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Rathenow: Extrem rechtes “Bürgerbündnis” marschierte wieder

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Am Sam­sta­gnach­mit­tag ver­anstalte die extrem rechte Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land e.V.“ erst­mals seit drei Monat­en wieder eine größere Ver­samm­lung auf dem Märkischen Platz in Rathenow. Die Ver­anstal­tung wurde als Kundge­bung mit anschließen­dem Marsch durch die Stadt durchgeführt.
Der öffentlich im Inter­net ver­bre­it­eten Ein­ladung zur der Ver­samm­lung waren unge­fähr 50 Per­so­n­en, die über­wiegend aus Bran­den­burg, Berlin und Sach­sen-Anhalt anreis­ten, gefol­gt. Einzelper­so­n­en sollen aber auch aus Thürin­gen gekom­men sein. Aus Rathenow und Umge­bung sel­ber nah­men nur unge­fähr 15 Per­so­n­en teil.
Die Ver­samm­lung wurde unter dem Mot­to: „Wehr Dich Deutsch­er“ bzw. „Deutsch­er wehr Dich“ bewor­ben und in der Zeit von 14.00 bis 17.00 Uhr durchgeführt.
Es wur­den mehrere „Rede­beiträge“ gehal­ten und sich zu den üblichen The­men geäußert. Allerd­ings han­delte es sich bei den Äußerun­gen der Reden­den nicht um klar struk­turi­erte Vorträge, son­dern in erster Lin­ie um Kom­mentare zu gesellschaft­spoli­tis­chen The­men. Deut­lich erkennbar waren jedoch recht­spop­ulis­tis­che bis extrem rechte Aus­drucks­for­men. Zudem wur­den auch wieder Einzelper­so­n­en und bes­timmte Per­so­n­en­grup­pen her­aus­gestellt und dif­famiert. Anwe­sende und nicht anwe­sende Presse wurde beschimpft oder verunglimpft. Während des Aufzuges wur­den zudem Geflüchtete ver­bal angepö­belt, die aus ihrem Wohn­raum hin­aus, neugierig auf die Straße sahen. Das gle­iche passierte beim Vor­beizug der Demon­stra­tion an einem ara­bis­chen Geschäft. Eine Zwis­chenkundge­bung vor dem Laden hat­te die Ver­samm­lungs­be­hörde jedoch offen­bar untersagt.
Extrem rechte Versammlung
Der Rechts­drall ist beim „Bürg­er­bünd­nis Havel­land e.V.“ aktuell so offen­sichtlich, dass die Vere­ini­gung mit­tler­weile im aktuellen Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht zum Jahr 2016 (veröf­fentlicht am 21. Juli 2017) im Phänomen­bere­ich „Recht­sex­trem­is­mus“ Erwäh­nung find­et. Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ wer­den darin als „asylfeindlich“ benan­nt. Im Vor­jahr (2015) galt der Vere­in lediglich als „asylkri­tisch“ und wurde nicht im Ver­fas­sungss­chutzbericht erwäh­nt. Die Nen­nung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land e.V.“ im aktuellen Bericht des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes erfol­gte jedoch offen­bar vor allem wegen der Unter­stützung durch die regionale NPD. Die in Rathenow über Organ­i­sa­tion­sstruk­turen ver­fü­gende neon­azis­tis­che Partei hat­te 2016 beispiel­sweise zur Teil­nahme an den Ver­samm­lun­gen der extrem recht­en Vere­ini­gung aufgerufen. Außer­dem hät­ten, laut dem Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht 2016, auch „zahlre­iche Recht­sex­trem­is­ten“ die Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ unter­stützt. Diese Unter­stützung durch die NPD war auch in den ver­gan­genen Monat­en des Jahres 2017 noch erkennbar, auch wenn kaum noch lokale Funk­tionäre dieser Partei den Ver­samm­lun­gen bei­wohn­ten. Stattdessen reis­ten vor allem Parteim­it­glieder und Parteisym­pa­thisierende aus Berlin und Sach­sen-Anhalt zu den Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ an.
Auch am Sam­sta­gnach­mit­tag war dies wieder erkennbar. Eine Gruppe Teil­nehmende aus Magde­burg (Sach­sen-Anhalt), die auch dem dor­ti­gen PEGI­DA-Ableger „MAGIDA“ nah­este­ht oder in Teilen als „Brigade Magde­burg“ auftritt, nahm beispiel­sweise erst am ver­gan­genen Woch­enende an ein­er über­re­gionalen Saalver­anstal­tung der NPD im säch­sis­chen Riesa teil. Darunter auch der Magde­burg­er Ulrich Neu­mann, der am Sam­sta­gnach­mit­tag beim „Bürg­er­bünd­nis“ auf dem Podi­um sprach und dort im Zusam­men­hang mit den Bun­destagswahlen im Sep­tem­ber 2017 offen zur Wahl der NPD aufrief.
Weit­ere Teil­nehmende aus Sach­sen-Anhalt, die in der Regel unter der Beze­ich­nung „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ und „Freiko­rps Heimatschutz­di­vi­sion Sek­tion Sach­sen-Anhalt“ auftreten, gel­ten als Sym­pa­thisierende der Vere­ini­gung „THÜGIDA“. Dieser Vere­in wird im thüringis­chen Ver­fas­sungss­chutzbericht 2014/15 als „recht­sex­trem­istisch geprägte Ini­tia­tive gegen Flüchtlinge“ namentlich benan­nt. Erst im März 2017 organ­isierten Bekan­nte Akteure der „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ einen Aufzug für THÜGIDA in Sten­dal (Sach­sen-Anhalt). Die „Freiko­rps Heimatschutz­di­vi­sion Sek­tion Sach­sen-Anhalt“ waren dabei u.a. als Ord­ner eingesetzt.
Weit­ere Einzelper­so­n­en, die am Sam­sta­gnach­mit­tag aus Berlin zu der Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es“  anreis­ten, sym­pa­thisieren mit den im aktuellen Ver­fas­sungss­chutzbericht des dor­ti­gen Lan­desamtes zum Jahr 2016 genan­nten Organ­i­sa­tio­nen „Bärgi­da“, „Bürg­er­be­we­gung Pro Deutsch­land“ und „Iden­titäre Bewe­gung Berlin-Bran­den­burg“. Die Berliner­in Elke Met­zn­er bezog sich in ihrem Rede­beitrag pos­i­tiv auf den so genan­nten „völkischen Geist“.
Ein ander­er, aus Ost­bran­den­burg zugereis­ter Red­ner, der sich als „Ste­fan Schu­mann“ von der „Kam­er­ad­schaft Märkisch-Oder­land“ vorstellte, sprach in seinem Beitrag, in dem er die derzeit­ige Bun­de­spoli­tik neg­a­tiv kom­men­tierte, von „jüdis­chen Poli­tik­ern“. Während des anschließen­den Marsches durch Rathenow skandierte der Ost­bran­den­burg­er zu dem neon­azis­tis­che Parolen wie „Nationaler Sozial­is­mus jet­zt“ und „Frei, Sozial, National“.
Ein Vertreter der Rathenow­er Neon­azi-Truppe „N.S Havel­land“ erschien zu dem ver­mummt auf der Ver­samm­lung und wurde anschließend offen­bar der Ver­anstal­tung verwiesen.
Spon­tan­er Neon­azi­auf­marsch am Abend
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Gegen 20.30 Uhr wurde bekan­nt, dass sich unge­fähr 15 ehe­ma­li­gen Ver­samm­lung­steil­nehmende der Ver­anstal­tung „Wehr Dich Deutsch­er“ bzw. „Deutsch­er wehr Dich“ spon­tan sam­melten und mit einem Ban­ner, auf dem die Auf­schrift: „N.S Havel­land“ deut­lich erkennbar war, an ein­er Geflüchtete­nun­terkun­ft in Rathenow vorbeizogen.
Später soll der mut­maßlich unangemeldete Aufzug auch durch Teile der Rathenow­er Innen­stadt gezo­gen sein und Parolen wie „krim­inelle Aus­län­der raus“ , „Frei, Sozial, Nation­al“ oder „Nationaler Sozial­is­mus Jet­zt“ skandiert haben.
Die Teil­nehmenden des Spon­tan­marsches kön­nen den Grup­pierun­gen „N.S Havel­land“, „Kam­er­ad­schaft MOL“, „Brigade Magde­burg“, „Freiko­rps Heimatschutz Divi­sion Sach­sen-Anhalt“, „Berserk­er Deutsch­land – Divi­sion Thürin­gen“ und „Bürg­er­be­we­gung Alt­mark“ zuge­ord­net werden.
Die Polizei war zunächst nur mit einzel­nen Streifen­wa­gen präsent und soll den mut­maßlich unangemelde­ten Aufzug erst nach dem Ein­tr­e­f­fen von Ver­stärkung in der Großen Milow­er Straße Ecke Hei­de­feld­straße gestoppt haben.
Fotos zur Ver­samm­lung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“: hier

