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(Anti-)Rassismus Bildung & Kultur

Geteilte Geschichte?! – Anregungen aus postkolonialer Perspektive

Die Geschichte des deutschen Kolo­nial­is­mus in Afri­ka wurde über viele Jahrzehnte hin­weg ignori­ert, ver­drängt und ver­schwiegen. Heute fordern die Nach­fahren der Kolonisierten zunehmend Gehör für ihre eige­nen Per­spek­tiv­en und den kri­tis­chen Dia­log über die Auswirkun­gen des Kolo­nial­is­mus ein. Am Beispiel der Debat­ten um Straßen­na­men, um das Hum­boldt­fo­rum in Berlin, um ger­aubte rit­uelle Objek­te und men­schliche Gebeine z.B. aus Tansa­nia und Namib­ia wird deut­lich, wie nah uns die „alten Geschicht­en“ sind. Her­zliche Ein­ladung zum Nach- und Vordenken!
Barn­im Kam­pagne „Light me Amadeu“
Evan­ge­lis­che Jugen­dar­beit Barnim
Sam­stag, 18. Nov., 19 Uhr
Mar­tin-Luther-Saal, Kirch­straße 7, Eberswalde

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Antifaschismus

Rechtsrockkonzert in Cottbus

Am Sam­stag den 21.10.17 kam es im Merz­dor­fer Weg 32 in Cot­tbus, dem inof­fiziellen Haup­tquarti­er der Cot­tbusser Hooli­gan-Grup­pierung „Colec­ti­vo Bian­co Rosso“ zu einem Recht­srock­konz­ert anlässlich ihres 15. Jubiläums. Ein Auftritt zweier Mit­glieder der Recht­srock­band „Frontalkraft“ lock­te über hun­dert Per­so­n­en aus dem gesamten Bundesgebiet.
Bish­er von der Cot­tbuser Öffentlichkeit weit­ge­hend unbe­merkt, organ­isierte die Ultra-Grup­pierung „Col­lec­ti­vo Bian­co Rosso“ (CBR) zum 15. Jahrestag ihrer Grün­dung ein Konz­ert in ihrem Stamm­sitz; mit dabei: Gitar­rist und Sänger von „Frontalkraft“. Wie aus dem Umfeld von CBR mit­geteilt wurde, kamen etwa 150 „Fre­unde“ der Ultra-Grup­pierung nach Merz­dorf – unter anderem aus Stuttgart und Nürnberg.
Frontalkraft ist die älteste noch aktive Neon­azi-Band und hat auch inter­na­tion­al einen hohen Bekan­ntheits­grad erre­icht. So trat die Band auch bei „Rock gegen Über­frem­dung“ im thüringis­chen The­mar im Juli 2017 auf, dem bis heute größten Recht­sex­tremenkonz­ert der Nachkriegs­geschichte. Ihre Texte enthal­ten unver­hüllte nation­al­sozial­is­tis­ches Gedankengut wie z.B. in fol­gen­den Zeilen: „Dein Glied der Ahnen­kette, weißt Du, wann sie begann? Sei Hitler stets gehor­sam, und Du hast recht getan! Sei Hitler stets gehor­sam, und Du hast recht getan!“ (Frontalkraft: Goden-Hymne)
Seit ihrer Grün­dung im Jahr 2002 fällt CBR immer wieder mit anti­semi­tis­chen, ras­sis­tis­chen, neon­azis­tis­chen und sex­is­tis­chen Fangesän­gen, Videos und Stick­er­ak­tio­nen auf. Dass sie nun ihr fün­fzehn­jähriges Beste­hen auf diese Weise unbe­hel­ligt und unbe­merkt von der Cot­tbuser Öffentlichkeit feiern kon­nten, sollte aufhorchen lassen.
„Cot­tbus schaut hin“ ist eine Gruppe von Men­schen, welche sich für ein gewalt­freies und tol­er­antes Cot­tbus ein­set­zen. Wir haben es uns als Ini­tia­tive zur Auf­gabe gemacht, frem­den­feindliche und rechts motivierte Gewalt­tat­en in und um Cot­tbus zu doku­men­tieren und die poli­tis­chen Entschei­dungsträger zum Han­deln zu bewe­gen sowie die Cot­tbuserin­nen und Cot­tbuser zu sensibilisieren.

