Die Geschichte des deutschen Kolonialismus in Afrika wurde über viele Jahrzehnte hinweg ignoriert, verdrängt und verschwiegen. Heute fordern die Nachfahren der Kolonisierten zunehmend Gehör für ihre eigenen Perspektiven und den kritischen Dialog über die Auswirkungen des Kolonialismus ein. Am Beispiel der Debatten um Straßennamen, um das Humboldtforum in Berlin, um geraubte rituelle Objekte und menschliche Gebeine z.B. aus Tansania und Namibia wird deutlich, wie nah uns die „alten Geschichten“ sind. Herzliche Einladung zum Nach- und Vordenken!
Barnim Kampagne „Light me Amadeu“
Evangelische Jugendarbeit Barnim
Samstag, 18. Nov., 19 Uhr
Martin-Luther-Saal, Kirchstraße 7, Eberswalde
Rechtsrockkonzert in Cottbus
Am Samstag den 21.10.17 kam es im Merzdorfer Weg 32 in Cottbus, dem inoffiziellen Hauptquartier der Cottbusser Hooligan-Gruppierung „Colectivo Bianco Rosso“ zu einem Rechtsrockkonzert anlässlich ihres 15. Jubiläums. Ein Auftritt zweier Mitglieder der Rechtsrockband „Frontalkraft“ lockte über hundert Personen aus dem gesamten Bundesgebiet.
Bisher von der Cottbuser Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, organisierte die Ultra-Gruppierung „Collectivo Bianco Rosso“ (CBR) zum 15. Jahrestag ihrer Gründung ein Konzert in ihrem Stammsitz; mit dabei: Gitarrist und Sänger von „Frontalkraft“. Wie aus dem Umfeld von CBR mitgeteilt wurde, kamen etwa 150 „Freunde“ der Ultra-Gruppierung nach Merzdorf – unter anderem aus Stuttgart und Nürnberg.
Frontalkraft ist die älteste noch aktive Neonazi-Band und hat auch international einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht. So trat die Band auch bei „Rock gegen Überfremdung“ im thüringischen Themar im Juli 2017 auf, dem bis heute größten Rechtsextremenkonzert der Nachkriegsgeschichte. Ihre Texte enthalten unverhüllte nationalsozialistisches Gedankengut wie z.B. in folgenden Zeilen: „Dein Glied der Ahnenkette, weißt Du, wann sie begann? Sei Hitler stets gehorsam, und Du hast recht getan! Sei Hitler stets gehorsam, und Du hast recht getan!“ (Frontalkraft: Goden-Hymne)
Seit ihrer Gründung im Jahr 2002 fällt CBR immer wieder mit antisemitischen, rassistischen, neonazistischen und sexistischen Fangesängen, Videos und Stickeraktionen auf. Dass sie nun ihr fünfzehnjähriges Bestehen auf diese Weise unbehelligt und unbemerkt von der Cottbuser Öffentlichkeit feiern konnten, sollte aufhorchen lassen.
„Cottbus schaut hin“ ist eine Gruppe von Menschen, welche sich für ein gewaltfreies und tolerantes Cottbus einsetzen. Wir haben es uns als Initiative zur Aufgabe gemacht, fremdenfeindliche und rechts motivierte Gewalttaten in und um Cottbus zu dokumentieren und die politischen Entscheidungsträger zum Handeln zu bewegen sowie die Cottbuserinnen und Cottbuser zu sensibilisieren.
Zur Novemberkonferenz der JU FFO
Die Junge Union veranstaltet heute in Frankfurt ihre sogenannte Novemberkonferenz zum Thema Linksextremismus. Der Begriff und seine Verwendung sind wegen der ihn begleitenden politischen Implikationen schwierig und umstritten. Er hat keine exakte Definition und ist weitgehend Auslegungssache. Wer gesellschaftliche Missstände oder das Handeln der Regierung kritisiert, kann als linksextrem eingestuft und ausgegrenzt werden. Kritisches Denken und emanzipatorische Theorien drohen dadurch delegimiert zu werden. Die politische Funktion des Extremismusbegriffes ist die Aufrechterhaltung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Ihre Vertreter nehmen die Gesellschaft als gegeben und gut an, die mit Hilfe des Begriffes konstruierte Mitte scheint ihnen moralisch und ethisch per Definition über jeden Zweifel erhaben zu sein. Dass eine solche, die bestehenden Verhältnisse unkritisch abnickende Theorie unweigerlich mit der Wirklichkeit in Konflikt gerät, ist wenig verwunderlich. Untersuchungen wie etwa die seit 2002 laufende Studie “Rechtsextremismus der Mitte“ von Decker, Kiess und Brähler zeigen deutlich, wie weit verbreitet zum Beispiel rechtsradikales, rassistisches und völkisches Denken in Deutschland ist. Solche Einstellungen als Randphänomene zu beschreiben, geht an der gesellschaftlichen Realität vorbei. Das Erstarken von Pegida oder AFD macht deutlich, dass diese Einstellungen zunehmend auch eine Entsprechung in radikalen politischen Organisationen finden. Dafür sind auch die großen politischen Parteien der Mitte verantwortlich: etwa durch eine ungerechte Sozialpolitik via Hartz 4 Reformen, drastische Einschränkungen des Asylrechts und eine mangelhafte Aufklärungsbereitschaft nach den Morden der rechten Terrorgruppe NSU.
