Im Innenausschuss des Brandenburger Landtages wurde gestern bekannt, dass in der ehemaligen Haftanstalt in Eisenhüttenstadt ausschließlich “Menschen nicht-deutscher Herkunft” wegen Verstoßes gegen Quarantänemaßnahmen inhaftiert worden sind (die MAZ berichtete am 10.2.2021).
Mara Hasenjürgen vom Flüchtlingsrat Brandenburg äußert sich dazu:
“Eine freiheitsentziehende Maßnahme, die in der Praxis ausschließlich für Menschen nicht-deutscher Herkunft Anwendung findet, ist strukturell rassistisch. Wir müssen davon ausgehen, dass viele der in Eisenhüttenstadt Inhaftierten in Sammelunterkünften der Landkreise oder der Erstaufnahme selbst leben. Die Bewohner*innen von Sammelunterkünften sind überdurchschnittlich gefährdet sich zu infizieren oder sich als Kontaktperson in Quarantäne begeben zu müssen. Dabei werden sie mit Securities am Eingang und teilweise einer Polizeistreife vor der Tür viel engmaschiger überwacht, als Menschen, die in Wohnungen leben.”
Haft statt Aufklärung? Geflüchtete berichten dem Flüchtlingsrat immer wieder, nicht ausreichend und in aller Regel nicht mehrsprachig über eine Anordnung zur Quarantäne informiert worden zu sein. Mehrfach sind zudem eklatante Mängel bei der Versorgung geflüchteter Menschen, die sich in Sammelunterkünften in Quarantäne begeben mussten, bekannt geworden, so beispielsweise im April/Mai in Hennigsdorf, im Juli in Stahnsdorf und im November/Dezember in Eisenhüttenstadt.
Hintergrund Die Absonderungshaft beruht auf dem Infektionsschutzgesetz. Als in Brandenburg am 5. Mai 2020 erstmals ein Geflüchteter aus Potsdam-Mittelmark in Haft genommen wurde – damals noch im Ausreisegewahrsam in Schönefeld – hatte der Flüchtlingsrat gefordert, auf mehrsprachige Aufklärung und persönliche Ansprache, statt Zwangsmaßnahmen zu setzen (Pressenotiz vom 8.5.2020). Seitdem stand die Befürchtung im Raum, dass Bewohner*innen von Sammelunterkünften für Geflüchtete aufgrund ihrer stark kontrollierten Wohnsituation überproportional von dieser Zwangsmaßnahme nach dem Infektionsschutzgesetz betroffen sein könnten. Diese Befürchtung hat sich nun bewahrheitet.
Drohende Willkür Es ist zu befürchten, dass die Absonderungshaft, auch aufgrund fehlender Vollzugsregelungen, willkürlich eingesetzt wird. Diese Befürchtung wurde verstärkt durch die, letztendlich nicht wahrgemachte Drohung des Landkreises Potsdam-Mittelmark vom 29.7.2020, protestierende Geflüchtete als “Aufrührer” in Gewahrsam zu nehmen. Die Potsdamer Neuesten Nachrichten zitierten damals Kreissprecherin Andrea Metzler: “ ‘Die Einsatzkräfte holen nun diejenigen raus, die andere Bewohner anstacheln’ […] Die ‚Aufrührer’ sollen in den Abschiebe-Gewahrsam nach Schönefeld gebracht werden, wo derzeit Personen zwangsweise untergebracht werden, die sich bei behördlich angeordneter Quarantäne uneinsichtig zeigen.” Am 30.7. revidierte sie ihre Aussage gegenüber den PNN, dennoch zeigt der Vorfall anschaulich, wie leichtfertig Verantwortliche scheinbar die freiheitsentziehende Maßnahmen bei Geflüchteten in Betracht ziehen.
Geflüchtete selbst haben in den vergangenen Monaten die menschenunwürdigen Quarantänebedingungen immer wieder öffentlich gemacht und bei Sozialarbeitenden und Betreibern eine Verbesserung ihrer Situation gefordert. Es ist zu hoffen, dass die Absonderungshaft nicht als Mittel oder Drohgebärde genutzt wurde, um berechtigte Kritik zu unterbinden.
Vorwürfe ernst nehmen Der Flüchtlingsrat fordert die Landesregierung sowie die beiden zuständigen Ministerien für Soziales und Inneres dazu auf, zu prüfen, unter welchen Umständen die Betroffenen in der Absonderungshaft inhaftiert wurden. Wie wurde die medizinische Versorgung sichergestellt? Hatten sie die Möglichkeit Rechtsmittel gegen ihre Inhaftierung einzulegen, mit der Außenwelt zu kommunizieren und Rechtsanwält*innen oder Beratungsstellen zu erreichen? Wurden die Haftbedingungen überwacht? Dem Vorwurf, dass es sich hier um rassistische Diskriminierung handeln könnte, muss nachgegangen werden, anstatt ihn abwehrend vom Tisch zu wischen.
Der Runde Tisch Asyl und Migration Potsdam-Mittelmark (im Folgenden „Runder Tisch“) ist ein bürgerschaftlicher Zusammenschluss von Menschen mit Flüchtlingserfahrung, ehren-amtlichen Unterstützer*innen, Arbeitgeber*innen und Träger-Vertreter*innen der Flüchtlingshilfen und Beratungsstellen im Landkreis.
Gemeinsames Ziel desNetzwerks bildet dieVerbesserung der gesellschaftlichen Teil-habechancen und Lebensbedingungen von Menschen mit Flucht-und Migrationshintergrund.Ein wichtiger Schwerpunkt liegt dabei auf jungen Geflüchteten. Gerade deren Auf-enthaltsstatus ist trotz guter Integration vielfach unsicher.
Der Runde Tisch fordert daher, die Perspektiven junger Geflüchteter in Brandenburg substantiell zu verbessern. Ein geeigneter Weg dafür wäre die Erleichterung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b Aufent-haltsgesetz (AufenthG). Die Freie Hansestadt Bremen hat im September 2020 eine entsprechende Regelung erlassen. Diesem Beispiel sollte das Land Brandenburg folgen.
Hoch motivierten und leistungsbereiten jungen Menschen mit Fluchthintergrund könnte so eine gesicherte Bleibeperspektive eröffnet werden. Dies würde zugleich einen Beitrag zur Überwindung des Fachkräftemangels in Brandenburg bedeuten und somit den Erfordernissen der hiesigen mittelständischen Wirtschaft in geeigneter Weise Rechnung tragen.
Detaillierte Problembeschreibung
Aus den Berichten der Teilnehmer*innen des Runden Tisches ist eine Vielzahl an Beispielen benannt von Geflüchteten, die seit 2015 als Minderjährige oder junge Erwachsene in die Bundesrepublik eingereist sind und hier nach derAsylantragstellung den Weg in Schule, Ausbildung und einigen Fällen sogar Studium genommen haben.
Dennoch fehlt diesen jungen Geflüchteten oftmals jede aufenthaltsrechtliche Sicherheit. Der Grund: Sie sind nach zwischenzeitlich negativ beschiedenem Asylverfahren in Deutschland lediglich ‚geduldet‘. Der bisherige Duldungsstatus führt bei einer Reihe vonBetroffenen zu ständiger Sorge vor Abschiebung. Das ist enorm belastend und macht eine nachhaltige Zukunftsplanung schwer möglich.