Fotos zur Ver­samm­lung „N.S Havel­land“: hier

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(Anti-)Rassismus Arbeit & Soziales Flucht & Migration

Potenziale Geflüchteter zur Fachkräftesicherung nutzen

Ein Zusam­men­schluss von Bil­dungs- und Inte­gra­tionsträgern, Flüchtling­sor­gan­i­sa­tio­nen, Wohlfahrtsver­bän­den, Kam­mern und Gew­erkschaften (DGB-Regio­nen Ost‑, Süd- und West­bran­den­burg) im Land Bran­den­burg fordert den Zugang zu Aus­bil­dungsver­hält­nis­sen für Geflüchtete zu erle­ichtern und vor Beginn des neuen Aus­bil­dungs­jahres die „Aus­bil­dungs­dul­dung“ lan­desweit ein­heitlich und prax­isori­en­tiert im Sinne eines aktiv­en Inte­gra­tions­gedankens umzuset­zen. Dazu bedarf es unbe­d­ingt ein­er reg­ulären sta­tusun­ab­hängi­gen Aus­bil­dungs­förderung für alle Auszubildenden.
Der Man­gel an Fachkräften im Land Bran­den­burg ist seit Jahren hoch. Gle­ichzeit­ig bere­it­et es vie­len Betrieben Schwierigkeit­en, geeignete Auszu­bildende mit den sprach­lichen, fach­lichen und sozialen Fähigkeit­en zu find­en, um diesem Man­gel nach­haltig ent­ge­gen­zuwirken. Im Berufs­bil­dungs­bericht (1) 2017 des Bun­desmin­is­teri­ums für Bil­dung und Forschung wurde jüngst belegt, dass zu Beginn der let­zten Aus­bil­dungs­sai­son 2016 bun­desweit etwa 43.500 Lehrstellen unbe­set­zt blieben, davon mehr als 1700 Plätze im Bun­des­land Bran­den­burg. Auch für das kom­mende Aus­bil­dungs­jahr sind in Bran­den­burg noch zahlre­iche Lehrstellen unbesetzt.
Bish­er wer­den im Bun­des­land trotz­dem nicht alle Möglichkeit­en aus­geschöpft, um unbe­set­zte Aus­bil­dungsplätze mit geeigneten Bewerber_innen für das jew­eilige Berufs­feld zu besetzen.
Dabei wurde der Zugang geflüchteter Men­schen zum Aus­bil­dungs­markt im August 2016 mit Inkraft­treten des Inte­gra­tions­ge­set­zes erle­ichtert. Ziel war es, dass geduldete Per­so­n­en aller Alters­grup­pen die Möglichkeit erhal­ten, eine qual­i­fizierte Beruf­saus­bil­dung aufzunehmen. Damit ein­her geht der Anspruch auf die Erteilung ein­er soge­nan­nten „Aus­bil­dungs­dul­dung“ (§60a Abs.2 Satz 4 Aufen­thG), an die sich eine Aufen­thalt­ser­laub­nis zur Beschäf­ti­gung im erlern­ten Beruf anschließen soll (soge­nan­nte „3+2 Regelung“).
Die aktive Auf­nahme ein­er qual­i­fizierten Beruf­saus­bil­dung wird jedoch selb­st bei unterze­ich­netem Aus­bil­dungsver­trag durch die restrik­tive Umset­zung­sprax­is einiger Aus­län­der­be­hör­den ver­hin­dert, indem der Antrag auf die Erteilung der Aus­bil­dungs­dul­dung nicht zeit­nah bear­beit­et oder gän­zlich abgelehnt wird. Zur Behe­bung dieser Prob­lematik bedarf es daher ein­er klaren Umset­zungsregelung durch das bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um, um
  • den geset­zlichen Anspruch auf die Aus­bil­dungs­dul­dung zu wahren, indem der Beset­zung eines Aus­bil­dungsplatzes durch fach­lich geeignete Bewerber_innen stets Vor­rang vor aufen­thalts-been­den­den Maß­nah­men gebührt
  • die unbürokratis­che und schnelle Erteilung ein­er Aus­bil­dungs­dul­dung durch die Aus­län­der­be­hör­den sicherzustellen, damit alle Beteiligten bere­its frühzeit­ig Pla­nungs- und Rechtssicher­heit erhalten
  • den Zeitraum im Vor­feld ein­er Aus­bil­dung produktiv
    für konkrete berufsvor­bere­i­t­ende Maß­nah­men (z.B. beruf­sori­en­tierte Sprach­förderung, Prak­ti­ka, Ein­stiegsqual­i­fizierun­gen) zu nutzen und diese Phase großzügig durch die Erteilung von Ermessens­dul­dun­gen (2) rechtlich abzusichern.
Anderen Geflüchteten, die seit mehr als 15 Monat­en in Bran­den­burg leben und sich bere­its in Aus­bil­dung befind­en — aber sta­tus­mäßig noch im Asylver­fahren sind — dro­ht der Aus­bil­dungs­bruch aus finanziellen Grün­den. Denn Aus­bil­dungs­förderung, ins­beson­dere Beruf­saus­bil­dungs­bei­hil­fe, bleibt ihnen ver­sagt, da die Betrof­fe­nen nicht aus Herkun­ft­slän­dern mit soge­nan­nter „guter Bleibeper­spek­tive“ kom­men und somit kein recht­mäßiger Aufen­thalt zu erwarten sei.
Diese Bew­er­tung verken­nt, dass selb­st im Fall eines neg­a­tiv­en Aus­gangs des Asylver­fahrens, die unmit­tel­bare Fort­set­zung der Aus­bil­dung durch die Erteilung der Aus­bil­dungs­dul­dung möglich ist und ein dauer­hafter Aufen­thalt von Geflüchteten in Aus­bil­dung zu erwarten ist. Das Land Bran­den­burg möge daher
im Sinne des Inte­gra­tions­ge­set­zes auf Lan­des- und Bun­de­sebene alles dafür tun, um den Zugang zu den ver­schiede­nen Möglichkeit­en der Aus­bil­dungs­förderung für alle Geflüchteten zu ermöglichen, unab­hängig vom Aufen­thaltssta­tus und ein­er rechtlich umstrit­te­nen „Bleibeper­spek­tive“.
Um die genan­nten Prob­lem­la­gen zu beheben, soll­ten alle geflüchteten Auszu­bilden­den mit Aus­bil­dungs­be­ginn eine Aufen­thalt­ser­laub­nis erhal­ten. Die Unterzeichner_innen ersuchen die Lan­desregierung sich auf Bun­de­sebene dafür einzusetzen.
(1) https://www.bmbf.de/pub/Berufsbildungsbericht_2017.pdf
(2) s. z.B. Län­der­erlasse von Schleswig-Hol­stein und Niedersachsen
Pressekon­tak­te:
Berlin-Bran­den­bur­gis­che Aus­lands­ge­sellschaft (BBAG) e.V., Potsdam
Moni­ka KADUR / Email: kadur@bbag-ev.de
Arnd Sändig / Email: saendig@bbag-ev.de
Tel. 0331 / 74 00 09 76
Flüchtlingsrat Bran­den­burg, Potsdam
Sab­ri­na Bau­mann-Tossou / Email: baumann@fluechtlingsrat-brandenburg.de
Mobil 0176 / 99 76 81 07
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Themar (TH): Konsolodierung durch Musik — das Neonazi-Konzert aus Brandenburger Perspektive