Durch die Verwendung des Begriffs Extremismus werden rechte und linke Theorie und Praxis weitgehend gleichgesetzt, wobei offensichtliche Unterschiede ausgeblendet und verleugnet werden, um daraus politisch Kapital zu schlagen. Während linke Bewegungen universalistisch sind und die Befreiungen aller Menschen von Zwang, Unrecht und Ausbeutung zum Ziel haben, setzen rechte auf Abgrenzung und eine Politik des Unterschieds. Für gesellschaftliche Verwerfungen werden von linken Organisationen strukturelle Ursachen wie ein unsolidarisches und ungerechtes Wirtschaftssystem, Unterdrückungsverhältnisse wie Rassismus und Sexismus verantwortlich gemacht. Rechte Bewegungen präsentieren gern Sündenböcke: Wahlweise sind Ausländer, Juden oder „die Politiker“ schuld. Wer solche grundlegenden Unterschiede in den Politikansätzen und der Theorie von links und rechts leugnet, spielt, bewusst oder unbewusst, dem Aufstieg der radikalen Rechten in Deutschland und Europa in die Karten und stellt sich in die Tradition antikommunistischer Agitation. Diese diente historisch zur Ausgrenzung politischer Bewegungen, die den Kapitalismus als ungerecht begriffen und ein solidarisches Wirtschaftssystem und eine auf Solidarität basierende Gesellschaft anstrebten. Der Antikommunismus war wesentlicher Bestandteil der faschistischen Bewegungen etwa in Deutschland, Italien und Spanien. Oftmals war er antisemitisch geprägt, weil hinter der kommunistischen Bewegung angeblich eine jüdische Verschwörung steckte. Auch heute hat er die Funktion, gesellschaftliche Bewegungen zu diskreditieren, die Kritik am bestehenden wirtschaftlichen und politischen System äußern. Bei der derzeitigen Lage der Welt, die von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Krisen gekennzeichnet ist, sind grundsätzliche Kritik und das Nachdenken über gesellschaftliche Alternativen allerdings dringend erforderlich. Wer sich einem solchen notwendigen Dialog durch die Ausgrenzung als linksextremistisch verleumdneter Ansichten verschließt, wird nur die Option haben sich weiter in der Affirmation des Bestehenden zu üben und die Augen vor den drängenden Fragen der Gegenwart zu verschließen.
„Ich glaube, ich bin vor dem Verdacht geschützt, ein Vorkämpfer des Kommunismus zu sein. Trotzdem kann ich nicht umhin, in dem Schrecken der bürgerlichen Welt vor dem Kommunismus, diesem Schrecken, von dem der Faschismus so lange gelebt hat, etwas Abergläubisches und Kindisches zu sehen, die Grundtorheit unserer Epoche. Der Kommunismus ist als Vision viel älter als der Marxismus und enthält auch wieder Elemente, die erst einer Zukunftswelt angehören. […] Der Zukunft aber gehört er insofern an, als die Welt die nach uns kommt, in der unsere Kinder und Enkel leben werden, und die langsam ihre Umrisse zu enthüllen beginnt, schwerlich ohne kommunistische Züge vorzustellen ist, das heißt, ohne die Grundidee des gemeinsamen Besitz- und Genußrechts an den Gütern der Erde, ohne fortschreitende Einebnung der Klassenunterschiede, ohne des Recht auf Arbeit und die Pflicht zur Arbeit für alle.“
Quelle:
Thomas Mann, Eine Materialsammlung für Festveranstaltungen zum 80. Geburtstag des Dichters, Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, Berlin, 1955, S.103. Aus: DER ANTIBOLSCHEWISMUS – DIE GRUNDTORHEIT UNSERER EPOCHE. (1946)
Wie auch du zum Linksextremisten/ Linksextremistin werden kannst (Quelle: www.verfassungsschutz.de):
— du hast einen Hang zur Gerechtigkeit
— du willst die Umwelt schützen
— du meinst nicht, dass die Reichen immer reicher und die Armen noch ärmer werden sollten
— du bist gegen Ausbeutung und Ungleichheit
— du glaubst, dass Sexismus und Homophobie ungerecht sind
— du engagierst dich gegen Nazis
— du engagierst dich im Tierschutz
Danke für dein Interesse sagt der Rotkehlchen e.V. Brandenburg /AG für kritisches Denken und linksextrem-is-Muss.