Zwar besteht für geduldete junge Menschen in der Schul‑, Berufs-oder Hochschulausbildung nach § 25a AufenthG („Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende“) grundsätzlich die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Die Bedin-gungen dafür sind aber außerordentlich restriktiv. Insbesondere müssen die Antragsteller*innen seit mindestens vier Jahren in Deutschland leben und dürfen das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
Nicht minder schwierig zu erfüllen sind die Bedingungen für die Erteilung einer Aufen-haltserlaubnis nach § 25b AufenthG („Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration“). Hier erweist sich vor allem das Erfordernis eines in der Regel bereits achtjährigen Aufenthalts in Deutschland regelmäßig als unüberwindbare Hürde.
Diese Kombination aus Altersbeschränkung zum Zeitpunkt der Antragstellung und Dauer des Voraufenthaltes läuft der eigentlichen gesetzlichen Intention offenkundig zuwider.
Detaillierte Lösungsbeschreibung
Die Freie Hansestadt Bremen ist der skizzierten Problematik mit einem am 14.09.2020 in Kraft getretenen Erlass zur „Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für junge Geflüchtete in Bildung, Ausbildung und Studium“ begegnet. Der Erlass erleichtert die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG in mehrerlei Hinsicht deutlich:
Geduldeten jungen Geflüchteten bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres soll eine Aufenthaltserlaubnis bereits nach einer Voraufenthaltszeit von mindestens vier Jahren erteilt werden, wenn sie zusätzlich bestimmte „Integrationsmerkmale“ erfüllen. Dazu zählen alternativ
ein vierjähriger erfolgreicher Schulbesuch im Bundesgebiet oder der Erwerb eines anerkannten Schul- oder Berufsabschlusses oder die Teilnahme an einer Einstiegs-qualifizierung,
die Absolvierung einer Berufsausbildung oder eines Studiums oder die Teilnahme an einer staatlich geförderten Berufsvorbereitungsmaßnahme,
die Absolvierung eines Freiwilligen Sozialen Jahres, eines Freiwilligen Ökologischen Jahres oder eines Bundesfreiwilligendienstes.
Jeweils vorausgesetzt werden ausreichende Deutschkenntnisse (Niveau B1) oder hinreichende Sprachkenntnisse (Niveau A2) bei einer Zeugnisnote “befriedigend” im Fach Deutsch. Die Aufenthaltserlaubnis wird zunächst für bis zu zwei Jahre erteilt.
Der Erlass schließt die aufgezeigte Lücke zwischen den §§ 25a und b AufenthG. Er trägt somit den vom Gesetzgeber als erheblich eingestuften Integrationsleistungen junger Geflüchteter im Duldungsstatus Rechnung und verbessert deren Perspektiven.
Dies korrespondiert offenkundig mit den integrationspolitischen Zielen der Brandenburger Landesregierung. Im Abschnitt „Asyl und Integration“ des gemeinsamen Koalitionsvertrages von SPD, CDU und GRÜNEN heißt es: Das vom Bund beschlossene Fach-kräfteeinwanderungsgesetz sowie das Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung werden wir mit möglichst einfachen Verfahren umsetzen, damit gut integrierte Geduldete einen gesicherten Aufenthaltsstatus erhalten. Die Spielräume auf Landesebene (Ausbildungsduldung, Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration und bei gut integrierten Jugendlichen und Heranwachsenden) werden wir weiter ausschöpfen.“ (Randziffern 2952 ‑2957).
Zugleich gibt die Regelung den Ausbildungsbetrieben und (potentiellen) Arbeitgeber*innen die dringend benötigte Planungssicherheit. Auch in Anbetracht des Fachkräftemangels ist dies eine Win-Win-Situation für unser Land.
Die Erweiterung trägt zudem dem SGBVIII Kinder-und Jugendhilfegesetz Rechnungund ermöglicht eine bessere Abstimmung zwischen den aufenthaltsrechtlichen Regelungen und dem Kinder- und Jugendhilferecht (Leistungen für junge Menschen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahrs). Das ist unter Integrationsgesichtspunkten und im Hinblick auf die Fortsetzung des Bildungsweges ebenfalls zu befürworten.
Wir appellieren daher dringend, auch für das Land Brandenburg einen Erlass nach Bremer Vorbild zu verabschieden und somit die gesellschaftlichen Teilhabe- und Integrationschancen von leistungsbereiten und hochmotivierten jungen geflüchteten Menschen nachhaltig zu verbessern.
Bad Belzig, 6. Februar 2021
1 Hans Hansen Potsdam
2 Ruth Koschel Bad Belzig
3 Martin Kühn Saarmund
4 Ulrike Rauh Berlin
5 Max Steinacker Kleinmachnow
Mitunterzeichnende
vom Runden Tisch Asyl und Migration Potsdam-Mittelmark:
6 Wolf Thieme, Bad Belzig
7 Dieter Zastrow, Bad Belzig
8 Gabriele Schrader
9 Erika Pusch, Teltow
10 Siavash Valizadeh
11 Nadine Azad-Belz, Treuenbrietzen
12 Susanne Dütz, Michendorf
13 Ulrike Wunderlich, Michendorf OT Fresdorf
14 Katrin Möbius, Bad Belzig
15 Martina Endries-Klocksin, Kleinmachnow
14 Werner Kübler, Falkensee
15 Beate Schädler, Neuruppin („Neuruppin bleibt bunt“)
16 Gabriela Weischet, Neuruppin
17 Pfn. Christiane Schulz, Neuruppin
18 Lothar Kliesch, Fürstenberg
19 Ilse Schmiedecke, Oberkrämer
20 Kathleen Kunath
21 Ines Richter, Gransee
22 Christoph Poldrack, Leegebruch
23 Werner Moll
24 Stefan Fulz
25 Evelyn Muelenz (Koordination ehrenamtliche Flüchtlingsarbeit Kirchengemeinde St. Andreas Teltow)
26 Tanita Sohr
27 Dennis Behrouzi
28 Philipp Grunwald, Asylverfahrensberatung, Ev. Kirchenkreis Barnim
29 Stefan Bürger
30 Frederik Hahn, Kleinmachnow (Sprecher des Kreisvorstands BÜNDNIS90/Die GRÜNENPM, Kreistagsmitglied und Mitglied der Gemeindevertretung Kleinmachnow)
31 Anna Emmendörffer, Teltow (Fraktionsvorsitzende GRÜNE/LINKE in der Teltower SVV, Sprecherin des Kreisverbands PM)
32 Dr. Burkhard Kroll, KreistagsabgeordneterBÜNDNIS 90/Die GRÜNENPM
33 Dr. Johannes Blatt, Gemeindevertreter in Wiesenburg/MarkBÜNDNIS90/Die GRÜNENPM
Initiativen
1 Belziger Forum e.V./Infocafé Der Winkel
2 Bürger*innen-Asyl Barnim
3 Barnim für alle
4 ESTAruppin e.V. (Christiane Schulz)
5 Initiative Willkommen in Birkenwerder
6 Jugendliche Ohne Grenzen Brandenburg (Jibran Khalil)
7 Netzwerk Neue Nachbarn Werder (Editha Stürtz-Frase)
8 Pangea der Universität Potsdam
9 potsdam konvoi
10 Willkommen in Falkensee (Kathleen Kunath)
11 Willkommen in Gransee (Ines Richter)
12 Willkommensinitiative Zehdenick (Petra Delport)
Wie im Dezember letzten Jahres wieder begonnen, setzt Deutschland seine monatlichen Abschiebungen nach Afghanistan auch 2021 fort. Abschiebungen in ein Land, welches 2020 schon das zweite Mal in Folge vom Institute for Economics & Peace in seinem Global Peace Index 2020 als das gefährlichste Land der Welt eingestuft wurde. Am 31. Januar 2021 hat das Auswärtige Amt Afghanistan als Gebiet mit besonders hohem Infektionsrisiko (Hochinzidenzgebiet) ausgewiesen und als Konsequenz seine Reise- und Sicherheitswarnungen noch weiter verschärft, da Afghanistan von COVID-19 besonders stark betroffen sei und das Gesundheitssystem den Belastungen nicht standhalte.
