 50 Minderjährigen ist wichtig und dringend notwendig für die betroffenen Kinder und Jugendlichen, doch angesichts der ausufernden kindesrechtsverletzenden Dimensionen in Griechenland und des nahenden Winters eine lächerliche Zahl und als Affront zu werten — zumal es sich überwiegend um Verfahren handelt, die bereits über Monate verschleppt wurden und bei denen die Minderjährigen schon längst einen Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung haben.
Es scheint grotesk, dass in Deutschland Einrichtungen trotz vorhandener Kapazitäten und Fachpersonal schließen müssen, weil nicht genügend umF untergebracht werden, während über 3.000 Kinder und Jugendliche in Griechenland unter absoluter Missachtung des Kindeswohls unter schlimmsten Umständen verharren müssen.
Mit einem zusätzlichen Musterschreiben im Rahmen der Kampagne #WirHabenPlatz können sich Organisationen, Verbände, Jugendhilfeträger und Einzelpersonen an Landes- und Bundespolitiker_innen wenden und den Appell mit unterstützen.
Auf Hans Link und seine Detektei „Link Security“ sind wir nicht bloß aufmerksam geworden, weil Link für die AfD im Landkreis Barnim kandidierte [1], sondern auch weil er seit Jahren an Demonstrationen und Veranstaltungen anderer Rechtsradikaler teilnimmt. [Belege, Quellen und weitere Infos findet ihr in den Fußnoten]
So z.B. 2017 an einer Demonstration der NPD gegen muslimische Gebetsräume in Bernau. Zu den Rednern gehörte unter anderem der Berliner Neonazi und NPD-Kader Sebastian Schmidtke [2].
Seit 2016 ist Hans Mitglied im Kreisverband der AfD Barnim. Dieser klüngelt mit NPDlern und anderen Nazis.
Die Afd Barnim gibt sich nichtmal mehr Mühe ihre rechte Gesinnung zu verbergen: Auf Instagram verbreitet sie Bilder mit Adler und Deutschlandfahne, dazu Slogans wie „Deutschland erwache ‑Wir sind das Volk“ oder „Deutschland, Deutschland über alles“. [3]
Zum 02. November 2019 mobilisierte sie neben wichtigen Akteuren aus dem extrem rechten Reichsbürgerspektrum, Volksverhetzern & Holocaustleugnern wie Gerhard Ittner, Dennis Ingo Schulz oder „Volkslehrer“ Nikolai Nerling über ihre Website zu einer rassistischen Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt. [4] Auf dieser Kundgebung durften Verschwörungsideologen vor den Kameras der rechten YouTube-“Szene” ihren geschichtsrevisionistischen Müll verbreiten, während echte Pressevertreter*innen, die das Treiben dokumentieren wollten, angegriffen wurden.
Der braune Mief um Hans Link zeigt sich aber nicht nur in seinem AfD-Kreisverband, sondern auch um seine ehrenamtliche Tätigkeit als Boxtrainer und Promoter. Er ist Gründer des gemeinnützigen „Orje Tietzsch Bernauer Box Camp Barnim e.V.“ und von “G.T. Link Profi Boxing” – in dem Einen trainiert er Kinder & Jugendliche, in dem Anderen veranstaltet er Kämpfe als Promoter des „Bund deutscher Faustkämpfer e.V. (BDF)“ und trainiert u.a. mit Neonazis.
Er hat Kontakt zum neuerdings zu Bekanntheit gelangten “Germanen Boxstall Kiel”, dessen Chef Rene Hildebrandt bei RAN Boxen mit dem nationalsozialistischen Motto “Kraft durch Freude” auf seinem Vereinsshirt live im Fernsehen zu sehen war. [5]
Rene Hildebrandt war/ist ebenfalls Promoter vom „Bund Deutscher Faustkämpfer (BDF)“, trotz eindeutiger Hinweise auf seine rechte Gesinnung, neben Vereinsnamen, Logo mit Eisernem Kreuz, der T‑Shirt Provokation oder dieser GBK-Werbung auf Facebook mit dem Koppelschloss der Wehrmacht samt Motto “Gott mit uns” und retuschiertem Hakenkreuz. [6]
Kämpfer*innen des „Germanen Boxstall Kiel“ nahmen z.B. 2018 an einem Event von „G.T. Link Profiboxing“ in Bernau teil. [7]
In seinem Wahlkampf hat Hans Link seine Vereinsarbeit als Boxtrainer häufig zur Selbstinszenierung und als Türöffner für die nationalistische Politik der AfD missbraucht. [8]
Dazu gehörten Wahlkampfveranstaltungen/Bürgergespräche “im Ring” oder Posieren mit Größen der Rechten Szene, wie z.B. der Organisatorin des rechtsradikalen “Frauenmarsches” Leyla Bilge [9] — sie war u.a. geladene Rednerin bei Pegida, arbeitet ebenfalls für die AfD und ist glühender Fan von Björn “Bernd” Höcke himself.[10] Bilge moderierte am 24.08.2019 in Bernau die AfD-Wahlkampfveranstaltung “Talk im Boxring-Bürgerdialog” von Hans Link und dem AfD-Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré.
Über Links Tätigkeit als Amateurboxtrainer und somit auch seinen Einfluss auf Kinder & Jugendliche beim „Orje Tietzsch Bernauer Box Camp Barnim e.V.“ wurde der „Amateur-Box-Verband-Land Brandenburg e.V.“ bereits informiert. Im Dezember wird dieser über mögliche Konsequenzen beraten und Link hoffentlich ausschließen. Seit 2004 konnte sich Hans Link als netter Trainer von nebenan stilisieren, aber die Unterwanderung von Kampfsport durch Rechtsradikale darf nicht hingenommen werden — Kein Training für Menschenfeinde!
Hans Link ist aber nicht nur ein brauner Boxer, Bauschlosser & Politiker, sondern auch ein brauner Detektiv. Seit 1998 betreibt er als Selbstständiger eine Sicherheitsfirma & Detektei namens „Link Security“ in der Friedrichstr. 1, 16321 Bernau/Schönow.
Auf der Website finden sich neben vielen Schreibfehlern auch die ein oder andere gefälschte Referenz namhafter Veranstaltungen, womit Hans wohl sein Image des kleinen Kaufhausdetektivs aufpolieren wollte.[11]
Unsere Recherchen haben darüber hinaus ergeben, dass Links Firma auch Sicherheits- und Recherchedienstleistungen für die AfD übernimmt. Dazu gehört neben dem direkten Schutz von Wahlkampfständen und Veranstaltungen durch Securitys auch das energische Abfotografieren von Teilnehmenden demokratischer Veranstaltungen und von Gegenprotesten [12].
Der letzte Einsatz war bei einem AfD-Infostand in Bernau am 9. November 2019. [13]
Leider kann es passieren, dass ihr auf verschiedensten Veranstaltungen auf die AfD-Link Security als Sicherheits(sub)unternehmen treffen werdet. [11]
Die AfD hat ihre Anti-Antifaarbeit also “geoutsourced” und professionalisiert. Gerade in Zeiten in denen Rechtsradikale Todeslisten anlegen und ihren Worten Taten folgen lassen, ist es besonders bedenklich, dass eine Detektei Recherchen über vermeintliche politische Gegner*innen anstellt.
Nicht hinnehmbar ist, dass ihr Chef seine Law-and-Order Fantasien nicht nur im Kampfsport, sondern auch als Abgeordneter in der Politik zur Geltung bringen darf. Sowas muss Konsequenzen haben.
« Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte. »
— Dubravko Mandic (AfD), 2014
Wir danken allen Antifaschist*innen und Pressemenschen, die ihre Arbeiten frei zugänglich machen und immer nach den Rechten sehn.