Da unsere Termine-Seite noch immer nicht geht, geben wir hier mal einen Überblick über die nächsten Veranstaltungen im Horte-Strausberg (Peter-Göring-Straße 25) :
Wann: 11.11. ab 11 Uhr
Was: Tagesworkshop zum Thema Verschwörungstheorien. Zusammen mit einem_r Referent_in wollen wir uns Wissen und Gegenstrategien zur verschiedene kruden Theorien erabreiten.
Wann: 15.11. ab 18.30 Uhr
Was: Infoveranstaltung vom NSU-Watch Brandenburg. Hintergründe über die Verstrickungen und Kontakte vom NSU in Brandenburg und Einblicke in die aktuelle Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschusses.
Wann: 26.11. ab 20 uhr
Was: Karaoke-Party
Wann: 09.12. ab 11 Uhr
Was: Seminartag zu Antifa und Männlichkeit. Zusammen mit einem Referenten wollen wir uns Erarbeiten was Männlichkeit ausmacht, wie Antifa-Politik mit Männlichkeit assoziiert ist, was daran problematisch ist und wir wie dem Begegnen können, um emanzipatorische und antifaschistische Politik zu vereinen.
Die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Ruppin und das Aktionsbündnis Neuruppin bleibt bunt laden zur Ausstellung “Synagogen in Brandenburg. Eine Spurensuche” ein.
In den heutigen Grenzen Brandenburgs (inklusive den Grenzstädten Frankfurt/S?ubice, Küstrin/Kostrzyn und Guben/Gubin) gab es bis in die 1930er Jahre in zahlreichen Städten und Gemeinden Synagogen, die vom einstigen religiösen jüdischen Leben zeugen. Fand der Gottesdienst seit dem Mittelalter meist in privaten Betstuben statt, dokumentieren seit Mitte des 19. Jahrhunderts stattliche Synagogenbauten die zunehmende Akzeptanz der jüdischen Minorität in der christlichen Mehrheitsgesellschaft. Dies wurde auch topografisch sichtbar, denn die Synagogenstandorte rückten seit dem Mittelalter immer näher in die Ortsmitte und damit in Sichtweite der christlichen Kirchen.
Ein Großteil der jüdischen Gotteshäuser wurde während des Novemberpogroms 1938 in Brand gesteckt oder, sofern sie unmittelbar an Nachbarhäuser grenzten, derart zerstört, dass sie ihrer Funktion als Versammlungs‑, Lern- und Gebetsstätte beraubt waren. Dies war seit 1933 ein weiterer Schritt zur systematischen Verfemung und Vertreibung der Juden und der Zerstörung von Zeugnissen jüdischer Kultur und Religion – nicht allein in Brandenburg.
Nach der Teilung Deutschlands tat die politische Führung der DDR ein Übriges, die ehemaligen Stätten jüdischen Gemeindelebens der Vergessenheit anheim zu geben und damit einer kollektiven Erinnerung zu entziehen. Nur langsam und längst nicht an allen Orten wurde des einstigen jüdischen Lebens erinnert. Bis heute sind in manchen Orten jene Spuren fast vollständig verwischt, an anderen hingegen wieder – dank engagierter Bürger – sichtbar gemacht. In der Ausstellung Synagogen in Brandenburg. Spurensuche werden 46 Orte mit ehemaligen und heutigen Synagogen vorgestellt. (Text: MMZ)
Am 9. November 1938 wurden in der Reichsprogromnacht zahlreiche Synagogen und andere jüdische Einrichtungen zerstört. Die Erinnerung daran soll nicht in Vergessenheit geraten. In der Neuruppiner Klosterkirche zeigt eine Ausstellung die ehemaligen Standorte aller Synagogen in Brandenburg, darunter auch 5 aus dem heutigen Kreis OPR: Kyritz, Lindow, Neuruppin, Wittstock und Wusterhausen.