Im September 2020 stellte das Oberverwaltungsgericht Bremen und im Dezember 2020 auch der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg außerdem fest, dass auch gesunde, alleinstehende Männer ohne soziales Netzwerk in Afghanistan nicht dorthin abgeschoben werden dürfen, da sie aufgrund der durch die Corona-Pandemie verschlechterten wirtschaftlichen Lage nach einer Abschiebung ihre elementarsten Bedürfnisse absehbar nicht decken können.
Ungeachtet dessen plant Deutschland am 9.2.2021 den nächsten Abschiebeflug nach Afghanistan, bei dem sich erfahrungsgemäß wieder viele Bundesländer beteiligen werden. Während in Deutschland einerseits um jedes Leben gekämpft wird, werden andererseits Menschen in ein Covid19-Hochrisiko- und Kriegsgebiet abgeschoben und die lebensbedrohliche Situation dort wissentlich in Kauf genommen.
Der Sammelcharter am 9. Februar wäre der erste Abschiebflug aus Deutschland seit der informellen Joint Declaration on Migration Cooperation, die die Europäischen Union und Afghanistan im Januar dieses Jahres unterzeichnet haben und die für unbestimmte Zeit gelten soll. Demnach können künftig monatlich bis zu 500 Flüchtlinge aus der EU nach Afghanistan abgeschoben werden. Unter den von der Abschiebung am 9. Februar Betroffenen sind voraussichtlich der 22jährige Hasib aus Kempten/Allgäu, der dort zur Schule ging, jobbte, Fußballspielen liebt, eine Ausbildung beginnen wollte und jetzt in Abschiebehaft in Ingelheim sitzt sowie der 20jährige H. aus NRW, der im Iran geboren wurde, mit neun Jahren nach Deutschland kam, noch nie in Afghanistan war und dort auch keine Angehörigen hat.7 Um nur zwei Schicksale zu nennen.
Der Schutz von Menschenleben während einer globalen Pandemie einzigartigen Ausmaßes kann nicht an nationalen Grenzen halt machen und vom Aufenthaltsstatus oder der Nationalität abhängen. Wir fordern die Bundesregierung auf, sofort jegliche Abschiebungen nach Afghanistan zu stoppen und Menschenleben zu schützen!
Unterzeichnende:
1. We’ll Come United Berlin Brandenburg
2. Jugendliche ohne Grenzen
3. Migrant Support Network e.V.
4. Afghan Refugees Movement
5. Aktionsbündnis Antirassismus
6. No Border Assembly
7. Karawane München
8. YAAR e.V.
9. Hazara Zentrum Berlin
10. World Hazara Council – Germany e.V.
11. Zaki – Bildung und Kultur e.V.
12. Afghanisches Kommunikations- und Kulturzentrum e.V.
13. Verein iranischer Flüchtlinge in Berlin e.V.
14. Afghanischer Aufschrei Düsseldorf
15. Links*Kanax
16. moveGLOBAL e.V.- Berliner Verband migrantischer-diasporischer Organisationen in der Einen
Welt
17. CISPM (coalition international des sanspapiers et migrants) Mannheim
18. Initiativ Oury Jalloh Mannheim
19. Migrantifa NRW
20. PROASYL
21. borderline-europe
22. SEEBRÜCKE
23. IPPNW Deutschland
24. medico international
25. Ärzte der Welt e.V
26. Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte vdää
27. Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein RAV
28. Flüchtlingsrat Baden-Württemberg
29. Bayerischer Flüchtlingsrat
30. Flüchtlingsrat Berlin
31. Flüchtlingsrat Bremen
32. Flüchtlingsrat Brandenburg
33. Flüchtlingsrat Hamburg
34. Flüchtlingsrat RLP
35. Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt
36. Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein
37. Flüchtlingsrat Thüringen
38. Hessischer Flüchtlingsrat
39. Münchner Flüchtlingsrat
40. Sächsischer Flüchtlingsrat
41. KuB — Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen e.V
42. BBZ – Beratungs- und Betreuungszentrum für junge Geflüchtete und Migrant*innen
43. Afghanisch-Deutscher Kulturverein Flensburg
44. BZSL e.V.
45. Migrationsrat Berlin e.V.
46. lifeline Vormundschaftsverein im Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
47. AWO Kreisverband Berlin-Mitte e.V.
48. BNS Berliner Netzwerk für besonders schutzbedürftige geflüchtete Menschen
49. Evangelischer Kirchenkreis Teltow-Zehlendorf
50. Diakonisches Werk Steglitz und Teltow-Zehlendorf
51. Asyl in der Kirche Berlin-Brandenburg e.V.
52. Weltweit — die Freiwilligengruppe von Asyl in der Kirche Berlin-Brandenburg e.V.
53. XENION Psychosoziale Hilfen für politisch Verfolgte e.V.
54. Zentrale Bildungs- und Beratungsstelle für Migrant*innen e.V. (ZBBS)
55. Flüchtlingsbeauftragte des Ev.Luth. Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg
56. Flüchtlingsbeauftragte des ev. Kirchenkreises Schleswig-Flensburg
57. AfghanistanNotSafe KölnBonn
58. Protest LEJ Leipzig
59. Leipziger Initiativkreis: Menschen.Würdig
60. Bon Courage e.V.
61. Wedding hilft
62. Sprungbrett Zukunft Berlin e.V.
63. Place4Refugees e.V.
64. Kölner Netzwerk “kein mensch ist illegal”
65. Lübecker Flüchtlingsforum e.V.
66. Seebrücke Lübeck
67. Seebrücke Berlin
68. Seebrücke Flensburg
69. Seebrücke Bochum
70. Seebrücke Kiel
71. AG Bleiben, Köln
72. Seebrücke Potsdam
73. Mosaik Köln Mülheim e.V.
74. Diakoniewerk Simeon FB SozInt
75. Lupine Mentoring e.V.
76. Vernetzung gegen Abschiebung Hessen/M
77. Humanistische Union OV Lübeck
78. WeGe ins Leben e.V.
79. MediNetz Bielefeld
80. Multikulturelle Zentrum Trier e.V.
81. Initiative — Abschiebestopp Thüringen
82. MOVE e.V.
83. Bleibe.e.V.
84. AK Politik Köln
85. die AG Bleiben Köln
86. Mosaik Köln Mülheim e.V.
87. Pallottinische Gemeinschaft St. Christophorus unterschreiben
88. Fremde brauchen Freunde e.V., Nordfriesland
89. Helferkreis Mohammad Zaki Kulmbach
90. MeG betreutes Wohnen
91. Die Flüchtlingslotsen im Amt Hürup
92. Barnim für alle
93. Bürger*innenasyl Barnim
94. OMAS gegen Rechts Lübeck
95. Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
96. Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz
In der Nacht von Montag auf Dienstag wurden in der Innenstadt von Neuruppin in Brandenburg Transparente aufgehängt, um Solidarität mit der kurdischen Freiheitsbewegung, der Bevölkerung in Nordostsyrien und Südkurdistan auszudrücken.