#DankeAntifa
Falls ihr weitere Informationen zu den oben Genannten oder dem Möchtegern-Sheriff vom Panketal habt, ergänzt gern unter diesem Artikel, oder schreibt eine (verschlüsselte) Mail an link-recherche[at]riseup.net (PGP-Key auf Anfrage)
An Demokratieförderung spart man nicht – schon gar nicht jetzt. Breites Bündnis fordert mehr Geld für Demokratieprogramm
Die Kritik an der Bundesregierung und ihrem Demokratieförderprogramm
wächst. Rund 120 Organisationen der Zivilgesellschaft sowie rund 120
Unterstützer*innen fordern Familienministerin Franziska Giffey (SPD) am
Freitag in einem offenen Brief dazu auf, mehr Geld für „Demokratie
leben!“ bereitzustellen: 200 Millionen Euro jährlich statt der bisher
zugesagten 115 Millionen Euro sollen vor allem Modellprojekten für deren
Arbeit gegen Rassismus, Antisemitismus und Extremismus zukommen. In
seiner jetzigen Form spalte das Bundesförderprogramm die
Zivilgesellschaft in Konkurrenten um die wenigen Projektgelder, so die
Unterzeichner*innen.
Auch die Opferperspektive gehört zu den Erstunterzeichner*innen des
Briefes. Die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg, die Teil des
Vereins ist, ist von der Ablehnung der Förderung massiv betroffen. Der
geplante Aufbau einer lokalen Antidiskriminierungsstelle in Cottbus kann
ohne die Förderung nicht durchgeführt werden.
Zum Hintergrund: In den vergangenen fünf Jahren hat „Demokratie leben!“
etwa 400 Modellprojekte gefördert. Nun sollen nur noch rund 100 dieser
innovativen Projekte gefördert werden. Eine Vielzahl
zivilgesellschaftlicher Träger kann nun keine Förderung beantragen.
Einige von ihnen arbeiten bereits seit Mitte der 2000er Jahre in ihrem
Feld, der Wegfall der Gelder ist für viele existenzbedrohend. Die
Unterzeichner*innen kritisieren: „Dass das Ministerium sich gerade jetzt
einer seiner größten Erfolgsgeschichten beraubt, halten wir für falsch.
Es braucht mehr Zivilgesellschaft, mehr Engagement, mehr Kompetenz, mehr
Erfahrungstransfer, mehr Ermutigung für Minderheitengruppen – und nicht
weniger.“
Die Absagen stehen, so die Unterzeichner*innen, in eklatantem
Widerspruch zu aktuellen Herausforderungen wie rechtsextremem Terror.
Ferda Ataman von den „neuen deutschen organisationen“ sagt: „Gerade
jetzt darf die Bundespolitik nicht an Demokratieförderung sparen, sie
war nie notwendiger als jetzt. Es ist außerdem günstiger, in
Gesellschaftspolitik zu investieren, als ständig die
Sicherheitsmaßnahmen hochschrauben zu müssen.“
Auch die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus ist von den
Kürzungen massiv betroffen. Seit über 15 Jahren entwickelt sie Konzepte
zu aktuellen Erscheinungsformen des Antisemitismus, insbesondere für die
Arbeit in muslimisch- sozialisierten Milieus. Direktor Aycan Demirel
warnt: „Viele unserer Projekte, unter anderem auch die wichtige
Basisarbeit in Moscheegemeinden, müssen wir einstellen.“
Ministerin Giffey hatte das Förderprogramm umstrukturiert, kommunale
Projekte können künftig mehr Geld erhalten – allerdings auf Kosten der
Modellprojekte. „Das Problem ist nicht die Stärkung kommunalen
Engagements, sondern die Kürzung bei den zivilgesellschaftlichen Trägern
und die spaltende Wirkung der aktuellen Programmpolitik“, sagt Katharina
Debus von Dissens – Institut für Bildung und Forschung. Der Verein setzt
seit 30 Jahren Bildungsprojekte zu Geschlecht und Diskriminierung um,
unter anderem zu geschlechterreflektierter Rechtsextremismusprävention,
und ist durch die aktuelle Politik existenziell bedroht. Debus fordert:
„Die zivilgesellschaftlichen Träger müssen unabhängig von den
politischen Konjunkturen in den Kommunen sein.“ Timo Reinfrank von der
Amadeu Antonio Stiftung ergänzt: „Wir setzen darauf, dass die
Haushaltspolitiker in der Bereinigungssitzung am 14. November die Mittel
für das Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ deutlich erhöhen.“
Zudem fordern die Unterzeichner*innen eine langfristige strukturelle
Förderung für bereits bewährte und erfolgreiche Träger, ein
transparentes System der Bewertung von und Entscheidung über
Förderzusagen sowie einen Beirat aus Trägerorganisationen, die Einfluss
auf die zukünftige Programmgestaltung nehmen können.
Link zum Offenen Brief: www.demokratie-mobilisieren.de
Hintergrund:
„Demokratie leben!“ ist das zentrale Bundesprogramm zur Bekämpfung von
Extremismus und zur Demokratieförderung, angesiedelt beim
Bundesfamilienministerium. Die erste Förderperiode des Programms begann
2015 und läuft 2019 aus. In diesem Jahr hat das Programm ein Budget von
115,5 Millionen Euro. Die geplanten Kürzungen für 2020 wurden – nach
erster Kritik der Träger – Anfang Oktober zurückgenommen, dem Programm
stehen nun erneut über 115 Millionen Euro zur Verfügung – allerdings nur
für das kommende Jahr. Perspektivisch soll das Budget gekürzt werden.
Für ein Gesetz zur dauerhaften Förderung, das sogenannte
Demokratiefördergesetz, hatte sich bereits Franziska Giffeys
Amtsvorgängerin Manuela Schwesig (SPD) ausgesprochen. Laut SPD
blockieren die Unionsparteien die Einführung des Gesetzes.
Bei den Kommunalwahlen im Mai diesen Jahres ist die AfD in Märkisch-Oderland mit 17,7% der Stimmen stärkste Kraft in der Region geworden. Damit hat sie 10 Sitze im Kreistag bekommen. Im folgenden sind die aktuellen Kreistagsabgeordneten der AfD in Märkisch-Oderland näher beleuchtet und Hintergrundinformationen zusammen getragen. Einige von ihnen kandieren zu dem entweder per Listenplatz oder als Direktkandidat für den Landtag. Die rein männliche Kreistagsfraktion hat einen gut aufgestellten und inhaltlich an der völkischen Sammlungsbewegung „Der Flügel“ orientierten Kreisverband hinter sich. Es gibt mehrere Ortsverbände im Landkreis, mehrere Büros, eine gute Infrastruktur, die über den Kreis hinaus genutzt werden kann, sowie eine gute Vernetzung zu AfD-Politikern im ganzen Bundesgebiet und rechten Aktivisten von Identitärer Bewegung bis zu kameradschaftlich organisierten Neonazis. Diese Vernetzung wird immer wieder deutlich, wenn Aktive aus dem Kreisverband Veranstaltungen organisieren und rechte Aktivisten nicht nur willkommene Gäste sind, sondern auch an der Realisierung der Veranstaltung mitwirken, wie zuletzt bei der Auftaktveranstaltung von Heimatliebe Brandenburg im August 2018, wo Jannik Brämer beim Aufbau half.
Detlev Frye
Der in Lebus wohnende Detlev Frye gehört mit zu den AfDlern der ersten Stunde. Seit 2014 sitzt er für die AfD im Kreistag von Märkisch-Oderland und ist ebenfalls Stadtverordneter in Lebus. Seit spätestens 2015 fungiert er auch als Landespressesprecher der AfD in Brandenburg. Seine Erfahrungen als freier Journalist konnten ihm beim Erlangen des Postens sicher helfen. Er ist stetig bei rechten Veranstaltungen im Landkreis und darüber hinaus anzutreffen und scheut auch nicht den Kontakt zu organisierten Neonazis. Er unterzeichnete die sogenannte Erfurter Resolution – das Positionspapier der völkischen Organisation „Der Flügel“ — und ist damit nur ein Beispiel für die inhaltlich Nähe des Kreisverbandes zum „Flügel“. Im Bundestagswahlkampf bezeichnete er Geflüchtete als Invasoren und machte dort seine rassistische Position deutlich. Für die kommende Landtagswahl steht er auf Listenplatz 20 und könnte bei einem guten Abschneiden der AfD in der kommenden Wahl durchaus in den Landtag einziehen.