Wir danken dem Moses Mendelssohn Zentrum und der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Ruppin für die Hilfe bei der Realisierung der Ausstellung.
http://www.neuruppin-bleibt-bunt.de/synagogen-in-brandenburg-eine-spurensuche/
http://www.mmz-potsdam.de/willkommen.html http://www.kirchenkreis-wittstock-ruppin.de/ruppin.html
Synagogen in Brandenburg. Eine Spurensuche Ausstellung in der Klosterkirche in Neuruppin, 9. November bis 1. Dezember 2017
Ausstellungseröffnung: Donnerstag, 9. November 2017, 18:30 Uhr. Zur Eröffnung spricht die Kuratorin der Ausstellung, Frau Dr. Elke-Vera Kotowski (Moses Mendelssohn Zentrum) Anschließend ab 20 Uhr präsentiert die Evangelische Kirchengemeinde unter der Leitung von Matthias Noack mit dem „Ensemble 5Klang“ ein Programm mit jiddischer Musik und Geschichten aus der verschwundenen Welt der Shtetl Galiziens: “Amol is geven a shtetl…”
Öffnungszeiten der Klosterkirche: Freitag, Samstag, Sonntag jeweils 12 bis 16 Uhr
Auch in diesem Jahr wollen wir am 9.11. an die Novemberrevolution 1918 erinnern und den Opfern der Reichspogromnacht 1938 gedenken. Gerade in Zeiten, in denen Neonazis wieder in den Bundestag einziehen und massive faschistische Gewalt weiterhin Menschen bedroht, dürfen wir nicht vergessen. Wir tragen Verantwortung für das, was hier und jetzt passiert! Kommt mit uns am 9. November 2017 um 19:00 Uhr zum Platz der Einheit an das Mahnmal für die Opfer des Faschismus!
Erinnern heißt kämpfen!
Bald ist es soweit – der Turmbau zu Bab…äh Potsdam soll beginnen. Dies wollen wir nicht unkommentiert geschehen lassen.
Die Garnisonkirche wurde vom Soldatenkönig „Friedrich Wilhelm I.“ in Auftrag gegeben und am 17.August 1732 eingeweiht. Im Laufe der Jahre wurden hier Soldaten für den Krieg geehrt und Trophäen, die während der Kriege erobert wurden, ausgestellt.
Es war ein Symbol preußischer Herrschaft. Während die Menschen damals unter erbärmlichsten Bedinungen leben mussten, oft hungerten und für militärische Abenteuer ihrer despotischen Herrschenden in die Armee geprügelt wurden, ließen sich die Monarchen prunkvolle Paläste und eben auch Kirchen in der Residenzstadt Potsdam erbauen.
Zur Zeit der Weimarer Republik wurde die Kirche aufgrund ihrer militaristischen preußisch-deutschen Ausrichtung häufig von Nationalisten und ihren Wehrverbänden für ihre Aktivitäten genutzt, bis der Tag von Potsdam die rechte Aufladung der Kirche auf die Spitze trieb. Hitler wählte die Garnisonkirche aus, um hier am 21.3.1933 seine Machtübernahme zu inszenieren. Auch die sogenannten Widerstandskämpfer und Hitlerattentäter vom 20. Juli 1944 trafen sich in der Garnisonkirche. Diese heute als Beispiele des Antifaschismus verehrten Christen der Garnisonkirche haben den Überfall auf die Sowjetunion geplant und durchgeführt. Sie beteiligten sich am Massenmord, der Mithilfe der Wehrmacht in ganz Europa organisiert wurde oder duldeten diesen zumindest. Erst als sich eine militärische Niederlage abzeichnete, wollten sie Hitler beseitigen. Eher ein Beispiel für Mitläufertum und moralischer Beliebigkeit, insofern aber ganz passend für die Geschichte dieser Kirche, denn genau das wurde in ihr gepredigt.
Somit wurde die Garnisonkirche für alle progressiven Kräfte zum Symbol für Militarismus, Preußentum und Nationalsozialismus. Wie kaum ein anderer Ort in Potsdam verdeutlichte es die Tradition alles Reaktionären. Es ist ein Skandal, diese wieder aufzubauen, nachdem sie vom Krieg zerstört und die Ruine zu DDR-Zeiten gesprengt wurde. In Deutschland – dem Land der Täter_innen – dieses Symbol wieder zu errichten, welches mit seinem 88 Meter hohem Turm das neue „Wahrzeichen von Potsdam“ werden und als „Versöhnungszentrum“ fungieren soll, ist eine eindeutiges Zeichen städtebaulicher Revision. Die Geschichte – vor allem die der Nazizeit – hat in Potsdam Baulücken hinterlassen. Ein deutliches Ergebnis der deutschen Täterschaft!