Die Aktivist*innen in Neuruppin fordern einen sofortigen Stopp der Waffenlieferungen an die Türkei und der Finanzierung des türkischen Angriffskriegs gegen die Autonomieverwaltung von Nord- und Ostsyrien. Die Bundesregierung fordern sie auf, die Gespräche mit dem türkischen Verteidigungsminister Hulusi Akar (AKP) sofort zu beenden. Dieser wird sich heute, am 2. Februar 2021, mit Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in Berlin treffen.
Die „Feministische Initiative Neuruppin” (FIN) erklärt dazu: „Wer mit Faschist*innen kooperiert und verhandelt, soll unseren Widerstand spüren. Deswegen war unser zentrales Ziel das CDU-Parteibüro in Neuruppin. Außerdem wurden an zentralen Anlaufstellen in Neuruppin Transparente verteilt, um die Gesellschaft auf die aktuellen Geschehnisse aufmerksam zu machen. Wir fordern Frieden in Kurdistan und grüßen alle für Freiheit kämpfenden Menschen!”
Frankfurt (Oder) — Frankfurter Antifaschist*innen klärten am 30.01.2020 die Nachbarschaft über die Verstrickungen der lokalen “Südring-Kneipe” mit der regionalen Naonazis-Szene auf. [1] Dort steht seit geraumer Zeit ein gewisser Sven Lemke hinter dem Tresen. Bei ihm handelt es sich um kein unbeschriebenes Blatt, sondern um einen mehrfach wegen Körperverletzung vorbestraften Neonazi. Besonders brutal war ein Angriff im April 1997: Damals schlugen Lemke und zwei weitere Neonazis mit einem Vorschlaghammer auf einen Polen ein und beraubten ihn anschließend. Lemke war außerdem in der Vergangenheit Mitorganisator von zahlreichen Neonazikonzerten. So haben zwischen 2011 und 2013 mehrere Konzerte bzw. Partys auf einem von ihm angemieteten Grundstück im Triftweg in der Lebuser Vorstadt stattgefunden. [2] Auch ist davon auszugehen, dass er eine illegale rechtsextreme Veranstaltung in einem Bunker am alten Kino im September 2017 mitorganisiert hat.[3]
Abbildung 1
Politisch war Sven Lemke fortlaufend als Teilnehmer und Mitorganisator extrem rechter Aufmärsche und Kundgebungen von „Frankfurt Oder wehrt sich“, dem „III. Weg“ und der „NPD“ aktiv. [4] In diesem Zusammenhang trat er mehrmals gemeinsam mit anderen regionalen Neonazis unter der Bezeichnung „Kameradschaft Kommando Werwolf (KSKW)“ auf. Diese extrem rechte und vom Verfassungsschutz beobachtete Kameradschaft ist für Übergriffe und Körperverletzungen verantwortlich. [5]All das ist lange her? Hat Lemke das alles hinter sich gelassen und ist nun „unpolitischer“ Gastronom? Vonwegen! Ein Foto bei Facebook aus dem März 2019 belegt beispielsweise, dass er sich nach wie vor als Teil der “Terrorcrew” (KSKW) präsentiert. Und nicht zuletzt trifft man an den Abenden in der Südring-Kneipe viele andere bekannte Faschisten. Selbst NPD-Frontfrau Manuela Kokott scheut nicht den weiten Weg aus Spreenhagen, um hier mit ihresgleichen zu feiern. Die Kneipe in unserer Nachbarschaft ist somit ein regionaler Treffpunkt geworden für Neonazis aus ganz Ostbrandenburg.[6]Ein aktuelles Foto zeigt Sven Lemke vor der Kneipe beim Verkauf von Mittagsmahlzeiten aus der eigenen Feldküche. Scheinbar hat auch die regionale Nazi-Kneipe Probleme durch den Lockdown zu kommen. Seit neuesten bietet er diese auch in der öffentliche Facebook-Gruppe “Lemmys Feldküche” zur Vermietung an. [7]
Bundesweiter Aktionstag am 30.01.2021 der Seebrücke und Balkanbrücke — Kein Pushback ist Legal!
Unter dem Motto #KeinPushbackIstLegal rufen wir, die Seebrücke Potsdam, gemeinsam mit vielen anderen Seebrücken und Balkanbrücken-Gruppen am 30.01.2021 zu einem überregionalen Aktionstag für die Aufnahme von flüchtenden Menschen aus Bosnien auf. Die Potsdamer*innen sind dazu aufgerufen, Schilder und Banner anzufertigen und kleine dezentrale Aktionen für unsere Forderungen durchzuführen. Bilder von den Aktionen sollen dann in den sozialen Netzwerken veröffentlicht und an die Seebrücke Potsdam geschickt werden.
Die sogenannte „neue“ Balkanroute verläuft, seit der Grenzschließung Ungarns und den immer härteren Grenzregimen in Ländern wie Serbien,durch Bosnien-Herzegowina.Dort sitzen Menschen auf der Flucht unter menschenunwürdigen Bedingungen fest mit dem Ziel, nach Europa zu gelangen.
Im Herbst brannte das Camp Moria in Griechenland, jetzt das Camp Lipa.
Am 23.12. gab es im Camp im Nordwesten Bosniens einen großen Brand. Mit einem Schlag verloren über 1000 Menschen ihr letztes Dach über dem Kopf und sind somit schutzlos Schnee und Temperaturen von bis zu ‑11 Grad Celsius ausgeliefert.
Das nehmen wir nicht länger hin! Am 30.01.2021 bündeln wir unsere Kräfte und sagen laut und klar: Wir wollen Aufnahme statt Abschottung!
Deshalb fordern wir:
1. Den Sofortigen Stopp der gewaltsamen illegalen Pushbacks an den europäischen Außengrenzen. Das Recht aller Menschen auf Zugang zu einem fairen Asylverfahren in der EU muss endlich eingehalten werden! #KeinPushbackistLegal
An der kroatischen Außengrenze zu Bosnien wird Schutzsuchenden mit allen Mitteln der Zugang zur EU verwehrt. Unter Anwendung brutalster und grausamster Methoden und Willkür drängt die Grenzpolizei flüchtende Menschen systematisch zurück. Der Einsatz exzessiver Gewalt in Form von Schlagstöcken, Elektroschockern und Schusswaffen ist keine Seltenheit. Diese Militarisierung der Grenzen zwingt die Menschen, sich auf immer riskantere Routen zu begeben.
Die sowohl physisch als auch psychisch unzumutbaren, menschenrechtswidrigen Bedingungen an den EU — Außengrenzen müssen sofort beendet werden. Wer Asyl sucht, hat das Recht, dieses zubeantragen und auch internationale Grenzen zu überschreiten. Die Abschottungspolitik Europas muss endlich ein Ende finden und allen Menschen muss der Zugang zu einem sicheren Zuhause gewährleistet werden! Aufnahme statt Abschottung!
2. Des Weiteren muss die bundesdeutsche Unterstützung für die kroatische Grenzpolizei sofort gestoppt werden.
Erst im Dezember wurden dem kroatischen Grenzschutz 20 Fahrzeuge im Wert von über 800.000 Euro geschenkt.(1)Diese Fahrzeuge hatten nicht die Unterstützung von Menschen auf der Flucht zum Zweck, sondern trugen zu einer noch stärkeren Abschottung der EU und Kriminalisierung von Flucht bei. Anstatt einer weiteren Finanzierung von Pushbacks, ist es notwendig, dass die Bundesregierung gewährleistet, dass diese Menschen tatsächlich die ihnen zustehenden Rechte nach der Genfer Flüchtlingskonvention in Anspruch nehmen können und ihnen der nötigeSchutzgewährleistet wird, den sie benötigen.