Einchecken in Themar: Auch Brandenburger, wie NPD Landesorganisationsleiter Michel Müller (Mitte, mit Sonnenbrille), nahmen Rechtsrock-Großevent teil (Foto: Lukas Beyer)
Eincheck­en in The­mar: Auch Bran­den­burg­er, wie NPD Lan­des­or­gan­i­sa­tion­sleit­er Michel Müller (Mitte, mit Son­nen­brille), nah­men Recht­srock-Großevent teil (Foto: Lukas Beyer)

 
Am ver­gan­genen Sam­stag fand im thüringis­chen The­mar ein Tre­f­fen von unge­fähr 6.000 Neon­azis statt. Die Ver­anstal­tung war von einem lokalen NPD Funk­tionär als öffentliche Ver­samm­lung angemeldet wor­den, hat­te aber, wie das Mot­to: „Rock gegen Über­frem­dung II“ schon offen­bart, eher den Charak­ter eines Szenekonz­ertes.  Zwar sollen auch mehrere „Poli­tik­er“ ver­schieden­er Neon­azi-Parteien auch Rede­beiträge gehal­ten haben, jedoch dürfte der größte Teil des Pub­likums wegen den angekündigten Auftrit­ten szenebekan­nter Recht­srock Bands, darunter „Stahlge­wit­ter“, „Lunikoff Ver­schwörung“, „Sleip­nir“ und „Uwocaust“, angereist sein.
Neon­azis­tis­ches Milieu aus Bran­den­burg vertreten
Die Teil­nehmenden kamen aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et und aus dem nahen europäis­chen Aus­land. Unter den Ver­samm­lungs­gästen waren auch viele Neon­azis aus Bran­den­burg. Auf Fotos von Beobach­t­en­den sind vor allem bekan­nte Szene-Akteure aus den kre­is­freien Städten Pots­dam und Bran­den­burg an der Hav­el sowie den Land­kreisen Prig­nitz, Ost­prig­nitz-Rup­pin, Havel­land, Pots­dam-Mit­tel­mark, Elbe-Elster und Spree-Neiße erkennbar. Der Großteil dieser Per­so­n­en gilt als Sym­pa­thisierende der NPD und ihr naher Label, wie den „Freien Kräften Prig­nitz“ oder den „Freien Kräften Neu­rup­pin-Osthavel­land“. Auf­fäl­lig war auch eine größere Gruppe Neon­azis, die  T‑Shirts mit dem Bran­den­burg­er Ort­sna­men „Fin­ster­walde“ tru­gen, wobei die Buch­staben „NS“ beson­ders her­vorge­hoben waren.
Bemerkenswertester Teil­nehmer aus Bran­den­burg war aber der erst­mals seit März 2016 wieder öffentlich aktive Rathenow­er Michel Müller, der im Lan­desvor­stand der NPD für den Bere­ich Organ­i­sa­tion zuständig ist. Er war mit drei weit­eren Per­so­n­en aus Rathenow, Nennhausen und dem Prem­nitzer OT Döberitz angereist, die, laut einem Schreiben des Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­ums, der offiziell „aufgelösten“ Kam­er­ad­schaft „Hauptvolk“ (Vere­insver­bot April 2005) ange­hörten. Müller gehörte, laut Min­is­teri­um, eben­falls dieser Organ­i­sa­tion an. Aktuell nimmt er, neben sein­er NPD inter­nen Funk­tion, auch zwei Man­date in Kom­mu­nal­par­la­menten in der Stadt Rathenow und im Land­kreis Havel­land war.
Eine ähn­liche kom­mu­nalpoli­tis­che Funk­tion hat der  Belziger André Schär, der am Sam­sta­gnach­mit­tag eben­falls in The­mar zu sehen war. Der NPD Funk­tionär ist Stad­trat in Bad Belzig und Kreis­rat im Land­kreis Potsdam-Mittelmark.
Weit­ere bekan­nte Poli­tak­teure, die am Konz­ert in The­mar teil­nah­men waren Markus N. aus Guben (ehe­ma­liger NPD Kom­mu­nalpoli­tik­er), der Witt­stock­er Ron­ny S. (Ver­anstal­ter mehrerer Aufmärsche im Raum Witt­stock-Pritzwalk) und Pad­dy B. aus Pots­dam (Sym­pa­thisant freier Kräfte sowie des „III. Weges“). Zudem soll Matthias Fis­ch­er aus Tem­plin („Gebi­et­sleit­er Mitte“ vom „III. Weg“) als Red­ner aufge­treten sein.
Außer­dem in The­mar anwe­send: Sascha L. aus Bran­den­burg an der Hav­el. Der Neon­azi saß sieben Jahre wegen Totschlag im Gefäng­nis. Er hat­te im Feb­ru­ar 1996 einen Punk in Bran­den­burg an der Hav­el zu Tode geprügelt.