Nun soll also versöhnt werden. Mit was eigentlich? Mit der Nazi-Vergangenheit? Mit dem alten Preußen? Mit der Verquickung von Staat und Kirche? Nein, danke! Wie geschichtsvergessen und naiv müssen die Menschen sein, die solch ein Gebäude, dass ja nicht mehr steht, als Symbol von Versöhnung wieder aufzubauen. Da könnte ja auch ein Schlachthaus als Symbol für Tierrechte stehen oder eine königliches Schloss als Symbol der parlamentarischen Demokratie, zumindest letztes hat Potsdam ja bereits.
Auch ein weiteres Narrativ dieser Versöhnung, Nationalsozialismus und DDR in einen Topf zu werfen, lehnen wir strikt ab. Wir finden auch die Geschichte der DDR sehr bedenklich und erinnerungswürdig. Diese aber quasi gleich zu setzen mit der systematischen Ermordung von mehr als 6 Millionen Jüd_innen und anderen erklärten Feind_innen der Barbarei relativiert die Schande der Nazis. Von der Stiftung Garnisonkirche wird die Sprengung der Kirche durch die DDR viel stärker thematisiert als die Machtübernahme Hitlers, was völlig unverhältnismäßig ist und von einem katastrophalen Geschichtsverständnis zeugt. Die Kirche wieder aufzubauen und sie „Friedens- und Versöhnungszentrum“ zu nennen, ist reiner Hohn.
Gerade in Zeiten, in denen sich große Teile der Bevölkerung offen für rechte bis rechtsextreme Hetze zeigen, darf ein Ort wie dieser unter keinen Umständen wieder errichtet werden. Es ist eine Schande für Potsdam!
Das Argument, es sei ja „schön, altes wieder neu aufzubauen“, ist angesichts der historischen Ereignisse mehr als lächerlich und unverantwortungsvoll. Besonders, wenn wenige Reiche behaupten, Potsdam lebe davon, dass es schön sei, zeigt, wie wenig sie die (soziale) Realität dieser Stadt kennen. Die Umgestaltung Potsdams zu einem preußischen Disneyland, in dem bezahlbarer Wohnraum wenn überhaupt am Stadtrand noch möglich ist, hat nichts mit sozialer Stadtpolitik zu tun. Der Abriss der Fachhochschule, die auch ein historisches Gebäude ist und einen öffentlichen Raum für Kunst, Kultur, Sport und Politik in der Innenstadt darstellen könnte, ist ein weiteres Beispiel der verklärten Stadtpolitik, die völlig an den Bedürfnissen der meisten Bewohner_innen vorbei geht.
Der Bund beiteiligt sich mittlerweile am Wiederaufbau, Bundespräsident Steinmeier ist Schirmherr des Projekts. Es ist also anscheinend von nationaler Bedeutung, dieses Schandmal der deutschen Geschichte wieder neu aufzubauen.
Es gibt noch nicht mal Erinnerungsstätten für alle deutschen Vernichtungslager in Osteuropa. Dem wird offensichtlich nicht die gleiche nationale Bedeutung beigemessen. Während sich diese Garnisonkirche nämlich dank ihrer protzenden Schönheit wunderbar ins kitschige Stadtbild einfügt, sind die Orte der Verbrechen wirkliche Stachel der Erinnerung. Wer Preußens Glanz und Gloria wieder aufbaut, will aber nicht erinnern, sondern umdeuten.
Willkommen in der deutschen Realität!
AfD-Seminar mit Neonazi-Referent
INFORIOT Dank ihrer Wahlerfolge wird die Bundes-AfD bald eine parteinahe Stiftung einrichten und dafür Staatsgelder in Anspruch nehmen können. Etliche AfD-Leute wollen dabei sein, wenn eine solche, auch finanziell lukrative Stiftung etabliert wird. Dementsprechend gibt es Streit: Gleich drei AfD-Vereine liegen miteinander im Clinch und beanspruchen jeweils den Stiftungsstatus für sich.