Pushbacks und die vorsätzliche Missachtung von Menschenrechten sind nach wie vor rechtswidrig. Trotzdem sind es derzeit die Menschen auf der Flucht, die kriminalisiert werden und nicht die deutsche Bundesregierung oder die EU.
3. Die Bundesregierung muss sofort handeln und die Lager evakuieren.InDeutschland stehen Länder und Kommunen zur Aufnahme bereit. #WirhabenPlatz und fordern #AufnahmeStattAbschottung
Um diese Evakuierungen durchführen zu können, ist die Umsetzung kommunaler Aufnahmebereitschaft zwingend notwendig! Aktuell haben sich in Deutschland 229 (!) Städte und Kommunen zu einem “Sicheren Hafen” erklärt!(2) Auch die Stadt Potsdam KANN und MUSS ihren Beitrag dazu leisten, Menschenrechtsverletzungen zu verhindern, indem sie dem Beschluss zum “Sicheren Hafen Potsdam” endlich aktiv nachkommt!
Willensbekundungen reichen lange nicht mehr aus. Es müssen diesen Bekundungen Taten folgen! Die Stadt Potsdam muss öffentlich für die Seenotrettung einstehen, sie muss weiterhin aus Seenot gerettete Menschendirekt aufnehmen. Potsdam muss außerdem das Land Brandenburg auffordern, ein eigenständiges humanitäres Aufnahmeprogramm für Flüchtende einzuführen und damit flüchtenden Menschen die legale Einreise nach Deutschland und einen legalen Aufenthalt ermöglichen. Die Menschen, die entlang der Balkanroute bei Schnee und Minusgraden ausharren müssen, müssen SOFORT evakuiert und aufgenommen werden.
Darüberhinaus ist es notwendig, ein langfristiges und sicheres Ankommen zu gewährleisten, um eine menschenwürdige Versorgung, insbesondere in den Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung und Bildung, sicherzustellen.
Flucht ist KEIN Verbrechen! Menschenrechte aktiv zu brechenist eins!
Deshalb rufen wir alle Potsdamer*innen dazu auf, sich unserem Protest und unseren Forderungen am 30.01.2021 auf kreative Art und Weise anzuschließen! Bastelt Schilder, Banner und gestaltet andere kreative Dinge.
Lasst sie aus euren Fenstern oder an anderen Stellen hängen, macht Bilder davon und schickt sie an uns!
Wir bleiben laut und wütend bis alle Lager evakuiert sind!
Bis Politiker*innen Verantwortung für ihre Taten tragen und aufhören diese an andere abzugeben! Bis unsere Forderungen endlich ernstgenommen und umgesetzt werden!
Am 31. 1. wird am S-Bahnhof Fredersdorf eine Gedenkaktion für den von Neonazis ermordeten Phan Văn Toản stattfinden
Am 31. Januar 1997 wird der damals 42-Jährige Phan Văn Toản am S‑Bahnhof Fredersdorf von zwei Neonazis brutal zusammengeschlagen. Nach einem Überlebenskampf in der Notaufnahme wird Phan Văn Toản querschnittsgelähmt in eine Rehabilitationsklinik verlegt. Dort stirbt er drei Monate später an akutem Herzversagen als Folge des Angriffs.
Er hinterlässt Freund*innen und Familie in Deutschland und Vietnam. Wir können nur erahnen, was eine solche Tat für sie bedeutet. Was es für seine Freundin beudetet, die die Tat mit ansehen musste. Was es bedeutet, dass die Täter einen Tag nach der Tat wie schon zuvor am Bahnhof rumhingen, als sei nichts geschehen. Was es bedeutet, dass trotz rassistischer Äußerungen des Täters vor dem Gericht Rassismus als Motivnicht anerkannt wurde.
Die Fragen können wir nicht beantworten, aber wir können Phan Văn Toản gedenken. Wir können dafür sorgen, dass weder Phan Văn Toản noch die weiteren Opfer rechter Gewalt vergessen werden. Wir können unsere Trauer und Wut sichtbar machen. Und wir können uns dafür einsetzen, dass am S‑Bahnhof Fredersdorf ein Hinweis entsteht, was hier vor 24 Jahren geschehen ist.
Dafür werden wir eine (pandemiebedingt) sehr kleine Mahnwache am 31. Januar veranstalten. Diese Mahnwache soll der Auftakt für ein jährliches Gedenken sein. Wir wollen, dass am S‑Bahnhof Fredersdorf eine Gedenktafel dauerhaft an Phan Văn Toản erinnert und alle mahnt, bei rassistischen Handlungen nicht wegzuschauen, sondern aktiv einzugreifen!
Wir veröffentlichen keine Uhrzeit für die Mahnwache, sondern werden diese im sehr kleinen Kreis durchführen. Wer trotzdem mit einer kleinen Geste an Phan Văn Toản erinnern möchte, den rufen wir dazu auf, auf dem Vorplatz des S‑Bahnhofs Fredersdorf Blumen abzulegen und uns Fotos davon zu schicken. Nächstes Jahr können wir seiner dann hoffentlich gemeinsam würdig gedenken.
Am 22. Januar kam es erneut zu einer rechten Kundgebung in Märkisch-Oderland. Auf dem Parkplatz des Kulturhaus Rüdersdorf fand eine schlecht beleuchtete Kundgebung des Brandenburger Landesverbandes der AfD unter dem Titel „Lockdown-Irrsinn beenden! Freiheit für Land und Bürger“. Diese ursprünglich für eine Durchführung in Oranienburg im Overhavelland geplante Veranstaltung wurde dort aufgrund der hohen Inzidenz in der anhaltenden Corona-Pandemie untersagt.
Birgit Bessin und Andreas Kalbitz (rechts) mit Mitgliedern der JA hinter einem Transparent des KVMOL
Neben Birgit Bessin, der Anmelderin und stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD, sprachen u.a. Kathi Muxel(MdL), Steffen Kotré (MdB) sowie Anna Leisten von der Jungen Alternative (JA) Brandenburg. Die Junge Alternative war mit ca. 10 Personen mit drei Fahnen und einheitlichen Mund-Nasen-Bedeckungen mit dem JA-Logo vertreten. Ebenso waren Mitglieder des AfD Ortsverbandes Wriezen vor Ort, die seit November 2020 wöchentlich einen Schweigemarsch mit knapp 20 Teilnehmenden in Wriezen organisieren. Entgegen des sonst kaum wahrnehmbaren und ohne Transparente ausgerüsteten Schweigemarsches hielten die Wriezener in Rüdersdorf Transparente der AfD Märkisch-Oderland empor.
Kreativer Protest…
Immer wieder musste die anwesende Polizei über die Veranstalterin darauf hinweisen lassen, dass der Abstand von 1,50 Meter zwischen den Kundgebungsteilnehmenden einzuhalten sowie ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen sei. So sah man unter den ca. 60 Teilnehmenden mehrere Personen ohne Mund-Nasen-Schutz, mit MNS unter der Nase oder aber nur mit dünnen Schals vor dem Gesicht. Birgit Bessin glänzte durch Abwesenheit eines MNS während der gesamten Veranstaltung. Mit Handschlag wurde der aufgrund seiner Neonazi-Vergangenheit aus der AfD ausgeschlossene ehemalige Vorsitzende der Brandenburger AfD, Andreas Kalbitz, neben der Bühne von den Anwesenden begrüßt und hofiert. Auch hier wieder ist ein Abwenden vom völkischen Flügel nur ein strategisches Lippenbekenntnis.