Aus der neon­azis­tis­chen Musik­machen­den­szene war darüber hin­aus der Rathenow­er Lie­der­ma­ch­er Thomas Lange alias „Toiton­i­cus“ anwe­send. Außer­dem trat die Pots­damer Band „Uwocaust“ mit Sänger Uwe Men­zel, einem Haup­tak­teur der Bran­den­burg­er Recht­srock Szene, in The­mar auf.
Recht­srock als gemein­same Schnittstelle und Finanzspritze
Die deut­liche Präsenz Bran­den­burg­er Neon­azis auf der Konz­ertver­anstal­tung am 15. Juli 2017 in Thürin­gen scheint Annah­men zu bestäti­gen, dass sich die Szene in Bran­den­burg durch Recht­srock­events wieder kon­so­li­diert. Dafür spricht ein hoher Anteil von Konz­ert­teil­nehmenden, die zum Teil seit Jahren an der Organ­i­sa­tion von poli­tis­chen Ver­samm­lun­gen, ins­beson­dere im West­en Bran­den­burgs beteiligt waren. Diese Per­so­n­en bzw deren Struk­turen waren in den Vor­monat­en weit­ge­hend inaktiv.
Hin­ter­grund der zeitweisen Inak­tiv­ität kön­nten die Verurteilun­gen einiger bedeu­ten­der Aktive, beispiel­sweise der „Nauen­er Zelle“, und das Ver­bot der „Weisse Wölfe Ter­ror­crew“, aber auch die zeitweise starke Zugkraft von rechtsmo­tivierten Ver­samm­lun­gen der Bran­den­burg­er AfD oder PEGI­DA-ähn­liche Organ­i­sa­tio­nen im Land sein. Darüber hin­aus spiegel­ten sich im neon­azis­tis­chen Milieu aber auch die bun­desweit spür­baren Spal­ter­schei­n­un­gen, im Zuge des NPD Ver­botsver­fahrens sowie in der Mil­i­tanzde­bat­te wider. Neue Neon­azi-Parteien, wie „Die Rechte“ und „Der III. Weg“ trat­en in Konkur­renz zu den bish­er dominieren­den Nation­aldemokrat­en auf. Des Weit­eren reor­gan­isierte sich mit dem „Antikap­i­tal­is­tis­chen Kollek­tiv“ eine Struk­tur „Autonomer Nation­al­is­ten“, die durch kämpferische Aktio­nen auf Ver­samm­lun­gen eben­falls für Spal­tungs­de­bat­ten sorgten.
In The­mar trat das bun­desweit aktive neon­azis­tis­che Milieu am ver­gan­genen Woch­enende allerd­ings wieder erstaunlich geschlossen und kon­so­li­diert auf. Hochrangige Funk­tionäre oder Akteure aus NPD, „Die Rechte“, „Der III. Weg“, aus dem „antikap­i­tal­is­tis­chen Kollek­tiv“ sowie dem Thüringer PEGI­DA-Ableger THÜGIDA sollen, gemäß Pro­gramm, Rede­beiträ­gen auf ein­er gemein­samen Bühne gehal­ten haben. Sie alle einte offen­bar die Iden­ti­fizierung mit dem vielfach als „sub­kul­turell“ ver­harm­losten Recht­srock. Ein­er Par­al­lel­welt, dessen frühere Akteure, maßge­blich den „Nation­al­sozial­is­tis­chen Unter­grund“ (NSU) durch Logis­tik und Finanzen, die sie mut­maßlich aus ihren Ressourcen: Konz­erte, Ton­trägerver­trieb, Mer­chan­dise oder der Verteil­er­struk­tur schöpften, unter­stützt hatten.
Auch heute dürfte es im Recht­srock vor allem um die Akquirierung von Finanzmit­teln zu gehen, auch über das pri­vate Geschäftsin­ter­esse hin­aus. Soll­ten die Geset­ze näm­lich tat­säch­lich dahinge­hend geän­dert wer­den, dass Parteien mit erwiesen ver­fas­sungs­feindlich­er Pro­gram­matik keine staatlichen Finanzmit­tel mehr zu Gute kom­men, wer­den Konz­erte, wie in The­mar, wahrschein­lich die einzige Ein­nah­me­quelle für neon­azis­tis­che Parteien sein. Insofern ist bun­desweit mit ein­er Etablierung oder Steigerung solch­er Ver­anstal­tun­gen zu rechnen.
Beispiele für Bran­den­burg­er Neon­azis in The­mar (Fotos von Beobachtenden):
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Oranienburg: Lebendiges Erinnern an Erich Mühsam