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Antifaschismus

Zur Novemberkonferenz der JU FFO

Die Junge Union ver­anstal­tet heute in Frank­furt ihre soge­nan­nte Novem­berkon­ferenz zum The­ma Link­sex­trem­is­mus. Der Begriff und seine Ver­wen­dung sind wegen der ihn beglei­t­en­den poli­tis­chen Imp­lika­tio­nen schwierig und umstrit­ten. Er hat keine exak­te Def­i­n­i­tion und ist weit­ge­hend Ausle­gungssache. Wer gesellschaftliche Missstände oder das Han­deln der Regierung kri­tisiert, kann als link­sex­trem eingestuft und aus­ge­gren­zt wer­den. Kri­tis­ches Denken und emanzi­pa­torische The­o­rien dro­hen dadurch delegimiert zu wer­den. Die poli­tis­che Funk­tion des Extrem­is­mus­be­griffes ist die Aufrechter­hal­tung der beste­hen­den gesellschaftlichen Ver­hält­nisse. Ihre Vertreter nehmen die Gesellschaft als gegeben und gut an, die mit Hil­fe des Begriffes kon­stru­ierte Mitte scheint ihnen moralisch und ethisch per Def­i­n­i­tion über jeden Zweifel erhaben zu sein. Dass eine solche, die beste­hen­den Ver­hält­nisse unkri­tisch abnick­ende The­o­rie unweiger­lich mit der Wirk­lichkeit in Kon­flikt gerät, ist wenig ver­wun­der­lich. Unter­suchun­gen wie etwa die seit 2002 laufende Studie “Recht­sex­trem­is­mus der Mitte“ von Deck­er, Kiess und Bräh­ler zeigen deut­lich, wie weit ver­bre­it­et zum Beispiel recht­sradikales, ras­sis­tis­ches und völkisches Denken in Deutsch­land ist. Solche Ein­stel­lun­gen als Rand­phänomene zu beschreiben, geht an der gesellschaftlichen Real­ität vor­bei. Das Erstarken von Pegi­da oder AFD macht deut­lich, dass diese Ein­stel­lun­gen zunehmend auch eine Entsprechung in radikalen poli­tis­chen Organ­i­sa­tio­nen find­en. Dafür sind auch die großen poli­tis­chen Parteien der Mitte ver­ant­wortlich: etwa durch eine ungerechte Sozialpoli­tik via Hartz 4 Refor­men, drastis­che Ein­schränkun­gen des Asyl­rechts und eine man­gel­hafte Aufk­lärungs­bere­itschaft nach den Mor­den der recht­en Ter­ror­gruppe NSU.
Durch die Ver­wen­dung des Begriffs Extrem­is­mus wer­den rechte und linke The­o­rie und Prax­is weit­ge­hend gle­ichge­set­zt, wobei offen­sichtliche Unter­schiede aus­ge­blendet und ver­leugnet wer­den, um daraus poli­tisch Kap­i­tal zu schla­gen. Während linke Bewe­gun­gen uni­ver­sal­is­tisch sind und die Befreiun­gen aller Men­schen von Zwang, Unrecht und Aus­beu­tung zum Ziel haben, set­zen rechte auf Abgren­zung und eine Poli­tik des Unter­schieds. Für gesellschaftliche Ver­w­er­fun­gen wer­den von linken Organ­i­sa­tio­nen struk­turelle Ursachen wie ein unsol­i­darisches und ungerecht­es Wirtschaftssys­tem, Unter­drück­ungsver­hält­nisse wie Ras­sis­mus und Sex­is­mus ver­ant­wortlich gemacht. Rechte Bewe­gun­gen präsen­tieren gern Sün­den­böcke: Wahlweise sind Aus­län­der, Juden oder „die Poli­tik­er“ schuld. Wer solche grundle­gen­den Unter­schiede in den Poli­tikan­sätzen und der The­o­rie von links und rechts leugnet, spielt, bewusst oder unbe­wusst, dem Auf­stieg der radikalen Recht­en in Deutsch­land und Europa in die Karten und stellt sich in die Tra­di­tion antikom­mu­nis­tis­ch­er Agi­ta­tion. Diese diente his­torisch zur Aus­gren­zung poli­tis­ch­er Bewe­gun­gen, die den Kap­i­tal­is­mus als ungerecht begrif­f­en und ein sol­i­darisches Wirtschaftssys­tem und eine auf Sol­i­dar­ität basierende Gesellschaft anstrebten. Der Antikom­mu­nis­mus war wesentlich­er Bestandteil der faschis­tis­chen Bewe­gun­gen etwa in Deutsch­land, Ital­ien und Spanien. Oft­mals war er anti­semi­tisch geprägt, weil hin­ter der kom­mu­nis­tis­chen Bewe­gung ange­blich eine jüdis­che Ver­schwörung steck­te. Auch heute hat er die Funk­tion, gesellschaftliche Bewe­gun­gen zu diskred­i­tieren, die Kri­tik am beste­hen­den wirtschaftlichen und poli­tis­chen Sys­tem äußern. Bei der derzeit­i­gen Lage der Welt, die von wirtschaftlichen, sozialen und ökol­o­gis­chen Krisen gekennze­ich­net ist, sind grund­sät­zliche Kri­tik und das Nach­denken über gesellschaftliche Alter­na­tiv­en allerd­ings drin­gend erforder­lich. Wer sich einem solchen notwendi­gen Dia­log durch die Aus­gren­zung als link­sex­trem­istisch ver­leumd­neter Ansicht­en ver­schließt, wird nur die Option haben sich weit­er in der Affir­ma­tion des Beste­hen­den zu üben und die Augen vor den drän­gen­den Fra­gen der Gegen­wart zu verschließen.

Ich glaube, ich bin vor dem Ver­dacht geschützt, ein Vorkämpfer des Kom­mu­nis­mus zu sein. Trotz­dem kann ich nicht umhin, in dem Schreck­en der bürg­er­lichen Welt vor dem Kom­mu­nis­mus, diesem Schreck­en, von dem der Faschis­mus so lange gelebt hat, etwas Aber­gläu­bis­ches und Kindis­ches zu sehen, die Grund­torheit unser­er Epoche. Der Kom­mu­nis­mus ist als Vision viel älter als der Marx­is­mus und enthält auch wieder Ele­mente, die erst ein­er Zukun­ftswelt ange­hören. […] Der Zukun­ft aber gehört er insofern an, als die Welt die nach uns kommt, in der unsere Kinder und Enkel leben wer­den, und die langsam ihre Umrisse zu enthüllen begin­nt, schw­er­lich ohne kom­mu­nis­tis­che Züge vorzustellen ist, das heißt, ohne die Grun­didee des gemein­samen Besitz- und Genußrechts an den Gütern der Erde, ohne fortschre­i­t­ende Eineb­nung der Klasse­nun­ter­schiede, ohne des Recht auf Arbeit und die Pflicht zur Arbeit für alle.“ 

Quelle:
Thomas Mann, Eine Mate­ri­al­samm­lung für Festver­anstal­tun­gen zum 80. Geburt­stag des Dichters, Kul­tur­bund zur demokratis­chen Erneuerung Deutsch­lands, Berlin, 1955, S.103. Aus: DER ANTIBOLSCHEWISMUSDIE GRUNDTORHEIT UNSERER EPOCHE. (1946)
Wie auch du zum Linksextremisten/ Link­sex­trem­istin wer­den kannst (Quelle: www.verfassungsschutz.de):
— du hast einen Hang zur Gerechtigkeit
— du willst die Umwelt schützen
— du meinst nicht, dass die Reichen immer reich­er und die Armen noch ärmer wer­den sollten
— du bist gegen Aus­beu­tung und Ungleichheit
— du glaub­st, dass Sex­is­mus und Homo­pho­bie ungerecht sind
— du engagierst dich gegen Nazis
— du engagierst dich im Tierschutz
Danke für dein Inter­esse sagt der Rotkehlchen e.V. Bran­den­burg /AG für kri­tis­ches Denken und linksextrem-is-Muss. 