Trotz kurzfristiger Mobilisierung beteiligten sich 150 Personen an der Gegenkundgebung, welche durch die lokale Links-Partei organisiert war. Gemeinsam mit „Kein Acker der AfD“ wurde eine Menschenkette mit farbigen Abstandsbändern, Kerzen und Masken auf den Zugangswegen zur AfD-Kundgebung geformt. Roya Sobhani, Pressesprecherin des antifaschistischen Bündnis „Kein Acker der AfD“: „Wir möchten nicht, dass die AfD denkt, inmitten einer weltweiten Pandemie ungestört Kundgebungen abhalten zu können. Wo die AfD in Märkisch-Oderland und anderswo auftaucht, werden auch wir sein und protestieren.“
Im Landkreis Havelland stieg in den letzten Wochen die Anzahl der mit dem Corona-Virus Infizierten erheblich an. Mittlerweile liegt die 7‑Tage-Inzidenz mit Stand heute bei 295,71. Eine alarmierende Zahl, welche deutlich über dem Grenzwert von 200 liegt, ab dem Versammlungen, gemäß Brandenburgischer Corona-Verordnung, untersagt werden. Doch in Falkensee, mit etwa 44.000 Einwohnern immerhin die bevölkerungsreichste Stadt im Havelland, ließen sich Akteure der Telegram-Gruppe: „Das HAVELLAND steht AUF“ etwas einfallen, um sich dennoch treffen zu können. Sie nutzten eine „Hintertür“ in der Corona-Verordnung und meldeten ihre Versammlung einfach als „religiöse Veranstaltung“ an. Mit Erfolg – die Kundgebung durfte am frühen Montagabend am Falkenhagener Anger stattfinden.
Versammlung am Kriegerehrenmal
An einer nur sehr schwach beleuchteten Stelle des Grasplatzes, direkt an einem Kriegerehrenmal versammelten sich dann ab 18.00 Uhr etwa 25 Sympathisierende von „Das HAVELLAND steht AUF“. Begrüßt wurden sie vom Falkenseeer Stadtverordneten Thomas Fuhl (Parteilos), welcher als Moderator fungierte. Er sprach über die Wahl des Kundgebungsortes. Drei Bauwerke seien ihm zum Beispiel an diesem Ort wichtig. Drei Bauwerke die – bildlich gesehen – gleichwohl auch die Eckpfeiler der neuen Initiative bilden könnten . Da wäre die alte Schule, welche „Bildung“ symbolisiere und gemäß Fuhls Worten „eine ganz, ganz wichtige Säule“ sei, damit die Gesellschaft funktioniere. Als Zweites nannte er die Kirche, welche für ihn ganz klar einen Versammlungsort symbolisiere. Als drittes, wichtiges Bauwerk nannte Fuhl das Denkmal für die Gefallenen Soldaten des ersten Weltkrieges. Dies habe für ihn scheinbar eine mahnende Funktion. „Wenn Irritationen ihren Lauf nehmen, enden sie meistens in kriegerischen Auseinandersetzungen“, so Fuhl. In der Mahnung könnte aber auch ein Appell liegen, eine Ermahnung zur Einigkeit. Denn wenn Fuhl eines in Falkensee oder Brandenburg nicht haben wolle, wären dies „bürgerkriegsähnliche Zustände, weil die Leute der verschiedenen Gruppen nicht mehr miteinander reden“.
Verschwörungstheoretiker und Schwurbler willkommen
Auch die Administratorin der Telegram-Gruppe „Das HAVELLAND steht AUF“, eine Bürgerin aus Dallgow-Döberitz, möchte Frieden und darüber hinaus Liebe und Freude. So bekräftigte es die blonde Frau zumindest bei ihrer Rede am Montagabend. Sie wollen Menschen – insbesondere im Corona-Lockdown – vereinen. Jeder sei dazu willkommen, auch „Verschwörungstheoretiker“ und „Schwurbler“, wie die Frau explizit betonte. Und offenbar auch Stephan B aus Berlin, ein Sympathisant extrem rechter Organisationen, der momentan als vermeintlicher Pressevertreter für das Format: „Volksbote“ aktiv ist und entsprechend gefärbte Artikel schreibt. Er wurde – gemäß Chatprotokoll –sogar persönlich von der Administratorin von „Das HAVELLAND steht AUF“ eingeladen.
Ziel: „Erweckung des Havellandes“
Der angeblich religiöse Hintergrund der Versammlung spielte hingegen nur am Rande – beispielsweise beim Beten eines „Vaterunsers“ durch Thomas Fuhl – eine Rolle. Bereits im Telegram-Chat hatte die Administratorin von „Das HAVELLAND steht AUF“ jedoch erkennen lassen, dass die Veranstaltung eigentlich anderen Zwecken diene, insbesondere der Vernetzung und der Erweckung des Havellandes. Dazu wurde auch die Flugschrift „Demokratischer Widerstand“ verteilt, deren Autoren im vergangenen Jahr die berüchtigten Berliner „Hygienedemos“ initiiert hatten. Im Telegram-Chat von „Das HAVELLAND steht AUF“ teilte die Administratorin darüber hinaus auch Artikel des extrem rechten Compact-Magazins.
Die Kameradschaft „Alternative Nationale Strausberg Dart‑, Piercing- und Tattoo-Offensive“ wurde 1998 von Rene Berger gegründet, um die vorher eher als lose Cliquen ansäßigen Nazis in Strausberg zu organisieren. Unterstützung bekam er dabei von Daniel Hermann. Beide konnten dabei auf eine große Zahl Jugendlicher aufbauen, die bereits rechtes Gedanken gut hatten und Linke, Migrant*innen und vermeintlich Andersdenkende regelmäßig angriffen. Auch das linke Zentrum Horte, Vereinsräume des Alternatives Jugendprojektes 1260 e.V. war zu diesem Zeitpunkt öfter Ziel von Angriffen aus dem Spektrum dieser rechten Jugendlichen.
Teile der ANSDAPO 2004 u.a. Björn Zander, Daniel Hermann und Rene Berger
1998 kam Berger gerade aus dem Gefängnis frei, in dem er seit 1994 wegen des Mordes an Hans Georg Jakobson saß. Als Haupttäter wurde er zu 8 Jahren Haft verurteilt, die beiden damaligen Neonazis und Mittäter Henry Günther und Thomas Domke zu jeweils 6 Jahren. Während seiner Haft wurde Berger durch die Hilfsgemeinschaft für Nationale Gefangene (HNG) betreut. Bereits 1998 kam Berger – offiziell wegen guter Führung – jedoch wieder frei und begann prompt mit dem Aufbau rechter Strukturen in der Region. Seine damalige Partnerin Ilona Hermann, Mutter der Neonazis Daniel und Kay Hermann stellte die gemeinsame Wohnung für Nazi-Treffen zur Verfügung. Die Wohnung lag in Strausberg Vorstadt. Das Eckhaus in der Bahnhofstraße/Ernst-Thälmann-Straße wurde auch Jahre darüber hinaus von Nazis bewohnt. Die Aktivitäten der frischen Kameradschaft waren vielfältig. So beteiligten sich u.a. Rene Berger an einem Infostand der NPD in Strausberg, in dem er als Ordner auftrat. Auch Konzerte wurden organisiert, wie im November 1998. Hier waren Nazis der Berliner Blood&Honour Strukturen vor Ort, zu denen Berger und Hermann Kontakte aufgebaut hatten. Der Erlös des Abends ging an die HNG.