AfD-Stiftungsverein mit Räumen in Falkensee
Neben der “Desiderius-Erasmus-Stiftung” gilt insbesondere die “Akademische Erasmusstiftung” mit Adresse in Falkensee als aussichtsreiche Kandidatin. Über die Gründung, die im Juni 2017 in Berlin erfolgte, informierte die Stiftung, die als Sitz Potsdam angibt, erst im September. Vorstandsvorsitzende ist Victoria Tuschik, Justiziarin der AfD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt. Als Schatzmeister fungiert der brandenburgische AfD-Landstagsabgeordnete Rainer van Raemdonck. Als brandenburgische Vorstandsbeisitzer werden der AfD-Landtagsabgeordnete Thomas Jung sowie Lena Duggen genannt.

Eine “Erasmus-Stiftung Brandenburg”, offenkundig als Untergliederung konzipiert, gründete sich bereits im Juli 2017. Hier ist van Raemdonck Vorstandsvorsitzender. Als Anschrift dient dieselbe Adresse in Falkensee wie die der bundesweiten “Akademischen Erasmusstiftung” — bei Google wird diese Adresse als Ferienwohnung von van Raemdonck ausgewiesen. Ehrenvorsitzender ist Konrad Adam. Verschiedene brandenburgische AfD-PolitikerInnen haben weitere Funktionen inne: Lena Duggen ist “Generalsekretärin”, stellvertretende Vorsitzende sind Franz Wiese und Detlev Frye.

Extremismusexperten und liberale Geister
Die Stiftung will entsprechend der eigenen Überzeugungen auf die politische Bildung in Brandenburg Einfluss nehmen — man sei “liberal und konservative”. Über den Stiftungs-Namensgeber wird geschrieben: “Erasmus war ein Gegner von Dogmen und ein Anwalt der Freiheit. Er war ein Mann, der in wirren Zeiten einen klaren Kopf behielt; den brauchen wir auch.”
An der Stiftungsadresse in Falkensee soll offenbar Infrastruktur aufgebaut werden. Derzeit wird dort ein “Geschäftsstellenmanager” in Vollzeit gesucht. Auch “Referenten auf Honorarbasis” sollen sich melden. Als mögliche Themenfelder werden beispielsweise vorgeschlagen: “Islam (Gefahr für die Nicht-Islamischen-Länder), Koransuren, Scharia in Deutschland u.a.)” sowie “Extremismus in Brandenburg”.


Einige Veranstaltungen hat die brandenburgische AfD-Stiftung bereits realisiert. Der “Linksextremismus- und Islamexperte Steffen Kotre” — mittlerweile über die Brandenburger Landesliste gewählter Bundestagsabgeordneter — referierte am 20. April über das Thema “Gehört der Islam zu Deutschland”. Bei einer Fachtagung beleuchtete ein James Edward Gay unter dem Motto “Great Again” den “Einfluss von Donald Trump auf die Politik in Brandenburg”. Bei einem “Human Rights Congress” Anfang Oktober sprach dann der emeritierte Staatsrechtler und neurechte Aktivist Karl Albrecht Schachtschneider — ein Intimus der rechtsradikalen Publizisten Götz Kubitschek und Jürgen Elsässer und gewohnheitsmäßiger Einreicher von Verfassungsbeschwerden. Über die Veranstaltung wurde auf der Internetseite der Bundesstiftung berichtet und als Austragungsort das “Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte” in Potsdam benannt.
Seminar mit rechtsextremem Referenten
Besonders eine Veranstaltung vom 21. September illustriert, mit welchen “liberalen und konservativen” Inhalten bei einer AfD-Stiftung zu rechnen ist. In den Räumen der Stiftung in Falkensee hielt der Diplompolitologe Michael Schäfer ein Seminar über “Wahlrecht in Deutschland (Wahlbeobachtung)” ab. Der gleiche Referent redete zum Thema Wahlbeobachtung genau in diesem Zeitraum bei mehreren Veranstaltungen für eine entsprechende Kampagne der rechtsradikalen Organisation “EinProzent”. Grundgedanke war das Hirngespinst, das bei den Bundestagswahlen mit einem massiven, von oben gestreuerten Wahlbetrug zuungunsten der AfD zu rechnen sei.