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Am Sam­sta­gnach­mit­tag erin­nerten unge­fähr 40 Men­schen aus Bran­den­burg und Berlin im Rah­men ein­er Demon­stra­tion in Oranien­burg an Erich Müh­sam. Der anar­chis­tis­che Schrift­steller war am 10. Juli 1934 in einem frühen SA-Konzen­tra­tionslager in der Stadt von den Nazis ermordet worden.
Die in der Aktions­form eines „lebendi­gen Gedenkens“ gestal­tete Demon­stra­tion war von ein­er Pri­vat­per­son  für die Linksju­gend SOLID Ober­hav­el und die Oranien­burg­er Antifa  angemeldet wor­den. Sie führte von der Bahn­hal­testelle „Oranien­burg“ in die Innen­stadt und dort an ver­schiede­nen Gedenko­rten für Opfer des Nation­al­sozial­is­mus vor­bei. Während des Aufzuges gab es zwei Zwis­chenkundge­bun­gen mit mehreren Rede­beiträ­gen von Schü­lerin­nen, ein­er Del­e­ga­tion der Gedenkstätte Sach­sen­hausen und der  lokalen Antifa sowie am End­punkt eine Kranznieder­legung mit Schweigeminute am Gedenkstein für Erich Mühsam.
Im Vor­feld wurde die Gedenkdemon­stra­tion jedoch haupt­säch­lich durch die Antifa Oranien­burg, mit­tels Fly­er und im Inter­net, beworben.
Lebendi­ges Erin­nern als Aus­druck gegen das Vergessen
Die Oranien­burg­er Antifa sieht sich offen­bar in beson­der­er Verpflich­tung des Gedenkens an Erich Müh­sam. Bere­its in ihrem Aufruf zur Demon­stra­tion unter dem Mot­to: „Damals wie heute: Faschis­ten bekämpfen“ skizziert sie den Schrift­steller als stand­haften Geg­n­er des Nation­al­sozial­is­mus, der schließlich auf­grund sein­er Überzeu­gung im KZ Oranien­burg ermordet wurde.„Auch nach 17 Monat­en Folter gelang es den Nazis bis zulet­zt nicht, seinen Willen zu brechen“, so die Antifa Oranienburg.
Darüber hin­aus würdigte die Oranien­burg­er Antifa, in ihrem Aufruf zur Gedenkdemon­stra­tion, Erich Müh­sam als viel­seit­i­gen Men­schen, als „Rev­o­lu­tionär, Utopist, Frei­denker, Anar­chist, Antifaschist, Syn­dikalist“, und deutete damit auch seine poli­tis­che Vor­bild­funk­tion bis in die heutige Zeit an.
An der Erin­nerungsver­anstal­tung am Sam­sta­gnach­mit­tag beteiligten sich so vere­inzelt auch Sym­pa­thisierende der anar­chosyn­dikalis­tis­chen Gew­erkschafts­föder­a­tion „Freien Arbei­t­erin­nen- und Arbeit­er-Union (FAU).
Das Andenken an den 1878 gebore­nen Erich Müh­sam wird­aber darüber hin­aus nicht nur durch das „lebendi­ge Erin­nern“ im Rah­men der Gedenkdemon­stra­tion wachge­hal­ten. Allein im Land Bran­den­burg sind in min­destens sechs Gemein­den Straßen nach ihm benan­nt, darunter eine in Oranien­burg. In der Stadt München, in der er 1918 dem rev­o­lu­tionären Sol­daten­rat ange­hörte und zu den Anführern der bayrischen Rätere­pub­lik gehörte, gibt es einen nach ihm benan­nten Platz. In Lübeck, dem Ort sein­er Schul­jahre, gibt es neben einem Erich-Müh­sam-Weg auch einen ihm gewid­me­ten Stolper­stein vor dem Bud­den­brookhaus sowie eine Gedenk­tafel an der his­torischen Löwe­napotheke. In seinem Geburt­sort Berlin gibt es eine weit­ere nach ihm benan­nte Straße im Stadt­teil Friedrichshain sowie eine Gedenk­tafel in Char­lot­ten­burg, einen Gedenkstein in Neukölln und ein Ehren­grab auf dem Wald­fried­hof in Dahlem, in dem er 1934 ermordete beige­set­zt wurde.
Allerd­ings befürchtet die „Antifa Oranien­burg“ durch die über­wiegend stumme Art der Erin­nerung, einen „Schlussstrich“ in der Geschichte und let­z­tendlich ein „Vergessen“.
Posi­tion­ierung gegen extrem rechte Aktivitäten
Die Erin­nerung an die Opfer des Naziregimes hat jedoch für die Oranien­burg­er Antifa offen­bar auch einen mah­nen­den Charak­ter und scheint, angesichts des von der Gruppe beschriebe­nen, ver­meintlich wach­senden Zus­pruch­es „recht­spop­ulis­tis­che® und extrem rechte® Parteien“, der Zunahme „ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Über­griffe“ und den Mor­den der neon­azis­tis­chen Vere­ini­gung „NSU“, zugle­ich ein gesellschaft­spoli­tis­ches State­ment zu sein.
So gäbe es im Land­kreis Ober­hav­el, laut Erken­nt­nisse der „Antifa Oranien­burg“, schon seit Jahren „eine starke, organ­isierte Neon­azi-Szene“. In ihr sei die „lokale NPD-Struk­tur mit dem Kreisver­band Ober­hav­el“, die in diesem Gebi­et immer­hin neun Man­date in Kom­mu­nal­par­la­menten innehat, „fed­er­führend“. In keinem anderen Land­kreis im Land Bran­den­burg seien die Nation­aldemokrat­en dem­nach kom­mu­nal­par­la­men­tarisch bre­it­er aufgestellt.
Eine Schlüs­sel­rolle in der lokalen NPD Struk­tur spielt offen­bar der Vel­tener Stadtverord­nete Robert Wolin­s­ki, den die „Antifa Oranien­burg“, als rel­a­tive Per­son der Zeit­geschichte, auch namentlich benen­nt. Er sei nicht nur für die NPD aktiv son­dern wird auch mit den „Märkischen Skin­heads 88 (MS88)“ und der Organ­isierung von Recht­srock Konz­erten im Nor­den Bran­den­burgs und in Meck­len­burg-Vor­pom­mern in Verbindung gebracht.
Darüber hin­aus gehört Wolin­s­ki dem Lan­desvor­stand der Bran­den­burg­er NPD an und wird dort als Ver­ant­wortlich­er für die „Organ­i­sa­tion“ benan­nt. Am 17. Juni 2017 nahm er zudem an einem Auf­marsch der extrem recht­en „Iden­titären Bewe­gung“ in Berlin teil.
Lokal scheint Wolin­s­ki hinge­gen aber eher an ein­er Ein­flussnahme auf bre­ite gesellschaftliche Schicht­en inter­essiert zu sein, gehörte in der Ver­gan­gen­heit beispiel­sweise zu den bekan­nten Gesichtern der pegi­da-ähn­lich insze­nierten „Abendspaziergänge“ im Land­kreis Ober­hav­el, die in den Jahren 2014 bis 2016 regelmäßig auch ein augen­schein­lich bürg­er­lich­es Pub­likum anlockten.
Ziel ein­er solchen Unter­wan­derung scheinen darüber hin­aus auch lokale Vere­ine oder Ver­anstal­tun­gen, beispiel­sweise das Drachen­bootren­nen der „Touris­mus und Kul­tur GmbH“, zu sein, wie die „Antifa Oranien­burg“ berichtet.
„Der Kampf gegen den Faschis­mus heute“ sei deshalb, so die Antifa­gruppe weit­er, „ notwendig (…) wie eh und je“ und eine „antifaschis­tis­che Wider­stand­kul­tur zu etablieren“ das Ziel.
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Antifaschismus

Zukunft-Heimat-Demos: Fixpunkt der Cottbusser Naziszene

Der extrem rechte Vere­in „Zukun­ft Heimat“ kommt aus dem ländlichen Dahme-Spree­wald-Kreis und ver­anstal­tet seit Wochen eine Demon­stra­tionskam­pagne in Cot­tbus, 80 Autok­ilo­me­ter vom heimis­chen Golßen ent­fer­nt. Das wiederkehrende Mot­to: „Gren­zen ziehen“. Den Aufrufen fol­gten jew­eils 350 bis 450 Teil­nehmende;  darunter AfD-Funk­tionäre, NPD-Leute, Iden­titäre, das Umfeld der Recht­srock-Band Frontalkraft und die Fußballschläger von Infer­no Cot­tbus. Die näch­ste Demon­stra­tion ist für den 18. Juli angekündigt.