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Antifaschismus Bildung & Kultur

Nächste Termine im Horte

Da unsere Ter­mine-Seite noch immer nicht geht, geben wir hier mal einen Überblick über die näch­sten Ver­anstal­tun­gen im Horte-Straus­berg (Peter-Göring-Straße 25) :
 
Wann: 11.11. ab 11 Uhr
Was: Tageswork­shop zum The­ma Ver­schwörungs­the­o­rien. Zusam­men mit einem_r Referent_in wollen wir uns Wis­sen und Gegen­strate­gien zur ver­schiedene kru­den The­o­rien erabreiten.
 
Wann: 15.11. ab 18.30 Uhr
Was: Infover­anstal­tung vom NSU-Watch Bran­den­burg. Hin­ter­gründe über die Ver­strick­un­gen und Kon­tak­te vom NSU in Bran­den­burg und Ein­blicke in die aktuelle Arbeit des par­la­men­tarischen Untersuchungsausschusses.
 
Wann: 26.11. ab 20 uhr
Was: Karaoke-Party
 
Wann: 09.12. ab 11 Uhr
Was: Sem­i­nartag zu Antifa und Männlichkeit. Zusam­men mit einem Ref­er­enten wollen wir uns Erar­beit­en was Männlichkeit aus­macht, wie Antifa-Poli­tik mit Männlichkeit assozi­iert ist, was daran prob­lema­tisch ist und wir wie dem Begeg­nen kön­nen, um emanzi­pa­torische und antifaschis­tis­che Poli­tik zu vereinen.

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Bildung & Kultur Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Synagogen in Brandenburg. Eine Spurensuche

Die Evan­ge­lis­che Gesamtkirchenge­meinde Rup­pin und das Aktions­bünd­nis Neu­rup­pin bleibt bunt laden zur Ausstel­lung “Syn­a­gogen in Bran­den­burg. Eine Spuren­suche” ein.
http://www.neuruppin-bleibt-bunt.de/wp-content/uploads/2017/10/Ausstellung.png
In den heuti­gen Gren­zen Bran­den­burgs (inklu­sive den Gren­zstädten Frankfurt/S?ubice, Küstrin/Kostrzyn und Guben/Gubin) gab es bis in die 1930er Jahre in zahlre­ichen Städten und Gemein­den Syn­a­gogen, die vom ein­sti­gen religiösen jüdis­chen Leben zeu­gen. Fand der Gottes­di­enst seit dem Mit­te­lal­ter meist in pri­vat­en Bet­stuben statt, doku­men­tieren seit Mitte des 19. Jahrhun­derts stat­tliche Syn­a­gogen­baut­en die zunehmende Akzep­tanz der jüdis­chen Minorität in der christlichen Mehrheits­ge­sellschaft. Dies wurde auch topografisch sicht­bar, denn die Syn­a­gogen­stan­dorte rück­ten seit dem Mit­te­lal­ter immer näher in die Ortsmitte und damit in Sichtweite der christlichen Kirchen.
Ein Großteil der jüdis­chen Gotteshäuser wurde während des Novem­ber­pogroms 1938 in Brand gesteckt oder, sofern sie unmit­tel­bar an Nach­barhäuser gren­zten, der­art zer­stört, dass sie ihrer Funk­tion als Versammlungs‑, Lern- und Gebetsstätte beraubt waren. Dies war seit 1933 ein weit­er­er Schritt zur sys­tem­a­tis­chen Ver­fe­mu­ng und Vertrei­bung der Juden und der Zer­störung von Zeug­nis­sen jüdis­ch­er Kul­tur und Reli­gion – nicht allein in Brandenburg.
Nach der Teilung Deutsch­lands tat die poli­tis­che Führung der DDR ein Übriges, die ehe­ma­li­gen Stät­ten jüdis­chen Gemein­delebens der Vergessen­heit anheim zu geben und damit ein­er kollek­tiv­en Erin­nerung zu entziehen. Nur langsam und längst nicht an allen Orten wurde des ein­sti­gen jüdis­chen Lebens erin­nert. Bis heute sind in manchen Orten jene Spuren fast voll­ständig ver­wis­cht, an anderen hinge­gen wieder – dank engagiert­er Bürg­er – sicht­bar gemacht. In der Ausstel­lung Syn­a­gogen in Bran­den­burg. Spuren­suche wer­den 46 Orte mit ehe­ma­li­gen und heuti­gen Syn­a­gogen vorgestellt. (Text: MMZ)
Am 9. Novem­ber 1938 wur­den in der Reich­sprogrom­nacht zahlre­iche Syn­a­gogen und andere jüdis­che Ein­rich­tun­gen zer­stört. Die Erin­nerung daran soll nicht in Vergessen­heit ger­at­en. In der Neu­rup­pin­er Klosterkirche zeigt eine Ausstel­lung die ehe­ma­li­gen Stan­dorte aller Syn­a­gogen in Bran­den­burg, darunter auch 5 aus dem heuti­gen Kreis OPR: Kyritz, Lin­dow, Neu­rup­pin, Witt­stock und Wusterhausen.
 