Falk Janke
Falk Janke hat bereits eine lange Karriere in verschiedenen rechten Parteien hinter sich und sitzt seit mindestens 2008 in der Stadtverordnetenversammlung von seinem Wohnort Seelow. Er war jahrelang Mitglied in der „Schillpartei“ und schaffte es dort sogar zum Landesvorsitzenden in Brandenburg. Die „Schillpartei“, welche offiziell „Partei rechtsstaatlicher Offensive“ hieß, war eine rechtskonservative Kleinstpartei, die sich im Jahr 2000 gegründet hat. 2005 gründete Janke die Partei „Die Rechte. Volksnah, sozial, rechts“ und war dort Vorsitzender. Diese Partei erreichte jedoch nie eine relevante Größe, sodass Janke schließlich 2015 zur AfD wechselte. Anfangs weigerte sich jedoch noch die Kreistagsfraktion der AfD in Märkisch-Oderland Janke aufgrund seiner Vergangenheit und seiner rechtsextremen Tendenzen in ihre Fraktion aufzunehmen. Der Landesverband übte daraufhin zu Gunsten Jankes Druck auf den Kreisverband aus, was zu einem Ausstieg von dem gewählten Kreistagsabgeordneten Wilfried Dreger aus der AfD führte und die Fraktionsbildung der AfD mit Janke ermöglichte. Janke selbst ist zur Kommunalwahl 2014 mit der Wählergruppe „Freiheit, Arbeit, Werte – Mut zur Wahrheit“ angetreten. Rückblickend auf die letzte Legislaturperiode ist für den Kommunalpolitiker das Entscheidenste gewesen, die elektronische Gesundheitskarte für Geflüchtete im Landkreis verhindert zu haben und so einen der letzten Landkreise zu erhalten, der sich damit strickt gegen ein besseres Leben und eine bessere Gesundheitsversorgung für Geflüchtete einsetzt. Weiterhin ist er in dem Medienbüro von Seelow-Tv aktiv, welches an das „Bürgerbüro“ des Landtagsabgeordneten Franz Weise angeschlossen ist. Er hat dort nicht nur ein eigenes Format „Im Anschluss mit Janke“, er drehte über dieses Büro auch Imagefilme für die AfD, in denen er meist als Protagonist und Journalist auftrat. Die Domain www.falkjanke.de führt mittlerweile auch direkt zu Internetpräsenz von Seelow-TV. Seinen Lebensunterhalt verdient Janke zur Zeit durch seine Arbeit als Büroleiter des rechtsaußen AfDler Petr Bystron im Bundestag.
Maurice Birnbaum
Maurice Birnbaum war lange Zeit für die FPD politisch aktiv und kann auf eine lange Arbeit als Kommunalpolitiker in seinem Wohnort Hoppegarten zurückblicken. Bei den letzten Kommunalwahlen trat er dann schließlich für die AfD an. Grund dafür könnte sein, das er zur Zeit eine „kommunistische, sozialistische Politik“ in Brandenburg sehe, die ein „Erwachen der Brandenburger“ als Gegenreaktion bedarf und die Menschenfeindlichkeit von wirtschaftsliberalen scheinbar nicht mehr ausreiche, um dieses „Erwachen“ hervorzurufen. Schließlich bekam er nach diesen Worten bei der Bewerbungsrede für einen Landtagslistenplatz immerhin Platz 26 auf der Landesliste. Und es reichte auch noch, um eine Veranstaltung mit den rechten Größen der AfD Brandenburg – Kalbitz und Gauland – am 4. Mai 2019 zu moderieren. Sein aktuelles Wahlkampffoto ziert übrigens eine Tasse mit der Aufschrift: „Political Correctness Nein Danke“.
Jörg Lilienkamp
Ist erst seit kurzem für die AfD aktiv und politischer Neuling. Er war an der Gründung des Ortsverbandes Wriezen im April 2018 beteiligt und ist dort stellv. Vorstand. Darüber ist er auch in die Einrichtung eines „Bürgerbüros“ in Wriezen eingebunden gewesen. Seit den Kommunalwahlen im Mai 2019 sitzt Lilienkamp für die AfD nicht nur im Kreistag, sondern auch in der Stadtverordnetenversammlung von Wriezen (im Bauauschuss). Bisher gab es weder bedeutende politische Verlautbarungen oder Aktivitäten seinerseits. Seine Wahl kann durch seine Arbeit als Ortswehrführer der Schulzendorfer Feuerwehr und als ansässiger Landwirt erklärt werden. Durch diese Tätigkeiten kann er auf Rückhalt in der lokalen Bevölkerung bauen. Zur Kreistagswahl hat er in seinem Wahlkreis die 2. meisten Stimmen bekommen und war damit aus dem Stand erfolgreicher, als sein Mitkandidat und Landtagsabgeordneter Franz Wiese.
Erik Pardeik
Der selbstständige Physiotherapeut aus Altlandsberg ist 1. stellvertretender Kreisvorsitzender. Er sitzt außerdem im Ortsbeirat von Bruchmühle und tritt bei den Landtagswahlen als Direktkandidat für den Wahlkreis Märkisch-Oderland II an. Er ist Mitverwalter der AfD-MOL Website und lädt dort regelmäßig Beiträge hoch. Seit mindestens 2014 ist Erik Pardeik Mitglied der AfD. Er nahm 2015 an der Veranstaltung mit Frauke Petry im Bürgerhaus Neuenhagen sowie 2016 am AfD Mitgliederparteitag in Stuttgart teil. Auf Facebook teilt er regelmäßig die Beiträger seiner „politischen Mitstreiter_innen“.
Mike Pravida
Pravida ist Heizungsmonteur in Petershagen. Im Mai 2019 wurde er als einziger AfD-Kandidat aus Petershagen-Eggersdorf mit über 3.000 Stimmen in die Gemeindevertretung gewählt. Da er der einzige Mandatsträger der AfD ist, sitzt er als Fraktionsloser in der Gemeindevertretung. Die Besetzung der Ausschüsse konnte bei der konstituierenden Sitzung im Juni 2019 noch nicht abschließend erfolgen und erfolgt Ende August, es bleibt abzuwarten, wie und ob Pravida in Erscheinung tritt.
Stefan Weiß
Der Strausberger Stefan Weiß ist beruflich als Beamter tätig und schon sehr lange Mitglied im Kreisverband. Er ist Beisitzer im Kreisvorstand der AfD-MOL und war gemeinsam mit Erik Pardeik, Franz Josef Wiese, Christina Schade und Dirk Lindner beim Mitgliederparteitag 2016 in Stuttgart. Gemeinsam mit Rainer Thiel versucht er seit geraumer Zeit einen Ortsverband in Strausberg zu gründen, was ihnen allerdings nicht wirklich gelingt.
Rainer Thiel
Thiel ist wie Stefan Weiß Beisitzer im AfD Kreisvorstand. Als Aktivster im – sich weiterhin in Gründung befindenden – Ortsverband Strausberg ist Rainer Thiel zu bezeichnen. Er versucht seit mehr als einem Jahr den Ortsverband in seinem Wohnort zu gründen, ist regelmäßig bei AfD-Veranstaltungen im Kreis anzutreffen und unterhält engen Kontakt zum Verschwörungstheoretiker und stramm Rechten Lars Günther. Auch Thiel scheint eher dem stark rechten Spektrum der AfD nicht abgeneigt, was beim Posieren mit rechten Symbolen, wie der Reichsflagge zu sehen ist. Von alten bekannten wir er auch als „Reichsdepp“ bezeichnet. Neben den anhaltenden Gründungsversuchen einer AfD-Ortsgruppe in Strausberg widmet sich Rainer Thiel den Stammtischen die mehr oder weniger regelmäßig im „Zum Alten Steuerhaus“ in Gladowshöhe stattfinden. Bei diesem Format versucht die AfD Bürgernähe zu suggerieren, was fraglich bleibt, da von einem kleinen Stammpublikum auszugehen ist.