NPDler Ronny Zasowk bei Zukunft Heimat
NPDler Ron­ny Zasowk bei Zukun­ft Heimat

Seit Mitte 2015 hat der Vere­in in Orten wie Lübben und Lübbe­nau Demon­stra­tio­nen ver­anstal­tet, die sich vehe­ment und ras­sis­tisch zuge­spitzt gegen Flüchtlinge richteten. Schon damals wurde eng mit der AfD kooperiert. Gegen Berichte über eine mögliche Beteili­gung von Neon­azis des ver­bote­nen „Spreelichter“-Netzwerkes an den „Zukun­ft Heimat“-Aktionen set­zte sich der Vere­in juris­tisch zu Wehr.
Die Allianz, die „Zukun­ft Heimat“ nun für die Cot­tbusser Demon­stra­tio­nen einge­gan­gen ist, ist bre­it. Die AfD ist promi­nent vertreten. Der Bun­destags­di­rek­tkan­di­dat in Elbe-Elster, Peter Drenske, nahm teil, ein AfD-Trans­par­ent wird mit­ge­führt, die Land­tagsab­ge­ord­neten Andreas Kalb­itz und Bir­git Bessin hiel­ten Reden. Auch mit der recht­sradikalen und neu-recht­en Organ­i­sa­tion „Ein Prozent“ wird kooperiert. Als „Ein Prozent“-Abgesandter trat in Cot­tbus Jean-Pas­cal Hohm auf, der für seine Nähe zur „Iden­titären Bewe­gung“ bekan­nt ist. „Offizieller“ Part­ner der Cot­tbusser Demon­stra­tionskam­pagne ist zudem die Dres­den­er „Pegida“-Gruppe. Bei ein­er der Demon­stra­tio­nen in Dres­den sprach kür­zlich Christoph Berndt und warb für „Zukun­ft Heimat“. Pegi­da-Vor­stand Siegfried Däbritz wiederum nahm an den Cot­tbusser Demon­stra­tio­nen teil und hielt dort eine Rede.
„Zukun­ft Heimat“ verkün­dete bei den Demon­stra­tio­nen mehrfach, dass die Teil­nehmerin­nen sich „nicht provozieren“ lassen soll­ten, dass es wichtig sei, „friedlich“ zu bleiben. Natür­lich aber ver­fol­gen die Demon­stra­tio­nen unfriedliche Ziele. Die dort artikulierte Het­ze, die Wah­n­vorstel­lung eines „Völk­er­mords“, der an den Deutschen stat­tfinde, die recht­sradikalen Bünd­nis­part­ner und der hohe Anteil an Neon­azis lassen daran keine Zweifel. Bei den Auf­forderun­gen, man solle friedlich bleiben, applaudierten brav auch die Teil­nehmerIn­nen, die Mot­to-T-Shirts mit „Anti-Antifa“-Schlagringen oder mit dem unmissver­ständlichen Spruch „Pro Vio­lence“ („Für Gewalt“) tru­gen. Das Selb­stver­ständ­nis scheint zu sein: Bei der Demo kön­nen wir ja gern friedlich bleiben, zur Sache geht es später. Unmit­tel­bar nach der Demon­stra­tion am 13. Juni kam es dementsprechend und kaum über­raschend zu Angrif­f­en im Stadt­ge­bi­et mit mehreren Verletzten.
Zum Klien­tel, dass sich bei den bish­eri­gen Demon­stra­tio­nen in Cot­tbus ver­sam­melte, zählte ein gewiss­er Anteil an auswär­ti­gen Per­so­n­en, die sich ver­mut­lich in den ver­gan­genen Jahren poli­tisch häu­figer auf AfD- oder Pegi­da-arti­gen Demon­stra­tio­nen äußerten.
Vor allem aber sind die Aufmärsche ein Fix­punkt für die organ­isierte und sub­kul­turelle Neon­aziszene in Cot­tbus und Umge­bung. Von NPD-Kadern bis zu ras­sis­tis­chen Fußballschlägern tum­melte sich bei den Demon­stra­tio­nen ein Quer­schnitt durch die extrem recht­en Szenen der Region. Unter ihnen waren beispiel­sweise der Sänger der Band „Frontalkraft“ Sten Söh­n­del und deren Gitar­rist Daniel Katins. Die Band unter­stützte unter anderem das ver­botene „Blood&Honour“-Netzwerk. Söh­n­del war bere­its Anfang der 90er im Umfeld der  Neon­azi-Partei „Deutsche Alter­na­tive“ in Cot­tbus aktiv. Am 1. Juli feierte Frontalkraft vor einem Pub­likum aus über 800  Neon­azis ihr 25-jähriges Band­ju­biläum beim „Rock für Deutsch­land“ in Gera. Dort sind zahlre­iche Anhänger mit­gereist, die vier Tage zuvor noch beim Zukun­ft-Heimat-Marsch in Cot­tbus mit­ge­laufen waren.
Unter­stützt wurde das „Rock für Deutsch­land“ auch von den Cot­tbuser Neon­azis Mar­tin Sei­del und „Tom Rausch“ (so zumin­d­est der entsprechende Face­book­name), die bei­de am Ver­trieb des neu gegrün­de­ten Neon­azik­lam­ot­ten-Labels  „Black Legion“ beteiligt sind. Der Marken­name nimmt Bezug auf eine Abspal­tung des ras­sis­tis­chen Ku Klux Klans beziehungsweise auf die „Schwarze Legion“ der faschis­tis­chen Ustascha in Kroa­t­ien. „Tom Rausch“ nahm auch an zwei Demon­stra­tion von „Zukun­ft Heimat“ in Cot­tbus teil.
Die Strate­gie zur Erlan­gung ein­er Hege­monie durch Gewalt  und das Ver­bre­it­en eigen­er Codes war für die Hooli­gan-Gruppe Infer­no beim FC Energie über Jahre erfol­gre­ich. Erst der öffentliche Druck durch die über­re­gionale Berichter­stat­tung erzeugt aktuell im Vere­in ein Umdenken. Dass die Mit­glieder von Infer­no deswe­gen nicht untätig sind, wird bei „Zukun­ft Heimat“ deut­lich. Max­i­m­il­ian Braun, ein­er der Köpfe von Infer­no, war bei den Demon­stra­tio­nen vertreten und trug dabei zulet­zt auch einen Beu­tel mit dem Slo­gan „Defend Cot­tbus“ – der unter anderem auf den geheim organ­isierten Nazi-Auf­marsch am 18. Jan­u­ar unter dem Mot­to „Cot­tbus vertei­di­gen“ verweist.
Die NPD ist in Cot­tbus mit ihren jährlichen Gedenkaufmärschen im Feb­ru­ar gescheit­ert und hat es auch danach mit ihren Ver­anstal­tun­gen nicht geschafft, nen­nenswerte Teile der regionalen Neon­azi-Szene auf ihre Seite zu ziehen. Nach anfänglichen Dis­tanzierungsver­suchen haben sie sich entschlossen, „Zukun­ft Heimat“ zu unter­stützen. Neben dem Cot­tbusser Mit­glied des Bun­desvor­standes Ron­ny Zasowk war auch der langjährige NPD-Funk­tionär Alexan­der Bode bei dem Auf­marsch vertreten. Er ist der Haupt­täter der Het­z­jagd von Guben im Jahr 1999, in deren Folge der Algerier Farid Guen­doul verblutete. Der ehe­ma­lige NPD-Land­tagskan­di­dat Falk Haffn­er trug bei ein­er „Zukun­ft Heimat“-Demonstration eine Fahne mit dem Auf­druck „Good Night Left Side“ und der Lausitzer NPD-Kreisvor­sitzende Ben­jamin Mertsch lief am 27. Juni sog­ar an der Spitze des Aufzugs.
Die organ­isierte Neon­azis-Szene aus Cot­tbus um Umge­bung war bish­er bei den Ver­anstal­tun­gen von „Zukun­ft Heimat“ so umfassend vertreten, dass sie diese zum großen Teil auch dominierten.  Beson­ders auf­fäl­lig ist der­weil, dass die Bun­destagskan­di­datin der AfD Cot­tbus Mar­i­anne Spring-Räum­schüs­sel und andere AfD-Lokalpoli­tik­er sich bei den Demon­stra­tio­nen bish­er nicht dort blick­en ließen, obwohl die Aufmärsche doch maßge­blich vom AfD-Lan­desvor­stand unter­stützt werden.
Alexander Bode
Alexan­der Bode