Zur AfD und ihrer Parteistiftung mag deren Referent Michael Schäfer passen, es darf aber getrost infrage gestellt werden, dass er ein liberaler Geist und ein “Anwalt der Freiheit” ist: Der Mann war bis vor kurzem knallharter Neonazi und ist weiterhin in rechtsextremen Kreisen unterwegs. 2015 teilte er mit, kein Mitglied einer politischen Partei mehr zu sein. Vorher war er langjähriger Funktionär der NPD und unter anderem von 2007 bis 2012 Bundesvorsitzender der besonders militanten NPD-Jugendorganisation “Junge Nationaldemokraten”. Noch im April 2017 besuchte er einen Faschistenkongress in Italien.
Die Kanzlei von MAIK BUNZEL, einem jungen Rechtsanwalt, befindet sich im brandenburgischen Cottbus. Auf einer Homepage wird für seine Expertise im Straf- und Verkehrsrecht geworben. In einem kurz gefassten Lebenslauf wird unter anderem auf seine einjährige Tätigkeit als Richter am Amtsgericht im oberfränkischen Lichtenfels hingewiesen. Wie konnte es dazu kommen, dass ein Neonazi ein Jahr lang ungestört als Richter in Oberfranken arbeitete?
Ein bayerischer Richter mit Rechtsrock-Vergangenheit und guten Kontakten zur Neonazi-Szene
MAIK BUNZEL verlegte im Oktober 2013 seinen Erstwohnsitz nach Bayern, und zwar ins oberfränkische Mainleus. Von da an arbeitete er als Amtsrichter in Lichtenfels, zuständig vor allem für Zivilstreitigkeiten. Am 26. Februar 2014 teilte der brandenburgische Verfassungsschutz, der den Umzug BUNZELS offensichtlich registriert hatte, dem bayerischen Verfassungsschutz seine Erkenntnisse über die extrem rechte Karriere des Mannes mit. Die bayerische Polizei wurde seitens des Polizeipräsidiums Eberswalde ebenfalls entsprechend informiert. BUNZEL landete somit in den entsprechenden Staatsschutz-Dateien.
In der geheimdienstlichen „Erkenntnismitteilung“ aus Brandenburg wurden BUNZELS Aktivitäten in der extrem rechten Szene beschrieben: Seine Mitgliedschaft in der mittlerweile verbotenen neonazistischen WIDERSTANDSBEWEGUNG SÜDBRANDENBURG, seine „Kontakte in die nationale und internationale rechtsextreme Szene“. Mit seiner Band HASSGESANG war er auf verschiedenen neonazistischen Schulhof-CDs vertreten gewesen. Entsprechende extrem rechte Tonträger seien im Juni 2007 in Wunsiedel sowie in Cham, im September 2009 in Kronach sowie im Februar 2013 in Hösbach verteilt worden.
In Brandenburg war die Nazi-Band HASSGESANG mit ihrem Frontmann MAIK BUNZEL den Behörden wohl bekannt. Entsprechende Einträge finden sich in den dortigen Verfassungsschutz-Berichten von 2006 bis 2013. Gegen „den Urheber“ der Hassgesang-CD „Bis zum letzten Tropfen Blut“ ist im Jahr 2008 ein Urteil des Amtsgerichts Cottbus wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten und Volksverhetzung in Höhe einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen ergangen. Dazu passt: Noch im Jahr 2013 wurde die „Hassgesang“-CD „Generation, die sich wehrt“ in den Teil A der Indizierungs-Liste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien aufgenommen.
Der bayerische Verfassungsschutz fand nichts heraus, obwohl der volle Name seit Oktober 2013 im Internet stand
Von einem Jurastudium und einer entsprechenden Karriere BUNZELS im Justizsektor war in der „Erkenntnismitteilung“ aus Brandenburg angeblich nicht die Rede. Der bayerische Innengeheimdienst habe nun nach neonazistischen Aktivitäten BUNZELS in Bayern recherchiert, habe jedoch nichts gefunden, so der bayerische Innenminister Herrmann.
Im Juni 2014 half dann der Zufall: BUNZEL wurde als Zeuge zu einem Diebstahl in einem Fitnessstudio vernommen. Hierbei habe er seinen Beruf – Richter – genannt. Der polizeiliche Staatsschutz brauchte jedoch trotz einer Trefferanzeige im polizeiinternen Datensystem noch weitere drei Monate, bis die Erkenntnis reifte, dass es sich bei BUNZEL um einen Mann mit neonazistischer Vorgeschichte im Richteramt handelte. Die Folgen – der freiwillige Rücktritt des rechten Richters und die Entlassung im Oktober 2014 – sind bekannt.