Reinhold Patzer
Reinhold Patzer ist zusammen mit seiner Frau Maria-Theresia Patzer seit 2015 aktiv im Kreisverband Märkisch-Oderland. Beide wohnen in Rehfelde und haben dort im Gasthof „Zur alten Linde“ mehrere Veranstaltungen der AfD organisiert. Sie ist ehemaliges Mitglied des Kreisvorstandes und war dort langjährige Schriftführerin, er war ab 2015 Beisitzer im Kreisverband. Maria Patzer kandidierte 2014 zusätzlich auch für den Landtag, verfehlte aber den Einzug knapp. Reinhold Patzer ist bei den vergangenen Kommunalwahlen neben den Kreistag auch in die Gemeindevertretung von Rehfelde eingezogen. In der Gemeindevertretung ist ihm der Vorsitz für den Bildungsausschuss zugefallen, da sowohl Linke als auch CDU diesen nicht wollten.
Franz Josef Wiese
Wiese ist seit 2013 Parteimitglied und gilt damit als AfDler der ersten Stunde. Zur Landtagswahl 2014 wurde er dann in den Landtag gewählt. Als völlig politisch unerfahren war sein Anspruch an die Arbeit im Landtag auch auf das Minimalste beschränkt. So wollte er anfangs nur in den Plenarsitzungen erscheinen, wenn es wirklich wichtig sei und viel lieber im Land herumreisen, sowie Akten studieren seinen Referenten überlassen. Im Jahr 2017 rückte Wiese kurz in den Fokus, weil seine Parlamentsbezüge, aufgrund nicht gezahlter Steuern, vom Finanzamt gepfändet wurden. Den Listenplatz 11 bei der kommenden Landtagswahl können durch die Steuerhinterziehung und das Reisen durch das Land kaum erklärt werden, wohl aber sein politischer Werdegang in den letzten Jahren. Der eigentlich aus Bayern stammende Unternehmer mietete zum Landtagswahlkampf 2014 einige Räume in Seelow an, die zur Wahlkampfzentrale des Landes wurden. Nach Einzug in den Landtag wurden wie Räume in der Berliner Straße 4 in Seelow zu seinem Bürgerbüro. Angeschlossen an dieses Büro hatte sich ein Medienbüro des Lokalsenders Seelow-TV. Neben Imagefilmen für die AfD, die hier produziert wurden, hatte auch Falk Janke hier sein eigenes Format bekommen.
Wiese ist einer der Erstunterzeichner der „Erfurter Resolution“ den Gründungsdokument des völkischen „Flügels“ der AfD. Ab diesem Zeitpunkt kann eine weitere Rechtsausrichtung von Wiese beobachtet werden, der sich 2014 noch über ehemalige NPDler in der AfD aufregte und einen gemäßigten Kurs verfolgte. Folgend griff er die rechte Forderung „Merkel muss weg“ auf und organisiert seit dem 16. November 2016 kontinuierlich die „Merkel muss weg Mittwochsmahnwachen“ vor dem Bundeskanzleramt oder in unmittelbarer Nähe. Auch wenn Wiese der Hauptorganisator und Anmelder ist, so ist die Realisierung dieser Mahnwachen vor allem in der Anfangszeit auch durch die im Kreisverband Aktiven, Lars Günther und Detlev Frye, zurückzuführen. Prominente Gäste bei den Mahnwachen waren beispielsweise A. Gauland und B. Höcke, sowie immer wieder Aktivisten der Identitäten Bewegung um Robert Timm. Im gleichen Jahr war Wiese auch an der Gründung der „Akademischen Erasmus Stiftung e.V.“ (AES) beteiligt und ist seit dem Beisitzer im Vorstand der Stiftung. Die Stiftung gilt nicht nur als AfD-nah, sondern hatte sich selbst den Titel der offiziellen Parteistiftung gegeben und hat lange Zeit um diesen Titel mit anderen Stiftungen konkurriert. Diesen Konkurrenzkampf hat die AES schließlich gegen die „Desiderius Erasmus Stiftung“ verloren. Im Jahr 2018 trat Wiese bei der Mobilisierung gegen die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Seelow in Erscheinung. Unter dem Motto „Nein zum Ghetto“ mobilisierten Anwohner*innen und die AfD gegen die Unterbringung. Bei einer Versammlung suchte Wiese das Gespräch mit kameradschaftlich organisierten Neonazis aus der Region. Bei den letzten Wahlen zum Kreistag ist Wiese schließlich auch in den Kreistag eingezogen.
Weitere Landtagskanditaten
Neben den hier schon genannten Landtagskandidaten (Franz Wiese, Landeslistenplatz 11 und Direktkandidat; Detlev Frye, Landeslistenplatz 20; Maurice Birnbaum, Landeslistenplatz 26; Erik Pardeik, Direktkandidat) gibt es noch zwei weitere Kandidaten aus dem Landkreis: Lars Günther (Listenplatz 25 und Direktkandidat) sowie Ute Bienia-Habrich (Direktkandidatin).
Kurz ist nur noch zu erwähnen, dass die Facebook Präsenz „Heimatliebe Brandenburg“, der Versuch Günthers ein Pendant zur „Zukunft Heimat“-Bewegung im Nord-Osten aufzubauen nun eine seiner offiziellen Wahlkampfseiten geworden ist. Mittlerweile gibt er auf Wahlkampfmaterialien auch nicht mehr seine Privatadresse die Rosmarinstraße 14 in Bad Freienwalde an, sondern verwendet die Adresse des „Bürgerbüros“ in Wriezen in der Wilhelmstraße 20.
Ute Bienia-Habrich eigentlich im Kreisverband des Landkreises Oder-Spree aktiv ist Direktkandidatin für den Wahlkreis 31 und damit für Gemeinden als Märkisch-Oderland und Oder-Spree im Berliner Speckgürtel. Sie lebt in Woltersdorf und ist dort Chefin eines Transport- und Logistikunternehmens. Im Kreisverband LOS ist die 4‑fache Mutter aktuell Schatzmeisterin.
Zu den Kreistagswahlen 2019 wurde die AfD mit 15% zur drittstärksten Kraft im Barnim, nur knapp hinter CDU (16,2%) und DIELINKE (15,9%). Im Kreistag Barnim sitzen nun acht AfD-Mitglieder.
Steffen John ist Beisitzer im Kreisverband. Der Karatelehrer aus Panketal ist eine zentrale Figur im Kreisverband. Er leitet die „Tora Shotokan“-Karateschule, eine Abteilung der SG Einheit Zepernick e.V., die in verschiedenen Städten im Barnim und in Berlin Karatekurse anbietet. Zudem arbeitet er als Referent für die AfD im Bundestag. Er tritt zu den Landtagswahlen als Direktkandidat an.
Hans Link ist Inhaber der Dedektei „Link Security“ in Bernau sowie des Boxvereins „G.T. Profi Link Boxing“, in welchem lokale Neonazis trainieren. 2017 nahm er an einer Demonstration der NPD gegen muslimische Gebetsräume in Bernau teil, zu den Rednern gehörte unter anderem der Berliner Neonazi und NPD-Kader Sebastian Schmidtke. Zu diesem Zeitpunkt gehörte Link bereits der AfD an. [1] 2009 trat er für Peter Vidas Freie Wähler an, welche mit rechtsradikalen Verbindungen in die Presse gerieten. [2]
Neben ihm sitzt Marcel Donsch als Fraktionsvorsitzender im Kreistag. Der Sportschütze ist Vorsitzender des Ortsverbandes Panketal und wie John ein wichtiger Akteur im Kreisverband. Er sitzt für die AfD in der Gemeindevertretung Zepernick. Auf seiner mittlerweile gelöschten Facebookseite schwadronierte er in Bezug auf die alliierten Luftangriffe auf Dresden 1945 von einem „Bombenholocaust“. Dies ist ein bei Neonazis beliebter Begriff zur Relativierung der Shoa. Für Donsch ist der 8. Mai 1945 kein Tag der Befreiung, sondern in erster Linie ein Tag der Besatzung, wie wer auf Facebook mitteilt. Zudem benutzte er in internen Chats die Nazi-Parole „Alles für Deutschland!“. Diese, in Deutschland verbotene, Parole war die Losung der SA. Nachdem zusätzlich ein Bild der SS auf seinem – zu dieser Zeit angeblich gehackten – Facebook-Account gepostet wurde, wurde gegen ihn im Dezember 2018 ein Parteiausschlussverfahren eröffnet. Dies ist auch mit innerparteilichen Machtkämpfen zu erklären. Von den Vorwürfen distanziert sich Donsch halbherzig.