Benjamin Mertsch
Ben­jamin Mertsch

Daniel Katins
Daniel Katins

Falk Haffner
Falk Haffn­er

Maximilian Braun
Max­i­m­il­ian Braun

Sten Söhndel
Sten Söh­n­del

Tom Rausch
Tom Rausch

Frontalkraft beim Rock für Deutschland
Frontalkraft beim Rock für Deutschland

Black Legion beim Rock für Deutschland
Black Legion beim Rock für Deutschland
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Antifaschismus Law & Order

Freiheit statt Angst

Nach ein­er sehr erfol­gre­ichen Demo mit ca. 450 Teil­nehmenden am 27.06.2017 gegen den recht­en Auf­marsch von Zukun­ftHeimat und Pegi­da durch die Cot­tbuser Innen­stadt, leg­en wir nun noch eine nach. Denn am 18.07.2017 marschieren bei­de Organ­i­sa­tio­nen wieder durch Cot­tbus. Wir hal­ten dagegen!
Die Demon­stra­tion von Cot­tbus Nazirei!, die vom Cot­tbuser Auf­bruch unter­stützt wird, startet am 18.07. um 19 Uhr am Glad­house (Straße der Jugend 16). Unter dem Mot­to „Frei­heit statt Angst“ möcht­en wir noch ein­mal deut­lich machen, dass Nazis jeglich­er Coleur in unser­er Stadt nicht willkom­men sind.
Wir wollen uns in Cot­tbus frei bewe­gen kön­nen und dulden es nicht, das Nazis Angst ver­bre­it­en und ihren Hass gegen Men­schen, die nicht in ihr begren­ztes Welt­bild passen, ein­fach so ausleben kön­nen. Wir gemein­sam tra­gen mit unserem Protest Vielfalt und Offen­heit in die Stadt. Zukun­ftHeimat und Pegi­da brauchen wir hier nicht!
Kommt alle zahlre­ich zur Demo, bringt eure Freund*innen, Kolleg*innen und Fam­i­lien­mit­glieder mit. Schilder und Trans­par­ente, Instru­mente und Pfeifen und alles andere, was den Zug lebendig macht, sind gern gesehen.

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Antifaschismus Law & Order

Räumung der Fachhochschule begonnen

Pots­dam, 13.07.2017. Das beset­zte FH-Gebäude am Alten Markt wird in diesen Minuten von einem über­großen Aufge­bot der Polizei geräumt, auch Pfef­fer­spray kommt zum Ein­satz. Die FH-Leitung hat Wort gebrochen und das selb­st eingeräumte Ulti­ma­tum nicht eingehalten.
Mitbe­set­zerin Fritzi Hausten zeigt sich trau­rig und und wütend: „Die Weit­er­nutzung des Gebäudes würde allen Men­schen in Pots­dam dienen. Lei­der bere­it­et nun auch die FH- Leitung der Pri­vatisierung und Muse­al­isierung der Stadt­mitte den Weg. Wir haben alles für ein Miteinan­der gegeben, doch die aus­gestreck­te Hand wurde nicht ergriffen.“
Bei der Größe des Gebäudes dürfte die Räu­mung noch bis in die Nacht andauern.
Ziel der Besetzer*innen war es allen Inter­essierten den offe­nen Zugang zum Gebäude zu ermöglichen. Alle Men­schen die nicht mehr in die FH gelan­gen, kön­nen sich in einem bis Son­ntag angemelde­ten Camp sol­i­darisch zeigen.
Franz Haber­land, ein­er der Besetzer*innen, entrüstet sich: „Diese Räu­mung zeigt, dass sich FH-Leitung, Stadt, Polizei einen Dreck um Pots­dams Zivilge­sellschaft küm­mern. Das ist ein Armut­szeug­nis für die Entscheidungsträger*innen.“
Die Besetzer*innen rufen alle Inter­essierten auf, sich rund um das Gebäude am Alten Markt einzufinden.

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Antifaschismus

JanzWeitDraussen-Camp vom 24.–27. August im Strombad Cottbus

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Mit dem Moped zum Bag­gersee oder zum Konz­ert in den selb­stver­wal­teten Jugend­club – das Leben in Bran­den­burg kön­nte so schön sein, wenn nicht diese ganzen Wut­bürg­er und Nazis wären. Bunte Haare oder dun­kle Haut zu haben oder ein­fach irgend­wie anders zu sein, bedeutet hier aufz­u­fall­en und anzueck­en. Antifaschis­mus in der Prov­inz ist nicht nur hip­per Lifestyle, son­dern eine Über­lebensstrate­gie. Linke Grup­pen und alter­na­tive Freiräume kämpfen dabei oft an allen Fron­ten: gegen Nazian­griffe, Willkür der örtlichen Behör­den, fehlende Sol­i­dar­ität großstädtis­ch­er Struk­turen und den Wegzug erfahren­er Aktivist*innen. Die Mobil­isierung gegen rechte Aufmärsche und die Sol­i­dar­ität mit Geflüchteten hat in den let­zten Jahren jedoch auch vie­len Pro­jek­ten neuen Zulauf verschafft.
Wir sind linke Grup­pen und Einzelper­so­n­en aus Bran­den­burg und Berlin. Wir haben uns mit der Idee zusam­mengeschlossen ein jährlich­es antifaschis­tis­ches Camp zu organ­isieren. Unser Vor­bild ist das Alter­na­tiv­en Jugend­camp (AJUCA) aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Das JWD-Camp ist nicht-kom­merziell, selb­stor­gan­isiert und soll antifaschis­tis­chen Jugendlichen den Raum geben sich zu ver­net­zen, zu bilden und zu erholen. Auf dem Pro­gramm ste­hen Work­shops und Konz­erte. Es gibt die Möglichkeit eigene Ideen einzubrin­gen und gemein­sam in entspan­nter Atmo­sphäre rumzuhängen.
Als Ort haben wir uns das Strom­bad in Cot­tbus aus­ge­sucht. Das Gelände hat einen eige­nen kleinen Bade­strand an der Spree und ist bar­ri­ere­frei zugänglich. Hier befind­et sich auch der Club Chekov und in unmit­tel­bar­er Nach­barschaft das linke Haus­pro­jekt Zelle79. Für alle wird veg­an gekocht. Wir wollen auch Aktivist*innen mit Kindern die Teil­nahme ermöglichen und bieten deshalb bei Bedarf eine Kinder­be­treu­ung an. Hin­ter dem JWD-Camp ste­ht keine Partei oder andere große Organ­i­sa­tion – wir freuen uns deswe­gen über jede Unterstützung.
Sup­port your local Antifa.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Der JA zeigen was ein Haken ist