Wir danken dem Moses Mendelssohn Zen­trum und der evan­ge­lis­chen Gesamtkirchenge­meinde Rup­pin für die Hil­fe bei der Real­isierung der Ausstellung.
http://www.neuruppin-bleibt-bunt.de/synagogen-in-brandenburg-eine-spurensuche/
http://www.mmz-potsdam.de/willkommen.html http://www.kirchenkreis-wittstock-ruppin.de/ruppin.html
Syn­a­gogen in Bran­den­burg. Eine Spuren­suche Ausstel­lung in der Klosterkirche in Neu­rup­pin, 9. Novem­ber bis 1. Dezem­ber 2017
Ausstel­lungseröff­nung: Don­ner­stag, 9. Novem­ber 2017, 18:30 Uhr. Zur Eröff­nung spricht die Kura­torin der Ausstel­lung, Frau Dr. Elke-Vera Kotows­ki (Moses Mendelssohn Zen­trum) Anschließend ab 20 Uhr präsen­tiert die Evan­ge­lis­che Kirchenge­meinde unter der Leitung von Matthias Noack mit dem „Ensem­ble 5Klang“ ein Pro­gramm mit jid­dis­ch­er Musik und Geschicht­en aus der ver­schwun­de­nen Welt der Shtetl Gal­iziens: “Amol is geven a shtetl…”
Öff­nungszeit­en der Klosterkirche: Fre­itag, Sam­stag, Son­ntag jew­eils 12 bis 16 Uhr

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Gedenken an Reichspogromnacht


Auch in diesem Jahr wollen wir am 9.11. an die Novem­ber­rev­o­lu­tion 1918 erin­nern und den Opfern der Reich­s­pogrom­nacht 1938 gedenken. Ger­ade in Zeit­en, in denen Neon­azis wieder in den Bun­destag einziehen und mas­sive faschis­tis­che Gewalt weit­er­hin Men­schen bedro­ht, dür­fen wir nicht vergessen. Wir tra­gen Ver­ant­wor­tung für das, was hier und jet­zt passiert! Kommt mit uns am 9. Novem­ber 2017 um 19:00 Uhr zum Platz der Ein­heit an das Mah­n­mal für die Opfer des Faschismus!
Erin­nern heißt kämpfen!

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Garnisonkirche Potsdam — ein Ort der Versöhnung?

Bald ist es soweit – der Turm­bau zu Bab…äh Pots­dam soll begin­nen. Dies wollen wir nicht unkom­men­tiert geschehen lassen.
Die Gar­nisonkirche wurde vom Sol­datenkönig „Friedrich Wil­helm I.“ in Auf­trag gegeben und am 17.August 1732 eingewei­ht. Im Laufe der Jahre wur­den hier Sol­dat­en für den Krieg geehrt und Trophäen, die während der Kriege erobert wur­den, ausgestellt.
Es war ein Sym­bol preußis­ch­er Herrschaft. Während die Men­schen damals unter erbärm­lich­sten Bed­i­n­un­gen leben mussten, oft hungerten und für mil­itärische Aben­teuer ihrer despo­tis­chen Herrschen­den in die Armee geprügelt wur­den, ließen sich die Monar­chen prunk­volle Paläste und eben auch Kirchen in der Res­i­den­zs­tadt Pots­dam erbauen.
Zur Zeit der Weimar­er Repub­lik wurde die Kirche auf­grund ihrer mil­i­taris­tis­chen preußisch-deutschen Aus­rich­tung häu­fig von Nation­al­is­ten und ihren Wehrver­bän­den für ihre Aktiv­itäten genutzt, bis der Tag von Pots­dam die rechte Aufladung der Kirche auf die Spitze trieb. Hitler wählte die Gar­nisonkirche aus, um hier am 21.3.1933 seine Machtüber­nahme zu insze­nieren. Auch die soge­nan­nten Wider­stand­skämpfer und Hitler­at­ten­täter vom 20. Juli 1944 trafen sich in der Gar­nisonkirche. Diese heute als Beispiele des Antifaschis­mus verehrten Chris­ten der Gar­nisonkirche haben den Über­fall auf die Sow­je­tu­nion geplant und durchge­führt. Sie beteiligten sich am Massen­mord, der Mith­il­fe der Wehrma­cht in ganz Europa organ­isiert wurde oder dulde­ten diesen zumin­d­est. Erst als sich eine mil­itärische Nieder­lage abze­ich­nete, woll­ten sie Hitler beseit­i­gen. Eher ein Beispiel für Mitläufer­tum und moralis­ch­er Beliebigkeit, insofern aber ganz passend für die Geschichte dieser Kirche, denn genau das wurde in ihr gepredigt.
Somit wurde die Gar­nisonkirche für alle pro­gres­siv­en Kräfte zum Sym­bol für Mil­i­taris­mus, Preußen­tum und Nation­al­sozial­is­mus. Wie kaum ein ander­er Ort in Pots­dam verdeut­lichte es die Tra­di­tion alles Reak­tionären. Es ist ein Skan­dal, diese wieder aufzubauen, nach­dem sie vom Krieg zer­stört und die Ruine zu DDR-Zeit­en gesprengt wurde. In Deutsch­land – dem Land der Täter_innen – dieses Sym­bol wieder zu erricht­en, welch­es mit seinem 88 Meter hohem Turm das neue „Wahrze­ichen von Pots­dam“ wer­den und als „Ver­söh­nungszen­trum“ fungieren soll, ist eine ein­deutiges Zeichen städte­baulich­er Revi­sion. Die Geschichte – vor allem die der Naz­izeit – hat in Pots­dam Baulück­en hin­ter­lassen. Ein deut­lich­es Ergeb­nis der deutschen Täterschaft!
Nun soll also ver­söh­nt wer­den. Mit was eigentlich? Mit der Nazi-Ver­gan­gen­heit? Mit dem alten Preußen? Mit der Verquick­ung von Staat und Kirche? Nein, danke! Wie geschichtsvergessen und naiv müssen die Men­schen sein, die solch ein Gebäude, dass ja nicht mehr ste­ht, als Sym­bol von Ver­söh­nung wieder aufzubauen. Da kön­nte ja auch ein Schlachthaus als Sym­bol für Tier­rechte ste­hen oder eine königlich­es Schloss als Sym­bol der par­la­men­tarischen Demokratie, zumin­d­est let­ztes hat Pots­dam ja bereits.
Auch ein weit­eres Nar­ra­tiv dieser Ver­söh­nung, Nation­al­sozial­is­mus und DDR in einen Topf zu wer­fen, lehnen wir strikt ab. Wir find­en auch die Geschichte der DDR sehr beden­klich und erin­nerungswürdig. Diese aber qua­si gle­ich zu set­zen mit der sys­tem­a­tis­chen Ermor­dung von mehr als 6 Mil­lio­nen Jüd_innen und anderen erk­lärten Feind_innen der Bar­barei rel­a­tiviert die Schande der Nazis. Von der Stiftung Gar­nisonkirche wird die Spren­gung der Kirche durch die DDR viel stärk­er the­ma­tisiert als die Machtüber­nahme Hitlers, was völ­lig unver­hält­nis­mäßig ist und von einem katas­trophalen Geschichtsver­ständ­nis zeugt. Die Kirche wieder aufzubauen und sie „Friedens- und Ver­söh­nungszen­trum“ zu nen­nen, ist rein­er Hohn.
Ger­ade in Zeit­en, in denen sich große Teile der Bevölkerung offen für rechte bis recht­sex­treme Het­ze zeigen, darf ein Ort wie dieser unter keinen Umstän­den wieder errichtet wer­den. Es ist eine Schande für Potsdam!
Das Argu­ment, es sei ja „schön, altes wieder neu aufzubauen“, ist angesichts der his­torischen Ereignisse mehr als lächer­lich und unver­ant­wor­tungsvoll. Beson­ders, wenn wenige Reiche behaupten, Pots­dam lebe davon, dass es schön sei, zeigt, wie wenig sie die (soziale) Real­ität dieser Stadt ken­nen. Die Umgestal­tung Pots­dams zu einem preußis­chen Dis­ney­land, in dem bezahlbar­er Wohn­raum wenn über­haupt am Stad­trand noch möglich ist, hat nichts mit sozialer Stadt­poli­tik zu tun. Der Abriss der Fach­hochschule, die auch ein his­torisches Gebäude ist und einen öffentlichen Raum für Kun­st, Kul­tur, Sport und Poli­tik in der Innen­stadt darstellen kön­nte, ist ein weit­eres Beispiel der verk­lärten Stadt­poli­tik, die völ­lig an den Bedürfnis­sen der meis­ten Bewohner_innen vor­bei geht.
Der Bund beit­eiligt sich mit­tler­weile am Wieder­auf­bau, Bun­de­spräsi­dent Stein­meier ist Schirmherr des Pro­jek­ts. Es ist also anscheinend von nationaler Bedeu­tung, dieses Schand­mal der deutschen Geschichte wieder neu aufzubauen.
Es gibt noch nicht mal Erin­nerungsstät­ten für alle deutschen Ver­nich­tungslager in Osteu­ropa. Dem wird offen­sichtlich nicht die gle­iche nationale Bedeu­tung beigemessen. Während sich diese Gar­nisonkirche näm­lich dank ihrer protzen­den Schön­heit wun­der­bar ins kitschige Stadt­bild ein­fügt, sind die Orte der Ver­brechen wirk­liche Stachel der Erin­nerung. Wer Preußens Glanz und Glo­ria wieder auf­baut, will aber nicht erin­nern, son­dern umdeuten.
Willkom­men in der deutschen Realität!