Klaus-Peter Kulack ist Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Kultur und war bis zum Februar 2018 Vorsitzender des Kreisverbandes. 2014 trat er für die Freien Wähler (BVB) um Peter Vida zur Kreistagswahl an. Der ehemalige Musik- und Deutschlehrer unterrichtete am Gymnasium Bernau und der Oberbarnim-Oberschule ist für seine rassistischen Reden auf AfD-Kundgebungen bekannt. Auf einer Demonstration in Eberswalde 2017 hetzte er nicht nur gegen Geflüchtete und Linke, sondern auch gegen die türkische Gemeinde in Deutschland, und sagt ganz klar „Wir sind eine antimuslimische Partei!“. In Bernau rief er auf einer AfD-Kundgebung im Jahr 2018 dazu auf, „dem Gesindel den Kampf anzusagen!“. Mit Tiermetaphern phantasierte er vom Kampf um die Straße: Die Deutschen sollten sich Zähne fletschende, „reißende Wölfe“ zum Vorbild nehmen, um die Bedrohung durch Geflüchtete („hergelaufene Nichtsnutze“) zu beenden. Ehemalige Schüler*innen drückten in einem offenen Brief ihr Entsetzen über die rassistischen Äußerungen ihres Lehrers aus.
Imre Kindel trat 2003 für die rechtspopulistische Schill-Partei zur Kreistagswahl an. Heiko Dicks sitzt bereits für die AfD im Ortsbeirat Zepernick, im Kreistag ist er stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Heinz-Dieter Parys ist ebenfalls Stadtverordneter in Eberswalde.
Der Pensionär Norbert Bury aus Wandlitz trat 2019 nach 33 Jahren aus der CDU aus und für die AfD zur Kreistagswahl an. In seinem Berufsleben war er Leitender Polizeidirektor und Studiendekan an der Fachhochschule der Polizei Brandenburgs. Einblicke in sein politisches Denken gewährt er in einem Leserbrief an die „Preußische Allgemeine Zeitung“ vom 30. November 2018.
Dort lässt er sich über die Feierlichkeiten anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der Ausrufung der Republik aus. Dieser Tag sei kein Tag zum Feiern. In seinen Ausführungen lässt er die Dolchstoßlegende wieder aufleben: „Während noch unsere Soldaten tief im Feindesland standen, ihr Leben für ihr Vaterland einsetzten und kein feindlicher Soldat deutschen Boden betreten hatte (abgesehen von Masuren 1914), an der Heimatfront die Menschen alle Aufopferungen erbrachten, fielen diese ‚roten Gesellen‘ gemeinschaftlich dem ganzen Volk in den Rücken und attackierten die Staatsführung in Gestalt der Monarchie.“ Letztlich hätten diese „roten Gesellen“, also Republikaner*innen, Sozialdemokrat*innen und Komunist*innen, die er alle implizit als die „inneren Feinde des Volkes“ beschreibt, die Niederlage des Deutschen Reiches zu verantworten: „Damit lieferten sie uns unseren äußeren Feinden bedingungslos aus, was mit dem Wahnsinns Werk von Versailles endete.“ Kreativ wird Bury im letzten Abschnitt seiner geschichtsrevisionistischen Auslassungen. Hier führt er aus, dass diese „roten Gesellen“ auch Hitler und den Nationalsozialismus „hervorgebracht“ hätten. Bury ist offensichtlich kein Freund der Demokratie. Im Gegenteil, er trauert der „alten Ordnung“ nach: „[Es ist] nach 100 Jahren an der Zeit, die ideologische Verteufelung der Monarchie zu beenden und mit ehrlichem Bemühen die Verdienste zum Beispiel der Hohenzollern über Jahrhunderte hinweg für Preußen und dann schließlich für das gesamte Deutsche Reich zu würdigen.“ [3]
AfD in der SVV Eberswalde
Tilo Weingardt ist seit Mai der Vorsitzende des AfD Kreisverbandes. Er trat ebenso wie die Beisitzerin des Kreisverbands Imre Kindel zur Kreistagswahl 2003 für die rechtskonservative/-populistische Schill-Partei an, im September 2004 stand er auf der Landesliste selbiger. Zudem scheint er ein großer Freund der Zeitung „Junge Freiheit“ zu sein. Die Wochenzeitung ist ein maßgebliches Sprachrohr der neuen Rechten und stellt so ein Bindeglied zwischen Konservatismus und extremer Rechte dar. In einem seiner Leserbriefe schreibt er: „Die Linken wissen ganz genau, was sie tun und warum es ihnen so wichtig war, die National-Sozialisten den Rechten in die Schuhe zu schieben.“ Dass die Behauptung, der Nationalsozialismus sei keine rechte Ideologie und dementsprechend habe die Rechte nichts mit 12 Jahren Terror in Europa, Shoa und Kriegsverbrechen zu tun ist blanker Geschichtsrevisionismus. Es verwundert, dass Weingardt in seinem rechten Weltbild, die Konsequenzen dieser Ideologie nicht wahrhaben möchte. Ihm zufolge ist es Zeit für eine „begriffliche Umwertung“: „Rechts muß wieder als gut gelten, links wieder als schlecht“, schreibt er. Weingardt ist „Abteilungsleiter Schach“ des SV Motor Eberswalde, aktuell findet jedoch kein regelmäßiges Training statt. Anscheinend arbeitet er für den Bundesvorstand der AfD.
Ein weiterer AfDler mit überaus problematischem Verhältnis zum Nationalsozialismus ist Thomas Krieg. Er ist der stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbands und ebenfalls Mitglied der Eberswalder Stadtverordnetenversammlung. Er betreibt den Copyshop „Druckexpress“ in der Eisenbahnstraße 86 in Eberswalde. Von dort aus verbreitet er Nazi- und AfD-Propaganda. Er druckt beispielsweise T‑Shirts, auf denen das Logo der Süßigkeitenmarke „Hitschler“ in der Form abgeändert wurde, dass nur noch „Hitler“ zu lesen ist. Außerdem erstellt er dort Autoaufkleber auf denen „Wehrmachtdivision“ zu lesen ist, umgeben von „Ruhm“ und „Ehre“. Dort werden teilweise auch die Wahlplakate der AfD gedruckt. Krieg ist laut der Aufstellungsliste zur Kommunalwahl in Joachimsthal gemeldet.
Von Florian Eberhardt sind aktuelle einzig seine Reinigungskünste in Sachen Graffiti auf der Webseite seiner Firma zu begutachten. Der Gebäudereiniger ist bei der Handwerkskammer gelistet, als Adresse ist die Anne-Frank-Straße 12 in Eberswalde angegeben. Wie über Eberhardt ist über Sabrina und Heinz-Dieter Parys wenig bekannt, für Aufregung sorgten sie trotzdem. Direkt zur Konstitution der Stadtverordnetenversammlung machte das Gerücht die Runde, dass die Parys ihre eigene Fraktion bilden wollen. Antreten, Einziehen und Austreten mit anschließendem Eigenbrötlern hat in der AfD eine gewisse Tradition. Aktuell stehen beide noch als Mitglieder der AfD-Fraktion auf der Webseite der Stadt.