Die Nazis sammelten und trafen sich an verschiedenen Orten in Strausberg Vorstadt und nutzen auch die Jugendclubs „PIO“ und „Domizil“ als Anlauf- und Treffpunkte. In den folgenden Jahren beteiligten sich regelmäßig Nazis aus dem ganzen Landkreis und Städten wie Eberswalde, Fürstenwalde oder Eisenhüttenstadt an Angriffen in Strausberg – meist mit verschiedenen Schlagwaffen ausgerüstet. Dies zeigt zum einen, welche Strahlkraft die ANSDAPO im Landkreis Märkisch-Oderland hatte, aber auch, wie vernetzt die Neonazis waren. Ein besonderer Fokus muss hierbei auf die Kontakte zur Berliner Band Landser gelegt werden, die zu diesem Zeitpunkt schon als kriminelle Vereinigung eingestuft wurden.
Die ANSDAPO trat sehr elitär auf und Anwerber mussten stets ein Aufnahmeritual über sich ergehen lassen. Dies führte zwar dazu, dass die Mitgliederzahl relativ gering war, dafür die Mitglieder aber oft steile Gewalt- oder neonazistische Karrieren vorweisen konnten. Wie Falco Hesselbarth, dessen Mutter Liane Hesselbarth für die DVU kandidierte, oder Björn Zander, der seit 1995 mehrere gewalttätige Übergriffe und Raube zu verantworten hat und schon mehrmals in Haft saß. Als Symbolik nutzte die Kameradschaft eine gelb eingefärbte schwarze Sonne. Der Schriftzug ANSDAPO wurde in Frakturschrift geschrieben. Im Laufe der Zeit haben sich die ANSDAPO-Mitglieder und ihr Umfeld vielfältigen Merchandise mit der Symbolik bedruckt und angeeignet. Ansonsten traten die sie im Stiefelnazi- und Skinheadstyle der 90er Jahre auf.
2004 nahmen mehrere Mitglieder der ANSDAPO an Aktionen des Märkischen Heimatschutzes (MHS) teil, dessen damaliger Ansprechpartner der Strausberger Sebastian Schmidtke war.
Propagandamaterial, Merchandise und Waffen: Funde bei den Hausdurchsuchungen 2005
2005 kam das Verbot der ANSDAPO wegen der geistigen Nähe zum Nationalsozialismus [1]. Es folgten 19 Hausdurchsuchungen, sowie eine Zellendurchsuchung des bereits inhaftierten Zanders. Gefunden wurden Waffen (auch eine Schusswaffe), Propagandamaterial und Datenträger [2]. Kurz vor dem Verbot versuchte die ANSDAPO die Kameradschaft noch in eine Vereinsstruktur zu überführen, was dann nicht mehr gelang. 2008 wurde das Verbot rechtskräftig.
Weiterbetätigung nach dem Verbot der ANSDAPO
Das Verbotsverfahren und die damit verbundene Repression hielt die Nazis nicht davon ab, ihr altes Schema fortzuführen. 2008 überfielen die Nazis den Jugendclub Strausberg Vorstadt, der zu diesem Zeitpunkt in Trägerschaft der Alternativen Jugendprojektes 1260 war. Unter den Angreifern waren Sven Wartmann, Daniel Hermann, Kay Hermann und Falco Hesselbarth – alles ehemals Aktive der ANSDAPO. Auch tauchte im Zeitraum 2008/2009 eine CD der Gruppe „Projekt 8.8“ unter dem Titel „Unter blutrotem Banner“ auf, auf der neben diversen Hakenkreuzfahnen auch das Logo der ANSDAPO zu finden ist.
CD der Band “Projekt 8.8” mit ANSDAPO Logo 2008
Dennoch konnte im Folgenden eine Abnahme der Aktivitäten und gewalttätigen Angriffe beobachtet werden. Die Mischung aus Repression, aber auch das älter werden und Familiengründungen wirkte. Neben einem langen Vorstrafenregister hatten viele mittlerweile auch Familien und Kinder, welche auch Teil der neonazistischen Subkultur wurden. Einige Akteure verschwanden aber auch von der Bildfläche.
Auch wenn bei den Razzien beim Verbotsverfahren viel Merchandise beschlagnahmt wurde, hatten die Nazis keine Probleme sich ihr Kleidungsrepertoire einfach wieder anzuschaffen. Über den MHS hatten sie Kontakte Christian Banaskewicz, der immer wieder verschiedene neonazistische Versände betrieb. Shirts und Co druckte Banaskewicz selbst im Textildruck Eberswalde in der Freienwalder Straße 80a. Über den Textildruck Eberswalde, der verschieden Merchandise für Rechtsrock-Bands druckte, konnten die Nazis hier alles mit ihren Logos bedrucken. Falco Hesselbarth posiert verschiedene Male als Model für die Kleidung, die Banaskewicz online verkauft. Heute dient die Adresse des ehemaligen Textildrucks in Eberswalde als Impressum für den Online-Versand von der Neonazi-Band „Exzess“.
Falco Hesselbarth mit Schlauchtuch als Model für den NMV Versand
Rene Berger gehörte zu denen, die das Verbot schlichtweg ignorierten und weiterhin mit Pullovern und T‑Shirt in der Öffentlichkeit auftrat, auf denen das verbotene Logo der ANSDAPO mit Schriftzug zu sehen war. In der Zwischenzeit waren ehemalige Mitglieder der ANSDAPO auch immer wieder als Security in der Stadt Strausberg oder bei Dorffesten der umliegenden Dörfer eingesetzt. So trat Daniel Hermann nicht nur bei Dorffesten in Zinndorf auf, wo er mittlerweile hingezogen ist, sondern auch bei Feiern der Stadt Strausberg im Auftrag der Firma „One Security“.
Da die ANSDAPO sich auch regelmäßig im öffentlichen Raum traf oder Privatwohnungen nutzte, konnte das Verbot den Treffpunkten nichts anhaben. Einer dieser Orte bildete der Hof von Daniel Hermann in Zinndorf. Dieser wurde nicht nur zum „Herrentag“ regelmäßiges Ziel von gemeinsamen Ausflügen, auch zu anderen Anlässen fanden sich dort immer wieder Neonazis ein, teilweise reisten diese auch überregional an. Auch an den gemeinsamen Fahrten nach Berlin, um gemeinsam mit Michael „Lunikoff“ Regener einen trinken zu gehen, hat sich bis heute wenig geändert. Außerdem waren und sind die Nazis regelmäßig in ihrer Stammkneipe in Strausberg Vorstadt anzutreffen — heute unter dem Namen “Gaststätte zur Endstation” und immer noch Anlaufpunkt für die Nazis. Hier konnten sie auch aktiv junge Neonazis an werben. Um Dominik Schiöberg und Kevin Jenning gab es eine Gruppe von ca. 5 Personen, die dem Jungsturm angehörten. Der sogenannte Jungsturm sollte die Jugendorganisation der ANSDAPO sein und trat mit einem ähnlichen Logo auf. Aufmerksam machte die Jugendorganisation von sich, als sie unter Beteiligung von Rocco Meihs eine antifaschistische Gedenkkundgebung stören wollten. Dominik Schiöberg versuchte sich nach seinem Schulabschluss als Security und begann eine Ausbildung. Wie andere Neonazis auch, arbeitete er bei „One Security“. Nachdem seine neonazistischen Aktivitäten öffentlich gemacht wurden, musste er die Ausbildung abbrechen und wurde Fleischer. Mittlerweile arbeitet er gemeinsam mit Kevin Jenning im REWE Supermarkt in Rehfelde. Rocco Meihs arbeitet als Krankenpfleger in Strausberg.