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Antifaschismus

AfD-Seminar mit Neonazi-Referent

INFORIOT Dank ihrer Wahler­folge wird die Bun­des-AfD bald eine parteina­he Stiftung ein­richt­en und dafür Staats­gelder in Anspruch nehmen kön­nen. Etliche AfD-Leute  wollen dabei sein, wenn eine solche, auch finanziell lukra­tive Stiftung etabliert wird. Dementsprechend gibt es Stre­it: Gle­ich drei AfD-Vere­ine liegen miteinan­der im Clinch und beanspruchen jew­eils den Stiftungssta­tus für sich.
AfD-Stiftungsvere­in mit Räu­men in Falkensee
Neben der “Desiderius-Eras­mus-Stiftung” gilt ins­beson­dere die “Akademis­che Eras­muss­tiftung” mit Adresse in Falkensee als aus­sicht­sre­iche Kan­di­datin. Über die Grün­dung, die im Juni 2017 in Berlin erfol­gte, informierte die Stiftung, die als Sitz Pots­dam angibt, erst im Sep­tem­ber. Vor­standsvor­sitzende ist Vic­to­ria Tuschik, Jus­tiziarin der AfD-Land­tags­frak­tion in Sach­sen-Anhalt. Als Schatzmeis­ter fungiert der bran­den­bur­gis­che AfD-Land­stagsab­ge­ord­nete Rain­er van Raem­don­ck. Als bran­den­bur­gis­che Vor­stands­beisitzer wer­den der AfD-Land­tagsab­ge­ord­nete Thomas Jung sowie Lena Duggen genannt.