Am 12. Juli um 15:30 Uhr will die bran­den­bur­gis­che JungeAl­ter­na­tive (JungeAlte), die “Jugend”-Organisation der AfD, an ein­er all­ge­mein­poli­tis­chen Podi­ums­diskus­sion, ini­ti­iert vom Landesschüler*innenrat, im Pots­damer Ein­stein-Gym­na­si­um teilnehmen.
Die bran­den­bur­gis­che Vor­fel­dor­gan­i­sa­tion der AfD hat sich in der Ver­gan­gen­heit haupt­säch­lich dadurch her­vor­ge­tan, dass sie am äußeren recht­en Rand der AfD zu Gange war. Sie ist ein nicht unmaßge­blich­er Fak­tor in der Radikalisierung der AfD. Unter anderem hat das JA-Vor­stands-Mit­glied Franz Dusatko an ein­er Aktion der Iden­titären Bewe­gung teilgenom­men und dabei mit­ten in der Nacht hero­is­cher­weise vor der men­schen­leeren CDU-Zen­trale gesessen. Ein wahrer Held der Bewe­gung also! Bis kür­zlich war auch Jean-Pas­cal Hohm, nicht nur Vor­standsmit­glied der Jun­genAl­ten Bran­den­burg oder Teil­nehmer bei der Win­ter­akademie des “Insti­tuts für Staat­spoli­tik” (ein­er soge­nan­nten “Denk­fab­rik” des akademis­chen Recht­saußen-Ran­des) son­dern auch genüßlich am Bier trinken, während fünf Meter neben ihm Cot­tbusser Neon­azi-Hools Hit­ler­grüße im Babels­berg­er Fußball­sta­dion macht­en. Außer­dem beteiligte sich die Führungsriege der bran­den­bur­gis­chen Jun­genAl­ten gemein­sam mit Mit­gliedern der Iden­titären Bewe­gung an ein­er inter­nen Abend­ver­anstal­tung auf dem Gelände ein­er völkischen Burschen­schaft in Berlin. Für diese soge­nan­nte “Jugen­dor­gan­i­sa­tion” gibt es kaum ein “zu ras­sis­tisch” oder “zu men­schen­ver­ach­t­end”, sie nimmt alles mit. Abgren­zung erfol­gt nur, wenn das Bild der “wilden jun­gen radikalen Kon­ser­v­a­tiv­en” in der Öffentlichkeit zu sehr nach Neon­azis­mus riecht. Aber auch dann nicht aus inhaltlichen Grün­den, son­dern wegen der befürchteten schlecht­en PR.
Es gehört also eine enorme Por­tion poli­tis­ch­er Igno­ranz (oder eben ein grund­sät­zlich­es Wohlwollen gegenüber den Posi­tio­nen der Jun­genAl­ten) dazu, dieser durch und durch ras­sis­tis­chen und völkisch-nation­al­is­tis­chen Organ­i­sa­tion ein Podi­um zu bieten. Darauf haben wir mal so gar keinen Bock, wed­er am Einstein-Gymnasium
noch ander­swo. Und wenn wir keinen Bock auf Dinge haben, find­en diese, real­is­tisch betra­chtet, nur sel­ten so statt wie von Seit­en der Rassist_innen geplant. Viel mehr Worte brauchen wir dazu auch eigentlich nicht mehr zu ver­lieren, oder? Wir wis­sen doch alle, was zu tun ist.
Gegen völkischen Wahn und mörderischen Rassismus!
Gegen den ras­sis­tis­chen Normalzustand!

#G20-After­show
#Block­ade-After­hour
#Pots­dambleibt­sta­bil

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Antifaschismus

Angermünde: Kundgebung III. Weg

Am ver­gan­genen Sam­stag, den 01.07.2017,  führte die Partei “Der dritte Weg” in der Uck­er­mark mehrere Ver­anstal­tun­gen durch.
III. Weg in Angermünde
In Anger­münde fand von 10 bis 11 Uhr eine Kundge­bung unter dem Mot­to “Über­frem­dung stop­pen — Heimat bewahren!” statt. Die Kundge­bung fand am Rande des Friedensparks statt, direkt bei einem Mah­n­mal für drei gehenk­te Wehrma­chts­de­ser­teure. Obwohl Laut­sprech­er mit­ge­bracht wur­den, gab es keine Reden oder Sprechchöre, sodass sich darauf beschränkt wurde, vor­beifahren­den Autos Parteifah­nen und ‑plakate zu präsen­tieren. Zudem wurde eine geringe Zahl von Fly­er an Passant*innen verteilt. Der Anmelder Matthias Fis­ch­er (eine mut­maßliche Kon­tak­t­per­son des NSU) tauchte in Anger­münde nicht auf der Kundge­bung auf. Auch die Angermünder*innen zeigten sich nicht geneigt, den 16, zum Teil aus Berlin mit Autos angereis­ten, Neon­azis Gesellschaft zu leisten.
Gegen­protest gab es nicht. Allerd­ings fan­den sich 10–20 Beobachter*innen ein, denen bei der Ankun­ft durch die Polizei sogle­ich erk­lärt wurde, dass “Störun­gen” nicht geduldet wer­den wür­den. In einem Fall wur­den die Per­son­alien aufgenom­men. Gle­ichzeit­ig durften sich die Neon­azis uneingeschränkt bewe­gen, es kam zu ver­balen Dro­hun­gen und gegen Ende der Kundge­bung zu ein­er Rempelei.
Im Anschluss wur­den noch die Städte Pren­zlau und Schwedt beglückt, Höhep­unkt war um 15 Uhr eine kleine Demon­stra­tion mit etwa 40 Neon­azis in Tem­plin.

Inforiot