Landtagskandidat(en) im Barnim
Zur Landtagswahl tritt Roman Kuffert aus Potsdam im Wahlkreis 13 – Barnim 1 und auf der Landesliste (Platz 23) an. Thematisch beschränkt sich sein Wahlkampf auf die Abgrenzung von den vermeintlichen Altparteien, Heimattümelei und die Aussage er werde zum Wandel in der Landespolitik beitragen. Kuffert wohnt nicht nur in Potsdam, er ist dort auch hauptsächlich aktiv, so bei Infoständen oder durch die Betreuung der Facebook-Präsenz der Potsdamer AfD. Für diese trat er auch zur Kommunalwahl an und ist im Ausschuss Kultur und Wissenschaft sachkundiger Einwohner. Eine Verbindung zum Barnim scheint es nicht zu geben, vermutlich ist sein Antritt taktischer Natur um den Direktkandidatenplatz zu füllen. Im Wahlkreis 14 – Barnim 2 tritt Hans Link an, im Wahlkreis 15 – Barnim 3 Steffen John.
Instagram-Account
In den sozialen Netzwerken benutzt die AfD Barnim munter Naziparolen und ist sich auch für plumpen Rassismus nicht zu schade.Auf einem geposteten Bild prangt der Ausspruch “Deutschland erwache!”. Dieser stammt ursprünglich aus dem von Dietrich Eckart verfassten Sturmlied, welches 1920 entstand und später von der SA (Sturmabteilung) als Hymne übernommen wurde. Dietrich Eckart, ein bekennender Nationalsozialist, trug dieses Lied häufig auch bei NSDAP-Parteiversammlungen vor. Der Ausspruch ‚Deutschland erwache’ wurde einer der wichtigsten Propagandasprüche der NSDAP und ist heute in neonazistischen Kreisen sehr beliebt. Auf der Instagram-Seite der AfD Barnim taucht er vor dramatisch rot und gelb gefärbtem Himmel und der schwarzen Silhouette des Brandenburger Tors auf, über dem Slogan “Wir sind das Volk!”.
Zwei weitere Bilder zeigen den Ausspruch “Deutschland, Deutschland über alles, über alles in der Welt.” Darunter ein Adlerkopf. Dieses Zitat entstammt der ersten Strophe des Liedes der Deutschen, von August Friedrich Hoffmann von Fallersleben aus dem Jahr 1841. Das Lied war schon zur Zeit der Entstehung sehr umstritten, da die erste Strophe auch besagt: “… von der Maas bis an die Memel” und “… von der Etsch bis an den Belt”, womit Gebiete gemeint sind, die sich in Belgien, Dänemark und Italien befinden. Das Lied wurde unter Friedrich Ebert zur Nationalhymne der Weimarer Republik am 11.08.1922 erklärt. In Zeiten Nazideutschlands wurde direkt nach der ersten Strophe des Liedes das Horst-Wessels-Lied, Parteihymne der NSDAP, gesungen und damit die Ausweitung des “Großdeutschen Reich” propagiert. Auch die Truppen der Wehrmacht sangen das Lied der Deutschen beim Einmarsch in überfallene Gebiete. Unter Björn Höcke wurde schon vermehrt das Lied der Deutschen auf den Treffen des „Flügels“ vollständig gesungen.
Weiterhin gibt es ein Bild in dessen Hintergrund ein Totenkopf mit Wehrmachtshelm den Text “… es wird Zeit, die alten Geister zu rufen” unterstreicht. Unter der Überschrift “Deutschland 2030” wird ein Foto von einem blonden Kind gezeigt, welches von einer Gruppe dunkelhäutiger Kindern umringt ist. Ursprünglich stammt dieses Bild von der Indienreise einer Australischen Familie. Die AfD Barnim versieht den Beitrag unter anderem mit den Hashtags “#rettetdeutschland #blonde #Kinder #vom #aussterben #bedroht” sowie “#blaue #augen”. Sowohl das Bild, als auch die entsprechenden Hashtags beinhalten biologistischen Rassimus. Das vermeintliche Aussterben der “weißen Rasse” ist ein zentrales Element von “White Supremacy”-Ideologie, einer angeblichen bzw. erträumten weißen Vorherrschaft. Naziterroristen, wie in El Paso, Christchurch und Utøya, legitimieren mit dieser Ideologie ihre Morde. Im Beitrag wird Deutschland “weiß” konstruiert, was es in dieser Form zu erhalten und beschützen gelte.
Ein weiteres Beispiel für die Verbreitung von Rassismus: Auf einem Bild wird ein oberkörperfreier dunkelhäutiger Mann gezeigt, der eine weiße, nackte, blonde Frau zu Boden ringt und festhält. Die Hashtags dazu lauten neben “#islam” und “#kulturbereicherer” auch “#blonde #Frauen #dunkle #männer”. Hier werden Vergewaltigungen für rassistische Hetze instrumentalisiert und mit der vermeintlichen Sexualität von muslimischen bzw. dunkelhäutigen Männern identifiziert. Die AfD appelliert weiter an “deutsche Mädchen” sich nur mit Deutschen einzulassen: “Liebe deutsche Mädchen, so toll und interessant ihr diese fremdländischen Männer auch findet, heiratet sie nie, egal, was sie Euch versprechen, denn es kann sein, das sie Euch Eurer Freiheit berauben.”, heißt es auf dem Instagram-Account.
Ein weiterer Beitrag belegt die Verbindung zu einer extrem rechten Organisation. Unter der Überschrift “Respect” werden drei Männer gezeigt, die ein migrationsfeindliches Transparent halten und Jacken mit der Aufschrift “Soldiers of Odin” tragen. Dies ist eine in Finnland entstandene “Bürgerwehr”, deren führende Mitglieder bekannte militante Neonazis sind. Auch in Deutschland gibt es Gruppen unter diesem Namen, die zum Teil vom Verfassungsschutz beobachtet werden.
Zusammenarbeit mit NPD
Neben dieser inhaltlich extrem rechten Positionierung und der damit einhergehenden Hetze, gibt es auch eine organisatorische Zusammenarbeit mit anderen Akteur*innen des extrem rechten Spektrums im Barnim. So hielt Joachim Schaaf, zu dem Zeitpunkt stellvertretender Vorsitzender des AfD-Kreisverbandes, am 14.07.2017 in Bernau eine Rede auf einer von der NPD Barnim und der NPD Pankow organisierten Demonstration gegen „Islamisierung“. Am 17. Juni 2018 unternahm die AfD Barnim einen gemeinsamen Ausflug zur Berliner Mauer mit den Kameraden der NPD. Weitere Kooperationen gab es im Juli und September 2018, ebenfalls in Bernau. Auf den dortigen Kundgebungen der AfD waren NPD-Mitglieder präsent, deutlich erkennbar durch T‑Shirts mit der Aufschrift „Schutzzone“. [4] Einer der NPD-Aktivisten, Andreas Rokohl, ein bekannter Neonazi aus Bernau, der vor einigen Jahren linke Jugendliche körperlich angriff, war offensichtlich für die Fotodokumentation der Kundgebung zuständig: Er trug eine Armbinde mit der Aufschrift „Medien“. Auf der AfD-Kundgebung im September betrieb die NPD mit ihrer „Schutzzone“-Kampagne einen Infotisch.
Das zeigt, was von den formalen, halbherzigen Abgrenzungen der AfD zur NPD zu halten ist. 2017 hatte Klaus-Peter Kulack mit Interview mit der MOZ behauptet, mit der NPD wolle er „nichts zu tun haben“. Passender scheint hingegen die Aussage des AfDlers Dubravko Mandic zu sein, der schon 2014 zugab: “Von der NPD unterscheiden wir uns vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte.”
INFORIOT Wahrscheinlich wird die AfD bei den Landtagswahlen am 1. September stärkste politische Kraft in Cottbus. Einer der Direktkandidaten mit gar nicht so schlechten Chancen auf ein Landtagsmandat ist Lars Schieske. Auf verschiedenen Medien, unter anderem mittels Youtube-Videos, wirbt die AfD für ihn.