Am Rande einer antifaschistischen Gedenkkundgebung 2013: Kevin Jennig, Tine Karkowski, Marc Pfister, Dominik Schiöberg und Rocco Meihs
Wiederbelebung der ANSDAPO als AO Strausberg
Seit 2015 agieren ehemalige Mitglieder der ANSDAPO und des „Jungsturm“ unter dem Namen „AO Strausberg“. Wie schon die ANSDAPO sie als vermeintliche Rocker auf, tragen Kutten und Motorradbekleidung. Auf diesen findet sich auch das ehemalige Logo der ANSDAPO, nun mit AO Strausberg in Frakturschrift. Am Skinhead-Outfit hat sich bei den Mitgliedern seit den 90er Jahren meist wenig verändert. Es zeigen sich enge Vernetzungen zu weiteren rechten und neonazistischen Gruppierungen. Bei den rechten BraMM-Demonstrationen 2015 kamen die Mitglieder geschlossen und traten martialisch auf. Auf der von Lars Günther (heute Brandenburger MdL für die AfD) organisierten rassistische Demonstration im Dezember 2015 in Strausberg Vorstadt stellte die AO Strausberg die erste Reihe [3]. Mit dabei waren Kevin Jenning, Tino Burkart, Markus Hickstein, Rene Berger, Rocco Meihs, Dominik Schiöberg und weitere. Björn Zander fuhr den Lautsprecherwagen. Dass die AO bei der Demo eine tragende Rolle einnahm, hängt mit ihren Kontakten nach Bad Freienwalde zusammen. Schon bei den Kundgebungen, die Lars Günther in Bad Freienwalde organisierte, vermittelte Robert Gebhardt Kontakte in die organisierte Naziszene, die dort Ordner*innen stellt. So dann auch in Strausberg. Gebhardt war selbst mit einigen anderen Nazis aus Bad Freienwalde bei der Demo anwesend. Gebhardt als Kader der Kameradschaft Märkisch-Oder Barnim (KMOB) pflegte schon lange vorher Kontakte mit Strausberger Neonazis. 2010 organisierte die KMOB nicht umsonst eine ihrer Demos auch hier in Strausberg.
Der Rest der Bagage: Dominik Schiöberg (mit Fähnchen) und UnbekanntMitglieder der AO halten das Fronttransparent bei der von Lars Günther angemeldeten Demo in Strausberg 2015. v.r. Markus Hickstein (Fred Perry Mütze), Rocco Meihs (Schwarze Mütze), Rene Berger (mit Kapuze), Tino Burkart (mit Nasenpiercing), unbekannte Glatze, Kevin Jenning (halb verdeckt).Robert Gebhardt bei der von Lars Günther angemeldeten Demo 2015 in Strausberg
Auch nahmen Zander und zwei weitere an einer rassistischen Demonstration in Frankfurt (Oder) im Februar 2016 teil [4]. Die rassistischen Mobilisierungen dieser Zeit scheinen der Startpunkt für eine erneute straffe Organisation der Nazis gewesen zu sein, die seit dem Verbot der ANSDAPO nicht mehr als nach außen offen erkennbare Struktur auftraten. 2016 kam es durch Björn Zander zu einem Angriff auf einen alternativen Jugendlichen in der Strausberger Altstadt. [5]
Auffällig ähnlich der ANSDAPO ist auch die Nähe zur rechten Musikszene, wie sie in Strausberg durch die Neonazi-Band „Exzess“ rund um Tobias Vogt gegeben ist. Es ist davon auszugehen, dass die Bandmitglieder Daniel Köhring und Patrick Alf, die beide ihre Jugend in Strausberg und Umgebung verbracht haben, im Fahrwasser der ANSDAPO politisiert wurden. Übrigens schmückte das Demo-Album von Exzess aus dem Jahre 2009 eine Schwarze Sonne auf dem Cover. Das Alf 2008 für die DVU antrat, zu der die ANSDAPO enge Verbindungen hatte, muss da kein Zufall sein. Auch zu Enrico Hoffmann alias Onkel Spider haben die Mitglieder der AO gute Kontakte. Exzess warb 2016 damit, sich bei Hoffmann das Bandlogo tätowieren zu lassen. Sein Studio „Final Solution“ liegt in Grünheide bei Erkner. Hoffmann tauchte auch bei den rassistischen Mobilisierungen 2015/16 in Strausberg auf.
2017 sind mehrere Mitglieder derAO Strausberg, darunter erneut Björn Zander, auf dem „Rock gegen Überfremdung“ in Themar dabei [6] . Außerdem machte die AO Strausberg 2017 Saalschutz und Getränkeverkauf bei einem Konzert der rechten Band „Feuer Frei“. In dieser ist Kai Hasselmann aus dem Barnim aktiv. Andere Mitglieder kommen auch aus dem Barnim und treten mit Kutten der Bruderschaft Barnimer Freundschaft auf. Auch dies ist eine Verbindungslinie der ANSDAPO zur heutigen AO. Hervorzuheben ist hier insbesondere die Nähe zu Patrick Krüger. Dieser ist nicht nur Teil von Barnimer Strukturen wie der „Sturmgruppe 44“ in der auch Hasselmann aktiv ist, sondern er besitzt direkte Kontakte nach Strausberg und Umgebung. Eine enge Freundschaft hegt er mit dem in Eggersdorf wohnenden Marcel Thorn. Dieser wiederum steht mit der AO Strausberg in Kontakt. Dass Krüger aber direkt nach Strausberg Kontakte hat, zeigen seine Anwesenheit bei Konzerten und freundschaftlicher Umgang mit Exzess. Auch er war bei einer BraMM Demonstration anwesend.
Marcel Thorn (rechts) und Patrick Krüger in Eggersdorf
Die AO besitzt in Strausberg Vorstadt Räumlichkeiten, wo sie kleinere Feiern und Konzertabende durchführen. Es ist davon auszugehen, dass dieser Ort auch als Lager für den eigenen Merch in Form von T‑Shirts und Kutten genutzt wird.
Das einheitliche Auftreten als Gruppe der gleichen Personen mit dem gleichen Logo weisen neben den ähnlichen Aktivitäten stark darauf hin, dass es sich bei der AO Strausberg um eine Nachfolgeorganisation der ANSDAPO handelt. 2018 tauchten Mitglieder der AO Strausberg mit T‑Shirts mit der Aufschrift „20 Jahre AO Strausberg“ auf, wobei sich hier wohl eher auf das Gründungsdatum der ANSDAPO bezogen wird. Auch an anderer Stelle verwiesen die Mitglieder der AO auf das Jahr 1998, so wird zu der Buchstabenkombination AOSRB auch gerne die 98 dazu gefügt. Entgegen der früheren ANSDAPO sind die Kameraden der AO weniger auf öffentlich wirksame Aktionen aus und fröhnen stärker dem NS-Lifestyle. Dennoch ist diese Gruppe nicht zu unterschätzen, wie der Angriff 2016 durch Björn Zander zeigte. Immerhin gehören ihr mehrfach verurteile Gewalttäter und Mörder an.
Zuletzt waren Mitglieder der AO Strausberg vermutlich beim dezentralen „Heldengedenken“ in Form eines Fackelmarsches des III.Weg im November 2020 in Strausberg dabei. Hier ist zu vermuten, dass sich aufgrund der gemeinsamen politischen Ziele auch personelle Überschneidungen ergeben.
Unklar ist, warum der Verfassungsschutz und das Land Brandenburg, denen diese Parallelen und Aktivitäten auch bekannt sind, bisher nicht aktiv werden und die AO Strausberg als Nachfolgeorganisation der ANSDAPO verbieten. Vielleicht ist hier der Schutz von V‑Männern wichtiger als das Durchgreifen gegen gewaltbereite Neonazis?