Rainer van Raemdonck (links im Bild) bei einer AfD-Kundgebung mit Björn Höcke im September in Potsdam - AfD-Landtagsabgeordneter, Schatzmeister der "Akademischen Erasmusstiftung" sowie Vorstansvorsitzender der "Erasmus-Stiftung Brandenburg"
Rain­er van Raem­don­ck (links im Bild) bei ein­er AfD-Kundge­bung mit Björn Höcke im Sep­tem­ber in Pots­dam — AfD-Land­tagsab­ge­ord­neter, Schatzmeis­ter der “Akademis­chen Eras­muss­tiftung” sowie Vorstans­vor­sitzen­der der “Eras­mus-Stiftung Brandenburg”

Eine “Eras­mus-Stiftung Bran­den­burg”, offenkundig als Unter­gliederung konzip­iert, grün­dete sich bere­its im Juli 2017. Hier ist van Raem­don­ck Vor­standsvor­sitzen­der. Als Anschrift dient dieselbe Adresse in Falkensee wie die der bun­desweit­en “Akademis­chen Eras­muss­tiftung” — bei Google wird diese Adresse als Ferien­woh­nung von van Raem­don­ck aus­gewiesen. Ehren­vor­sitzen­der ist Kon­rad Adam. Ver­schiedene bran­den­bur­gis­che AfD-Poli­tik­erIn­nen haben weit­ere Funk­tio­nen inne: Lena Duggen ist “Gen­er­alsekretärin”, stel­lvertre­tende Vor­sitzende sind Franz Wiese und Detlev Frye.
Steffen Kotré (brandenburgisches AfD-Bundestagsmitglied und "Extremismusexperte") und Lena Duggen, (3.v.l., Generalsekretärin der "Erasmus-Stiftung Brandenburg") bei einer AfD-Kundgebung mit Björn Höcke im September in Potsdam
Stef­fen Kotré (4. v.l., bran­den­bur­gis­ches AfD-Bun­destagsmit­glied und “Extrem­is­mu­s­ex­perte”) und Lena Duggen, (Gen­er­alsekretärin der “Eras­mus-Stiftung Bran­den­burg”) bei ein­er AfD-Kundge­bung mit Björn Höcke im Sep­tem­ber in Potsdam

Extrem­is­mu­s­ex­perten und lib­erale Geister

Die Stiftung will entsprechend der eige­nen Überzeu­gun­gen auf die poli­tis­che Bil­dung in Bran­den­burg Ein­fluss nehmen — man sei “lib­er­al und kon­ser­v­a­tive”. Über den Stiftungs-Namensge­ber wird geschrieben: “Eras­mus war ein Geg­n­er von Dog­men und ein Anwalt der Frei­heit. Er war ein Mann, der in wirren Zeit­en einen klaren Kopf behielt; den brauchen wir auch.”
An der Stiftungsadresse in Falkensee soll offen­bar Infra­struk­tur aufge­baut wer­den. Derzeit wird dort ein “Geschäftsstel­len­man­ag­er” in Vol­lzeit gesucht. Auch “Ref­er­enten auf Hon­o­rar­ba­sis” sollen sich melden. Als mögliche The­men­felder wer­den beispiel­sweise vorgeschla­gen: “Islam (Gefahr für die Nicht-Islamis­chen-Län­der), Koransuren, Scharia in Deutsch­land u.a.)” sowie “Extrem­is­mus in Brandenburg”.
Screenshot: Bericht der "Akademischen Erasmusstiftung" über Veranstaltung in Potsdam
Screen­shot: Bericht der “Akademis­chen Eras­muss­tiftung” über Ver­anstal­tung in Potsdam

Screenshot: Seminarprogramm der Brandenburger AfD-Stiftung
Screen­shot: Sem­i­narpro­gramm der Bran­den­burg­er AfD-Stiftung

Einige Ver­anstal­tun­gen hat die bran­den­bur­gis­che AfD-Stiftung bere­its real­isiert. Der “Link­sex­trem­is­mus- und Islam­ex­perte Stef­fen Kotre” — mit­tler­weile über die Bran­den­burg­er Lan­desliste gewählter Bun­destagsab­ge­ord­neter — referierte am 20. April über das The­ma “Gehört der Islam zu Deutsch­land”. Bei ein­er Fach­ta­gung beleuchtete ein James Edward Gay unter dem Mot­to “Great Again” den “Ein­fluss von Don­ald Trump auf die Poli­tik in Bran­den­burg”. Bei einem “Human Rights Con­gress” Anfang Okto­ber sprach dann der emer­i­tierte Staat­srechtler und neurechte Aktivist Karl Albrecht Schachtschnei­der — ein Intimus der recht­sradikalen Pub­lizis­ten Götz Kubitschek und Jür­gen Elsäss­er und gewohn­heitsmäßiger Ein­re­ich­er von Ver­fas­sungs­beschw­er­den. Über die Ver­anstal­tung wurde auf der Inter­net­seite der Bun­dess­tiftung berichtet und als Aus­tra­gung­sort das “Haus der Bran­den­bur­gisch-Preußis­chen Geschichte” in Pots­dam benannt.
Sem­i­nar mit recht­sex­tremem Referenten
Beson­ders eine Ver­anstal­tung vom 21. Sep­tem­ber illus­tri­ert, mit welchen “lib­eralen und kon­ser­v­a­tiv­en” Inhal­ten bei ein­er AfD-Stiftung zu rech­nen ist. In den Räu­men der Stiftung in Falkensee hielt der Diplom­poli­tologe Michael Schäfer ein Sem­i­nar über “Wahlrecht in Deutsch­land (Wahlbeobach­tung)” ab. Der gle­iche Ref­er­ent redete zum The­ma Wahlbeobach­tung genau in diesem Zeitraum bei mehreren Ver­anstal­tun­gen für eine entsprechende Kam­pagne der recht­sradikalen Organ­i­sa­tion “Ein­Prozent”. Grundgedanke war das Hirnge­spinst, das bei den Bun­destagswahlen mit einem mas­siv­en, von oben gestreuerten Wahlbe­trug zuun­gun­sten der AfD zu rech­nen sei.
Michael Schäfer bei einer "EinProzent"-Veranstaltung zur Wahlbeobachtungs-Kampagne im September in Lauchhammer (Screenshot von fuxenrot.noblogs.org)
Michael Schäfer bei ein­er “EinProzent”-Veranstaltung zur Wahlbeobach­tungs-Kam­pagne im Sep­tem­ber in Lauch­ham­mer (Screen­shot von fuxenrot.noblogs.org)