Schaut man auf eines dieser Videos, offenbaren sich die Sympathien den Direktkandidaten für militante Neonazis. Zu sehen ist in dem Clip aus dem Juli 2019 eine Kaffeeklatsch-Runde von AfD-Leuten, mittendrin auch Schieske. Er trägt ein weißes T‑Shirt, auf dem vorn ein stilisierter schwarzer Wolfskopf abgebildet ist, auf der Rückseite ist der Schriftzug “Revolte für die Heimat” zu erahnen. Das Motiv hat es durchaus in sich, denn es handelt sich um ein T‑Shirt der militanten Neonazi-Gruppe „HMTLBE-Crew“ aus Südbrandenburg. Das Kleidungsstück wird über den Instagram-Kanal der Gruppe vertrieben.
Unübersehbar ist auf diesem Instagram-Kanal, online seit Mitte 2018, der militante Charakter der “HMTLBE-Crew”. “HMTLBE” soll das vergleichsweise harmlose “Heimatliebe” abkürzen. Bedient werden Diskurse der Neuen Rechten und der klassischen Neonazi-Szene, es gibt Drohungen und Bekenntnisse zur Gewalt gegen politische Gegner mit Schlagring und ein Bekenntnis zur Sabotage des Wagens von #cottbusistbunt beim Rosenmontagsumzug 2019. “HMTLBE” hat personelle Überschneidungen zur 2012 verbotenen Gruppe “Spreelichter”. Auf einem Foto posiert die “HMTLBE”-Gruppe beim Kampfsport.
Wenn ein AfD-Kandidat wie Schieske öffentlich ein T‑Shirt einer regionalen und militanten Neonazi-Gruppe trägt, dann ist das ein offensives Positivbekenntnis zur Extremen Rechten der Region. Wie bei den Fällen von Daniel Pommerenke, Jean-Pascal Hohm oder Paul Meier wird dies wahrscheinlich keine parteiinternen Konsequenzen für Schieske haben.
Schieske ist seit 2018 für die AfD aktiv. Im Rahmen einer Kontroverse um eine Aktion vom ihm in seiner Funktion als Feuerwehrmann am Rand einer Demonstration des des rassistischen Vereins “Zukunft Heimat” näherte er sich dieser Gruppierung öffentlich an, trat als Redner auf und bekannte sich zur AfD. Mittlerweile ist er nicht nur Direktkandidat im Wahlkreis 44, sondern auch Beisitzer im Cottbuser AfD-Kreisvorstand.
Die Preußen haben Angst vor Multikulti, aber nicht vor‘m Klimawandel! — Eine Analyse zum Wahlprogramm der AfD Brandenburg
Schon in der Einleitung wird deutlich: Die AfD fokussiert sich in ihrem Wahlprogramm zur brandenburgischen Landtagswahl 20191 auf die preußische Geschichte und reizt dieses Thema bis zum Letzten aus. „Brandenburg-Preußen“2 ist das große Vorbild der extrem rechten Partei, egal ob bei der Einwanderungs- oder Bildungspolitik. Die einseitige Rezeption führt zu einem verklärenden, klischeebeladenen Preußen-Bild, nach dessen „Sekundärtugenden“3 (Pünktlichkeit, Ordnung, Fleiß usw.) und weltpolitischer Bedeutung man sich sehnt. Den Gegenentwurf dazu bildet das Brandenburg unter der Herrschaft der „Altparteien“, die durch ihre verfehlte Politik (in erster Linie durch eine Förderung der Einwanderung) das Land ruinieren: „So wollen uns die Altparteien eine multikulturelle Gesellschaft aufzwingen. Dabei zeigen zahlreiche Beispiele aus der Geschichte, dass Multikulturalismus eine Quelle von Konflikten ist.“4 Doch noch ist nicht alle Hoffnung verloren – die AfD kann das Land noch vor dem vollendeten Schreckensszenario retten.
Das Programm hält also wenig Überraschendes bereit. Viele Forderungen finden sich so oder ähnlich auch bei anderen Parteien wieder (wer hat schon was gegen geringere Kitagebühren oder den Breitbandausbau?), ideologisch wird es, wie bereits angedeutet, bei allen Themen, die sich mit den Topoi Bevölkerungsentwicklung, Migration oder Sicherheit verbinden lassen: Dem demographische Wandel muss dringend etwas entgegengesetzt werden; daher will die AfD die Geburtenrate durch die Unterstützung von Eltern wieder anheben. Einen Ausgleich durch Einwanderung lehnt die Partei allerdings strikt ab – da bleibt sie dann doch lieber konsequent völkisch, denn: „Die unkontrollierte Massenzuwanderung der vergangenen Jahre hat den sozialen Frieden in unserem Land schwer beschädigt und zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt.“5.
In sicherheitspolitischen Fragen setzt die Partei auf eine gleichzeitige Aufrüstung und Abschottung: Videoüberwachung und Gesichtserkennung sollen ausgeweitet, das Waffengesetz gelockert (offenbar bedient die AfD hier die ihr nahe stehende Hobbyschütz*innen- und Jäger*innen-Lobby, denn der Abschnitt zu diesem Thema ist außergewöhnlich detailliert) und Grenzkontrollen wieder eingeführt werden, „um den ‚Einbruchtourismus‘ als Erscheinungsform der Transitkriminalität zu unterbinden.“6 Kriminelle Ausländer*innen seien vielmehr die Regel statt die Ausnahme (das erfährt der*die normale Bürger*in nur deshalb nicht, weil in der medialen Berichterstattung immer der Migrationshintergrund verschwiegen wird), weshalb sie sich „für Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Bekämpfung der Ausländerkriminalität einsetzen“7 und auch das Polizeiaufgabengesetz entsprechend anpassen wollen. Als konkrete Maßnahme schlagen sie mehr Polizei und beispielsweise die Wiedereröffnung der Frankfurter JVA und deren Mitnutzung als Abschiebezentrum für Geflüchtete vor. Die Kosten für die Haft und die Abschiebung sollen die Betroffenen dann auch selbst zahlen.
Auch im puncto Sozialleistungen unterscheidet die AfD zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen: Finanzielle Unterstützung will die AfD nur Ersteren zugute kommen lassen. „Sozialleistungen sind für die sozial schwachen Mitglieder unserer Solidargemeinschaft gedacht. Es ist für uns nicht hinnehmbar, bestandskräftig ausreisepflichtigen Ausländern Sozialleistungen zu gewähren, anstatt umgehend ihre Ausreise zu erwirken.“8
In der Bildungspolitik setzt man, dem Leitmotiv des Programms folgend, ganz auf Sekundärtugenden, Kopfnoten, Leistungsdruck und die Separierung von leistungsstarken und leistungsschwächeren Schüler*innen. Die Auslese von Kindern soll durch eine strenge Gliederung (folgerichtig wird der Gesamtschule eine Absage erteilt) und einen Verzicht auf die Integration von Kindern mit Behinderung in das Regelschulsystem möglichst früh vorgenommen werden.
Die Partei hat darüber hinaus Zweifel daran, dass der Klimawandel menschengemacht ist, und will zudem den Ausbau erneuerbarer Energien stoppen sowie das Pariser Klimabkommen aufkündigen. Konsequent, dass sie daher auch an der Gewinnung von Braunkohle festhalten will. Sie haben die Zeichen der Zeit wohl nicht erkannt. Es besteht aber zumindest die Hoffnung, dass die Partei bei zukünftigen Wähler*innengenerationen schlechter abschneidet.