Pikant ist, dass der volle Name von MAIK BUNZEL in Kombination mit seiner Tätigkeit als Richter seit dem 30. Oktober 2013 im Internet stand. Laut MdL Ulrike Gote habe BUNZEL während seiner Zeit als Amtsrichter zudem unter seinem Namen eine Facebook-Seite für seine Nazi-Band HASSGESANG betrieben. Eine simple Internet-Recherche hätte also genügt, um Neonazi BUNZEL und Richter BUNZEL zu kombinieren.
Epilog: Die weitere Karriere des Rechts-Anwalts
Auf der Facebook-Seite der Brandenburger Rechtsanwalts-Kanzlei BUNZELS findet man neben Beiträgen zu verschiedenen Rechtsfragen einen lobenden Kommentar von PHILIPP HASSELBACH: „Danke für diese gute Zusammenfassung“. HASSELBACH ist seit langem aktiver Neonazi. Am 7. August 2016 teilte BUNZEL einen Facebook-Beitrag der Rechtsanwaltskanzlei STEFFEN W. HAMMER („Bundesgerichtshof hebt Urteil des Landgerichts Stuttgart im AN Göppingen-Verfahren auf“). Die
AUTONOMEN NATIONALISTEN GÖPPINGEN sind Neonazis. Anwalt STEFFEN HAMMER war Leadsänger der Rechtsrock-Band NOIE WERTE, deren Songs eine frühe Version der Bekenner-CD des NATIONALSOZIALISTISCHEN UNTERGRUNDES untermalten. Er gilt als Szene-Anwalt.
Neben der Niederlassung in seiner Cottbuser Kanzlei bemühte sich BUNZEL auch um einen guten Abschluss seiner akademischen Karriere. Dies gelang schließlich mit der Promotion an der Universität Greifswald. Der dortige Jura-Professor RALPH WEBER hatte offensichtlich trotz öffentlicher Proteste kein Problem mit seinem Zögling, sitzt seit September 2016 für die AFD im mecklenburgvorpommerschen Landesparlament und gilt selbst innerhalb dieser Partei als Rechtsaußen.
Wie wird die berufliche Laufbahn BUNZELS nach seiner vergleichsweise ungestörten Zeit in Bayern weitergehen? Einiges deutet auf eine Karriere als Szene-Anwalt hin: BUNZEL landete erneut in den Schlagzeilen, als er einen der Stammverteidiger des Neonazis RALF WOHLLEBEN im Münchner NSUProzess
vertrat. Zudem war er zeitweise als Vertretung im so genannten Ballstädt-Prozess tätig, in dem gegen vierzehn Männer und eine Frau aus der rechten Szene verhandelt wurde, die im Februar 2014 eine Kirmesgesellschaft u?berfallen und dabei zehn Menschen zum Teil schwer verletzt haben sollen.
Der Artikel erschien 2017 in der Broschüre “Braune Soße aus Nordbayern”. Bestellungen können an argument e.V. gerichtet werden.
Am Dienstag, den 10.10.2017, gegen 10 Uhr wurden zwei somalische Männer mit dunkler Hautfarbe am Bahnhof Eberswalde auf dem Bahnsteig von zwei Polizist*innen ohne ersichtlichen Anlass kontrolliert, neben ihnen laufende Menschen mit “weißer” Hautfarbe wurden nicht kontrolliert.
Die beiden Betroffenen wurden von den Polizist*innen unfreundlich, herablassend und aggressiv behandelt. Sie mussten sich ausweisen, wurden abgetastet, ihre Taschen und Rucksäcke wurden durchsucht und sie wurden mit einer Videokamera gefilmt. Obwohl die Betroffenen nach dem Grund für die Kontrollen fragten, gaben die Polizist*innen darauf keine Antwort.
Mit „Racial Profiling“ wird die Methode bezeichnet, das Erscheinungsbild – also etwa Hautfarbe oder Gesichtszüge – einer Person als Entscheidungsgrundlage für polizeiliche Maßnahmen wie Personenkontrollen, Ermittlungen und Überwachungen heranzuziehen. Rechtlich dürfen Verdachtsmomente nur auf das Verhalten von Personen und auf objektive Beweise, nicht aber auf ihr Erscheinungsbild gestützt
werden. Im Jahr 2012 stufte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz “Racial Profiling” als illegal ein, weil es gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes verstoße.
Die „Initiative Barnim für alle“ fordert die Polizei auf, die diskriminierende Methode des „Racial Profiling“ in Zukunft nicht mehr anzuwenden. Außerdem sollte sich die Polizeileitung bei den Betroffenen für die erniedrigende Behandlung entschuldigen.