Neonazi-Aktivist Michael Schäfer 2012 (rechts im Bild, Screenshot von lsa-rechtsaussen.net)
Neon­azi-Aktivist Michael Schäfer 2012 (rechts im Bild, Screen­shot von lsa-rechtsaussen.net)

Zur AfD und ihrer Parteis­tiftung mag deren Ref­er­ent Michael Schäfer passen, es darf aber get­rost infrage gestellt wer­den, dass er ein lib­eraler Geist und ein “Anwalt der Frei­heit” ist: Der Mann war bis vor kurzem knall­har­ter Neon­azi und ist weit­er­hin in recht­sex­tremen Kreisen unter­wegs. 2015 teilte er mit, kein Mit­glied ein­er poli­tis­chen Partei mehr zu sein. Vorher war er langjähriger Funk­tionär der NPD und unter anderem von 2007 bis 2012 Bun­desvor­sitzen­der der beson­ders mil­i­tan­ten NPD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion “Junge Nation­aldemokrat­en”. Noch im April 2017 besuchte er einen Faschis­tenkongress in Italien.
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Antifaschismus Law & Order

Ein Neonazi war ein Jahr lang Richter in Oberfranken

Die Kan­zlei von MAIK BUNZEL, einem jun­gen Recht­san­walt, befind­et sich im bran­den­bur­gis­chen Cot­tbus. Auf ein­er Home­page wird für seine Exper­tise im Straf- und Verkehrsrecht gewor­ben. In einem kurz gefassten Lebenslauf wird unter anderem auf seine ein­jährige Tätigkeit als Richter am Amts­gericht im ober­fränkischen Licht­en­fels hingewiesen. Wie kon­nte es dazu kom­men, dass ein Neon­azi ein Jahr lang ungestört als Richter in Ober­franken arbeitete?
Ein bay­erisch­er Richter mit Recht­srock-Ver­gan­gen­heit und guten Kon­tak­ten zur Neonazi-Szene
MAIK BUNZEL ver­legte im Okto­ber 2013 seinen Erst­wohn­sitz nach Bay­ern, und zwar ins ober­fränkische Main­leus. Von da an arbeit­ete er als Amt­srichter in Licht­en­fels, zuständig vor allem für Zivil­stre­it­igkeit­en. Am 26. Feb­ru­ar 2014 teilte der bran­den­bur­gis­che Ver­fas­sungss­chutz, der den Umzug BUNZELS offen­sichtlich reg­istri­ert hat­te, dem bay­erischen Ver­fas­sungss­chutz seine Erken­nt­nisse über die extrem rechte Kar­riere des Mannes mit. Die bay­erische Polizei wurde seit­ens des Polizeiprä­sid­i­ums Eber­swalde eben­falls entsprechend informiert. BUNZEL lan­dete somit in den entsprechen­den Staatsschutz-Dateien.
In der geheim­di­en­stlichen „Erken­nt­nis­mit­teilung“ aus Bran­den­burg wur­den BUNZELS Aktiv­itäten in der extrem recht­en Szene beschrieben: Seine Mit­glied­schaft in der mit­tler­weile ver­bote­nen neon­azis­tis­chen WIDERSTANDSBEWEGUNG SÜDBRANDENBURG, seine „Kon­tak­te in die nationale und inter­na­tionale recht­sex­treme Szene“. Mit sein­er Band HASSGESANG war er auf ver­schiede­nen neon­azis­tis­chen Schul­hof-CDs vertreten gewe­sen. Entsprechende extrem rechte Ton­träger seien im Juni 2007 in Wun­siedel sowie in Cham, im Sep­tem­ber 2009 in Kro­nach sowie im Feb­ru­ar 2013 in Hös­bach verteilt worden.
In Bran­den­burg war die Nazi-Band HASSGESANG mit ihrem Front­mann MAIK BUNZEL den Behör­den wohl bekan­nt. Entsprechende Ein­träge find­en sich in den dor­ti­gen Ver­fas­sungss­chutz-Bericht­en von 2006 bis 2013. Gegen „den Urhe­ber“ der Has­s­ge­sang-CD „Bis zum let­zten Tropfen Blut“ ist im Jahr 2008 ein Urteil des Amts­gerichts Cot­tbus wegen öffentlich­er Auf­forderung zu Straftat­en und Volksver­het­zung in Höhe ein­er Geld­strafe von 60 Tagessätzen ergan­gen. Dazu passt: Noch im Jahr 2013 wurde die „Hassgesang“-CD „Gen­er­a­tion, die sich wehrt“ in den Teil A der Indizierungs-Liste der Bun­de­sprüf­stelle für jugendge­fährdende Medi­en aufgenommen.
Der bay­erische Ver­fas­sungss­chutz fand nichts her­aus, obwohl der volle Name seit Okto­ber 2013 im Inter­net stand 
Von einem Juras­tudi­um und ein­er entsprechen­den Kar­riere BUNZELS im Jus­tizsek­tor war in der „Erken­nt­nis­mit­teilung“ aus Bran­den­burg ange­blich nicht die Rede. Der bay­erische Innenge­heim­di­enst habe nun nach neon­azis­tis­chen Aktiv­itäten BUNZELS in Bay­ern recher­chiert, habe jedoch nichts gefun­den, so der bay­erische Innen­min­is­ter Herrmann.
Im Juni 2014 half dann der Zufall: BUNZEL wurde als Zeuge zu einem Dieb­stahl in einem Fit­nessstu­dio ver­nom­men. Hier­bei habe er seinen Beruf – Richter – genan­nt. Der polizeiliche Staatss­chutz brauchte jedoch trotz ein­er Tre­f­fer­anzeige im polizei­in­ter­nen Daten­sys­tem noch weit­ere drei Monate, bis die Erken­nt­nis reifte, dass es sich bei BUNZEL um einen Mann mit neon­azis­tis­ch­er Vorgeschichte im Richter­amt han­delte. Die Fol­gen – der frei­willige Rück­tritt des recht­en Richters und die Ent­las­sung im Okto­ber 2014 – sind bekannt.
Pikant ist, dass der volle Name von MAIK BUNZEL in Kom­bi­na­tion mit sein­er Tätigkeit als Richter seit dem 30. Okto­ber 2013 im Inter­net stand. Laut MdL Ulrike Gote habe BUNZEL während sein­er Zeit als Amt­srichter zudem unter seinem Namen eine Face­book-Seite für seine Nazi-Band HASSGESANG betrieben. Eine sim­ple Inter­net-Recherche hätte also genügt, um Neon­azi BUNZEL und Richter BUNZEL zu kombinieren.
Epi­log: Die weit­ere Kar­riere des Rechts-Anwalts
Auf der Face­book-Seite der Bran­den­burg­er Recht­san­walts-Kan­zlei BUNZELS find­et man neben Beiträ­gen zu ver­schiede­nen Rechts­fra­gen einen loben­den Kom­men­tar von PHILIPP HASSELBACH: „Danke für diese gute Zusam­men­fas­sung“. HASSELBACH ist seit langem aktiv­er Neon­azi. Am 7. August 2016 teilte BUNZEL einen Face­book-Beitrag der Recht­san­walt­skan­zlei STEFFEN W. HAMMER („Bun­des­gericht­shof hebt Urteil des Landgerichts Stuttgart im AN Göp­pin­gen-Ver­fahren auf“). Die
AUTONOMEN NATIONALISTEN GÖPPINGEN sind Neon­azis. Anwalt STEFFEN HAMMER war Lead­sänger der Recht­srock-Band NOIE WERTE, deren Songs eine frühe Ver­sion der Beken­ner-CD des NATIONALSOZIALISTISCHEN UNTERGRUNDES unter­mal­ten. Er gilt als Szene-Anwalt.
Neben der Nieder­las­sung in sein­er Cot­tbuser Kan­zlei bemühte sich BUNZEL auch um einen guten Abschluss sein­er akademis­chen Kar­riere. Dies gelang schließlich mit der Pro­mo­tion an der Uni­ver­sität Greif­swald. Der dor­tige Jura-Pro­fes­sor RALPH WEBER hat­te offen­sichtlich trotz öffentlich­er Proteste kein Prob­lem mit seinem Zögling, sitzt seit Sep­tem­ber 2016 für die AFD im meck­len­burgvor­pom­mer­schen Lan­despar­la­ment und gilt selb­st inner­halb dieser Partei als Rechtsaußen.
Wie wird die beru­fliche Lauf­bahn BUNZELS nach sein­er ver­gle­ich­sweise ungestörten Zeit in Bay­ern weit­erge­hen? Einiges deutet auf eine Kar­riere als Szene-Anwalt hin: BUNZEL lan­dete erneut in den Schlagzeilen, als er einen der Stam­mvertei­di­ger des Neon­azis RALF WOHLLEBEN im Münch­n­er NSUProzess
ver­trat. Zudem war er zeitweise als Vertre­tung im so genan­nten Ball­städt-Prozess tätig, in dem gegen vierzehn Män­ner und eine Frau aus der recht­en Szene ver­han­delt wurde, die im Feb­ru­ar 2014 eine Kirmes­ge­sellschaft u?berfallen und dabei zehn Men­schen zum Teil schw­er ver­let­zt haben sollen.
Der Artikel erschien 2017 in der Broschüre “Braune Soße aus Nord­bay­ern”. Bestel­lun­gen kön­nen an argu­ment e.V. gerichtet werden. 