Heimat und Identität sind die zentralen Ansatzpunkte der Partei; sie fordert ganz in Trump‘scher Rhetorik „Brandenburg zuerst!“9, will das Tragen des Kopftuchs in öffentlichen Einrichtungen verbieten und bedauert, dass Deutsch mittlerweile keine Wissenschaftssprache mehr ist und inzwischen auch noch durch gendergerechte Ansätze verunstaltet wird. Es fällt den AfDler*innen offenbar schwer, sich in einer globalisierten Welt und einer sich ausdifferenzierenden Gesellschaft zurecht zu finden. Man sehnt sich nach Klarheit. Die Hugenott*innen, die nach dem Dreißigjährigen Krieg nach Preußen einwanderten, sehen sie als vorbildhaft, weil sie gut ausgebildet und kulturell leicht integrierbar an, während besonders außereuropäische Migrant*innen abgelehnt werden: „Die Todesstrafe, die Unterdrückung von Frauen und Mädchen oder die fehlende Toleranz gegenüber anderen Weltanschauungen, wie sie in islamischen Ländern an der Tagesordnung sind, haben in unserem aufgeklärten Land Brandenburg nichts zu suchen.“10 Der Ruf nach Toleranz mutet, ob der ausgrenzenden Ideologie der völkischen Rechten, schon sehr skurril an. Die Einteilung nach ökonomisch nützlichen und nutzlosen Menschen zieht sich, gekoppelt an rassistische Differenzierungen, durch das ganze Wahlprogramm. Menschen werden wie eine verschiebbare Masse behandelt, wenn es heißt: „Wie unsere Geschichte gezeigt hat, liegt ein unverzichtbarer Teil unserer staatlichen Souveränität darin, über die Qualität und Quantität der Einwanderung selbst zu bestimmen.“11
Bei so viel allgemeiner Geschichtsduselei im Wahlprogramm darf auch der Nationalsozialismus und der Zweite Weltkrieg nicht fehlen. An zwei Stellen behandelt die Partei dieses Thema: „Bei der Darstellung der national-sozialistischen Schreckensherrschaft und ihrer bis heute andauernden Folgen ist auch die Rolle des Einzelnen in einem totalitären Staat zu behandeln, um den Wert individueller Freiheiten zu erfahren.“12 und: „Ob als ‚vermisst‘ an unbekannter Stelle in einem Einzelgrab verscharrt oder eingebettet in Massengräber – viele Soldaten liegen nach wie vor auf den Schlachtfeldern der beiden Weltkriege. Wir wollen das Auffinden dieser bislang namenlosen Kriegstoten finanziell fördern, so dass diese ein würdiges Begräbnis erfahren können. Hierbei machen wir keinen Unterschied, ob es sich um Angehörige der preußisch-deutschen Armee, der polnischen Armee, der Wehrmacht oder der Roten Armee handelt. Wir wollen sämtlicher toter Soldaten gedenken, da diese für uns eine Mahnung zum friedlichen Zusammenleben mit unseren Nachbarländern sind.“13 Soll im Klartext heißen: Wir konzentrieren uns nicht mehr auf das falsche staatliche Handeln, sondern auf das persönliche individuelle Erleben des Alltags im Nationalsozialismus – was in der Konsequenz die Verantwortung für das Große Ganze ausschließt. Und außerdem machen wir keinen Unterschied zwischen den faschistischen Soldaten der Wehrmacht und den gefallenen Befreiern der Roten Armee.
Zum Schluss listet die AfD noch die aus ihrer Sicht größten Verfehlungen der bisherigen Landesregierung auf. Sie spricht vom „rot-roten Regierungswahnsinn“, zu dem natürlich auch die Zerstörung der Heimat durch den „Massenansturm auf unsere Grenzen“14 gehört; die rassistischen Kernbotschaften tauchen auch hier wieder auf. Dabei wäre es doch der einzig wirkliche „Wahnsinn“, würde die Partei im September noch mehr Stimmen als bei der letzten Landtagswahl 2014 erhalten.
Quellen:
1Alternative für Deutschland (AfD): „Landtagswahlprogramm für Brandenburg 2019“, abrufbar unter https://afd-brandenburg.de/wp-content/uploads/2019/06/Wahlprogramm_Brandenburg_2019_ohne_kapitelbilder_kommentare_acc2144-01–06-19-final.pdf.
Eine Zusammenfassung des Landtagswahlprogramms gibt es zudem in der MAZ: “Vorbild Preußen: Das soll im Wahlprogramm der AfD stehen”: https://www.maz-online.de/Brandenburg/Vorbild-Preussen-Das-soll-im-Wahlpgrogramm-der-Brandenburger-AfD-stehen. Eine Analyse der Sozialpolitik der AfD Brandenburg mit dem Schwerpunkt Potsdam liefert die Emanzipatorische Antifa Potsdam: “Stein des Anstoßes Ausgabe 03 – Die Sozialpolitik der AfD” (https://www.e‑a-p.org/wp-content/uploads/Stein_03.pdf). Einen genaueren Blick auf ausgewählte Personen und einige Programmelemente finden sich im Portal “Blick nach rechts” in dem Artikel “Mit Rechtsaußen-Personal in den Landtag”: https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/mit-rechtsau-en-personal-in-den-landtag. Der RBB portraitiert den AfD-Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz: “Mit Preußen als Vorbild in den Wahlkampf”: https://www.rbb24.de/politik/wahl/Landtagswahl/beitraege/landtagswahl-2019-brandenburg-spitzenkandidaten-afd-kalbitz.html.
In einem kurzes Statement zum Wahlkampf in Märkisch-Oderland beschwerte sich der Kreisverband der AfD MOL kürzlich über den im Kreis geführten Wahlkampf. Dabei wurden auch wir als AJP 1260 e.V. beschuldigt, Plakate der AfD beschädigt zu haben und einen undemokratischen Wahlkampf geführt zu haben, verbunden mit der Drohung uns die Finanzierungen in Form von Fördergeldern zu streichen. Die nicht haltbaren Vorwürfe geben einen Vorgeschmack auf das, womit wir und andere emanzipatorische Projekte in nächster Zeit von Seiten der AfD rechnen können. Vereine und Ehrenamtliche, die verschiedene Angebote und Orte schaffen, die Menschen ihre Wirkmächtigkeit in einer Gesellschaft klar machen und darüber Mitbestimmung und politische Teilhabe fördern, sind die Basis einer Gesellschaft. Unsere politische Bildungs- und Kulturarbeit als undemokratisch und „politikverwesend“ zu bezeichnen, zeugt vom geringen demokratischen Verständnis des AfD Kreisverbandes. Auch wenn wir in keinerlei Form das uns unterstellte durchgeführt haben, erklären wir uns dennoch solidarisch mit den Menschen, die die AfD nicht als demokratische Partei anerkennen und gegen agieren. Ganz einfach aus folgenden Gründen:
In einer pluralistischen Demokratie, wie der in der wir leben, treten verschiedene Meinungen auf. Die Meinungen sind durchaus konträr und oft auch schwer in einen Einklang zu bringen. Dies bedarf viel Zeit, Bereitschaft anderen zu zuhören und auch Lust sich am politischen Diskurs zu beteiligen. Mit einem ständigen wettern gegen „die da oben“, jeglicher Verweigerung an Anteilnahme in Vereinen, Gewerkschaften oder anderen Interessengruppen und alle, die nicht die eigene Meinung teilen als beschränkt zu bezeichnen ist jedoch keine Form die wir als demokratisch bezeichnen können, vielmehr ist dies demokratiefern. Hinzu kommt das auch in einer Demokratie nicht alles unter dem Label der Meinungsfreiheit gesagt werden darf. Explizit demokratiefeindliche Positionen müssen als diese benannt und gekennzeichnet werden und dürfen im demokratischen Diskurs auch nicht zugelassen werden. Rechtsextreme Positionen sind eben nicht Teil des demokratischen Pluralismus und gehören damit auch bekämpft. Die AfD vertritt und äußert solche Positionen aber stetig, wenn sie beispielsweise NS-Begriffe wie den der „Volksgemeinschaft“ wieder salonfähig machen will, offen antisemitisch das Holocaust-Denkmal in Berlin als „Mahnmal der Schande“ bezeichnet oder Schießbefehle gegen Menschen befürwortet. Aber auch die Angriffe gegen zivilgesellschaftliche Akteur_innen – wie von der AfD betrieben -, wenn sie eben nicht die eigene Meinung vertreten, sind undemokratisch.
Die 6 Dimensionen des Rechtsextremismus (Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Chauvinismus, Autoritätsdenken bzw. befürworten von autoritären Regierungsformen, Verharmlosung des Nationalsozialismus und Sozialdarwinismus) finden sich im Denken und Handeln der AfD und vieler Anhänger_innen wieder. Als linker Verein wenden wir uns klar dagegen und lassen uns nicht von der AfD einschüchtern.
Eure nicht ganz so bildungsfernen Protagonisten der politischen Verwesung.