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(Anti-)Rassismus

Rassistische Polizeikontrolle in Eberswalde

Am Dien­stag, den 10.10.2017, gegen 10 Uhr wur­den zwei soma­lis­che Män­ner mit dun­kler Haut­farbe am Bahn­hof Eber­swalde auf dem Bahn­steig von zwei Polizist*innen ohne ersichtlichen Anlass kon­trol­liert, neben ihnen laufende Men­schen mit “weißer” Haut­farbe wur­den nicht kontrolliert.
Die bei­den Betrof­fe­nen wur­den von den Polizist*innen unfre­undlich, her­ablassend und aggres­siv behan­delt. Sie mussten sich ausweisen, wur­den abge­tastet, ihre Taschen und Ruck­säcke wur­den durch­sucht und sie wur­den mit ein­er Videokam­era gefilmt. Obwohl die Betrof­fe­nen nach dem Grund für die Kon­trollen fragten, gaben die Polizist*innen darauf keine Antwort.
Mit „Racial Pro­fil­ing“ wird die Meth­ode beze­ich­net, das Erschei­n­ungs­bild – also etwa Haut­farbe oder Gesicht­szüge – ein­er Per­son als Entschei­dungs­grund­lage für polizeiliche Maß­nah­men wie Per­so­n­enkon­trollen, Ermit­tlun­gen und Überwachun­gen her­anzuziehen. Rechtlich dür­fen Ver­dachtsmo­mente nur auf das Ver­hal­ten von Per­so­n­en und auf objek­tive Beweise, nicht aber auf ihr Erschei­n­ungs­bild gestützt
wer­den. Im Jahr 2012 stufte das Oberver­wal­tungs­gericht Rhein­land-Pfalz “Racial Pro­fil­ing” als ille­gal ein, weil es gegen das Diskri­m­inierungsver­bot des Grundge­set­zes verstoße.
Die „Ini­tia­tive Barn­im für alle“ fordert die Polizei auf, die diskri­m­inierende Meth­ode des „Racial Pro­fil­ing“ in Zukun­ft nicht mehr anzuwen­den. Außer­dem sollte sich die Polizeileitung bei den Betrof­fe­nen für die erniedri­gende Behand­lung entschuldigen.

Inforiot